um Athen keine Wüste und keine Tiger und Bäre waren; daß es, zu der Zeit des Demokrits, keinen König hatte usw. Aber er hat das alles itzt nicht wissen wollen; seine Absicht war, die Sitten seines Landes unter fremden Namen zu schildern. Diese Schilderung ist das Hauptwerk des komischen Dichters, und nicht die historische Wahrheit. Andere Fehler möchten schwerer zu entschuldigen sein; der Mangel des Interesse, die kahle Verwickelung, die Menge müßiger Personen, das abgeschmackte Geschwätz des Demokrits, nicht deswegen nur abgeschmackt, weil es der Idee widerspricht, die wir von dem Demokrit haben, sondern weil es Unsinn in jedes andern Munde sein würde, der Dichter möchte ihn genannt haben, wie er wolle. Aber was übersieht man nicht bei der guten Laune, in die uns Strabo und Thaler setzen? Der Charakter des Strabo ist gleichwohl schwer zu bestimmen; man weiß nicht, was man aus ihm machen soll; er ändert seinen Ton gegen jeden, mit dem er spricht; bald ist er ein feiner witziger Spötter, bald ein plumper Spaßm$ tte bestärken können, dessen gute Wirkung sie weder den meisten noch den besten Stücken der Alten abgesehen hatten. Unter diesen war besonders Euripides seiner Sache so gewiß, daß er fast immer den Zuschauern das Ziel voraus zeigte, zu welchem er sie führen wollte. Ja, ich wäre sehr geneigt, aus diesem Gesichtspunkte die Verteidigung seiner Prologen zu übernehmen, die den neuern Kriticis so sehr mißfallen. "Nicht genug", sagt Hédelin, "daß er meistenteils alles, was vor der Handlung des Stücks vorhergegangen, durch eine von seinen Hauptpersonen den Zuhörern geradezu erzählen läßt, um ihnen auf diese Weise das Folgende verständlich zu machen: er nimmt auch wohl öfters einen Gott dazu, von dem wir annehmen müssen, daß er alles weiß, und durch den er nicht allein was geschehen ist, sondern auch alles, was noch geschehen soll, uns kundmacht. Wir erfahren sonach gleich anfangs die Entwicklung und die ganze Katastrophe und sehen jeden Zufall schon von weiten kommen. Dieses aber ist ein sehr merklicher Fehler, welch$ nen können und müssen. Nun ist zwar wahr, daß wir diesen ihren Charakter aus ihren wirklichen Begegnissen abstrahieret haben: es folgt aber daraus nicht, daß uns auch ihr Charakter wieder auf ihre Begegnisse zurückführen müsse; er kann uns nicht selten weit kürzer, weit natürlicher auf ganz andere bringen, mit welchen jene wirkliche weiter nichts gemein haben, als daß sie mit ihnen aus einer Quelle, aber auf unzuverfolgenden Umwegen und über Erdstriche hergeflossen sind, welche ihre Lauterheit verdorben haben. In diesem Falle wird der Poet jene erfundene den wirklichen schlechterdings vorziehen, aber den Personen noch immer die wahren Namen lassen. Und zwar aus einer doppelten Ursache: einmal, weil wir schon gewohnt sind, bei diesen Namen einen Charakter zu denken, wie er ihn in seiner Allgemeinheit zeiget; zweitens, weil wirklichen Namen auch wirkliche Begebenheiten anzuhängen scheinen und alles, was einmal geschehen, glaubwürdiger ist, als was nicht geschehen. Die erste dieser Ursachen fließt aus der Verbin$ nd studiert haette. Er wuerde mit einer sicherern Einsicht in die Schoenheiten seines Originals gearbeitet haben und vielleicht in vielen Stuecken gluecklicher gewesen sein. Der Wert der "Neuen Heloise" ist, von der Seite der Erfindung, sehr gering, und das Beste darin ganz und gar keiner dramatischen Bearbeitung faehig. Die Situationen sind alltaeglich oder unnatuerlich, und die wenig guten so weit voneinander entfernt, dass sie sich, ohne Gewaltsamkeit, in den engen Raum eines Schauspiels von drei Aufzuegen nicht zwingen lassen. Die Geschichte konnte sich auf der Buehne unmoeglich so schliessen, wie sie sich in dem Romane nicht sowohl schliesst, als verlieret. Der Liebhaber der Julie musste hier gluecklich werden, und Herr Heufeld laesst ihn gluecklich werden. Er bekoemmt seine Schuelerin. Aber hat Herr Heufeld auch ueberlegt, dass seine Julie nun gar nicht mehr die Julie des Rousseau ist? Doch Julie des Rousseau oder nicht: wem liegt daran? Wenn sie nur sonst eine Person ist, die interessierst. Aber eben d$ erklaeren und ihn dadurch auf den Thron zu setzen, welcher eine gewisse Bedingung eingehen wolle; lasst uns erdichten, dass diese Bedingung der Tod der Rodogune sei. Nun haetten wir ja, was wir haben wollten: beide Prinzen sind in Rodogunen sterblich verliebt; wer von beiden seine Geliebte umbringen will, der soll regieren. Schoen; aber koennten wir den Handel nicht noch mehr verwickeln? Koennten wir die guten Prinzen nicht noch in groessere Verlegenheit setzen? Wir wollen versuchen. Lasst uns also weiter erdichten, dass Rodogune den Anschlag der Kleopatra erfaehrt; lasst uns weiter erdichten, dass sie zwar einen von den Prinzen vorzueglich liebt, aber es ihm nicht bekannt hat, auch sonst keinem Menschen es bekannt hat, noch bekennen will, dass sie fest entschlossen ist, unter den Prinzen weder diesen geliebtern, noch den, welchem der Thron heimfallen duerfte, zu ihrem Gemahle zu waehlen, dass sie allein den waehlen wolle, welcher sich ihr am wuerdigsten erzeigen werde; Rodogune muss geraechet sein wollen; mu$ s zur Unverschaemtheit, lustig bis zum Tollen, viel Physiognomie, wenig Schoenheit, niedlicher als wohlgestaltet, Taille aber keine Figur; dieses Ding, als es den Sultan erblickt, faellt mit der plumpesten Schmeichelei, wie mit der Tuere ins Haus: Graces au ciel, voici une figure humaine! --(Eine Schmeichelei, die nicht bloss dieser Sultan, auch mancher deutscher Fuerst, dann und wann etwas feiner, dann und wann aber auch wohl noch plumper, zu hoeren bekommen, und mit der unter zehnen neune, so gut wie der Sultan, vorlieb genommen, ohne die Beschimpfung, die sie wirklich enthaelt, zu fuehlen.) Und so wie dieses Eingangskompliment, so das uebrige --Vous etes beaucoup mieux, qu'il n'appartient a un Turc: vous avez meme quelque chose d'un Francais--En verite ces Turcs sont plaisants--Je me charge d'apprendre a vivre a ce Turc--Je ne desespere pas d'en faire quelque jour un Francais.--Dennoch gelingt es dem Dinge! Es lacht und schilt, es droht und spottet, es liebaeugelt und mault, bis der Sultan, nicht genug, ih$ e die Ueberzeugung dazu kommen; die Erkennung seiner Unschuld und die Erinnerung ihres Versprechens, ihn auch dann, wenn er schuldig sein sollte, fuer unschuldig gelten zu lassen, muessten sie auf einmal ueberraschen, aber nicht eher ueberraschen, als bis es nicht mehr in ihrem Vermoegen stehet, gerecht und erkenntlich zu sein. Viel gluecklicher hat Banks die Ohrfeige in sein Stueck eingeflochten.-- Aber eine Ohrfeige in einem Trauerspiele! Wie englisch, wie unanstaendig! Ehe meine feinern Leser zu sehr darueber spotten, bitte ich sie, sich der Ohrfeige im "Cid" zu erinnere. Die Anmerkung, die der Hr. von Voltaire darueber gemacht hat, ist in vielerlei Betrachtung merkwuerdig. "Heutzutage", sagt er, "duerfte man es nicht wagen, einem Helden eine Ohrfeige geben zu lassen. Die Schauspieler selbst wissen nicht, wie sie sich dabei anstellen sollen; sie tun nur, als ob sie eine gaeben. Nicht einmal in der Komoedie ist so etwas mehr erlaubt; und dieses ist das einzige Exempel, welches man auf der tragischen Buehne $ alli se conjelaban. Diese Aehnlichkeit treibt der Dichter noch weiter, wenn er beschreiben will, wie die Dame, das Wasser zu kosten, es mit ihrer hohlen Hand geschoepft und nach dem Munde gefuehrt habe. Diese Hand, sagt er, war dem klaren Wasser so aehnlich, dass der Fluss selbst fuer Schrecken zusammenfuhr, weil er befuerchtete, sie moechte einen Teil ihrer eignen Hand mittrinken. Quiso probar a caso El agua, y fueron cristalino vaso Sus manos, acercolas a los labios, Y entonces el arroyo lloro agravios, Y como tanto, en fin, se parecia A sus manos aquello que bebia, Temi con sobresalto (y no fue en vano) Que se bebiera parte de la mano. Yo, que al principio vi, ciego, y turbado, A una parte nevado Y en otra negro el rostro, Juzgue, mirando tan divino monstruo, Que la naturaleza cuidadosa Desigualdad uniendo tau hermosa, Quiso hacer por asombro, o por ultraje, De azabache y marfil un maridaie. Ruido de armas en la Quinta, Y dentro el Co$ n immer, erregen immer die suessesten sympathetischen Empfindungen, wir moegen sie finden, wo wir wollen. Sie ganz ohne Schuld leiden zu sehen, ist zwar herbe, ist zwar fuer unsere Ruhe, zu unserer Besserung kein sehr erspriessliches Gefuehl: aber es ist doch immer Gefuehl. Und sonach beschaeftiget uns das Stueck durchaus, und vergnuegt durch diese Beschaeftigung unserer Seelenkraefte. Das ist wahr; nur die Folge ist nicht wahr, die man daraus zu ziehen meinet: naemlich, dass wir also damit zufrieden sein koennen. Ein Dichter kann viel getan, und doch noch nichts damit vertan haben. Nicht genug, dass sein Werk Wirkungen auf uns hat: es muss auch die haben, die ihm, vermoege der Gattung, zukommen; es muss diese vornehmlich haben, und alle andere koennen den Mangel derselben auf keine Weise ersetzen; besonders wenn die Gattung von der Wichtigkeit und Schwierigkeit und Kostbarkeit ist, dass alle Muehe und aller Aufwand vergebens waere, wenn sie weiter nichts als solche Wirkungen hervorbringen wollte, die durch e$ trastierten Vaeter darin sind mit so gleicher Staerke gezeichnet, dass man dem feinsten Kunstrichter Trotz bieten kann, die Hauptperson zu nennen; ob es Micio oder ob es Demea sein soll? Faellt er sein Urteil vor dem letzten Auftritte, so duerfte er leicht mit Erstaunen wahrnehmen, dass der, den er ganzer fuenf Aufzuege hindurch fuer einen verstaendigen Mann gehalten hat, nichts als ein Narr ist, und dass der, den er fuer einen Narren gehalten hat, wohl gar der verstaendige Mann sein koennte. Man sollte zu Anfange des fuenften Aufzuges dieses Drama fast sagen, der Verfasser sei durch den beschwerlichen Kontrast gezwungen worden, seinen Zweck fahren zu lassen und das ganze Interesse des Stuecks umzukehren. Was ist aber daraus geworden? Dieses, dass man gar nicht mehr weiss, fuer wen man sich interessieren soll. Vom Anfange her ist man fuer den Micio gegen den Demea gewesen, und am Ende ist man fuer keinen von beiden. Beinahe sollte man einen dritten Vater verlangen, der das Mittel zwischen diesen zwei Personen$ war natuerlicher, als dass er den Aedilen das griechische Original vorgezeigt und sie wegen des Inhalts unterrichtet hatte? Ja, die Aedilen konnten das leicht selbst von ihm gefodert haben. Und darauf geht das Novam esse ostendi, et quae esset. [6] Tusc. Quaest., lib. III. c. 27. ----Fussnote Neunundachtzigstes Stueck Den 8. Maerz 1768 Zuerst muss ich anmerken, dass Diderot seine Assertion ohne allen Beweis gelassen hat. Er muss sie fuer eine Wahrheit angesehen haben, die kein Mensch in Zweifel ziehen werde, noch koenne; die man nur denken duerfe, um ihren Grund zugleich mitzudenken. Und sollte er den wohl gar in den wahren Namen der tragischen Personen gefunden haben? Weil diese Achilles und Alexander und Cato und Augustus heissen und Achilles, Alexander, Cato, Augustus wirkliche einzelne Personen gewesen sind: sollte er wohl daraus geschlossen haben, dass sonach alles, was der Dichter in der Tragoedie sie sprechen und handeln laesst, auch nur diesen einzeln so genannten Personen, und keinem in der Welt zugl$ der Olympiade gestorben, in welcher Menander sein erstes Stueck auffuehren lassen, und zwar noch das Jahr vorher. (Eusebius in Chronico ad Olymp. CXIV. 4.) Allein man hat unrecht, wenn man den Anfang der Neuen Komoedie von dem Menander rechnet; Menander war der erste Dichter dieser Epoche, dem poetischen Werte nach, aber nicht der Zeit nach. Philemon, der dazugehoert schrieb viel frueher, und der Uebergang von der Mittleren zur Neuen Komoedie war so unmerklich, dass es dem Aristoteles unmoeglich an Mustern derselben kann gefehlt haben. Aristophanes selbst hatte schon ein solches Muster gegeben; sein "Kokalos" war so beschaffen, wie ihn Philemon sich mit wenigen Veraenderungen zueignen konnte: Kokalon heisst es in dem "Leben des Aristophanes", [Greek: en ho eisagei phthoran kai anagnorismon, kai talla panta a ezaelose Menandros]. Wie nun also Aristophanes Muster von allen verschiedenen Abaenderungen der Komoedie gegeben, so konnte auch Aristoteles seine Erklaerung der Komoedie ueberhaupt auf sie alle einrichte$ n sie voneinander unterschieden sein muessen. Unter die letztern rechnet er, in Ansehung der Komoedie und Tragoedie, auch diese, dass der Tragoedie eine wahre, der Komoedie hingegen eine erdichtete Begebenheit zutraeglicher sei. Hierauf faehrt er fort: The same genius in the two dramas is observable, in their draught of characters. Comedy makes all its characters general; tragedy, particular. The Avare of Moliere is not so properly the picture of a covetous man, as of covetousness itself. Racine's Nero on the other hand, is not a picture of cruelty, but of a cruel man. d.I.: "In dem naemlichen Geiste schildern die zwei Gattungen des Drama auch ihre Charaktere. Die Komoedie macht alle ihre Charaktere general; die Tragoedie partikulaer. Der Geizige des Moliere ist nicht so eigentlich das Gemaelde eines geizigen Mannes, als des Geizes selbst. Racines Nero hingegen ist nicht das Gemaelde der Grausamkeit, sondern nur eines grausamen Mannes." Hurd scheinet so zu schliessen: wenn die Tragoedie eine wahre Begebenheit$ , wenn auch in einer freien, mit dichtender Umbildung versetzten Form, so doch mit jener Wahrheit, die auch der Dichtung innewohnt, dargestellt. Eine mehr nüchterne, aber gerade darum wertvolle Auffassung des S. findet sich in den "Memorabilien" Xenophons, der ebenfalls zu dem Kreise seiner Vertrauten gehörte. Die Lehre des S. ist, da er selbst nichts geschrieben hat, nur durch seine Schüler auf uns gekommen. Als Philosoph kam derselbe mit seinen Zeitgenossen, den Sophisten, darin überein, daß er, wie diese, den Schwerpunkt des Unterrichts in die (lehrbare) Methode und den Zweck desselben nicht, wie deren Vorgänger, die griechischen Physiker und Naturphilosophen, in die Erkenntnis der Natur, sondern in jene des dem Menschen Nützlichen als des für diesen einzig Wissens- und Wünschenswerten legte, unterschied sich aber von denselben dadurch, daß einerseits seine Methode nicht, wie die der Sophisten, ein dialektisch-rhetorisches Kunststück, um Wahres falsch, Falsches wahr scheinen zu machen, sondern die dialekti$ unterseits filzigen Blättern und lilafarbigen, großen Blüten, trägt ovale, violette, gelbe oder weiße Früchte (Aubergine, Albergine) von der Größe eines Hühnereies, die als Zuthat an Saucen, Suppen, Ragouts etc. oder geröstet gegessen werden. Man kultiviert sie in den Tropen, in Spanien, Südfrankreich, um Rom, Neapel, in der Walachei und der Levante. In Deutschland kommt diese Pflanze nur in Töpfen oder auf warmen Rabatten, besser in Mistbeeten, vor. S. nigrum L. (Hühnertod, Saukraut, s. Tafel "Giftpflanzen II"), aus Amerika eingewandert, allenthalben auf bebautem Land, an Wegen, auf Schutt, unbewehrt, mit eirunden, buchtig-gezahnten Blättern, weißen, selten ins Violette spielenden Blüten in kurz doldenartigen Wickeln und erbsengroßen, schwarzen (auch grünen) Beeren, und das zottig oder dicht behaarte S. villosum Lam. mit gelben und mennigroten (S. miniatum Bernh.) Beeren, sind bekannte Giftpflanzen und enthalten Solanin. S. Quitoense Lam. (Orange von Quito), ein bis 2 m hoher Halbstrauch in Peru und Quito, $ de Argensola (gest. 1613 und 1631), zwei Lyriker, die, Horaz und den Italienern nacheifernd, klassische Korrektheit des Stils mit poetischem Gefühl und glücklichem Darstellungstalent verbinden; Estevan Manuel de Villegas (gest. 1669), als der erste unter den erotischen Dichtern anerkannt; Francisco de Rioja (gest. 1659), Verfasser vortrefflicher Lieder und Oden; Juan de Arguijo (um 1620), ein zartsinniger Sonettensän- Spanische Litteratur (17. und 18. Jahrhundert). ger, besonders bekannt durch sein Gedicht auf seine Leier; ferner Juan de Jauregui (gest. 1641), der Übersetzer von Tassos "Aminta" und Verfasser einer Dichtung: "Orfeo", in fünf Gesängen; Francisco de Borja, Principe de Esquilache (gest. 1658), mehr durch seine Romanzen und kleinern lyrischen Gedichte als durch seine größern Werke ("Napoles recuperada") hervorragend; Vicente Espinel (gest. 1634), der teils in italienischen Silbenmaßen, teils im altspanischen Stil dichtete, auch eine neue Art eigentümlich gereimter Dezimen (die sogen. Espinelen) e$ in solches Spektrophotometer bewirkten Messung der Lichtstärken unter Berücksichtigung des bekannten Absorptionsgesetzes auf die Menge der Substanz schließen. Bei andern Spektrophotometern (Glan) wird die Schwächung des einen Strahlenbündels durch Polarisation bewirkt. Schon Fraunhofer hatte beobachtet, daß die helle gelbe Linie des Natriumlichts dieselbe Stelle im Spektrum einnimmt wie die dunkle Linie D des Sonnenlichts. Kirchhoff zeigte nun, daß ein gas- oder dampfförmiger Körper genau diejenigen Strahlengattungen absorbiert, welche er im glühenden Zustand selbst aussendet, während er alle andern Strahlenarten ungeschwächt durchläßt. Bringt man z. B. eine Spiritusflamme, deren Docht mit Kochsalz eingerieben ist, zwischen das Auge und ein Taschenspektroskop und blickt durch letzteres nach einer Lampenflamme, so sieht man das umgekehrte Spektrum des Natriums, d. h. die Natriumlinie erscheint dunkel auf hellem Grund, weil die Natriumflamme für Strahlen von der Brechbarkeit derer, welche sie selbst aussendet, $ em Namen Lord Althorp, geb. 30. Mai 1782, trat nach Vollendung seiner Studien zu Cambridge 1803 ins Unterhaus und war unter Fox und Grenville Lord des Schatzes. Er stand auf seiten der Whigs. Im Ministerium Grey (1830) wurde er Kanzler der Schatzkammer und galt in allen finanziellen und staatswirtschaftlichen Fragen als Autorität. Er legte auch 2. Febr. 1833 dem Unterhaus die irische Kirchenreformbill vor, welche der Appropriationsklausel wegen im Kabinett selbst eine Spaltung hervorrief. Als er 1834 durch den Tod seines Vaters Mitglied des Oberhauses ward, mußte er sein Schatzkanzleramt niederlegen und widmete sich fortan landwirtschaftlicher Beschäftigung. Später trat er zu der Anticornlawleague. Er starb 1. Okt. 1845. Vgl. Le Marchant, Memoirs of John Charles Viscount Althorp, third Earl of S. (Lond. 3) Frederick, vierter Graf von, Bruder des vorigen, geb. 14. April 1798, trat in den Marinedienst, zeichnete sich in der Schlacht von Navarino aus, erbte 1845 Titel und Güter seines Bruders, war vom Juli 1846 $ Kurfürsten Johann Georg III., dem er als Beichtvater in einem Briefe Vorstellungen wegen seines Lebenswandels gemacht, zerfallen und hatte 1691 einen Ruf als Propst und Inspektor der Kirche zu St. Nikolai und Assessor des Konsistoriums nach Berlin angenommen, wo er seine Wirksamkeit unter fortdauernden Angriffen seitens der orthodoxen Lutheraner fortsetzte. Leider fehlte es ihm an Energie, um sich scharf gegen die Ausschreitungen seiner Gesinnungsgenossen, insbesondere gegen die Visionen und Offenbarungen des pietistischen Frauenkreises in Halberstadt, auszusprechen. Während die 1694 gestiftete Universität Halle ganz unter seinem Einfluß stand, ließ die theologische Fakultät zu Wittenberg 1695 durch den Professor Deutschmann 264 Abweichungen Speners von der Kirchenlehre zusammenstellen, und letzterm gelang es nicht, durch seine "Aufrichtige Übereinstimmung mit der Augsburger Konfession" die Gegner zu beschwichtigen. Selbst nach seinem Tod (5. Febr. 1705) wurde der Streit bis gegen die Mitte des Jahrhunderts f$ d aus den Kannen der Streckmaschinen, wickelt aber das Vorgarn auf Spulen, so daß vom Grobflyer abwärts das Garn auf Spulen gewickelt in die Maschine gelangt. Das Wesen eines Flyers zeigt Fig. 13 der Tafel. Von den Spulen a a läuft das Vorgarn in das Streckwerk b, von hier zu den Spindeln c c, mit den Flügeln d, welche durch die am Fuß angebrachten Kegelräder k in Umdrehung versetzt werden und dadurch dem Garn Draht geben. Indem das Garn zugleich durch den hohlen Flügelarm d und den Finger f auf die Spule e geleitet und letztere um die Spindel vermittelst schiefer Kegelräder i gedreht wird, wickelt es sich auf die Spule, welche aus einem hölzernen Rohr besteht und behufs regelmäßiger Bewickelung mit der sogen. Spulenbank (Wagen) g innerhalb der Flügel auf und ab steigt, bis sie gefüllt ist, um nach Abheben des Flügels von der Spindel abgezogen u. der nächstfolgenden Maschine übergeben zu werden. Ein sehr sinnreicher, aber komplizierter Mechanismus mit Differenzialräderwerk (Differenzialflyer) regelt die Aufwi$ i oder drei Gärbottiche und setzt die Kartoffelmaische zu. Auch Roggen wird jetzt in ganzen Körnern im Henzedämpfer verarbeitet. Während bei dem alten Verfahren durchschnittlich 18,7 Proz. Stärke unvergoren blieben, betrug der Verlust bei Hollefreund 6,9, bei Bohm 7,2, bei Henze, bei Ellenberger 4,6-6,6 Proz. 1 kg Stärkemehl gibt theoretisch 71,7 Literprozent (s. unten) Alkohol; da jedoch thatsächlich nur 94 Proz. dieser Menge in Rechnung gezogen werden können, so ergeben sich als erreichbarer Maximalbetrag nur 67,4 Literproz. In der Praxis erhielt man nach dem alten Verfahren 45,3 Proz., nach Henze 48,4, nach Hollefreund 50,5 und nach Bohm 53,8 Proz. Verarbeitung der Maische. Die verzuckerte Maische muß so schnell wie möglich auf die zum Hefengeben und zum Einleiten der Gärung erforderliche Temperatur (12-17°) abgekühlt werden. Dies geschah früher auf Kühlschiffen, flachen Gefäßen von solcher Größe, daß die Maische darin nur eine dünne Schicht bildet, deren Abkühlung noch durch Umrühren und starken Luftwechs$ rrscht im Innern von Brasilien eine so große Sprachverschiedenheit, daß bisweilen an einem Fluß hin, dessen Länge 300-500 km nicht übersteigt, 7-8 völlig verschiedene Sprachen gesprochen werden. Genaue Kenner des Landes erklären dies daraus, daß es ein Hauptzeitvertreib der Indianer ist, während sie an ihrem Feuer sitzen, neue Wörter zu ersinnen, über die, wenn sie treffend sind, der ganze Haufe in Gelächter ausbricht und sie dann beibehält. Bei südafrikanischen Negerstämmen, unter denen der englische Missionär Moffat lebte, wurden die Kinder manchmal von ihren Eltern so sehr sich selbst überlassen, daß sie genötigt waren, sich eine besondere Sprache zu ersinnen, wodurch im Lauf einer Generation die Sprache des ganzen Stammes eine andre Gestalt annahm. Missionäre in Zentralamerika hatten von der Sprache des Volkes, dem sie das Christentum predigten, ein sorgfältiges Lexikon angelegt; als sie nach zehn Jahren zu dem nämlichen Stamm zurückkehrten, fanden sie, daß dasselbe veraltet und unbrauchbar geworden war. $ anck (1541), Eyering (1601), Zinkgref (zuerst 1626), Lehmann (1630); aus neuerer Zeit die von Körte (2. Aufl., Leipz. 1861), Simrock (4. Aufl., Frankf. 1881), Binder (Stuttg. 1874), Wächter (Gütersloh 1888), ferner Sutermeister ("Schweizerische S.", Aar. 1869), Birlinger ("So sprechen die Schwaben", Berl. 1868), Eichwald ("Niederdeutsche S." Leipz. 1860), Frischbier ("Preußische S.", Berl. 1865) und als umfangreichste Sammlungen: Wanders "Deutsches Sprichwörterlexikon" (Leipz. 1863-80, 5 Bde.) und v. Reinsberg-Düringsfelds "S. der germanischen und romanischen Sprachen, vergleichend zusammengestellt" (das. 1872-75, 2 Bde.). Arabische S. veröffentlichte Socin (Tübing. 1878), niederländische Harrebomée (Utr. 1853-70, 3 Bde.), italienische Passerini (Rom 1875), sizilische Pitrè (Palermo 1879, 3 Bde.). S. auch Rechtssprichwort. Vgl. Nopitsch, Litteratur der S. (Nürnb. 1833); Zacher, Die deutschen Sprichwörtersammlungen (Leipz. 1852); Duplessis, Bibliographie parémiologique (Par. 1847); Wahl, Das Sprichwort der neu$ eiben, wurde in die Strafprozeßordnung nicht aufgenommen, obwohl sich der deutsche Juristentag dafür ausgesprochen hatte. Es ist aber für den Fall, daß die Staatsanwaltschaft dem bei ihr angebrachten Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage keine Folge gibt, nicht nur das Recht der Beschwerde an die vorgesetzte Dienstbehörde, sondern auch gegen einen ebenfalls ablehnenden Bescheid der letztern die Berufung auf gerichtliche Entscheidung statuiert. Diese geht von dem Oberlandesgericht und in den vor das Reichsgericht gehörigen Sachen von diesem selbst aus. Auf diese Weise ist also das sogen. Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft abgeschwächt. Übrigens kann die Staatsanwaltschaft gerichtlichen Entscheidungen gegenüber auch zu gunsten des Beschuldigten von den gesetzlich zulässigen Rechtsmitteln Gebrauch machen. Endlich ist auch die Strafvollstreckung Sache der Staatsanwaltschaft. In Preußen liegt übrigens dem S. auch die Überwachung der durch das Handelsgesetzbuch den Kaufleuten auferlegten Verpflichtungen ob.$ rich, ward S. 1202 erobert, fiel aber um 1204 an Bremen zurück, nachdem es von Otto IV. umfangreiche Freiheiten erhalten hatte. In diese Zeit fällt die Einführung des Elbzolles. 1648 im Westfälischen Frieden ward es Schweden zuerkannt und zur Hauptstadt des Fürstentums Bremen gemacht. 1676 von den Hannoveranern, 1712 von den Dänen erobert, kam es 1719 nebst dem Bistum Bremen an Hannover. 1807 ward es Westfalen einverleibt, 1810 von Napoleon I. in Besitz genommen, 1813 aber von den Alliierten an Hannover zurückgegeben und von diesem wieder zur Festung gemacht und 1816 neu befestigt. Hannover mußte den Elbzoll durch Vertrag vom 22. Juni 1861 gegen eine Entschädigung von 2,857,338 Thlr. aufheben (s. Elbe, S. 503). Am 18. Juni 1866 wurde die Festung S. von den Preußen ohne Kampf genommen und fiel dann mit dem übrigen Hannover an Preußen. Der Regierungsbezirk S. (s. Karte "Hannover etc.") umfaßt 6786 qkm (123,25 QM.), zählt (1885) 325,916 Einw. (darunter 320,329 Protestanten, 4118 Katholiken und 1126 Juden) und be$ ahn in der Regel von einem Halbkreis eingeschlossen, in dem sich die Plätze für die Kampfrichter (Hellanodiken) und die vornehmern Zuschauer befanden, und wo auch die übrigen Wettkämpfe stattfanden. Bei den Römern kamen die Stadien zu Cäsars Zeit auf und wurden hier auch zu andern Vergnügungen, namentlich zu Tierhetzen, benutzt. Im modernen Sprachgebrauch bezeichnet man mit S. jeden einzelnen Abschnitt in dem Verlauf oder der Entwickelung einer Sache. Stadler, Maximilian, Abbe, Kirchenkomponist, geb. 7. Aug. 1748 zu Melk in Unterösterreich, genoß seine musikalische Ausbildung vorwiegend als Zögling des Wiener Jesuitenkollegiums, trat dann in das Benediktinerstift seines Geburtsorts, ward 1786 zum Abt von Lilienfeld und drei Jahre später zum Abt und Kanonikus von Kremsmünster ernannt. Nachdem er 1791 von dieser Stelle freiwillig zurückgetreten war, lebte er bis zu seinem Tod 8. Nov. 1833 in Wien, als Mensch und Künstler hochgeachtet und mit allen musikalischen Berühmtheiten seiner Zeit in lebhaftem Verkehr ste$ vorzügliches Bindemittel einander folgender Akkorde ist ferner das Liegenbleiben gemeinsamer Töne. Eine Ausnahme macht die Führung der Baßstimme, welche gern von Grundton zu Grundton der Harmonien fortschreitet und wesentlich der Förderung des harmonischen Verständnisses dient; auch von Hauptton zu Terzton und von Terzton zu Terzton oder Hauptton geht der Baß gern, dagegen ist der Sprung der Baßstimme zum Quintton mit Vorsicht zu behandeln (s. Quartsextakkord und Konsonanz). Überhaupt aber ist die Sekundbewegung zwar erstrebenswert, jedoch keineswegs immer erreichbar, und gerade die Stimme, welche zumeist frei und zuerst erfunden wird, die eigentliche Melodiestimme (in der neuern Musik gewöhnlich die Oberstimme), unterbricht die Sekundbewegung gern durch größere, sogen. harmonische Schritte. Da solche Schritte, wie bereits bemerkt, den Effekt der Mehrstimmigkeit durch Brechung machen, so sind sie Stimmgabel - Stimmung. eine Bereicherung des Satzes; es blüht sozusagen eine zweite Stimme aus der einen heraus ($ wird gegenwärtig durch Graf Botho August Karl, Standesherrn in Preußen und Hessen, geb. 12. Juli 1850, vertreten. Vgl. Graf Botho zu S.-Wernigerode, Geschichte des Hauses S. 1210-1511 (Magdeb. 1883) ; Derselbe, Regesta Stolbergica (das. 1886). Stolberg, 1) Christian, Graf zu, Dichter, der Linie S.-Stolberg angehörig, geb. 15. Okt. 1748 zu Hamburg, Sohn des Grafen Christian Günther, studierte seit 1769 in Halle, 1772-74 in Göttingen, wo er dem Göttinger Dichterbund (s. d.) beitrat, erhielt 1777 die Amtmannsstelle zu Tremsbüttel in Holstein und vermählte sich hier mit der in vielen Stolberger Diamanten - Stolberg-Wernigerode. seiner Gedichte gefeierten Luise, Witwe des Hofjägermeisters v. Gramm, einer gebornen Gräfin von Reventlow. Nach 23jähriger musterhafter Verwaltung seines Amtes legte er dasselbe (1800) nieder und lebte fortan auf seinem Gut Windebye bei Eckernförde. Er starb 18. Jan. 1821. Seine kleinern "Gedichte" (Elegien, Lieder, Balladen etc.) sind mit denen seines Bruders zuerst 1779 in Leipzig (neu$ Flüssigkeit, welche durch das Rohr B in den Raum D gelangen kann, mit sich in die Mündung (Fangdüse) des Rohrs C fort. Die beim Eintritt in das Rohr C in der Mischflüssigkeit vorhandene Geschwindigkeit wird durch allmähliche Erweiterung von C in Druck umgewandelt, welcher die Überwindung einer gewissen Steighöhe oder das Eindringen in einen unter Druck stehenden Raum gestattet. Bei der Übertragung der Geschwindigkeit von der bewegenden auf die bewegte Flüssigkeit finden bedeutende Kraftverluste statt, welche den Nutzeffekt der S. um so ungünstiger beeinflussen, je größer der Unterschied zwischen dem spezifischen Gewicht der beiden zur Verwendung kommenden Flüssigkeiten ist; mithin werden die S. die Kraft des bewegenden Mediums am besten übertragen, wenn der bewegte Körper denselben Aggregatzustand hat wie jenes (wenn also z. B. Wasser durch einen Wasserstrahl, Luft durch einen Dampfstrahl bewegt wird). Trotzdem werden vielfach S. mit Medien verschiedenen Zustandes verwendet (der bei weitem verbreitetste Stra$ chen. Solche Dampfstraßenbahnen sind besonders in Oberitalien in beträchtlicher Ausdehnung vorhanden und vermitteln den Personen- und Güterverkehr zwischen Ortschaften abseits der Eisenbahnen. Auch feuerlose Lokomotiven sind für S. benutzt worden, ebenso Dampfwagen, bei welchen die Dampfmaschine in dem für die Personenbeförderung bestimmten Wagen angebracht ist (s. Lokomotive, S. 890). Ein in Amerika mehrfach in Anwendung befindliches Straßenbahnsystem mit Dampfbetrieb (Taubahnen, Kabel-, Seilbahnen) benutzt stationäre Dampfmaschinen und zur Übertragung der Zugkraft auf die Wagen ein unter dem Straßenplanum laufendes Stahldrahtseil ohne Ende. Die Bahn selbst ist eine zweigeleisige, und die beiden Seiltrümer sind so gelegt, daß das eine fortwährend nach derselben Richtung hinlaufende Trum unter dem einen Geleise, das andre in entgegengesetzter Richtung bewegte unter dem zweiten Geleise bleibt, entsprechend dem Lauf der hin- und hergehenden Wagen. Damit das Seil weder den sonstigen Wagenverkehr behindert, noch $ ler, s. Waffenfliegen. Stratioten (griech., "Soldaten", auch Stradioten), halbwilde leichte Reiter aus Albanien und Morea, die im Solde der Venezianer standen, im 15. Jahrh. auch im französischen und spanischen Heer dienten, trugen türkische Tracht ohne Turban, ein Panzerhemd und kleinen Helm und führten als Waffen eine bis 4 m lange, an beiden Enden mit Eisen beschlagene Wurflanze, breiten Säbel und Gewehr. Stratiotes L. (Wasserscher, Krebsscher), Gattung aus der Familie der Hydrocharideen, untergetauchte oder nur mit den Blattspitzen auftauchende, aloeartige Wasserpflanzen mit dicht rosettenartig gestellten, sitzenden, breit linealen, zugespitzten, stachlig gezahnten, starren Blättern, zusammengedrücktem Blütenschaft und diözischen Blüten. S. aloïdes L. (Meeraloe), mit schwertförmig dreikantigen Blättern, weißen Blüten und sechsfächeriger Beere, in stehenden und langsam fließenden Gewässern Norddeutschlands, meist gesellig, eignet sich gut für Stratocumulus (lat.), die geschichtete Haufenwolke, s. Stratos, $ en" (Osnabr. 1826) heraus; von seinen selbständigen Arbeiten erwähnen wir: eine Darstellung des Verhältnisses der Stadt Osnabrück zum Stift (Hannov. 1824); "Geschichte des Hochstifts Osnabrück" (Bd. 1 u. 2, das. 1853-1872; Bd.3, 1882); "Wesen und Verfassung der Landgemeinden in Niedersachsen und Westfalen" (Jena 1851); "Untersuchungen über die Gogerichte in Westfalen und Niederfachsen" (das. 1870) u. Stygisch (griech.), der Styx, d. h. der Unterwelt, angehörig; daher s. v. w. fürchterlich, schauerlich. Styl (griech.), s. Stil. Stylidiaceen, dikotyle, etwa 100 Arten umfassende, vorzugsweise in Australien einheimische Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Kampanulinen; von ihren nächsten Verwandten durch ihre beiden mit dem Griffel in eine auf dem Eierstock stehende Säule verwachsenen Staubgefäße verschieden. Styliten (griech., Säulenheilige), eine im 5. Jahrh. im Morgenland aufgekommene Klasse christlicher Asketen, welche ihr Leben auf der Spitze hoher Säulen stehend zubrachten (s. Simeon 3). Die S. hielten sich$ g fand, wird ein arabischer Perser aus Irak genannt; für seine bedeutendsten Vertreter gelten der persische Dichter Dschelal eddin Rumi und Frerid eddin Attar aus Nischabur wie auch die berühmten Dichter Hafis und Saadi. Vgl. Tholuck, S., sive Theosophia Persarum pantheistica (Berl. 1821); Kremer, Geschichte der herrschenden Ideen des Islams (Leipz. 1868); Palmer, Oriental mysticism (Lond. 1867); Gobineau, Les religions et les philosophes dans l'Asie Centrale (2. Aufl., Par. 1866). Suganathal (Val Sugana),Flußthal der Brenta, soweit sie tirolisches Gebiet durchströmt, zieht sich von den Quellen der Brenta ab über 50 km bis zur italienischen Grenze, wo es bei Tezze in eine wilde Schlucht übergeht, enthält die Seen von Caldonazzo und Levico, hat südliche Vegetation, Wein- und Seidenkultur und ca. 70,000 Bewohner. Wichtige Orte sind Pergine, Levico, Borgo und der Badeort Roncegno. Der Name wird von dem Volksstamm der Euganeer abgeleitet, welche hier angesiedelt Sugatag (spr. schú-), Dorf im ungar. Komitat Marmar$ Erhebung der Klage erst dann zulässig, wenn vor der zuständigen Vergleichsbehörde die Sühne fruchtlos versucht worden ist. Hierüber hat der Kläger mit der Klage eine Bescheinigung einzureichen. Die Vergleichsbehörde ist in den meisten deutschen Staaten der Schiedsmann (s. d.), der auch die gütliche Beilegung von privatrechtlichen Streitigkeiten versuchen kann. Suicidium (lat.), Selbstmord. Suidas, griech. Lexikograph, um 970 n. Chr., Verfasser eines Worterklärungen und Notizen (namentlich biographische) über die alten Schriftsteller enthaltenden lexikalischen Werkes. Eilig und ohne Kenntnis und Kritik aus ältern Wörterbüchern, Scholien und grammatischen Schriften zusammengeschrieben, leidet es an zahlreichen schweren Mangeln und Irrtümern, ist aber dennoch durch die Fülle nur hier erhaltener Nachrichten besonders für die Litteraturgeschichte von unschätzbarem Wert. Neuere Ausgaben besorgten Gaisford (Oxford 1834, 3 Bde.), Bernhardy (Halle 1834-53, 2 Bde.) und Beker (Berl. 1854). Vgl. Daub, De Suidae biographi$ Getreidehandel für frei, legte Kanäle an und leistete in dieser Stellung viel für Verbesserung der Kommunikationsmittel des Landes. Zugleich leitete er auch die auswärtigen Verhandlungen. 1604 wurde er zum Gouverneur von Poitou und 1606 für sein Gut Sully an der Loire zum erblichen Herzog ernannt. Dabei erwarb er für sich selbst ein bedeutendes Vermögen. Nach der Ermordung Heinrichs IV. (14. Mai 1610) ward er seiner Stellung am Hof entbunden und von diesem auf sein Schloß S. verwiesen; doch bediente sich auch Ludwig XIII. öfters seines Rats und ernannte ihn 1634 zum Marschall; er starb 21. Dez. 1641. Wichtig für die Geschichte seiner Zeit, obwohl nicht durchaus zuverlässig, sind seine in Stil und Form ungenießbaren "Memoires" (Amsterd. 1634, 2 Bde.; 2 Supplementbände 1662), die vom Abbé L'Ecluse (das. 1745, 8 Bde.) modernisiert, aber auch sehr verändert und gefälscht wurden. Vgl. die biographischen Schriften von Legouvé (Par. 1873), Gourdault (3. Aufl., Tours 1877), Bouvet de Cresse (das. 1878), Dussieux (Par$ arbeitung von Phosphoriten müssen die Behälter mit einem hölzernen Mantel bedeckt werden, um Dämpfe von Chlor- und Fluorwasserstoffsäure in die Esse leiten zu können. Mineralische Phosphate werden viel leichter aufgeschlossen, wenn man 7-10 Proz. der Schwefelsäure durch Salzsäure ersetzt oder Kochsalz hinzufügt. Häusig mischt man auch das S. mit stickstoffhaltigen Substanzen, wie schwefelsaurem Ammoniak oder Chilisalpeter, ferner Horn, Leder, Lumpen, welche gedämpft und dann gemahlen werden, auch mit Leimbrühe vom Dämpfen der Knochen etc. Vgl. Marek, Über den relativen Düngewert der Phosphate (Dresd. Superporte (neulat., ital. soprapporto), ein über einer Zimmerthür angebrachtes, mit dieser gleich breites, aber niedriges Bild in Malerei, Stuck, Weberei etc.; besonders bei den Dekorateuren des Barock- und Rokokostils beliebt. Superrevision (lat.), nochmalige Prüfung. Supersedeas (lat., "laß ab"), in England Befehl, das Verfahren einzustellen. Superstition (lat.), Aberglaube; superstitiös, abergläubisch. Supert$ mpieion und der Hafenort Daskon. S. war eine dorische Niederlassung, 734 v. Chr. von den Korinthern auf Ortygia gegründet und nach der sumpfigen Ebene Syrako, westlich vom großen Hafen, benannt. Wiewohl der Zeit nach die zweite griechische auf Sizilien gegründete Kolonie, wurde sie doch bald durch Betriebsamkeit und Handel dem Rang nach die erste und gründete selbst neue Niederlassungen auf Sizilien (Akrä, Kasmenä, Kamarina u. a.). Sie hatte eine aristokratische Verfassung. Die Gamoren hatten die Regierung in den Händen, zuerst mit einem König an der Spitze, später ohne einen solchen. Aus den Gamoren, den Nachkommen der ersten Kolonisten, wurden die Magistrate und Mitglieder des Hohen Rats gewählt, welche das Volk in ihren Versammlungen leiteten. 491 wurde die Aristokratie der Gamoren von der demokratischen Partei gestürzt, welche aber keine geordnete Verfassung herzustellen vermochte. So ward es Gelon (s. d.) leicht, die Gamoren nach S. zurückzuführen und sich dann selbst 485 der Herrschaft zu bemächtigen. U$ her Weizen und Wein, Mais, Obst, Kastanien), hat (1881) 296,678 Einw. (meist Serben) u. lebhafte Pferde-, Vieh-, Bienen- und Seidenraupenzucht. Komitatssitz ist Vukovar (s. d.). Syrnium, s. Eulen, S. 906. Syrokomla, Wladyslaw (eigentlich Ludwig Kondratowicz), poln.Dichter, geb. 17. Sept. 1823 zu Jaskowice in Litauen, lebte bis 1853 als Landwirt in Zalucz am Niemen, später in Borejkowszczyzna bei Wilna und starb in letzterer Stadt 15. Okt. 1862. S. war kein Dichter von hohem Gedankenflug. aber vom Feuer echter Begeisterung und tiefem, auf, richtigem Gefühl erfüllt, zugleich von einer ungewöhnlichen Einfachheit im Ausdruck. Unter seinen zahlreichen im Volkston gehaltenen poetischen Erzählungen (Gawedy) sind hervorzuheben: "Urodzony Jan Deborog", "Janko Cmentarnik", "Noc hetmanska" und "Zgon Acerna" auf den Tod Klonowicz' (f. d.), dessen trübe Lebensschicksale ein Spiegelbild der seinigen bildeten. Weniger erfolgreich versuchte er sich) auf dramatischem Gebiet ("Kaspar Karlinski" u.a.). S. lieferte auch eine Ges$ sind in lange, dünne Fäden geschnitten, schön goldbraun, aromatisch, kräftig, trocken und schmackhaft zugleich. Die Tabake der asiatischen Türkei sind schwerer als die rumelischen und stärker; von den syrischen Sorten ist der Latakia und Abou Reha aus der Provinz Saida grob geschnitten, braun bis schwarz, stark fermentiert. Als türkischer T. geht übrigens auch viel griechisches und russisches Produkt. Tabaksblätter riechen narkotisch, schmecken widerlich und scharf bitter; sie enthalten 16-27 Proz. anorganische Stoffe, welche zu 1/4-1/3 aus Kalk, oft bis zu 30 Proz. aus Kali bestehen, auch reich an Phosphorsäure und Magnesia sind. Der Stickstoffgehalt beträgt 4,5 Proz. Die Basen find großenteils an organische Säuren gebunden, und die leichte Einäscherung der Blätter, also die richtige Brennbarkeit des Rauchtabaks, ist abhängig von der Gegenwart organischer Kalisalze. Schlecht brennender T. liefert eine an Kaliumsulfat und Chlorkalium reiche, aber von Kaliumcarbonat freie Asche. Von großem Einfluß auf die Bren$ ereinigte Staaten 109 193 700 Kolumbien .... 2 250 000 Türkei. .......... 32 000 000 Puerto Rico ... 1 757 900 Brasilien .... .... 23 485 000 China ......... 1 557 900 Niederl.-Ostindien.. 19 878 900 Japan. ........ 1 531 100 Philippinen........ 7 452 800 Paraguay. ..... 1 413 500 Britisch-Ostindien 7 259 300 Peru ........ 400 000 Cuba .............. 5 909 900 Mexiko......... 350 000 San Domingo........ 4 832 600 Venezuela...... 286 000 Algerien........... 4 092 700 --------------- Persien............ 2 600 000 Zusammen: 226 251 300 Meyers Konv -Lexikon, 4. Aufl., Xv. Bd. Berechnet man die Differenz zwischen Produktion und Export fnr die Vereinigten Staaten mit nur 100 Mill. kg, für Japan mit 40, für Britisch-Ostindien mit 160, für Algerien mit 4 Mill. kg, so ergibt dies, ohne Persien zu berücksichtigen, eine Jahreserzeugung von 530 Mill. kg, welche aber der Wirklichkeit bei weitem nicht entspricht, da sie den Lokalverbrauch aller in dieser Berechnung nicht genannten Länder unberücksichtigt läßt. Die europäis$ peterlösung umgeschmolzen, in kaltes Wasser gegossen und in Spänen an der Sonne gebleicht. Auch durch Schmelzen mit etwa 1 Proz. Braunsteinpulver, 2 Proz. Schwefelsäure und 30 Proz. Wasser, Abgießen, Versetzen mit 1 Proz. Oxalsäure und abermaliges Abgießen kann T. gebleicht werden. Zum Härten schmelzt man T. mit 0,5 Proz. Schwefelsäure und 0,5 Proz. Salpetersäure, wäscht aus und erhitzt bis zum Verdunsten des Wassers, oder man rührt 0,007 Proz. Bleizucker in das geschmolzene Fett ein. Man kann auch geschmolzenen T. auf 20-25° abkühlen lassen und das flüssig gebliebene Olein abpressen. Das abgepreßte breiförmige Talgöl dient zur Darstellung von Kunstbutter. Die größte Menge T. liefert Rußland, im Süden mehr Hammeltalg (weißer T.), im Norden hauptsächlich Rindertalg (gelber T.). Je nach der Reinheit und Konsistenz unterscheidet man auch Lichtertalg und Seifentalg, welch letzterer namentlich aus Sibirien kommt. Auch Polen, Holland und Dänemark liefern viel und guten T., welcher, wie die inländische Produktion, i$ zwifchen den englischen Grafschaften Cornwall und Devon, mündet in den Plymouthsund; 96 km lang. Sein Ästuar bildet die berühmte Reede Hamoaze. Er ist bis Launceston schiffbar, von wo ein Kanal nach Budehaven an der Nordküste von Cornwall führt. Tamara, ital. Würzpulver aus Koriander, Zimt, Nelken, Fenchel und Anis; wird in der Küche wie Curry-powder (s. d.) benutzt. Tamarikaceen (Tamariskenartige), dikotyle, etwa 40 Arten umfassende Familie aus der Ordnung der Cistifloren, Holzpflanzen, selten Stauden mit kleinen, oft schuppenförmigen, blaugrünen, abwechselnden Blättern und regelmäßigen, zwitterigen, 4-5zähligen, in Ähren, Köpfen, Trauben oder Rispen stehenden Blüten. Von den verwandten Familien unterscheiden sich die T. hauptsächlich durch einen Haarschopf am Samen. In Deutschland kommt nur Tamarix (Myricaria) germanica Devs. an kiesigen Flußufern vor, deren Rinde wie auch die der am Mittelmeer heimischen Tamarix gallica L. früher offizinell war. Der Familie der T. werden auch die kleinen Gruppen der Reaumu$ te des 3. vorchristlichen Jahrtausends wurde T. um 2100 Residenz der semitischen Hyksoskönige und diejenige der großen Herrscher aus der 19. Dynastie, wie Ramses' II. und Merenptahs, deren ersterer in T. einen großartigen Tempel Kriegsgottes Set erbaute, in dessen Ruinen nicht weniger als Obelisken gefunden wurden. In sehr fruchtbarer, wild- und fischreicher Gegend gelegen und selbst für Seeschiffe erreichbar, war T. Gründung Alexandrias wohl die größte Handelsstadt Ägyptens, sank aber später infolge von Landanschwemmungen und des Versandens Tanitischen Nilmündung und wurde wahrscheinlich 174 n. gelegentlich eines Aufstandes zerstört. Vgl. Flinders Petrie, Tanis (Lond. 1885, Bd. 1). Tanjore, Stadt, s. Tandschor. Tankred, 1) T. von Hauteville, normänn. Ritter im 11. Jahrh., dessen zehn Söhne, unter ihnen der berühmte Robert Guiscard und Roger I., 1038 nach Unteritalien zogen, es eroberten und dort das normännische Reich 2) Berühmter Kreuzfahrer, Enkel des vorigen, von dessen Tochter Emma aus ihrer Ehe mit dem $ tern" (Berl. 1877) stilistisch mustergültige Vorbilder für die Straminstickerei auf Kanevas geboten. Vgl. Handarbeiten, weibliche. Tapolcza (spr. tápolza), 1) Markt im ungar. Komitat Zala, mit Nonnenkloster, (1881) 2913 Einw., Weinbau, Schwefelquelle, Badeanstalt und Bezirksgericht. - 2) Badeort im ungar. Komitat Borsod, 3 km von Miskolcz, mit einer ergiebigen indifferenten Therme von 25° C., die mehrere Teiche bildet. Tapotement (franz., spr. -pott'mang), das Klopfen bei der Tapp, süddeutsches Kartenspiel mit 36 Blättern (As bis Sechs), welche wie im Sechsundsechzig rangieren. Drei Personen sind nötig; jeder erhält 11 Karten, 3 Karten bleiben als Talon. Coeur ist stets höchste Farbe; die andern Farben rangieren gleich. Man spielt Coeurfrage (mit Einnehmen des Talons und Ekartieren), Solo in schlechter Farbe und Coeursolo. Bei Solo zählt der Talon für den Spieler, darf aber nicht angesehen werden. Zum Gewinnen muß der Spieler 61 Points haben. Die Pointzahl, welche er darüber hat, wird ihm bei Frage zum vierte$ , wurde Rechtsanwalt, dann Professor der englischen Litteratur am University College in London, trat 1850 in den Staatsdienst, ward 1854 Hauptsekretär des Gesundheitsamtes und bei Auflösung dieser Behörde nach 21jähriger Dienstzeit in Ruhestand versetzt. Inzwischen hatte er als Kunstkritiker der "Times" bedeutenden Einfluß erworben, als Mitarbeiter des "Punch" viel Heiteres geschrieben und besonders als dramatischer Schriftsteller sich hervorgethan. Mehr als 100 Stücke sind aus seiner Feder hervorgegangen, freilich viele nach fremden Mustern. "The fool's revenge", "An unequal match". "The ticket-of-leave man", "Clancarty" haben sich auf der Bühne erhalten, ebenso die historischen Dramen: "Twixt axe and crown", "Joan of Arc" und "Anne Boleyn". Während der letzten acht Jahre seines Lebens war er Herausgeber des "Punch". Er starb 12. Juli 1880 in London. Auch als Herausgeber der Biographien englischer Künstler, wie Haydons (1853), Leslies (1859), Reynolds (1865), sowie eines "Catalogue of the works of Sir J. Rey$ ssen Haupttendenzen die Bewahrung des ritterlichen Geistes und das Bekenntnis eines aufgeklärten, in der Zeitphilosophie wurzelnden Deismus waren, und dem die ersten Personen des Hofs und der Pariser Gesellschaft beitraten. Nachdem derselbe während der Revolution sich aufgelöst hatte, sammelte in den letzten Jahren das Direktorium seine Trümmer wieder, und man suchte nun dem Bund eine politische Richtung zu geben. Napoleon I. begünstigte ihn als ein Adelsinstitut. Die Restauration sah den aufgeklärte Tendenzen verfolgenden Bund zwar mit argwöhnischen Augen an, doch bestand derselbe fort. Die Philhellenenvereine fanden in ihm eifrige Teilnehmer. Nach der Julirevolution trat der Bund sogar in Paris wieder öffentlich hervor und zwar mit kommunistischen Tendenzen, und seine Mitglieder nannten sich Chrétiens catholiques primitifs. Seine Geheimlehre war in einem "Johannisevangelium" zusammengefaßt. Der Orden erlosch 1837. Vgl. Wilcke, Geschichte des Ordens der T. (2. Ausg., Halle 1860, 2 Bde.); Michelet, Procès des$ . Tennysons poetische Richtung ist vorwiegend kontemplativ, weniger aufs Erhabene gerichtet; meisterhaft sind seine Schilderungen des Natur- und Seelenlebens. Die Universität Cambridge hat T., der seit 1869 auf einem Landsitz in der Nähe von Petersfield in Hampshire lebt, durch Aufstellung seiner Büste in der Bibliothek der Trinity Hall geehrt, Oxford durch Verleihung des Doktorgrades; 1884 wurde er von der Königin als Baron T. von Altworth zum Peer ernannt. Seine gesammelten Werke: "Poetical works", erschienen zuletzt 1886 in 10 Bänden, die "Dramatic works" 1887 in 4 Bänden. Ausgewählte Dichtungen von T. in deutscher Übersetzung gaben Freiligrath (in "Englische Gedichte aus neuerer Zeit", Stuttg. 1846), Hertzberg (Dess. 1854) und Strodtmann (Hildburgh. 1867) heraus. Letztere Ausgabe enthält auch das ungemein beliebte Gedicht "Enoch Arden", welches außerdem noch von R. Waldmüller (30. Aufl., Hamb. 1888) u. a. übersetzt ward. Vgl. Wace, Alfred T. (Lond. 1881). Tenor (lat.), der ununterbrochene Lauf einer Sache$ afwolle, für feinere T. auch Ziegenhaare und Seide. Die schönsten orientalischen T. sind die persischen (s. Tafel "Ornamente IV", Fig. 11, und Tafel "Weberei", Fig. 16) und von diesen wieder die von Farahan in der Provinz Arak; sie enthalten auf 1 m Breite 400-500 Flormaschen. Die indischen (s. Tafel "Weberei", Fig. 22) haben einen ansehnlich höhern Flor und 300-350 Maschen auf 1 m, für den europäischen Handel sind aber bei weitem wichtiger die ungleich billigern türkischen T., von denen die Smyrnaer mit 120-200 Maschen am geschätztesten sind; sie besitzen stets eine wollene Kette, während die der persischen und indischen aus Baumwolle besteht. Die orientalischen T., und namentlich die geknüpften Smyrnateppiche, werden mit gutem Erfolg in Europa, speziell in Deutschland (Schmiedeberg seit 1856, Kottbus, Wurzen, Springe, Linden etc.) und Wien, nachgeahmt und zwar unter Anwendung derselben Methode. Man arbeitet aber mit Kette aus Leinengarn und Grundschuß aus Jute, erreicht eine große technische Vollkommenheit $ inöl. Terpentinhydrat [s. Terpentinöl.] Terpsichore (die "Tanzfrohe"), eine der neun Musen, später besonders die Muse der Tanzkunst und des Chorgesanges; führte in Bildwerken eine große Leier und in der Rechten das Plektron. Vgl. Musen (mit Abbildung). Terra (lat.), Erde, Land; T. incognita. unbekanntes Land; T. firma, Festland; T. di Siena, Sienaerde (s. Bolus); T. foliata tartari, essigsaures Kali; T. foliata tartari crystallisata, essigsaures Natron; T.inebriata, glasierte Thonwaren in der Art der Robbia-Arbeiten; T. japonica, s. Katechu; T. lemnia, Siegelerde (s. Bolus); T. ponderosa, Schwererde, Baryt; T. sigillata, s. Bolus; T. tripolitana Tripel; T. umbria, schwarze Kreide. Terracina (spr. -tschina), Stadt in der ital. Provinz Rom, Kreis Velletri, am gleichnamigen Golf des Tyrrhenischen Meers, früher wichtiger Punkt an der Straße von Rom nach Neapel, ist Sitz eines Bischofs, hat eine Kathedrale (an der Stelle eines antiken Tempels), Ruinen eines Palastes des Gotenkönigs Theoderich, einen Hafen, von wel$ r fielen, 30,000 wurden als Sklaven verkauft. Erst 315 wurde T. von Kassandros mit Hilfe der Athener wieder aufgebaut und stand nun unter makedonischer Herrschaft. Im achäischen Krieg 146 schloß es sich der Kriegserklärung der Achäer an die Römer an; nach Verlust der Schlachten bei Skarpheia und Leukopetra flohen aber die Einwohner Thebens nach dem Peloponnes, und T. verödete seitdem. Pausanias fand nur noch die Burg und einige Tempel vor. Im 2. Jahrh. n. Chr. war die untere Stadt schon gänzlich verschwunden. In neuerer Zeit hat man den Kabirentempel ausgegraben. Aus Thebens Gebiet stammte Pindar. An Stelle der phönikischen Burg Kadmeia erhob sich Thivä (s. d.). Theben (ungar. Dévény), Markt und Dampfschiffstation im ungar. Komitat Preßburg, an der Mündung der March in die Donau und am Fuß des 513 m hohen Thebner Kogels, mit dem die Kleinen Karpathen am Donaudurchbruch (der Porta Hungarica) dem Leithagebirge gegenüber beginnen, hat (1881) 1655 meist deutsche Einwohner, die bedeutenden Handel mit Gemüse treibe$ u Eukleides und Ptolemäos. Seine Schriften gab Halma (Par. 1821-23, 2 Bde.) mit französischer Übersetzung heraus. 3) Älios, aus Alexandria, griech. Rhetor des 5. Jahrh. n. Chr., ist Verfasser einer trefflichen Anleitung, sogenannter "Progymnasmata" (hrsg. von Finckh, Stuttg. 1834, und in den "Rhetores graeci" von Walz und von Spengel). Theophanes, mit dem Beinamen Isauricus oder Confessor, byzantin. Geschichtschreiber, geb. 758 zu Konstantinopel, bekleidete daselbst mehrere Hofämter, ward dann Vorsteher eines Klosters in Bithynien, aber als Bilderverehrer von Kaiser Leo III. verbannt und starb 817 in Samothrake. Er verfaßte eine "Chronographia" (hrsg. von Classen und Becker, Bonn 1839-41, 2 Bde.; von Boor, Leipz. 1883-85, 2 Bde.). Theophanie (griech., "Gotteserscheinung"), in der christlichen Kirche s. v. w. Epiphania (s. d.). Theophano (Theophania), Kaiserin, Tochter des oström. Kaisers Romanos II. und der berüchtigten Theophano, welche 963 Romanos und 969 ihren zweiten Gemahl, Nikephoros Phokas, ermorden li$ wieder mehr, ihr freies Ende bewegt sich nach rechts, läßt den Zeiger cd auf der erreichten Maximaltemperatur stehen und schiebt nun den Zeiger fg mittels des Stifts q nach rechts, wo derselbe bei erneuter Erwärmung stehen bleibt und das Temperaturminimum anzeigt. Die bogenförmige Skala wird durch Vergleichung mit einem Quecksilberthermometer graduiert. Solche Spiralen eignen sich sehr gut zur Konstruktion selbstregistrierender T. (s. Registrierapparate, S. 664). Das Tiefseethermometer von Negretti und Zambra ist ein gewöhnliches Quecksilberthermometer mit cylindrischem Gefäß, dessen Hals verengert und auf besondere Weise zusammengezogen ist (Fig. 7 u. 8). Jenseit dieser Verengerung ist das Thermometerrohr mehr ausgebogen und bildet eine kleine Bucht zur Aufnahme von Quecksilber. Das Ende der alsdann gerade verlaufenden Röhre bildet ein Reservoir für das aus dem cylindrischen Gefäß abfließende Quecksilber. Wird der Apparat zunächst so gehalten, daß dies Gefäß sich unten befindet, so füllt das Quecksilber die $ nahme aufblähen u. abblättern, beim Abbau, namentlich beim Tunnelbohren, große Schwierigkeiten bereiten und Einstürze veranlassen. Thonglimmerschiefer, s. Phyllitschiefer. Thonissen, Jean Joseph, belg. Nationalökonom und Rechtslehrer, geb. 21. Jan. 1817 zu Hasselt, studierte Rechtswissenschaft, widmete sich hierauf der Advokatur und wurde, nachdem er verschiedene Ämter im Gebiet der Verwaltung und der Rechtspflege bekleidet hatte, 1847 Professor des Kriminalrechts an der katholischen Universität zu Löwen und später auch in das Abgeordnetenhaus gewählt. 1855 wurde er zum Mitglied der Akademie in Brüssel ernannt und 1869 zum korrespondierenden Mitglied der französischen Akademie. Seit 1863 der Abgeordnetenkammer angehörend, wurde er 26. Okt. 1884 Minister des Innern und des öffentlichen Unterrichts, trat jedoch Oktober 1887 zurück. Er schrieb: "La constitution belge annotée" (1844, 3. Aufl. 1879); "Le socialisme et ses promesses" (1850); "Le socialisme dans le passé" (1851); "Le socialisme depuis l'antiquité ju$ r jung Parlamentsrat, Requetenmeister, auch Großmeister der königlichen Bibliothek und später Staatsrat, aber als Mitwisser der Verschwörung des Cinq-Mars (s. d.) 12. Sept. 1642 in Lyon enthauptet. Thouars (spr. tuár), Stadt im franz. Departement Deux-Sèvres, Arrondissement Bressuire, rechts am Thouet, über den drei Brücken führen, Knotenpunkt Thouars - Thrakische Chersones. der Eisenbahnen Tours-Bressuire und Saumur-Niort, hat ein Felsenschloß mit schöner Kapelle, Reste von Befestigungswerken, Weberei, Gerberei, Handel mit Getreide, Pferden etc. und (1881) 3535 Einw. Thouars, auch P. Th., bei botan. Namen für L. M. A. du Petit-Thouars, geb. 1756 auf Schloß Boumois in Anjou, bereiste die Maskarenen und Madagaskar, gest. 1831 in Paris. Flora der südafrikanischen Inseln; Obstbäume. Thourout (spr. turuh), Stadt in der belg. Provinz Westflandern, Arrondissement Brügge, Knotenpunkt der Staatsbahnlinie Ostende-Ypern und der Linie Brügge-Courtrai, hat Leinweberei, Gerberei, Hutfabrikation und (1888) 8972 Einw. Thouv$ dafür in den Freiherrenstand erhoben. Durch eine Konvention mit der Pforte bewirkte er 1776 die Abtretung der Bukowina an Österreich. Nachdem er an den Höfen von Neapel, Versailles und Berlin diplomatisch thätig gewesen, ging er 1780 als Gesandter nach Warschau, 1787 nach Neapel und 1788 als Hofkommissar in die Moldau und Walachei, deren Verwaltung er bis 1790 leitete. Er beteiligte sich hierauf an den Friedensunterhandlungen mit der Pforte zu Sistova und leitete in Paris die Unterhandlungen zwischen der Königin Maria Antoinette und dem Grafen Mirabeau. Nach seiner Rückkehr im J. 1792 wurde er zum Armeeminister bei dem Heer des Prinzen von [Zeus auf dem Thron os sitzend (Münze von Thuin - Thulden. Koburg, welches die verlornen Niederlande wiedererobern sollte, ernannt und 27. Mai 1793 Generaldirektor der Staatskanzlei unter Kaunitz und damit tatsächlich, nach Kaunitz' Tod 1794 auch formell, Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Ein Mann von Geist und Talent, aber ränkevoll und gewissenlos, schärfte er du$ schen und Küstenprovinzen, übernahm 1799 beim Wiederausbruch des Kriegs aufs neue das Portefeuille des Auswärtigen, trat aber schon im Dezember 1800 wieder zurück und lebte fortan zu Preßburg und Wien, wo er 29. Mai 1818 starb. Vgl. Vivenot, T., Clerfayt und Wurmser 1794-97 (Wien 1869); Derselbe, T. und sein System (das. 1870, 2 Tle.); Derselbe, Vertrauliche Briefe des Freiherrn v. T. (das. 1871, 2 Thuin (spr. tuäng), Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Hennegau, an der Sambre und der Eisenbahn Charleroi-Erquelines, mit schöner Kirche, höherer Knabenschule, Tuchfabrikation, Eisenwerken und (1888) 5361 Einw. T. gehörte früher zum Bistum Lüttich und war stark Thuja Tourn. (Lebensbaum), Gattung aus der Familie der Kupressineen, Bäume von in der Regel mehr oder weniger pyramidenförmigem Wuchs, mit blattartig flachen letzten Verästelungen, vierreihig dachziegeligen, schuppenförmigen, nur an der Spitze freien Blättern, monözischen Blüten auf verschiedenen Ästen und kleinen, im zweiten Jahre reifen$ Congo, welcher an diesem Fluß oberhalb der Stanleyfälle die Stationen Kibonge, Riba Riba und Kasongo (die letzte, etwas abseits vom Congo oberhalb Njangwe gelegen, ist die Hauptstation) nebst zahlreichen andern kleinen Handelsposten besitzt, gegenwärtig auch als Gouverneur der Station Stanley Falls im Dienste des Congostaats steht. T. wurde uns zuerst durch Cameron bekannt, dem er 1874 bei seiner Durchquerung Afrikas über den Lualaba bis nach Utotera (5° südl. Br. und 25° 54' östl. L. v. Gr.) das Geleit gab. Als Stanley 1876 seine denkwürdige Entdeckungsreise den Congo abwärts machte, lieh ihm T. seinen wertvollen Beistand, namentlich zur Überwindung der Stanleyfälle. Schon zu jener Zeit war T. ein höchst einflußreicher Mann, seitdem wuchs sein Einfluß noch mehr, wiewohl ihn seine Handelsunternehmungen in große Abhängigkeit von den indischen Händlern an der ostafrikanischen Küste brachten, die ihn das Anerbieten Stanleys bei dessen Zug zu Emin Pascha, in die Dienste des Congostaats zu treten und Stanley bei $ ge Departement hat (1885) 24,408 Einw. Traille (franz., spr. traj), Fähre, fliegende Brücke. Bisweilen fälschlich für Tralje (s. d.). Train (franz., spr. träng), das Fuhrwesen der Heere, welches diesen Bedürfnisse jeder Art nachzuführen hat, u. zwar nennt man T. sowohl die einem Heer oder einer einzelnen Truppe folgenden Fahrzeuge (T. eines Bataillons etc.) mit den zugehörigen Leuten (Trainsoldaten) und Pferden als auch die besondere Truppengattung. Hiernach unterscheidet man Verpflegungs-, Sanitäts-, Administrations-, Feldbrücken- und Belagerungstrains. Die beiden erstern, mit der Truppe in engster Verbindung stehend, sind zur Erhaltung der Schlagfertigkeit derselben von höchster Bedeutung, müssen daher eine größere Bewegungsfähigkeit zur Anpassung an die Operationen der kämpfenden Truppen besitzen und werden deshalb auch von den Trainbataillonen als Truppenteile formiert. In Deutschland hat jedes Trainbataillon (also pro Armeekorps) 5 Proviantkolonnen, 1 Feldbäckereikolonne, ein Pferdedepot, 3 Sanitätsdetac$ he angeordnet. Zwar ward es bald Sitte, das Verlöbnis dem Bischof oder Kirchenältesten anzuzeigen, und zum wirklichen Anfang der Ehe wurde die kirchliche Einsegnung häufig begehrt und erteilt; ein die Gültigkeit der Ehe bedingendes Erfordernis ward jene aber erst im 9. Jahrh., im Abendland durch Karl d. Gr., für die griechische Kirche durch Leo VI. Philosophus. Auch Papst Nikolaus I. machte die Gültigkeit des ehelichen Bündnisses davon abhängig, daß dieses mit dem kirchlichen Segen und einer Messe geschlossen sei. Noch aber erfolgte die Eheschließungserklärung vor dieser Brautmesse. Erst seit 1100 etwa befragt der segnende Priester die Eheschließenden um die Ernstlichkeit ihres Vorhabens. Aber noch die großen Dichtungen des deutschen Mittelalters lassen die Paare erst am Tag nach ihrer Verehelichung sich zur Kirche begeben, und erst seit dem 15. Jahrh. finden sich Trauungsformulare, in welchen der Priester als Stellvertreter Gottes die Eheleute zusammenspricht. Aber selbst das tridentinische Konzil verlangt z$ g des Gebiets immer neue T. gebildet, bis 241 n. Chr. die Zahl 35 erreicht wurde, bei welcher man stehen blieb; vier derselben hießen städtische (t. urbanae), weil sie aus vier städtischen Bezirken gebildet waren; die übrigen gehörten der Landschaft an und hießen daher ländliche (t. rusticae). Auf der Grundlage dieser T. entstand eine besondere Art von Komitien (s. d.), die Comitia tributa, in denen innerhalb der T. nach der Kopfzahl gestimmt wurde, und die daher einen demokratischen Charakter hatten. Tribut (lat.), ursprünglich die Steuer im alten Rom, welche die Bürger von ihrem Vermögen an den Staat zu zahlen hatten, dann die von den Provinzen erhobene Kopfsteuer (tributum capitis). Jetzt versteht man darunter Abgaben, welche bezwungene Völker an den Sieger zahlen müssen; auch wird im figürlichen Sinn die Gewährung der schuldigen Hochachtung oder Verehrung so genannt. Tributär (franz.), tributpflichtig. Tricarico, Stadt in der ital. Provinz Potenza, Kreis Matera, Bischofsitz, mit alten Mauern und Türmen, K$ Ferdinanda und Revoltella, hoch über T. an der Poststraße das Dorf Optschina mit Obelisk und herrlichem Überblick über Stadt und Meer, in der Mitte einer schönen Eichenwaldung das k. k. Hofgestüt Lipizza. Am nördlichen Meeresstrand liegen der Küstenort San Bartolo (Barcola), mit Fabriken und Seebadeanstalt und weiter das schöne Schloß Miramar (s. d.). Die Stadt wird von mehreren Brunnen der Umgebung sowie durch eine Wasserleitung aus dem Abhang des Gebirgszugs Santa Croce mit gutem Wasser versehen. Das Wappen von T. s. auf Tafel "Österreichisch-Ungarische Länderwappen". T. (Tergeste) ward 178-177 v. Chr. mit Istrien dem römischen Reich einverleibt und unter Augustus zu einer römischen Kolonie gemacht. Im Mittelalter tritt es zunächst als Bischofsstadt mit einem bedeutenden Territorium (der römischen regio) hervor. Der Kommune gelang es im 13. Jahrh., dem Bischof die wichtigsten Hoheitsrechte teils abzuringen, teils abzulösen. Doch befand es sich, im wechselnden Kampf um seine Selbständigkeit Venedig gegenüber$ ion für wollene, baumwollene und leinene Stoffe, Wirkwaren, Handschuhe, Stickereien, künstliche Blumen, Blechwaren, Nadeln, Leder, Wachsleinwand, Pergament, Papier etc., Brauereien, Brennereien, Bereitung von berühmten Cervelatwürsten und geräucherten Hammelzungen und lebhaften Handel. Es hat ein Lyceum, eine Zeichen- und Bauschule, eine Handels- und Gewerbeschule, einen Kursus für angewandte Chemie, Normalschulen für Lehrer und Lehrerinnen, eine öffentliche Bibliothek von 110,000 Bänden und gegen 5000 Handschriften, eine Gemäldegalerie, Münz- und Antikensammlung und mehrere gelehrte und industrielle Gesellschaften. T. ist der Sitz eines Bischofs, des Präfekten, eines Gerichtshofs und eines Handelsgerichts. - T. war im Altertum die Hauptstadt der keltischen Tricasser und hieß Noviomagus, erhielt von Augustus den Namen Augustobona und nahm im 5. Jahrh. den Namen Trecä an. In der Nähe, bei Mery, fand 451 die große Hunnenschlacht (s. d.) statt. 889 von den Normannen zerstört, ward es 950 wieder aufgebaut, kam 10$ rend der andre, wenn die Saite schwang, durch schnelles Berühren des Resonanzbodens einen etwas schnarrenden Ton hervorbrachte. Truncus (lat.), der Stamm der Bäume etc.; vgl. Stengel und Baum. Trunkelbeere, s. Vaccinium. Trunkenheit, im allgemeinen der durch den Genuß betäubender Stoffe, z. B. Opium, Alkohol, Haschisch, Kumys und andrer gegorner Getränke, auf den Organismus hervorgebrachte abnorme Zustand der Gehirnthätigkeit etc. Für gewöhnlich wird die T. erzeugt durch alkoholhaltige (spirituöse) Getränke. Man unterscheidet als den ersten Grad der T. den Rausch. Derselbe gibt sich anfangs in einer Steigerung des ganzen Lebensprozesses kund, die sich besonders als eine höhere gemütliche Anregung im Gemeingefühl durch Heiterkeit und Wohlbehagen, raschern Puls, gerötetes Gesicht, belebte, glänzende Augen, lebhafte, wechselnde Vorstellungen und leicht zu Gemütsbewegungen sich steigernde Gefühle zu erkennen gibt. Beim zweiten Grade, der Betrunkenheit (ebrietas), sind alle jene physischen Erscheinungen gesteigert$ e sich die neuere t. L. auf dem der Wissenschaften und insbesondere der historischen. Als Historiker stehen in erster Linie: Franz Pelcel (1734-1801), der Verfasser einer Reihe historischer Untersuchungen (darunter Biographien Karls IV., Wenzels IV. etc.) und einer "Nova kronika ceská", die wesentlich zur Erweckung des tschechischen Nationalgefühls beitrug; sodann Paul Jos. Safarik (Schafarik, 1795-1861), der in seinen "Starozitnosti slovanské" den ersten den modernen Bedürfnissen entsprechenden Versuch machte, die slawische Urgeschichte bis zum 10. Jahrh. aufzuhellen, und besonders Franz Palacky (1798-1876), mit dessen monumentaler "Geschichte Böhmens von den ältesten Zeiten bis 1526", deren 1. Band 1836 erschien, die tschechische Historiographie sich plötzlich aus mühsamer und schwerfälliger Altertumsforschung auf die Höhen moderner, künstlerischer Darstellung emporschwang. Auch um die slawische Sprachforschung erwarb sich nach den schon genannten Gelehrten, Dobrovsky und Jungmann, besonders Paul Safarik du$ heit des Landes sehr wechselnd und wegen der rauhen Nordostwinde kälter ist als in Italien und Spanien, welche Länder mit der Türkei unter gleicher Breite liegen. Im ganzen werden dadurch Klima und Vegetation denen Mitteleuropas sehr ähnlich. Der Balkan macht eine sehr merkliche Wetterscheide, denn während in den Donauländern der Winter ziemlich streng, oft schneereich ist und das Thermometer nicht selten auf -10° C. und darunter sinkt, steigt im S. dieses Gebirges die Kälte selten über -3° und ist der Sommer bei fast beständig heiterm Himmel oft drückend heiß. Während die kalten Nordwinde für die Gegenden am Bosporus Schneestürme bringen, kennt man in den Küstenländern des Ägeischen Meers und auf den Inseln winterliche Witterung nur auf den Gebirgshöhen. Die Luft ist, wenige Sumpfstriche ausgenommen, überall rein und gesund; wohl aber werden manche Gegenden durch Erdbeben heimgesucht. Konstantinopel hat mit Venedig gleiche mittlere Jahrestemperatur. Die Türkei gehört zum größten Teil zu der subtropischen Reg$ ors, dann Papinians, bekleidete unter Alexander Severus, dessen Lehrer und Vormund er gewesen war, die höchsten Ämter und ward 228 als Praefectus praetorio Ulricehamn - Ulrich von Türheim. den über seine Strenge erbitterten Prätorianern vor den Augen des Kaisers ermordet. Als Jurist nimmt U. den ersten Rang nach Papinian ein. Seine beiden Hauptwerke sind die dogmatischen Darstellungen des prätorischen Rechts ("Ad edictum", in 83 Büchern) und des Zivilrechts ("Ad Sabinum", in 51 Büchern). Sie bilden die Grundlage der Pandekten und haben den dritten Teil des in denselben angesammelten Stoffes geliefert. Wertvoll ist auch die kleine Schrift "Tituli ex corpore Ulpiani", gewöhnlich "Ulpiani fragmenta" genannt, herausgegeben von Hugo (5. Aufl., Berl. 1834), Böcking (4. Aufl., mit Faksimile der vatikanischen Handschrift, Leipz. 1855), Vahlen (Bonn 1856), Huschke (5. Aufl., Leipz. 1886) und Krüger (Berl. 1878). Ein Fragment von U.' Institutionen, welches 1835 in der Wiener Hofbibliothek gefunden wurde, gab Endlicher $ arburg, wo er für die Reformation gewonnen wurde. Nachdem sich 1534 der Schwäbische Bund aufgelöst hatte, führte Philipp von Hessen U. an der Spitze von 20,000 Mann nach Württemberg zurück, wo der Sieg bei Lauffen am Neckar 13. Mai ihm sein Herzogtum wieder verschaffte; doch mußte U. dasselbe in dem am 29. Juni d. J. zu Kaaden in Böhmen mit Ferdinand zu stande gekommenen Vergleich als österreichisches Afterlehen anerkennen. Bald nachher führte er in seinem Lande das Reformationswerk zu Ende. Als Mitglied des Schmalkaldischen Bundes ließ er 1546 eine beträchtliche Truppenzahl zum Heer der Verbündeten an die Donau vorrücken; nach dem unglücklichen Ausgang des Kriegs mußte er nach dem Vertrag von Heilbronn eine ansehnliche Summe zahlen, dem Kaiser mehrere Schlösser einräumen und in Ulm vor diesem einen Fußfall thun. Auch dem Augsburger Interim unterwarf er sich, ward aber dennoch von einem kaiserlichen Gericht mit Absetzung bedroht, als er 6. Nov. 1550 starb. Vgl. Heyd, Herzog U. von Württemberg (Tübing. 1841-43$ chnet man an deutschen U. die Vorlesungen der Lehrer als Kollegien, ohne dabei an die geschichtliche Herkunft dieser Bezeichnung zu denken. - Neben dem festern Kern jener Bursen und Kollegien bevölkerten die U. des Mittelalters die sogen. fahrenden Schüler, eine bunt gemischte, wandernde Gesellschaft, in welcher die verschiedensten Alters- und Bildungsstufen zusammentrafen (s. Vaganten). In ihrem Schoß bildeten sich zuerst in rohen Umrissen die Anfänge der studentischen Sitten heraus, die sich teilweise bis heute erhalten haben; so die Gewalt der ältern Studenten (Bacchanten) über die jüngern (Schützen, Nach Deutschland übertrug das Universitätswesen Karl IV. durch die Gründung der Universität Prag 1348 (vier Nationen: Böhmen, Polen, Bayern, Sachsen). Bis zum Anfang der Reformation folgten mit päpstlicher und kaiserlicher Genehmigung: Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392), Leipzig (1409), Rostock (1419, 1432), Löwen (1426), Greifswald (1456), Freiburg i. Br. (1456), Basel (1456), Ingolsta$ le 35 64 616 661 52 110 1489 1532 Kiel 17 37 132 132 43 83 560 579 Königsberg 30 54 347 347 45 89 844 862 Marburg 29 55 227 247 47 79 928 965 Münster 10 17 328 328 22 35 457 463 Preußen 330 694 5682 6491 520 1150 13777 15482 München 50 90 1893 1893 72 163 3809 3833 Erlangen 26 42 431 431 37 53 926 926 Würzburg 30 41 705 705 39 75 1547 1580 Leipzig 44 105 794 794 66 174 3208 3273 Tübingen 37 73 743 743 52 83 1449 1470 Freiburg 26 34 327 356 39 84 1125 1161 Heidelberg 34 80 719 752 41 101 984 1127 Gießen 31 56 402 402 35 55 546 565 Rostock 21 31 108 108 29 41 347 347 Jena 24 60 420 432 39 88 634 663 Straßburg - - - - 63 110 828 862 Deutschland 653 1306 12224 13107 1032 2177 29180 31289 Universitäten (außerdeutsche). Von den preußischen U. folge hier noch die Verteilung der Studierenden auf die einzelnen Fakultäten. Sie betrug nach Prozenten etwa: Fakultäten 1853 1867 1878 1888 Evangelische Theologie 16 18 8 20,5 Katholische Theologie 11 9 3 4,5 Rechtswissenschaft 33 17,5 29 17 Medizin 18 22 16 25,5 Philosophisc$ inander setzen, daß in den Endungen immer dieselbe Art von Vokalen erscheinen muß wie in der Wurzel. So heißt im Türkischen "von unsern Vätern" babalarumdan; aber der entsprechende Kasus von dedeh, "Großvater", lautet dede-lerinden, weil auf die "leichten" Vokale e der Wurzel auch in der Endung nur leichte Vokale folgen dürfen. In sämtlichen uralaltaischen Sprachen sind so die Vokale in leichte und schwere eingeteilt; doch gibt es daneben in vielen Sprachen auch neutrale Vokale. Andre allen fünf Gruppen gemeinsame Eigentümlichkeiten sind: die Aufeinanderhäufung einer fast unbegrenzten Anzahl von Endungen an die Wurzel, welche stets unverändert bleibt, die Anhängung des besitzanzeigenden Fürwortes an das Hauptwort und die Scheidung der Konjugation in eine bestimmte und unbestimmte. Die Sprachen jeder Gruppe sind meistens unter sich sehr nahe verwandt; namentlich ist es wichtig, zu bemerken, daß z. B. das Türkische sich vom Nogaischen in Südrußland nicht stärker unterscheidet als das Hochdeutsche vom Niederdeut$ ie Fuesse schuette, Wenn sich die Morgenroete jenes Tags, Der unsern Bund auf ewig gruenden soll, Am Horizonte feierlich erhebt, So scheinst du nun verlegen, widerwillig Den Antrag eines Braeutigams zu fliehn. Hofmeisterin. Du zeigst mir nur die eine Seite dar, Sie glaenzt und leuchtet, wie im Sonnenschein Die Welt erfreulich daliegt; aber hinten Droht schwarzer Naechte Graus, ich ahn' ihn schon. So lass uns erst die schoene Seite sehn! Verlangst du Wohnung, mitten in der Stadt, Geraeumig, heiter, trefflich ausgestattet, Wie man's fuer sich, so wie fuer Gaeste wuenscht? Sie ist bereit, der naechste Winter findet Uns festlich dort umgeben, wenn du willst. Sehnst du im Fruehling dich aufs Land, auch dort Ist uns ein Haus, ein Garten uns bestimmt, Ein reiches Feld. Und was Erfreuliches An Waldung, Busch, an Wiesen, Bach und Seen Sich Phantasie zusammendraengen mag, Geniessen wir, zum Teil als unser eignes, Zum Teil als allgemeines Gut. Wobei Noch manche Rente gar bequem vergoennt, Durch Sparsamkeit ein sichres G$ r, alle dir; Erschaffe, was du hier verliern sollst, Dir Stamm und Vaterland und Fuerstentum. Getraust du zu tun, was du gebietest? Ich tat's!--Als jungen Mann entfuehrte schon Zu wilden Staemmen mich der Geist hinueber. Ins rohe Leben bracht' ich milde Sitte, Ich brachte Himmelshoffnung in den Tod. O haett' ich nicht, verfuehrt von treuer Neigung, Dem Vaterland zu nuetzen, mich zurueck Zu dieser Wildnis frechen Staedtelebens, Zu diesem Wust verfeinerter Verbrechen, Zu diesem Pfuhl der Selbstigkeit gewendet! Hier fesselt mich des Alters Unvermoegen, Gewohnheit, Pflichten; ein Geschick vielleicht, Das mir die schwerste Pruefung spaet bestimmt. Du aber, jung, von allen Banden frei, Gestossen in das Weite, dringe vor Und rette dich! Was du als Elend fuehlst, Verwandelt sich in Wohltat! Eile fort! Eroeffne klarer! Was befuerchtest du? Im Dunklen draengt das Kuenft'ge sich heran, Das kuenftig Naechste selbst erscheinet nicht Dem offnen Blick der Sinne, des Verstands. Wenn ich beim Sonnenschein durch diese Strassen$ geplant. Sie hätten schon vor zwei Monaten die Plätze bestellt,--und jetzt sei etwas dazwischen gekommen. Man habe Jörgen Thiis gefragt, ob er nicht die Billets übernehmen und zehn Personen heranholen könne, um mit ihnen diese herrliche Fahrt zu machen. Unten in den Kleinstädten lebe man in besserer Kameradschaft, da sei es leichter, eine solche Gesellschaft zusammenzubringen. Jörgen Thiis habe sich bereit erklärt,--wenn Mary Krog dabei sein wolle; er wisse, dann bekomme man die andern schon zusammen. Frau Falke setzte Mary das in ihrer Schmeichelkatzenart auseinander, der nur wenige widerstehen konnten. Mary hatte freilich nicht die geringste Lust, in der Sommerhitze auf dem Deck eines Dampfers zu sitzen und alles abzubrechen, was hier unternommen wurde; es war gar zu nett. Aber sie wollte Jörgen Thiis nicht gern noch einmal kränken. Sie sprach mit ihrem Vater und mit Frau Dawes: sie hörte noch einmal Frau Falke an--und willigte ein. In der ersten Hälfte des Juli versammelte sich die Gesellschaft eines Nach$ us, wo er sich gerade aufhielt, schrieb er: "Jetzt habe ich bald drei Jahre gebraucht, um das, was ich in einem erlebt habe, noch einmal zu durchleben. Ich kann nicht sagen, dass ich es mir schon ganz zu eigen gemacht habe. Namentlich wird viel Neues hinzukommen, wenn ich die Staetten wiedersehe, wo wir zusammen waren. Aber soweit bin ich durch das tiefere Hineinleben dieser Jahre doch gekommen, dass ich diese Staetten nicht mehr scheue; im Gegenteil, ich sehne mich jetzt nach ihnen." Die Begegnung mit der neuen Marit wurde ein Fest fuer ihn. Nicht sofort; denn zuerst hatte sie natuerlich Angst vor dem fremden Mann mit den grossen Augen. Aber es erhoehte seine Freude, wie sie vorsichtig, nach und nach ihm naeher kam. Als sie schliesslich auf seinen Knien sass mit den beiden neuen Puppen, einem Tuerken und einer Tuerkin, und ihm diese in die Nase steckte, damit er niesen sollte, weil die Tante das auch getan hatte, da sagte er mit Traenen in den Augen: "Ich habe nur eine Begegnung erlebt, die noch herrlicher w$ hte er um und kam auf dieselbe Weise zurueck. "Das ist eins von meinen Zirkuskunststuecken", sagte er strahlend. "Jetzt kommt ein anderes!" Er warf sich in der Luft herum und kam wieder auf die Fuesse genau an derselben Stelle, wo er hochgesprungen war. Dann noch einmal. "Sehen Sie? Genau wo ich hochgesprungen bin!" Er triumphierte und machte es noch zwei-, noch drei-, vier-, fuenfmal vor. Sie bewunderten ihn. Es war auch bewundernswert, wie der grosse, starke Mann das mit einer Leichtigkeit ausfuehrte, dass es wirklich schoen aussah. Angefeuert durch ihr Lob fing er an, sich mit solcher Geschwindigkeit herumzuwirbeln, dass den andern beim blossen Zusehen schlecht wurde. Schoen war es auch nicht. Sie wandten sich ab und schrien. Das machte ihm furchtbaren Spass. Aergerlich rief Alice: "Sie sind wahrhaftig wie ein Schuljunge von siebzehn Jahren!"--"Wie alt sind Sie eigentlich?" fragte Mary. "Ueber dreissig." Da lachten sie aus vollem Halse. Das haetten sie nicht tun sollen. Dafuer musste er sie strafen. Ehe Al$ bist zu sehr daran gewoehnt."-- Mary antwortete diesmal nicht; aber einige Tage spaeter--es war lange nasskaltes Wetter gewesen, und sie hatte nicht draussen sein koennen--sagte sie zu Frau Dawes: "Du kannst recht haben, das Leben, das wir all diese Jahre hindurch gefuehrt haben, hat tiefe Wurzeln in mir geschlagen."--"O ja, tiefere als Du selbst ahnst, mein Kind!"--"Aber was soll ich denn tun? Von hier fort kann ich doch nicht? Ich will es auch nicht."--"Nein.--Aber Du koenntest Dir etwas Abwechslung verschaffen." --"Wie denn?"--"Du verstehst mich recht gut, Kind! Wenn Du verheiratet waerst, wuerde er zeitweise hier mit Dir leben und Du zeitweise mit ihm da, wo er hin muss."--"Eine wunderliche Ehe!"--"Ich glaube nicht, dass Du ihm sonst naeherkommen kannst."--"Wem naeherkommen?"--"Dem, was das Leben von Dir verlangt. Und dem, woran Du gewoehnt bist." Mary fuehlte, das, was Frau Dawes da sagte, sei auch des Vaters Wunsch. Dass es ihr Schicksal sei, was ihm die groesste Sorge mache. Dass ihm eine Ehe mit Joer$ ng den kleinen Narren in seine Freundschaft auf. Er, der sonst keine jungen Hunde leiden mochte, verliebte sich in ihn. Er litt, dass er ihn an den Ohren zerrte und ihn in die Beine biss, ja, er legte sich vor ihm nieder und spielte den Ueberwundenen. Mary machte das solche Freude, dass sie die Frau ein Stueck begleitete, um dem Spiel zuzusehen. Und sie wurde dafuer belohnt; denn sie hoerte warme Lobesworte ueber ihren Vater und einen Widerhall all dessen, was in diesen Tagen in der Umgegend gesprochen worden war und den Grund zu seinem Nachruhm legte. Als sie mit dem Hunde, der jetzt sehr aufgekratzt war, wieder nach Hause ging, dachte sie: werde ich wohl Mutter aehnlich? Ist irgend etwas in mir, das bisher keinen Platz gehabt hat? Etwas Idyllisches? Es warteten ihrer an diesem Tage zwei Dinge. Das eine war ein Brief von Onkel Klaus, er nannte sie "Hochverehrtes, liebes Patenkind, Fraeulein Mary Krog." Dass er ihr Pate war, hatte sie nicht geahnt. Das hatte ihr Vater ihr nie gesagt; wahrscheinlich wusste er $ oergen. Ich gehe naemlich davon aus, dass Ihr jetzt heiratet. Seit vielen Jahren habe ich Frau Dawes' Testament bei mir liegen, wie ich auch ihr Geld in Verwaltung gehabt habe. Gestern habe ich das Testament geoeffnet. Sie hat Dir alles vermacht, was sie besitzt. Es sind wohl an sechzigtausend Kronen. Aber es ist mit diesem Gelde ebenso bestellt wie mit dem Gelde Deines Vaters: es traegt zurzeit so gut wie keine Zinsen. Dein Pate Klaus Krog." Mary antwortete sofort: "Mein lieber Pate! Dein Brief hat mich tief geruehrt. Ich danke Dir von ganzem Herzen. Aber Dein grosses Geschenk darf ich nicht annehmen. Joergen ist doch Dein Pflegesohn, und ich moechte ihm in keiner Weise im Wege stehen. Du darfst mir das nicht uebelnehmen. Ich kann unmoeglich anders handeln. Ueber Frau Dawes' Testament werde ich spaeter meine Bestimmungen treffen und sie Dir dann mitteilen. Deine dankbare Als sie den Brief fertig hatte, hoerte sie einen Wagen vorfahren. Gleich darauf wurde ihr eine Visitenkarte ueberbracht; darauf stand: Marg$ , ohne das geringste zu verzehren, so bleibt diese Höflichkeit sich dennoch gleich: Wirt und Wirtin begleiten die Reisenden an den Wagen, danken für die erzeigte Ehre und bitten, bald wieder zu kommen. Freilich haben die Wirte auf jeden Fall einigen Nutzen von den Reisenden, da sie die Post für eigene Rechnung Je weiter man in's nördliche England dringt und sich Schottland nähert, je mehr nimmt diese Aufmerksamkeit der Wirte zu, verbunden mit einer Art Kordialität, die unangenehm auffällt. Der Wirt bringt immer die erste Schüssel auf den Tisch, sei sein Gasthof noch so groß und ansehnlich; ihm folgt seine Frau, selbst alle Kinder des Hauses, die nur einigermaßen sich dazu schicken, folgen dem Alter nach in Prozession, alle bringen etwas; oft sahen wir zuletzt so einen kleinen goldlockigen Cherub von drei, vier Jahren geschäftig mit einem Pfefferbüchsen dahergetrippelt kommen. Die Aufwärter, Waiters, scheinen Flügel zu haben, so schnell kommen sie auf jeden Klingelzug, und in allen Zimmern hängen gute, gangbar$ Saale, den er sich zu diesem Zwecke erbauen ließ, sahen wir viele seiner Gemälde im schönsten Lichte mit wahrer Freude. Pferderennen Das Pferderennen, welches so viel Fremde in Edinburgh versammelt hatte, konnten wir nicht unbesucht lassen; wir wohnten noch den beiden letzten und daher wichtigsten bei. Gewöhnlich werden sie an anderen Orten auf einer dazu eingerichteten große Wiese gehalten, hier aber hat man, wunderlich genug, das Ufer des Meeres bei Leith dazu erwählt, eigentlich die sandige Fläche, von welcher sich das Meer zur Zeit der Ebbe zurückzieht. Darum muß die Stunde genau abgepaßt werden. Uns schien die Expedition nicht ganz ohne Gefahr. Sollte den alten Poseidon einmal eine Laune anwandeln und er schickte seine Wogen etwas früher zurück, so möchte wohl die Katastrophe des Königs Pharao im Roten Meere nochmals wiederholt werden, und Edinburgh wäre mit einem Male verödet, denn niemand bleibt bei diesem wichtigen Vorgange zu Hause, wenn er nicht muß. Uns kann das ganze Vergnügen etwas wunderlich vo$ n ihn sehr bekannt gemacht.] aus dem fünften Weltteile mitgebrachten Merkwürdigkeiten, die hier ein ganzes Zimmer anfüllen, betrachten wir nur im Vorübergehen. Mehrere Zimmer enthalten in Schränken, mit Drahtgittern versehen, die große, reichhaltige Bibliothek. Außer eine großen Zahl älterer, zum Teil sehr seltener Bücher, faßt sie beinahe alles, was bis auf den heuten Tag in England herauskommt; denn von jedem mit Privilegium gedruckten Buche muß ein Exemplar hier abgeliefert werden. Wir verweilten nur einige Zeit in dem Zimmer, in welchem sich die Manuskripte befinden. Nicht nur alte Handschriften aller Art, von den beschriebenen Palmblättern und in Stein gehauenen ägyptischen Hieroglyphen an bis auf die krausen, bunten Schriftzüge der Mönche des Mittelalters, werden hier aufbewahrt, sondern auch zahllose Briefe und Manuskripte der interessantesten und berühmtesten Menschen späterer Zeiten; eine unendliche Fundgrube für den Geschichtsforscher, dem ein freundliches Geschick erlaubt, sie mit Muße und Auswahl $ cht habende Lehrer und dankt Gott, dass er auf drei Wochen die Last los ist und sich bei der sehr reichlich besetzten Tafel des sehr ehrwuerdigen Herrn mit den Kostgaengern und der uebrigen Gesellschaft, von der in der Woche ausgestandenen Not und Mangel erholen kann. Kein Lehrer lernt die Kinder genauer kennen, da jeder sie nur ungefaehr zwoelf Wochen im Jahre in so verschiedenen Zeitraeumen unter seiner Aufsicht hat. Die Kostgaenger haben dagegen ein herrliches Leben, denn sie bringen dem ehrwuerdigen Herrn dreimal soviel Guineen als die Schueler. Nur einige Schueler, deren Eltern es zu bezahlen vermoegen, gehoeren auch dazu. Diese nehmen zwar an den Schulstunden teil, essen aber an dem gut besetzten Tische, koennen nach Herzenswunsch im Lustgarten und im Obstgarten ihr Wesen treiben, waehrend ihre Kameraden auf dem oeden Hofe bleiben muessen und entsetzlich gepruegelt werden, wenn sie sich einmal in jene verbotenen Reviere eingeschlichen haben. So muessen die Kinder schon in der Jugend lernen, dass dem Rei$ nschen können sich eben nicht über das Alltägliche erheben und dem Gedankenfluge weitausschauender Zeitgenossen folgen. Neid und Missgunst stellen sich den Grossen dieser Erde entgegen, und die Rivalität der Konkurrenten, die alles verkleinern und herabziehen. Im Kampfe um die Eroberung der Luft haben wir zwei hervorragende Fälle dafür gehabt, wie sich die Bahnbrecher nur mühselig zu Anerkennung durchzuringen vermögen. Wir haben aber hier gleichzeitig ein seltenes Beispiel, wie zwei Männer noch bei Lebzeiten die grösste Anerkennung ihrer Zeitgenossen gefunden haben. Der Gedanke an die Eroberung der Luft ist so bestechend, dass er in den weitesten Schichten der Völker ganz aussergewöhnlichen Anteil findet. Bislang beherrschte der Mensch nur zwei Dimensionen. Jetzt hat er auch begonnen, sich die dritte Dimension, die Luft, zu erobern. Zeppelin und Wright sind die Könige der Luft. Ihnen beiden ist es zu danken, dass wir anfangen, die Luft sowohl mit Fahrzeugen, "leichter als die Luft", als auch mit solchen, die $ chon ganz wesentliche Aenderungen an ihrer Maschine vorgenommen. Der sonst übliche "Schwanz" war fortgelassen und durch eine kleinere Tragfläche ersetzt, die sich vor den Hauptflächen befand. Hierdurch gedachten sie ein Kippen des Apparates zu verhindern, indem der Winddruck durch die Wirkung auf die kleine Fläche als Gegenlast zu den grossen diente. Eine weitere grundsätzliche Aenderung bestand darin, dass der Pilot nicht, wie es bisher immer geschehen war, sich in aufrechter, sondern in liegender Stellung befand. Ueber die Vorteile der horizontalen Lage des Luftschiffers im Gleitflieger hat sich Wilbur Wright wiederholt geäussert. Hauptsächlich betont er, dass der Widerstand eines Körpers gegen die Luft in aufrechter Stellung fast dreimal so gross ist als in waagerechter Haltung. Während Lilienthal und seine Nachfolger Chanute, Herrings und Pilcher annahmen, dass pendelnde Bewegungen der Beine nach vorn, rückwärts und nach den Seiten wesentlich zur Sicherheit des Fluges und zur Erhaltung des Gleichgewichts $ ustellen. Er reiste deshalb im Oktober 1907 dahin und besuchte dort am 4. Oktober den alten Bischof Wright. Ausserdem wurden eine Anzahl der angesehensten Buerger der Stadt Dayton, die etwa 85000 Einwohner zaehlt, eingehend befragt. Ein dem "Berliner Lokalanzeiger" zur Verfuegung gestellter Bericht hierueber sei im folgenden unter Weglassung der hier schon angegebenen Konstruktionseinzelheiten wiedergegeben. [Illustration: *Messen der Windgeschwindigkeit* Wilbur Wright misst mit einem kleinen Anemometer--Windmesser, der durch die sich im Winde drehenden Fluegel angibt, wieviel Meter in der Sekunde die Luft vorwaertsstroemt--die Geschwindigkeit des Windes] [Illustration: *Flieger-Werkstaette* im Hangar bei Pau. Eine gewoelbte Trageflaeche ist rechts in ihrer ganzen Ausdehnung zu sehen.] Lokalanzeiger Nr. 588 vom 18. November 1907. Die Flugmaschine der Gebrueder Wright. Dayton (Ohio), Ende Oktober. "'Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschic$ l von der Familie gehalten, ja, sie spürte es erst jetzt recht deutlich, eine wahre Liebe hatte sie für sie alle empfunden, ganz anders als je für frühere Mietsleute. Sie mußte das alles mit Frau Pfäffling besprechen. Aber ihr Mann war dagegen, daß sie hinaufging. Frau Pfäffling ihrerseits war ganz irre geworden an den Hausleuten. Sie hatte so viel Vertrauen in sie gehabt und sie hochgeachtet wegen des echten christlichen Sinnes, den sie jederzeit bewährt hatten. Wie stimmte dazu die Lieblosigkeit, die Kinder in die kalte Nacht hinauszuschließen und dann noch zu kündigen, und das alles bloß wegen einer gestörten Nachtruhe! Sie mußte sich das erklären lassen von Frau Hartwig, aber mit ihr _allein_ wollte sie sprechen. So strebten die beiden Frauen zusammen, und wo ein Wille ist, findet sich bald ein Weg. Im obersten Stock des Hauses war ein Revier, das beide Familien benützten. Das war der große Bodenraum, wo die Seile gezogen waren zum Wäschetrocknen und die Mange stand, zum Mangen und Rollen des Weißzeugs. D$ meine Sachen, und die von Frau Hartwig, und was etwa sonst noch kommt, verstecken, und dann eine schöne Bescherung halten. Wo können denn Ihre Kinder bleiben, solange Sie herrichten, ist's zu kalt in der Kammer?" "Kalt ist's, aber ich stecke sie eben ins Bett so lang!" "Ja, das tun Sie. Und noch etwas: können die Kinder nicht unter dem Christbaum dem Vater ein Weihnachtslied hersagen, aus der Kinderschule? Das gehört auch zur rechten Feier. Und wenn Sie noch von Ihrem Waschlohn ein paar Pfennige übrig hätten, dann sollten Sie für den Mann noch einen Kalender kaufen, oder was ihn sonst freut, und dann erzählen Sie mir, Schmidtmeierin, ob er wirklich keine Freude gehabt hat am heiligen Abend, und ob es nicht schön bei Ihnen war." "Ich mach's wie Sie sagen, Frau Pfäffling, und ich danke für die vielen Sachen, die Sie mir zusammengerichtet haben." "Es ist recht, Schmidtmeierin, aber glauben Sie mir's nur, die Sachen allein, und wenn es noch viel mehr wären, machen kein schönes Fest, das können nur Sie machen für $ im gleichen Hause etwas mehr zu hören und zu sehen von den Künstlern, als was sich im Konzertsaal abspielt." Herr Meier hatte einen Blick in die Telegramme getan: "Nur Zimmerbestellungen," sagte er, "es ist aber schon alles bei mir besetzt oder vorausbestellt. Ich muß für Aufnahme in anderen Häusern sorgen. Mir ist es lieb, zu denken, daß Rudolf fern von dem allem an seiner Arbeit oder auch beim Kinderspiel sitzt. Ich werde Ihnen immer dankbar sein für Ihren Rat, Herr Pfäffling." Die beiden Männer trennten sich und als Herr Pfäffling das Zentralhotel verließ, dessen schöne Freitreppe er nun vielleicht zum letztenmal überschritten hatte, wandte er sich unwillkürlich und warf noch einmal einen Blick auf diesen Ort des Luxus und des Wohllebens zurück. Wie wenig Unterschied war doch im Grund bei aller äußeren Verschiedenheit zwischen dem, was hier und was im einfachen Hause die Herzen bewegte. Der russische General, der reiche Geschäftsmann und er, der schlichte Musiklehrer, schließlich hatten sie alle das gleich$ e immer leicht gemacht hatten. Die jungen Leute drückten sich nun schon gewandt in der deutschen Sprache aus, baten Frau Pfäffling, ihren Dank zu vermitteln und teilten ihr mit, daß die Eltern ihre Abreise noch um einige Tage verschoben hätten, selbst noch einen Gruß schreiben und diesem das Honorar für die Stunden beilegen wollten. Unser Musiklehrer hätte sie noch in der Frühlingsstraße treffen müssen, wenn er zur gewohnten Zeit heim gekommen wäre. Aber es hatte heute in der Musikschule nach Schluß des Unterrichts eine sehr erregte Besprechung zwischen den Lehrern der Anstalt gegeben, und Herr Pfäffling kam später als sonst und nicht mit seiner gewohnten fröhlichen Miene heim. Heute war er nicht, wie gestern, der Ansicht, daß reich oder arm nicht viel zum Glück des Menschen ausmache! Der Direktor hatte mitgeteilt, daß zu dem abendlichen Konzert nur eine einzige Freikarte, auf seinen Namen lautend, für die Lehrer der Musikschule abgegeben worden sei. Darüber herrschte große Entrüstung unter den Kollegen. Manc$ tockfinsternis dem Haus zu. "Hast du doch den Schluessel, Karl?" "Jawohl, da ist er." "Das waere kein Spass, wenn du den verloren haettest und wir muessten da draussen bleiben in der Kaelte!" Sie kamen nun nahe an das Haus, schlichen sich leise und schweigend an die Tuere. Karl schloss auf und klinkte an der Schnalle, aber die von innen verriegelte Tuere ging nicht auf. "Was ist denn das?" fluesterte Karl, drehte den Schluessel noch einmal im Schloss auf und zu und klinkte und drueckte gegen die Tuere, aber die gab nicht nach. "Lass doch mich probieren," sagte Wilhelm leise, "du hast wohl falsch herumgedreht," er brachte ebensowenig zustande und Otto nicht mehr. "Lasst doch, ihr verdreht das Schloss noch," sagte Karl, "ihr seht doch, es geht nicht. Was kann denn aber schuld sein? Das Schloss ist doch in Ordnung, was haelt die Tuere zu?" In leisem Fluesterton gingen nun die Vermutungen hin und her. "Jemand hat etwas vor die Tuere gestellt, damit wir nicht hereinkoennen." "Oder den Riegel vorgeschoben." "Ja, ja$ d seien. Als sie die Versicherung erhielt, dass sich alle frisch und wohl befaenden wie bei ihrer Abreise, da kam aus erleichtertem Herzen ein dankbares: Gottlob! "Ich habe schon gefuerchtet, da keine Karte kam, es moechte eines von euch krank sein," sagte sie. "Nein, das war nicht der Grund, warum ich nimmer geschrieben habe," entgegnete Herr Pfaeffling und seine Antwort lautete ein wenig bedrueckt. Sie bemerkte es. "Alles andere, was etwa vorgekommen ist, bekuemmert mich gar nicht," sagte sie und drueckte gluecklich die Hand ihres Mannes. Das freute ihn. "Hoert nur, Kinder," sagte er lachend, "die Mutter ist ordentlich leichtsinnig geworden auf der Reise." So kamen sie, froehlich plaudernd, bis zum Marktplatz, wo ganz brav, der Verabredung gemaess, die zwei Schwestern gewartet hatten und jetzt der ueberraschten Mutter jubelnd in die Arme flogen. Nun nahmen diese beiden der Mutter Haende in Beschlag, bis sie an der Ecke der Fruehlingsstrasse von einem andern verdraengt wurden. Dort hatte Frieder gewartet und$ lag auf den Knieen vor ihr. Auf einmal riss er sie fest an sich und küsste sie. Sie schrie auf und schnellte zurück, als er sie los liess. Sie war mehr erschrocken als gekränkt, und sah mit einem etwas dümmlichen Lachen auf ihre Schürze. Ihre Schulmädchenhaftigkeit machte ihn vor sich selbst lächerlich. Wie kam er dazu, dieses Kind zu küssen. Er fühlte das Bedürfnis, sich vor sich selbst zu entschuldigen. "Siehst du, das ist die Strafe," sagte er aufstehend. "Wofür?" fragte sie patzig. "Für das Naschen." Sie machte eine eigensinnige Schulterbewegung und rieb mit dem Schürzenzipfel, den sie unbedenklich mit der Zunge befeuchtete, den Fruchtflecken auf ihrer Backe. "Na, adieu Kind," sagte er und reichte ihr die Hand. "Nun pflück auch "Wollen Sie schon gehen?" Er sah in ihren Blicken, dass sie gerne gesehen hätte, wenn er noch bei ihr bliebe. Aber er nickte ihr freundlich zu und ging. Verdutzt sah sie ihm nach. Enttäuschung malte sich auf dem hübschen Kindergesicht, Unmut und Übellaunigkeit. Und die Spitze des r$ einander, und ich meckerte in ihren schönen Alt hinein. Sie hatte die Führung, ich folgte wie ein Lämmlein der Hirtin. Die Orgel. Die "liebe Gemeinde" (es war eine wirklich hübsche Sopranstimme da, die über diesem misstönigen Gemecker, Gebrumm und Gepfeife schwebte, wie eine weisse Möwe über ein schmutziges missfarbiges Stoppelfeld), die weissen schmucklosen Wände, die Sonne draussen und die Sonne drinnen, in langen, breiten Streifen über diesen alten und jungen Köpfen. Das schwarze Brett mit den grossen weissen Nummern der Choräle. Die kleine, schwarze Kanzel mit dem kleinen, weisshaarigen Pastor Weidenbusch.-- Mir wurde ganz heimatlich. Wie lange bin ich nicht in einer Dorfkirche * * * * * Man sage nicht, dass in unserer protestantischen Kirche die Poesie keinen Platz hat. In den kalten grossen Stadtkirchen mit ihrem nüchternen Prunk, ja, da ist sie erfroren, elendiglich erfroren. Aber unsere Dorfkirchen. Selbst diese kahlen, getünchten Wände atmen Poesie, diese alten rohen Ba$ e und Stolze durch die Anmut der Jugend gemildert. Wie entzueckend sah sie in dem leichten, hellblauen Kleid aus. Der Aermel war leicht zurueckgefallen, als sie die Hand nach den Rosen ausstreckte, und der weisse Sammet ihres bei aller Fuelle doch schlanken Armes leuchtete mit warmem, matten Glanz. Fides bat ihn, ihren Gartenhut zu holen. Ob sie nicht einen Spaziergang machen wollten. Er ging, den Hut zu holen, der auf dem Esstisch lag. Er zoegerte drinnen einen Augenblick und verschlang vom Fenster aus ihre Gestalt mit den In der Veranda fand er seine Muetze, eine schon etwas mitgenommene, einst weisse Strandmuetze. Er befestigte das schmale lederne Sturmband unterm Kinn, obgleich das schoenste Wetter war und nur ein ganz schwaches Lueftchen wehte. "Warum tragen Sie eigentlich immer dieses Sturmband?" fragte sie. "Ich finde es haesslich." "O," sagte er leicht erroetend. "Moegen Sie es nicht? Ich finde, es sieht so--maennlich aus." Er fand nicht gleich einen andern Ausdruck. "Was ist denn da maennliches dabei$ machen, mußte sie auch diese angenehme Eröffnung stillschweigend entgegennehmen. Im Grunde war Lulu das Treiben der Schwester höchst gleichgiltig. Ihr jetzt etwas in den Weg zu legen, sie sich zu verfeinden, wäre obendrein unklug gewesen. Stand Paula mit Beuthien auf vertrautem Fuß, konnte sie ihr vielleicht noch gute Dienste leisten. Am Sonnabend kam ein Brief der Altonaer Freundin, der Lulu zum Geburtstag einlud und besonders betonte, den Hausschlüssel nicht zu vergessen. Man wolle recht vergnügt sein, und es würde voraussichtlich spät werden. "Dat is doch nett von Lene Kröger, dat se noch an Di denkt," meinte Mutter Behn. "Se war immer so'n lütt anghänglich Deern. Wat schenkst Du Lulu entschloß sich zu einem Bouquet und einer Tafel Vanillechocolade, die Lene so sehr liebte, wie sie sagte. Hermann Heineckes Liebe zu Mimi Kruse war erfinderisch in allerlei kleinen Aufmerksamkeiten gegen das hübsche Mädchen, obgleich er sich mit Rücksicht auf Therese immer noch Zurückhaltung auferlegte. Sein gutes Herz erlau$ en trockenen Graben. Das war ein Gespringe und Gehüpfe, ein Gekreisch und ein Gelächter. Frau Caroline getraute sich nicht die ziemlich steile Böschung hinunter. Aengstlich trippelte sie und hob ihr Kleid. Im Graben aber stand Beuthien mit seiner Laterne und sang: "Komm herab, o Madonna Therese", zum Gaudium der nachdrängenden. Endlich nötigte er mit einem festen Griff die Aengstliche zu einem ungewollten Hopsen, und weiter ging's unter Lachen und Scherzen. Nein, so was Schönes war noch nie dagewesen. Frau Caroline stand nicht allein mit diesem Urteil. Und dabei war es so "gruselig" in dem dunklen Wald. "Hier sind doch keine Schlangen?" fragte die kleine Frau einmal "Ne, aber Katteker," versetzte der unverbesserliche Tetje. Längst lag Frau Caroline schon in den Federn, als durch ihre Träume noch immer die Lampions wie große Leuchtkäfer huschten. "Nein, was ich mich gestern amüsiert habe, sagen kann ich es nicht," sagte sie am folgenden Morgen zu Therese und Mimi. Acht Tage, acht Wochen später, sprach sie noch$ ie fanden einen fruchtbaren Boden. Schnell schoß das neue Verhältnis unter dem befruchtenden Segen der vierzigtausend Mark in die Halme, das bescheidene Grün der alten Beziehungen zu Hermann überwuchernd und erstickend. Mimi hatte zum zweiten Renntag, dem Sonntag, eine Einladung von Pohlenz angenommen. Sie hatte am ersten Tag Hermann in Begleitung einiger Freunde vorbeifahren sehen, hatte jedoch Therese und deren Tante nicht auf ihn, der sich wie absichtlich abwandte, aufmerksam gemacht. Ob sie ihn wohl auch am Sonntag auf dem Rennplatz treffen würde? Sie wünschte es beinah. Es wäre pikant. Auf jeden Fall würde sie an der Seite ihres neuen Verehrers dem Abgedankten imponieren. Pohlenz wollte ein Cabriolet nehmen und selbst fahren. Hermann hätte sich das nicht leisten können, hätte auch wohl kaum zu fahren Den ganzen Tag lag ihr nichts mehr im Kopf, als diese mögliche Begegnung zwischen ihr und Hermann. Wie eine Theaterszene malte sie es sich aus. Sie war nie beim Rennen gewesen und brannte vor Ungeduld. Sorgf$ dat fand gar nicht gleich Worte, so überrascht war er, so bewegt, als er sah, wie Gebhard zu seiner Großmutter trat und zu ihr sagte: "Ich habe es _doch_ tun müssen, Großmutter!" Sie zog ihn an sich heran. "Es wird dich nicht reuen," sagte sie. Aber der Feldgraue machte Einwände: "Ich kann das gar nicht annehmen von dem Kind, es tut ihm weh. Nein, das Opfer ist zu groß!" "Ei was, wer wird darüber so viel Worte machen," wehrte Frau Stegemann und wandte sich an Gebhard: "So ein kleiner Bursche wie du hat nicht leicht das Glück, daß er dem Vaterland etwas wertvolles opfern kann, das darf wohl auch wehtun, sonst wäre es ja gar kein Opfer!" "Es tut weh, Großmutter!" "Ich glaube dir's wohl, mein lieber Bub!" Sie sah, daß der kleine Mann sich mit aller Macht wehrte, die Tränen zurückzuhalten und kam ihm zu Hilfe, indem sie sich an den Soldaten "Nun werden Sie erst erproben müssen, ob Leo wirklich brauchbar ist als Sanitätshund." "Ja, aber ich zweifle nicht, es wird sich bald zeigen. Ein feines Tier ist das. Ich kann$ o unablässig herabwürdigen, dass die Folgen davon bis heute den Aberglauben aufzureizen vermögen. Wenn daher zwar auf einer Seite die Jungfrau, welche schmerzenstillendes Oel unter Segenssprüchen bereitete, als ölschwitzende Heilige kanonisirt worden ist, so ist sie auf der andern Seite zugleich zur Hexenmutter satanisirt: Zaubertränke brauend, Seuchen und Misswachs herabbeschwörend, Besen salbend, das aller Zeugung feindselige Kebsweib des Teufels in der Walburgisnacht. Dorten war sie die ehestiftende Liebesgöttin gewesen, hier eine Frau Mutter des Frauenhauses (S. 82. 154). Dorten trank der Mensch auf ihren Namen die Minne, sie selbst reichte dem in den Himmel eingehenden Helden den Unsterblichkeitstrank; hier wird sie zwar auch eine Himmlische, aber nur weil sie vorher als "Wirthskellnerin" tugendhaft geblieben war (S. 149). So ursprünglich schon steckt in dem Legenden erzählenden Mönch ein Blumauer, der die Aeneide travestirt. Ihm haust da ein spukender Waldteufel, wo in der fränkischen Waldeinsamkeit des$ lichen Felsen und erratischen Bloecke des Aargaus aufgezaehlt, welche den Namen Kleinkindersteine und eine dem gemaesse Ortstradition an sich tragen. Hier kommen nur die auf Verena bezueglichen in Betracht. Jener vorhin erwaehnte Felsblock in der Solothurner Verena-Einsiedelei traegt ein ueber Faustgroesse ausgerundetes Loch, das man fuer die Spuren der Hacke der Ammenfrau ausgiebt, die hier den Bedarf an Kindern fuer die Stadt heraushackt. Wolf, Ztschr. f. Myth. 4, 1. Dasselbe gilt gleichfalls in dem eben genannten Dorfe Koblenz vom Kalchofen, einem ofenfoermig gewoelbten, isolirten Kalkfelsen am dortigen linken Rheinufer. Derselbe Glaube herscht im Schwabenlande, weil bis dahin der Verenacultus kirchlich gereicht hatte. Eine Felshoehle beim Bergschlosse Teck auf der wuertemberger Alb heisst Frena-Bubelinsloch und besitzt eine Sage ueber zwei hier im Fels erzeugte und gross gewordne Knaben. Antiquarius des Neckarstroms 1740, 46. Ein fernerer auf die Korn- und Muehlengoettin hindeutender Zug ist enthalten in $ ht umgeben von tiefen Waldungen ein Bauernhof mit alter Wirthschaftsgerechtsame, benachbart eine durch den Bischof Sigismund von Konstanz 1062 eingeweihte Kapelle sammt Wallfahrt zur Schmerzhaften Mutter Gottes. Jeden Samstag wird hier Messe gelesen, im Monat Mai eine Feldprozession und ein Jahrmarkt abgehalten. Die guenstige Jahreszeit, des Berges wilde Schoenheit mit seiner erstaunlichen Fernsicht ins Hegau und Klettgau hinueber, die Wunderthaetigkeit des Ortes und der den andaechtigen Besuchern gewaehrte paepstliche Ablass fuehrt alsdann zahlreiche Schaaren des Landvolkes aus dem Elsass und Schwarzwald hier zusammen. Man kocht im Freien ab und lagert des Nachts um hohe Feuer. Doch kein Wallfahrer verlaesst den Berg, ohne nicht ueber eine in Felsen gehauene Treppe zu der Schlucht beim Rothen Kreuz hinab zu steigen, wo die Wegscheide in das Aarthal hingeht. Hier trinkt er am wunderthaetigen Verenabruennlein und laesst auch fuer seine Kranken daheim ein Krueglein voll anlaufen. Ueber diese Waldquelle geht fol$ gar nicht, ich habe gern Einquartierung." Eine Weile herrschte tiefe Stille im Ort; kein Mensch wagte sich auf die Straßen, alle verkrochen sich in Todesangst in ihre Häuser. Dann plötzlich hörte man von ferne Pferdegetrabe, hörte ein Signal, die Kosaken hielten im Dorf. Ihr Anführer ließ in deutscher Sprache ausrufen, daß keiner der Einwohner den Ort verlassen dürfe. Bei Todesstrafe sei es verboten, durch Signale, durch Glockenläuten oder sonst auf irgend eine Weise die Anwesenheit der Kosaken zu verraten. Nach dieser Androhung stiegen sie vom Pferd und zerstreuten sich im Ort. Es dauerte nicht lange, so hatten sie das schöne Pfarrhaus, obwohl es abseits lag, entdeckt. Ein Trupp von vier Mann kam mißtrauisch um sich schauend durch den Garten auf die Haustüre zu; voran einer, der der Anführer zu sein schien. Der Pfarrer kam ihnen zuvor und machte die Türe weit auf. Als seine große Gestalt im langen, schwarzen Talar plötzlich vor ihnen auftauchte, stutzten die Kosaken einen Augenblick. Der Pfarrer machte eine$ r!" Dagegen konnten die andern nicht aufkommen; der Lateinschueler und der Volksschueler sprangen also miteinander davon.--Die zwei Klassen waren in dem Gedraenge durcheinander gekommen und jetzt sprachen sie zusammen ueber die Brueder und wo sie standen; ueber die Vaeter, und dass die Briefe so lange ausblieben. Da fand es sich, dass einer von der Volksschule und einer von dem Lateinschule ihre Brueder in dem gleichen Bataillon hatten, und dass sie in den Vogesen gekaempft hatten. Nun lagen sie beide schwer verwundet in dem gleichen Feldlazarett; der eine hatte sechs Wunden, der andere hatte ein Bein verloren. Daraufhin kamen alle ueberein, dass diese beiden morgen miteinander nach den Telegrammen laufen duerften. Die zwei Klassen verstanden sich immer besser. Einmal als die beiden Abgesandten die Nachricht von dem Fall der Festung Antwerpen brachten, gab Professor Jahn ein kleines Fest. Er lud aus beiden Klassen die Schueler zu sich, deren Angehoerige in Belgien fochten. Es waren ihrer acht, die sich nicht $ zum Meere zurueck, und nicht lange, so wandte er, abgelenkt von den Stimmen der Jugend am Sandbau, den Kopf bequem an der Lehne des Stuhles nach rechts, um sich nach dem Treiben und Bleiben des trefflichen Adgio wieder umzutun. Der erste Blick fand ihn; die rote Masche auf seiner Brust war nicht zu verfehlen. Mit anderen beschaeftigt, eine alte Planke als Bruecke ueber den feuchten Graben der Sandburg zu legen, gab er rufend und mit dem Kopfe winkend seine Anweisungen zu diesem Werk. Es waren da mit ihm ungefaehr zehn Genossen, Knaben und Maedchen, von seinem Alter und einige juenger, die in Zungen, polnisch, franzoesisch und auch in Balkan-Idiomen durcheinander schwatzten. Aber sein Name war es, der am oeftesten erklang. Offenbar war er begehrt, umworben, bewundert. Einer namentlich, Pole gleich ihm, ein staemmiger Bursche, der aehnlich wie "Jaschu" gerufen wurde, mit schwarzem, pomadisiertem Haar und leinenem Guertelanzug, schien sein naechster Vasall und Freund. Sie gingen, als fuer diesmal die Arbeit am $ heute begleitet?" hob sie an und richtete ihren lebhaften Blick auf sein unbewegliches Gesicht. "Nein!" erwiderte er. "Aber ich habe einiges auf dem Herzen, und hier"--er lud sie zum Sitzen ein--"will ich Ihnen einmal sagen, wozu bisher stets der rechte Augenblick gefehlt hat." Die feine Röte auf Anges Gesicht wich einer leichten Blässe. Ein halb zaghafter, halb ungeduldiger Ausdruck stahl sich in ihre Mienen, und sie faßte die Reitgerte fester. Aber sie überwand sich und sagte ungezwungen: "Wohlan, setzen wir uns und erzählen Sie mir etwas. Aber nichts, nichts Unangenehmes heute, lieber Teut. Ein andermal. Ich bin fröhlich; weshalb mir das nehmen? O, ich bin glücklich hier in dieser schönen Welt. Teut zuckte zusammen. Immer, wenn sie in diesem zärtlichen und bittenden Tone sprach, zögerte er, ihr auch nur durch tadelnden Blick eine Verstimmung zu bereiten. Wieviel besser verstand er jetzt Claireforts Zaudern als ehedem! Dieses unschuldsvolle Kind mit seiner sorglosen Fröhlichkeit und seiner Freude am Leben $ ten sich mit einer Herzlichkeit, als ob sie eine lange Zeit getrennt gewesen wären. Aber in demselben Augenblick und während die Kinder Teut jubelnd umringten, veränderten sich Anges Züge und erhielten einen furchtsamen Da stand der Graf, finster, bleich, und biß sich auf die Lippen. Da stand er, der Herr des Hauses und weder Frau noch Kinder näherten sich ihm. Aber alle umringten ihn--ihn, den Hausfreund, dem auch er sein größtes Vertrauen geschenkt und den er doch in diesem Augenblick mehr haßte als den Tod. "Wartet mit dem Essen!" sagte Clairefort, seinen Unmut schlecht verbergend, und machte eine Bewegung gegen Teut, ihm zu folgen. Letzterer sah noch Anges erbleichendes Gesicht und warf ihr einen beruhigenden Blick zu. Dann schloß sich hinter beiden Männern die Thür. Als sie Platz genommen, knöpfte Clairefort den Rock auf und holte tief Atem. Teut aber sagte nachlässig und mit einem Anflug von Ungeduld: "Nun, was steht zu Diensten, Clairefort?" Durch diesen Ton war jener schon halb entwaffnet; jedenfalls $ te sie. "Ich leide entsetzlich, weil ich weiß, daß Du leidest. Sag, Carlos"--sie stockte; sie drückte seine Hand und legte ihr Köpfchen an seine Schulter--"liebst Du mich noch?" "O Ange--Ange!" preßte der Mann hervor. "Ob ich Dich liebe?" Plötzlich wandte er sich mit mühsamer, aber rascher Bewegung zu ihr, umfaßte sie mit seinen Armen, hob sie empor und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen und--mit Thränen. "Sag mir, was Dich beunruhigt, mein Carlos, was Dich bedrückt neben Deiner Krankheit, um die ich Tag und Nacht sorge," hob Ange endlich an und schmiegte sich fester an die Brust ihres Mannes. Clairefort zitterte, als ob er an ein Verbrechen erinnert werde. Sie fühlte es. Ein drängendes, unerklärlich angstvolles Gefühl jagte durch ihr Inneres. Aber er stand ihr nicht Rede, selbst jetzt nicht, wo ihre Seelen in Liebe und Zärtlichkeit zusammenschmolzen, selbst jetzt nicht, wo das Höchste sie ergriff, was Menschenbrust zu durchdringen vermag. Sie war zu vornehm geartet, etwas erzwingen zu wollen, was ihr nicht frei$ igen gegen den Herrn Baron Die Frau Gräfin äußerte, daß diese Vorschüsse sie im höchsten Maße bedrückten, und daß sie lieber Not leiden wolle, als irgend welche Darlehen oder gar Freundesgaben aus Ihrer Hand fernerhin empfangen. Das Freundschaftsverhältnis zu Ihnen, gnädiger Herr, das unter den bisherigen gleichen Lebensverhältnissen ein so gutes gewesen sei, könne Schaden leiden, und Frau Gräfin zögen es daher vor, sich Ihrer freundschaftlichen Hilfe (da diese ohne Zweifel auf Ratschläge sich nicht beschränken werde) nicht mehr zu bedienen, sondern sogar Ihnen in Zukunft fern zu bleiben. Die Frau Gräfin, die C. verlassen und nach einem kleinen, noch nicht feststehenden Orte übersiedeln will, um sich dort mit den ihr bleibenden Mitteln einzurichten, stellten sogar das Ansinnen an mich, Ihnen nicht zu verraten, wohin sie gehen werde, und nehmen als selbstverständlich an, daß ich Ihnen auch sonst keinerlei Mitteilungen zukommen lassen würde. Da Frau Gräfin sich so sehr gegen alles, was sich ihrem Entschlusse en$ kunft wegen Ermäßigung der Steuern gebeten. Es war ihr unfaßlich, daß sie das nicht vorher bedacht, und sie schalt ihren Mangel an Überlegung nun, da es zu spät war. Ange fand übrigens nicht so rasch Gelegenheit dem Alten vorzutragen, was sie beschäftigte. Die Gesellschafterin war ein unliebsamer Zeuge, und selbst, als diese einmal fortging, fand sich kein Anknüpfungspunkt. So wurden denn gleichgültige Gesprächsgegenstände berührt, und Ange empfand doppeltes Unbehagen an der Unterhaltung, da sie ihre Absicht nicht auszuführen vermochte. Plötzlich sagte Putz: "Nun, haben Sie Nachricht von der Steuerbehörde, Frau Gräfin? Ich wollte schon immer fragen." Ange bejahte. Sie berichtete, daß man sie aufgefordert habe, ihre Anträge nachweislich zu belegen, und daß dann eine nochmalige Prüfung stattfinden solle. Vorläufig müsse die Summe gezahlt werden, zu der sie eingeschätzt sei. "Ganz recht, ganz recht! So, so!" sagte der Alte, und nach kurzer Pause fuhr er fort: "Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein könnte, Fra$ htung, die Eingewoehnung in die neuen Verhaeltnisse. Das erfordert gewiss ein Jahr, in dem ich mich Ihnen nuetzlich machen kann." Ange sah dem trefflichen Menschen ins Auge, und eine Thraene der Ruehrung stahl sich in ihr eigenes. "Gut, unter einer Bedingung, Tibet!" entschied sie, waehrend sie ihre Empfindungen zurueckdraengte "Sie versprechen mir, dass Sie meine vorher geaeusserten Wuensche erfuellen, dass Sie dem Baron von Teut--" Tibet hatte bei den ersten Worten dankbar das Haupt geneigt, jetzt trat ein unverkennbarer Ausdruck der Unruhe in seine Zuege. "Nun, Tibet?" unterbrach sich Ange. "Darf ich offen sprechen, Frau Graefin?" Ange nickte, ergriff einen kleinen Gegenstand, der auf dem Tische lag, rollte ihn in ihrer Hand auf und ab und horchte mit einem Anflug von Spannung auf. "Ich gab Herrn Baron von Teut beim Abschied mein Wort, Frau Graefin, ihm von allem Mitteilung zu machen, was die graefliche Familie anbetraefe. Ich meine," setzte er schnell auf einen stolzen Blick aus Anges Augen hinzu, "ihm so$ moeglich, Tibet, dass Sie die Villa um die Haelfte mieten konnten?'--'Die Frau Graefin haben ja den Mietskontrakt in Haenden,' erwiderte ich, als ob ich den eigentlichen Sinn dieser Nachfrage gar nicht verstanden haette. Kopfschuettelnd ging die Frau Graefin davon. Schon fuerchtete ich, dass alles wuerde entdeckt werden." "Und das Schulgeld?" fragte Teut, der mit groesster Aufmerksamkeit zugehoert hatte. "Wie haben Sie das gemacht?" "Ich habe gleich das ganze Semester bezahlt und der Frau Graefin gesagt--"--Tibet hielt inne, dunkle Schamroete faerbte seine Wangen--"dass der Direktor auf meine Vorstellung dasselbe erlassen habe." "Und das glaubte die Graefin?" "Vorlaeufig ja, Herr Baron. Aber ich zittere doch jeden Tag, dass es ans Licht kommt, und dann--" "Und Steuern?" fragte Teut und konnte sich des Laechelns nicht erwehren, weil er wie ein Beichtvater alle Vergehen aus dem armen Suender herausholte. "Die habe ich gar nicht erwaehnt! Davon hat die Frau Graefin keine Ahnung. Ich fing den Steuerboten ab und-$ fuer den Brief der Frau Graefin recht sehr bedanken. Er wuerde denselben schon beantwortet haben, wenn er nicht wuenschte, der Frau Graefin muendlich--" Tibet hielt inne; er fuerchtete nun sicher eine Unterbrechung. Aber zu seiner Ueberraschung sagte Ange nichts, nur ihr Blick blieb noch ebenso ernst, ja, so eigentuemlich auf ihm haften, dass er unwillkuerlich die Augen niederschlagen musste. Er raffte sich aber auf und fuhr fort: "Der Herr Baron hofft in einigen Wochen wieder so weit hergestellt zu sein, dass er Wiesbaden verlassen kann. Er will dann nach Eder reisen und auf dieser Reise die Frau Graefin gern in Eisenach begruessen." "Und was sagten Sie dazu, Tibet?" fragte Ange kalt. "Ich--ich--Frau Graefin--" Er sprach nicht aus. Einen Augenblick schwiegen beide: nur Anges fleissige Nadel, die auf-und abflog, unterbrach die Stille. In dem Gemache stand ein runder Tisch, der von einer Lampe erhellt ward. Ringsum befanden sich die Moebel, welche einst in Carlos' Zimmer Platz gefunden hatten. Dieselben Bilde$ und wieder hinauf, denn so phlegmatisch bin ich nicht veranlagt, es bei solchem Nebel unten auszuhalten. Glücklicherweise dauerte es auch diesmal nicht lange, dann aber hatten wir keine Lust, uns noch einmal betrügen zu lassen, wir blieben auf, tranken eine Tasse Kaffee, nahmen ein Bad, wozu das Wasser direkt aus dem Meere in die Wanne geleitet wird, und stärkten uns dann an einem kräftigen Frühstück. Ausgenommen die Mahlzeiten lag ich natürlich, wie immer auf See, in meinem Triumphklappstuhl neben dem Kapitän auf der Kommandobrücke, um die reine Luft aus erster Hand zu trinken. Die vielen Schiffe, die uns im Sunde und noch im Kattegat umgeben hatten, verschwanden allmählich und verteilten sich nach verschiedenen Richtungen. Nur dann und wann begegnete uns eins, einige gingen auch mit uns. Einen Dampfer trafen wir stillliegend an, er hatte vor dem Vordermaste drei schwarze Bälle aufgezogen, was bedeutete, daß er manövrierunfähig war. Einen zweiten großen Dampfer sahen wir dreimal stillliegen und immer wieder $ teren Kreisen bekannt! Ich würde sonst dem Herrn Grafen einen Sklaven schicken (wenn ich einen hätte), der ihm jeden Mittag und jeden Abend, wie jener Sklave dem Perserkönig, zurufen müßte: Landgraf, werde hart, hart, hart! Ich werde den Herrn Setzer übrigens bitten, diese ganze Stelle zu Um auch einmal ins "Ausland" zu kommen, beschloß ich einen Ausflug nach dem Städchen Rhoden in Waldeck zu machen. Auf der Fahrt nach Wrexen, wohin ich die Bahn benutzte, hatte ich eine helle Freude an einer Chaussee, die in bunter Abwechselung mit reichbeladenen Aepfelbäumen, Ebereschen voller leuchtendroter Beeren, Ahornen, Kastanien, Birken und Akazien besetzt war--wahrlich, keine Spur jener Eintönigkeit, an der sonst Landstraßen zu leiden pflegen! Von Wrexen, das schon waldeckisch ist (der Name klingt auch so ausländisch, nicht wahr?), führt ein einstündiger Marsch nach Rhoden. Schon von ferne sieht man das Städtchen (von dem bekanntlich der Spruch: hic Rhodus, hic salta! kommt) auf steilem Bergkegel, ganz oben ein schloß$ bis zum badischen Finanzminister brachte. Ihr Sohn, ein Offizier, besuchte nach der Schlacht bei Jena den Minister Goethe in Weimar. Das eigentliche Goetheviertel hätten wir somit durchschritten und das Wesentliche gesehen. Machen wir jedoch noch einen Abstecher in den Nordosten der Stadt, wohin auch ein Abglanz des Goetheschen Ruhmes gefallen ist. In der Friedberger Gasse, wo jetzt das Hotel Drexel steht, wohnte Goethes Großvater mütterlicherseits, Textor, der hochansehnliche Schultheiß oder Bürgermeister von Frankfurt. Dort lebte der Alte, ganz der Pflege und Wartung seiner Blumen hingegeben. "Die vielfachen Bemühungen", erzählt der Enkel von ihm, "welche nötig sind, um einen schönen Nelkenflor zu erhalten und zu vermehren, ließ er sich niemals verdrießen. Er selbst band sorgfältig die Zweige der Pfirsichbäume fächerartig an die Spaliere, um einen reichlichen und bequemen Wachstum der Früchte zu befördern. Das Sortieren der Zwiebeln von Tulpen, Hyazinthen und verwandten Gewächsen, sowie die Sorge für Aufbew$ in vorzüglicher Schlittschuhfahrer, kam eines Tages in sausender Fahrt die Lahn herunter und fuhr auf ein Wehr zu, wobei er infolge der spiegelblanken Eisfläche nicht sah, daß vor dem Wehr ein breiter Streifen offenes Wasser war. Voll Schrecken schrie ich ihm zu, umzukehren. Er gehorchte auch. Aber es war zu spät. Als er den Ausweichbogen beschrieb, brach er ein. Krampfhaft hielt er sich am Eis fest, sobald er aber den Versuch machte, ein Bein auf dasselbe zu bringen, brach es von neuem. Rasch riß ich jetzt einen langen gestrickten wollenen Schal, wie sie damals allgemein getragen wurden, vom Hals, nahm einen zweiten von einem neben mir stehenden Kameraden, knüpfte beide zusammen und warf das eine Ende meinem Vetter zu, das er glücklich erhaschte. Jetzt zogen wir ihn langsam auf festes Eis. Er war Mein schlimmer Ruf bei unserem Kantor war allmählich so fest begründet, daß er es als selbstverständlich voraussetzte, daß ich bei jeder Teufelei, die vorkam, beteiligt sei. Versuchte ich einmal einen Kameraden vor $ eit schliefen, ein gedrucktes Gebet angeschlagen mit dem Ersuchen, es vor dem Zubettgehen zu beten. Von einem moralischen Zwang keine Spur. Ich wiederhole, wie es seitdem in den katholischen Gesellenvereinen geworden ist, weiß ich In Erfurt fing der geschilderte Vorgang an, uns zu amüsieren. Wir brüllten wie Löwen die vorgespielte Melodie mit dem zitierten Text. Dann ging's höher hinauf in den Schlafsaal. Nachdem vorschriftsmäßig unsere Hemdkragen auf fremde Bewohner untersucht worden waren, stiegen wir zu Bett. Darauf entfernte sich der Herbergsvater mit dem Licht, und schwarze Dunkelheit herrschte. Jetzt ging aber unter den Dutzenden junger Leute, unter denen fast alle deutschen Landsmannschaften vertreten waren, ein Ulken und Spotten los, wie es mir bisher noch nicht zu Ohren gekommen war. Die Heiterkeit erreichte ihren Höhepunkt, als in der entfernteren Ecke des Saales ein Schlafgenosse aus Württemberg im unverfälschtesten Schwäbisch einige humoristische Bemerkungen machte. Erst spät nahm der Lärm ein End$ Ich habe die Absicht, die ganze Angelegenheit durch die Presse zu veröffentlichen und abzuwarten, ob nicht darauf einzelne sich herbeilassen, über die Köpfe der extremsten Führer wie Härtel, Brockhaus usw. hinweg die Hand zur Verständigung zu bieten. Noch bemerke ich, daß sechs Druckereien in der Hauptsache die Forderungen der Arbeiter bewilligt haben...." * * * * * Auf diesen Brief antwortete postwendend Sonnemann am 12. Mai: "Ich war erstaunt, so lange ohne alle Nachricht zu bleiben. Meine Anfrage vom 1. ds. Mts. bezüglich der Buchdrucker war nur eine vorläufige. Meine deutlich ausgesprochene Absicht war, daß Sie in der Sache gemeinschaftlich mit Dr. Hirsch und Bandow operieren sollten, und beide hatten sich auch schon mir gegenüber dazu bereit erklärt. Nicht etwa, daß ich nicht zu Ihnen das volle Vertrauen hätte, daß Sie auch allein imstande sind, die Sache zu führen; meine Absicht war, dem Auftreten des Ausschusses dadurch, daß drei seiner Mitglieder als Vertreter kommen, m$ aren, wurde eine Gewerkschaftsunion und die Herausgabe eines Gewerkschaftsorgans, "Die Union", beschlossen. Auf Antrag Yorks wurde folgende Resolution einstimmig angenommen: "In Erwägung, daß die Kapitalmacht alle Arbeiter, gleichviel, ob sie konservativ, fortschrittlich, liberal oder Sozialdemokraten sind, gleich sehr bedrückt und ausbeutet, erklärt der Kongreß es für die heiligste Pflicht der Arbeiter, allen Parteihader beiseite zu setzen, _um auf dem neutralen Boden einer einheitlichen Gewerkschaftsorganisation_ die Vorbedingung eines erfolgreichen kräftigen Widerstandes zu schaffen, die bedrohte Existenz sicherzustellen und eine Verbesserung ihrer Klassenlage zu erkämpfen. Insbesondere aber haben die verschiedenen Fraktionen der sozialdemokratischen Arbeiterpartei die Gewerkschaftsbewegung nach Kräften zu fördern, und spricht der Kongreß sein Bedauern darüber aus, daß die Generalversammlung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (in Berlin) einen gegenteiligen Beschluß gefaßt hat." Als ich nach langer $ Daseins zu erheben vermag!" "Sie betonen Ihre Worte so stark! Haben Sie bereits so unerfreuliche Erfahrungen gemacht, Komtesse?" Aber sie gab auf diese Frage keine Antwort. Sie zuckte nur die Achseln.--Aber deshalb trieb's ihn, die Schranke gewaltsam zu durchbrechen, die sie trennte. Sanft sprechend, sagte er: "Ich würde gern Ihre Freundschaft erringen, Komtesse! Aber Sie weichen mir schroff aus, Sie gebrauchen sogar Waffen gegen mich. Ich sinne über die Gründe nach, die Sie so handeln lassen. Giebt's keinen Weg, der uns zusammenführen könnte?" Aber was er erhoffte, ward ihm nicht. Indem sie ihn kalt und unbeugsam anblickte, sagte sie kurz und hart im "Nein, keinen, Graf Dehn!" Nach diesen Worten benutzte sie einen Anruf von Fräulein Merville, machte eine kühl entschuldigende Geste, stand auf und entfernte sich Er aber schaute ihr nach, umfing mit seinen Blicken ihre Psychegestalt, seufzte auf und trat zu den übrigen zurück. Die Herren waren eben im Nebenzimmer beschäftigt, die Gräfin aber, die zu einer Handa$ ahlin zu stehen. Eine Annäherung zwischen ihr und Axel mußte sich nach und nach ergeben. Jeder Zwang war von Uebel. Am Freitag der folgenden Woche traf endlich Lucile ein. Alle fuhren ihr in einem mit zwei schwarzen und zwei weißen Rennern bespannten, offenen Gefährt bis zur Landstraße entgegen. Sie kam mit der Post, ebenso wie Graf Dehn; sie hatte es so gewollt. Komtesse Lucile Lavard war eine ungemein schlanke Dame mit einer außerordentlich vornehmen Haltung. Ihr Gesicht besaß eine vollendete Regelmäßigkeit; sie glich einer edlen Römerin, die den Schönheitspreis davongetragen. Die Nase war leicht gebogen, die schwarzen Augen glühten in einem dunklen Feuer, die Lippen waren sein geschnitten. Gleich der Abendröte Anhauch lagen sauste Farben auf den weichen Wangen, und ihre Zähne blitzten in dem Weiß der Fischgräte. Die Gräfin hatte recht, sie war blendend schön und zugleich von einer Liebenswürdigkeit, die etwas wahrhaft Bestrickendes besaß.-- Als man das Schloß erreicht hatte, zog sich Axel absichtlich zurüc$ , damit sie von Prestö getrennt wird, und auch darauf, daß man ihn, sobald sie zurückkehrt, nicht mehr hier findet!" "Ja, ja"--Lucile, die mit größter Spannung zugehört und namentlich bei der Schilderung dessen, was Graf Dehn selbst im Landhof gesprochen, mit lebhaftem Ausdruck ausgehorcht hatte, nun sinnend zurück. "Wenn es nur nicht zu spät ist! Ich fürchte nach dem, was Sie mir gesagt haben, allerdings, daß sie schon die Thorheit begangen hat. Und ist's der Fall, dann giebt's keine Schlösser und Ketten, keine Länder und Entfernungen, die sie von ihm und ihren Entschlüssen trennen würden. Selbst ein nachträgliches Erkennen seiner Unwürdigkeit würde sie abhalten, ihr einmal gegebenes Wort zu brechen; die allerschwersten, die größten Selbstaufopferungen mit sich führenden Pflichten würde sie auf sich nehmen." "Eine Hoffnung besteht vielleicht noch, Komtesse!" fiel Axel ein. "Sie erinnern sich, daß Graf Knut mir erzählte, Prestö sei verlobt. So hat doch vielleicht nur die gemeinsame Sache sie zusammengeführt."$ bleiben, irren, sich gegen ihre Freunde und die Verhältnisse auflehnen, sich aber wieder besinnen und je nach dem Wert ihres Ich einen zufriedenen Zustand zurückzugewinnen vermögen. Auch ich habe mir mein Glück suchen müssen, und ich habe es gefunden, weil ich das Gute erstrebte für ihn, Lavard, für das Kind, das ich wahrhaft liebte, und für mich selbst! Mein Schlußwort soll sein: Möchte es Ihnen nun gelingen, dieses treffliche, wenn auch zeitweise irregeleitete Mädchen heimzuführen, ihr das Glück zu verschaffen, was wir ihr alle sehnsüchtig wünschen!" Graf Dehn hatte mit außerordentlicher Spannung und mit steigender Bewunderung den Ausführungen der Gräfin zugehört. Als sie die letzten Worte gesprochen, beugte er sich auf ihre Hand herab und drückte einen "Ihnen, Frau Gräfin, nahe bleiben zu dürfen, ist fast so viel, wie der Wert, einer Imgjor Gatte zu werden--" stieß er warmherzig heraus. Er suchte bei diesen Worten ihr Auge und sie gab ihm den Blick mit dem alten vertieften Ausdruck, der ihr eigen war, zur$ Reif der Spruch: "Was Gott zusammenfüget, soll kein Mensch scheiden". Katharinas Ring hat einen Rubin und ist mit Kruzifix u.a. geziert, mit der Inschrift: "D. Martinus Lutherus, Catharina von Boren 13. Juni 1525"[138]. Daß dabei Katharina in üblichem Brautschmuck erschien, ist selbstverständlich, wenn dieser auch nicht so reich war, als das angebliche Bild Katharinas von Bora im Hochzeitsstaat denken läßt[139]. So wurde mit den guten Freunden eine fröhliche Hochzeit gefeiert. Freilich werden der unruhigen Zeitläufte wegen nicht alle Eingeladenen erschienen sein--Luther setzte das schon in seinen Briefen voraus. Auch Magister Philipp Melanchthon war nicht dabei, der ängstliche Gelehrte, welcher gegen Luthers Ehe und besonders mit der Nonne war, wäre ein übler Hochzeitsgast gewesen. Von Katharinas Verwandten scheint niemand anwesend gewesen zu sein. Vater und Mutter waren wohl schon längst tot, zwei Brüder im fernen Preußen, der älteste vielleicht auch ferne; den anderen Verwandten war Käthe doch durch ihr Kl$ ich (fällt, daß) Unsere gnädige Gewogenheit so wenig bei ihm bedacht wird." Daher schlage es der Herzog ab, Hans reisen zu lassen; wolle er aber in Königsberg vor gut annehmen, so sei der Herzog geneigt, um seines Vaters willen ihn mit Unterhalt zu versorgen[648]. Das war ein Schlag für Katharinas Mutterherz! Also weder fleißig noch ordentlich war ihr Liebling und beides wäre er doch nicht nur dem Herzog, sondern auch seinem Vater und seiner Mutter schuldig gewesen. Und wenn sie sich auch sagen mochte, der Herzog sei strenge gegen seine Schützlinge: wie einst gegen ihren Bruder Clemens, so jetzt gegen ihren Sohn Hans und wenn sie auch wohl mit ebenso viel Recht geltend machen konnte, der junge, sonst gut geartete und willige Mensch sei durch böse Gesellschaften verführt worden, so blieb doch die Thatsache stehen, daß sie dem Sohn zu viel und zu Gutes zugetraut, und daß die Vormünder doch recht gehabt mit der Behauptung, Hans habe nicht das Zeug zum Studium--war er doch auch jetzt schon 25 Jahre alt! Daran kon$ n diesem Jahre gedruckt wird. Es tritt darin auf "der Rübezahl der Lüneburger Haide," der Repräsentant des niedersächsischen Volkshumors, der geniale Till und rülpst auf die anmuthigste Weise lauter Witze vor sich hin, die aus einer Zeit stammen, wo das Volk nur den groben Wanst, dagegen die Ritterschaft den Arm, die Geistlichkeit den Kopf des Staatsungeheuers repräsentirte. Oder was zieht ihr vor an der plattdeutschen Sprache? Ich weiß die Antwort nur zu gut, "sie macht uns Spaß[7]; sie ist uns gemüthlich." Chorus von Göttingen, Rostock, Greifswalde, Kiel, sie macht uns Spaß, sie ist uns gemüthlich, es wird uns wohl dabei! Auch in Jena, Heidelberg, Berlin, Bonn, wohin wir kommen und wo unserer zwei bis drei beisammen sind, da ist sie mitten unter uns. Sie gehört mit zum Wesen der norddeutschen Landsmannschaft und das wäre kein braver Holsat oder Meklenburger, oder Oldenburger, der nicht wenigstens drei Plattitüden am Leibe hätte, plattes (Mütze) auf dem Kopf, plattes (Mappe) unter'm Arm und das liebe Platt i$ einstweilen auszuziehn, wenn sie uns zu _enge_ wird. Grade das behaupte ich von der und gegen die plattdeutsche Sprache. Sie ist dem Verstand der Zeit laengst zu enge geworden, ihr Wachsthum hat bereits mit dem sechszehnten Jahrhundert aufgehoert, sie kann die geistigen und materiellen Fortschritte der Civilisation nicht fassen, nicht wiedergeben _und daher verurtheilt sie den bei weitem groessten Theil der Volksmasse in Norddeutschland, dem sie annoch taegliches Organ ist, zu einem Zustande der Unmuendigkeit, Rohheit und Ideenlosigkeit, der vom Zustand der Gebildeten auf die grellste und empoerendste Weise Habe ich Recht ober Unrecht? Steht es nicht so mit dem Volk in Hannover, Westphalen, Meklenburg, Holstein u.s.w.? Wurzelt nicht das Hauptuebel im absoluten Unvermoegen der taeglichen Umgangssprache, den noethigsten Ideenverkehr zu bewerkstelligen? Dass ich in beiden Unrecht haette. Aber den Stein, den diese Anklage gegen die plattdeutsche Sprache als eine Feindin der Volksbildung, der geistigen Thaetigkeit$ ie beiden geworfen hätte.--"Mach' uns nicht unglücklich!" schrie sie. Eine Weile darauf saß Ingebjörg in der Stube; Thorbjörn zog sich an, der Vater ging auf und ab und trank hin und wieder einen Schluck Wasser; aber die Hand zitterte ihm so dabei, daß das Wasser manchmal über den Tassenrand auf die Diele spritzte. Aslak kam nicht herein, und Ingebjörg machte kurz darauf Miene, hinauszugehen. "Bleib", sagte Sämund, mit einem Ton, als wenn er gar nicht zu ihr spräche; und sie blieb. Bald jedoch ging er selbst. Er kam nicht wieder. Thorbjörn las fortwährend, ohne aufzublicken, obgleich er nicht imstande war, den kleinsten Satz zusammenzubringen. Weiterhin am Vormittag war das Haus in gewohnter Ordnung, obgleich allen zumute war, wie nach dem Besuche eines noch nie dagewesenen Fremden. Thorbjörn wagte endlich auf den Hof zu gehen, und der erste, den er dort traf, war Aslak, der alle seine Habseligkeiten auf einen Schlitten--Thorbjörns Schlitten--geladen hatte. Thorbjörn starrte ihn an, er sah gräßlich aus. Sein $ sum mahlten auf der Granlidener Mühle, wenn ihre Bäche kein Wasser mehr hatten; der Granlidener Bach bekam immer neuen Zufluß von den Bergen. Viele Säcke waren hinunterzutragen, manche recht große, manche riesig große darunter. Die Frauen standen unweit davon, hielten Wäsche und wrangen aus. Thorbjörn ging zu seinem Vater hin und packte einen Sack. "Kann ich Dir vielleicht helfen?"--"Das schaffe ich schon allein", sagte Sämund, nahm schnell einen Sack auf seinen Rücken und trug ihn zur Mühle. "Hier sind noch eine ganze Menge", sagte Thorbjörn, packte zwei große, stemmte den Rücken dagegen, griff über die Schultern, faßte mit jeder Hand einen und stützte ihn seitlich mit dem Ellbogen. Auf halbem Wege traf er Sämund, der zurückkam, um mehr zu holen; rasch sah er Thorbjörn an, sagte aber nichts. Als Thorbjörn zum Schuppen zurückging, traf er Sämund mit noch zwei größeren Säcken auf dem Rücken. Diesmal nahm Thorbjörn einen ganz kleinen und zog damit ab; als Sämund ihn traf, sah er ihn an, aber länger als das vori$ r war niemals in der Stube. Die anderen sahen, daß der Kranke das merkte; er blickte gespannt hin, sobald die Tür aufging; jedenfalls doch, weil er den Vater erwartete. Schließlich fragte ihn Ingrid, wen er wohl außerdem noch gern sehen möchte? "Ach, mich will ja keiner sehen", antwortete er. Das wurde Sämund wiedererzählt; der entgegnete im Augenblick nichts, und als an diesem Tage der Doktor kam, war er nicht zu Hause. Aber ein Stück Weges vom Hofe erwartete er ihn bei der Rückfahrt; er hatte auf dem Grabenrand gesessen, stand auf, als der Wagen vorbeifuhr, grüßte und fragte nach dem Zustand seines Sohnes. "Sie haben ihm böse mitgespielt", lautete kurz die Antwort. "Wird er durchkommen?" fragte Sämund und bastelte am Bauchgurt des Pferdes. "Danke, der Gurt sitzt ja gut", sagte der Doktor. "Nicht stramm genug", antwortete Sämund. Dann waren beide eine Zeitlang stumm; der Doktor sah ihn an; Sämund arbeitete eifrig an dem Gurt herum, blickte aber nicht auf. "Du hast gefragt, ob er durchkommen wird; ja, das gla$ ."--"Hast Du denn gar keinen, der Dich lieb hat?"--"Nein, keinen." Aber Arne verließ ihn, und so lieb hatte er seine Mutter, als solle ihm das Herz springen, und er hatte das Gefühl, als werde es hell über ihm. Himmlischer Vater, dachte er, Du hast mir sie gegeben und durch sie so unsäglich viel Liebe, und ich gehe achtlos an ihr vorüber--und wenn ich sie einmal haben möchte, dann ist sie vielleicht nicht mehr da. Er wollte hin zu ihr, bloß um sie zu sehen. Unterwegs aber fiel ihm plötzlich ein: "Weil Du sie gering geachtet hast, wirst Du vielleicht bald damit gestraft weiden, daß Du sie verlierst!"--Er blieb auf dem Fleck stehen. "Allmächtiger Gott, was soll dann aus mir werden?" Ihm war's, als geschehe jetzt ein Unglück zu Haus; er setzte in großen Sprüngen auf das Haus zu, der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn, und die Füße berührten kaum die Erde. Er riß die Stubentür auf. Die Mutter hatte sich schlafen gelegt, der Mond fiel ihr gerade auf das Gesicht; sie lag und schlummerte wie ein Kind. Sechstes Ka$ uschulen jeder bloß eine, und es wurde immer das beschlossen, was er beantragte, wenn die andern es sich erst überlegt hatten. Auf der Versammlung vorher aber, wo er nicht war, da haben die andern bloß gequatscht. Den Leutnant, der uns im Feldmessen unterrichtet, hat der Direktor auch bloß wegen seiner eigenen Tüchtigkeit bekommen, denn die andern Schulen haben keinen Leutnant. Unserer aber ist sehr tüchtig und soll auf der Offiziersschule der allerbeste gewesen sein. Der Herr Lehrer fragt, ob ich auch in die Kirche gehe. Natürlich gehe ich in die Kirche, denn jetzt hat der Pfarrer hier einen Hilfsprediger erhalten, und der predigt, daß den Leuten in der Kirche angst und bange wird, und es ist eine Freude, ihn zu hören. Er ist von der neuen Religion, die sie in Kristiania haben, und die Leute behaupten, er sei zu streng, aber das ist ihnen ganz gesund. Augenblicklich lernen wir viel Geschichte, die wir vorher noch nicht gehabt haben, und es ist seltsam, was alles in der Welt geschehen ist und besonders bei un$ hm zu reden, oder auf ihn zu hören, dann gnade Gott euch beiden!--Das sag' ihm von mir!" fügte sie mit drohender Stimme hinzu, als das Kind nicht gleich antwortete.--"Ja, ja, ja, ja!"--"Sag' ihm das von mir!" wiederholte sie noch einmal, aber leiser und bei jedem Wort mit dem Kopf nickend, indem sie hinausging. Das Kind wusch sich, zog seine Sonntagskleider an und setzte sich vors Haus auf die Treppe. Aber bei dem Gedanken an den ausgestandenen Schrecken stieg ihr immer wieder das Schluchzen in die Kehle.--"Warum weinst Du, Kind?" fragte eine Stimme, so freundlich, wie noch nie jemand zu ihr gesprochen hatte. Petra blickte auf. Vor ihr stand ein schlanker Mann mit einem edlen Gesicht und einer Brille. Sie stand sofort auf; denn sie erkannte Hans Ödegaard, einen jungen Menschen aus dem Ort, vor dem alles sich ehrerbietig erhob. "Warum weinst Du, Kind?" Sie sah ihn an und erzählte ihm, sie habe "mit ein paar andern Jungens" in Pedro Ohlsens Garten Äpfel stehlen wollen; aber Pedro und der Polizeidiener seien gek$ t in Tränen, ohne einen Blick um sich zu werfen. Hinunter wollte sie nicht--da saßen Matrosen und andere Gäste; sie zog ihr Konfirmationskleid aus und saß auf ihrem Bett bis tief in die Nacht hinein. Erwachsensein--das schien ihr das Unglückseligste auf der ganzen Viertes Kapitel Eines schönen Tages, bald nach der Konfirmation, ging Petra zu Ödegaards Schwestern hinüber; aber sie merkte gleich, daß das ein Fehlgriff von ihm gewesen war. Der Propst tat, als sei sie Luft, und die Töchter, beide älter als Ödegaard, waren mehr als steif. Sie begnügten sich damit, ihr kurz und knapp mitzuteilen, was der Bruder über sie bestimmt habe. Sie solle den ganzen Vormittag in einem Haus außerhalb der Stadt die Haushaltung erlernen, und nachmittags in die Nähschule gehen; schlafen, frühstücken und Abendbrot essen solle sie zu Hause. Sie tat, wie ihr befohlen war, und schickte sich ganz gut darein, solang ihr die Sache neu war, aber nach und nach, und besonders als es Sommer wurde, fing das Ding sie zu langweilen an. Sonst u$ gerin, die Dich karikieren will! Komm doch mal und sieh sie Dir an!" Ein Damenkopf mit ungekämmtem, trotzig schwarzem Haar, dunkeln Augen und einem großen Mund schaute herein und lachte. Petra aber eilte augenblicklich auf sie zu; das _mußte_ die Heldin sein von gestern Abend--oder nein, ihre Mutter, dachte sie, als die Dame näher kam. Petra sah sie an und sagte: "Ich weiß nicht--sind Sie's ... oder sind Sie ihre Mutter?" Jetzt lachte auch der Direktor. Der Frauenkopf hatte sich wieder zurückgezogen, aber aus dem Nebenzimmer tönte noch immer das Lachen. Petras Verlegenheit malte sich so lebhaft in Stellung, Gesicht, Mienenspiel, daß der Direktor aufmerksam wurde. Er betrachtete sie eine Weile; dann griff er nach einem Buch und sagte so ganz beiläufig: "Kommen Sie mal her, Kind, und lesen Sie. Aber lesen Sie einfach so, wie Sie für gewöhnlich sprechen." Petra las.--"Nein, nein--das ist ja Unsinn! Hören Sie zu!" Und er las ihr vor, und sie las ihm nach, genau so, wie er gelesen hatte. "Nein doch, nein! So lesen$ e er und schielte nach seinem Herrn, um zu sehen, was fuer eine Wirkung seine Worte haetten. "Waldscheu ist der Gaul", rief Saemund im Gehen, "einen Baum hast Du ueber ihm gefaellt und jetzt will er nicht mehr ruhig an den Baeumen vorbei." Aslak hoerte das mit an und erwiderte nach einer kurzen Pause: "Du kannst ja glauben, was Du willst; Glauben macht selig; aber dass Du damit Dein Pferd wieder gesund machst, das glaube ich nicht"--im selben Augenblick jedoch drueckte er sich tiefer in die Tonne und deckte sein Gesicht mit der Hand. Saemund war fest auf ihn zugegangen und sagte halblaut, aber in recht unheimlichem Ton: "Du niedertraechtiger..." "Saemund", erklang eine Stimme vom Herde. Ingebjoerg, seine Frau war es, die rief und ihn beruhigen wollte, wie sie ihr Juengstes beruhigte, das auf ihrem Schoss sass, bange war und schreien wollte. Zuerst wurde das Kind still, dann schwieg auch Saemund, aber er hielt die fuer einen so staemmigen Mann etwas kleine Faust Aslak dicht unter die Nase, waehrend er sich vor$ lichen, zu einer Weihestunde, in der man auch der herbsten Wirklichkeit gerade in das Auge zu sehen wagt. Doch beide waren ueberzeugt, dass Thorbjoerns Schuld diesmal gering war, und dass er nichts begangen hatte, das sich zwischen ihn und ihr Mitgefuehl stellen konnte. Da weinten sich beide frei aus, aber leise,--und Synnoeve weinte am staerksten; sie sass ganz zusammengekauert auf der Bettkante. Ingrid suchte sie durch Erinnerungen aufzuheitern: wie froh und vergnuegt waren sie alle drei so manchesmal gewesen! Aber nun passierte es wie so oft, dass jede winzige Erinnerung an Tage voll Sonnenschein in Kummer und Traenen zerrann. "Hat er nach mir gefragt?" fluesterte Synnoeve.--"Er hat fast gar nicht gesprochen."--Ploetzlich erinnerte sich Ingrid des Zettels, und das fiel ihr arg auf die Seele.--"Faellt's ihm zu schwer, zu sprechen?"--"Das weiss ich nicht--er denkt wohl desto mehr."--"Liest er in der Bibel?"--"Mutter liest ihm vor; jetzt muss sie es alle Tage tun."--"Was sagt er dann?"--"Er spricht fast gar n$ n Augen unter der kraeftigen Stirn und mit einem breiten Munde, der oft laechelte und sich dann immer nach einer Seite verzog,--war Birgit Boeen. Nils gewahrte sie, als er zu den Deckenbalken emporsah. Die Geige setzte ein, tiefe Stille entstand, und er trat zum Tanz an. Er warf sich auf den Boden, schob sich im Takt der Musik halb auf der Seite an der Erde hin, schlenkerte mit den Beinen, warf sie ab und zu kreuzweis unter sich, sprang wieder auf, stellte sich wie zum Wurf bereit und ging dann wieder schraeg wie vorhin. Die Fiedel wurde von tuechtiger Hand gestrichen. Die Weise wurde immer feuriger. Nils bog den Kopf immer weiter zurueck, und ploetzlich lag der Stiefelabsatz am Deckenbalken, dass der Staub herunterrieselte. Alle lachten und kreischten um ihn herum, die Maedchen hielten den Atem an. Die Melodie jauchzte dazwischen und trieb zu immer tolleren Spruengen an. Er widerstand ihr auch nicht, bog den Koerper vornueber, huepfte im Takt, richtete sich wie zum Wurf auf, hielt sie aber nur zum Narren, ka$ ing geachtet hast, wirst Du vielleicht bald damit gestraft weiden, dass Du sie verlierst!"--Er blieb auf dem Fleck stehen. "Allmaechtiger Gott, was soll dann aus mir werden?" Ihm war's, als geschehe jetzt ein Unglueck zu Haus; er setzte in grossen Spruengen auf das Haus zu, der kalte Schweiss stand ihm auf der Stirn, und die Fuesse beruehrten kaum die Erde. Er riss die Stubentuer auf. Die Mutter hatte sich schlafen gelegt, der Mond fiel ihr gerade auf das Gesicht; sie lag und schlummerte wie ein Kind. Sechstes Kapitel Einige Tage darauf beschlossen Mutter und Sohn, die sich seitdem inniger aneinander angeschlossen hatten, bei Verwandten auf einem Nachbarhof eine Hochzeit mitzumachen. Die Mutter war seit ihrer Maedchenzeit auf keinem Fest mehr gewesen. Die beiden kannten fast alle Gaeste nur dem Namen nach, und Arne kam es besonders sehr merkwuerdig vor, dass ihn alle ansahen, wo er sich blicken Auf der Diele fiel hinter ihm ein Wort,--bestimmt wusste er es nicht, aber er glaubte es gehoert zu haben, und jeder$ lich an mich selbst dabei gedacht."--"Soll es Dir denn so ergehen?"--"Ich weiss nicht;--aber damals empfand ich so;--ja, ich begreife es gar nicht; aber mir war damals so schwer ums Herz."--"Das ist doch seltsam"; sie malte wieder auf den Scheiben. Das naechste Mal, als Arne zum Mittagessen erschien, ging er zuerst ans Fenster. Draussen war es grau und trueb, drinnen warm und gut; an die Scheibe aber war mit dem Finger geschrieben: "Arne, Arne, Arne" und immerzu "Arne"; das war das Fenster, wo Eli am Abend vorher gestanden Am Tage darauf aber kam Eli nicht hinunter; sie war krank. Sie war ueberhaupt die ganze Zeit ueber nicht recht munter; sie sagte es selbst, und man konnte es ihr auch ansehen. Elftes Kapitel Den naechsten Tag kam Arne herein und erzaehlte, was er eben auf dem Hof erfahren hatte: naemlich dass Mathilde, die Tochter des Pfarrers, in die Stadt gefahren sei; sie selbst glaube, nur fuer ein paar Tage,--tatsaechlich aber solle sie ein Jahr oder zwei dort bleiben. Eli hatte bis jetzt keine Ahnung $ fen suchen; sie kommen von selbst."--"Wie denn?"--"Wie alles Liebe: wenn Du es am wenigsten erwartest."--Sie schwiegen beide. "Mich wundert, Arne, dass Du Dich von hier fortsehnst, wo Du doch soviel Schoenes in Dir hast."--"Weisst Du denn, dass ich mich fortsehne?"--Sie antwortete nicht; sie lag ganz still wie in Gedanken. "Arne, Du darfst nicht fort!" sagte sie, und das ging ihm warm zu Herzen.--"Manchmal hab' ich auch weniger Lust dazu."--"Deine Mutter muss Dich sehr lieb haben. Ich moechte Deine Mutter einmal sehen!"--"Komm doch mal nach Kampen, wenn Du erst wieder gesund bist." Und da stellte er sie sich auf einmal vor, wie sie in Kampen in der hellen Stube sass und auf die Berge schaute; sein Herz fing zu klopfen an, und das Blut schoss ihm ins Gesicht. "Es ist warm hier drinnen", sagte er und stand auf. Sie hoerte es. "Willst Du schon gehen?" sagte sie, und er setzte sich "----Du musst oefter zu uns kommen;--Mutter hat Dich so lieb."--"Ich selbst moechte auch gern;--aber ich muss doch ein Gewerbe treibe$ n es bloss nicht zu spaet wird."--"Ja, wenn wir hier lange stehen und drueber reden, dann mag es wohl zu spaet werden",--und sie gingen. "Du hast auch wohl viel gelernt, wo Du doch beim Herrn Pfarrer aufgewachsen bist?" Ja, das habe sie. "Das wird Dir gut zustatten kommen," meinte Margit, "wenn Du mal einen bekommst, der weniger kann."--Nein, meinte Eli, solchen moechte sie nicht. "Nun ja, es ist ja auch vielleicht nicht das beste, aber hier im Dorf haben die Leute wenig Bildung."--Eli fragte, was da hinten im Walde rauche. "Das kommt von dem neuen Paechterhaus, das zu Kampen gehoert. Da wohnt der Knut vom Oberland. Er war immer so allein, und da hat Arne ihm den Platz gegeben, dass er ihn urbar mache. Er weiss, was es heisst, allein zu sein, der arme Arne." Nach einer Weile waren sie hoch genug, um das Gehoeft sehen zu koennen. Die Sonne schien ihnen gerade ins Gesicht; sie beschatteten die Augen und schauten hin. Mitten drin lag das rotgestrichene Haus mit den weissen Fensterrahmen; ringsum die Wiesen waren$ ging sie hinaus und sah sich im Garten nach Eli um; die kauerte da am Boden und schrieb in den Sand. Sie wischte es aus, als Margit kam, blickte auf und laechelte; sie hatte geweint.--"Dabei ist nichts zu weinen, Kind", sagte Margit und streichelte sie. Sie sahen oben am Wege etwas Schwarzes hinter den Bueschen. Eli schlich sich ins Haus, die Mutter hinterher. Drinnen war gewaltig aufgetischt: Rahmbrei, Rauchfleisch und Kringel; Eli sah aber gar nicht hin; sie setzte sich dicht an die Wand auf einen Stuhl in der Ecke neben der Uhr und zitterte, sowie sich nur eine Katze ruehrte. Die Mutter stand am Tisch. Feste Schritte ertoenten auf den Steinfliesen, ein kurzer, leichter auf der Diele, leise wurde die Tuer aufgemacht und Arne trat ein. Das erste, was er sah, war Eli in der Ecke neben der Uhr; er liess die Tuer los und blieb stehen. Das machte Eli noch verlegener; sie stand auf, bereute es aber gleich und drehte sich nach der Wand um.--"Du bist hier?" sagte Arne leise und wurde gluehend rot bei dieser Frage.-$ sah ueber den ganzen Zug hin, bis seine Augen an dem Brautpaar und seiner Frau haengen blieben: "Das haette mal einer vor zwanzig Jahren sagen sollen", meinte er. * * * * * EIN FROEHLICHER BURSCH Erstes Kapitel Oeyvind hiess er, und als er geboren wurde, schrie er. Aber als er erst aufrecht auf Mutters Schoss sass, lachte er, und wenn abends Licht angesteckt wurde, lachte er, dass es schallte; doch wenn er nicht herandurfte, weinte er. "Aus dem Jungen wird sicher was Besonderes", sagte seine Mutter. Ueber das Haus, worin er geboren wurde, neigte sich die kahle Bergwand; aber sie war nicht sehr hoch. Fichten und Birken schauten hernieder, und die Vogelkirsche streute ihre Blueten aufs Dach. Oben auf dem Dache aber sprang ein Boeckchen, das Oeyvind gehoerte; es musste da oben weiden, wo es sich nicht verlaufen konnte, und Oeyvind brachte ihm Laub und Gras. Eines schoenen Tages sprang das Boeckchen zur Bergwand hinueber; es kletterte hinauf, weit hinauf, wo es noch nie gewesen war.$ nde des Bettes und brach in heftiges Weinen aus. Der Kranke sah ihn unverwandt an und schwieg. Schliesslich bat er seine Frau, hinauszugehen; aber Baard winkte ihr, sie moege bleiben,--und dann sprachen sich die Brueder aus. Sie sprachen ueber alles von dem Tage an, da sie auf die Uhr geboten hatten, bis zu der Stunde, da sie hier zusammentrafen. Baard holte schliesslich den Goldklumpen heraus, den er immer bei sich trug, und nun sahen die Brueder ein, dass sie sich in all den Jahren nicht einen einzigen Tag gluecklich gefuehlt hatten. Anders sagte nicht viel, dazu war er zu schwach; aber Baard blieb am Bett sitzen, solange Anders krank war. "Jetzt bin ich wieder ganz gesund," sagte Anders eines Morgens, als er aufwachte, "jetzt wollen wir noch lange zusammenleben, mein Herzensbruder, und nie mehr auseinandergehen, ganz wie damals." An dem Tage aber starb er. Frau und Kind nahm Baard zu sich, und sie hatten es fortan gut. Was aber die Brueder am Krankenbett zusammen gesprochen hatten, das drang hinaus durch d$ erausbringen und wandte die Augen zur Seite. "Du bist in letzter Zeit auch gar nicht mehr froehlich; hat sie andere lieber als Dich?" Oeyvind schwieg beharrlich, der Schulmeister fuehlte sich etwas verletzt und liess ihn stehen; sie gingen zurueck. Als sie eine lange Strecke gegangen waren, wartete der Schulmeister, bis Oeyvind ihn eingeholt hatte. "Du sehnst Dich wohl danach, konfirmiert zu werden?" fragte er.--"Ja."--"Was willst Du denn nachher anfangen?"--"Ich moechte gern aufs Seminar."--"Und Schulmeister werden?"--"Nein."--"Das ist Dir wohl nicht fein genug?"--Oeyvind schwieg. Wieder gingen sie eine lange Strecke. "Wenn Du mit dem Seminar fertig bist, was willst Du dann?"--"Das habe ich mir noch nicht ordentlich ueberlegt."--"Wenn Du Geld haettest, wuerdest Du Dir wohl einen Hof kaufen, nicht?"--"Ja, aber die Muehle behalten."--"Dann ist's am besten, Du gehst auf die Ackerbauschule."--"Lernt man da ebensoviel wie auf dem Seminar?"--"Ach nein, aber man lernt das, was man spaeter braucht."--"Bekommt man da$ ltet, und er sagt, dass es sich da, wo es stand, gut verzinst hat; aber jetzt ist ja das beste, Oeyvind nimmt es fuer Nordistuen." Die Mutter stand hinten in der Ecke und machte sich ganz klein, waehrend sie mit leuchtenden Augen zu Tore hinsah, der jetzt sehr gewichtig dahockte und beinahe dumm aussah; Ole Nordistuen sass ihm mit weit offnem Mund gegenueber; Oeyvind war der erste, der sich von der Ueberraschung erholte. "Ist das nicht, als wenn das Glueck mich verfolgt?" rief er, ging auf seinen Vater zu und schlug ihm auf die Schulter, dass es droehnte. "Du Prachtvater!" sagte er, rieb sich die Haende und ging auf und ab. "Wieviel mag das wohl sein?" fragte schliesslich Ole ganz zaghaft den Schulmeister. "Es ist gar nicht so wenig."--"Ein paar hundert Taler?"--"Noch ein bisschen mehr."--"Noch ein bisschen mehr? Oeyvind, noch ein bisschen mehr! Herrgott, das soll ein Hof werden!" Er stand auf und lachte hell heraus. "Ich will mit Dir zu Margit", sagte Oeyvind. "Die Postkutsche steht ja noch draussen, da geht$ auf... Ploetzlich wurde sie blass; sie sah zu den beiden auf, sah wieder in das Buch, auf die wohlbekannten Schriftzuege. Es gibt Dinge, die einen ins Herz treffen, wie eine Kugel, Dinge, von denen man sich hunderte von Meilen entflohen waehnt, und die man auf einmal dicht vor sich sieht. Da--auf dem ersten Blatt--stand geschrieben: "Hans Oedegaard." Flammendrot rief sie: "Gehoert _ihm_ das Buch?--Kommt _er_ hierher?" Und sie stand auf. "Ja, versprochen hat er's", erwiderte Signe. Und Petra entsann sich, dass er im Ausland mit einer Pastorenfamilie aus dem Stift Bergen zusammengewesen war. Sie selbst war nur im Ring herumgefahren, sie war geradenwegs auf ihn zugereist. "Kommt er bald? Ist er etwa gar hier?" Sie schickte sich auf der Stelle an, davonzulaufen.--"Nein, er ist ja doch krank", sagte Signe.--"Ach, richtig, er ist ja krank!" wiederholte Petra schmerzlich und sank zusammen. "Sagen Sie mal," rief Signe, "Sie sind doch nicht etwa--?" "Das Fischermaedel?" vollendete der Propst. Petra sah flehend zu ihn$ "denn Arbeit ist ein Gebot."--"Gewiss soll er das, wenn er auch andere Mittel und andere Aufgaben hat; jeder hat seine. Aber sag', soll der Mensch unaufhoerlich arbeiten?"--"Er soll auch beten", fiel die blonde Frau ein und faltete die Haende, als komme ihr jetzt zum Bewusstsein, dass sie es zu lange versaeumt habe.--"Also: immer wenn ein Mensch nicht arbeitet, soll er beten?--Kann ein Mensch das?--Was waere das fuer ein Beten, und was waere das fuer ein Arbeiten?--Soll er nicht auch ausruhen?"--"Wir sollen erst ausruhen, wenn wir nicht mehr koennen; dann werden wir nicht von boesen Gedanken versucht,--ja, dann werden wir nicht in Versuchung gefuehrt!" sagte Eise wieder, und der Psalmist fiel ein: "So gehet ein, ihr Mueden, In Jesu suessen Frieden, Die Arbeit war so gross. Die Zeit ist nicht mehr weit, Da man fuer euch bereit't Ein Bettlein in der Erde Schoss!"---- "Still, Erik, und hoer' zu," sagte der Propst. Oedegaard aber zog jetzt die Schlinge zusammen: "Seht Ihr, die Arbeit trae$ vorgeschritten? Das Wort war ausgesprochen, er konnte also offen mit ihr darueber reden; das war ihnen auch beiden willkommen; dann brauchten sie ja doch nicht von der Vergangenheit zu sprechen. Indessen, sie wurden bald durch Gaeste aus der Stadt gestoert, gebetene und ungebetene! Die Dinge standen da aber schon so, dass ein einziger, wohlgenutzter Zufall Klarheit bringen konnte,--und dazu verhalfen die Gaeste. Es wurde naemlich eine grosse Gesellschaft veranstaltet, und auf dieser Gesellschaft, gleich nach Tisch, als die Herren im Arbeitszimmer sassen, kam das Gespraech auf die Schauspielkunst; denn ein Stiftskaplan hatte auf dem Schreibtisch eine christliche Ethik aufgeschlagen gesehen und war auf das entsetzliche Wort "Schauspiel" gestossen. Es entspann sich ein heftiges Wortgefecht, und mitten hinein kam der Propst, der nicht mit bei Tisch hatte sein koennen, weil er zu einem Kranken gerufen worden; er war sehr ernst gestimmt, er ass nicht, er nahm auch nicht an dem Gespraech teil, aber er stopfte seine $ mal die Dinge aus dem Gleis geraten. Wo das Vertrauen verloren gegangen war, so sagte sich Klamm, da gab's keine Nadeln und keinen Zwirn zum wiederzusammenheften. Höchstens konnte die Zeit, die alles klärte, auch darin einstmals eine Aenderung wieder herbeiführen. Und einen Gewinn trug er davon, wenn er Knoops verließ: er konnte sich unter weit günstigeren Umständen Ileisa nähern, sie, wie er nach den gestrigen Vorgängen annehmen zu können glaubte, für sich gewinnen.-- Grade ihre Art und ihr Wesen hatten ihn noch mehr bestrickt, hatten die Funken, die in ihm glühten, angefacht. Einmal wieder den Geschäften abgewendet, war das frühere, lebendige Interesse für Frauen und Frauenschönheit wieder in ihm wach geworden. Oft enttäuscht, fand er--wie er hoffte--in ihr endlich das Ideal seiner Vorstellungen. Er konnte es nicht erwarten, in ihre Nähe zu gelangen.--Auch an Fräulein von Wiedenfuhrt richtete er--infolge der veränderten Sachlage--noch an diesem Morgen einen Brief: "Erlauben Sie, mein hochverehrtes Fräulei$ efallen war, geriet Herr Knoop in eine ganz ungeheure Aufregung. Er sprach aus, daß er nur bedaure, Arthur nicht gleich fassen, ihn zur Rede stellen und ihn so abkanzeln zu können, daß ihm zu Wiederholungen eines solchen Auftretens die Luft vergehen werde. Aber auch Margaretens Mutter bemächtigte sich eine große Empörung, der sich eine tiefe Trauer und eine starke Bedrückung hinzugesellte. Ihre alte Ahnung, daß die in solcher Art herbeigeführte Abweichung von früherer Einfachheit ihrem Manne und ihnen allen nicht zum Segen gereichen, ihnen vielmehr zum Verderben werden würde, erfaßte sie von Immer wieder mußte Margarete erzählen, und mit jeder Erneuerung ihrer Darlegungen verstärkten sich in beiden der Zorn und die Entrüstung über Arthurs Benehmen. Erst nach einiger Zeit vermochten sie sich zu besänftigen. Während sich aber Herr Knoop anschicken wollte, nunmehr zur Stadt zu fahren, erklärte Frau Knoop, daß sie sich nicht mehr in der Stimmung befinde, Besuche zu machen. Ueberhaupt sei sie gegen das fortwährend$ ch, wo ich mich befinde, mit ihren Kundschaftern zu umstellen, und Personen, zu denen ich in Beziehung trat oder treten will, vor mir zu "Hm! So! Das ist ja eine sehr fatale Sache. Und dann noch gegen solche Bosheiten wehrlos zu sein! Ich bedaure Sie aufrichtig, Herr von Klamm. Das muss ja eine ganz miserable Person sein, die fortgesetzt an einem Nebenmenschen--es sei vorgefallen was will--derart Rache uebt. Ich habe kein Verstaendnis fuer solche Charaktere--" "Und doch sind sie weit verbreiteter, als man glaubt. Man begreift bisweilen nicht, weshalb Personen ploetzlich eine andere Haltung annehmen. Man schiebt ihnen, wenn keine Erklaerungen erfolgen, Launen zu. In Wirklichkeit hat irgend ein Missguenstiger ein Minierwerk begonnen, und mit Erfolg!--Ich bin ueberzeugt, dass es Leute giebt, die aus purem Neid jahraus, jahrein, ohne Aufhoeren taeglich an der Untergrabung des Ansehens anderer arbeiten, die sich dabei noch weit raffinierterer Mittel bedienen, als meine einstige Freundin. So geschickt auch solche a$ ts, wie das Ihrige, habe ich naemlich schon empfangen. Eben daraus ist der Wunsch in mir rege geworden, mich in Zukunft vorzugsweise auf diesem Gebiet zu versuchen." So sprach Herr von Klamm, und Herr Knoop, fuer den dieses Mitglied des Adels ploetzlich in ein voellig anderes Licht gerueckt wurde, erhob nicht ohne starke Beifaelligkeit das Haupt. "Hm--hm--so--so! Das sind Ihre Plaene, Herr von Klamm. Gewiss, auch das laesst sich hoeren. Freilich, etwas draengt sich mir dabei auf. Sie glauben, dass Sie sich in all diese, Ihnen doch in der Praxis noch fremden Dinge wuerden hineinarbeiten koennen? "Gewiss, gewiss! Das ist ja auch zu machen, und wenn die Saat gut war, weshalb sollte nicht kraeftiger Weizen aufgehen? Es ist aber noch ein Umstand da! Mein Sohn ist draussen, um sich noch in unserm Geschaeft weiter zu bilden. Nach uebersehbarer Frist wird er zurueckkehren. Dann sollte ihm eben das obliegen, was Sie im Auge haben.--Ich bin also grade bezueglich einer solchen Thaetigkeit, wie Sie sie planen, in Zukunft$ ie damals, als von dieser Moeglichkeit die Rede gewesen. Inzwischen hatten die Plaene, die Herr Knoop, Vater und Sohn, verfolgten, in der That noch zu starken Auseinandersetzungen mit den beiden Frauen gefuehrt. Herr Knoop hatte nicht mit Unrecht gegen Arthur hervorgehoben, dass er sich mit ihnen, namentlich mit seiner Frau zu verstaendigen habe. Frau Knoop hatte gesagt: "Wir empfangen doch keinerlei Wert und Ansehen durch unser Kleid, sondern lediglich durch die Tadellosigkeit unserer Handlungen. "Legten deine Vorfahren den Adel ab, so wussten sie sicher, was sie thaten. Sie entaeusserten sich gewisser Pflichten und Noetigungen, die sie hemmten und schaedigten. Hat es denn irgend einen Vorteil, ein 'Herr von' zu sein, wenn man seine Befriedigung statt in Eitelkeiten, in der Ausbildung des Gemuets und des Sinnes fuer die idealen Dinge dieser Welt, sowie in der Pflege des Verkehrs mit den Besseren und Gleichgearteten "Fuer Arthur ist's eine Thorheit, ihn in seinem Ehrgeiz zu verstaerken, ja, ich fuerchte, es k$ t um einen Walzer, eine Ekossäse oder gar den Kotillon mit Ida die Hälse brechen wollten. Sie aber lachte, daß die Schneeperlen der Zähne durch die Purpurlippen heraussahen, behauptete, sich immer nur auf eine Tour zu versagen, hüpfte dem Hofrat entgegen und reichte ihm die kleine Hand. Selig, gerührt, begeistert stellte er sich mit seinem holden Engelskinde an die Spitze der Kolonne und marschierte unter den mutigen, lockenden Tönen der Polonäse stolzen Schrittes gegen das wohlunterhaltene feindliche Tirailleurfeuer, das von vorn, von den Flanken, überallher aus den Mündungen der Lorgnetten auf seine Tänzerin sprühte. Aber diese,--war sie kurzsichtig, hatte sie statt des Korsettchens einen Kürassierpanzer von feinstem Stahl mit der Musketenprobe um das Herzchen, oder war sie das Feuer so gewohnt wie die alte Garde, die, Gewehr im Arm, im Paradeschritt durch das Kartätschenfeuer marschierte? Ich weiß nicht; aber sie schien gar nicht auf die schrecklichen Ausbrüche der gebrochenen Herzen, auf die Knallseufzer $ em herrlichen Landau mit den vier Postpferden, den aus Leibeskräften blasenden Schwager darauf, vorfuhr, als der reichbordierte Bediente dem jungen Mann heraushalf, sagte sie gleich zu ihrem Ehezärter: "Gib acht, das ist was Als sie aber dem Brktzwisl,--so nannte sich der gute alte Diener,-- die Kommoden in den drei Zimmern öffnete, ihm die Kleider und Wäsche seines Herrn aus den Koffern nehmen, sortieren und ordnen half, da schlug sie vor Seligkeit und Staunen die Hände zusammen. Sie hatte doch von ihrer Mutter gewiß recht feine, sanfte Leinwand zum Brauthemdchen bekommen; aber das war grober Zwillich gegen diese Hemden, diese Tücher--nein, so etwas Extrafeines, Schneeweißes konnte es auf der Erde nicht mehr geben wie dieses. Es ist kein übles Zeichen unserer Zeit, wo der Edelmann seinen Degen abgelegt hat und Grafen und Barone im nämlichen Gewand wie der Bürgerliche erscheinen, daß die Frauen dem Fremden, der zu ihnen kommt, nach dem Herzen sehen, das heißt nach seiner Wäsche. Ist sie grob, unordentlich ode$ Berner? Hat etwa der Hof andere Absichten mit dieser Dame?" "Was der Hof! Was der Staatsminister!" lachte der Hofrat. "Es gibt noch ganz andere Diplomaten, als die Herren in der Residenz! Meinst denn du, wenn so ein echter feuriger Pole liebt, daß ihm das Feuer aus den Kohlenaugen herauspfupfert, er werde erst vor dem Staatssekretär den Hut abziehen und fragen: Erlauben Sie gütigst, wollen Ew. Gnaden mir einen Gegenstand für meine zärtlichen Neigungen rekommandieren? Nein, Herr Bruder! Auf Ehre, wir haben das anders gehalten anno achtundachtzig, und ich mag es dem guten, reichen Jungen nicht verdenken, wenn er es auch so macht."--"Wie, so wäre der Graf in eine andere verliebt?" unterbrach ihn der Präsident. "Verliebt, wie ich sage, und für die Gräfin so gut wie verloren."-- "Ei, ei," sagte der Präsident mit einem klugen Gesicht, indem er die Finger an die Nase legte; "siehst du, das habe ich mir neulich gleich gedacht, daß das Attachement an die hohe Person nicht so gar groß sein müsse. Du weißt von den Auft$ da ist er aber so kalt und gleichgiltig wie Eis. Ich frage ihn endlich, als er gar nicht anbeißen wollte, ob er die Gräfin denn nicht kenne, und da machte er ein ganz eigenes Gesicht, wie wenn man beim überzuckerten Kalmus endlich aufs Bittere kommt, und sagte: 'Nicht anders kenne ich sie als _par renommée._' Das ist nun freilich bei der Frau Gräfin nicht das beste, das man haben kann. Wenn er sie daher nur und zuerst von dieser Stelle kennt, so hat der Herr Staatssekretär schlecht manövriert." "Weiß Gott, das hat er," lachte der Hofrat; "ich könnte dir Dinge sagen--doch gedulde dich noch ein paar Wochen, und du siehest den Herrn Grafen als Bräutigam! Eine Dame aus der Residenz ist es nicht, an die er sein Herz verlieren wird; nichtsdestoweniger ist es ein Landeskind unseres allergnädigsten Herrn, und zwar ein gutes, liebes, "Nun, nun, so arg wird der Engel auch nicht sein," meinte der Präsident, indem er sich verabschiedete; "aber ordentlich wohl ist es mir, daß es die Gräfin nicht ist, denn ich sammelte mir$ d wenn ich das Glas mit Dünnbier zum Munde führe, schiebt er mir immer im Geiste Trimadera, Bordeaux oder Champagner unter." So sprach der junge Mann und ging weiter, um auf sein großes Claurensches Traktement der Verdauung wegen zu promenieren. Was ist Rumford gegen einen solchen Mann? sprach ich zu mir. Jener bereitet aus alten Knochen kräftige Suppen für Arme und Kranke; ist aber hier nicht mehr als Rumford und andere? Speist und tränkt er nicht durch eine einzige Auflage des "Vergißmeinnicht" fünftausend Mann? Wenn nur die Phantasie des gemeinen Mannes etwas höher ginge, wie wohlfeil könnte man Spitäler, ja sogar Armeen verproviantieren! Der Spitalvater oder der respektive Leutnant nähme das "Vergißmeinnicht" zur Hand, ließe seine Kompanie Hungernder antreten, ließe sie trockenes Kommisbrot speisen und würde ihnen einige Tafelseiten aus Clauren vorlesen. Doch von solchen Torheiten sollte man nicht im Scherz sprechen; sie verdienen es nicht; denn wahrer, bitterer Ernst ist es, daß solche Niederträchtigkeit$ lte ihr beinahe versagen, als sie den "Grafen Martiniz" der "Graefin Aarstein" vorstellte. Sie sah die Erz-General-Kokette erroeten, sie sah, wie sie den bildschoenen Mann mit ihren Feuerraedchen beinahe zu versengen drohte; es zuckte ihr ganz eisig in das liebende, aengstliche Herzchen hinein, als die Graefin sich in einer nachlaessigen Stellung auf den Sofa warf, ihr zurief, sie moechte sich doch gar nicht genieren und ihre Arrangements treffen, die ein so ploetzlicher Ueberfall wie der ihrige immer notwendig mache, sie moechte sich doch durchaus nicht genieren, der Graf werde schon die Gnade haben, sie zu unterhalten. "Da sei Gott gnaedig," fluesterte Ida in sich hinein, indem es ihr froestelnd und doch wieder siedheiss durch alle Glieder ging, "wenn die so fortmacht, so muessen wir ja alle samt und sonders, den Grafen mit eingeschlossen, zu ihren Fuessen knien." Sie nahm ihre Schluessel und ging; aber noch in der Tuere warf sie einen Blick auf Martiniz zurueck, so voll Liebe und Besorgnis, als muesse sie $ ehmen ihren Wein von den grossen Handlungen, wo er ihnen echt und lauter gegeben wird; sie mischen ihn, weil er dem Volke anders nicht munden will, mit einigem gebrannten Wasser und Zucker, faerben ihn mit roten Beeren, dass er lieblich anzuschauen ist, und verzapfen ihn ihren Kunden unter irgend einem bedeutungsvollen Namen. Diese Gassenwirte oder Volksmaenner treiben aber eine schaendliche und schaedliche Wirtschaft. Sie fuehlen selbst, dass ihr Gebraeu sich nicht halten wuerde, dass es den Ruf von Wein auf die Dauer nicht behalten koennte, wenn er nicht auch _berausche_. Daher nehmen sie Tollkirschen und allerlei dergleichen, was den Leuten die Sinne schwindelnd macht; oder, um die Sache anders auszudruecken, sie bauen ihre Dichtungen auf eine gewisse Sinnlichkeit, die sie, wie es unter einem gewissen Teil von Frauenspersonen Sitte ist, kuenstlich verhuellen, um durch den Schleier, den sie darueber gezogen haben, das luesterne Auge desto mehr zu reizen. Sie kleiden ihr Gewerbe in einen angenehmen Stil, der$ vollständig ausfüllten, hielt er eine goldene Dose, deren er sich weniger zum eigenen Gebrauch als zur Entamirung einer Conversation zu bedienen pflegte. Während er strahlend von liebenswürdiger Höflichkeit in dem ersten Salon seiner Wohnung Stellung nahm, befand sich die Frau Commerzienräthin mit ihrer Tochter in einem Zimmer, das an die entgegengesetzte Seite des Tanzsaals stieß, um dort die Begrüßung der Gäste zu empfangen. Frau Commerzienräthin Cohnheim war eine große hagere Gestalt mit ziemlich eckigen Bewegungen und einem Gesicht, dessen entschieden jüdischer Schnitt in ihrem gegenwärtigen Alter wenig Einnehmendes hatte. Sie trug ein dunkelrothes Sammetkleid, ein reiches Collier von kostbaren Edelsteinen, Diamanten im Haar und Diamanten an den Armspangen. Der Blick ihrer großen dunklen und stechenden Augen war kalt und fast starr, und ihre etwas dünnen, gewöhnlich fest zusammengeschlossenen Lippen öffneten sich je nach dem Range und der Stellung ihrer Gäste zu einem mehr oder weniger höflichen und verb$ en müssen. Und auch Sie," fuhr er leise fort, "werden endlich unter allen diesen glänzenden jungen Leuten, welche Sie umschwärmen, mich vergessen müssen, da ich ja mit jenen Allen den Vergleich nicht aushalten kann." Sie blickte ihn einen Augenblick groß und sinnend an, dann schüttelte sie langsam den Kopf und mit einer raschen Bewegung reichte sie ihm das kleine Bouquet, welches Herr von Rantow ihr soeben gebracht hatte. "Wie schlecht kennen Sie mich," sagte sie, "wie ich Ihnen diese Blumen gebe, so möchte ich Alles, was mir das Leben an Blüthen bietet, nur dazu benutzen, um Ihnen Freude zu machen." Er nahm die kleinen Blumen und drückte sie wie begeistert an seine Lippen. Ehe er antworten konnte, traten andere Herren heran, und in den folgenden Touren des Cotillon wurde Fräulein Cohnheim als die gefeierte Tochter des Hauses so sehr in Anspruch genommen, daß ein ruhiges Gespräch nicht mehr möglich war. Der Tanz war zu Ende. Langsam führte Herr von Büchenfeld Fräulein Cohnheim zu ihrer Mutter zurück. Als sie $ gen Conversationston, "beobachtet Herr Nigra dieser ganzen Sache gegenüber eine sehr vorsichtige, fast kalte Zurückhaltung, und vom hiesigen Vertreter Italiens ist mir noch nicht die leiseste Andeutung darüber "Bei den eigentümlichen Verhältnissen," erwiderte der Herzog, "welche zwischen Oesterreich und Italien bestehen und bei den peinlichen Erinnerungen aus nicht zu langer vergangener Zeit scheint es mir, daß eine Annäherung zwischen beiden Mächten, namentlich eine Annäherung mit bestimmten Zielen, mit formulirten Alliancebedingungen schwer durch direkten Verkehr hergestellt werden könne.--Auch giebt es Propositionen, die man auf direktem Wege nicht eher machen kann, als bis man sicher ist, daß sie angenommen werden. Unter solchen Verhältnissen scheint mir eine vorläufige, nicht officielle und zunächst nur sondirende Verhandlung durch die Natur der Dinge angezeigt zu sein, und für eine solche Verhandlung könnte dann auch der neutrale Boden eines den beiden Mächten befreundeten Hofes das richtige Terrain wer$ e Sache dort liegt und was sie denn eigentlich für Gründe gegen die von mir beschlossene Art der Auflösung der Emigration haben." Graf Platen rieb sich die Hände und neigte den Kopf hin und her, ohne indeß etwas zu sagen. "Aber Papa," sagte der Kronprinz, mit einer gewissen Schwierigkeit die Worte hervorbringend, "Du wirst doch nicht von dem einmal gefaßten Beschluß wieder abgehen? Es scheint mir doch--" Ein Schlag an der Thür ertönte. "Wer ist da?" fragte der König mit seiner lauten hellen Stimme. Der Kammerdiener trat ein und sprach: "Der Ordonnanzofficier Major von Adelebsen bittet um die Erlaubniß, Eurer Majestät eine Meldung machen zu dürfen." "Er soll kommen," rief der König etwas verwundert. Major von Adelebsen trat ein. Er war ein Mann von einundvierzig Jahren, etwas über Mittelgröße, von magerer Gestalt und eckigen, wenig eleganten Bewegungen. Sein Gesicht war bleich, von einer etwas gelblichen Farbe und unregelmäßigen Zügen, welche wenig sympathisch berührten, obgleich in ihnen mehr zurückhaltende A$ immte Ansicht darueber, in welcher Weise dies geschehen koennte.--Sie haben mir selbst," fuhr er nach einer kleinen Pause fort, "frueher den Rath gegeben, den kaiserlichen Thron mit liberalen Institutionen, welche in der freien Bewegung des Volkes beruhen, zu umgeben, damit wenn die Vorsehung es will, dass mein Sohn im fruehen Juenglingsalter zur Herrschaft berufen werde, diese Institutionen seinen Thron schuetzend umringen. Sie sehen, dass ich Ihren Rath befolgt habe. Aber," sagte er seufzend, "statt Befriedigung habe ich nur eine immer unzufriedener wachsende Unruhe hervorgerufen." "Weil," fiel Drouyn de L'huys ein, "Eure Majestaet hierbei einen Fehler gemacht haben. Das heisst," schaltete er, sich verneigend ein, "nach meiner unvorgreiflichen Ueberzeugung, welche Sie mir frei auszusprechen befohlen haben--einen Fehler, welcher schon oft in aehnlichen Verhaeltnissen begangen worden ist, und welcher jedesmal verderbliche Folgen gehabt hat." "Und welchen," fragte der Kaiser gespannt, den Arm auf das Knie stue$ genen Wünschen entsprechen könnte, hierher zurück zu kommen. Haben doch auch viele meiner Landsleute Frankreich verlassen und in Deutschland eine neue Heimath gefunden, warum sollten Sie nicht in unserer Mitte auch Ihre künftige Heimath begründen können? Könnten Sie diesen meinen sehnlichsten Herzenswunsch erfüllen, so würde ich kein Bedenken hegen, die Zukunft meines Kindes Ihnen anzuvertrauen, vorausgesetzt, daß meine Tochter die Gefühle theilt, welche Sie für sie hegen,--worüber Sie," fügte er lächelnd hinzu, "vielleicht ein wenig unterrichtet sind." "Ich glaube," sagte Cappei mit leiser Stimme, "daß Fräulein Luise mir nicht abgeneigt ist--" Die Thür öffnete sich, die Tochter des Herrn Challier trat ein. Sie hatte eine Freundin besucht und trug einen einfachen kleinen Hut, mit Rosenknospen garnirt, und ein leichtes Tuch um die Schultern. Ihr frisches Gesicht war vom Gang leicht geröthet, ihre glänzenden Augen richteten sich einen Augenblick wie fragend auf ihren Vater und auf den jungen Hannoveraner. Sie e$ derliches gewöhnt hatte, und welche ihr, da sie darauf zu erwidern nicht für nöthig hielt, die erwünschte Gelegenheit gaben, ihren Gedanken nachzuhängen. Dies tête-à-tête zwischen Tochter und Mutter hatte bereits längere Zeit gedauert, als der Commerzienrath in großer Aufregung in das Zimmer trat. Er vergaß, was er sonst stets mit einer etwas forcirten Galanterie zu thun pflegte, seiner Frau die Hand zu küssen, und beachtete auch den freundlichen Gruß seiner Tochter kaum, welche ihm entgegen gegangen war und ihm Hut und Stock abgenommen hatte. Er ging mit kurzen unruhigen Schritten auf und ab, bewegte die Hände in lebhaften Gesticulationen und flüsterte abgebrochene Worte vor sich hin. Erstaunt sah ihm die Commerzienräthin eine Zeit lang zu, dann sagte sie in etwas vorwurfsvollem Ton, in dem sich jedoch ein Anklang unruhiger Besorgniß beimischte: "Du scheinst unsere Gesellschaft nicht zu beachten und vollständig in Deinen geschäftlichen Combinationen vertieft zu sein. Vielleicht wäre es besser, die Berechnung$ in. "Ich bin mir über meine Worte vollkommen klar," sagte er, "und habe mit denselben," fügte er sich leicht verneigend hinzu, "durchaus keine persönliche Verletzung beabsichtigt. Ich habe nur sagen wollen, daß eine Regierung, welche sich vollkommen klar ist über das, was sie nach reiflicher Ueberlegung für ihre Pflicht erkannt hat, sich nicht dadurch irre machen lassen darf, ob ihre Beschlüsse und Maßnahmen bei der einen oder bei der andern Partei beifällige oder tadelnde Beurteilung finde; und ich kann nur wiederholen, daß die Regierung es für ihre Pflicht hält, mit aller Energie gegen das System der Stimmenenthaltung aufzutreten. Das Kaiserthum und der Kaiser stehen nicht in Frage," fuhr er mit fester Stimme fort, "wie hier so eben bemerkt wurde, die Frage ist nur die, ob es gut sei, das Kaiserthum der Autorität und des persönlichen Regiments in ein liberales Kaiserthum umzuwandeln; daß die Feinde des Kaiserthums überhaupt das Letztere nicht wollen, begreife ich," fügte er mit scharfer Betonung hinzu, "ob $ enn protestantische Anschauungen können doch gewiß niemals die Politik Frankreichs, dieses so tief katholischen Landes leiten. Welch eine Freude ist es doch," sagte er tief aufathmend, "so vollständiges Verständniß zu finden und mit einem Mann zu arbeiten, der uns stets neue Gesichtspunkte öffnet." Er bewegte die Glocke. "Sind die Herren Minister versammelt," fragte er den eintretenden Kammerdiener. "Zu Befehl, Majestät." "Wollen Sie mich in einen Augenblick im Conferenzzimmer mit den andern Herren erwarten," sagte der Kaiser zu Herrn Ollivier, "ich werde Ihnen sogleich folgen--wir wissen ja, was wir zu thun haben." Der Großsiegelbewahrer verneigte sich mit zustimmender Miene und verließ das Kabinet des Kaisers. "Er wird thun, was ich will," sagte Napoleon ihm lächelnd nachblickend, "und ich werde die vortreffliche Stellung haben, keinerlei Initiative zu ergreifen; nicht meine Meinung,--sondern diejenige des Herrn Ollivier wird durchdringen, und man wird nicht wieder vom persönlichen Regiment und vom autocrat$ einer legitimistischen Familie nunmehr auf das Kaiserreich überträgt, nachdem er sich dem Dienst desselben gewidmet hat. Grammont kennt besonders genau die Verhältnisse Österreichs, das doch für unsere auswärtige Politik und für unsere auswärtige Action," fügte sie mit besonderer Betonung hinzu, "einer der wichtigsten Factoren ist." "Es würde nur darauf ankommen," sagte der Kaiser, ohne den Blick seiner Gemahlin zu erwidern, "welche Politik man nach Außen inauguriren wird, nachdem diese inneren Angelegenheiten zum Abschluß gebracht sind. Unter gewissen Verhältnissen würde allerdings Grammont eine sehr geeignete Persönlichkeit sein." "Unter allen," sagte die Kaiserin, "Grammont ist ebenso geschickt und geschmeidig, als ergeben." "Nun," sagte der Kaiser, "man könnte ihn ja dann wieder hierher kommen lassen. Ich habe früher ausführlich mit ihm über die Lage der Verhältnisse gesprochen und würde persönlich sehr gern mit ihm verkehren. Es käme aber darauf an, ob er sich mit den übrigen Führern des Cabinets verstän$ et wie diese Blumen sind meine Gefuehle, welche gestern noch so schoen und hoffnungsreich erbluehten,--wie oft haben meine Lippen auf diesen Blumen geruht! Vorbei! Vorbei!" Und wie vor der Beruehrung des kleinen Bouquets zurueckschaudernd, warf sie dasselbe mit einer raschen Wendung in den Kamin, dessen Feuer langsam in Kohlengluth zusammenzusinken begann. Die trockenen Blumen flammten hoch auf und blieben dann als ein Haeuflein dunkler Asche auf den gluehenden Kohlen liegen. Sie presste die Haende auf ihr Herz und sah starr diesem Zerstoerungswerk zu. Dann nahm sie den ganzen uebrigen Inhalt der Cassette, ebenfalls kleine Bouquets, mehr oder weniger verwelkt, verschiedene andere Cotillongeschenke und warf Alles in die Gluth, welche einen Augenblick aufflackernd, mit hellem Schein das Zimmer erhellte. "Die Vergangenheit ist vorbei," sagte sie schmerzlich, "meine Zukunft wird wie diese Kohlen mehr und mehr Licht und Waerme verlieren, bis endlich Alles in todte Asche zusammensinkt. Oh, koennte ich mein Herz ebe$ durchzusetzen, ein Bestreben, in welchem sie durch die Indolenz der Massen wesentlich unterstuetzt werden moechte. "Eure Majestaet werden es gewiss billigen, dass wir auf die energischste Weise den Praefecten aufgetragen haben, vor allen Dingen besonders in den laendlichen Kreisen gegen die Enthaltung von der Abstimmung zu wirken." "Gewiss, gewiss," sagte der Kaiser wie zerstreut, "man muss alle Mittel anwenden, um diesen Herren von der Opposition zu zeigen, dass das Volk von Frankreich sie verwirft und fest hinter mir steht,--doch," fuhr er fort, "wie ist es mit Daru und Buffet? Bestehen sie darauf, dass die Kammern zunaechst ueber das Plebiscit befragt werden und werden sie daraus eine Cabinetsfrage machen?" "Ich glaube, Sire," sagte Herr Ollivier, "dass meine beiden Kollegen sehr geneigt sind, sich darueber zu verstaendigen; sie wollen gern ihre Kraefte unter dem liberalen Kaiserreich und unter Eurer Majestaet erleuchteter und ruhmvoller Fuehrung dem Wohle Frankreichs widmen. Indess halten sie es fuer unmo$ cheinende Zimmer, ohne dessen Thuer zu verschliessen und gingen vor dem aeussern Thor des Hauses nach verschiedenen Richtungen auseinander. Einige Augenblicke blieb der grosse dunkle Raum im tiefen Schweigen, dann liess sich ein leises Geraeusch vernehmen;--unter dem Tisch, an welchem die vier Verschwoerer so eben gesessen hatten, drang ein Lichtstrahl hervor, eines der Bretter des Fussbodens erhob sich, aus der Oeffnung stieg ein Mann mit einer kleinen Blendlaterne hervor. Er leuchtete mit dem hellen Strahl seiner Laterne nach allen Seiten in die Tiefe des Zimmers hinein, dann drueckte er das erhobene Brett sorgfaeltig in seine alte Stelle zurueck, scharrte etwas von dem auf dem Boden liegenden Staub in die Spalten, zog dann mehrere sauber gearbeitete Schluesselhaken aus der Tasche und oeffnete die Schublade des Tisches. Er nahm eine der Bomben und steckte sie in seine Tasche, dann zog er ein kleines Notizbuch hervor und schrieb beim Schein seiner Laterne einige Worte in dasselbe, indem er vor sich hinfluest$ Luise Challier in dem Wohnzimmer des alten Hauses in St. Dizier. Traurige Wochen und Monate waren verflossen, seit ihr Geliebter sie voll freudiger Hoffnung und Zuversicht verlassen hatte. So schwer auch der Abschied von ihm sie erschüttert hatte, so hatte sie doch in den ersten Tagen glücklich und froh seiner gedacht; sie hatte die Tage gezählt, welche er zu seiner Reise bedurfte, sie hatte ausgerechnet, wie lange ein Brief von Hannover gehen müsse, um zu ihr zu gelangen und hatte nach Verlauf dieser Zeit mit zweifelloser Gewißheit, ungeduldig die Augenblicke zählend, einer Nachricht von ihrem Geliebten entgegengesehen. Als ein Tag nach dem andern vergangen war, ohne daß eine solche Nachricht eintraf, hatte sie dann alle Möglichkeiten der Verzögerung sich klar gemacht, sie hatte auch wohl mit einem leichten Gefühl von Traurigkeit sich oft gesagt, daß der junge Mann unter dem Eindruck der Rückkehr in seine alte Heimath erfüllt von den lebhaften Gefühlen des Wiedersehens seiner Mutter gezögert habe, ihr zu sc$ eder empor und sagte. "So weit wie die Dinge jetzt gekommen sind, darf uns keine fehlgeschlagene Erwartung erschüttern. Das Schicksal will den Entscheidungskampf, und wir müssen mit festem und ungebeugtem Muth in denselben eintreten. Die Geschichte unseres Landes lehrt uns, daß die eigene Kraft Frankreichs die beste und kräftigste Bürgschaft für unseren Erfolg ist. Wir haben," fügte er mit erhobener Stimme hinzu, "öfter durch unsere Siege Bundesgenossen gefunden, als durch unsere Bundesgenossen Siege erfochten. Der Gegenstand, über den wir soeben sprachen, ist durch diese Mittheilung erledigt," fuhr er fort, indem er einen vor ihm liegenden, ganz mit seiner kleinen zierlichen Handschrift beschriebenen Bogen zusammenfaltete. "Da ganz Deutschland es für gut findet, sich unter die Führung und Botmäßigkeit Preußens zu stellen, so haben wir nicht nöthig, uns für die Ausnutzung unseres Sieges Schranken aufzulegen. Die Proclamation, von der wir sprachen, ist überflüssig geworden. Frankreich wird sich die volle Freih$ uhr er fort, "das Opfer eines Dolches, eines Revolvers oder einer Bombe werden, so werden Sie unverzueglich die ganze Garnison von Paris unter die Waffen treten lassen, meinen Sohn zum Kaiser proclamiren und die Truppen ihm und der Regentin den Eid der Treue schwoeren lassen. Sie werden jeden Versuch einer Bewegung in der Hauptstadt mit ruecksichtsloser Strenge niederwerfen und die Regierung genau so fortfuehren, als ob sich Nichts geaendert habe--Nichts," fuegte er mit einem Anklang leiser Wehmuth hinzu, "als dass neben dem Namen des Kaisers eine IV statt einer III steht. Besprechen Sie mir das, geben Sie mir Ihr Wort darauf." Er streckte Ollivier mit einer Bewegung voll Hoheit und liebenswuerdiger Herzlichkeit zugleich die Hand hin. "Ich schwoere es Eurer Majestaet," rief Ollivier mit einer von innerer Bewegung erstickten Stimme, indem er seine Hand in die des Kaisers "So haben wir Vorsorge getroffen," sprach Napoleon im ruhigen, heiteren Ton weiter, "fuer den Fall eines ungluecklichen Verhaengnisses, jetzt$ ie Beruhigung Europa's von Neuem in Frage stellt. Ich bitte, Eure Majestaet, aus der Erklaerung, welche den Kammern gegeben werden soll, jede provocirende und verletzende Aeusserung gegen Preussen fern halten zu lassen, damit ein fuer allemal alle Auseinandersetzungen ueber den Gegenstand aufhoeren. Graf Bismarck," fuhr er fort, "hat bis jetzt alle Conflikte zu vermeiden gesucht, einen guenstigeren Kriegsfall als in diesem Augenblick koennte er aber kaum finden, und man muss ihn nicht in die Versuchung fuehren, durch einen grossen Aufschwung des Nationalgefuehls aus der Waffenbruederschaft aller deutschen Staaten ein neues deutsches Reich zusammen zu schmieden." Der Kaiser laechelte. "Seien Sie ganz ruhig, mein lieber Fuerst," sagte er, "ich habe Gramont den Auftrag ertheilt, mit Ollivier eine definitive Erklaerung ueber die Beendigung der ganzen Sache an die Kammer zu redigiren, und morgen um diese Stunde wird jede Besorgniss fuer die Stoerung des Friedens verschwunden sein." Fuerst Metternich stand auf. "Ic$ tz und erhob zum letzten Gruss die Hand. Jetzt zum ersten Mal wurde das ernste, feierliche Schweigen gebrochen, wie ein einziger Ruf, weithin brausend in gewaltigen Klaengen die Luft erschuetternd, erhob sich ein dreimal wiederholtes Hurrah. Es war als ob wie aus einem Munde, vom gleichen Pulsschlag bewegt, das Volk den scheidenden Koenig begruesste. Dann trat abermals tiefe Stille ein. Der Koenig winkte noch einmal mit der Hand, gab der Koenigin den Arm und wandte sich nach dem Wartesaal hin. Da fiel sein Auge auf einen jungen Officier mit blassem Gesicht, welcher in einem kleinen Rollwagen auf die Rampe gefahren war und mit leuchtenden Blicken den koeniglichen Kriegsherrn ansah, waehrend er die in unwillkuerlicher Bewegung erhobenen Haende gegen ihn ausstreckte. Der Koenig blieb einen Augenblick stehen, dann schritt er rasch auf den jungen Mann zu und reichte ihm die Hand, dieser aber fasste sie mit seinen beiden Haenden und fuehrte sie an die Lippen, indem Thraenen aus seinen Augen stuerzten. Dann fasste e$ rlichen Regimenter. Schweigend ritt er die Front ab, schweigend liess er die Truppen an sich vorbei defiliren und immer schweigend wandte er nach kurzem Gruss, den Hut erhebend, sein Pferd, um nach der Stadt zurueckzureiten. Noch einmal brauste das vive l'empereur donnernd durch das Lager hin, die Strahlen der Sonne funkelten auf allen diesen Waffenspitzen, auf allen diesen Gold schimmernden Uniformen des Generalstabes, an dessen Spitze der Kaiser gebeugt auf seinem Pferde sitzend, im langsamen Schritt nach der Stadt zurueckritt, waehrend der kaiserliche Prinz ungeduldig sein Pferd zuegelte, um an der Seite seines Vaters zu bleiben. Ueberall gruessten erneute Hochrufe und die Klaenge der Musikkorps, welche partant pour la Syrie und die Marseillaise spielten. Der Kaiser schien von Allem dem nichts zu hoeren und zu sehen. Ausdruckslos starrten seine Augen in's Leere und leise die Lippen bewegend, sprach er: "Ave, Caesar, morituri te salutant!" Ende des dritten Bandes. Der Bankerott. Eine gesellschaftliche Tra$ g bewaffnete er die Banditen Europa's. ADELGUNDE. O Grauen! DER DOCTOR. Ich fürchte, es kostet ihm nicht blos das Vermögen, sondern auch die Freiheit. ADELGUNDE. Mein Vater in den Thurm! DER DOCTOR. Vielleicht mit Ketten an Händen und Füßen! Sein Versehen ist politischerseits unverzeihlich . . . Und welche Zukunft erwächst daraus für uns! Wir treten in eine harte Ehe . . . Ach! ADELGUNDE. Unter diesen traurigen Umständen haben Sie noch Lust--Nimmermehr! DER DOCTOR. Ein Ehrenmann hält Wort. ADELGUNDE. Verdoppeln Sie Ihr Unglück nicht. Ich gebe Ihnen den Ring DER DOCTOR (drohend). Fräulein! ADELGUNDE. Die Erwerbung Ihres eigenen Unterhalts wird Ihnen schon sauer genug fallen. DER DOCTOR. Sie hegen eine geringe Meinung von mir. ADELGUNDE. Unsere Zeit ist in allen Bethätigungen mit überflüssigen Kräften erfüllt und bei dem Mangel großer volksthümlicher Unternehmungen, einer sittlich entnervenden Concurrenz verfallen, die dem an Anstrengungen von Jugend auf Gewöhntesten, fast aller Orten das Leben zur Plage macht.$ sie den Beginn des Feuerwerks. VATER ZIEMENS. Unser Herr giebt heute ein Fest? FRAU ZIEMENS. Zu Deinen Ohren drang noch nichts davon? VATER ZIEMENS. Keine Sylbe, Muetterchen. FRAU ZIEMENS. Ich erfuhr's auch nur zufaellig durch des Kuchenbaeckers Frau. Nach ihrer Beschreibung sollen alle Herrschaften aus Stadt und Umgegend versammelt und ein Aufwand entwickelt sein, der an's Unbeschreibliche grenzt! Da sind die Kuechenmeister durch die Eisenbahn bis von Paris geholt. Die Kellner muessen in schwarzem Frack und weisser Atlasweste aufwarten. Saemmtliche Tafelgeschirre bestehen theils aus Meissner und Sevre'schen Kunstporzellan, theils aus gediegenem Silber und Golde. Die seltensten Weine, Voegel, Fische, Schildkroeten, Krebse, Gemuese und Fruechte der ganzen Welt lieferte ein Pariser Leckerbissenhaendler. Endlich, alle vorzueglichsten Trompeter, Geiger und Schauspielsaenger, von hier und den Nachbarstaedten wurden zu einem Chore vereinigt. Was sagst VATER ZIEMENS. So ist's recht; wer viel hat, soll viel draufgehe$ lasse . . . QUESTENBERG. Nicht heute--ein andermal. BLASHAMMER. Ist Deine Krankheit unerbittlich. QUESTENBERG. Ich leide grenzenlos und habe noch ein Geschaeft, zu dem ich die Huelfe des Sohnes beanspruchen muss. DER DOCTOR. Bin dabei. QUESTENBERG (vorwurfsvoll). Dir wird's schwer fallen!--Ich wuensche denn beiderseits Lebewohl. BLASHAMMER. Glueckliche Besserung. DER DOCTOR (Adelgunden die Hand kuessend). Theures Fraeulein, einen Kuss fuer tausend . . . Adieu . . . Auf baldiges Wiedersehen . . . Adieu! (Die beiden Partieen mit Complimenten nach verschiedenen Seiten ab.) Abtheilung II. Aermlicher Garten an der Huette des Vater Ziemens. Seitwaerts eine Strasse. Vierte Scene. FRAU ZIEMENS. VATER ZIEMENS. FRAU ZIEMENS (hastig von der Strasse). Vaeterchen, Vaeterchen! Bist Du da? Schnell heraus, eine schreckliche Maehr! VATER ZIEMENS. Pst, leise--Marie schlaeft. FRAU ZIEMENS. Im Park soll sich ein Arbeiter erschossen haben.--Sieh'st Du wie lebendig die Strasse wird? Alle Welt geraeth in schaudernde Bewegung. Such'$ zu erdulden gehabt habe, die Organisation noch nicht angetastet worden sei, weil man es einfach nicht könne. Mit einer Organisation, wie sie der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein habe, würden wir längst zugrunde gerichtet worden sein. Habe die Polizei das Urteil des Obertribunals auf den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein nicht angewandt, so kennzeichne das mehr als alles andere das gute Einvernehmen des Chefs des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins mit der preußischen Polizei. Wir hätten uns einer solchen Gönnerschaft nicht zu erfreuen, wollten sie auch nicht haben, müßten also unsere Organisation so einrichten, daß sie gegen polizeiliche Uebergriffe sicher sei. Die Form sei übrigens für uns Nebensache, die Hauptsache sei das Prinzip und seine Anwendung. Wir gehörten nicht zu denen, die als Orthodoxe die äußere Form über die Sache setzten, wir hielten die Organisation keineswegs für unverbesserlich. Jedes Mitglied der Partei könne seinen Einfluß für Aenderung derselben gel$ hen Ländern nach verbüßter Strafe ausgesprochen. Die übrigen Angeklagten wurden zu geringeren Strafen verurteilt. Ein Hauptanklagepunkt war die Beteiligung am Eisenacher Kongreß (Oberwinder und Scheu) und die Anerkennung des Eisenacher Programms, das nur durch Gewalt durchgesetzt werden könne. An der Hatz, die jetzt gegen uns seitens fast der gesamten Presse wegen unseres Verhaltens im Reichstag inszeniert wurde, beteiligte sich der "Sozialdemokrat" in hervorragendem Maße, der uns "Landesverräter" und ähnliche schöne Titel anhängte. Damit nicht genug, sandte Schweitzer verschiedene seiner Agitatoren nach Leipzig, die dort die Massen gegen uns aufhetzen sollten. Zunächst kam Hasenclever, dessen Versammlung durch ein Plakat angekündigt wurde, in dem es hieß: "Sämtliche Arbeiter, Bürger und Bewohner der Stadt werden zu dieser Versammlung freundlichst eingeladen. Während unsere Truppen im Felde stehen, scheint eine öffentliche Kundgebung des echt deutschen Sinnes unserer Einwohnerschaft einzelnen undeutschen Elem$ enstbotenordnung verlangt und den Parteigenossen, die mit religiösen Ueberzeugungen gebrochen hätten, der Austritt aus der Landeskirche empfohlen.-- Am 1. Februar 1872 trat Vahlteich seine Festungshaft in Hubertusburg an; später folgte ihm Karl Hirsch. Mittlerweile wurden aber auch die übrigen Gefängnisse mit verurteilten Sozialdemokraten besetzt. Einzelne Genossen waren mit sehr harten Gefängnisstrafen bedacht worden. Der Leipziger Hochverratsprozeß. Bei der Eröffnungsfeier des ersten deutschen Reichstags am 23. März 1871 im sogenannten Weißen Saale des königlichen Schlosses zu Berlin trat Fürst Bismarck an den Abgeordneten v. Schwarze heran mit den Worten: "Nun, Herr Generalstaatsanwalt, was wird denn aus dem Prozeß Bebel und Genossen?" Der Angeredete zuckte die Achseln und erwiderte: "Gar nichts wird.", worauf Bismarck unwillig antwortete: "Dann hätte man die Leute auch nicht einstecken sollen; jetzt fällt das Odium des Prozesses auf uns." Wenige Augenblicke nach jenem Vorgang wandte sich der sächsische Fi$ kleinen Schleier mit einem Streifchen Silberpapier um den Kopf, Jagomir einen großen braunen oder grauen Hut mit einer roten Feder, der Kanzler einen schwarzen Zylinder. Natürlich wird all das aus Papier gemacht. Die Kleider könnt ihr euch selbst ausdenken, jeder Flicken ist dazu brauchbar. Wenn ihr das Stück aufführen wollt, ist es am bequemsten, ihr spannt irgendeine Decke oder ein Tuch in einen offenen Türrahmen, und zwar so hoch, daß ihr bequem mit den Händen hinauflangen könnt; eure Köpfe dürfen natürlich ebenso wenig zu sehen sein wie eure Füße. Einen Vorhang braucht man nicht; die Puppen verschwinden einfach hinter dem Tuch und kommen auch wieder so zum Vorschein. Jedes Kind kann zwei Puppen spielen, mit jeder Hand eine; bei einer muß es dann seine Stimme etwas verstellen. So, nun versucht mal euer Heil! Es wird euch viel Spaß machen; und den Zuschauern auch. König Pflaumenmus. Prinzessin Pumpfia. Der Kanzler. Der Räuber Jagomir. ERSTE SZENE. Der König tritt auf, vom Kanzler begleitet. Der Sommerabend $ ondern--aus--andern Gründen, liebe Frau Cromwell," fuhr die Pastorin in warmem Tone fort. "Nennen Sie mich doch wie früher, Theonie, ich bitte--" fiel Theonie ein. Der schwermütige Zug in ihrem Gesicht verschwand, und ihr eigentliches Antlitz durchstrahlt von Güte und Menschlichkeit, kam zum Vorschein. Und "Ja, bitte--Sie wollten sagen?" schloß sie. "Hier!" entgegnen die Pastorin entschlossen und zog aus der Tasche ihres Kleides einen Brief hervor. "Dies fanden wir heut' mittag in meines Mannes Briefkasten. Lesen Sie! Ich hatte keine Ruhe! Ich trieb meinen guten Höppner, gleich anspannen zu lassen und mit mir Sie aufzusuchen." Theonie nahm das Schreiben aus der Pastorin Hand und las: 'Da Sie die junge, gnädige Frau auf Falsterhof lieben und ihr wohlwollen, so helfen Sie und Ihre Frau mit Ihrem Einfluß, Herr Pastor, daß der Schurke, der sich bei ihr aufhält, daß Tankred von Brecken bald das Herrenhaus verläßt. Bleibt er, so geschieht etwas Schreckliches. Das schreibt einer, der ihm nach seinen Beobachtungen da$ gemale seinen Worten entgegentrat. Freilich geschah das nicht in Formen, die es auch für die übrigen erkennbar machten, daß sie ihn zu brüskieren trachte, aber Tankred mit seinem scharfen Spürsinn wußte, daß sie sich gegen ihn auflehnte, und er in ihr eine Gegnerin zu besiegen habe. Indessen schien sie auf Grete keinen Einfluß auszuüben. Tankred bemerkte sogar einmal, daß etwas von widerspenstigem Trotz in Gretes Augen aufblitzte. Das freute ihn, obgleich ihn die Unendlichkeit ihrer Blicke fast erschreckte. In der Seele dieses Mädchens war nichts Nachgiebiges, sie ging ihren eigenen Weg, und sicher gehörte sie nicht zu den vielen sanftmütig sich unterordnenden, auf eine eigene Meinung verzichtenden jungen Geschöpfen, die mit blindem Idealismus in die Ehe gingen und sich den später eintretenden Enttäuschungen geduldig fügten. Nach eingenommenem Kaffee mußte Tankred die Malereien der Frau des Hauses, die nicht ohne Talent ausgeführt waren, in Augenschein nehmen; man sprach mit Interesse und Verständnis über Pol$ in unserem Kreise sind alle Arten vertreten. Pastor Höppner kann überhaupt nicht hassen. Deshalb ist er auch kein Mann. Seine Frau ist ohne Ansehen der Persönlichkeit gütig und menschenfreundlich, aber sie unterscheidet im Gegensatz zu ihm und tritt dem Schlechten energisch entgegen. Grete vermag--ihre Person ausgenommen, die sie über alles liebt--weder zu lieben noch zu hassen! Ihr Mann liebt keine menschliche Seele auf der Welt, haßt aber jeden, der ihm irgendwie in den Weg tritt,--und--Sie--Sie, Herr Hederich--" "Nun, Fräulein Carin?--" forschte Hederich gespannt, und sein gutes Auge ging unruhig hin und her. "Ja, Sie sind ein Kind und ein Mann zugleich! Sie haben einen klaren Verstand, ein goldenes Herz und besitzen eine treue Seele." "Na--na--na!--Es ist schon zu viel Schönes, Fräulein Carin, aber--drum und dran,--daß Sie das sagen, das--das--ist mir mehr wert als--als--" sagte er weich betonend, und seine Stimme zitterte. "Ach, Sie lieber Mensch!--" unterbrach das Mädchen den Mann, sah ihm mit einem see$ ünglingsjahren war mit Bewußtsein kein unwahres Wort über seine Lippen gekommen. Aber das war die Folge solcher Verhältnisse. Immer ungemütlicher wurde es in Holzwerder, und Hederich sah noch weit Schlimmeres herannahen. Während er, so nachdenkend, dasaß und aus der Pfeife die Rauchwolken herausblies,--fast ein Stündchen mochte vergangen sein,--hörte er auf dem kleinen Hausflur die Klingel gehen, und gleich darauf vernahm er Peter, den Diener, und seine Haushälterin Worte wechseln. "Na, was giebt's?" rief Hederich die Thür öffnend. "Haben Sie eine Bestellung an mich, Peter?" Der Diener nickte verlegen, dann trat er näher. "Von Herrn von Brecken soll ich bestellen, die gnädige Frau von oben ließe um das Packet Handschuhe bitten, und die gnädige Frau von oben--sie faßte mich ab, als ich gerade weggehen wollte--läßt fragen, ob Sie noch kommen thäten, Herr Verwalter. Sie haben mir beide gesagt, ich soll nichts sagen--ich meine, ich soll nichts an die oben und nichts an die unten von meiner Bestellung an Sie erzäh$ ht gelassen, da er zudem ein Fälscher sei, der sich als solcher in den Besitz des Gutes gesetzt habe, so beantrage sie die Aberkennung aller Rechte, die er sich angemaßt Ja, das konnte gehen! Wie ein flammend aufhellender Blitz zog's durch das Gehirn der Frau.--Wen hatte sie zu gewinnen, um ihr Vorhaben ins Werk zu setzen? Die Menschen im Hause und einen als Inspektor fungierenden Großknecht, der schon in früheren Zeiten auf Holzwerder beschäftigt gewesen. Und das konnte nicht fehlen! Wenigstens wollte sie den Versuch machen! Hederich sollte ihr helfen! Unter solchen Gedanken bestieg sie, nachdem mit Hülfe des Kutschers alles aufgepackt war, den Wagen und fuhr, den Hauptweg zunächst vermeidend, mit dem Kinde in raschem Trabe Klementinenhof zu. * * * * * Es war am kommenden Tage bald nach der Tischzeit, als sich Frau von Tressen zu dem verschobenen Besuch bei Theonie auf den Weg machte. Der Kleine war inzwischen in Klementinenhof untergebracht, und Herr von Tressen von allem unte$ ir mit Ruhe abwarten, was geschieht. Morgen hat er bereits den Brief. Von übermorgen ab können wir uns auf seinen Besuch gefaßt machen. Aber alle Leute sind genau instruiert; auf den Hof wird man ihn, kommt er durch das Thor, nicht lassen, und tritt er durch den Park ins Haus, so werden ihm unsere Dienstboten die erforderlichen Erklärungen geben. Aber passe auf, er wird nichts gegen uns unternehmen." "Wer weiß!" fiel Herr von Tressen ein. "Daß er sich nicht in gleicher Weise fügen wird, wie seinerzeit wir es gethan, ist sicher. Ich glaube doch, daß er irgend etwas Gewaltthätiges inszenieren wird." "Gewaltthätiges? Nein! Dazu ist er zu feige. Daß ihm vielleicht solche Gedanken kommen, bezweifle ich nicht, aber Dinge, bei denen es sich um mehr handelt, als um schiefe Gesichter, faßt er nicht an. Wohl aber halte ich es für möglich, daß er sich einmal wieder an Theonie heranmacht, klagt und lamentiert und ohne Rücksicht auf alles Vorgefallene eine seiner Komödien in Szene setzt. Da fällt mir ein: ich will Theonie$ weisung auf ihn, die ich verwerten kann. Ich habe nicht gern mit ihm zu thun. Er ist mir sehr unsympathisch." Diese Worte reizten nun auch Theonie, und sehr rauh und mit einem starken Anhauch von Bevormundung gab sie, zugleich durch ihre Mienen zeigend, dass sie sich durch seinen Einwand durchaus nicht beirren lasse, "Es muss aber doch so bleiben! Einige kleine Unbequemlichkeiten musst Du schon mit in den Kauf nehmen, wenn Du Geld empfangen willst." Aber sie bereute sogleich, was sie gesprochen. In dem Antlitz des Menschen, der ihr gegenueber stand, erschien ein furchtbarer Ausdruck. Wut, Rachsucht, Totschlag standen in seinem Gesicht geschrieben, und ein zaehneknirschendes, von funkelnden Blicken begleitetes: "Nein, ich muss nicht und will nicht!" drang wie ein Gewitter aus seinem Munde. "Ich habe Dir alles freundlich und sachlich vorgestellt, ich habe an Deinen Gerechtigkeitssinn und Dein Verwandtschaftsgefuehl, aber auch an Deine Klugheit appelliert, mich nicht wie einen laestigen Habenichts zu behandeln, $ " machte Grete langgezogen, "bitte, sagen Sie mir alles. Ich waere Ihnen wirklich sehr, sehr dankbar, wenn Sie wir den Inhalt des Gespraechs rueckhaltlos mitteilen wollten." "Wie kommen Sie denn mit einemmal auf so was?" schob Hederich, sich in seiner platten Weise ausdrueckend, eigentlich nur um sich zu sammeln, ein. "Haben Sie Unannehmlichkeiten mit ihr gehabt--?" Grete schuettelte den Kopf. "Nein, durchaus nicht! Aber Mama hat in diesen Tagen die Zukunft mit mir besprochen, und ich habe dann mit meinen Verlobten geredet, und da--da--fuerchte ich doch, dass sich noch allerlei Schwierigkeiten herausstellen werden. Ich moechte nun gern wissen, worauf sich bei den Eltern die Sache vorzugsweise zuspitzt. Also bitte, erzaehlen Sie." Aber Hederich that nicht gleich, was sie verlangte. Er fasste die Hand des schoenen, jungen Geschoepfes, das er einst auf den Knieen gewiegt, und das die Arme so oft zaertlich um seinen Hals geschlungen hatte, und "Hoeren Sie, liebe Grete--liebes Fraeulein Grete. Ich moechte Sie, bev$ e mich fast boshaft auf gegen alles, was sich mir entgegenstellt. Ja, boshaft, Hederich! Ich fuehle Befriedigung darin, jemandem weh zu thun. So war's mit Carin. Es brannte in mir, ihr Unangenehmes zu sagen, ich wollte mich auch von ihren stets vigilierenden Augen befreien. Und als sie fort war, sehnte ich mich zwar nicht nach ihr, ein Beweis,--dass ich sie wohl doch nicht so geliebt habe, wie ich glaubte,--aber ich schaemte mich meiner Herzlosigkeit. Was wohl noch einmal aus mir wird! Ich aengstige mich bisweilen.--Ich glaube--ich glaube--" "Nun?" setzte Hederich, weich sprechend, an. Das Maedchen richtete sich hoeher empor, sah Hederich fest in die Augen und sagte, die Stimme daempfend: "Ja, ich glaube eigentlich, dass ich haette einen Mann haben muessen, der wie Pastor Ja-ja viel, sehr viel Herz hat, nicht mir so ganz aehnlich sieht, wie Brecken. Wenn ich allein bin, mache ich Plaene, wie ich doch den Eltern alles zuwenden will,--zwar nicht ganz so, wie sie es meinen, aber doch reichlich--und wenn ich ihn $ sie hersagen sollte. Der Schluss der von Hederich unter vielen Noeten gedichteten Willkommsworte "Es wechselt Kaelte, Sonnenschein und Regen! Der Landmann braucht's, Ihm ist's ein Segen, Wenn's auch mal kalt und nass vom Himmel stroemt! Durch Eure Herzen aber moege strahlen Nur warmer, goldener Sonnenschein und malen Auf Eure Wangen Lust und Froehlichkeit! Das wuenschen alle, die hier sind vereinet, Und seht, ein jedes Auge weinet Vor Freud', dass Ihr zurueckgekehret seid!" Gluecklicherweise war's ein herrlicher Tag. Alles glaenzte, umflutet von der Sonne. Der Hof und der Vorgarten prangten in Ordnung und Sauberkeit, die Blumen in letzterem leuchteten in lebhaften Farben, der Himmel war klar und blau, und die am Morgen besprengten Gebuesche trugen noch silberfunkelnde Spuren des erfrischenden Bades. Auch waren die Wege neu aufgeschuettet, und von der Spitze des Daches flatterte eine Fahne in den Tressenschen Farben. Und alles vollzog sich, wie gehofft und erwartet war. Sichtlich bewegt uma$ ochondrische Leute, die nichts zu thun haben, kommen auf tausend ueberfluessige Geschichten. Da faellt mir ein: es scheint ja wahrhaftig etwas zwischen Streckwitz und Theonie zu werden. Frau von Buelow behauptete, sie seien sogar schon verlobt. Wir muessen Hederich fragen. Uebrigens moechte ich wohl wissen, ob der gestern noch bei ihnen oben gewesen ist. Die Sache ist klar. Er wollte keine Handschuhe abgeben, sondern sie wollten nur zusammen hocken, um ueber uns zu Gericht zu sitzen. Und das ist doch kein richtiges Verhaeltnis, Grete. Sie intriguieren fortwaehrend gegen uns, und der alte Schwaeger traegt die Neuigkeiten von Haus zu Haus, nach Breckendorf, nach Falsterhof und nach Elsterhausen. Insofern waere es allerdings, um einmal den Fall ernstlich ins Auge zu fassen, gar nicht vom Uebel, wenn die Eltern fort zoegen. Streckwitz's Besitz koennten sie ja pachten. Papa scheint sehr davon eingenommen zu sein." Tankred hatte bei den letzten Saetzen, die ihm durch die Gelegenheit aufgedraengt waren, Grete genau $ en gegenuebertretenden Frau, weshalb er unverrichteter Sache zurueckkehre. "Die Zeit muss es klaeren, und wenn nicht, nun dann war's abermals eine Hoffnung weniger!" stiess sie in einem teilnahmlosen Ton heraus und bueckte sich ueber ihre Handarbeit. "Was sagst Du? Du bist so sonderbar!" forschte Tankred mit einem Anflug von Ungeduld. Ihn aergerte ihr Wesen. "War Mama unten?" "Sprachst Du niemanden?" "Ich verstehe Dich nicht--" Tankred fuehlte, dass seine Frau auswich. Man hatte wieder auf sie eingewirkt, und er wollte, sie sollte sprechen. In seiner reizbaren Stimmung kehrte sich sein Zorn gegen sie. "Hederich war hier! Er sagte es mir doch--" setzte er, seine Voraussetzung als Thatsache hinstellend, an. Die Frau erhob das Haupt und sah ihren Mann finster an. "Er sagte es Dir? Du sprichst die Unwahrheit, Tankred! Oft thust Du "Oft thue ich das? Was soll das heissen? Was hast Du ueberhaupt? Du bist so vorwurfsvoll-sentimental. Wer hat Dich beeinflusst? Sprich!" "Ach Tankred--" ging's aus dem Munde der Frau. E$ llte, die ihm immer von neuem zufluesterte: Thu's, und Du wirst Besitzer von Falsterhof! Thu's, und Du wirst Eigentuemer einer halben Million! Und wenn er sich dies ausmalte, ergriff ihn eine so wahnsinnige Gier, dass die Schwierigkeiten, die zu ueberwinden waren, ihm wie ein Nichts erschienen, und die That und deren Folgen ihm nicht anders duenkten, als alles, was die Tageswelle sonst an den Strand wirft. Aber wenn dann wieder zu anderer Zeit das Wort Totschlag in seinem Innern austoente, und seine Phantasie sich zu regen begann, dann nahmen statt solcher gefaelligen Vorstellungen Angst, Furcht und Grauen von ihm Besitz, und die Feigheit--nicht seine bessere Natur, weil sie ueberhaupt keine Stimme in ihm besass--riss ihn zurueck und stuerzte alle Plaene ueber den Haufen. Und wiederum, wenn am Morgen Feigheit und Nuechternheit geredet und das Wort behalten hatten, fand um mittag die Habgier sich schon wieder ein und fluesterte, und ihre Stimme wuchs, und sie sprach so lange, bis der Mann sich abermals da fand$ sie groß und schräge am Himmel, setzte die Wipfel der Bäume in Glut und goß ihren gelbrötlichen Glanz über den Garten hin. Und inmitten dieser goldigen Verklärung, die gewaltige Gloriole der Sonnenscheibe zu Häupten, stand hochaufgerichtet im Wege eine üppige, ganz in Rot, Gold und Schottisch gekleidete Person, die ihre Rechte in die schwellende Hüfte stemmte und mit der Linken ein grazil geformtes Wägelchen leicht vor sich hin und her bewegte. In diesem Wägelchen aber saß das Kind, saß Anton Klöterjahn der Jüngere, saß Gabriele Eckhofs dicker Sohn! Er saß, bekleidet mit einer weißen Flausjacke und einem großen weißen Hut, pausbäckig, prächtig und wohlgeraten in den Kissen, und sein Blick begegnete lustig und unbeirrbar demjenigen Herrn Spinells. Der Romancier war im Begriffe, sich aufzuraffen, er war ein Mann, er hätte die Kraft besessen, an dieser unerwarteten, in Glanz getauchten Erscheinung vorüberzuschreiten und seinen Spaziergang fortzusetzen. Da aber geschah das Gräßliche, daß Anton Klöterjahn zu lache$ 2 saure Gurke " 0,05 20 g Speck oder Fett " 0,02-3/4 20 g Zwiebeln " 0,00-1/2 20 g Mehl " 0,00-3/4 1 Gewürzdosis gestoßen " 0,00-1/2 1/2 l Wasser 1 Tropfen Speisefarbe " 0,00-1/4 5 g Zucker " 0,00-1/4 5 g Salz \ 1 Teel. Essig / " 0,00-1/4 M 0,25-1/4 _Vorbereitung_: Das Fleisch wird in saubere gleichmäßige Stücke geschnitten, die Gurke gewürfelt, die Zwiebel gerieben. _Zuebereitung_: In irdenem Topfe schwitzt man Speck oder Fett mit Zwiebel und Mehl gelb, füllt unter Rühren nach und nach das mit der Zuckerfarbe gefärbte Wasser dazu, ebenso die Gewürzdosis, läßt die Sauce dick kochen, schmeckt sie mit Salz, Zucker, Essig ab, schmort die Gurkenwürfel darin durch, fügt das Fleisch, das aber nur darin heiß werden und nicht kochen darf, dazu und richtet sogleich an. FLEISCHHACHÉ MIT REIS. 200 g gekochtes Fleisch M 0,40 50 g Reis " 0,03 1/4 l Brühe " 0,20 1$ nd länger kochen. Gericht für den Selbstkocher. HAMMELFLEISCH, GESCHNITTEN, MIT REIS. 65 g mageres Hammelfleisch M 0,13 20 g Zwiebeln " 0,00-1/2 15 g Fett " 0,01-3/4 15 g Sellerie " 0,00-1/2 125 g Reis " 0,07-1/2 1 Prise Pfeffer und Salz " 0,00-1/4 1/2 l Wasser. M 0,23-1/2 _Vorbereitung_: Das Fleisch wird gewaschen und in gleichmäßige 2 cm große Stücke geschnitten, die Zwiebel gewiegt, der Sellerie geputzt, der Reis sauber gewaschen. _Zubereitung_: Fleischwürfel und Zwiebel werden im Fett gelb gebraten, mit Pfeffer und Salz gewürzt; dazu fügt man Sellerie, Reis und Wasser und läßt alles zusammen langsam weichkochen, schmeckt aber vor dem Anrichten noch mit Salz ab. Gericht für den Selbstkocher. HAMMELFLEISCH MIT KOHLRÜBEN UND KARTOFFELN. 200 g Hammelfleisch M 0,32 3/4 l Wasser \ 8 g Salz / " 0,00-1/4 3/4 kg (1/2 Pfd.) Kohlrüben " 0,7-1/2 1-1/2 l Wasser zum Abwellen 250 g $ uehe verkocht zum Gericht getan und gruendlich damit durchgeschuettelt. Ehe es angerichtet wird, schmeckt man mit Pfeffer und Salz ab. Gericht fuer den Selbstkocher. HAMMEL- ODER KALBSGEKROeSE. (VORRAT.) 1 Gekroese M 0,75 1 Gewuerzdosis " 0,00-1/2 100 g Salz " 0,02 50 g Zwiebeln " 0,01-1/2 40 g Fett oder Margarine " 0,06-1/2 40 g Mehl " 0,01-1/2 1 Prise Safran " 0,03 1 Essl. Petersilie " 0,05 1 Prise Pfeffer " 0,00-1/4 M 0,95-1/4 _Vorbereitung_: Das Gekroese besteht aus dem Magen und dem Netz mit den krausen Gedaermen. Nur vom frisch geschlachteten Tiere sollte es verwendet werden. Es wird mit warmem Wasser oft uebergossen und in kaltem Wasser abgespult, dann, von einer Seite angefangen, scharf mit Salz abgerieben, noch 24 Stunden gewaessert und in 4 cm lange Stuecke geschnitten. Die Zwiebeln werden in Scheiben geschnitten. _Zubereitung_: Man fuegt zu dem Gekroese 1 Gewuerzd$ schrift vorbereitet; Fluegel, Hals, Kopf und Pfoten werden abgehauen. Das Darmfett der Gans wird sorgfaeltig von dem anderen Fett getrennt und beides fuer sich eingewaessert. Nachdem die Gans gewaschen und ausgetrocknet ist, wird sie mit Salz ausgerieben. Die nach Belieben geschaelten oder ungeschaelten Aepfel, geschnitten oder wenn sie klein sind ganz, werden mit Zucker und Salz durchgeschwenkt und mit dem abgewaschenen Beifuss in die Gans gefuellt; diese wird zugenaeht und aussen mit Salz eingerieben. _Zubereitung_: Der Ofen wird in her ersten Stunde nicht zu heiss gehalten, die Gans mit 1/2 l kochendem Wasser begossen; Zwiebeln und Gewuerz werden dazugelegt. Die Gans wird unter Begiessen mit dem Wasser 1 Stunde im Ofen behandelt. Man darf in der ersten Stunde weder Farbe noch Bratenduft wahrnehmen; sollte die Temperatur im Ofen sich erhoehen, so deckt man ein Fettpapier ueber die Gans. Sie wird nun soviel eigenes Fett hergegeben haben, dass man sie damit begiessen kann; man fuellt nun von Zeit zu Zeit loef$ rocknete Kirschen M 0,12-1/2 20 g Zucker " 0,01 3 Essl. Wasser 5 g Salz " 0,00-1/4 125 g Reis " 0,07-1/2 1/2 l Wasser zum Abwellen 5 g Margarine " 0,00-3/4 1 Stueckchen Apfelsinenschale " 0,00-1/4 M 0,22-1/4 _Vorbereitung_: Die sauren Kirschen werden gewaschen, abgestielt und nach Belieben entkernt. Getrocknete Kirschen werden nach Vorschrift vorbereitet. _Zubereitung_: Mit Zucker, Apfelsinenschale und 3 Essloeffel Wasser geschmort kommen die Kirschen zum Reis, der wie Wasserreis bereitet REIS MIT KUeRBIS. 1 Stueck Kuerbis fuer M 0,05 1/2 l Wasser zum Abwellen 125 g Reis " 0,07-1/2 5 g Salz " 0,00-1/4 10 g Zucker " 0,00-1/2 2 Essl. Essig " 0,01 5 g Margarine $ ehl " 0,00-3/4 1 Gewuerzdosis " 0,00-1/2 1 Bruehe oder Wasser " 0,10 2 Teel. Mostrich " 0,02 1 Teel. Essig | 1/2 Teel. Zucker | " 0,00-1/4 1 Prise Salz und Pfeffer " 0,00-1/4 2 Tropfen Speisefarbe " 0,00-1/4 M 0,17 _Vorbereitung_: Die Zwiebeln werden gewiegt. _Zubereitung_: Zwiebeln werden in Fett gebraten, dann mit dem Mehl braeunlich geschwitzt, Gewuerz, Fluessigkeit dazugetan und eine glatte Sauce gekocht. Mostrich wird mit Zucker und Essig, sowie mit einigen Loeffeln fertiger Sauce, mit der er sich verbinden muss, verruehrt, dann erst ruehrt man ihn zur ganzen Sauce, mit der er aufkocht. Die Sauce wird durch ein Sieb gestrichen und mit Salz, Pfeffer, Speisefarbe abgeschmeckt, nochmals Diese Mostrichsauce ist zu harten Eiern (Mostricheier) und auch zu Rindfleisch zu verwenden. Verbessern kann man sie durch Zutat von uebriggebliebener Bratensauce. OeLSAUCE FUeR 4 PERSONEN. (Zu Salaten, harten Eiern, kaltem Rindfleisch und Suel$ seinem Regierungsantritt von den Errungenschaften früherer Erzbischöfe schleunigst Gebrauch machte und eine Revision in den Personen des Stadtrates in Bezug auf ihre Gesinnung vornahm, die eine fühlbare Veränderung dieser Instanz hervorrufen mußte. Ludwig Alt traute aber der "linden" Stimmung des jungen Gebieters nicht völlig, immerhin wollte er den Versuch machen, sie zu Gunsten der Stadt, namentlich zur Wiedererlangung der abgenommenen Kriminalgerichtsbarkeit auszunutzen. Vorsichtig brachte Alt hervor: "Wenn wir in schuldiger Ehrfurcht eines vom gnädigen Herrn erbitten dürften, so wäre es, daß das Stadthaupt und der Rat gewissermaßen doch auch noch etwas zu sagen Wolf warf den geistvollen Kopf auf, sein scharfer, geschwinder Sinn hatte im Nu erfaßt, wohinaus der Bürgermeister zielte, doch wollte er die Erkenntnis nicht verraten und fragte daher: "Wie meint Er das?" "Wenn Hochfürstliche Gnaden es huldvoll verstatten wollen: Wir haben nur noch die Exekutive, seit Ew. Gnaden neue Hofratsordnung in Kraft getret$ "Das wird der Übel größtes noch nicht sein. Schlimmer wär' ein Streit mit Bayern und dem Kaiser!" Trotzig rief der hochfahrende Fürst: "Kommt dazu es jemals, stell' ich meinen Mann und werd' das Schwert zu führen wissen. Doch nun genug der leidigen Politik, es giebt schönere Dinge noch auf Erden, und meiner Salome dankbar die Hand zu küssen, will mich ein schönes Ding bedünken." Galant küßte der Fürst die schmale Rechte seiner Herzensdame und geleitete Salome in ihre Gemächer, wo er längere Zeit verblieb. Wochen vergingen. Zur großen und angenehmen Überraschung war Bayern auf den proponierten neuen Vertrag eingegangen und dessen Ratifizierung erfolgt. Wolf Dietrich konnte triumphieren, Bayern hat sich, ohne es zu merken, übervorteilen lassen, und allen Einfluß bei der Steigerung des Salzpreises, mit welcher der Salzburger nun sofort vorging, verloren. Zu spät erkannte man in München den Fehler; der Herzog konnte den Vertrag nicht rückgängig machen, er vermochte nur Anstalten zu treffen, um seinen Salzverschl$ om Dienstkämmerer, der alsdann in einem Nebengemach verschwand, um dem Kaiser Meldung zu erstatten. Rudolf II. in schwarzer spanischer Tracht, saß an einem mit Folianten und Geräten überladenen Tisch, vertieft in das Studium alchymistischer Schriften, das er nebst Astrologie so sehr liebte und darob der Sorgen um das Reich oft vergaß. Kaum hörte der Monarch die leise gesprochenen Worte des Kammerherrn, kaum, daß Rudolf den Kopf hob. Nur als das Wort "Salzburg" fiel, ward der kranke Kaiser aufmerksamer und fragte wie geistesabwesend, wer um Empfang bitte, obwohl der Kämmerling diesbezügliche Meldung eben erstattet hatte. Ehrerbietig sprach der Dienstkämmerer: "Frau von Altenau aus Salzburg bittet Euer Majestät unterthänigst um gnädigen Empfang." Rudolf fuhr mit der zitternden Rechten über die bleiche Stirne und murmelte: "Altenau aus Salzburg--kenn' ich nicht! Salzburg--der widerhaarige Fürst--ja ich weiß--bin müde, führ' er den Bittsteller herein, soll kurz es machen!" Unter tiefer Verbeugung erwiderte der Kä$ itulare nicht minder. * * * * * Wolf Dietrich hatte in mäßigem Tempo die Nacht hindurch den Weg über den Paß Lueg zurückgelegt; im Morgengrauen ritt er vorüber an seiner Burg Hohenwerfen[19], welcher ein wehmutsvoller Blick geweiht ward. Wie glücklich fühlte sich der damals junge Fürst an Salomes Seite auf dieser Feste, und jetzt muß Wolf Dietrich auf Pferdesrücken sein Heil in rascher Flucht suchen! Kalt und starr ragte das Gemäuer aus dem Tannengrün auf, und krächzende Raben flogen über die Burg hinweg. Es fröstelte den Fürsten trotz des anstrengenden Rittes. Die vom Nachtnebel genäßte Reichsstraße führte durch das stille, traumumfangene Dorf Werfen. Kaum daß ein Hund die Kavalkade anbellte, als Hufgeklapper hörbar wurde. Tiefernst ward des flüchtigen Fürsten Blick, als Wolf Dietrich am Friedhof des einsamen Dorfes vorüberritt; dort wird wohl jener Pfarrer begraben liegen, der einst so grimmig wetterte gegen das Verhältnis des Erzbischofes zu Salome. "Ruh' in Frieden!" flüster$ en citiert und musste an den Herzog schreiben, dass Celsissimus Wolf Dietrich, Fuerst und Erzbischof von Salzburg, Primas von Deutschland und Hochfuerstliche Gnaden einwillige in ein Schiedsgericht, so dasselbe gebildet werde aus den durch den Salzstreit beeintraechtigten Reichsstaenden. Als dieses gefaehrliche Schreiben abgegangen, erzaehlte Wolf Dietrich im Hochgefuehle, durch den beissenden Spott den bayerischen Gegner grimmig geaergert zu haben, seinem Freunde Lamberg davon in einer Stunde trauter Zwiesprache und rieb sich vergnuegt die Haende. Graf Lamberg aber zeigte eine geradezu bestuerzte Miene und ernst klangen seine Worte, als er sprach: "Hochfuerstliche Gnaden, das war, submissest sag' ich das in treuer Ergebenheit, ein schlimmer Brief, der den Herzog schwer kraenken, zu einer Gewaltthat reizen muss!" Wolf Dietrich fuhr auf: "Soll er! So viel Kriegsmacht wie der Bayer hab' ich auch, und mein Ehrgott wird ihn zu schlagen wissen!" "Gnaediger Herr! Zum Kriegfuehren gehoert vor allem Geld, und zu viel$ mt, auch für sie zu guten Hoffnungen berechtigt. Was wir von Neuseeland zu berichten haben (nach Hochstetter 482-497) ist noch merkwürdiger. Gegen den Einfluss der Fremden bildete sich eine Nationalpartei unter den Eingeborenen, welche, da sie Gott ebenso nah ständen als die Weissen, mit diesen gleiche soziale und politische Rechte verlangten. 1857 erwählten die Maoris, von diesen Gesichtspunkten ausgehend, einen König, den als Krieger und Redner berühmten Potatau, der sich den zweiten Friedenskönig nach Melchisedek nannte, sich thatkräftige Häuptlinge, so vor allen den Maori William Thompson aus dem Stamm der Ngatihua, als Minister auswählte, und seinen Herrschersitz zu Ngaruawahia, an der Hauptwasserstrasse ins Innere, an den Thoren von Aukland in vortrefflich ausgesuchter Lage nahm. Die Grundprinzipien des Königthums sollten Glaube, Liebe und Gesetzlichkeit sein. Man beschwerte sich bitter über die englische Regierung, welche sich gar nicht um die Maoris kümmere, die Häuptlinge nicht standesgemäß behandele$ elche indess nach den Aussagen der Eingebornen (Virgin 2, 41) schon frueher begonnen hatte, rasch fortgeschritten ist; bis unter die Haelfte der frueheren Kopfzahl sinken die Angaben. Auf den uebrigen Societaetsinseln war das Verhaeltniss (Meinicke a. a. O.) ein aehnliches. Auch jetzt scheint das Aussterben, obwohl langsamer, fortzugehen: der offizielle franzoesische Bericht fuer 1862 gibt fuer Tahiti 9086 Bewohner an (Behm Auf Laivavai, einer der Australinseln, betrug die Bevoelkerung 1822 mindestens 1200, 1830 nur noch etwa 120 und 1834 kaum noch 100 Seelen (Moerenhout 1, 143). Guenstiger ist Meinickes Schaetzung, welcher auf der ganzen Gruppe Ende 1830 etwa 5000 Seelen, fuer 1840 nur noch 2000 annimmt (a.a.O. 114). Rapa schaetzte Vankouver 1795 auf 1500 Einwohner, Moerenhout (1, 139) 1834 nur noch auf 300 und diese waren in stetem Abnehmen. Auch die Herveygruppe, welcher Ellis 1, 102 10-11,000 Bewohner gibt, ist jetzt viel minder zahlreich bewohnt, namentlich Rarotonga, welches durch eine furchtbare Seuche$ Tahiti (Moerenhout 1, 451-57). Wir finden auf allen diesen Inseln jetzt Gedanken an Seelenwanderung eingemischt; allein man muss bedenken, dass der Glaube an die behuetende Macht der Seelen der Vorfahren, also an den Uebergang der abgeschiedenen Seelen in Schutzgeister der Lebenden in Polynesien spaeter vielfach aufgekommen ist. Auch anderer Aberglaube als dieser entzog bisweilen den Naturvoelkern die Nahrung, wie z.B. Grey 1, 363-364 erzaehlt, dass, weil einige Eingeborene beim Muschelessen gestorben waren, die Neuhollaender, die ihn begleiteten, aus Furcht vor Zauberei nicht dahin zu bringen waren, selbst durch den aeussersten Hunger nicht, dass sie Muscheln assen; und Derartiges liesse sich, wenn es fuer unsern Zweck nicht zu weit fuehrte, noch mancherlei sammeln. Dass nun die engen dumpfigen Wohnungen vieler dieser Voelker (es bedarf hierzu keiner Belegstellen), worin oft sehr viel Menschen zusammengepfercht wohnen und schlafen und die oft von Schmutz und Ungeziefer starren, ungesund sind, versteht sich $ m meisten Ruhm verdienen, von denen am wenigsten gesprochen wird,[22] und er bedeutet nichts anderes, als daß die Frau im Guten ebensowenig wie im Bösen aus der Masse hervorragen darf. Es entsprach nur der allgemeinen niedrigen Meinung von den Frauen, wenn Demosthenes der Ansicht seiner Zeitgenossen von der Ehe Ausdruck verlieh, und sagte, daß man Frauen nur nehme, um rechtmäßige Kinder zu zeugen, Beischläferinnen, um eine gute Pflege zu haben, und Buhlerinnen, um die Freuden der Liebe zu genießen. Die eheliche Verbindung aus Liebe kannte der Grieche nicht.[23] Im besten Fall war sein Gefühl für die Gattin die wohlwollende Anhänglichkeit eines Patrons zu seinem Klienten.[24] Nicht die in strenger Zurückgezogenheit lebende, von klein auf zu kühler Keuschheit und Zurückhaltung erzogene Frau war der Gegenstand seiner Leidenschaft, sondern die freie Priesterin Aphrodites, die Hetäre. Die uralte Verehrung des mütterlichen Prinzips in der Natur, der Weiblichkeit und der Fruchtbarkeit, hatte sich mit dem allmähliche$ der Lebensfreude, der Sporn zu allem Schönen und Großen, der Ausgang furchtbarer Laster und Verirrungen wurde, ist bei den wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Zuständen des Mittelalters nicht zu verwundern. Mit dem Aufblühen der Städte, dem verhältnismäßigen Wohlstand und ruhigen, gesicherten Leben ihrer Bürger schienen im Schutze ihrer Mauern die sittlichen Zustände reinere zu werden. Aber die tiefgreifende Umwandlung der Arbeit und ihrer Bedingungen, die an Stelle der hörigen Arbeiterin nach und nach den freien Handwerker treten, die Arbeiten der Hausfrau und ihrer Mägde durch die verschiedenartigsten Gewerbe übernehmen ließ, machte die Arbeitskraft zahlloser Frauen überflüssig, sie selbst brot- und obdachlos, und führte sie dem Laster in die Arme. Die ehrsamen Bürger, vor deren Augen die Prostitution sich mehr und mehr breit machte, wußten diesem Uebelstand nicht anders zu begegnen, als indem sie sogenannte Töchterhäuser oder Jungfrauenhöfe, die Nachfolger der antiken Lupanare und Vorläufer der m$ man hütete sich ängstlich, sich einzugestehen, wodurch sie verursacht wurde. Charakteristisch hierfür waren die Verhandlungen der Töchterlehrerversammlung in Weimar 1872. Eine Neuorganisation des höheren Mädchenschulwesens, sogar ihre gesetzliche Regelung wurde allgemein gewünscht, die Erwerbsfrage aber feige verleugnet und ausdrücklich bestimmt, daß die Mädchenschule die Teilnahme an der allgemeinen Geistesbildung den Frauen ermöglichen solle, ihre Gestaltung aber auf die Natur und die Lebensbestimmung des Weibes Rücksicht zu nehmen habe. Der deutsche Verein für das höhere Mädchenschulwesen, der ein Jahr später ins Leben trat, fußte auf diesen Grundsätzen, und als sich im selben Jahre das preußische Unterrichtsministerium entschloß, sich mit der Frage zu beschäftigen, stellte es sich auf den gleichen Standpunkt, machte aber der Frauenbewegung insofern eine Konzession, als es erklärte, daß die Vorbildung für künftige Berufsarbeit besonderen Einrichtungen vorbehalten werden müsse. Solche Einrichtungen zu tref$ ickelt ist.[379] Das zeigt sich besonders in dem Mutterlande der Großindustrie, in England. Schon 1839 gab Lord Ashley an, daß von den 419560 Fabrikarbeitern in Großbritannien 242296 Frauen waren; in den Baumwollfabriken waren 56-1/4%, in den Wollfabriken 69-1/2%, den Seidenfabriken 70-1/2% und den Flachsspinnereien 70-1/2% aller Arbeiter weiblich.[380] Und zwanzig Jahre später konstatierte der englische Fabrikinspektor Robert Baker, daß die männlichen Arbeiter seit 1835 um 92%, die weiblichen dagegen um 131% zugenommen hatten. Auf einen größeren Zeitraum berechnet, erhöht sich die Ziffer zu Gunsten der Frauen noch bedeutend: Von 1841 bis 1891 ist die Zahl der männlichen Industriearbeiter um 53%, die der weiblichen um 221% gestiegen.[381] Die absoluten Zahlen veranschaulichen dieses Wachstum noch deutlicher[382] (s. Tabelle). | 1841 | 1851 | 1861 | 1871 | 1881 | 1891 | Männer|Frauen|Männer |Frauen|Männer | Frauen| Männer| Fr$ tz zu Deutschland weit regelmäßiger über das ganze Leben, hat daher, die starke Beteiligung der Greisinnen abgerechnet, einen normaleren Charakter angenommen. Noch deutlicher tritt uns die Altersgliederung der Arbeiterinnen entgegen, wenn wir sie im Verhältnis zur weiblichen Bevölkerung betrachten: Von je 1000 weiblichen Personen im Alter sind von Arbeiterinnen ------------------------------------------ 14-20 Jahren 397 20-30 " 273 30-40 " 136 Deutschland 40-50 " 127 50-60 " 127 60-70 " 105 70 Jahren und darüber 57 ------------------------------------------ 11-20 Jahren 570 21-30 " 685 31-40 " 577 Oesterreich 41-50 " 561 51-60 " 507 $ nstrengung des Sommers zu erholen, Arbeit suchen, die, wenn sie überhaupt zu finden ist, nur kärglichen Lohn abwirft. Nach alledem dürften es kaum die Löhne sein, die den immer wieder behaupteten Vorteil der Landarbeit vor der Industriearbeit ausmachen können. Ihr niedriger Stand wird von den Lobrednern der landwirtschaftlichen Thätigkeit auch vielfach nicht geleugnet, wohl aber damit erklärt und entschuldigt, daß die Arbeits- und Lebensbedingungen unvergleichlich bessere seien, als in anderen Berufssphären, und der Nachteil des geringeren Einkommens dadurch zehnfach aufgewogen würde. Diese Auffassung rief auch jenes Märchen von den drallen Landmägden und den blühenden Landkindern hervor, das von der Zeit her, als die Dorfgeschichten grassierten, den Menschen noch besonders fest im Kopfe sitzt. Für diejenigen, die nicht die Wirklichkeit zu sehen verstehen, hat die moderne Malerei, die gerade nach dieser Richtung besonders wahrhaftig ist, angefangen, ihren Märchenglauben zu erschüttern. Versuchen wir es an der$ Deutschlands es sich handelt; die westfälischen Heuer wohnen nicht besser, als die ostpreußischen Instleute[768], die Tagelöhner wohnen sogar vielfach noch schlechter. In Südwestdeutschland wurden z.B. ländliche Haushaltungen mit nur einem Wohnraum gezählt[769]: mit 4 bis 5 Personen bewohnt 8297 mit 6 bis 10 Personen bewohnt 4757 mit 11 und mehr Personen bewohnt 53 Strohdach und Lehmboden, hohes Grundwasser, schlechte Oefen, kein Abort oder einer in nächster Nähe des Brunnens, Fenster, die häufig aus Sparsamkeit fest eingesetzt wurden,--das ist die typische Behausung norddeutscher Landarbeiter.[770] Es giebt ihrer freilich noch schlimmere: in Schlesien fand sich ein Haus aus Lehmfachwerk mit einer einzigen niedrigen dunklen ungedielten Stube und einigen fensterlosen Kammern von 8 qm Grundfläche, es war von neun Familien bewohnt.[771] Und im Kreise Inowrazlaw giebt es Erdhöhlen, 1 m in, 1 m über der Erde, deren Grundfläche 12 qm beträgt und deren Wände und Decken aus mit Sand und Rasen beworfene$ r an Brot mangelt, weil das Fabrikmädchen aus der Bleifabrik keine Arbeit mehr findet und der Schande in die Arme fällt. Um so erstaunlicher war es, daß der liberale Frauenverband sich prinzipiell für einen gesetzlichen Schutz der Heimarbeit erklärte. Begreiflich wird das nur, wenn man sich klar macht, daß es sich dabei nicht um den Ausdruck erweiterter Erkenntnis, sondern im wesentlichen um einen Akt der Selbstverteidigung und des persönlichen Interesses handelt. Nicht der Schutz der Arbeiterin vor Ausbeutung steht im Vordergrunde, sondern der Schutz der Konsumenten vor gesundheitlichen Gefahren. Wir haben gesehen, wie groß diese thatsächlich sind, und sowohl in England wie in Amerika wird der Kampf gegen die Hausindustrie, von bürgerlichen Kreisen ausgehend, von diesem Gesichtspunkt aus geführt. Die Ideen des Rechts auf Arbeit, der Gleichstellung der Geschlechter in Bezug auf die Erwerbsmöglichkeiten sind es auch, die die Haltung der deutschen bürgerlichen Frauenbewegung gegenüber der Arbeiterinnenfrage bee$ hmen Geschmack." Ich füge hier hinzu, dass die Cannabis indica wohl weiter nichts ist als die verwilderte oder wilde Cannabis sativa, und eher eine Pflanze der gemässigten Zone als der heissen ist, denn je weiter man nach Süden vordringt, je seltener und krüppelhafter gedeiht dieselbe. Während man z.B. äusserst schöne Exemplare in den gemässigten Bergregionen des Kleinen Atlas der Algerie und Marokko's findet, und die eine Höhe von manchmal 1-1/2 Meter erreichen, gedeiht in den heissen Oasen Tafilet, Tuat und Fessan die Pflanze nur kümmerlich, obgleich die Bewohner alle Sorgfalt auf ihren Anbau anwenden, und von Norden wird dieselbe nach Süden exportirt. Die Eingebornen bedienen sich derselben auf verschiedene Weise: Entweder sie zerschneiden die getrockneten Blätter und Blüthen sehr klein und rauchen sie rein oder mit Taback vermischt aus kleinen Pfeifen oder Cigaretten, oder sie vermischen dieselben mit Tumbak (Tabak) und rauchen so dies Kraut aus der Nargile. In Syrien bereiten sie wie Thee eine Art Infusi$ nsofern zu gedeihen, als sie sich bei Erziehung der Neger nicht bloss auf das geistige Wohl des Schwarzen beschränkt, sondern demselben auf der Missionsanstalt auch allerlei nützliche Handwerke gelehrt werden, was leider die Engländer bei ihrer sonst so trefflichen Mission ganz vernachlässigen. Es kamen hier auch zwei von den deutschen Missionären an Bord, um nach Christiansborg zu fahren; einer von ihnen, ein junger stutzerhafter Mann, mit langen Haaren, kam, nachdem er sich an Bord durch ein gehörigs Glas Ale gestärkt hatte, auf mich zu und redete mich auf englisch an, sagend, dass er sein Deutsch unter den Negern gänzlich verlernt habe, da er schon längere Zeit an der Küste sei. Dies Englisch aus dem Munde eines Schwaben (er war freilich noch nicht 40 Jahre alt) klang indess so komisch, indem natürlich zwischen d und t, zwischen b und p, die lächerlichsten Verwechselungen gemacht wurden, dass ich ihm auf französisch antwortete, und nun unterhielten wir beiden Deutschen uns zur grossen Belustigung des Publi$ er den Hangars kauern._ Der Sklavenhandel wird überhaupt en gros in den Häusern getrieben, indem es z.B. vorkommt, dass ein reicher Kaufmann aus Tripoli oder Kairo seine Waaren oder einen grossen Theil derselben an Einen Mann für eine gewisse Zahl von Sklaven losschlägt, ohne dass diese auf den Markt kommen. Durch den _grossen Aufschwung des Sklavenhandels in den letzten Jahren_ sind die Sklaven bedeutend im Preise gestiegen; so gilt ein hübsches junges Mädchen von 13 bis 16 Jahren bis gegen 50 oder 60 Maria-Theresia-Thaler, ein junger Bursche durchschnittlich 20 Thaler. Hinter den Sklaven kommt gleich der Ort, wo das Vieh verkauft wird, denn auch Kameele, Pferde, Esel, Rindvieh, Schafe, Ziegen, Hühner etc. sind alle Tage und zwar nach unseren Begriffen zu fabelhaft billigen Preisen zu haben. So ersteht man eine fette Kuh für 2 Maria-Theresia-Thaler, ein gutes Pferd für etwa 12 solcher Thaler, ein Huhn für 50 Muscheln. Man kann aber auch alles mit Waaren kaufen, und wer z.B. europäische Artikel hat, steht sic$ m geschah nichts, und nur dem Zufall verdankte ich es, von Talanta aus von Sir Robert die Erlaubniss zur Abreise von der Armee zu bekommen; spätere Gesuche um derartige kleinere Ausflüge zu machen wurden vom englischen Oberkommando abschlägig beschieden. Möglich auch, dass sich wenige Leute gemeldet haben würden, von denen man derartiges gerade hätte erwarten dürfen: Markham war, sobald der letzte Schuss von Magdala gefallen war, wieder zurückgeeilt, Grant ebenfalls, Blanford der Geologe hatte nach Gondar zu gehen die Absicht, doch ihm wurde eine Escorte (die er aber gar nicht nöthig gehabt hätte) vom General en chef verweigert, ebenso dem Oberst Phayre, der die schönen Wegeaufnahmen für die englische Arme gemacht hatte, kurz die Armee mit allem was mitgezogen war, eilte so rasch, wie sie gekommen war, wieder ans Meer. In Antalo angekommen traf ich einer der ersten ein, von denen, die bei dem Sturm von Magdala gewesen waren; erst am folgenden Tage kam Oberst Phayre, Herr Lieutenant Stumm und Abtheilungen von $ urchaus WNW. Und so fort kletternd über die unwirtlichen Felsen, ohne auch für den ganzen Tag auf ein einziges Dorf zu stossen, oder auch nur von Ferne eines zu sehen, war das einzige Schöne die wunderbaren Formen der Felsen im Norden. Wer in der That Berge sehen will, muss nach Abessinien gehen, es giebt keine denkbare Form, die hier nicht zu finden wäre. Das Gestein, welches wir an diesem Tage erblickten, bestand fast durchweg aus verschiedenen Schiefern, von denen Thonschiefer und Glimmerschiefer die vorherrschenden waren, oft marschirten wir indess über Hügel, die mit kleinen weissen Quarzstücken wie bestreut waren. Die Vegetation war äusserst spärlich und bestand meist aus verkrüppelten Mimosen und dem unvermeidlichen Kolkol-Baum. Wir passirten den Felagelasi, der in den Woreb geht, und hielten dann längere Zeit am Mai-Metjelorat, der ebenfalls dem Woreb tributär ist Sodann hatten wir noch den Orei zu passiren, der von dem Tjametfluss durch den Adergebeto-Berg getrennt ist. Wir hatten den Angeba-Berg end$ 00 Fuss über dem Meere liegt. Alvares erzählt uns, dass hier die Königin Saba, deren wahrer Name Maquerda[15] gewesen sei, regiert und nach ihr ihr Sohn, den sie mit Salomon gezeugt hatte. Auch finden wir in seinem interessanten Buche, dass von hier aus zuerst das Christenthum nach Abessinien verbreitet wurde, und zwar als auch eine Königin regierte, mit Namen Candace[16] oder Judith. Freilich finden wir heutzutage nichts von den Wundern, von denen Alvares uns in seiner Beschreibung von Axum unterhält, und da unmöglich die Gebäude und Steine in einem Zeiträume von 4000 Jahren können spurlos verschwunden sein, so ist wohl anzunehmen, dass er seiner Phantasie grossen Spielraum gelassen hat, ebenso wie er es mit Beschreibung der Kirchen von Lalibala thut[17]. An Merkwürdigkeiten haben wir nur heutzutage in Axum die alten Ruinen aus vorchristlicher Zeit und die Kirche. Letztere ist ein Gebäude ohne alle Kunst, obgleich ganz verschieden von allen anderen Kirchen in Abessinien, weil sie ganz aus Stein aufgeführt is$ lichen Natur erlebt hatte. Von hier aus haben wir zum ersten Mal einen Ausblick, in welcher Weise sich das Faustproblem weiter bilden mußte. Faust mußte hinaus in das Leben, um es in jedem, also auch im höchsten Sinne zu erleben. Dazu sollte und mußte dann der Teufel selbst schließlich sehr gegen seinen Willen beitragen. Er war es grade, der ihn mit sich fortriß auf den ihm noch fremden Boden des Lebens, im Wahne, ihn dort verderben und in seine Gewalt bringen zu Ich macht ihm deutlich, daß das Leben Zum Leben eigentlich gegeben. * * * So lang man lebt, sei man lebendig![171] Allein wenn auch Faust sich zunächst in schwerer Schuld verstrickte, so gewann er doch wieder im Leben, wo er sie allein gewinnen konnte, die Kraft zu einem höheren Leben. Aus der kummervollen Sphäre des ersten Teils, ähnlich der, die der junge Dichter selbst durchlebt, erhob er sich zu höheren Regionen in würdigere Verhältnisse[172]: Goethe wußte daher wohl, was er sagte, wenn er kurz vor seinem Tode an Humb$ über das Genietreiben der Zeit, das sich auf verschiedene Weise in verschiedenen offenbarte. Individuelle Züge bot ihm das Leben dazu in Fülle, die er jedoch nie so benutzte, daß etwa seine Gestalten gar portraitartige Abbilder derer geworden wären, die ihm dazu gestanden hatten. Genie kämpft hier mit sich selbst[199]. Daher bricht auch durch das Zerrbild das reine Bild wahrer Genialität öfters in ergreifender Weise durch; denn das Genie selbst hat die Satire geschrieben, nicht Nach alledem darf also angenommen werden, daß der erste Monolog und die Erdgeistscene im Jahre 1774 gedichtet sind, nach dem Werther, nach dem Erscheinen der ältesten Urkunde, nach der Rheinreise und der Bekanntschaft mit Jacobi. Am 13. August war Goethe wieder heimgekehrt. Die Stimmung der dieser Reise folgenden Zeit, in der auf die Tage toller, überschäumender Lebenslust wieder ein Rückschlag eintrat, paßt vortrefflich zu dem eigentümlichen wehmütigen Tone jener ersten Scenen. Selbst aus den satirischen Hervorbringungen dieser Zeit w$ fuer seine Dichtung fruchtbar zu machen. Dann koennen wir mit Bestimmtheit erklaeren: Um diese Zeit hat der Dichter diese Anschauung in sich in dieser Weise ausgebildet. Die Stelle ist also damals geschrieben. Das, was er geschaffen, ist das lebendige Kleid des dichterischen Geistes, das er sich selbst immer von neuem wirkt. Aus dem wechselnden Gewand muessen wir auf den Geist des Dichters schliessen und in die Tiefen seiner Entwicklung eindringen. Da nun im vorigen Schritt fuer Schritt die Entstehungsmotive aufgedeckt sind und sich aus dem von selbst sich aufdraengenden Vergleich mit der uebrigen Dichtung des jungen Goethe, zumal da wir ueber ihre Entstehung besser unterrichtet sind, ein bestimmter Anhalt gewinnen liess, so ist die Frage ueber die Entstehung der ersten Hauptmasse schon beantwortet. Vor allem sprang uns der charakteristische Zusammenhang mit Werthers Leiden in die Augen. Wir wissen, dass dieser Roman schon Ende 1773 geplant war, dass er aber erst Anfang 1774, als die eigentuemlichen Lebensums$ g und mit dem Missbrauche des Erkenntnistriebes verbundenen Hochgefahr!! Die Scene steht also mit der Idee des F. in keiner Incongruenz (S. 214).--Die Mission des Erdgeists ist mit jenem Hinweis erfuellt; daher ist auch nicht mit Fischer S. 431 an eine nochmalige Erscheinung zu denken. Eine absteigende Linie ist es, die vom Makrokosmus zum Erdgeist zum Teufel fuehrt, um aus der Hoelle durch die Welt zum Himmel wieder aufzusteigen. [161] D. j. G. 2. 213 f. [162] A.a.O. 2. 241. [163] A.a.O. 3. 481 f. [164] A.a.O. 3. 159. [165] W. 2. S. 94 ff. (Hempel.) [166] W. 2. 83. [167] W. 2. 81 f. [168] W. 2. 86. [169] W. 14. V. 1660 ff. [170] W. 15. V. 11442 ff. [171] Maskenzug von 1818. Der junge Dichter hat bekanntlich vor dem Teufels-Buendnis Halt gemacht; erst spaeter ist die die angedeutete Verknuepfung gelungen. Die aelteste Dichtung fuehrt uns bezeichnender Weise nur Faust vor und nach dem Bunde vor; und gerade dieser erste Teil, der uns Faust auf einer Hoehe zeigt, die fast der gleichkommt, auf der sein Dichter st$ en? Der Fabrikleiter bleibt, weil nicht informiert, außer Betracht. Auskunft über die Katasterzahlen könnte der Evidenzhaltungsgeometer geben, aber kein Fabrikherr wird solchen Zweifel einem Unbeteiligten mitteilen, denn ein Gerede wäre nicht zu vermeiden, und hört die Konkurrenz davon auch nur ein einziges Wörtchen, so sind die geschäftlichen Folgen gar nicht übersehbar und von einschneidender Ratschiller versuchte es, den Grundbesitz graphisch darzustellen, Berg um Berg, die zur Ausbeutung angekauft sind, zeichnete er auf einen Bogen Papier und strich davon durch, was im Abbau sich befindet. Es verbleibt ein stattlicher Rest an Grundbesitz, der auf Jahrzehnte hinaus zum Abbau reichen wird. Und da kam der gräßliche Zweifel wieder in der Frage: "Wie aber, wenn die angekauften Berge nicht das nötige Gestein enthalten? Wie, wenn die chemische Analyse ergeben würde, daß nur der minderwertige Romancement erzeugt werden könnte?" In gigantischen Ziffern sah der Fabrikherr den Ruin vor dem geistigen Auge. Und solche$ ten die Erlaubnis zur Betriebseröffnung folgen wird. Mit Bleichert & Co. ist alles vereinbart, die Drahtmenge &c. unterwegs, der Ingenieur zur Seilbahnerbauung muß jeden Tag eintreffen, die Pläne sind fertig ausgearbeitet. Ratschiller ist's, als will ihm der Kopf zerspringen. Wie und wo den Ausweg finden, wie den geradezu lähmenden Zweifel losbringen? Am Telephon lärmte die Klingel. Ratschiller trat an den Apparat, der das "Allerheiligste" mit dem Büreau der Fabrikleitung verbindet, und fragte nach dem Begehr Hundertpfunds. Wie Musik klingt es Ratschiller aus dem Hörrohr in sein Ohr. "Herr Chef! Soeben im Eibberg erstmalig mit Janit gesprengt, ein kolossales Mergellager liegt offen von einer ganz unerwarteten Mächtigkeit. Gratuliere!" "Danke!" vermochte der Chef noch zu stammeln; das Hörrohr auf den Haken zu hängen war er nicht mehr fähig. Vor den Augen ward es schwarz, Hände und Kniee zitterten, der alte Mann war einer Ohnmacht nahe. Er schleppte sich zu seinem Stuhl, ließ sich hineinfallen und weinte. Thrän$ n, welche die Päpste nach Luther geschaffen haben; denn Leo X. und sein Hof folgten noch ungefähr den Prinzipien der Religion Molières Don Juan wurde zu Beginn der Regierung Ludwig XIV., am 15. Februar 1665 aufgeführt; dieser Fürst war damals noch nicht im geringsten fromm und trotzdem ließ die kirchliche Zensur die Szene des Armen im Walde streichen. Diese Zensur wollte, um sich Nachdruck zu verschaffen, dem so wunderbar unwissenden König einreden, daß das Wort Jansenist gleichbedeutend mit Republikaner sei. Das Original ist von dem Spanier Tirso de Molina; eine italienische Truppe spielte gegen 1664 eine Nachdichtung davon in Paris und erregte Aufsehn. Das Stück ist vielleicht die am meisten gespielte Komödie der Welt, denn sie handelt vom Teufel und von der Liebe, von der Furcht vor der Hölle und von einer überschwenglichen Leidenschaft für eine Frau, von allem also, was es Schreckliches und Liebliches in den Augen der Menschen gibt, sofern sie nur aus dem Zustand der Wilden heraus sind. Es ist nicht ersta$ äre. Dieser Signor Campireali galt für einen sehr ehrenhaften Mann und war sehr wohltätig, aber er besaß gar keinen Geist; deshalb zog er sich nach und nach ganz aus Rom zurück und brachte schließlich fast das ganze Jahr in seinem Palast in Albano zu. Er widmete sich der Pflege seiner Ländereien, die in der reichen Ebene lagen, welche sich zwischen der Stadt und dem Meer ausbreitet. Durch den Rat seiner Frau bewogen, ließ er seinem Sohn Fabio, einem auf seine Geburt sehr stolzen Jüngling, und seiner Tochter Helena, deren wunderbare Schönheit man noch auf einem Bildnis der Galerie Farnese sehen kann, die vortrefflichste Erziehung geben. Bevor ich begonnen hatte ihre Geschichte zu schreiben, bin ich in den Palazzo Farnese gegangen, um die sterbliche Hülle zu betrachten, die der Himmel dieser Frau verlieh, deren verhängnisvolles Schicksal einst so viel Aufsehen machte und noch heute im Gedächtnis des Volkes fortlebt. Die Form ihres Kopfes ist ein längliches Oval, die Stirne ist sehr hoch, die Haare sind dunkelbl$ der Zeit nicht sah, Durch die ihm bald viel Liebes und auch viel Leides geschah. * * * * * Viertes Abenteuer. Wie Siegfried mit den Sachsen stritt. Da kamen fremde Mären in König Gunthers Land 144 Durch Boten aus der Ferne ihnen zugesandt Von unbekannten Recken, die ihnen trugen Haß Als sie die Rede hörten, gar sehr betrübte sie das. Die will ich euch nennen: es war Lüdeger 145 Aus der Sachsen Lande, ein mächtger König hehr; Dazu vom Dänenlande der König Lüdegast: Die gewannen zu dem Kriege gar manchen herrlichen Gast. Ihre Boten kamen in König Gunthers Land, 146 Die seine Widersacher hatten hingesandt. Da frug man um die Märe die Unbekannten gleich Und führte bald die Boten zu Hofe vor den König reich. Schön grüßte sie der König und sprach: "Seid willkommen! 147 Wer euch hieher gesendet, hab ich noch nicht vernommen: Das sollt ihr hören laßen," sprach der König gut. D$ d. "Sie haben in dem Sturme der Helden viel erschlagen; 234 Doch möcht euch dieser Wunder ein Ende Niemand sagen, Die da Siegfried wirkte, ritt er in den Streit. Den Fraun an ihren Freunden that er mächtiges Leid. "Auch muste vor ihm fallen der Friedel mancher Braut. 235 Seine Schläge schollen auf Helmen also laut, Daß sie aus Wunden brachten das fließende Blut: Er ist in allen Dingen ein Ritter kühn und auch gut. "Da hat auch viel begangen von Metz Herr Ortewein: 236 Was er nur mocht erlangen mit dem Schwerte sein, Das fiel vor ihm verwundet oder meistens todt. Da schuf euer Bruder die allergrößeste Noth, "Die jemals in Stürmen mochte sein geschehn; 237 Man muß dem Auserwählten die Wahrheit zugestehn. Die stolzen Burgunden bestanden so die Fahrt, Daß sie vor allen Schanden die Ehre haben bewahrt. "Man sah von ihren Händen der Sättel viel geleert, 238 Als so laut das Feld erhallte von manchem lichte$ ihm von dem Gruße gar wohl erhoben der Muth. Er neigte sich ihr minniglich, als er den Dank ihr bot. 299 Da zwang sie zu einander sehnender Minne Noth; Mit liebem Blick der Augen sahn einander an Der Held und auch das Mägdelein; das ward verstohlen gethan. Ward da mit sanftem Drucke geliebkost weiße Hand 300 In herzlicher Minne, das ist mir unbekannt. Doch kann ich auch nicht glauben, sie hättens nicht gethan. Liebebedürftige Herzen thäten Unrecht daran. Zu des Sommers Zeiten und in des Maien Tagen 301 Durft er in seinem Herzen nimmer wieder tragen So viel hoher Wonne, als er da gewann, Da die ihm an der Hand gieng, die der Held zu minnen sann. Da gedachte mancher Recke: "Hei! wär mir so geschehn, 302 Daß ich so bei ihr gienge, wie ich ihn gesehn, Oder bei ihr läge! das nähm ich willig hin." Es diente nie ein Recke so gut noch einer Königin. Aus welchen Königs Landen ein Gast gekommen war, 303 Er n$ ben und Leib!" Nun kam die edle Kriemhild mit manchem kühnen Mann. 872 Da begann Frau Brunhild: "Haltet hier noch an. Ihr wolltet mich verkebsen: laßt uns Beweise sehn, Mir ist von euern Reden, das wißet, übel geschehn." Da sprach die schöne Kriemhild: "Was laßt ihr mich nicht gehn? 873 Ich bezeug es mit dem Golde, an meiner Hand zu sehn. Das brachte mir Siegfried, nachdem er bei euch lag." Nie erlebte Brunhild wohl einen leidigen Tag. Sie sprach: "Dieß Gold das edle, das ward mir gestohlen 874 Und blieb mir lange Jahre übel verhohlen: Ich komme nun dahinter, wer mir es hat genommen." Die Frauen waren beide in großen Unmuth gekommen. Da sprach wieder Kriemhild: "Ich will nicht sein der Dieb. 875 Du hättest schweigen sollen, wär dir Ehre lieb. Ich bezeug es mit dem Gürtel, den ich umgethan, Ich habe nicht gelogen: wohl wurde Siegfried dein Mann." Von Niniveer Seide sie eine Borte trug 876 Mit edelm Gesteine, die wa$ rd er auch ihr Mann." Da sprach wieder Hagen: "Mich dünkt es nimmer wohlgethan." Da lud man Gernoten und Geiselhern heran, 1252 Ob die Herren beide däuchte wohlgethan, Wenn Frau Kriemhild nähme den mächtgen König hehr. Noch widerrieth es Hagen und auch anders Niemand mehr. Da sprach von Burgunden Geiselher der Degen: 1253 "Nun mögt ihr, Freund Hagen, noch der Treue pflegen: Entschädigt sie des Leides, das ihr ihr habt gethan. Was ihr noch mag gelingen, das säht ihr billig neidlos an." "Wohl habt ihr meiner Schwester gefügt so großes Leid," 1254 Sprach da wieder Geiselher, der Degen allbereit, "Ihr hättets wohl verschuldet, wäre sie euch gram: Noch Niemand einer Frauen so viel der Freuden benahm." "Daß ich das wohl erkenne, das sei euch frei bekannt. 1255 Und soll sie Etzeln nehmen und kommt sie in sein Land, Wie sie es fügen möge, viel Leid thut sie uns an. Wohl kommt in ihre Dienste da mancher waidliche Mann." Da$ Sie vergaß auch nicht des Leides, das ihr daheim war geschehn. Sie gedacht auch noch der Ehren in Nibelungenland, 1442 Die ihr geboten worden und die ihr Hagens Hand Mit Siegfriedens Tode hatte gar benommen, Und ob ihm das nicht jemals noch zu Leide sollte kommen. "Es geschäh, wenn ich ihn bringen möcht in dieses Land." 1443 Ihr träumte wohl, ihr gienge bei Etzel an der Hand Geiselher ihr Bruder; sie küsst' ihn allezeit In ihrem sanften Schlafe: das ward zu schmerzlichem Leid. Der üble Teufel war es wohl, der Kriemhilden rieth, 1444 Daß sie in Freundschaft von König Gunther schied Und ihn zur Sühne küsste in Burgundenland. Aufs Neu begann zu triefen von heißen Thränen ihr Gewand. Es lag ihr an dem Herzen beides, spat und fruh, 1445 Wie man mit Widerstreben sie doch gebracht dazu, Daß sie minnen muste einen heidnischen Mann: Die Noth hatt ihr Hagen und Herr Gunther angethan. Wie sie das rächen möchte, dachte sie alle Tage: $ gern: Es ist mir ein Kummer, daß sie so fremd uns sind und fern." Er sprach: "Wenn dirs gefiele, viel liebe Fraue mein, 1457 Wollt ich als Boten senden zu den Freunden dein Meine Fiedelspieler gen Burgundenland." Die guten Spielleute ließ man bringen gleich zur Hand. Die Knappen kamen beide, wo sie den König sahn 1458 Sitzen bei der Königin. Da sagt' er ihnen an, Sie sollten Boten werden nach Burgundenland. Auch ließ er ihnen schaffen reiches herrliches Gewand. Vierundzwanzig Recken schnitt man da das Kleid. 1459 Ihnen ward auch von dem König gegeben der Bescheid, Wie sie Gunthern laden sollten und Die ihm unterthan. Frau Kriemhild mit ihnen geheim zu sprechen begann. Da sprach der reiche König: "Nun hört, wie ihr thut: 1460 Ich entbiete meinen Freunden alles, was lieb und gut, Daß sie geruhn zu reiten hieher in mein Land. Ich habe noch gar selten so liebe Gäste gekannt. "Und wenn sie meinen Willen gesonnen sind zu $ elme brach in des Sturmes Noth An seinen Feinden Dietrichens Schwestersohn! Er konnt in dem Sturme nicht gewaltiger drohn. Volker der Starke, als er das ersah, 2398 Wie Siegstab der kühne aus Panzerringen da Bäche Blutes holte, das schuf dem Biedern Zorn: Er sprang ihm hin entgegen: da hatte hier bald verlorn Von dem Fiedelspieler das Leben Siegstab: 2399 Volker ihm seiner Künste so vollen Anteil gab, Er fiel von seinem Schwerte nieder in den Tod. Der alte Hilbrand rächte das, wie ihm sein Eifer gebot. "O weh des lieben Herren," sprach Meister Hildebrand, 2400 "Der uns hier erschlagen liegt von Volkers Hand! Nun soll der Fiedelspieler auch länger nicht gedeihn." Hildebrand der kühne wie könnt er grimmiger sein. Da schlug er so auf Volker, daß von des Helmes Band 2401 Die Splitter allwärts stoben bis zu des Saales Wand, Vom Helm und auch vom Schilde dem kühnen Spielmann; Davon der starke Volker nun $ e, um zu fragen, warum es denn so notwendig sei, schon morgen, nachdem wir uns eben erst gefunden hätten, abzureisen--und als ich ihr dies dann sehr genau und umständlich erklärte, schien sie keine Silbe davon zu hören oder zu verstehen. O, sie sähe schon, daß ich mich danach sehne, nach meiner Vaterstadt zurückzukommen, wo es noch viel schönere Mädchen als sie gäbe, die auch viel besser Ball spielen könnten, wie ich es ja selber gesagt hätte! Ich mochte sagen, beteuern und beschwören was ich wollte--sie blieb dabei, und immer reichlicher flossen ihre Tränen. Kann man sich wundern, daß ich bald darauf zu ihren Füßen lag, ihre schlaff herabhängende Hand mit Küssen und Tränen bedeckte und ihr versprach, nicht abzureisen? Und wer war dann seliger als ich, als Vasitthi mich nun mit ihren weichen Armen umschlang und mich wieder und wieder küßte und vor Freude lachte und weinte. Freilich sagte sie nun gleich: "Da siehst du, es ist gar nicht so notwendig, daß du schon wegreisest, denn dann müßtest du es ja unbedingt$ en ließ. Dies Besitztum wurde zu den Wundern Ujjenis gerechnet, und selbst der König kam, um es zu besichtigen. Hier veranstaltete ich nun märchenhafte Gartenfeste und gab die üppigsten Gastmähler. Denn ich hatte mich mehr und mehr auf die Freuden der Tafel geworfen. Die leckersten Speisen, die zur betreffenden Jahreszeit überhaupt für Geld zu haben waren, mußten auf meinem Tische sein, selbst zu den täglichen Mahlzeiten. Damals war ich nicht, wie du mich jetzt siehst, durch lange Wanderungen, durch Waldaufenthalt und Askese hager und abgezehrt, sondern von blühender Körperfülle; ja ein Bäuchlein hatte schon angefangen sich zu runden. Und es wurde, o Fremder, eine sprichwörtliche Redensart in Ujjeni: "Man ißt bei ihm, wie beim Kaufmann Kamanita." XIV. DER EHEMANN Eines Morgens ging ich in den Anlagen mit meinem Obergärtner, um zu erwägen welche neue Verbesserungen anzubringen wären, als mein Vater auf seinem alten Esel in den Hof ritt. Ich eilte hin, um ihm beim Absteigen behilflich zu sein, und wollte ihn in$ ch seinem teuren Leben ein Ende machen. Freilich wäre er unter keinen Umständen jetzt gestorben, um nur nicht dadurch den Zeremonien den allerverderblichsten Abbruch zu tun. Diese tröstliche Betrachtung stellte ich aber damals nicht an. Während ich von entsetzlicher Furcht gequält wurde, mußte ich die Wartezeit bis zur Ankunft des Ersatzknaben damit ausfüllen, daß ich ununterbrochen geeignete Sprüche hersagte, damit ja nicht eine leere Pause entstände. In dieser Stunde aber gelobte ich mir fest, daß ich, was auch kommen möchte, nie wieder heiraten würde. Nachdem endlich Alles erledigt war, mußte ich mit meiner Gemahlin--die gar nicht ein solcher Ausbund von Häßlichkeit war, wie ich nach der Empfehlung meines Vaters erwartet hatte--zwölf Nächte in gänzlicher Enthaltsamkeit und unter strengem Fasten, auf dem Fußboden schlafend, zubringen. Diesmal waren es nämlich _zwölf_ Nächte, weil mein Vater meinte, wir müßten lieber zuviel, denn zuwenig des Guten tun. Dabei empfand ich nun freilich recht schmerzlich, daß ic$ t blieb die Dichtkunst seine Lieblingsbeschäftigung. Außer Klopstock, für den er noch immer eine besondere Vorliebe zeigte, waren Uz, Haller, Lessing, Gerstenberg und Goethe die Dichter, deren poetische Schöpfungen ihn am meisten ansprachen. Den tiefsten Eindruck auf sein empfängliches Gemüth machten Werthers Leiden. Als dieser Roman im Kreise einiger seiner vertrautesten Freunde vorgelesen ward, entwarfen sie, von jugendlicher Begeisterung ergriffen, sogleich den Plan zu einem zweiten Werther, der freilich ungeschrieben blieb. Schwer möchten die Empfindungen zu schildern seyn, von denen Schiller bei dem Anblick Goethe's ergriffen ward, der den Herzog von Weimar begleitete, als dieser Fürst die Karlsschule besuchte. Wie hätte ihm damals nur eine Ahnung kommen können, daß zwischen ihm und dem Verfasser des Werther sich einst ein Freundschaftsband knüpfen werde! Als einfaches sinniges Gemälde schöner Jugendliebe sprach ihn auch Millers Siegwart an, und Stunden lang schwärmte er, am einsamen Gitterfenster sitzen$ Fremdling ist in der Welt, der nicht weiß, was auf ihr ist und geschieht, so nenne ich den einen Flüchtling, der sich den Ansprüchen des Staates entzieht; einen Blinden, der das Auge seines Geistes schließt; einen Bettler, der eines andern bedarf und nicht in sich alles zum Leben Nötige trägt; einen Auswuchs des Weltalls, der von dem Grundgesetz der Allnatur abweicht und--mit dem Schicksal hadert! als hätte sie, die dich hervorgebracht, nicht auch dieses erzeugt; ein abgehauenes Glied der menschlichen Gesellschaft, der mit seiner Seele von dem Lebensprinzip der einen alle Vernunftwesen umfassenden Gemeinde geschieden ist. Es gibt Philosophen, die keinen Rock anzuziehen haben und halbnackt einhergehen. "Nichts zu essen, aber treu der Idee." Auch für mich ist die Philosophie kein Brotstudium. Liebe immerhin die Kunst, die du gelernt hast, und ruhe dich aus in ihr. Doch gehe durchs Leben nicht anders wie einer, der alles, was er hat von ganzem Herzen den Göttern weiht, niemandes Tyrann und niemandes Knecht. Betr$ für sich, sondern auch für seinen Klub mit. Und so glücklich er auch war, einen Preis nach Hause tragen zu dürfen und die Ehrenzeichen und Medaillen auf seiner Brust sich vermehren zu sehen--lieber war es ihm doch noch und größer seine Siegerfreude, wenn er seine Preise in den Besitz des Klubs übergehen und dort die Wand zieren sah, während ihm selbst nur eine einfache Urkunde--gewissermaßen als Bestätigung--zuteil wurde. So rein und ehrlich war seine Freude, daß er fast noch keine Neider hatte, wenigstens nicht unter seinen Leuten. Er war noch ganz der, als den sie ihn damals aufgenommen hatten, wenn er auch äußerlich ein junger, eleganter Mann geworden war, der es lernte, Wert auf sein Äußeres zu legen. Auf seinen Lippen zeigte sich der erste Flaum, aber sein Körper--obwohl Felder auch im letzten Jahre tüchtig in die Höhe geschossen war--zeigte noch immer die unentwickelte Formen des Knaben, und wenn er an den Start ging, verschwand seine Gestalt fast neben denen der anderen. Wer ihn nicht kannte, propheze$ er Schulmeisterkniff herausgestellt hat, um den braven Faustlehrlingen statt des Brotes der Wahrheit den Stein gröbster Sinnentäuschung hinzureichen. Es müßte für einen phantasiebegabten Mathematiker eine seltsam lockende Aufgabe, wie ein letzter Triumph des mathematischen Gedankens sein, für jeden sogenannten festen Körper die Idealformel finden zu wollen, gewissermaßen die unendlich schnell rotierende lineare Kurve darzustellen, die, um ihre Achse sich drehend, dem Auge nicht minder wie der tastenden Hand den Eindruck des Körperlichen hervorruft. Nach _Graßmann_ hat jede auch noch so komplizierte Form, jeder Kristall, aber auch jede amorphe Gestalt eines Körpers gewissermaßen ihr ideelles Rotationsskelett, ebenso wie etwa eine Kugel entstanden gedacht werden kann durch einen Komplex unzähliger konzentrischer Kreise, welche alle in den verschiedensten Achsen sich um- und durcheinander drehen. Hätte Graßmann doch die Zeit der elektrischen Analyse der Atombewegung erlebt, die uns zwingend gelehrt hat, daß tats$ um, als eine Funktion des Schlafes, in die Definition miteinzubeziehen. Denn allein die psychologische Tatsache des Traumes und seiner gewöhnlichsten Erscheinungsformen hebt diese Anschauungen sämtlich auf. Der Schlaf kann nicht die Periode des ruhigen Zustandes des Seelenorganes genannt werden, denn es gibt Träume; Träume sind aber "Tätigkeiten" des Seelenorganes. Im Schlaf ist ferner oft gerade eine erhöhte Erregbarkeit des Nervensystems vorhanden, wie das Zittern und Beben des Organismus unter unruhigen Träumen beweist. Außerdem ist die vorhandene Erregbarkeit sämtlicher Nervenfunktionen im Schlafe leicht erweisbar. Tue Salz auf die Zungenspitze eines Schlafenden, kitzle seine Nase, bringe ein Licht in sein Zimmer: er wird mit der Zunge schmecken, die Nase reiben, eventuell sogar niesen, sich in den Schatten drehen und braucht dabei gar nicht zu erwachen. Aber selbst wenn er erwachte, so wäre damit bewiesen, daß sein Nervensystem erregbar war, auch während er schlief,--und es wäre doch schwer festzustellen$ Ganglien in chaotischen Wellen durcheinander schwingen. Wir finden also, daß wir in zeitlich nacheinander geordneten Systemen nur deshalb denken können, weil uns im Augenblick immer nur eine Bahn zum Denken von der Hemmung freigegeben ist. Was "die Aufmerksamkeit konzentrieren" heißt, ist nichts als das Gefühl und Bewußtsein davon, daß von der ewig schwankenden, Anschlüsse bald hier erzwingenden, bald dort abdämpfenden Hemmung nur eine--die Augenblicksempfindung vermittelnde--Bahn freigelassen ist. So ist also der eigentliche Spiritus rector, _die Seele über der Seele_, nicht in den Ganglien, die nur die Erregungselemente abgeben, zu suchen; und in dem Mechanismus dieser Hemmung wäre das Prinzip zu erforschen, das gleich immer wechselnden Registerzügen in der großen Hirnorgel bald diesem, bald jenem System die Ventile öffnet, so daß der einströmende Hauch des Lebens die fünfzehnhundert Millionen feiner Membranstimmen in unfaßbar reicher Kombinationsmöglichkeit zu seelischen Akkorden erklingen läßt. An einem H$ er gewaltige Mittagswind die Wellen an's Ufer trieb, und wo ich wenigstens so allein war, als meine Heldin am Gestade von Tauris, zog ich die ersten Linien der neuen Bearbeitung, die ich in Verona, Vicenza, Padua, am fleißigsten aber in Venedig fortsetzte. Dann aber gerieth die Arbeit in Stocken. Ich ward auf eine neue Erfindung geführt, nämlich Iphigenie auf Delphi zu schreiben, was ich auch sogleich gethan hätte, wenn nicht die Zerstreuung und ein Pflichtgefühl gegen das ältere Stück mich davon abgehalten hätten." Was ihn dazu bewog, seine Iphigenie ursprünglich in Prosa zu schreiben, war, nach seinen eignen Worten "die Unsicherheit, in der die deutsche Prosodie schwebe." "Es ist auffallend," schrieb er, "daß wir in unserer Sprache nur wenige Sylben finden, die entschieden kurz oder lang sind; mit den übrigen verfährt man nach Geschmack und Willkühr." Ungeachtet dieser Bemerkungen gab er späterhin seinem Schauspiel eine metrische Form. Das vollendete Manuscript hatte er nach Weimar gesandt, um das Urtheil s$ en Zeiten zerstreut, so führt sie uns zu andern Zeiten desto schneller auf uns selbst zurück. Der Mangel an äußeren Verhältnissen und Verbindungen, ja die lange Weile ist demjenigen günstig, der manches zu verarbeiten hat. Die Reise gleicht einem Spiel; man empfängt mehr oder weniger, als man hofft, man kann ungestört eine Weile hinschlendern, und dann ist man wieder genöthigt, sich einen Augenblick zusammenzunehmen. Für Naturen, wie die meinige, die sich gern festsetzen und die Dinge festhalten, ist eine Reise unschätzbar; sie belebt, berichtigt, belehrt und bildet." Bei seiner Rückkehr nach Weimar widmete Goethe vorzugsweise seine Aufmerksamkeit dem Theater. Sein Interesse an der Bühne, durch die schriftliche und mündliche Unterhaltung mit Schiller immer auf's neue belebt, ward noch höher gesteigert, als Iffland im April 1798 eine Reihe von glänzenden Darstellungen gab. Vielfach thätig war Goethe bei dem neuen Theatergebäude, das damals durch den Architekten Thouret aus Stuttgart in Weimar errichtet und mit$ Man kann heirathen, und doch noch immer die Braut spielen. Eine gute Partey kann man immer auf Abschlag nehmen; und die jungen Mädchen thun übel, wenn sie die Hand eines ehrlichen Mannes ausschlagen, um allzeit flattirt, adorirt, courtisirt, carressirt, und endlich meprisirt zu werden. Bist Du denn, meine Tochter, sonst noch nie die Braut als auf der Schaubühne gewesen? _Kolombine._ Nein, Papa. _Barth._ Hören Sie wohl, Herr Harlekin? _Harl._ Ich höre und sehe, Herr Barthold. _Barth._ Wo ist Scapin und Peter? Sie sollen auch herkommen, und den Freyer mitspielen. Isabelle, welche schon oft die Braut vorgestellt, und erfahrner ist als Du, Kolombine, soll Dir die rechte Manier zeigen. _Kolombine._ O, Papa, ich will schon fertig werden, ich verstehe es schon. _Barth._ Nun, so macht Ihr Beyde den Anfang. Ich will herumgehen, und den Uebrigen ihre Rollen ankündigen. Dritter Auftritt _Harlekin_ und _Kolombine_. _Kolombine._ Nun, Sie fangen an. _Harl._ Nein, fangen Sie an. _Kolombin$ an dem Schreien der Raubvögel und vor Allem an dem Leichengeruch, den die Körper von Hingerichteten in weitem Umkreise verbreiteten. Die beiden Collegen befanden sich auf dem Deck, als der Ingenieur eben das Besteck machte, für den Fall, daß er seine Fahrt wieder im Nebel fortzusetzen gezwungen wäre. "Meine Herren, begann er, ich habe keinen Grund, Ihnen zu verheimlichen, daß diese Stadt Yeddo, die Hauptstadt von Japan ist." Onkel Prudent antwortete nicht. In Gegenwart des Ingenieurs keuchte er nur, als wenn es seinen seinen Lungen an Luft fehlte. "Dieser Anblick Yeddos ist wirklich recht merkwürdig. -- So merkwürdig er auch sein mag ... versetzte Phil Evans. -- So bleibt er doch hinter dem von Peking zurück, unterbrach ihn der Ingenieur. Das ist meine Meinung auch, -- und Sie werden binnen Kurzem selbst darüber urtheilen können." Unmöglich hätte der Mann liebenswürdiger sein können. Der "Albatros", der bisher auf Südost zuhielt, veränderte jetzt seine Richtung um vier Compaßstriche, um im Osten eine neue Ro$ von allen Mitgliedern der berühmten Gesellschaft keiner auf dem für diese reservirten Platze innerhalb der Pfähle und Leinen fehlte, welche einen Theil der Lichtung abgrenzten. Hier waren Truk Milnor, Bat T. Fyn, William T. Forbes, der seine beiden Töchter Miß Doll und Miß Mat an den Armen führte. Alle waren erschienen, um durch ihre Anwesenheit zu bekräftigen, daß nichts jemals im Stande sei, die Anhänger des "Leichter, als die Luft" zu trennen. Gegen elf Uhr zwanzig Minuten verkündigte ein Kanonenschuß die Beendigung der letzten Vorbereitungen. Der »Go a head« erwartete nur noch das Signal zum Aufsteigen. Ein zweiter Kanonenschuß donnerte um elf Uhr fünfundzwanzig. Der nur noch durch seine Leitseile gehaltene »Go a head« erhob sich gegen fünfzehn Meter über die Lichtung. Am anderen Ende der Plattform stehend, legten Onkel Prudent und Phil Evans die linke Hand auf die Brust, was bedeuten sollte, daß sie mit dem Zuschauerkreise eines Herzens wären. Dann streckten sie die rechte Hand nach dem Zenith aus, um a$ ngsten Widerstand zu finden. Plötzlich drang ein Aufschrei aus der Menge, ein Schrei, dem sofort hunderttausend andere folgten. Alle Arme richteten sich nach einem Punkte am Horizont, und zwar nach Nordwesten hin. Dort im tiefen Azur ist ein sich bewegender Körper erschienen, der näher herankommt und größer wird. Ist es ein Vogel, der mit mächtigem Flügelschlage durch die höchsten Luftschichten schwebt? Ist's eine Feuerkugel, deren Bahn die Atmosphäre in schiefer Richtung durchschneidet? Jedenfalls ist der räthselhaften Erscheinung eine bedeutende Schnelligkeit eigen und sie muß bald über die erstaunte Volksmenge hinwegrauschen. Ein Verdacht, der sich gleichsam elektrisch allen Gehirnen mittheilt, verbreitet sich über die ganze Lichtung. Es scheint jedoch, als ob auch der »Go a head« den fremdartigen Gegenstand bemerkt hätte. Offenbar hat er das Gefühl einer drohenden Gefahr empfunden, denn plötzlich steigert sich seine Geschwindigkeit und er flieht nach Osten hin. Ja, die Menge hat Alles begriffen. Ein von e$ eganz, die er noch nie gekostet hatte, und all dem unbeschreiblich Verführerischen einer unterliegenden Tugend. Und um sie die Kirche, gleichsam ein ungeheures Boudoir. Die Pfeiler neigten sich, um die im Dunkel geflüsterte Beichte ihrer Liebe entgegenzunehmen. Die farbigen Fenster leuchteten, ihr schönes Gesicht zu verklären, und aus den Weihrauchgefäßen wirbelten die Dämpfe, damit sie wie ein Engel in einer Wolke von Wohlgerüchen Aber sie kam nicht. Er setzte sich in einen der hohen Stühle, und seine Blicke fielen auf ein blaues Fenster, auf das Fischer mit Körben gemalt waren. Er betrachtete das Bild aufmerksam, zählte die Schuppen der Fische und die Knopflöcher an den Wämsen, während seine Gedanken auf der Suche nach Emma in die Weite irrten ... Der Schweizer ärgerte sich im stillen über den Menschen, der sich erlaubte, die Kathedrale allein zu bewundern. Er fand sein Benehmen unerhört. Man bestahl ihn gewissermaßen und beging geradezu eine Tempelschändung. Da raschelte Seide über die Fliesen. Der Rand ei$ ihn in der ganzen Gegend berühmt machten. Niemand durfte das Kapernaum betreten. Das ging soweit, daß er es selbst ausfegte. Die Apotheke stand für jedermann offen. Sie war die Stätte, wo er würdevoll amtierte. Aber das Kapernaum war der Zufluchtsort, wo sich Homais selbst gehörte, wo er sich seinen Liebhabereien und Experimenten hingab. Justins Leichtsinn dünkte ihn deshalb eine unerhörte Respektlosigkeit, und röter als seine Johannisbeeren, wetterte er: »Natürlich! Ausgerechnet in mein Kapernaum! Sich einfach den Schlüssel nehmen zu meinen Chemikalien! Und gar meinen Reservekessel, den ich selber vielleicht niemals in Gebrauch genommen hätte! Meinen Deckelkessel! In unsrer peniblen Kunst hat auch der geringste Umstand die größte Wichtigkeit! Zum Teufel, daran muß man immer denken! Man kann pharmazeutische Apparate nicht zu Küchenzwecken verwenden! Das wäre gradeso, als wenn man sich mit einer Sense rasieren wollte oder als wenn ...« »Aber so beruhige dich doch!« mahnte Frau Homais. Und Athalia zupfte ihn am$ er. Dieses Wort belebte sie. »Lassen Sie mir die Rechnung hier!« sagte sie. »O, das eilt ja nicht!« erwiderte Lheureux. In der kommenden Woche stellte er sich wiederum ein und berichtete, es sei ihm mit vieler Mühe gelungen, einen gewissen Langlois ausfindig zu machen, der schon lange ein Auge auf das Grundstück geworfen habe und wissen möchte, was es koste. »Der Preis ist mir gleichgültig!« rief Emma aus. Lheureux erklärte, man müsse den Käufer eine Weile zappeln lassen. Die Sache sei aber schon eine Reise dahin wert. Da sie selbst nicht gut verreisen könne, bot er sich dazu an, um das Geschäft mit Langlois zu besprechen. Er kam mit der Mitteilung zurück, der Käufer habe viertausend Franken geboten. Emma war hocherfreut. »Offen gestanden,« fügte der Händler hinzu, »das ist anständig Die erste Hälfte der Summe zählte er ihr sofort auf. Als Emma sagte, damit solle ihre Rechnung beglichen werden, meinte »Auf Ehre, es ist doch schade, daß Sie ein so schönes Sümmchen gleich wieder aus der Hand geben wollen!« Sie$ Zimmer, kam sehr bald wieder und händigte ihrer Schwiegermutter mit der Gebärde einer Fürstin ein großes Schriftstück ein. »Ich danke dir!« sagte die alte Frau und steckte die Urkunde in Emma brach in eine rauhe, scharfe, andauernde Lache aus. Sie hatte einen Nervenchok bekommen. »Ach du mein Gott!« rief Karl aus. »Siehst du, Mutter, es war doch nicht recht von dir! Du darfst ihr nicht so zusetzen!« Sie zuckte mit den Achseln. Das sei alles »bloß Tuerei!« Da lehnte sich Karl zum ersten Male in seinem Leben gegen sie auf und vertrat Emma so nachdrücklich, daß die alte Frau erklärte, sie werde abreisen. In der Tat tat sie das andern Tags. Als Karl sie noch einmal auf der Schwelle zum Bleiben überreden wollte, erwiderte sie: »Nein, nein! Du liebst sie mehr als mich, und das ist ja ganz in der Ordnung! Wenn es auch dein Nachteil ist. Du wirst ja sehen ... Laß dirs wohl gehn! Ich werde ihr nicht sogleich wieder -- sozusagen -- zusetzen!« Nicht weniger als armer Sünder stand er dann vor Emma, die ihm erbittert vor$ ander zu gut, als daß der gegenseitige Besitz sie noch zu berauschen vermochte. Ihre Liebe hatte die Entwicklungsfähigkeit verloren. Sie waren beide einander überdrüssig, und Emma fand im Ehebruche alle Banalitäten der Ehe Wie sollte sie sich aber Leos entledigen? So verächtlich ihr die Verflachung ihres Glückes auch vorkam: aus Gewohnheit oder Verderbtheit klammerte sie sich doch daran. Der Sinnengenuß ward ihr immer unentbehrlicher, so sehr sie sich auch nach höheren Wonnen sehnte. Sie warf Leo vor, er habe sie genarrt und betrogen. Sie wünschte sich eine Katastrophe herbei, die ihre Entzweiung zur Folge hätte, weil sie nicht den Mut hatte, sich aus freien Stücken von ihm zu trennen. Sie hörte nicht auf, ihn mit verliebten Briefen zu überschütten. Ihrer Meinung nach war es die Pflicht einer Frau, ihrem Geliebten alle Tage zu schreiben. Aber beim Schreiben stand vor ihrer Phantasie ein ganz anderer Mann: nicht Leo, sondern ein Traumgebilde, die Ausgeburt ihrer zärtlichsten Erinnerungen, eine Reminiszenz an d$ , weil man mich schon in jungen Jahren vor--_Kroatien_ und Slavonien "gewarnt," diese Länder höhnisch als--"Halbasien" bezeichnet hatte. Der Gewissenhaftigkeit wegen war für die Studienreise durch Dalmatien und Montenegro usw. die kroatische Sprache erlernt worden. Mit der zur Verständigungsmöglichkeit ausreichenden Kenntnis dieses auf heimatlichem Boden verspotteten, aber gar nicht übel klingenden Idioms ausgerüstet, kam es zunächst zu einer Automobilreise durch Kroatien bis zum südlichsten Zipfel dieses in manchen Bezirken märchenschönen Landes, der Küste entlang wieder herauf nach Fiume, worauf der Entschluß zu einem längeren Aufenthalt auf kroatischem Boden gefaßt wurde. Gütige Einladungen seitens des gastfreundlichen Adels führten von Schloß zu Schloß; es begann ein Wandern von einer curia nobilis zur andern, von Dorf zu Dorf mit geschultem Blick für landschaftliche Schönheit und Wildbestand, mit rasch erweiterten Kenntnissen in der Geschichte des Landes, mit der sozusagen Spürnase für echtes Volksleben.$ ritten, fand ich kaum mehr die Muße, die Physiognomie der Landschaft in's Auge zu fassen. Auf meiner sieben Jahre später erfolgten Heimreise, auf der ich mit einem Ochsengespann der Dürre wegen langsam reisen mußte, hatte ich Gelegenheit, die Strecke theilweise geologisch zu durchforschen und dabei einige recht interessante vom Wege abseits liegende Partien kennen zu lernen. Gegen Colesberg zu nehmen die isolirten, tafelförmigen Erhebungen allmälich an Zahl und Höhe ab, dagegen geht das Land nach Norden zu in ein Hochplateau über. Eine der schönsten Partien ist New-Port, ein Paß, an dem sich die Wasserscheide der nach dem Süden fließenden Gewässer und der Nebenflüsse des Oranje-River befindet. Die Höhen im Colesberg- und Cradockdistrict beherbergen viele Pavianheerden, mehrere kleine Gazellenarten, kleinere katzenartige Raubthiere, sowie Leoparden, und bei Cradock auf den flachen Häuptern einiger Tafelberge finden sich noch mehr denn 50 der eigentlichen Quaggas, ich glaube die einzige Art, die wir noch in Sü$ herinnen zu den Kosten der Haushaltung bei. Ihre Thätigkeit belebt die Scenerie am Flusse. Ein flüchtiger Blick genügt, um die beiden Racen zu unterscheiden, und ohne Zaudern werden wir den Vertretern der Betschuanarace, den Batlapinen und Barolongen den Vorzug angenehmerer Gesichts- und Körperbildung einräumen. Von mattschwarzem bis dunkelbraunem Teint, sind ihre Gesichtszüge weder schön noch häßlich, während das gelblich-braune Gesicht des Koranna direct häßlich zu nennen ist. Die kleinen Augen liegen in tiefen Höhlen, das kurze und schmale Gesicht zeigt kaum einen deutlichen Nasenansatz, die unnatürlich vorgehenden Kinnbacken und wulstigen Lippen sind die Hauptmerkmale der vorderen, ein kleiner, länglicher Schädel jener der hinteren Kopfbildung. Der Körper der Frauen wird durch jene bekannte Sattelbildung der unteren Wirbelsäule, welche ihren Gang schwerfällig erscheinen läßt, nicht wenig verunstaltet. Viele Korannafrauen hatten Wange und Stirne mit rothem Ocker überschmiert, oder blau bemalt, und zwar mit$ sich einer der einfliegenden Vögel zuweilen längere Zeit an der Oeffnung festklammernd schaukelte. Dann erschien am Wasserspiegel ein sich hin- und her wiegender schön gelbgefärbter Punkt, der wie ein schimmernder Edelstein über die hellen und dunklen Grottenpartien am Grunde des Flusses zu gleiten schien. Diese Webervögel zeigten nicht die geringste Scheu, so daß wir sie namentlich gegen Abend leicht im Neste fangen konnten. Hatten wir uns von dem Neste entfernt, und waren die bei unserer Annäherung entflohenen Sänger wieder nach ihren Wohnungen zurückgeflogen, so beobachteten sie mit anmuthiger Neugierde längere Zeit hindurch jede unserer Bewegungen. [Illustration: Reisende Batlapinen.] Am dritten Tage unserer Reise erblickten wir im Osten einen aus Süden hervortretenden, in das Thal des Hart-Rivers tief eindringenden Höhenzug, der uns als zum Gebiete des Chefs Mitzima gehörig bezeichnet wurde. Den äußersten vorgebirgsartigen Ausläufer dieses Höhenzuges nannten die Boers Spitzkopf. Die von uns durchzogene $ h die Raubthiere zu erlegen beschlossen. Der Farmer und sechs Reiter fanden sich ein, der junge Mann, der die getödteten Pferde aufgefunden, wurde zum Führer gewählt; die Spur der Löwen war bald gefunden. Es ging durch ein Thal, über eine, über eine zweite Höhe, dann kamen sie auf eine Ebene, die leider kurzbegrast war; der Boden war hart und wohl auch deshalb verloren sie die Spur der Thiere und mußten die Verfolgung aufgeben. Es ist jedoch wahrscheinlicher, daß den Löwenjägern der Muth etwas gesunken war und daß alle nur zu sehr einverstanden waren, lieber heimzukehren, als noch, abgemüdet nach einer längeren Verfolgung, den Kampf mit den Raubthieren aufzunehmen. Auf ihrer Heimkehr trennten sich die enttäuschten Jäger nahe an Schmitt's Wohnung. Doch wie erstaunten er und sein Freund, als sie in unmittelbarer Nähe des Gehöftes ein Löwenpärchen im hohen Grase erblickten. Nach der Stellung, welche die Raubthiere eingenommen hatten, schienen sie auf der Lauer zu liegen. Beim Annähern der beiden Reiter, deren Pf$ en) schwer mit zur Erde gesenkten Köpfen und doch hatten wir noch die schwierigste Aufgabe zu lösen, wir mußten, nur 30 Schritte vom Feuer entfernt, etwa 100 Schritte neben dem Brande zurücklegen, bevor wir nach links abbiegen konnten. So kurz auch die Strecke war, die wir zurückzulegen hatten, sie drohte uns sicherer Verderben zu bringen als jene, die wir von den felsigen Höhen herabgestürmt hatten. Ein zwischen mir und dem Feuer kaum 15 Schritte vom Wagen entfernter, durch einen brennenden Zweig in Flammen gesetzter, trockener Vaalbusch wurde uns zum zweiten Losungswort dieser Hetzjagd. »Halloh an,« die Zugthiere legten sich in's Joch, doch nach kaum fünf Schritten, drängen sie von dem dichten Qualm betäubt, nach dem Felsenhügel, wobei sie den Wagen unwiderruflich umwerfen mußten. In diesem kritischen Momente setzt der neben ihnen an meiner Seite laufende Genosse auf die andere, die Hügelseite über, wo es ihm, den übrigen Genossen und dem dunklen Führer gelingt, durch Schlagen und Schreien die Thiere wieder$ berhängenden Felsen gebildet wurden, boten sie viele interessante und des Besuches werthe Punkte. Vergebens suchte ich im sandigen und steinigen Bette nach Wasser und wollte eben die Tiefe verlassen, als einige von der gegenüber liegenden, steilen Felsenwand wie mir schien herabgekollerte Steine mich aufwärts blicken hießen. Oben in den Bäumen, sowie an den Felsen bewegte sich eine Truppe von Pavianen. Da mir die Thiere mit den herabkollernden Steinen über meinem Kopfe nicht gefielen, dachte ich sie mit einem oder zwei Schüssen zu verscheuchen. Auf einen der überhängenden Bäume zielend, feuerte ich auf den Stamm, in dessen kleiner Krone zwei Paviane saßen. Die in den Stamm eindringende Kugel erschütterte den ganzen, nur lose in den Felsenfugen hängenden Baum und erfüllte die beiden Insassen desselben derart mit Entsetzen, daß der eine hoch aufsprang, der andere sich fest an den Stamm anklammerte. Ein altes Männchen erschien nun bellend am Fuße des Baumes, ergriff jedoch, nachdem es einige große Felsstücke los$ mein Gram! Sieh, welch Erbarmen Die holden Frau'n bewegt, dass Qual und Sterben Zu süss du noch erachtest für mich Armen. Wo ist nun Mitleid? Wen zum Schützer werben Vor Weibes Grimm, wenn Männer sich vernichten, In Hass und Kampf sich stürzen ins Verderben? Du, Amor, sollst wie immer heut auch richten! Und reiche nur den Bogen ihren Händen; Bin schuldig ich, dann mag sie mich vernichten. Der, welcher schmachtet zwischen Kerkerwänden, Der, den zum Tod man schleift in wilder Hetze, An welch ein Tribunal soll der sich wenden? Was nützen ihm und mir Recht und Gesetze? Doch sag', warum lehrt dich mein Lieben hassen? Wer fasst es, dass dich Fleh'n in Wut versetze? Dem Schatten gleicht dein Reiz, in dem erblassen Die dir sich nah'n; das Herz, das liebewarme, Muss schauernd sein Verderben hier umfassen. Ihr stolzen, stets zum Mord bereiten Arme, Ihr Augen, spottend der im Netz Verstrickten, Ihr Hände, höhnisch deutend auf uns Arme, Ihr Gaben all, verliehen der Beglückten $ hams ass, so wie die Juden in Palästina, aus Einer Schüssel am Boden hockend, assen, so isst noch heute der Marokkaner. Morgens nach Sonnenaufgang wird nur saure Milch mit hineingebrocktem Brode, oder eine mässige Suppe genommen. Die zweite Mahlzeit ist gegen Mittag: Bröde d.h. eine Art von Mehlkuchen, welche auf eisernen Platten oder erhitzten Steinen gebacken sind, heisse Butter (in diese tippt man die Brodstücken und verfährt recht haushälterisch; nur die Reichen geben harte Butter) bilden dies zweite Mahl, zu dem auch wohl noch Datteln, oder im Sommer andere Früchte, wie die Jahreszeit und die Gegend sie bietet, gegeben werden. Abends nach Sonnenuntergang ist die Hauptmahlzeit, welche aus Kuskussu besteht. Aber Tag für Tag, Jahr aus Jahr ein, kommt dies Gericht auf die Erde (auf den Tisch kann ich nicht sagen, da der Marokkaner ein solches Möbel nicht kennt) und mittelst der Hand, die Marokkaner kennen noch nicht den Gebrauch der Messer und Gabeln, wird das Gericht rasch in den Magen befördert. Auch der G$ i Edris, oder des Gründers der Sauya Uesan, Mulei Abd Allah Scherif, wird in den Briefen nicht Erwähnung gethan.] [Fußnote 64: Skendrinischen = Alexandrinischen.] Eine goldene Schärpe, die er um hatte, enthielt zugleich einen Revolver vom System Lefaucheux, der überdies mittelst einer rothseidenen Schnur um den Hals befestigt war. "Merkwürdig," dachte ich, "den Mohammedanern ist durch den Koran verboten, Gold und Seide auf ihren Kleidern zu tragen, und nun sehe ich den directesten Sprössling des Propheten damit überladen.["] Die übrigen Anwesenden bestanden zum Theil aus nahen Anverwandten, also ebenfalls Abkömmlingen Mohammed's, dann aus Tholba, endlich aus vielen Fremden von vornehmer und geringer Herkunft. Ueberdies ging es ohne Unterlass aus und ein, da ging kein Mann oder keine Frau aus dem Gebirge vorbei (das Gartenhaus lag an einer sehr frequenten Strasse), ohne rasch heraufzuspringen, um den Grossscherif zu küssen und um einige Mosonat[65] niederzulegen. Da kamen Processionen von F$ tragen [Fußnote 94: Es war dies mein in Marokko angenommener Name.] Folgendes nun wirft auch Licht auf das summarische Gerichtsverfahren in Marokko und Fes überhaupt, und ich schreibe die hier folgenden Zeilen wörtlich aus meinem damals geführten Notizbuch ab. Das neue Haus, welches ich bezog, hat ein Stockwerk und ist nicht nach Art der Wohnhäuser in Fes eingerichtet, sondern nach anderen Regeln erbaut. Mitten im Garten liegend, fliesst unter dem Hause der kleine Ued Fes, der hier in den Garten tritt und in einer 4' tiefen und 6' breiten gemauerten Rinne läuft, bis er an eine dem Hause gegenüberliegende Veranda kommt, und unter dieser in einen andern Garten tritt. Das Haus selbst hat unten eine geräumige Veranda, einen Salon und ein Zimmer, das alkovenartig (eine Art von Kubba) hinten angebaut ist; oben sind drei Zimmer, die wir unbewohnt liessen; ebenso wurde das platte Dach selten benutzt. Der mir als Dolmetsch beigegebene Offizier schlief mit mir im hintern alkovenartigen Zimmer; in der einzigen Thü$ ss ausübte. 11. Uebergabe der Bocca nach dem Tilsiter Frieden. In der Bocca herrschte bereits einige Monate Ruhe. Die Festungen bei Castelnuovo und Cattaro wurden natürlich stets bewacht. Der grösste Teil der russischen Truppen mit einer kleinen Zahl von Bokelen und Bergleuten verliess das militärische Lager, zog heim und ging seiner gewohnten täglichen Beschäftigung nach. Dann und wann wurden sie bald hier- bald dorthin zum Kampfe gerufen, wie wir bereits gesehen haben. In der Bocca selbst gab es seit dem Kampfe bei Castelnuovo keine Schlacht mehr. Kleinere Gefechte und Scharmützel mit den Franzosen wie mit den benachbarten Türken, die seit ihrer Verbrüderung mit den ersteren noch lästiger und aufdringlicher geworden waren, hörten nie auf. Die Ereignisse in Nordeuropa lenkten wiederum die Aufmerksamkeit der Bokelen auf sich. Preussens Macht war vernichtet, der Krieg zwischen Frankreich und Russland in vollem Gange. Das Glück neigte bald auf diese, bald auf jene Seite. Die Heere Russlands waren zersplittert; $ die Menschen mehr bedächten, wie viel Glück von einem einfachen Gegenstand ausgehen kann, wenn sich nur ein reiner Geschmack in ihm ausdrückt, würden sie unter den einfachsten Bedingungen viel dankbarer gegen ihr Leben sein dürfen. Ich kann nicht sagen, wie mich die ersten Architekturen des Südens (in Bozen) wieder bewegten. Ich glaube, ich werde von hier unaufhaltsam nach Italien hinabsinken -- und vielleicht bloß um seiner Bauwerke willen, die mir den Menschen erhöhen, wie der Mensch sich in ihnen erhöht hat. Als Primaner versuchte ich zum ersten Mal zu einer lebendigen Vorstellung dessen zu gelangen, was wir des Alls Unendlichkeit nennen. Ich legte mich nachts auf einen fast horizontal gestellten Klappsessel in den Garten, und bemühte mich, über das rein Bildmäßige des Sternenhimmels hinaus in seine Wirklichkeit einzudringen. Es gelang mir so wohl, daß ich empfand: Jetzt noch eine Sekunde solcher Erdabwesenheit, ein einziger kleiner Schritt weiter und mein Gehirn ist auf immer verloren. Und ich brach das $ . Wir leben doch alle auf dem Meeresgrund (dem Grund des Luftmeeres) -- Die Sterne lauter ganze Noten. * * * * * Der Quellnixe wehendes Fontänenhaar. Der Zypressen grüne Obelisken. * * * * * Der Duft der Dinge ist die Sehnsucht, die sie uns nach sich erwecken. * * * * * Wer weiß, ob die Gedanken nicht auch einen ganz winzigen Lärm machen, der durch feinste Instrumente aufzufangen und empirisch (durch Vergleich und Experiment) zu enträtseln wäre. Rhythmisch bewegte Luft ist gewissermaßen farbige Luft. Wirkung der Warum sind Hügel schöner als Berge? Weil sie den Begriff des Gebirges gegenüber der Ebene, diese beglückende Naturbrechung und Erhöhung des Niveaus mit lebendigerem Ausdruck offenbaren als die starren Felsberge, die mehr bloß Begriffliches sozusagen, weniger Gefühlswarmes an sich Die Natur kennt nur Farbenübergänge, keine Farben. * * * * * Da erwiderte mir gestern ein Herr aus Br$ sses halt. Die Soldaten warfen hurtig Lanzen, Schilde und Bandoliere ab und wuschen sich unter lautem Geschrei, schöpften die Helme voll Wasser oder tranken, platt auf dem Bauche liegend, inmitten der Maultiere, denen das Gepäck vom Rücken glitt. Spendius, auf einem aus Hamilkars Ställen geraubten Dromedare, erblickte von weitem Matho, der, den Arm in der Binde, barhäuptig und kopfhängerisch ins Wasser starrte, indes er sein Maultier trinken ließ. Sofort eilte der Sklave mit dem Rufe: »Herr, Herr!« schnurstracks durch die Menge auf ihn zu. Matho dankte kaum für den Gruß. Spendius nahm ihm das nicht übel, begann vielmehr seinen Schritten zu folgen und warf nur von Zeit zu Zeit einen besorgten Blick nach Karthago zurück. Er war der Sohn eines griechischen Lehrers der Redekunst und einer kampanischen Buhlerin. Anfangs hatte er durch Mädchenhandel Geld verdient, dann aber, als er bei einem Schiffbruch sein ganzes Vermögen verloren, hatte er mit den samnitischen Hirten gegen Rom gekämpft. Man hatte ihn gefangen ge$ ückten die Kämpfer mit den Rüsseln oder rissen sie empor und reichten sie über ihre Köpfe hinweg den Soldaten in den Türmen. Mit ihren Stoßzähnen schlitzten sie den Gegnern die Bäuche auf und schleuderten sie hoch in die Luft. Lange Eingeweide hingen an ihren Elfenbeinhauern wie Tauwerk an Masten. Die Barbaren suchten den Tieren die Augen auszustechen oder die Kniekehlen durchzuschneiden. Manche krochen ihnen unter den Bauch, stießen ihnen das Schwert bis zum Heft hinein und wurden dann von ihnen zermalmt. Die Tapfersten klammerten sich an das Riemenzeug und sägten mitten in Flammen, Kugeln und Pfeilen die Gurtung durch, bis der Weidenturm umklappte wie ein Turm aus Stein. Vierzehn Elefanten vom rechten äußersten Flügel, durch ihre Wunden in Wut versetzt, wandten sich um, gegen das zweite Treffen. Da griffen die Indier zu ihren Hämmern, setzten die Meißel auf die Schädeldecken und schlugen mit aller Kraft zu. Die riesigen Tiere brachen zusammen und fielen übereinander. Sie bildeten Berge. Auf solch einem Hauf$ einen leinenen Gürtel und neue Gewänder. Sie wollte diese Dinge absichtlich nicht vom Haushofmeister fordern. Die alte Dienerin erstaunte über diese Zurüstungen, wagte aber keine Fragen. So kam der Tag heran, den Schahabarim zum Aufbruche Salambos bestimmt hatte. Um die zwölfte Stunde bemerkte sie im Sykomorenhaine einen blinden Greis, der sich mit einer Hand auf die Schulter eines vor ihm hinschreitenden Kindes stützte und mit der andern eine Harfe aus schwarzem Holz gegen die Hüfte gepreßt trug. Die Eunuchen, die Sklaven und Dienerinnen waren sorgfältig entfernt worden. Niemand sollte etwas von dem Mysterium erfahren, das sich zu vollziehen begann. Taanach zündete in den Ecken des Gemaches vier eherne Dreifüße an, die mit kretischem Rosenharz und Paradieskörnern gefüllt waren. Dann rollte sie große babylonische Teppiche auf und hängte sie an Schnüren rings an den Wänden auf. Salambo wollte von niemandem gesehen werden, selbst von den Mauern nicht. Der Harfenspieler hockte hinter der Tür. Der Knabe stand auf$ r hatten auf die Wasserleitung Soldaten gestellt, die Steine, Kugeln und Balken zu schleudern begannen. Spendius machte den Söldnern klar, daß sie nicht halsstarrig sein dürften. Sie lagerten sich nunmehr in größerer Entfernung, alle fest entschlossen, Karthago * * * * * Mittlerweile war das Gerücht von dem Kriege über die Grenzen des punischen Reiches hinausgedrungen. Von den Säulen des Herkules bis über Kyrene hinaus träumten die Hirten davon, während sie ihre Herden weideten, und die Karawanen plauderten nachts darüber beim Sternenschein. Es gab also Menschen, die es wagten, das große Karthago anzugreifen, die Stadt, die so glänzend war wie die Sonne und furchtbar wie ein Gott! Die Königin der Meere! Man hatte schon mehrfach ihren Sturz verkündet, und alle hatten daran geglaubt, weil alle ihn wünschten: die unterworfenen Völkerschaften wie die zinspflichtigen Dörfer, die verbündeten Provinzen wie die unabhängigen kleinen Stämme, kurzum alle, die Karthagos Tyrannei haßten, es $ i. Sie drehte die Schlange mehrere Male mit der Spitze ihrer Sandale um. Die Sklavin war erstaunt über die Gleichgültigkeit ihrer Herrin. Hamilkars Tochter setzte auch ihr Fasten nicht mehr mit dem alten Eifer fort. Tagelang verbrachte sie oben auf dem flachen Dache des Schlosses, die Ellbogen auf die Brüstung gelehnt, und belustigte sich damit, Ausschau zu halten. Wo die Stadt zu Ende war, da hob sich der Mauerkranz mit seiner zackigen Zinnenlinie vom Himmel ab, und die Lanzen der Posten bildeten längs seiner Krone einen Stachelzaun. Jenseits der Mauern erblickte sie zwischen den Türmen die Bewegungen der Barbaren. An den Tagen, wo die Belagerung ruhte, konnte sie sogar erkennen, was sie in ihren Lagern trieben. Sie flickten ihre Rüstungen aus, salbten sich das Haar mit Fett oder wuschen sich ihre blutigen Arme im Haff. Die Zelte waren geschlossen, die Lasttiere fraßen. Dahinter sah man die im Halbkreise aufgestellten Sichelwagen wie einen silbernen Krummsäbel am Fuße der Berge blinken. Schahabarims Worte ka$ n Sohn erzogen hat! Er nennt ihn sein Kind! Er wird wohl nun seinen Verstand ganz verlieren! Machen wir ein Damit drängte er die drei Priester und ihr Opfer an den Schultern zum Ausgang, trat mit ihnen hinaus und warf die Tür hinter sich mit einem mächtigen Fußtritt zu. Eine Weile noch lauschte er aufmerksam, denn er fürchtete, die drei könnten zurückkommen. Dann dachte er daran, den Sklaven zu beseitigen, um seines Schweigens sicher zu sein. Die Gefahr war noch nicht völlig vorüber, aber ein Mord konnte durch den Zorn der Götter auf das Haupt seines Sohnes zurückfallen. Da änderte er seinen Plan und sandte dem Sklaven durch Taanach die besten Speisen aus der Küche: ein Stück Bockfleisch, Bohnen und eingemachte Granatäpfel. Der Unglückliche, der lange nichts gegessen hatte, stürzte sich darauf. Seine Tränen fielen in die Schüsseln. Endlich kehrte Hamilkar zu Salambo zurück und löste Hannibals Fesseln. Der aufgeregte Knabe biß ihm die Hand blutig. Der Suffet wehrte ihn mit einer Liebkosung ab. Damit er sich ru$ emagerten Händen hin und her. Ein trübseliger Anblick: diese schweigende Schar, deren Ohrgehänge gegen die bleichen Gesichter schlugen und deren goldene Tiaren fanatische starre Stirnen krönten. Endlich gelangte der Baal genau in die Mitte des Platzes. Seine Priester errichteten aus Gittern eine Umzäunung, um die Menge zurückzuhalten, und stellten sich zu seinen Füßen um ihn herum auf. Die Priester Khamons in gelbroten Wollgewändern ordneten sich unter den Säulen der Vorhalle ihres Tempels zu Reihen. Die Priester Eschmuns in leinenen Mänteln mit Halsketten, an denen Amulette hingen, und spitzen Mützen, nahmen auf der Treppe der Akropolis Aufstellung. Die Priester Melkarths in violetten Tuniken nahmen die Westseite des Platzes ein. Die Priester der Abaddirs, mit Binden aus phrygischem Stoffe umwickelt, stellten sich im Osten auf, und die Südseite wies man den Nekromanten an, die über und über mit Tätowierungen bedeckt waren, ferner den Heulern, die in geflickte Mäntel gehüllt waren, den Dienern der Kabiren und$ r. Irgendwer holte aus der Vorhalle des Melkarthtempels die auf Kohlen glühend gemachte Querstange eines Dreifußes, schob sie unter der obersten Kette hindurch und stieß sie gegen Mathos Wunde. Man sah das Fleisch rauchen. Das Hohngeschrei der Menge erstickte den Aufschrei des Getroffenen. Schon aber stand er wieder auf den Beinen. Sechs Schritte weiter stürzte er abermals hin, dann noch ein drittes-, ein viertesmal. Immer jagte ihn eine neue Marter wieder auf. Man bespritzte ihn durch Röhren mit siedendem Öl, streute Glasscherben unter seine Füße. Er schritt weiter. An der Ecke der Sathebstraße lehnte er sich unter dem Dache eines Ladens mit dem Rücken gegen die Mauer und ging nicht mehr weiter. Die Schergen des Rats schlugen ihn mit ihren Peitschen aus Flußpferdhaut so wütend und so lange, daß die Fransen ihrer Tuniken von Schweiß troffen. Matho schien kein Gefühl mehr zu haben. Plötzlich aber nahm er von neuem einen Anlauf und begann darauf loszurennen, während seine Lippen bebten, als ob er Schüttelfrost $ die Verfolgten und Verratenen des Lebens -- Tobias Mindernickel, der kleine Herr Friedemann, der Bajazzo, Rechtsanwalt Jacoby, Friedrich Schiller, Baronin Anna, Lobgott Piepsam, Van der Qualen, Hieronymus -- mit friedlosen, sehenden Augen an uns vorüber. Langsam erst ringt sich aus dieser Heimatlosigkeit und Sehnsucht ein Hoffen, ein Ahnen, ein Wissen von neuer Verbundenheit: in Frau und Kindern beginnt ihm das Leben neu, ein erstes Menschenpaar, eine junge Welt. Durch sie fühlt er sich den Menschen wieder verbunden, nicht in Sehnsucht mehr, in lebendigem Anteil. "Königliche Hoheit" zeichnet die Erlösung durch die Liebe von einem formalen, repräsentativen Dasein zur Tat und Gemeinschaft, zum "strengen Glück". Ein Kunst- und Märchenspiel von romanischer Klarheit, Bewußtheit, Überlegenheit der Form, von deutscher Innerlichkeit, Einsamkeit, Pflicht und Liebestiefe des Gehalts. Der "Gesang vom Kindchen" gibt Geburt und Taufe eines Töchterchens, Menschlich-Schlichtestes als Menschlich-Tiefstes, fast ohne ästhetisc$ ter Wirkungen und, damit verbunden, die falsche Überhöhung einer in sich organisch geschlossenen Kunstgattung durch das steigernde Pathos des dramatischen Affektes. Die romantische Form des musikalischen Dramas, wie es sich in der Theorie darstellt, ist im Hinblick auf das Wesen der Gattung, das vollendet in der Oper Mozarts erscheint, eine Abirrung der Oper auf Gebiete, die außerhalb des Charakters der Gattung liegen, und auf denen sie nie Wurzel fassen konnte. Soweit Werke solcher Art in die Breite wirken wie bei Wagner, beruht die Wirkung in Wahrheit doch auf dem Spielcharakter der Oper. Er ist auch im musikalischen Drama nur scheinbar überwunden und lebt da weiter, wo es die lebendige Wirkung zeugt. Aber er lebt unter falschem Namen und falscher Einschätzung seines Wesens. In dieser Vortäuschung unwahrer Werte liegt die Gefahr des Erbes der romantischen Oper für die Gegenwart. Es gilt zunächst, die Unmöglichkeit der Oper als Form bewußt kultischer Dramatik klar zu erkennen. Es gilt gleichzeitig, die falsc$ glichkeit der Rechts- und Kunst w i s s e n s c h a f t. Die Wissenschaft selbst, die, wie Cohen sagt, in "gedruckten Büchern" vorliegt, ist also allein das für den Philosophen Urgegebene; sie erscheint hier wie vom Himmel gefallen. Auf die Art, wie von diesem Standpunkt aus das System der Kategorien hergeleitet wird, kann hier nicht ein gegangen werden. Die genannten Cohenschen Grundideen haben N a t o r p und C a s s i r e r sowie die übrige große Schülerschaft weiterentwickelt. Ein zweifelhafter Vorzug der Schule ist der Reichtum und die Vielseitigkeit ihrer Interessen. Sie übertrifft hierin weit die übrigen Kantschulen. Natorp hat die Idee Cohens, zunächst in erkenntnistheoretischer Hinsicht, besonders in drei Richtungen weiterentwickelt: 1. in bezug auf die Theorie der mathematischen Naturwissenschaft, besonders in seinem Buche "Die Grundlagen der exakten Naturwissenschaft"; 2. in seiner, einer erkenntnistheoretischen Fundierung der Psychologie dienenden "Allgemeine Psychologie"; 3. in der Richtung der E$ esch'schen Metaphysik (von ihren Mängeln, dem fast vollständigen Übergehen sowohl der sittlichen als der geistig historisch-gesellschaftlichen Wirklichkeit als Daten auch für die Metaphysik abgesehen) scheint mir weniger in seinen höchst wertvollen biologischen Positionen als in seiner Naturphilosophie des Anorganischen zu liegen, in der er einem Mechanismus, der einem veralteten Stande der theoretischen Physik entspricht, huldigt. Ferner kommt auch bei ihm, ähnlich wie bei Stern, der Unterschied der spezifisch g e i s t i g e n Akte und ihrer autonomen Gesetzlichkeit gegenüber dem biopsychischen Tatsachenbereich n i c h t zu seinem Rechte. Dadurch entsteht die Gefahr eines pantheistisch gefärbten Allvitalismus, der durch seine neuesten Ausführungen in der "Philosophie des Organischen" über "Einheit und Pluralität" der Entelechien, in denen er stark der Einheitslehre zuneigt, noch größer geworden ist. Jedoch kann bei diesem entwicklungsreichen und großzügigen Denker über die endgültige Gestaltung seiner Phil$ als in der Freiheit. Wir wollen damit nichts weiter sagen als daß Alles, was der Hofpont des Augustus im heidnischen Rom von der Macht des Reichthumes gesungen, bis zur Stunde auch im Kerker gültig sei. Ein großer Dichter des Alterthums nennt das Geld die schnödeste aller Erfindungen, der größte deutsche Dichter, nämlich Göthe, behauptet, ein gesunder Mensch ohne Geld sei halbkrank und wie sehr beide Dichter Recht haben, lehrt die alltägliche Erfahrung zur Genüge. Unser Held weinte bei seiner Freilassung Freudenthränen. Wäre es ihm vergönnt gewesen, einen Blick in seine Zukunft zu werfen, so würde er Thränen des Schmerzes, der Trauer und Angst vergossen haben. Schon auf dem Wege zum Hofe seines alten Meisters wurde seine Freude durch die Wahrnehmung vermindert, daß Niemand dieselbe theile. Er hätte allen Leuten, welche ihm begegneten um den Hals fallen und denselben sagen mögen, er sei zwar ein armer Tropf und elender Krüppel, jetzt aber doch wiederum ein freier und deßhalb glücklicher Mensch. Die Leute ging$ eines Monturfrackes, den Säbel, die Bataillenbänder des Tschako's, klopft dann drunten im Kasernenhofe Rock und Hosen aus, kleidet sich an und geht zum ersten Mal seit 5 Wochen im vollen Staate zur Thüre hinaus. Der Benedict besitzt nicht den Muth, Einen um Erklärung des so räthselhaft gewordenen Betragens seines Vorgesetzten zu bitten, denn er ist der Jüngste von Allen und diesmal sicher auch der Gespannteste. Um 8 Uhr geht der Schneider zum Rapport, wird unsichtbar bis um 9 Uhr, wo derselbe mit geröthetem Kopfe zur Probe kommt. Letztere ist beendigt, Meister Feucht nähert sich seinem Bette, doch zieht er den Frack nicht aus, sondern kämmt nur seinen feuerrothen Schnurrbart recht sorgfältig und eilt dann abermals raschen Schrittes zur Thüre hinaus. Der Schneiderstuhl bleibt heute den ganzen Tag unbesetzt, nicht Eine Nadel fädelt dessen Inhaber ein, weil er sich weder beim Mittagessen, noch beim Verlesen sehen läßt. Abends macht der Duckmäuser einen Spaziergang; kurz vor dem Zapfenstreich kehrt er zurück, die$ holiken in ihrer Kirche durch einen reformirten Geistlichen oder den Juden durch einen Bischof predigen lassen." Keine Behauptung ist einleuchtender als diese. Aber wie stand es mit den Volksschulen überhaupt? Man sollte vermeinen, daß in christlichen Volksschulen alle Lehrgegenstände soviel als nur immer möglich mit dem fleischgewordenen Gottessohn und der Kirche in Beziehung gebracht würden. Nur dann hatte die Vielwisserei, womit man seit einigen Jahrzehnten die Kinder in Stadt und Land vollzustopfen trachtet, auch einigen Sinn und Nutzen. Die Schule wäre eine Ergänzung und Vervollständigung der Kirche und ein Hülfsmittel mehr, dem Volke eine klare, allseitige christliche Welt- und Lebensanschauung beizubringen. Freilich ist das Einmaleins und die Rechenkunst weder christlich noch katholisch, eine vortreffliche Handschrift bleibt etwas Gutes, wenn der Schreiber auch noch so wenig taugt und die Kinderquälerei mit Sprachlehren bliebe eine solche, wenn auch gelegentlich der Satzbildungen, Sprachübung und des A$ starke horizontal verlaufende Aeste ab. Auf diese legen die Bagermi-Bewohner Balken und errichten darauf ihre Hütten; selbst der Viehstand wird in Zeiten der Gefahr mit nach oben gezogen. Mittelst einer aufziehbaren Strickleiter gelangen die Eigentümer hinauf. In der Nacht werden nach Nachtigal nie Feindseligkeiten unternommen, so daß während dieser Zeit die Inwohner eines solchen Baumdorfes ihre Vorräthe an Wasser und Lebensmitteln machen können. Und da in Bagermi der Gebrauch der Schießwaffe noch nicht eingeführt ist, so gewinnen die Besitzer in ihren hohen, luftigen Bauten eine ziemliche Sicherheit. Je mehr man sich der Küste nähert, desto mehr schwindet die Hütte, und wenn in den Ortschaften des Konggebirges oder an den Abhängen desselben auch die Häuser der privaten nicht alle jene großen kasernenartigen Dimensionen haben, so läßt sich doch in der Anlage der europäische Einfluß auf den ersten Blick heraussehen. Gebrannte und behauene Steine findet man erst, wenn man die Küstenstädte Afrika's selbst, mit$ sönliche Bekanntschaft von mir, keine Hühner essen, Docemo, der König, keine weißen Tauben. Jeder hat so seine speciellen Göttchen, die gewissermaßen als Heiligen den betreffenden Individuen dienen und in den Wohnungen den Ehrenplatz einnehmen. Im Ganzen mögen gegen 25000 Heiden in Lagos sein. Für die Umwandlung in Christen thut die englische Regierung officiell seit einigen Jahren nichts mehr, legt aber auch den Missionären, einerlei, von welcher Kirche sie abgeschickt worden sind, keine Hindernisse in den Weg. Als Nichtchristen zählen zunächst die Mohammedaner; ihnen gehören besonders alle Haussa-Neger an, aber auch viele Yoruba. Der Islam hat sich quer durch Afrika seinen Weg gebahnt, er wird um so mehr von den Negern angenommen, als die moralischen Vorschriften besser mit den alten hergebrachten Leben harmoniren, überdies die den Mohammedanismus predigenden Lehrer gleich Sitten und Gebräuche der Schwarzen selbst annehmen, und nur die Formen und äußeren Gebräuche ihres Glaubens verlangen. Außerdem predigt $ nische Douane, während man die Grenze schon früher auf der Kante des Passes selbst passirt hat. Die Zollbeamten waren diesmal äußerst milde; hielten sie mich für irgend eine besondere Persönlichkeit (denn in den Augen aller dieser Leute passirte Noël immer als mein Diener), oder ist die Praxis überhaupt milder geworden, genug, es wurde nur ein Koffer pro forma geöffnet und damit war Alles fertig. Ich war namentlich froh wegen meiner Patronen, die ich ja gern versteuert hätte, von denen ich aber fürchten mußte, sie würden confiscirt werden. Bald darauf erreichten wir die südliche Schneegrenze und in ebenso guten Postkutschen ging es weiter. Den herrlichen Punkt, wo ein Gießbach ins Thal hinab braust und wo man der Fernsicht halber eigens eine Kanzel erbaut hat, von der man die schönste Aussicht genießen kann, passirten wir noch eben bei Licht, dann noch eine halbe Stunde das schönste Alpenglühen, wie ich es nie leuchtender und intensiver gesehen habe, und tiefe Nacht senkte sich rasch auf uns herab. Nach zwei $ stadt der Denker mit dem von Steppe zu Steppe vagabondirenden Nomaden, welcher, ohne Gesetze lebend, nur seinem eigenen Willen folgt. Ja, es ist ein eigenthümliches Leben in Kairo und glücklich Der, welcher Empfängnis hat für die Sitten fremder Völker oder der gar die Gabe besitzt, dem Gedankengange der Eingeborenen momentan folgen zu können. Hier an der ältesten Wiege menschlicher Cultur reichen sich Tag für Tag Asiaten, Europäer und Afrikaner die Hand, und wie schon zu verschiedenen Malen von hier aus die menschliche Entwickelung zu ihren jeweiligen höchstem Triumphen gelangte, so scheint auch jetzt ein neues Leben, ein neues gewaltiges Ringen zum Vorwärtskommen erwacht zu sein. Die Zahl der Bevölkerung von Kairo dürfte man auf circa 400,000 Seelen für das Jahr 1875 beziffern. Genaue statistische Erhebungen sind in mohammedanischen Städten zur Zeit noch nicht auszuführen. Denn selbst wenn eine amtliche Zählung vorgenommen wird, so stößt diese immer auf unüberwindliche Hindernisse wegen der Haremverhältnisse$ bemerkten wir die Nähe des lebenspendenden Nilthales. Es war gegen 2 Uhr Nachmittags, und in verschiedenen Gruppen zu Fuß gehend waren wir den langsamen Kamelen vorausgeeilt; wir unterhielten uns gerade über die Möglichkeit, noch am selben Abende oder früh am Morgen an's Nilthal zu kommen, als lautes Gejodel hinter uns ausbrach. Es waren unsere Diener, die nun heranstürmten und uns auf eine hohe Dampfsäule aufmerksam machten, die gerade vor uns im Osten majestätisch gen Himmel aufwirbelte. Sie konnte nur aus einem jener Fabrikschornsteine herrühren, welche man jetzt in Aegypten, vom Delta an bis nach Assuom hinauf, als Zeugen einer höheren Kultur antrifft. Mit erneuertem Eifer eilten wir voran und eine Stunde vor Sonnenuntergang hatten wir den Rand der Sahara, das felsige Steil-Ufer des Nil, erreicht. Ja, auf einem erhöhten Vorsprunge konnten wir, in weiter Entfernung allerdings, den Nil selbst und seinen grünen Rahmen, die schlanken Palmen, erkennen. Sobald die Kamele herangekommen waren, wurde dann noch mit$ ch für das Volk fast unerschwinglich. Die Zufriedenheit und der frohe Sinn, die ewige Heiterkeit der armen Fellahin erklärt sich nur daraus, daß sie es nie besser gewohnt waren. Seit mehr als 4000 Jahren immer im Sclavenjoch, ist es einer Generation am Ende einerlei, ob sie mehr bezahlen muß, als die andern früher bezahlten. Auch die Väter haben keine Reichthümer gesammelt und haben, trotzdem sie vielleicht weniger steuerten, auch nichts hinterlassen. Was war das? Da tönte von der anderen Barke mit einem Male "Ein lustiger Musikante marschirte einst am Nil" &c. herüber und hernach noch andere Lieder. Das Singen ist ansteckend; wir antworteten und so etablirten sich Wechselgesänge oder auch, wenn die beiden Barken ganz nahe waren, sangen wir zusammen. Zittel mit seiner wirklich schönen Stimme mußte die Palme zuerkannt werden,--doch nein, ich übertraf ihn. Denn wenn ich mit der Kraft meines ganzen Körpers und mit unbeschreiblichem Ausdruck mein Schnadahüpfln sang, dann folgte immer ein allgemeines "bis, bis, no$ esen, und meine Mutter ließ mich, ebenso pflichttreu wie gedankenlos, bei kaltem Wetter nur ins Freie, wenn es völlig windstill war. Aber auch dann wurde ich dick verpackt und durfte nicht laufen wie die andern. Das ließ mich noch mehr vereinsamen. Mir ist, als hätte ich die Winter stets verschlafen, so wenig weiß ich von ihnen. Vom Frühling aber und vom Sommer weiß ich um so mehr. Wir hatten einen großen Garten hinter dem Hause mit alten Bäumen, blühenden Büschen und bunten Blumen. Hier war mein Reich. Hier durfte ich ungestört umherspringen, mir Höhlen bauen, die zu unterirdischen Schätzen führten, auf der Schaukel bis zu den Wolken fliegen, die im Grunde gar keine Wolken, sondern Drachen und Zaubervögel waren. Hier konnte ich mit meinen Bällen, die alle Märchennamen trugen, geheimnisvolle Zwiesprach halten, so daß die Nachbarn oft meinten, ich hätte Scharen von Gespielen im Garten. Puck, unser alter Pinscher, dem zwei Feldzüge schon die Haare gebleicht hatten, mußte sich hier zu jugendlichen Sprüngen beque$ t noch immer auf der Stirn: wie selbstverständlich ordnen sie sich im Spiel mit dem »Herrschaftskind« diesem unter und sehen es fast als Auszeichnung an, die Rolle der Untergebenen zu übernehmen. Wo die frische Luft der Berge weht, hat selbst die Sklavenmoral der katholischen Kirche Freiheitsgefühl und Selbstbewußtsein nicht zu unterdrücken vermocht. Der Sepp vom Bärenbauern, der am verwegensten kletterte und am schönsten jodeln konnte, -- mein Hauptspielgefährte, -- behandelte mich ganz auf gleich und gleich, ja er sah zuweilen mit unverhohlenem Stolz auf mich herab, und seiner urwüchstgen Kraft gegenüber kam selbst meine sonst so ausgeprägte Empfindlichkeit nicht auf: ich biß nur in stillem Ingrimm die Zähne zusammen, wenn er mich verspottete, weil ich ohne seine Hilfe den Fels nicht hinaufkam. Es gab viel zerrissene Kleider dabei; und wäre die alte Kathrin nicht gewesen, die sie heimlich flickte und immer dafür sorgte, daß ich in möglichst tadelloser Toilette bei den Mahlzeiten erschien, -- ich hätte mich $ das ganze Elend der damaligen Jugendliteratur konnte nicht deutlicher zum Ausdruck kommen als hier. Gegen den gräßlichen Nieritz mit seiner Zuckerwassermoral hatte ich schon selbst protestiert, dafür herrschten jetzt Ottilie Wildermut und Elise Polko, die der gesitteten höhern Tochter in hundert Variationen stets dasselbe predigten: der Mann ist deines Lebens Ziel und Zweck. Hans Guntersberg, froh, eine so dankbare Zuhörerin für seine Primanerweisheit gefunden zu haben, erzählte mir von seinen Lieblingsbüchern, und von niemandem schwärmte er mehr als von Paul Heyse. Ein Buch nach dem andern brachte er mir, um mir daraus die seiner Meinung nach schönsten Stellen mit dem Pathos eines Vorstadttragöden vorzulesen. Sein ganzer Koffer steckte voller Bücher und sein Kopf voller Liebesgeschichten, wobei es kein Wunder war, daß es in dem einen an Platz für frische Kragen, in dem andern an Interesse für klassische Sprachen fehlte. Er war nämlich schon zwanzig Jahre alt. Seine körperliche Nähe war mir widerwärtig, und $ Gegenstand hatte, suchte ich nachzuweisen, »wohin ungerechte Regierung, Volksbedrückung, Verachtung alles Göttlichen führt ... Schlechte, nur auf ihr Vergnügen bedachte Fürsten, eine verdorbene Aristokratie, ein armes, durch übertriebene Aufklärungsschriften irregeleitetes Volk standen sich gegenüber. Alles bereitete eine Zeit vor, die schrecklich, aber notwendig war.« Unter den Fürsten der Neuzeit beehrte ich Friedrich Wilhelm III. mit meinem ganz besondern Zorn, den »die Taten seiner Untertanen berühmt gemacht haben, und der sich dadurch bei ihnen bedankte, daß er sein Versprechen brach ...« Stein feierte ich als den »Retter des Vaterlandes, der in Frieden erreichen wollte, was der Zweck der französischen Revolution gewesen war.« Häufig pflegte mein Vater meine Aufsätze einer Kritik zu unterwerfen, die fast immer dem Stil, sehr selten nur der Gesinnung galt. Nach rückwärts radikal zu sein, wie sein Töchterchen, sich für vergangene Völkerfreiheitskämpfe zu begeistern, sich über die Schandtaten der Fürsten, d$ en -- sondern ein ungestümer, ein wilder, zügelloser, der jung und alt in seine Dienste zwingt, der uns überkommt wie ein Rausch und uns selig-müde zurück läßt. Eine alte Legende, die im Volke Westfalens noch immer lebendig ist, erzählt, daß der Teufel einmal die Junker der ganzen Welt in seinen Sack gesteckt habe, um sie der Hölle zu überliefern. Als er just über Westfalen flog, zerriß der Sack, und es regnete Ritter. Darum gibt es noch heut auf der roten Erde eine so große Menge von ihnen, und kein Königshof könnte eine vornehmere Gesellschaft um sich versammeln als Münster zur Karnevalszeit. Was aber ihrem alten Adel, dessen Ursprung sich oft bis in die dunkeln Zeiten Wittekinds des Sachsenherzogs verliert, den Glanz verleiht, ist der gesicherte Reichtum vieler Generationen. Der preußische, der schlesische, der märkische Edelmann mit seinen großen Händen, seiner breiten Statur, seinem dicken Schädel verrät noch oft, daß sein Vorfahr wie ein Bauer arbeiten und leben mußte, und sein derber Witz, seine Verstä$ en Jüngsten den Rang dabei streitig, und die Fülle der Blumen, die uns gespendet wurden, ließ sich kaum fassen. Mir stoben Funken vor den Augen, und ich fühlte nichts mehr als die wiegende, schleifende Bewegung und den heißen, keuchenden Atem meiner Tänzer. Plötzlich, mitten im wilden Abschiedsgalopp, stand alles still, wie von einem Zauber gebannt, die Musik brach ab, mit kurzem Gruß huschten die Damen hinaus, rasch warfen die Herren den Mantel über die Schultern -- zwölf schlug die tiefe Glocke vom Domturm, Aschermittwoch klingelte das schrille Glöcklein von der Liebfrauenkirche. Mit einem Schlag schien das Leben erloschen. Still, mit verhängten Fenstern lagen von nun an wieder die Adelshöfe. Nur drüben im Erbdrostenhof regte sichs noch: gestern hatte die schlanke Tochter des Hauses mit uns getanzt, heute nahm sie im Kloster der Ursulinerinnen den Schleier. Wie eine glückliche Braut ward sie von all den Ihren geleitet, und sie selbst lächelte wie eine solche. Mit einem Glanz verklärter Freude auf den Zügen $ eständig vorschwebt, verwirklichen. Anders der Handwerker, der rasch ein effektvolles Dekorationsstück schaffen will: er fertigt ein Holzgerüst, drapiert es mit Sackleinwand, wirft Gyps darüber und setzt eine fertig gekaufte Allerweltsgipsbüste darauf. Aus einiger Entfernung wirkt seine Arbeit nicht übel, dem Rohen täuscht sie dauernd ein Kunstwerk vor, -- nur in der Nähe schau sie nicht an und hüte sie wohl vor Regen und Sturm, das Holzgerüst möchte sonst allzu schnell zum Vorschein kommen! -- Hat ein Künstler oder ein Handwerker mich geschaffen? Habe ich die Nähe zu fürchten und das Wetter? Oder stürzt mich kein Sturm? Bin ich, oder scheine ich nur?« -- -- Bald ließ es mir keine Ruhe mehr, -- kaum daß ich den nötigsten Schlaf mir gönnte --, ich schrieb und nannte das kleine schwarze Buch, über dessen Seiten meine Feder fiebernd flog: Wider die Lüge. Seine ersten Seiten lauteten: »Die Lüge ist der Anfang alles Verderbens, ist das Verderben selbst. Alle Schäden, an denen unsere Zeit, an denen wir selber krank$ sen werdet und er für seine ungebrochene Kraft eine Tätigkeit findet, die ihr entspricht. Aber noch eine andere, und für Dich vielleicht schwerer zu erfüllende Aufgabe muß ich Dir, meine Alix, übertragen. Ich hoffe, Du wirst daran den Grad meines Vertrauens zu Dir ermessen können und es nicht als Grausamkeit empfinden, wenn ich gerade Deinen jungen Schultern diese Last auferlege. Ich bin 78 Jahre alt und kann jeden Tag abberufen werden. Es ist mir möglich gewesen, meine einzige Tochter, Deine Mutter, durch regelmäßige pekuniäre Zuwendungen, durch Geschenke, Badereisen und dergleichen, vor quälenden Sorgen zu bewahren. Nichts konnte mich mehr freuen, als daß ich dazu imstande war, denn seine Lieben mit dem zu unterstützen, was man entbehren kann, ist niemals ein Opfer. Deine Mutter hat es um so selbstverständlicher angenommen, als sie stets zu dem Glauben berechtigt war, daß ihr künftiges Erbteil noch unangetastet in meinem Besitz sich befinde. Um den Frieden ihrer Ehe nicht zu stören, habe ich ihr die Wahrhei$ Garten grüßten die Jasminsträucher mit großen, süß duftenden Blüten. Niemand störte mich in dieser Einsamkeit. Onkel Walter fürchtete die Räume der Toten, als ginge ihr Geist darin um. Mama glaubte mich bei der Arbeit, der Vater ritt mit dem Schwesterchen durch die Wälder, wie einst mit mir. Ich hatte arbeiten wollen. Bücher und Notizen lagen in großen Stößen auf dem Tisch der Altane. Aber sobald ich sie aufschlug, schrumpften mir alle Gedanken ein. Tot und leer waren all die vielen Papiere, -- wie sollte je etwas Lebendiges aus ihnen hervorgehen. Und was gingen mich im Grunde die fremden Dinge und Menschen an? Was würde die Welt davon haben, wenn ich des langen und breiten von denen erzählte, die im Dunkel geblieben wären, wenn nicht ein ganz Großer sie in seine Nähe gezogen hätte? In Großmamas Bücherschrank standen Goethes Werke in langer Reihe mit grünen Einbänden und weißen runden Schildern auf dem Rücken. Ich begann zu lesen -- stundenlang, tagelang, wochenlang --. Und je mehr ich las, desto mehr zog ich$ echtlosen Frauen, von meinem ersten Auftreten für ihre politische Gleichstellung sprach, da wußte ich, was ich zu sagen hatte. »Die Millionen Frauen, die unsere Hemden weben und unsere Kleider nähen, haben mich nicht delegiert, aber ich fühle mich als ihre Abgesandte und nur als die ihre.« Sekundenlanger Beifall unterbrach mich, -- galt er nicht mehr meinem gebrochenen Englisch und meiner Trauerkleidung als meinen Worten? Mit einem Blick voll Geringschätzung streifte ich die elegante Zuhörerschaft. Ich werde euch schon verstummen machen --, dachte ich. »Ihre Vorsitzende rühmte mich als die erste deutsche Frau, die in öffentlicher Versammlung das Stimmrecht für ihr Geschlecht gefordert habe. Ich muß dieses Lob ablehnen. Seit Jahren tragen deutsche Arbeiterinnen von Ort zu Ort die Fahne der politischen Gleichberechtigung, und an der Spitze der Arbeiterpartei, der Sozialdemokratie, steht ein Mann, dem die Frauen der ganzen Welt zu Dank verpflichtet sind: August Bebel.« Ich hielt unwillkürlich inne, ich erwartete$ entierten, verkehrt habe. Mit den sprunghaften Übergängen eines glänzenden Geistes, der weder die Fähigkeit hat, auf die Interessen des anderen einzugehen, noch die Fähigkeit, sich in eine Frage zu vertiefen, kam er von da auf unsere auswärtige Politik zu sprechen, auf das berechtigte Mißtrauen Englands den offenbaren Weltmachtgelüsten unseres Kaisers gegenüber, auf Rußland, an das wir um so näher uns anschließen würden, je weiter wir von England abrückten, auf den künstlich ausgepeitschten Hurrapatriotismus der Kriegserinnerungsfeiern der Gegenwart, der letzten Endes nur dazu da sei, gegen die Sozialdemokratie mobil zu machen und die gescheiterte Umsturzvorlage in anderer Form wieder aufleben zu lassen. Mir war diese Gesprächswendung unbehaglich. Gut, daß ich, ohne aufzufallen, schweigen konnte. Hafteten die Eierschalen der Vergangenheit noch so fest an mir, daß die Artikel des »Vorwärts« über die Gedenkfeiern an den »brudermörderischen Krieg« mir das Blut in Wallung brachten? Sie vertraten doch zweifellos M$ tztenmal in der Egidyversammlung gesehen hatte, die schwarzen, dünnen Haarsträhnen wie festgeklebt um den breiten Schädel und die tief eingefallenen Schläfen. »Hielte ich Ihren Plan nicht für gut, für notwendig sogar in diesem Augenblick, wo der Reichskanzler den Stillstand der Sozialreform nicht nur zugab, sondern verteidigte, ich würde nicht so rasch hier sein,« begann er die Unterhaltung, indem er sich mühsam, das linke Bein gerade ausgestreckt, auf dem Stuhl niederließ. »Wir stehen in der Konfektion seit Beginn des Jahres in einer Bewegung, die mir Tag und Nacht keine Ruhe läßt -- --« »Ich weiß: um die Durchsetzung von Betriebswerkstätten handelt es sich,« unterbrach ich ihn. »Der Zentralausschuß könnte nichts Besseres beginnen, als Sie darin unterstützen.« Er sah erfreut auf. »Ich sehe, Sie sind orientiert, und so brauche ich nur hinzuzufügen, daß Ihr Zentralausschuß auch nirgends reicheres Material zur Frage der Frauenarbeit finden könnte als bei uns. Ihren londoner Eindrücken, von denen ich in den Zeit$ Blick. In dem meinen blieb er hangen. Es war wie ein Abschiednehmen. »Ich habe es mir überlegt, stunden-, nächtelang,« kam es tonlos über seine Lippen, »ich muß fort von Berlin -- mit meiner Fr ... --,« er stockte, »mit Rosalie --,« verbesserte er sich hastig, »bis -- bis die Entbindung vorüber ist. Es ist besser, -- besser für uns alle.« »Ja,« sagte ich, die Kehle schnürte sich mir zusammen. Dann gingen wir. Wo waren wir doch nur noch an diesem Tage? Ich entsinne mich nicht. Meine Augen nahmen Bilder auf, von denen meine Seele nichts Später trafen wir wieder irgendwo in einem Kaffee mit Geier zusammen. Es kamen noch allerlei Menschen, die ich an meinem Vortragsabend gesehen hatte, sie gingen mit kühlem Gruß und vieldeutigem Lächeln an uns »Du siehst,« hörte ich Geier leise sagen, während er mich in die Zeitung vertieft glaubte, »zum mindesten hättest du nicht im selben Hotel mit ihr wohnen dürfen.« Brandt fuhr auf. Flehend sah ich zu ihm hinüber. Er schwieg. Die Kellner brachten die Abendblätter. »Na, da ha$ hat mit jener Freiheit der Liebe, die wir als die einzige Grundlage echten Familienglückes den Menschen erobern wollen; wie es die Kirche ist und der Staat, die die Religion Christi vernichtet haben, wie die blutige Revolution nicht von uns, sondern von denen vorbereiten wird, die mit Flinten und Säbeln drohen, die der wehrhaften Jugend befehlen, auch auf Vater und Mutter zu schießen, die den Ruf hungernder Arbeiter um ein paar Pfennige mehr Lohn, um ein paar Stunden weniger Arbeitszeit mit Gewehrsalven beantworten. Ich sah nichts mehr; zwischen mir und den Menschen da unten hingen dichte Schleier. Aber ich fühlte ihren heißen Atem, ich hörte mit gesteigerten Sinnen ihr Stöhnen, wenn ich ihr Elend malte, ihren Beifall, wenn ich von ihren Kämpfen sprach, ihren hoffnungsstarken Jubel, wenn ich der Zukunft gedachte, die unser sein wird. Ich schwieg erschöpft, -- jetzt erst fühlte ich, wie der Kopf mir brannte und der Atem nach Luft rang. Hundert Hände streckten sich mir entgegen, als ich zitternd die Stufen hina$ ellschaft auf lange verekelt!« Der Gegensatz zwischen dem Enthusiasmus, der ihn wenige Minuten vorher erfüllt hatte, und der morosen Stimmung, die jetzt aus Wort und Ton und Haltung sprach, war so verblüffend, daß wir verstummten. Aber Romberg forderte uns zur Antwort heraus: »Sie mißbilligen meinen Standpunkt?« Fragend sah er von einem zum »Ganz und gar!« antwortete ich heftig. »Glauben Sie, daß wir um der schönen Augen der Parteigenossen willen Sozialdemokraten geworden sind, -- oder der Partei entrüstet den Rücken kehren würden, weil ein paar Nasen uns nicht gefallen?! Wir dienen der Sache, nicht den Personen.« »Eine so reinliche Scheidung zwischen der Sache und den Personen läßt sich in Wirklichkeit nicht durchführen,« sagte er, sichtlich verletzt. »Es kann sehr wohl der Fall eintreten, daß eine Sache durch eine bestimmte Personengruppierung rettungslos verloren geht, und ich bin der Meinung, daß in Ihrer Partei Leute den Ton angeben, die Ihre Sache diskreditieren.« »Wenn Sie dieser Ansicht sind, müßten S$ um bessere Arbeitsbedingungen die letzte Waffe zu nehmen: Das Koalitionsrecht. Noch zögerte die Regierung mit der Veröffentlichung des Wortlautes der Vorlage, aber sie warf ihre Schatten voraus, so daß an ihrem Inhalt niemand mehr zweifeln konnte. * * * * * Um diese Zeit erschien Eduard Bernsteins längst erwartete Broschüre: »Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie.« Sie faßte zusammen und führte aus, was er ein Jahr vorher in seiner Artikelserie über die Probleme des Sozialismus gesagt hatte. Jetzt, wo die erste Erregung hinter mir lag und ich mit ruhigem Verstand zu lesen vermochte, spürte ich den Einfluß der englischen Fabier, der Webb, der Shaw, der Burns, in deren geistiger Atmosphäre dies Buch entstanden war. Ich spürte aber auch den deutschen Gelehrten, der der rauhen Luft Preußens seit Jahrzehnten entwöhnt war und es in seiner stillen londoner Studierstube, fern der Heimat, verfaßt hatte. Er konnte drüben nicht wissen, wie der deutschen$ Ich schlich hinauf. Mein Mann schlief fest. Wie ich ihn schon um diesen Schlaf beneidet hatte! Ihn suchte er auf, ich mußte ihn mir erst erzwingen! Heute wollte er sich überhaupt nicht festhalten lassen. Der Gedanke, daß ich morgen die Minna schelten mußte, peinigte mich: dadurch, daß ich ihre Arbeitskraft in Anspruch nahm, hatte ich doch noch kein Recht über ihre Person. Wie durfte ich verlangen, daß sie mir ihre Liebe opfern sollte? Und doch würde vermutlich die Konsequenz meiner Nachsicht nichts anderes sein, als daß sie ihren Liebhaber mit ernährte. Eine gute Hausfrau nimmt alle Schlüssel an sich, -- die des Hauses wie die der Speisekammer. Ich vermochte es nicht: Konnte ich einen fremden Menschen einsperren, wie einen Sklaven? Vor einer Hausgenossin alles verschließen, als hielte ich sie von vornherein für eine Diebin? Wieder rollte sich durch einen geringfügigen Anlaß ein ganzes Problem vor mir auf. Ich grübelte ihm nach, über die kleinen Nöte meiner eigenen vier Wände hinaus, und fand keine andere Lösu$ verstand, daß es Menschen gibt, die vor Heimweh krank werden. Auf unseren Spaziergängen suchte ich immer die Wege, auf denen ich dem weißen Berge näher kam, und erzählte dem aufhorchenden Kleinen von ihm als der verzauberten Prinzessin und ihrem grauen finsteren Wächter, dem Waxenstein. Dabei wurden mir wohl auch die Augen feucht. »Sei nich traurig, Mamachen,« tröstete mich mein Kind. »Ein großer Held wird kommen und die Prinzessin befreien!« Einmal, als wir wieder zu dem stillen See aufwärts gingen, plauderte er lustig von den Kühen und den Blumen. Dann wurde er plötzlich still, ein grübelnder Zug trat in sein rundes Kindergesichtchen, und seine Wangen färbten sich dunkler. »Der Hansei will Kutscher auf'n Stellwagen werden,« begann er unvermittelt; »ist das nicht dumm?!« Ich nickte zerstreut. Er schwieg wieder. Als wir uns aber im Walde lagerten, zog er meinen Kopf dicht an den seinen und flüsterte aufgeregt: »Ich muß dir ein großes Geheimnis sagen, -- dir ganz allein. Ich will ein Held werden und alle schl$ uf dem Schiff fanden sich die übrigen Reisegefährten ein: neunundvierzig Journalisten, unter denen ich die einzige Frau war. Ich empfand, wie meine Anwesenheit sie beunruhigte. Sollten sie mich als Dame oder als Sozialdemokratin behandeln? Sie entschlossen sich in der Mehrzahl, ihrer politischen Gesinnung auch auf dem neutralen Boden unseres Dampfers unverfälschten Ausdruck zu geben. Offenbar störte es sie nur, daß ich ihnen durch mein Benehmen keinen besseren Anlaß dazu bot. Ich kümmerte mich wenig um sie; mit durstigen Zügen atmete ich die frische Salzluft ein, und mit jeder Meile, die wir uns von der Küste entfernten, fiel mehr und mehr von mir ab, was lastend und quälend mein Herz bedrückte. Ich stand lange am Zwischendeck, wo sie beieinander hockten, all die Männer, Frauen und Kinder, die das Vaterland ausgestoßen hatte. In dem Antlitz der meisten blitzte etwas wie Zukunsfshoffnung auf. Fast dünkte es mich beneidenswert: das alte Leben hinter sich zu lassen und nur mit dem leichten Bündel unter dem Arm e$ s, und der Kaiser ist der Ihre. »... Für die Königliche Staatsregierung steht es nach wie vor fest, daß die Übertragung des Reichstagswahlrechts auf Preußen dem Staatswohl nicht entspricht und daher abzulehnen ist. Auch kann die Königliche Staatsregierung die Ersetzung der öffentlichen Stimmabgabe durch die geheime nicht in Ansicht stellen.« Scharf, ohne die liebenswürdigen Floskeln des Weltmannes, ohne das verbindliche Lächeln des Diplomaten, klingt die Erklärung durch den Das Volk draußen wartet. Da nahen neue Schutzmannspatrouillen; hart schlägt ihr Tritt auf den Asphaltboden auf, Pferdehufe klappern dazwischen, -- die Begleitung zum Text des Kanzlerliedes. Das Volk zieht sich zurück. * * * * * Zwei Tage später. Ein heller Wintersonntag. Mittags Unter den Linden das gleiche Bild wie immer: flanierende Damen und Herren, Offiziere und Studenten, hinter den Spiegelscheiben der Kaffees neugierige Sonntagsbummler. Wir gehen langsam dem Schloßplatz entgegen. Schutzleute erscheinen.$ chnet man fast jedes Schleifpulver mit dem Namen Smirgel und belegt die aller verschiedensten Substanzen mit diesem Namen. Die harte Art des _lapis ostracites_ der Römer, die zum Schnitte der Gemmen diente, und die blaue _Cadmites_ können hieher gehört haben;--das _naxium_ der Römer kam nicht von der Insel Naxos, sondern von der Stadt Naxia auf der Insel Creta, diente zum Schleifen des Marmors und war ein gepulverter, geschlemmter Wetzschiefer. _clach-smior_ im Gälischen;--_[Greek: smerilion]_ im Neugriechischen;--_naschdak, naidach_ im Russischen;--_szmergiel, szinergiel_ im Polnischen;--_shelesnast kamen_ im Windischen;--_smergel_ in [im] Magyarischen;--_emeril corindon granulaere_ in [im] Französischen;--_esmeril_ im Spanischen und Portugiesischen;--_emery_ im Englischen;--_smeriglio_ im Italienischen;--_amaril, smergel_ im Holländischen, Dänischen, Schwedischen. B. _Die dem Jakut oder Korund verwandten Edelstein-Gattungen der orientalischen Schriftsteller, die wir noch nicht mit Sicherheit zu deuten a. De$ Mittelalter hiessen die lavaartigen Gesteine _lavia, laveria_, in Sicilien _frita_; auch nannte man sie _piperinus_, woher unser Name peperino, womit man vulkanischen Tuff Poröse, feste Abänderungen von basaltischen Gesteinen, liefern seit den ältesten Zeiten vortreffliche Mühlsteine in Griechenland, Italien, am Rhein u.s.w., daher man den Basalt und ähnliche Gesteine als Mühlsteine bezeichnete. _[Greek: milodês, myliai]_ (d.i. Mühlstein) im Griechischen, auch _[Greek: pyromachos lithos]_, weil sie durch Feuer (_[Greek: pyr]_) entstanden, und _[Greek: rhyax]_, das Geflossene, von _[Greek: rheein]_ fliessen;--_[Greek: mylax, mylopetra]_ im Mittelalter;--_lapis molaris_, auch _silex niger, tusculanus_ im Lateinischen; der _lapis anicianus_, jetzo manziana, ist Lava mit vielem glasigen Feldspath. _selce_ (von silex) im Italienischen. Der selce romano ist offenbar der niger silex von Plinius, der tophus niger von Vitruv, eine Lava von monte albano und Capo di Bove, die als Pflasterstein dient. _gné-cloiche, air-$ ribus, wie Agricola, Boetius de Boot u.s.w.; erst seit Cronstedt (1758) wurde der Kalkspath näher fixirt. Nach der Form bekam er besondere Namen, als Schweinszahn, Nagelkopf, Hahnenkamm und viele andere. Mit welchem Namen man ihn im classischen Alterthume bezeichnete, ist unbekannt, die von Plinius erwähnten: pangonius, ceponius, leucochrysos, melichrysos u.s.w. können hierher gehören. Die Orientalen werden ihn unter den Namen für Krystall begriffen haben (s. _spath culcaire_ im Französischen;--_lime spar_ im Englischen;--_meszkovalz_ im Magyarischen;--_wapanec, uhlan wapnicity_ im Czechischen;--_weglan wapna blaskowy_ im Polnischen. * * * * * #§. 5. Flussspath-Gruppe.# Flusssaurer Kalk, theils derb, meist krystallisirt. Die Krystalle, meist ziemlich durchsichtig, sind verschieden, oft schön gefärbt, grün, gelb, roth, blau, daher man sie früher als falschen, unächten Smaragd, Amethyst, Sapphir u.s.w. bezeichnete, auch Topasfluss, Smaragdfluss u.s.w. nannte (fausse emeraude,--ame$ nd in grossen Stücken brach, wie d) der _chrysopastus_ und _chrysolampes_, auch wohl der _chrysolithus_ der Römer und Griechen (s. oben unter Chrysolith), _chryselectrum_ und _xanthus_. Zu den phosphorescierenden Steinen dürfte auch wohl die _Ceraunia_ gehört haben.--belur (d.i. Krystall) und _seberget_. (d.i. wahrscheinlich Chrysolith) nennen die jetzigen Einwohner von Aegypten den Stein der Insel topaze, welcher unser Flussspath seyn _paz_ im Hebräischen, und _tuphasjon_ im Syrischen, wird mi [mit] [Greek: pazion] und [Greek: topazion] im Griechischen zusammenhängen. _ssila_ im Persischen, heisst jetzo (nach Ebersmann Reise nach Buchara 1823 Pag. 74) auf dem Edelsteinmarkte von Buchara, der ungeschliffene Flussspath, _finussa_ der geschliffene, der mit Lasurstein ans Badakschan _fzazejon_ im Aethiopischen, wird mit äthiopischem Topas übersetzt, so auch _Warawere_ (von warek das Gold) und _tankar_ (von tankara das Gold im Abessinischen);--_zahebem wareke_ ist im Amharischen ein Stein von Goldfarbe mit Topas $ * * * #§. 6. Tellur oder Silvan#. Die Tellurerze kommen fast nur in Siebenbürgen, vorzüglich bey Nagyag aber in beträchtlichen Massen vor, wurden hier als reiche Golderze wohl seit den ältesten Zeiten gewonnen, man bezeichnete sie als antimonialische Erze, als aurum paradoxum-album, problematicum, Klaproth entdeckte in denselben ein eigenes Metall, das er Tellur nannte, von tellus die Erde; fast gleichzeitig auch Kirwan, der es Silvan nannte (von Transsilvania, Siebenbürgen). Selten ist das gediegene, fast reine Tellur, ein flüchtiges Metall, dem Antimon und Arsenik verwandt, viel häufiger sind die Legierungen mit silberhaltigem Golde, die verschiedene Namen haben, und eine verschiedene chemische Zusammensetzung, wie Blättertellur, das mir etwa 10prct. Gold enthält, Schrifttellur, mit etwa 30prct. Gold und 10prct. Silber, Weisstellur mit 27prct. Gold und 9prct. Silber. Der Bergbau in Siebenbürgen ist offenbar seit ältester, selbst vorgriechischer Zeit, wohl von keltischen Völkern betrieben, stets $ ührt er die Menschen, an ihn zu glauben statt an seine Welt und an Gott. Er ist immer zugleich Verführer und Verführter, während der schöpferische Mensch Führer ist; er ist stets der Sklave seiner Eingebungen, Ideen, Worte und Gestalten, indes der schöpferische Mensch immer Herr ist. Und je mehr er seinem Werk Notwendigkeit, Freiheit und Gültigkeit verleihen will, desto mehr muß er seine Fähigkeit überspannen, die Empfänglichkeit seiner Sinne dem Krampfhaften, also dem der Natur Feindlichen nähern, und niemals das Göttliche, höchstens das Titanische ist sein Gipfel. Dieser unausgesetzte Kampf ist ohne die äußerste Wachsamkeit kaum zu denken; in der Tat ist der Psycholog das wachsamste Geschöpf der Welt. Wo der Dichter träumt, ist er wachsam. Eine solche Wachsamkeit hat zur Folge, daß er über alle Vorgänge seines Innern und zuletzt über die Art und Wirkung des Zwiespalts, in dem er sich befindet, aufs genaueste unterrichtet ist. Jener Kampf führt nie zu dauernder Entscheidung; in jedem Augenblick fällt die Ent$ r es darf, wie das lebendige Geschöpf, nicht um seiner selbst willen existieren. Weiter können wir in unserer Erörterung kaum gelangen. Hier ist schon die Grenze des Traumes und der Träumerei. _Fünf Jahre später_ Daß uns der Zufall auf einer Reise zusammenführt! Man könnte glauben, du habest mich während all dieser Zeit geflissentlich gemieden. Wie könnte ich mich unterfangen! Du bist ein berühmter Mann geworden, ich sinke mehr und mehr ins Dunkel zurück. Hoffentlich hat mir dieser sogenannte Ruhm nicht deine gute Meinung Das wäre nur der Fall, wenn er dich zur Selbstgenügsamkeit verführte. Solche Leute stehen als Leichname inmitten ihrer Werke, und ihre Werke sind krankgeborene Kinder, zu frühem Tod bestimmt. Vor allem, es gibt doch zweierlei Arten von Ruhm. Der eine geht von dem Zeitlichen, Zufälligen, Augenblicklichen, Problematischen unserer Taten aus; er kann dem echten wie dem verlogenen Werk gleicherweise zu Teil werden und hat wenig zu schaffen mit dem andern Ruhm, der durch unser ganzes Wesen bedingt$ sein Unrecht einsehen, denn dann erst würde er erfahren, was es heißt, betrogen und bestohlen werden, einsam und elend sein. Und er selbst, was sollte er beginnen? Nun, er war ja noch nicht alt; wenn er für sich allein war, konnte er noch mancherlei anfangen. Als Knecht zum mindesten fand er überall sein Unterkommen. Aber während diese Gedanken durch seinen Kopf zogen, blieben seine Augen immer auf den Bruder geheftet. Und er sah ihn plötzlich vor sich, allein am Rande einer sonnbeglänzten Straße auf einem Stein sitzen, mit den weit offenen, weißen Augen zum Himmel starrend, der ihn nicht blenden konnte, und mit den Händen in die Nacht greifend, die immer um ihn war. Und er fühlte, so wie der Blinde niemand anderen auf der Welt hatte als ihn, so hatte auch er niemand anderen als diesen Bruder. Er verstand, daß die Liebe zu diesem Bruder der ganze Inhalt seines Lebens war, und wußte zum ersten Male mit völliger Deutlichkeit, nur der Glaube, daß der Blinde diese Liebe erwiderte und ihm verziehen, hatte ihn all$ rsönlichkeit ... In Geijerstam kündigt sich eine neue Weltanschauung an, noch viel zu unentwickelt, um in den Rahmen von zehn Geboten gefaßt zu werden, doch aber recht eigentlich die Weltanschauung des Menschen, der nicht die Kraft, dafür aber die Zartheit seiner eigenen Empfindungen besitzt. -- Eine neue Frucht der Erkenntnis gleißt aus der grünen Blätterpracht dieser Erzählungen! Aus dem Stamm des sozialen Mitleidens ist sie erwachsen. Menschen mit verfeinerten Empfindungsorganen werden danach greifen und werden -- wie das immer war -- beides daraus schmecken: Tod und Leben. (Frankfurter Otto Erich Hartleben Ausgewählte Werke in drei Bänden Auswahl und Einleitung von Franz Ferdinand Heitmüller. Mit dem Bilde des Dichters. Preis geheftet 8 Mark, in drei Pappbänden gebunden 10 Mark, in drei Ganzpergamentbänden 15 Mark. 1. Bd.: Gedichte: Einleitung / Die Gedichte vollständig. 2. Bd.: Prosa: Die Serenyi / Die Geschichte vom abgerissenen Knopfe / Wie der Kleine zum Teufel wurde / Vom gastfreien Pastor / Der Einh$ unvermittelt zu ihm: »Hast du nun dein Urteil revidiert? Gibst du nicht zu, daß das ein Geschöpf ist, wie es so vollendet nur aus der Meisterhand Gottes hervorgehen kann?« Und als er nur mechanisch nickte, fügte ich hinzu: »Ich hoffe, daß du mich nicht mißdeutest, und daß du meine Worte so auslegst, daß wir uns auch weiterhin gerade in die Augen sehen können.« »Mehr brauche ich nicht zu wissen«, entgegnete er ernst und anscheinend überrascht. Er besuchte von da an das Westermarksche Haus nicht mehr. Warum ich die Art meines Verhältnisses zu Aurora vor dem Verdacht eines Freundes schützen zu müssen glaubte, weiß ich kaum. Ich hatte keinen Zweifel an ihrer Ehre und Reinheit. Aber das namen- und gesichtslose Hörensagen, unter dem ihr Ruf litt, war eine Qual sondergleichen für mich. Ich hätte mich gerne gestellt, aber wie durfte ich dies, wer hätte mir das Recht dazu eingeräumt? Ein Blick, ein zweideutiges Lächeln, ein Achselzucken, ein irrlichterndes Wort dann und wann, es überlief mich kalt, wenn ich dessen nur$ hieß, auch den überseeischen Kapitän oder den hübschen lebhaften Studenten, der einer Frühlingsliebe am Meer entstammte, aber wir alle waren gegen Henriette wie blasse Sterne gegen den Mond. Wie wunderlich, daß aus der einzigen Verbindung, die sich in Alltäglichkeit und Haß verlor, sein Liebstes kam. Da er ihre Erziehung nur bis zum dritten Lebensjahr überwachen konnte und das Kind der Frau verbleiben mußte, hatte in der ersten Trennungszeit seine väterliche Sorge alle andern Interessen vertilgt. Er konnte nicht täglich das Haus einer Verabscheuten betreten, welche ihrerseits das nicht sehr geliebte Kind dem Wüstling, wie sie seinen Vater nannte, entfremden wollte. Der Vater bestach die Dienstboten, ja er wußte es durchzusetzen, daß eine ihm ergebene Person das Mädchen völlig in ihre Obhut bekam. Diese würdige Frau Jakobea führte Tag für Tag Henriette in die Wohnung ihres Vaters. Tag für Tag also, seit zwölf Jahren, hatte mein Vater eine paradiesische Stunde in dem kleinen Gemach, das nur für ihn und Henriet$ ehalt zu sagen. Es gebe Leute, fügte er hinzu, die sich für wahrheitsliebend hielten und doch unter Umständen ein Verschweigen, eine Lüge für erlaubt, ja sogar für verdienstlich ansähen. »Gehören Sie zu denen?« Sie zögerte einen Augenblick und sagte dann, indem sie die großen Augen fest auf ihn richtete: »Ja, das tue ich.« Ihre kleinen, verarbeiteten und nicht schön geformten Hände schlangen sich dabei fest ineinander. »Das sind ja gute Aussichten,« sagte =Dr.= Zeunemann. »Haben Sie, wenn ich fragen darf, von vornherein die Absicht, uns die Wahrheit nur in Auszügen und Bearbeitungen zuzuteilen?« Sie schüttelte den Kopf und lächelte, ein lustiges Lächeln, das im Nu ihr ganzes Gesicht überrieselte. »Nein, nein,« sagte sie treuherzig, »ich habe die Absicht, die Fragen, die Sie an mich richten werden, nach bestem Wissen und Vermögen wahrheitsgemäß zu beantworten. Es ist ja nicht gesagt, daß die vorhin erwähnten Umstände hier vorliegen.« »Nun das ist brav,« sagte der Vorsitzende. »An die schweren Folgen eines Mein$ ,« sagte Fräulein Schwertfeger, indem sie mit einer heldenmütigen Anstrengung die bei der Erinnerung aufsteigenden Tränen verschluckte, »nicht besonders, nur im Anfang zitterte die Stimme ein wenig. Dann sagte ich, daß ich nicht gern mit Testamenten und solchen Sachen zu tun hätte, besonders wenn es sie anginge. Aber sie hätte ganz recht. Wenn man Vermögen besäße, müsse man ein Testament machen, und sie hätte es schon längst tun sollen. Was sie denn mit ihrem Gelde vorhätte, wenn ihre Verwandten es nicht bekommen sollten? Sie wurde darauf sehr verlegen und machte eine lange Vorrede, ich würde gewiß erstaunt sein und sie auslachen und sie schelten, bis sie mir endlich sagte, daß sie =Dr.= Deruga zu ihrem Erben einsetzen wollte.« »Bitte, einen Augenblick,« unterbrach =Dr.= Zeunemann. »Ihre Freundin setzte voraus, daß der Entschluß Sie überraschen würde. Hatte sie früher einmal andere Pläne geäußert? Wenn man Sie vorher nach den Absichten Ihrer Freundin gefragt hätte, hätten Sie gar keine Ahnung oder Meinung geh$ Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert. -- Aber in dem Augenblick ertönte es über seinem Haupte wie ein Dreiklang heller Kristallglocken; er schaute hinauf und erblickte drei in grünem Gold erglänzende Schlänglein, die sich um die Zweige gewickelt hatten und die Köpfchen der Abendsonne entgegenstreckten. Da flüsterte und lispelte es von neuem in jenen Worten, und die Schlänglein schlüpften und kosten auf und nieder durch die Blätter und Zweige; und wie sie sich so schnell rührten, da war es als streue der Holunderbusch tausend funkelnde Smaragde durch seine dunklen Blätter. Das ist die Abendsonne, die so in dem Holunderbusch spielt, dachte der Student Anselmus: aber da ertönten die Glocken wieder und Anselmus sah, wie eine Schlange ihr Köpfchen nach ihm herabstreckte. Durch alle Glieder fuhr es ihm wie ein elektrischer Schlag, er erbebte im Innersten -- er starrte hinauf, und ein Paar herrliche dunkelblaue Augen blickten ihn an mit unaussprechlicher Sehnsucht, so daß ein nie gekan$ Hut auf den Kopf und eilte, den Registrator Heerbrand und den Studenten Anselmus bei Seite schiebend, mit vielem Geräusch die Treppe hinab, so daß beide ganz verblüfft dastanden und die Stubentür anguckten, die er dicht vor ihnen zugeschlagen, daß die Angeln klirrten. »Das ist ja ein ganz wunderlicher alter Mann,« sagte der Registrator Heerbrand, -- »Wunderlicher alter Mann,« stotterte der Student Anselmus nach, fühlend, wie ein Eisstrom ihm durch alle Adern fröstelte, daß er beinahe zur starren Bildsäule geworden. Aber alle Gäste lachten und sagten: »Der Archivarius war heute einmal wieder in seiner besonderen Laune, morgen ist er gewiß sanftmütig und spricht kein Wort, sondern sieht in die Dampfwirbel seiner Pfeife oder liest Zeitungen; man muß sich daran gar nicht kehren.« -- »Das ist auch wahr« dachte der Student Anselmus, »wer wird sich an so etwas kehren! Hat der Herr Archivarius nicht gesagt, es sei ihm ganz ungemein lieb, daß ich seine Manuskripte kopieren wolle? -- Und warum vertrat ihm auch der Regi$ wird in besondere Schälchen oder hölzerne Teller (_uwit_) gegossen und mit einem gefalteten Bananenblatt als Löffel gegessen. Falls ein Kessel nicht vorhanden ist, werden die Fische geröstet. Alle Fleischarten werden auf die gleiche Weise wie der Fisch zubereitet; der Bratprozess ist gänzlich unbekannt, obgleich das hierfür geeignete Tengkawang Fett vielfach vorkommt und auch als Zuspeise verwendet wird. Zahme Schweine und Hühner werden nur bei religiösen Festmahlzeiten genossen, während Wild auch an gewöhnlichen Tagen als Zuspeise gegessen wird. Salz wird niemals beim Kochen hinzugefügt, sondern stets nur als Leckerbissen in kleinen Stückchen nebenbei gereicht. Als Würze für die Speisen dienen verschiedene essbare Blätter; am beliebtesten sind die Blätter der Bataten (Ipomoea Batatas) und die jungen Farnspitzen von Polypodium nigrescens Bl. Für lange Reisen, oder wenn Zeit und Gelegenheit zum Kochen fehlen, nimmt man in Bambusgefässen oder in Palmblättern gerösteten Klebreis, unverändert oder in Form von gro$ are_ entdeckt habe. Während der Reise warfen meine Träger mit Steinen und Holzstücken nach allen Höhlen und Felsen, die für Wohnsitze von Geistern galten. Einst sah ich einen Mann den Mond anspeien, ich weiss nicht aus welchem Grunde. Als weitere Abschreckungsmittel für böse Geister dienen auch menschliche Phantasiegestalten, deren Genitalien übertrieben gross dargestellt werden. Derartige Figuren, mit Schild, Schwert und Speer bewaffnet, werden, besonders wenn Krankheiten im Lande herrschen, an den Pfaden längs des Flussufers aufgestellt. Auch Genitalien an und für sich sind im stande, andringende Geister zu verscheuchen; sie werden daher in roher Form aus Holz geschnitzt häufig auf Treppen und Bretterstegen angebracht. Wie im Kapitel über Kunst gezeigt werden wird, hat dieser Glaube den Bahau die eigenartigsten Motive für die Verzierung ihrer Häuser, Waffen und Gerätschaften geliefert. Aus der Schöpfungsgeschichte der Kajan geht hervor, dass ihre Götter und Geister vor geschlechtlichen Beziehungen ein Grau$ rzt sie z.B. von der Brücke in den Fluss, so fressen sie die Fische und sie ist vernichtet. Die Unsterblichkeit der _bruwa_ ist somit eine begrenzte. Die Seelen der _matei saju_, eines schönen Todes Gestorbenen, und der _matei dja-ak_, eines schlechten Todes Gestorbenen, wandern zuerst auf gemeinschaftlichem Pfade, dann aber findet Dreiteilung des Weges statt: rechts führt ein Weg zum _Apu Kesio_, links führen zwei Wege, von denen der eine durch Schwerter, der andere durch Gonge bezeichnet ist, zu anderen Anfenthaltsorten, die für die eines gewaltsamen Todes Gestorbenen bestimmt sind. Die Verunglückten, Erschlagenen, Selbstmörder u.s.w. schlagen den Weg der Schwerter, die Frauen und Kinder, die während oder kurz nach der Geburt gestorben sind, dagegen den der Gonge ein. Was die zweite Seele der Bahau, die _ton luwa_, betrifft, so ist sie zeitlebens mit seinem Körper fest verbunden. Erst wenn der Leib gestorben ist, verlässt auch diese Seele die stoffliche Hülle. Die _ton luwa_ bleibt jedoch auf dem Begräbniss$ grossen Scharen zur _ladang_ und sammelt dort die schwarzen, fingerdicken Wurzeln, die man zu Bündeln von 1 Fuss Länge und 2 dm Dicke vereinigt. Binnen weniger Tage, wenn ungefähr 200 Bündel zusammengebracht worden sind, kann der Fischzug in einem Flüsschen beginnen. So fuhren eines Tages bei Sonnenaufgang viele Männer mit der _tuba_ in Böten an den Platz voraus, wo der Fang stattfinden sollte. Etwas später begaben sich auch die Frauen, Mädchen und Knaben zum Fluss und auch ich nahm in einem der schwankenden Fahrzeuge Platz, in welchem mich einige Männer flussaufwärts ruderten. Der Schauplatz der Jagd war ein kleines Flüsschen, in dem unser Nachen bald hier bald dort über eine Geröllbank geschoben werden musste. Das nur 20 m breite Gewässer schlängelte sich, von den Uferbäumen völlig überdacht, zwischen urwaldbedeckten Hügeln hindurch. Nach einstündiger Fahrt, als das Boot nicht weiter konnte, führte uns ein Waldpfad längs dem Ufer weiter hinauf. An einer buchtartig verbreiterten Stelle des Flusses stiessen$ düster. Die Häuser der Taman werden nicht, wie die vieler anderer Stämme, alle paar Jahre von ihren Bewohnern verlassen; sie sind daher auch von zahlreichen alten Fruchtbäumen: Kokospalmen, Duku, Durian, Rambutan und Blimbing umgeben, die als dunkelgrüne Wäldchen aus Reisfeldern und Gestrüpp hervorragen. In einiger Entfernung vom Hause bepflanzen die Taman ganze Felder mit Bananen; die anderen Fruchtbäume würden dort zu viel von Affen, Eichhörnchen und Vögeln zu leiden haben. Da unser Zug zum Mahakam bereits monatelang am oberen Kapuas besprochen worden war, strömte bei unserer Ankunft die ganze Bevölkerung von Siut herbei und forderte uns auf, in ihren Häusern zu übernachten. Der Kontrolleur _Barth_ und ich zogen es vor, unser Nachtquartier im neueren Hause am rechten Ufer aufzuschlagen, während _Demmeni_ und _Bier_ in ihren Böten übernachten wollten. Sie liessen diese mit dem Vorderteil auf eine Geröllbank ziehen und zwar mit dem Resultat, dass, als das Wasser nachts noch weiter fiel, der hintere Teil des $ Hautkrankheiten der Bahau besitzen alle die gemeinsame Eigenschaft, dass sie mit parasiticiden Mitteln schnell zu kurieren sind. Die Genesungsdauer hängt, in noch höherem Masse als von der Krankheit selbst, von der Dicke der Epidermis an der betreffenden Stelle, auf welche das Medikament einwirken muss, ab. Um das Eindringen der wirksamen Bestandteile in die tieferen Hautschichten zu befördern, benützte ich wässerige Lösungen antiseptischer Mittel, z.B. Sublimat oder eine Chrysarobinlösung in Äther und Alkohol, welche ich mittelst Mackintosch am Verdunsten verhinderte. Die besten Erfahrungen machte ich jedoch beim Behandeln der Eingeborenen mit Jodtinktur, die wegen der Flüchtigkeit des Jod tiefer als die beiden anderen in die Haut eindringt. Eine wiederholte Anwendung dieser Mittel hat stets eine bedeutende Besserung und häufig auch eine völlige Genesung, selbst nach jahrelangem Bestehen der Krankheit, zur Folge. Da, wo das Corium und das Rete Malpighii blossliegen, sind parasiticide Salben von guter Wirkung$ r viereckigen Fläche, auf der als Motiv nur ein Bogen angegeben ist, zu Gebote steht. Der den unentwickelteren Völkern so häufig gemachte Vorwurf, dass ihre Kunst von Armut zeuge, trifft für die Bahau in diesem Fall nicht zu. Das Gleiche gilt auch für die Seitenstücke, die rechts und links vom Mittelfelde angebracht werden und die stets Stilisierungen von Federn des Argusfasans vorstellen. Die Long-Glat bezeichnen sie als "_kenjuj jauk du_". Auch hier habe ich das kaufen müssen, was man mir gerade abtreten wollte. So ist von den Mustern, die ich erhielt, nur dasjenige für die Schenkeltätowierung der Long-Glat vollständig; dagegen fehlen bei den fünf (Tafel: Tätowierung I.) abgebildeten Mustern bei a und b das obere Ende, während c, d und e nur kleine Stücke des Ganzen vorstellen. Alle diese Muster haben die schönen Augen auf den langen Flugfedern (_kerip_) des Argusfasans (_kwe_) zum Motiv und es spricht für die Phantasie der Bahau, dass sie die auch im übrigen schöne Zeichnung auf der Feder nicht ohne weiter$ die Pflanzen der frischen Luft aussetzen konnte. Kurz darauf erschienen fünf Long-Glat, die _Njok_ in seiner Besorgnis geschickt hatte, um auf uns und unsere Böte zu achten. Sie erzählten, dass _Njok_ am vorigen Abend vor Erregung nicht hatte essen können. In unserem feuchtkalten Schlupfwinkel, in wenigen Metern Abstand vom brausenden Fluss, verbrachten wir drei Tage, während welcher das Wasser abwechselnd 6 m stieg und dann um ebensoviel wieder fiel. Da der Wald sehr steil anstieg, konnten wir uns keine Bewegung verschaffen, doch gewährte das wilde Tosen der Wasser im Kiham Udang einen prachtvollen Anblick. Am 16. Mai, als das Wasser zwar etwas gefallen war, aber doch noch mit grosser Schnelligkeit an unserem Schlupfwinkel vorüberschoss, äusserten des Morgens vier unserer Long-Glat den Wunsch, mit ihrem Boot bis nach Uma Wak zurückzufahren, um dort ihren Vorrat an Sirihblättern zum Betelkauen zu erneuern. Obgleich ich das Unternehmen sehr gewagt und mit dem Anlass in keinem Verhältnis fand, war ich doch zu $ arang. Seite 120, Zeile 19 und 22 von oben Reisrispe statt Reishalm. Seite 120, Zeile 14-15 von unten von der Rispe statt von dem Reishalm. Seite 121, Zeile 6 von oben wird der Reis statt werden die Reishalme. Seite 124, Zeile 3, 5, 14, von unten _mela_ statt _mela_. Seite 125, Zeile 6, 7, von oben _mela_ statt _mela_. Seite 211, Zeile 16 von oben Weissmacht statt weismacht. Seite 224, Teile 16 von unten sollte es statt sollten sie. Seite 245, Zeile 8 von oben troff statt triefte. Seite 288, Zeile 7 von oben Bodenfläche statt Oberfläche. Seite 429, Zeile 10 von oben 1/2 gr Chinin statt 1 1/2 gr Chinin. Seite 429, Zeile 15 von unten Sternocleido-mastoidei statt Sterno-mastoide. [1] H. Steinthal in: Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen auf Reisen von Dr. G. Neumayer. [2] Den Titel "Resident" führt in niederländisch Borneo der höchste Regierungsbeamte; auf ihn folgt der Assistent-Resident und in dritter Rangstufe der Kontrolleur. [3] Dr. _G.A.F. Molen$ r, an diesem Tage nicht weiter zu fahren, sondern zu beraten, wie uns aus der kritischen Lage zu helfen sei. In den letzten Strahlen der untergehenden Sonne trocknete ich meine Uhr, meinen Revolver, den geologischen Kompass und meine Kleider. Als unsere Männer den ersten Schrecken überwunden zu haben schienen, wurde in einem Kriegsrat bestimmt, dass ich mit nur einem Boote und der nötigen Bemannung ohne Aufenthalt bis zum Blu-u durchreisen und dafür sorgen sollte, dass man _Bier_ von dort aus so schnell als möglich mit Reis versah. Eile war um so gebotener, als am folgenden Tage das Wasser so schnell stieg, dass wir nicht abfahren konnten und von unserem wenigen Reis zehren mussten. Die Kajan, die zurückbleiben sollten, fürchteten sich hauptsächlich vor dem Hunger und meinten daher, es sei unmöglich, jetzt noch den Kaso hinaufzufahren. _Bier_ und ich hatten unter den obwaltenden Umständen an die Ausführung dieses unseres anfänglichen Planes überhaupt nicht mehr gedacht, da wir nun aber sahen, dass die Kajan i$ grossen, schweren Brettern, welche für die Diele in der Galerie bestimmt waren. Je zwei Familien hatten ein solches Brett fertig zu stellen. Der Hausbau lag _Kwing Irang_ so am Herzen, dass ihm sein Entschluss, mich jetzt schon auf der Reise zu begleiten, sehr viel Selbstüberwindung gekostet haben musste. Während wir in grosser Einförmigkeit, so gut es eben ging, die folgenden Tage verbrachten, wurden wir eines Mittags durch einen grossen Menschenauflauf erschreckt, der sich nach dem unten am Fluss liegenden Teil der Niederlassung bewegte. Voll Neugier schlossen wir uns den Leuten an und bemerkten bald eine grosse, mitten aus einer langen Häuserreihe aufsteigende Rauchwolke. Beim Gedanken an das viele trockene Holz, aus dem das Dorf bestand, wurde uns Angst, doch sahen wir sogleich, dass das Feuer sich nicht weiter ausbreitete. Einige Männer, die unter lautem Geschrei auf das Dach geklettert waren, schlugen mit Schwertern von den angrenzenden Häusern die Schindeln los und warfen sie hinunter. Auch von Innen $ eder Bahau, dem es an Zeit und Fähigkeit nicht mangelt, verziert seine täglichen Gebrauchsgegenstände gern mit mehr oder weniger hübschem Schnitzwerk; doch leistet er selten etwas sehr Gutes, weil er ausschliesslich für sich selbst arbeitet. Anders verhält es sich mit der Schnitzerei von Griffen und Scheiden; diese Kunst wird von Personen betrieben, die sich in ihr besonders üben und überhaupt nur dann zum Schnitzen der schönsten Produkte, u.a. Schwertgriffe aus Hirschhorn, berechtigt sind, wenn sie dem Geist, der sie beseelt, Opfer von bestimmter Grösse gebracht haben. Die primitive Schnitzerei der Laien wird also ohne Beseelung geübt, während ein Kunstwerk nur mit Hilfe eines Geistes aus Apu Lagan entstehen kann. Bei den Mahakamkajan muss ein junger Mann, bevor er aus Eisenholz einen hübschen Griff oder eine Scheide zu schnitzen beginnt, erst durch eine _dajung_ seinem Geiste ein Huhn zum Opfer anbieten lassen (_mela_), und will er seine. Kunst an Gegenständen aus Hirschhorn erproben, so muss er vorher eine$ zierten Bambusbüchsen verdanken ihre Schönheit zum Teil den kunstvoll gewundenen Spirallinien, die, wie an den Verzierungen auf Tafel 68 mehrfach zu sehen ist, mit ihren Enden ineinander verschlungen sind. Diese Spiralen laufen häufig in viele Enden aus und tragen an diesen eigentümliche Verzierungen, wie z.B. in Fig. b. In diesem Unterteil der Verzierungen bestehen zahlreiche Variationen; die bei i in Fig. a gibt uns jedoch Aufschluss über die ursprüngliche Bedeutung derselben. Aus der Form der Spiralenden ist nämlich zu ersehen, dass diese umgebildete Köpfe von Rhinozerosvögeln darstellen. In dieser Figur a sind bei I an beiden ineinander geschlungenen Spiralenden folgende Teile zu erkennen: zunächst der Kopf mit dem schwarzen Auge, der in den langen Schnabel ausläuft. Dieser bleibt hier in seiner oberen und unteren Hälfte getrennt; die Erhebungen auf ihm stellen das Horn vor. Die beiden Unterschnäbel winden sich völlig umeinander hin, während die Oberschnäbel parallel an diesen hinlaufen, jedoch etwas kürz$ hantastischen Stilisierungen eines Pantherkopfes, der das Zentrum der beiden Muster bildet, heissen diese _tap kule_ (Panthermuster). Um diese Formen zu begreifen, müssen wir sie mit dem _kohong ledjo_ von b auf Tafel 70 vergleichen. Bei der in der Mitte dieses Musters vorkommenden Maske sind die Augen deutlich mit roten Kreisen begrenzt, in der Maske im Mittelstück von Fig. a auf Tafel 72 sind sie mit blauen und roten Perlen bezeichnet, die zwei dicke, eckige, nach aussen offene Bögen im braunen Grunde bilden. Im _kohong ledjo_ ist die Nase durch zwei weisse, in Schnörkel auslaufende Linien angedeutet, in Fig. a durch die nach aussen und unten gerichteten schwarzen, dünnen Linien, die sich ebenso unten am Rand nach innen umbiegen, wo die schwarzen Schnörkel mit mehreren Strahlen versehen sind. Die beiden in schwarz oben auf dem _kohong ledjo_ als Verzierung vorkommenden Schnörkel sind auch in dieser Maske zu finden, doch sind sie hier rot und nach aussen statt nach innen gerichtet. Neben diesem Hauptmotiv ko$ die Kajan ihren Reisvorrat gegen hohen Preis in Long Deho zu verkaufen, um, sobald der fast ununterbrochen hoch bleibende Wasserstand es gestattete, die Heimreise anzutreten. Als das Wasser schliesslich doch nicht fiel, machten sie sich in _Kwings_ Gesellschaft mit fast leeren Böten trotzdem auf den Weg, mit dem Versprechen, möglichst bald dem Vogelflug nachgehen und beim nächsten Neumond wieder zurückkommen zu wollen. Kaum waren alle fort, als _Lalau_, ein aus Long Blu-u bei mir zurückgebliebener Malaie, mir eine Botschaft von _Kwing Irang_, überbrachte. Nach ihm hatten die Kajan nicht die Absicht, zu mir zurückzukehren, falls ich ihnen nicht pro Mann und pro Tag. 2.50 fl und _Kwing_ das Doppelte als Reiselohn ausbezahlen wollte. Sehr wahrscheinlich hatte ich diese hohe Forderung dem Chinesen _Mi Au Tong_ zu danken, der, von der Küste wegen Schulden ins Innere geflohen, sich bei den Kajan auf hielt und in den letzten Wochen die Long-Glat um eine grosse Summe zu prellen versucht hatte, indem er vorgab, von de$ h wieder dick, nur waren sie wie wir durch die ständigen Reisehindernisse sehr enttäuscht und sprachen daher öfters den Wunsch aus, allein voraus zu fahren. Einige wollten gern weiter unten am Mahakam Rotang suchen, was ich nicht zulassen konnte, da die Kenja dort wegen der letzten Kopfjagden, die ihre Stammesgenossen verübt hatten, nicht sicher waren. Sobald sie merkten, dass sich unser Aufenthalt im Lager dem Ende nahte, beschlossen sie, der Seele eines Kameraden, der auf einer früheren Reise im Kiham Burung aus dem Boot geschleudert worden und ertrunken war, ein grosses Opfer zu bringen. Letzteres sollte in einem Packen Kattun bestehen, um den sie mich baten, und den sie mit langen Holzspähnen verzierten. Mit Rücksicht auf die reichlich zur Verfügung stehende Zeit wurde das Opfer diesmal nicht wie gewöhnlich im Vorüberfahren mit etwas Salz in einem Korbe an einen niedrigen Strauch gehängt. Sie wählten einen hohen, kerzengerade neben unserem Lager auf dem Ufer sich erhebenden Baum aus, der unten seiner Dick$ dgreiflich werden, bereiteten _Demmeni_ und ich uns auf unseren Gongen, auf denen wir zur Schau dasassen, auf einige schwierige Augenblicke vor. Anfangs wurde es jedoch nicht so schlimm. Die den Schädeln gegenüber versammelte Menge wuchs zwar sehr an und das Gedränge war weit stärker, als ich es bei den Bahau je erlebt hatte, aber anfangs drückte sich das Erstaunen nur in den Gesichtern aus und äusserte sich nur in zahlreichen èh-èh-Rufen, die nicht aufhörten und bei jeder Bewegung, die wir machten, an Zahl und Stärke zunahmen. Augenscheinlich befriedigten wir noch nicht ganz die Neugier der Menge, obgleich wir bereits auf Verlangen einen Ärmel und ein Hosenbein hinaufgestreift hatten zum Beweis, dass unsere Haut auch unter der Kleidung weiss war. Eine freundliche, lebhafte Frau, des Häuptlings Gattin, konnte ihre Wissbegierde schliesslich nicht mehr bezwingen, packte meinen Arm, streifte den Ärmel auf und strich sacht über meine Haut, wobei sie in viele bewundernde èh-Rufe ausbrach. Von ihren, in der Kenjasp$ Djalongs_ Tochter die Arbeit über einen Monat in Rückstand gebracht hatte. Überdies war, wie gesagt, der Reisvorrat der Kenja gerade jetzt sehr gering, weil das Jahr zuvor sehr viele Männer mit dem Häuptling nach Serawak gereist waren und der Reisbau deswegen weniger eifrig betrieben worden war. _Bui Djalong_ bat mich auch öfters um die Hilfe meiner Malaien, die dann morgens früh mit den Dorfbewohnern aufs Feld zogen und den ganzen Tag dort verblieben. Das rauhere Klima dieses in 600 m Höhe gelegenen Gebirgslandes machte seinen Einfluss in bemerkenswerter Weise auch auf die Artikel geltend, die von mir verlangt wurden. Vor allem forderten die Leute feste, dicke Stoffe; hübsche und feine, wie Seide und Sammet, wurden weit weniger gewürdigt. Mein weisser Kattun von guter Qualität fand z.B. so starken Anklang, dass ich trotz des grossen Vorrats bald sparsamer mit ihm umgehen musste. Für ein Stück dicken Kattuns, den ich zum Einpacken von Gesteinen mitgenommen hatte und der seiner Steifheit wegen nie die Kauflus$ ch Samarinda bringen sollte. _Kwing Irang_ behauptete, auch jetzt nicht gern mit dem Sultan von Kutei in Berührung kommen zu wollen, weswegen er mich auch nicht zur Küste begleiten könne. Er kam jedoch mit allen seinen Kajan mit zum Schiff, ebenso diejenigen Kenja, die nicht mit uns fahren sollten. Ich musste hier also von _Kwing_ Abschied nehmen. Zum Schluss hatte ich ihm doch sehr viel zu danken, wenn er auch durch die Eigentümlichkeiten seiner Rasse und seines Glaubens bei der Ausführung meiner Pläne viele Schwierigkeiten verursacht hatte. Obgleich ich nach beinahe 3 jähriger Reise mit einem Gefühl der Erlösung Abschied nahm, liess ich meine Reisegenossen doch mit Wehmut zurück und sehr leid tat es mir, als ich im folgenden Jahr hörte, dass _Kwing_ einige Monate nach seiner Heimkehr einem neuen Malariaanfall erlegen war. Während unseres Zusammenseins hatte er sich als der achtungswerteste Häuptling gezeigt, dem ich begegnet war, und die Rolle, die er am Ende seines Lebens bei der Einsetzung einer niederlän$ s auch ihr Charakter hiervon das Gepräge trägt, davon überzeugten wir uns bereits bei der Betrachtung ihrer religiösen Überzeugungen und Gebräuche. In den Charaktereigenschaften der Bahau macht sich hauptsächlich ein durch die Verhältnisse hervorgerufener Mangel an Energie geltend, wovon wir uns im folgenden bei einer Vergleichung mit den Charaktereigenschalten der Kenja überzeugen werden. Natürlich darf hierbei nicht übersehen werden, dass unter den vielen Individuen eines Stammes grosse Unterschiede vorkommen, die allerdings nicht so gross sind wie in einem höher entwickelten Gemeinwesen, das seinen Gliedern verschiedenere Verhältnisse zum Leben und zur Entwicklung bietet; doch treten auch bei den gleichförmigeren Existenzbedingungen der Bahaugesellschaft einzelne Persönlichkeiten stark vor der Umgebung hervor. Der Bahau ist im allgemeinen nicht tapfer; nie bin ich jemand begegnet, der sich für irgend etwas aufgeopfert hätte, und sobald mit einer Sache grosse Gefahr einer Verwundung oder gar Lebensgefahr ve$ sch essen, bei den Kenja ist dieses nur den Priestern verboten. Während die Bahau sich bei ihrem Reisbau nur wenig nach Trockenheit und Regen oder nach dem Zustand ihrer Felder richten, sondern alle Stammesglieder sich dem Häuptlinge fügen, der die erforderlichen Zeremonien für bestimmte Feldarbeiten verrichten lässt, beachten die Kenja diese sehr hinderlichen und nachteiligen Vorschriften nur in viel geringerem Masse. Zwar lässt auch bei diesen der Häuptling die nötigen Zeremonien ausführen, doch ist dann jeder frei, mit seinem Felde vorzunehmen, was ihm gutdünkt, wodurch die Ernteaussichten wesentlich gebessert werden. Die Bahau klammern sich ganz allgemein viel ängstlicher an ihre _pemali_ als die Kenja. Trotz eines jahrelangen Zusammenwohnens mit jenen fühlte ich mich doch verpflichtet, mich ebenso streng an ihre Auffassungen zu halten wie sie selbst. Nur in sehr dringenden Fällen wagte ich, in ihrer Verbotszeit auf Reisen zu gehen oder einen Kranken zu empfangen und war daher ebenso wie sie von der Ausse$ lebte gewissermaßen in zwei abgetrennten Kontinenten, mit der Gabe, im lichteren zu vergessen, was mich der finstere hatte erfahren lassen. Dort sozial angeschmiedet, sozial erinnert, an die Kaste gepreßt, Parteiung erkennend, Unbill wissend, im Häßlichen verwoben oder in Altes, Uraltes, Ahnenhaftes, krampfig, scheu, isoliert, meidend und oft gemieden; hier der Natur gegeben, in freundlicher Nähe zu ihr, durch ihren Einfluß, wenn auch immer nur vorübergehend, losgesprochen von nicht abzuwälzender Schuld und Anklagebürde, die sonst lähmend, ja zermalmend hätte wirken müssen. Über diese beiden Erlebnisgebiete hinaus, als Drittes dann die innere Landschaft, die die Seele aus ihrem Zustand vor der Geburt mit in die Welt bringt, die das Wesen und die Farbe des Traumes bestimmt, des Traumes in der weitesten Bedeutung, wie überhaupt die heimlichen und unbewußten Richtwege des Geistes, die sein Klima sind, seine eigentliche Heimat. Nicht etwa nur Phantasiegestaltung von Meer und Gebirge, Höhle, Park, Urwald, das para$ nen Korrekturen. p 075: Komma hinzugefügt: Markterfolg, literarische Geltung p 082: Trennung: ihr ge-geheimes -> geheimes Folgende Eigenheiten des Textes wurden beibehalten: p 076: wie von etwas sehr Geheimnisvollen (Geheimnisvollem?) p 086: Trotz des Zurückgewiesen (Zurückgewiesenen?) Das Originalbuch war in Frakturschrift gedruckt. Textauszeichnungen wurden folgendermaßen ersezt: Sperrung: _gesperrter Text_ Fettdruck: =fett gedruckter Text= Antiquaschrift: #Antiquatext# ] [Transcriber's Note: This ebook has been prepared from the first print edition, published in 1921 by S. Fischer, Berlin. The table below lists all corrections applied to the original text. p 075: added comma: Markterfolg, literarische Geltung p 082: hyphenation: ihr ge-geheimes -> geheimes The following peculiar spellings have been kept: p 076: wie von etwas sehr Geheimnisvollen (Geheimnisvollem?) p 086: Trotz des Zurückgewiesen (Zurückgewiesenen?) The original book is printed in Fraktur font. Marked-up text has been replaced by$ nes Erbtheil fast ganz eingebüßt. Mit gleicher Resignation, wie er, ertrug seine Gattin, eine geborne _Kieke_, die mannigfachen Entbehrungen, die ihres Mannes Lage zu fordern schien. Sie war eine stille, anspruchslose Hausfrau, die jede überflüssige Ausgabe zu vermeiden suchte. Mit inniger Liebe hing sie an ihrem Sohne, und diese Liebe verminderte sich nicht, als ihm noch ein Bruder geboren ward, der schon früh an Engbrüstigkeit litt, und bereits im Jünglingsalter starb. Seiner Amme verdankte Wieland, wie er in spätern Jahren erzählte, seine große Liebe zur Reinlichkeit. Als ihm einst der Dreier, wofür er sich beim Gange in die Schule sein Frühstück kaufen sollte, zufällig aus der Hand fiel, konnte er sich nicht entschließen, die sehr beschmutzte Kupfermünze wieder aufzuheben. Er zog es vor, hungrig die Schule zu betreten. Ein gewisser Ernst, der ihn selbst bei seinen jugendlichen Spielen nie ganz verließ, blieb ihm in seinen Knabenjahren eigen. Von Natur war er schwächlich. Aber bei dem Unterricht, den ihm s$ ie Hände fiel, begeisterte ihn dies Trauerspiel zu einem von Lob überströmenden Briefe an Lessing. "Es war," äußerte Wieland, "das erste Schreiben, das ich an diesen großen Mann richtete." Literärische Bekanntschaften und Verbindungen anzuknüpfen, und zu Verfolgung schriftstellerischer Zwecke einen Briefwechsel zu unterhalten, fühlte Wieland kein Bedürfniß. Er hatte schon so viele literärische Pläne wieder aufgeben müssen, weil es ihm an Zeit fehlte, sie auszuführen. Der Kreis von auswärtigen Freunden, mit denen er in Briefwechsel stand, war daher sehr beschränkt. Er schrieb an wenige, meistens nur an solche, die sich zuerst an ihn gewendet hatten. In ein engeres Freundschaftsverhältniß war er mit Gleim und Jacobi getreten. "Beide," schrieb Wieland an Sophie la Roche, "gehören zu der kleinen Zahl der schönen Geister, die eine zu schöne Seele haben, um des Neides und der Eifersucht fähig zu seyn, und Sie wissen, daß solche zu den weißen Raben gehören." Zu dem Dichter Jacobi fühlte sich Wieland durch eine Art v$ Mschia war wie ausgelöscht, da Mohammed, der Prätendent, gleich nach Mesurata floh, und sich dort entleibte. Aber obschon nun die Türken Herren der Stadt und der nächsten Umgebung derselben waren, hatten sie damit noch keineswegs die ganze Regentschaft unterworfen. Angesichts der Eroberung Algiers durch eine christliche Macht, fühlten jedoch alle Mohammedaner der Nordküste Afrikas instinktartig, dass allein ein Anschluss an die nach ihrem Glauben allmächtige Dynastie der Osmanli, sie vor einem ähnlichen Schicksale bewahren könne. Wir können deshalb auch gleiche Phänomene in Tunis wahrnehmen, wo Unabhängigkeitsgelüste der Furcht vor einer christlichen Eroberung die Waage halten. Nur in Marokko sehen wir bei dem Volke das Bewusstsein seiner Kraft unerschüttert, vermehrt durch den festen Glauben an das Kalifat seiner Sultane. Und selbst die Niederlage von Isly konnte im marokkanischen Volke niemals den Gedanken aufkommen lassen, sich Constantinopel in die Arme zu werfen. In Aegypten hingegen war das Volk durch U$ ar sogar eine von einem Malteser gehaltene Schnapskneipe darin. Diese ist nun zwar entfernt, aber nicht etwa aus Pietät für ein Kunstwerk aus dem Alterthume, sondern weil ein altes türkisches Gesetz existirt, wonach Schnapsschenken nur in einer gewissen Entfernung von einer Moschee angelegt werden dürfen und da hat man denn ausgefunden, dass obschon Moschee und Kneipe Jahre lang nebeneinander in Frieden bestanden, die Djemma des Hadj Ali Gordji näher der Kneipe stände, als erlaubt sei und einfach wurde der Befehl zum Schliessen gegeben. Der wahre Grund war aber der, dass die Tholba der Moschee zu viele Gläser Araki umsonst verlangten und da der Inhaber der Schenke ohne sich selbst Schaden zu thun, diese nicht mehr verabfolgen wollte, so fand die heilige und gelehrte Corporation schnell einen Grund, die Schenke gesetzlich dort aus dem Auge zu schaffen. Tout comme chez nous, dachte ich, als der frühere Besitzer mir dies erzählte. Andere Alterthümer darf man höchstens noch in den Djemmen suchen, auch sieht man a$ Direction nicht mehr von einem deutschen Arzte, wie zur Zeit Hammiltons, geleitet wird, so ist dieselbe jetzt unter der intelligenten Aufsicht eines türkischen Arztes nicht minder gut, und lässt nichts für den gesundheitlichen Zustand von Stadt und Hafen zu wünschen übrig. Der Regierung steht ein von Tripolis abhängiger, jedoch von Constantinopel ernannter Kaimmakam vor, welcher zumeist als Gouverneur des ganzen Ejalet Barca, dessen Hauptstadt Bengasi ist, regiert. Ihm zur Seite stehen für die geistlichen Angelegenheiten ein Mufti, für die richterlichen ein Khadi, welche ihre Ernennung von Tripolis erhalten. Ein Midjelis oder Rath aus den vornehmeren Kaufleuten der Stadt gebildet, und worin in neuester Zeit auch Juden und Rajas sitzen, hat berathende Stimme. Die Stellung der Europäer der türkischen Regierung gegenüber, ist wie in den übrigen Provinzen des osmanischen Reichs. Die Einkünfte und Ausgaben von Bengasi und Barca auch nur annähernd anzugeben, ist ganz unmöglich, sie schwanken überdies sehr, je nachd$ ützlichste aller Diener, in Packen und Behandlung der Kameele war er unübertrefflich, sogar besser als der Gatroner, da er ein junger Bursche von 25 Jahren war. Dabei hatte er das heiterste Gemüth von der Welt, fortwährend singend, unterliess er diese Beschäftigung nur um zu plaudern und zu necken, oder allenfalls um mit dem in Amerika zum halben Zweifler gewordenen Staui einen religiösen Discurs anzufangen, der gemeiniglich mit Staui's Niederlage endete, worauf dieser sich dann verächtlich zu uns wandte: "nigger great donkey." Ali hatte aber eine verhältnissmässig gute religiöse Erziehung gehabt, er war sogar eine Zeitlang in der berühmten Sauya Sarabub, dem Hauptorte der Snussi, gewesen. Wir waren natürlich wieder in Bengasi auf dem englischen Consulate, und mit den Einkäufen verging rasch die Zeit. Namentlich musste eine grosse Zahl von Schläuchen gekauft werden, wir brauchten derer nicht weniger als 12, endlich andere Provision, Mehl, Zwieback, Oel, Butter, Datteln, Zucker, Kaffee und Thee, auch in Fett e$ sind andere derartige Zeugen. Das Terrain, ursprünglich salzig und sebchaartig, ist durch die zahlreichen süssen Quellen, von denen es in der Oase über 30 giebt[38], in dem Bereiche dieser Quellen culturfähig geworden. Die berühmteste von allen, aber nicht mehr die ergiebigste (diese ist in Chamisa, auch die Mosesquelle ist stärker), ist Ain hammam, Taubenquelle, welche wir noch heute nach alten Ueberlieferungen die Sonnenquelle nennen. Sie hat ungefähr 110 Schritte im Umfange[39], am Grunde bemerkt man Mauerwerk. Sie besitzt nur einen Hauptabfluss, der sich hernach in verschiedene Arme und nach verschiedenen Richtungen zerspaltet. Nach Diodor hatte der Sonnenquell seinen Namen daher, weil die Temperatur des Wassers in umgekehrtem Verhältnisse zur Sonnenwärme stand; nach den Aussagen der wissenschaftlichen Begleiter Alexanders, war der Sonnenquell Mittags kalt, Mitternachts heiss, und Morgens und Abends lau. Wenn so die Alten, ihre Beobachtungen auf das blosse Gefühl beim Eintauchen in das Wasser stützend, a$ fragte er am Ende. »O ja,« lachte sie hell. »Wir müssen wieder einmal so einen Spaziergang »Das tut mir leid,« antwortete er leiser. »Es wird wohl der letzte gewesen sein.« Da blieb sie stehen. Sie hatte nicht genau zugehört, aber der betrübte Klang seiner Worte war ihr aufgefallen. »Ja, was ist denn?« fragte sie leicht erschrocken. »Habt Ihr was gegen »Nein, Bärbele. Aber morgen muß ich fort, ich habe gekündigt.« »Was Ihr nicht saget! Ist's wahr? Das tut mir aber leid.« »Um mich muß es Euch nicht leid sein. Lang wär' ich doch nicht geblieben, und ich bin ja auch bloß ein Gerber. Ihr müsset bald einen Schatz haben, einen recht schönen, dann kommt das Heimweh nimmer, Ihr werdet sehen.« »Ach, redet nicht so! Ihr wisset, daß ich Euch ganz gern habe, wenn Ihr auch nicht mein Schatz seid.« Sie schwiegen beide, der Wind pfiff ihnen ins Gesicht. Knulp ging langsamer. Sie waren schon nah bei der Brücke. Schließlich blieb er »Ich will Euch jetzt adieu sagen, es ist besser, Ihr gehet die paar Schritte noch allein.« Bä$ erlassen zwischen den Feldern lag, weit weg vom nächsten Dorf, und mit seinen dunkeln Gebüschen überm Mauerkranz recht friedvoll und heimatlich in dem heißen Lande ruhte. Am Eingangsgitter standen zwei große Kastanienbäume, es war aber verschlossen, und ich wollte weitergehen. Doch Knulp mochte nicht, er schickte sich an, über die Mauer zu steigen. Ich fragte: »Schon wieder Feierabend?« »Wohl, wohl, sonst tun mir bald die Sohlen weh.« »Ja, muß es denn gerade ein Kirchhof sein?« »Ganz gern, komm du nur mit. Die Bauern gönnen sich nicht viel, das weiß ich wohl, aber unter der Erde wollen sie's doch gut haben. Darum lassen sie sich's gern eine Mühe kosten und pflanzen was Sauberes auf die Gräber und daneben.« Da stieg ich mit hinüber und sah, daß er recht hatte, denn es lohnte sich wohl, über das Mäuerlein zu klettern. Da innen lagen in geraden und in krummen Reihen die Gräber nebeneinander, die meisten mit einem weißen Kreuz von Holz versehen, und darauf und darüber war es grün und blumenfarbig. Da glühte freud$ h Eingewanderten, und ich hörte sonst verständige Personen behaupten, man möchte weder diesem noch dem Kommandanten ein ehrlich Begräbnis gestatten. Freilich hatte man sich andere Gesinnungen versprochen, und noch sah man nicht die geringste Bewegung unter den fränkischen Truppen, zu uns überzugehen. Größere Heiterkeit verbreitete jedoch die Erzählung, wie der König in Verdun aufgenommen worden: vierzehn der schönsten, wohl erzogensten Frauenzimmer hatten Ihro Majestät mit angenehmen Reden, Blumen und Früchten bewillkommnt. Seine Vertrautesten jedoch rieten ihm ab, vom Genuss Vergiftung befürchtend; aber der großmütige Monarch verfehlte nicht, diese wünschenswerten Gaben mit galanter Wendung anzunehmen und sie zutraulich zu kosten. Diese reizenden Kinder schienen auch unseren jungen Offizieren einiges Vertrauen eingeflößt zu haben; gewiss, diejenigen, die das Glück gehabt, dem Ball beizuwohnen, konnten nicht genug von Liebenswürdigkeit, Anmut und gutem Betragen sprechen und rühmen. Aber auch für solidere Genü$ Rücken und von der Seite bedrohte. In der Gegend von Reims sollten sich zwanzigtausend Bauern zusammengerottet haben, mit Feldgerät und wild ergriffenen Naturwaffen versehen; die Sorge war gorß, auch diese möchten auf uns Von solchen Dingen ward am Abend in der Herzogs Zelt, in Gegenwart von bedeutenden Kriegsobristen, gesprochen; jeder brachte seine Nachricht, seine Vermutung, seine Sorge als Beitrag in diesen ratlosen rat, denn es schien durchaus nur ein Wunder uns retten Ich aber dachte in diesem Augenblick, dass wir gewöhnlich in misslichen Zuständen uns gern mit hohen Personen vergleichen, besonders mit solchen, denen es noch schlimmer gegangen; da fühlt' ich mich getrieben, wo nicht zur Erheiterung doch zur Ableitung, aus der Geschichte Ludwigs des Heiligen die drangvollsten Begebenheiten zu erzählen. Der König, auf seinem Kreuzzuge, will zuerst den Sultan von Ägypten demütigen, denn von diesem hängt gegenwärtig das gelobte Land ab. Damiette fällt ohne Belagerung den Christen in die Hände. Angefeuert v$ g. Den 10. Oktober. Ein Knabe, der uns in der verwilderten Stadt herumführte, fragte mit Bedeutung: ob wir denn von den unvergleichlichen Verduner Pastetchen noch nicht gekostet hätten? Er führte uns darauf zu dem berühmtesten Meister dieser Art. Wir traten in einen weiten Hausraum, in welchem große und kleine Öfen ringsherum angebracht waren, zugleich auch in der Mitte Tisch und Bänke zum frischen Genuss des augenblicklich Gebacknen. Der Künstler trat vor, sprach aber seine Verzweiflung höchst lebhaft aus, dass es ihm nicht möglich sei, uns zu bedienen, da es ganz und gar an Butter fehle. Er zeigte die schönsten Vorräte des feinsten Weizenmehls; aber wozu nützten ihm diese ohne Milch und Butter! Er rühmte sein Talent, den Beifall der Einwohner, der Durchreisenden und bejammerte nur, dass er gerade jetzt, wo er sich vor solchen Fremden zuzeigen und seinen Ruf auszubreiten Gelegenheit finde, gerade des Notwendigsten ermangeln müsste. Er beschwor uns daher, Butter herbeizuschaffen, und gab zu verstehen, wenn wi$ herr und Frau begrüßten uns in ehrerbietiger Entfernung. Man führte uns in ein getäfeltes Zimmer auf gleicher Erde, wo im schwarz-marmornen Kamin behagliches Feuer brannte. In dem großen Spiegel darüber beschauten wir uns ungern: denn ich hatte noch immer nicht die Entschließung gefasst, meine langen Haare kurz schneiden zu lassen, die jetzt wie ein verworrener Hanfrocken umher quollen; der Bart, strauchig, vermehrte das wilde Ansehen unserer Gegenwart. Nun aber konnten wir, aus den niedrigen Fenstern den ganzen Markt überschauend, unmittelbar das grenzenlose Getümmel beinahe mit Händen greifen. Aller Art Fußgänger, Uniformierte, Marode, gesunde aber trauernde Bürgerliche, Weiber und Kinder drängten und quetschten sich zwischen Fuhrwerk aller Gestalt; Rüst- und Leiterwagen, Ein- und Mehrspänner; hunderterlei eigenes und requiriertes Gepferde, weichend, anstoßend, hinderte sich rechts und links. Auch Hornvieh zog damit weg, wahrscheinlich geforderte, weggenommene Herden. Reiter sah man wenig; auffallend aber w$ en. Ungeachtet solcher Schwierigkeiten aber will ich, meinen Freunden zuliebe, einige Andeutung versuchen. Der sittliche Mensch erregt Neigung und Liebe nur insofern, als man Sehnsucht an ihm gewahr wird: sie drückt Besitz und Wunsch zugleich aus, den Besitz eines zärtlichen Herzens und den Wunsch, ein gleiches in andern zu finden; durch jenes zeihen wir an, durch dieses geben wir uns hin. Das Sehnsüchtige, das in mir lag, das ich in früheren Jahren vielleicht zu sehr gehegt und bei fortschreitendem Leben kräftig zu bekämpfen trachtete, wollte dem Mann nicht mehr ziemen, nicht mehr genügen, und er suchte deshalb die volle, endliche Befriedigung. Das Ziel meiner innigsten Sehnsucht, deren Qual mein ganzes Inneres erfüllte, war Italien, dessen Bild und Gleichnis mir viele Jahre vergebens vorschwebte, bis ich endlich durch kühnen Entschluss die wirkliche Gegenwart zu fassen mich erdreistete. In jenes herrliche Land sind mir meine Freunde gern auch in Gedanken gefolgt, sie haben mich auf Hin- und Herwegen begleit$ lief im Sonnenschein über die Wiese zu den Kindern, die dort mit Federbällen spielten, und nahm sofort am Spiele teil. Sie war kaum größer als das älteste der drei Mädchen, und, wie ihr nun das freigelockte Haar um die Schultern flatterte, sah sie selber einem Kinde gleich. Olivo und der Abbate ließen sich in der Allee, in der Nähe des Hauses, auf einer steinernen Bank nieder. Amalia wandelte an Casanovas Seite weiter. Als sie von den andern nicht mehr gehört werden konnte, begann sie im Tonfall von einst, als wäre ihre Stimme für Casanova niemals in einem andern erklungen: »So bist du wieder da, Casanova! Wie hab' ich diesen Tag ersehnt. Daß er einmal kommen würde, hab' ich gewußt.« - »Es ist ein Zufall, daß ich da bin,« sagte Casanova kalt. Amalia lächelte nur. »Nenn' es wie du willst. Du bist da! Ich habe in diesen sechzehn Jahren von nichts anderm geträumt als von diesem Tag!« - »Es ist anzunehmen,« entgegnete Casanova, »daß du im Laufe dieser Zeit von mancherlei anderm geträumt und - nicht nur geträumt h$ echselt, nur die Karten sprachen, und sie sprachen deutlich genug. Der Zufall des Spieles wollte, daß alles Bargeld zu Casanova hinüberfloß, und als eine Stunde vergangen war, hatte er zweitausend Dukaten zwar von Lorenzi gewonnen, aber sie kamen alle aus des Marchese Tasche, der nun ohne einen Soldo dasaß. Casanova stellte ihm zur Verfügung, was ihm belieben sollte. Der Marchese schüttelte den Kopf. »Ich danke,« sagte er, »nun ist es genug. Für mich ist das Spiel zu Ende.« Aus dem Garten klang das Lachen und Rufen der Kinder. Casanova hörte Teresinas Stimme heraus; er saß mit dem Rücken gegen das Fenster und wandte sich nicht um. Noch einmal versuchte er, zugunsten Lorenzis, er wußte selbst nicht warum, den Marchese zum Weiterspielen zu bewegen. Dieser erwiderte nur durch ein noch entschiedeneres Kopfschütteln. Lorenzi erhob sich. »Ich werde mir erlauben, Herr Marchese, die Summe, die ich Ihnen schulde, morgen vor zwölf Uhr mittags persönlich in Ihre Hände zu übergeben.« Der Marchese lachte kurz. »Ich bin ne$ man Casanova war und Marcolina gefunden? Unwürdig, ja lächerlicher von Minute zu Minute erschien es ihm, sich, einem Vorsatz getreu, den er früher als Kleinmütiger gefaßt, aus dieser Wundernacht stumm, unerkannt, wie ein Dieb zu flüchten. Im untrüglichen Gefühl ebenso der Beglückende zu sein, als er der Beglückte war, glaubte er sich schon zu dem Wagnis entschlossen, seinen Namen zu nennen, wenn er sich auch immer noch bewußt war, damit ein großes Spiel zu spielen, das er, wenn er es verlor, bereit sein mußte, mit dem Dasein zu bezahlen. Noch war undurchdringliche Dunkelheit um ihn, und bis durch den dichten Vorhang das erste Dämmern brach, durfte er ein Geständnis hinauszögern, an dessen Aufnahme durch Marcolina sein Schicksal, ja sein Leben hing. Aber war denn nicht gerade dieses stummselige, süßverlorene Zusammensein dazu gemacht, ihm Marcolina von Kuß zu Kuß unlöslicher zu verbinden? Wurde, was sich als Betrug entsponnen, nicht Wahrheit in den namenlosen Entzückungen dieser Nacht? Ja, durchschauerte sie, $ e sie, um an ihrem andern Ende wieder auf die Landstraße zu geraten. Noch stand die Sonne nicht hoch, es fehlten drei Stunden auf Mittag. Casanova dachte: Es ist sehr wohl möglich, daß man den toten Lorenzi noch nicht einmal gefunden hat. Daß er selbst Lorenzi umgebracht hatte, kam ihm kaum recht zu Bewußtsein; er war nur froh, daß er sich immer weiter von Mantua entfernte, daß ihm endlich für eine Weile Ruhe gegönnt war ... Er verfiel in den tiefsten Schlaf seines Lebens, der gewissermaßen zwei Tage und zwei Nächte dauerte; denn die kurzen Unterbrechungen, die das Wechseln der Pferde notwendig machte, und während deren er in Wirtsstuben saß, vor Posthäusern auf und ab ging, mit Postmeistern, Wirten, Zollwächtern, Reisenden gleichgültige Zufallsworte tauschte, hatte er als Einzelvorfälle nicht im Gedächtnis zu bewahren vermocht. So floß später die Erinnerung dieser zwei Tage und Nächte mit dem Traum zusammen, den er in Marcolinens Bett geträumt, und auch der Zweikampf der zwei nackten Menschen auf einem grüne$ ligkeit, dem edlen Gönner seine unauslöschliche Dankbarkeit zu beweisen: dies brachte er zur Entschuldigung vor für die beinahe unanständige Gier, mit der er die dampfende Schokolade schlürfte. Durchs Fenster drangen die tausendfältigen Geräusche des Lebens von den großen und kleinen Kanälen; die Rufe der Gondelführer schwebten eintönig über alle andern hin; irgendwo, nicht zu weit, vielleicht in dem Palast gegenüber - war es nicht der des Fogazzari? - sang eine schöne, ziemlich hohe Frauenstimme Koloraturen; sie gehörte offenbar einem sehr jungen Wesen an, einem Wesen, das noch nicht einmal geboren war zur Zeit, da Casanova aus den Bleikammern entflohen war. - Er aß Zwieback und Butter, Eier, kaltes Fleisch; und entschuldigte sich immer wieder ob seiner Unersättlichkeit bei Bragadino, der ihm vergnügt zusah. »Ich liebe es,« sagte er, »wenn junge Leute Appetit haben! Und soviel ich mich erinnere, mein teuerer Casanova, hat es Ihnen daran nie gefehlt!« Und er entsann sich eines Mahls, das er in den ersten Tage$ das Gefährt dahin, ohne daß Hedwig das eingetretene Stillschweigen unterbrochen Nur einmal fragte sie beinahe gleichgültig, immer die Augen in die Weite gerichtet: »Ist Else noch so hübsch, wie sie war?« Wilms biß sich auf die Lippen, die Zügel in seiner Hand lockerten sich unwillkürlich. Hatte er recht vernommen? Ihre frische, klare Stimme tönte genau so kühl, so obenhin, so völlig uninteressiert, als hätte ihre Frage einer ganz nebensächlichen Person gegolten. Und das war die Schwester, die sich nach seinem armen gequälten Weibe »Ja,« fuhr er rauh heraus, »gerade noch so hübsch -- genau so -- -- allerdings spazieren gehen kann sie nicht mehr und sich putzen.« Anklagend und beleidigt klangen die wenigen Worte, und Hedwig richtete zum erstenmal ihren Blick forschend auf ihren Schwager. Sie schien verwundert und warf ein wenig die Lippen auf. Und beinahe mit absichtlicher Herbheit setzte sie hinzu: »Die lange Krankheit hat wohl viel Geld gekostet?« Wilms schwoll der Unmut bis an die Kehle. Wie ein Wütender hi$ s bemerkt? Nein, meine Schwester Hedwig ist noch hier und wird überhaupt lange Zeit bei uns bleiben.« »So? Na da mache ich Ihnen mein Kompliment, eine außergewöhnlich hübsche junge Dame -- also, Ihre Schwester? -- Na ja, die Ähnlichkeit ist unverkennbar« -- hier verbeugte sich der Reiter wieder mit jener verbindlichen Art, die ihn unbewußt so prächtig kleidete. -- »Ein Fräulein Schröder, das sich jetzt längere Zeit in Stralsund aufhielt -- nicht wahr?« »Das wissen Sie ebenfalls?« flüsterte die Kranke, sichtlich geschmeichelt. Es fiel ihr nicht auf, daß der Aristokrat seinen Kopf vom Feuer zurückwandte, in das er bisher eifrig hineingestarrt, um seine scharfen blitzenden Augen minutenlang forschend auf ihr eingefallenes, blasses Antlitz zu richten, als ob er in ihr etwas Verborgenes, Geheimnisvolles suchen wolle. -- Dann aber schien er befriedigt zu sein. »Ja, ja« -- fuhr er gleichgültig fort: »Wir kennen uns -- oberflächlich natürlich nur, denn solch zartes Pensionsfräulein wird mit einem Offizier nicht gerne$ hl Ihr Mann und Fräulein Schwester sein.« »Ja wahrscheinlich, und sie bringen Pastors gleich mit.« »So? Das kleine Pastorenfräulein hat sich gut entwickelt, seit ich es nicht mehr gesehen habe. Sehr nett. Ein bißchen blaß, englisch Teegesicht, aber man muß auch damit vorlieb nehmen.« Else rückte in ihrem Stuhl hin und her. Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, daß ihr Gast einen Ton gegen sie anschlug, der sich nicht paßte. »Und die Försterfamilie kommt heute ebenfalls,« brachte sie rasch hervor, während ihre glänzenden Augen sich ungeduldig auf die Tür richteten, durch die die Erwarteten im nächsten Augenblick eintreten mußten. »Ich erhalte heute zum erstenmal Besuch, Herr Graf -- seit -- seit langer Zeit.« »Ach das freut mich in Ihrem Interesse wirklich ganz außerordentlich,« meinte der Reiter und schritt langsam ans Fenster, ohne auf den langen Seufzer der Kranken die geringste Rücksicht zu nehmen. »Also der Herr Förster ebenfalls mit Gemahlin,« murmelte er dabei vor sich hin, und bei sich dachte er noch: »Me$ n, Fräulein Hedwig, ich muß es Ihnen einmal sagen, wir wollen ehrlich miteinander handeln. Es ist tatsächlich zwecklos. Obgleich ich Ihnen wirklich gut war -- nein, werden Sie mir nicht böse, Ihnen war ich wirklich gut, wenn ich Sie auch in meiner Tollheit geradezu mißhandelt habe, ich unterschätzte Sie vielleicht -- -- aber das ist es nicht allein --« »Nun, aber?« fragte das Mädchen hastig. Ihr Herz klopfte. Unvermittelt blitzte es ihr auf, als ob dieser junge Aristokrat, der ihr eben so treuherzig seine Liebe gestand, die Hände ausstrecken würde, um sie vor dem Fall zu bewahren, den sie ahnte. »Nun, aber?« kam es zitternd über ihre Lippen. »Was wollen Sie mir noch mitteilen?« Sie wußte jetzt, sie liebte ihn nicht, aber sie wollte gerettet werden. »Aber,« murmelte er widerwillig und riß an dem Zügel seines Pferdes -- »man hat mich da vorige Woche in der Hauptstadt verlobt.« Sie rief es beinahe entsetzt. Alles Blut entwich ihren Wangen. Und doch durchschauerte sie es nur deshalb so kalt, weil sie sich jetzt v$ Ecke bewegte sich gar nicht, düstere Bilder mußten vor seiner Seele stehen, denn er wandte den Kopf und starrte auf die Stelle, wo Else im weißen Hemde gelegen hatte. Dann schauerte er »Komm, Heting,« drängte der Vater. »Es wird nun Zeit, wenn wir noch vor Abend zurück sein wollen.« Der alte Herr griff nach seinem Hut und sah sich noch einmal still und betrübt in dem weiten Zimmer um, wo seine Tochter gestorben war. Da tat das Mädchen einen tiefen Atemzug, ihre ganze Gestalt reckte sich: »Vater,« entgegnete sie rasch und bestimmt, »ich kann dich jetzt nicht begleiten, ich muß noch etwa eine Woche hier bleiben, weil ich Wilms versprochen habe, ihm alles in der Wirtschaft zu zählen und instand zu setzen, was durch Elses Krankheit in Unordnung geraten ist. Aber dann« -- und wieder atmete sie seltsam schwer -- »dann komm' ich dir nach.« Der Rendant stutzte. »Eine Woche noch?« wiederholte er verlegen und putzte an seinem Zylinder. »So? -- Mein Sohn,« kehrte er sich fragend zu dem Landmann, »wäre es dir lieber, we$ aturnothwendigkeit zu bestimmen. Ohne diese absolut-erste Äußerung der Freiheit wäre die zweite blos empirische nicht zu retten, sie wäre ein bloßer Schein, und das erste ernsthafte Nachdenken vernichtete den schönen Traum, in dem wir uns einen Augenblick von der Kette der Naturnothwendigkeit losgefesselt wähnten. -- Wo ich nicht irre, so ist die Verwechselung dieser zwei sehr verschiednen Äußerungen der Freiheit eine der Hauptursachen, warum man sich die _moralische_ (nicht etwa physische) _Nothwendigkeit_, womit ein Gesetz der _Freiheit_ gebieten soll, so schwer denken konnte. Denkt man nemlich in den Begriff der Freiheit das Merkmal der _Willkühr_ hinein (ein Gedanke, dessen noch immer viele sich nicht erwehren können), so läßt damit sich freilich auch die _moralische_ Nothwendigkeit nicht vereinigen. Aber davon ist bei der ersten ursprünglichen Äußerung der Freiheit, durch welche allein sie sich überhaupt bewährt, gar nicht die Rede. Die Vernunft giebt sich selbst, unabhängig von irgend etwas außer ihr, d$ , und bedarf einer weitern Untersuchung. _Unsre Verbindlichkeit vom Willen Gottes ableiten_, heißt, seinen Willen, _als solchen_, für unser Gesetz anerkennen; sich darum zur Heiligkeit verbunden erachten, weil Er sie von uns fordert. Es ist also dann nicht blos von einer Vollbringung des Willens Gottes, der Materie des Wollens nach, sondern von einer auf die Form desselben gegründeten Verbindlichkeit die Rede; -- wir handeln dem Gesetze der Vernunft gemäß, weil es _Gottes_ Gesetz ist. Hierbei entstehen folgende zwei Fragen: Giebt es eine Verbindlichkeit, dem Willen Gottes, als solchem, zu gehorchen, und worauf könnte sich dieselbe gründen? und dann: Wie erkennen wir das Gesetz der Vernunft in uns als Gesetz Gottes? Wir gehen an die Beantwortung der ersten. Schon der Begriff von Gott wird uns blos durch unsre Vernunft gegeben, und blos durch sie, insofern sie _a priori_ gebietend ist, realisirt, und es ist schlechterdings keine andre Art gedenkbar, auf welche wir zu diesem Begriffe kommen könnten. Ferner verbi$ ufhört Vernunft zu seyn, wenn man annimmt, daß noch etwas anderes ihr gebiete, als sie sich selbst. Stellt sie uns nun den Willen Gottes als völlig gleichlautend mit ihrem Gesetze dar, so verbindet sie uns freilich mittelbar, auch diesem zu gehorchen; aber diese Verbindlichkeit gründet sich auf nichts anders, als auf die Übereinstimmung desselben mit ihrem eignen Gesetze, und es ist kein Gehorsam gegen Gott möglich, ohne aus Gehorsam gegen die Vernunft. Hieraus erhellet nun vors erste zwar soviel, daß es völlig gleich auch für die _Moralität_ unsrer Handlungen ist, ob wir uns zu etwas verbunden erachten, darum, weil es unsre Vernunft befiehlt, oder darum, weil es Gott befiehlt; aber es läßt sich daraus noch gar nicht einsehen, wozu uns die letztere Vorstellung dienen soll, da ihre Wirksamkeit die Wirksamkeit der erstern schon voraussetzt, da das Gemüth schon bestimmt seyn muß, der Vernunft gehorchen zu wollen, ehe der Wille, Gott zu gehorchen, möglich ist; da es mithin scheint, daß die letztere Vorstellung un$ ndlung voraus. Mithin muß der Bekanntmachende ein intelligentes Wesen seyn, und seine Handlung, und die dadurch in dem andern erregte Vorstellung müssen sich verhalten, wie _moralischer Grund_ und _Folge_. Zur Bekanntmachung gehört endlich einer, dem etwas bekannt wird. Wird ihm überhaupt nichts bekannt, oder wird ihm nur das nicht bekannt, was der andre beabsichtigte, oder wird es ihm vielleicht durch andre Mittel, nur nicht durch die Mittheilung des ändern bekannt, so ist wenigstens die verlangte Bekanntmachung nicht geschehen. _Vierte Folgerung._ Die Handlung des Bekanntmachenden muß sich mithin zu der in dem andern hervorgebrachten Vorstellung verhalten, wie physische Ursache zur Wirkung. -- Daß ein solches Verhältniß möglich sey, d. i. daß ein intelligentes Wesen zu Folge eines Zweckbegriffs durch Freiheit physische Ursache werden könne, wird zur Möglichkeit einer Bekanntmachung überhaupt postulirt, kann aber nicht theoretisch bewiesen werden. Der Begriff$ ichen Kriterium aufgestellt wird, muß sich aus dieser Deduktion ableiten lassen, und alles was sich aus ihr ableiten läßt, ist ein dergleichen Sie leistet aber auch nicht mehr, als sie versprochen. Der zu deducirende Begriff wurde blos als eine Idee angekündigt; sie hat mithin keine objektive Gültigkeit desselben zu erweisen, mit welchem Erweise sie auch nicht sonderlich fortkommen dürfte. Alles was von ihr gefordert wird, ist, zu zeigen, daß der zu deducirende Begriff weder sich selbst, noch einem der vorauszusetzenden Principien widerspreche. Er kündigte sich ferner nicht als gegeben, sondern als gemacht an, (_conceptus non datus, sed ratiocinatus_) sie hat mithin kein Datum der reinen Vernunft aufzuzeigen, wodurch er uns gegeben würde, welches sie zu leisten auch nicht vorgegeben hat. Aus diesen beiden Bestimmungen ergiebt sich denn vorläufig die Folge, daß, wenn auch eine Erscheinung in der Sinnenwelt gegeben seyn sollte, welche mit ihm vollkommen übereinstimmte (eine Offenbarung, welche alle Kriterien de$ esserlich, da ließ er sich von ihr scheiden, und sie verkam im Elend. Der Sohn, den er sehr liebte, starb ihm in jungen Jahren, und er stand nun verlassen in der Welt und wußte nicht, für wen er sich's noch sauer werden lassen sollte. Es fehlte am festen Kern im inneren Haushalt, und so wollte er es noch einmal mit der Ehe versuchen. Als Fünfzigjähriger warf er seine Augen auf eine Schifferswitwe in Stettin, die er als eine ordentliche und rechtliche Frau zu kennen glaubte. Die Verbindung kam zustande, aber nun erst gingen ihm die Augen auf. Die fromme Witwe hatte gern ihr Räuschchen und hielt es eifrig mit mancherlei andern Dingen, die den Ehefrieden stören mußten. An ein Zusammenhalten des ehrlich Erworbenen war länger nicht zu denken, vielmehr sah er den unvermeidlichen Untergang seines kleinen Wohlstands vor Augen, und was blieb ihm übrig, als eine abermalige Scheidung? Mit trüben Blicken schaute er in die Zukunft. Er gehörte keinem Menschen an, war nachgerade ein alter Mann geworden, und fühlte er gleich$ eigentlich auf Rechnung meines Vaters, wobei mir nur der kleine Gewinn zufiel, den ich in der Schenkstube machte. Steuern für das Gewerbe, sowie Ladenmiete mußte ich aber bezahlen. Dazu kam, daß bei dem Laden keine Wohnung war und ich die Wohnung für meine Familie apart halten mußte. Es brach zu jener Zeit die Cholera in Magdeburg aus und raffte sogleich einen der beliebtesten Gäste meines Lokals, den Goldschmied Schladen, hinweg, die übrigen Männer bekamen Furcht und mieden meine Schenkstube, sie stand verödet, und ich mußte neue Gäste anzuwerben suchen. Es schlug fehl, und nach abermals zwei Jahren mußte ich das Geschäft mit einer baren Einbuße von sechshundertsechzig Talern auflösen. Viele haben den Verfall meines Hauswesens meiner Vorliebe für wissenschaftliche Beschäftigung zugeschrieben, aber damit hat man mir unrecht getan. Ich hatte allerdings großes Interesse an der Literatur, las gerne historische und naturwissenschaftliche Werke, begann auch zur damaligen Zeit ein Tagebuch, worin ich eigene Ideen $ entschlossen fort: »Ja liebes Kind, Du; denn anstatt Deinem Mann, wenn er von seinen Berufsgeschäften ermüdet zu Hause kommt den Aufenthalt daheim zu einem freundlichen zu machen, in dem er gerne bleibt, läßt Dich Dein unglückseliges, heftiges Temperament nicht ruhen noch rasten, sondern Du mußt irgend eine Gelegenheit vom Zaune brechen mit mir zu zanken. Gebricht es Dir aber vollkommen an Stoff, was jedoch nur in höchst seltenen Fällen zu sein scheint, so bist Du mürrisch und verschlossen, machst ihm ein finsteres, verdrießliches Gesicht, und sprichst kein Wort.« Sprachlos nur vor Zorn und Staunen über die unerhörte, bodenlose Frechheit, hatte die Frau indessen dem heute so redseligen Gatten (der aber nicht dabei zu ihr aufzuschauen wagte, sondern bald die rechte, bald die linke Ecke der Stube mit den Augen suchte) angesehn. Es war eine allerdings noch jugendliche schlanke, aber eher magere als volle Gestalt, die Frau Actuar Ledermann, mit etwas vorstehenden, wenigstens stark markirten Backenknochen und dur$ , vertraute er ihr an und wenn es die arme Frau auch wie ein Schlag aus heiterem Himmel traf, nahm sie das Ganze doch viel ruhiger auf als er erwartet, gefürchtet, und damit eine schwere Last von _seinem_ Herzen -- auf das ihre. Aber leichter trägt sich die getheilte, und bereden konnten sie jetzt zusammen was zu thun, welchen Weg zu gehen, die Möglichkeit besprechen die sich hier ihrem Leben bot, die Möglichkeit errwägen, die ihnen dort eine andere freiere Zukunft öffnete. Und die Kinder? wohin Mütter und Vater gingen folgten die ja gern; nur die Scene wechselte für sie, anderen, vielleicht selbst bunteren Bildern Raum zu geben, und Kummer und Sorge kannten die ja nicht. An demselben Abend waren die beiden ältesten Töchter zu einem kleinen Fest, dem Geburtstag einer Freundin, eingeladen und hatten schon den ganzen Tag mit rastlosen Fingern an dem bunten blitzenden Ballstaat genäht. Der Vater begleitete sie dorthin, nur die Mutter blieb daheim, Kopfschmerz vorschützend, und die Sorge um das jüngste Kind, das $ er machen können wenn wir 'was haben wollen; ich darf nur gleich den meinigen zum Schneider schicken daß er ihn mir noch ausbessert, ehe er auch durchbrennt. S'ist wirklich zum Verzweifeln.« »Lieber Gott,« sagte der Professor -- »die Leute verlangen nur Ellbogenraum sich zu rühren; sie wollen einen Platz haben, der ihren Bedürfnissen Befriedigung verspricht.« »Da haben Sie gleich den faulen Fleck,« rief Kellmann, »_Bedürfnisse befriedigen_, wenn die Leute lebten wie ihre Voreltern gelebt haben, und nicht mit jedem Jahre auch neue Bedürfnisse kennen lernten und befriedigt haben wollten, so hätten wir alle Platz, und das verwünschte Amerika könnte sehen wo es Hände und Fäuste bekäm zuzupacken und ihm den Boden zu bestellen. Aber ich will mich nicht länger ärgern -- laßt sie laufen, nachher wird's hier erst recht gemüthlich -- apropos -- Ihren Freund Weigel haben sie gestern Abend im rothen Drachen hinausgeworfen -- er wollte Dienstleute, ich glaube einen Schäfer, verlocken nach seinem gerühmten Amerika auszuwan$ , sie konnten ja nichts mehr für den Armen thun. Hedwig weinte, während er sprach; aber die Thränen lösten ihren Schmerz -- die freundlichen Worte; oh die ersten wieder seit so langer, langer Zeit die sie gehört, thaten ihr wohl und bannten die Verzweiflung aus ihrem Herzen, der sie ja sonst wohl rettungslos verfallen wäre. Wieviel Segen hat schon ein herzliches Wort gebracht, dem Unglücklichen gespendet -- wie viele Thränen getrocknet, wie manches Weh, wenn es nicht heilen konnte, doch gelindert. Kellmann erbot sich dann auch, sie zu seiner Mutter zu führen, wo sie wenigstens bleiben konnte bis sich etwas Weiteres entschieden. Von Amerika sagte er ihr noch Nichts, die nächsten Tage mochten sie erst mit dem Gedanken vertrauter machen, wenn sie hörte wie viel Leute die auch ihren Bruder gekannt und liebe Freunde von ihm selber seien, gerade jetzt nach dort hinübergingen. Hedwig zögerte noch schüchtern das gütige Erbieten anzunehmen, aber die Worte klangen so herzlich, so gut gemeint, sie stand so hülflos, so a$ s Raubnest sein, lesen Sie nur einmal." "Hoeren Sie lieber Schollfeld, ich will Ihnen einmal 'was sagen," erwiederte ihm Kellmann ruhig, "dieser Dr. Hayde, der Ihnen die schoenen Artikel schreibt ist, der Meinung aller ordentlichen Kerle in Heilingen nach, das wenigste zu sagen eine kleine geschwollene Giftkroete, ein weggelaufener Advokat, den die Verhaeltnisse aus Deutschland vertrieben, und den in Amerika Niemand mit seinen Talenten haben mochte. Zu faul zum arbeiten, und nicht im Stande etwas Anderes zu thun, wurde er dort wahrscheinlich vom Schicksal hin- und hergestossen, und wie ein aus einer Thuer geworfener Mops, stellt er sich jetzt draussen hin, wo sich Niemand die Muehe giebt ihn zu stoeren, und schimpft und klefft. Ich will Amerika eben nicht in allem vertheidigen, aber was _der_ gerade darueber sagt wuerde mich auch nicht bestimmen. Wie ein Dreckkaefer schleppt er sich nur mit groesster Muehe kleine Stueckchen Koth herbei, und rollt sie zusammen eine Kugel zu machen in die er sein Ei legt -- pfu$ sammenfaselt." Mathes blieb aber bei allen diesen Ausbruechen des Erstaunens, die erste Erklaerung nur einmal ueberstanden, vollkommen ruhig, und zog nur, statt jeder weiteren Antwort, einen Brief aus seiner Brusttasche, den er langsam auffaltete und vor sich legte, als ob er ihn vorlesen wollte. "Nun was soll's mit dem Wisch?" rief aber der Apotheker aergerlich, "Ihr habt Euere Seele doch noch nicht dem Gott sei bei uns verkauft?" "So schlimm noch nicht," lachte der junge Bursch, "das hier ist nur ein Brief von Caspar Lauber, den Sie ja Alle kennen und der vor etwa sieben Jahren nach Wisconsin auswanderte." "Der was that?" rief der Apotheker, die Augen zusammenkneifend und das linke Ohr zu ihm hindrehend -- "nuschelt nicht so in den Bart, dass Euch ein Christenmensch noch verstehen kann ehe Ihr unter die Heiden geht." "Der nach Wisconsin auswanderte," sagte der junge Bauer laechelnd -- "er hatte mir damals versprochen zu schreiben wie es ihm ginge, schlecht oder gut; -- wenn schlecht, wollte ich ihm helfen, $ haler hat man schon bei ihm gefunden," fluesterte der junge Henkel ihr leise zu -- "ich hoffe dass Vater Dollinger das andere auch noch wieder bekommen soll." "Ach Lossenwerder, warum habt Ihr das gethan?" sagte Clara, leise und mitleidig den Gefangenen ansehend, als er an ihr vorueberging. "U -- u -- u -- und Si -- si -- si -- si -- sie g -- g -- g -- glau -- ben d -- d -- das a -- a -- a -- a -- auch?" rief Lossenwerder und die grossen hellen Thraenen standen ihm dabei in den Augen, aber der Polizeidiener hatte sich schon laenger mit ihm aufgehalten, als er meinte verantworten zu duerfen, nahm ihn leise an der Hand und fuehrte ihn die Treppe hinunter. Lossenwerder folgte ihm wie in einem Traum. Das Polizeigebaeude war nur hoechstens fuenfhundert Schritt von dort entfernt, und stand an der andern Seite einer kleinen steinernen Bruecke die ueber den, mitten durch die Stadt und haeufig ueberbrueckten kleinen Fluss fuehrte. Als sie hinunter auf die Strasse kamen, liess der Polizeidiener seinen Gefangenen los, k$ er muesste denn gemeint haben dass der Capitain, wie frueher Neptun, das Meer beherrsche. Uebrigens war es auch moeglich dass er fischen wolle, und sich mit dem Fernrohr nur eben den staerksten und fettesten der ihn reichlich umschwimmenden Fische ausgesucht habe. Den Hintergrund dieses prachtvollen Seestuecks bildete ein schmaler Streifen mit einzelnen Palmen bedeckter Kueste, an der eine Anzahl pechschwarzer, nackter Maenner standen, die nur einen gelb und blauen Schurz um die Huefte und einen gruenen Busch in der Hand trugen. -- Diese sahen uebrigens gerade so aus, als ob sie die Ankunft des Schiffes schon sehnsuechtig und vielleicht sehr lange Zeit erhofft haetten, und nun die Zeit nicht erwarten koennten dass die Fremden an Land stiegen, damit sie geschwind fuer sie arbeiten, und ihnen den Boden urbar machen duerften. Neben dem Bild, und zu beiden Seiten der Thuer, wie sogar noch an dem innern Theile des Fensterschalters, hingen lange Listen der verschiedenen anzupreisenden Plaetze fuer Auswanderung. Obe$ hnen. Sie haben das Unglück gehabt, eine glückliche Ehe zu finden, sonst wären Sie ein Weib gewesen, mit dem man auf die Barrikaden gehen könnte. Schade, wenn ein Wesen mit Adler-Instinkten zur Bruthenne erniedrigt wird. Alles was edel und flugkräftig an Ihnen war, hat die Ehe in eine Kapsel gepreßt, und Sie wagen sich nicht zu rühren aus Angst, das Gehäuse zu sprengen. Sie haben nach allen Seiten hin Versicherungen angebracht, Verpflichtungen, Dankbarkeitsklammern, Entfaltungs-Illusionen; wozu Sie aber hätten steigen können, wenn man Ihnen die Menschenfreiheit nicht geraubt hätte, davor verschließen Sie sich. Frauen wie Sie müßten in ihrer Jugend vom Staat beschlagnahmt werden. Die Ehe zerstört sie. Es ist als hätte man Sand in ein kostbares Uhrwerk geschüttet. Wenn dann der große Feind kommt, ist es zu spät. Der große Feind, der große Abrechnungskommissär, der Unbestechliche.« Sie schwieg. Ihr Gesicht hatte einen Ausdruck unnennbarer Innigkeit, der Golowin betroffen machte. »Glauben Sie auch nicht an den gr$ ter vier Augen zu wechseln: »Hatten Sie nicht noch einen Gast, Baronin?« fragte er vorsichtigen Tons; »Marietta sprach davon -« Frau von Gravenreuth antwortete: »Ja, Herr van der Muylen war bei uns. Er ist vorgestern telegraphisch abgerufen worden. Manche haben einen guten Stern.« Sie sah Erasmus forschend an. »Und wer ist der Knabe?« fragte Erasmus weiter. Sie erwiderte: »Wolf ist mein Schutzbefohlener. Er lebt seit seiner Geburt in meinem Hause. Seine Mutter ist, ... sie ist tot; sie war meine beste Freundin. Es ist ein schönes Kind, nicht wahr?« Wieder sah sie ihn mit ihren forschenden, glanzlosen Augen an; »ich hoffe nur, daß diese Eindrücke seine junge Seele nicht verdunkeln,« fügte sie hinzu, »meine wird sich nie mehr von ihnen befreien können.« Erasmus nahm ihre Hand, führte sie an die Lippen und sagte: »Ich empfinde tief mit Ihnen, bis ins Innerste, und das ist kein leeres Wort. Ich kenne die Größe der Katastrophe.« Der ins Dorf gesandte Bote kehrte mit der Nachricht zurück, der Doktor könne nicht kom$ Herz, und die Schauenden gewahrten bald nur noch das Herz: einen funkelnden, pulsenden Rubin, in die Dunkelheit gelagert wie eine Figur auf einem gemalten Kirchenfenster. Jost brach in die Knie. Mit den Händen tastete er rückwärts, als suche er alle die vielen Hände dort zum Schutz. »O Kind!« rief er schluchzend, »o Mensch! Wohin gehst du mit dem Flammenjuwel in deiner Brust? Sag es nur, sag es uns, sag es aller Menschheit, daß der rote heiße Kern nur einmal da ist, die leuchtende Frucht nur einmal reif wird. Für einen nur ein einziges Mal. Sag es, was es heißt: ein einziges Mal. Sie wissen nicht, was es bedeutet: ein einziges Mal! Sprich, du Gotteswesen! sprich, süßer Geist!« Aber das Kind lächelte bloß. Lächelte und verging. * * * * * Zum hohen Gebieter, vor den ewigen Thron, trat Michael, der Erzengel, in den Morgen der rauschenden Sphären und sprach: »Ich habe die Seele des Gleichgiltigen gewonnen, Herr.« Werke von Jakob Wassermann Die Juden von Zirndorf Die Geschichte der $ zu reisen. Sie wollte im Lauf des Tages ins Hotel Adler ziehen und für die nächsten Wochen dann in einer Pension Unterkunft suchen. Sie wünschte in der Nähe von Cäcilies Grab zu bleiben. Der Professor nicht minder als Hanna schienen durch ihre energische Willensäußerung ziemlich erstaunt. Dietrich bekam sie übrigens erst zu Gesicht, als sie an Hannas Seite das Haus verließ, um in den Wagen zu steigen. Sie mochte fünfzig Jahre zählen, sah aber jetzt wie eine Greisin aus. Mit erloschenen Augen wankte sie durch den Flur, die Haut war entsäftet, die Arme hingen kraftlos. Dietrich näherte sich schüchtern, beugte sich herab und küßte ihr die Hand. Sie schaute ihn groß und fremd an, schien von einer Ahnung erfaßt zu werden und halb entsetzt, halb ergriffen stützte sie sich eine Sekunde lang auf seine Schulter. Als sie im Wagen saßen, fing Hanna an, von Oberlin zu sprechen, von seinem freien Entgegenkommen, seiner bescheidenen Freundlichkeit. Sie habe ihm Nachricht verheißen; sie habe sich entschlossen, ihn hie und $ wieder Platz genommen hatten, sagte er: »Edgar Allan kommt mit. Noch ein paar Leute, und wir können anfangen.« »Kommt er? Gut! Da haben wir ja einen ganzen Kerl gewonnen. Ja, du, was ich sagen wollte - mir sind noch einige Leute eingefallen - aber man kann ja nicht gut jemand auffordern. Und wie soll man es sonst diesen Leuten nahelegen?« »Gar nicht, natürlich«, antwortete Paul Seebeck. »Wer nicht freiwillig, aus innerstem Instinkt zu uns kommt, mag fortbleiben. Die brauchen wir, die uns zufällig finden, weil sie uns brauchen.« »Ja, ja«, sagte Jakob Silberland etwas verlegen. »Aber wir müssen doch einen Anfang haben. Wir zwei, drei Menschen können uns dort nicht festsetzen und auf die anderen warten. Damit würden wir uns nur lächerlich machen und gar nichts erreichen.« »Du irrst. Wir müssen gerade hingehen und uns der Lächerlichkeit »Ich fürchte nur, daß wir zwei, mit Edgar Allan also drei, unser ganzes Leben lang allein auf der Insel hocken werden.« Otto Meyer, der offenbar fürchtete, Zeuge eines Streites d$ zufachen. In ihre Decken gehüllt, lagen die Sieben schweigend da und sahen zum glänzenden Sternenhimmel empor. Als der Tag sich jährte, an dem die sieben Gründer die Insel betreten hatten, lag die »Prinzessin Irene« in vollem Flaggenschmuck vor der Bucht. Als die Hochflut kam und die Klippen bedeckte, schleppten die beiden zierlichen Dampfbarkassen schwere Boote mit Menschen und Hausgerät ans Land. Auf der improvisierten Landungsbrücke standen Paul Seebeck und Melchior und begrüßten die Ankömmlinge, während die anderen Fünf eifrig damit beschäftigt waren, ihnen Unterkunft in den großen Schuppen und Zelten zu bereiten, die zu diesem Zwecke errichtet waren. Denn die Häuser mußten ja erst gebaut werden und zwar in derselben Reihenfolge, in der die endgiltigen Erklärungen eingelaufen waren. Dreihundertfünfzig erwachsene Personen trafen an diesem Tage ein: tüchtige Handwerker mit gesetzten Gesichtern, Kaufleute, die aus irgend einem Grunde nicht vorwärts gekommen waren und nicht wenige unbestimmbaren oder unsicher$ sich, auf die einzelnen Punkte einzugehn. Ich bin völlig unbefangen hierhergekommen und habe alles mit eigenen Augen geprüft, besonders das Protokoll jener Sitzung. Da ich mich leider von der Stichhaltigkeit jener Klage überzeugen mußte, sehe ich mich zu meinem Bedauern genötigt, von meinen Vollmachten Gebrauch zu machen. Sie müssen die Reichsregierung verstehen, Herr Seebeck. Wenn hier nur einige Idealisten auf einem unfruchtbaren Felseneilande säßen, könnte man sie ja in Gottes Namen machen lassen, was sie wollten, und ihre Experimente mit Wohlwollen und Interesse betrachten. Da es sich jetzt aber schon um Hunderte handelt, die Zahl der Ansiedler wahrscheinlich noch bedeutend steigen wird, und ferner das Interesse des Reichs an diesem Teile seines Kolonialbesitzes durch die Schwefelfunde noch erhöht ist, ist es nicht nur das gute Recht, sondern die Pflicht des Reiches, hier absolut korrekte Zustände zu schaffen.« Er machte eine Pause, als erwartete er eine Antwort; aber Paul Seebeck sagte nichts, sah ihm nu$ und damit gut. Gehen Sie! Jetzt bestätigt sich also meine Vermutung, daß Sie zu den Verrätern gehören. Gehen Sie, mit Ihnen bin ich fertig.« »Gnädige Frau«, die Stimme des Krüppels war ganz sanft, »Sie scheinen sehr leicht zu vergessen!« Er schritt auf die Tür zu, faßte die Klinke und drehte sich wieder nach Frau von Zeuthen um. »Soll ich wirklich allen Leuten erzählen, was in einer gewissen Nacht zwischen uns vorgefallen ist?« Er richtete sich auf und sagte kameradschaftlich: »Geben Sie mir doch lieber die Pläne.« Frau von Zeuthen ging zu ihrem großen Schranke, öffnete diesen aber nicht, sondern holte aus dem Winkel zwischen ihm und der Wand Felix' Reitpeitsche hervor. Sie wog sie prüfend in der Hand, trat dann schnell auf Herrn de la Rouvière zu und schlug sie ihm zweimal mit aller Kraft durchs Gesicht. Dann warf sie die Peitsche fort und blieb hoch aufgerichtet vor ihm stehn. Er sah sie eine Weile ganz verständnislos an, griff dann mit beiden Händen an sein schmerzendes Gesicht und taumelte hinaus. Vor de$ erland zur Vornahme der notwendigen Schritte zu beauftragen. Was ich bis jetzt getan habe, geht nur mich selbst an und kann für keinen anderen Bürger der Gemeinschaft nachteilige Folgen haben, solange sich die Gemeinschaft nicht solidarisch mit mir erklärt. Sie brauchen also nicht zu fürchten, daß ich Sie in irgend eine schwere Situation hineingebracht habe. Sie können ganz frei beschließen. Wenn Ihnen unsere Sache aber lieb ist«, und Paul Seebecks müde Augen bekamen Glanz und Feuer, »wenn Sie als Männer für Ihr Werk eintreten wollen, dann können wir es retten. Bevor ein Kriegsschiff hier ist, können wir unsere Befestigungen vollenden und können uns halten, bis wir unter englischem Schutze stehen. Ich mag darüber nichts mehr sagen, ich will Sie zu keinem folgenschweren Entschlusse überreden, den Sie später bereuen. Überlegen Sie es sich in Das eiskalte Schweigen, mit dem Paul Seebecks Rede angehört worden war, dauerte noch fort, als er wieder auf seinem Platze saß. Dann erklang hinter ihm eine Stimme: »Nechli$ gniss, bis sie ihre schlösser übergaben. Da die verräther merkten, dass er ein milder mann war, und sanft und gut, und keine gerechtigkeit vollzog, da wunderten sie sich alle. Hi hadden him manred maked and aðes suoren. ac hi nan treuðe ne heolden. alle he wæron forsworen. and here treoðes forloren. for æuric rice man his castles makede and aganes him heolden. and fylden þe land full of castles. Hi suencten suiðe þe wrecce men of þe land mid castel-weorces. þa þe castles waren maked. þa fylden hi mid deoules and yuele men. Ða namen hi þa onen þe hi wenden þæt ani god hefden. baðe be nihtes and be dæies. carl-men and wimmen. and diden heom in prisun efter gold and syluer. and pined heom untellendlice pining. for ne wæren næure nan martyrs swa pined alse hi wæron. Sie hatten ihm gehuldigt und eide geschworen, aber sie hielten keine treue; sie waren alle meineidig und ihres glaubens verlustig. Denn ein jeder reiche mann baute seine schlösser, und sie be$ r der regierung Eduard's III. der volkscharakter in religiöser, politischer und literarischer beziehung eine andere, nicht mehr normännisch-französische, sondern nationale, d.h. englische richtung nahm, hatten auch die Schotten eine heldenzeit, ihre Wallace und Bruce zu ende des 13. und anfang des 14. jahrhunderts gehabt, welche für die unabhängigkeit ihres vaterlandes gegen Eduard I., Eduard II. und Eduard III. stritten. Von natur romantischer und poetischer als die Engländer, verarbeiteten die Schotten im 14. jahrhundert den grossartigen nationalen stoff, welchen ihnen diese unabhängigkeitskämpfe gegeben hatten, in ihrer mit dem nordenglischen idiom verwandten sprache, welche, weniger mit dem Französischen vermischt, ihre abkunft von den nördlicheren germanischen stämmen, welche von dem 5. bis zum 11. jahrhundert den norden England's und die sogenannten Niederlande (lowlands) von Schottland zum Schauplatz ihrer niederlassungen und kriegerischen einfälle machten, nicht verleugnete. Zwar hatte die normännisch$ Kräftigung der Kirche bei der großen Menge nicht wenig beigetragen. Die Geistlichen nahmen nicht den geringsten Anstand, das Gotteshaus zum Tummelplatz der Ruhmsucht des Einzelnen zu machen; wurde doch dadurch zugleich die Kirche geschmückt und verherrlicht. Die Päpste und ihre Nepoten gingen im Luxus der Monumente allen Anderen voran; Roms Kirchen übertrafen in Pracht und Menge der Denkmäler selbst die Grabkirchen der reichsten Tyrannen. Wenn die Kirchen von Venedig an Zahl und Pracht der Grabmonumente sich mit den Kirchen Roms beinahe messen können, wenn diese Denkmäler in Florenz durch ihre Schönheit allen anderen überlegen sind, so haben dieselben doch an beiden Orten einen eigentümlichen Charakter, der ihnen schon durch die Vornehmheit der Gesinnung vor den römischen Monumenten den Vorzug giebt: in beiden Republiken dienten diese Denkmäler in erster Reihe nicht der Verherrlichung des Einzelnen, sondern dem Ruhme des Staats. In Venedig durfte nur dem Dogen, als dem Repräsentanten der stolzen Republik, die$ ch vereinzelte kleinere Bildwerke zuweisen, wie die Statue des Täufers in einem Hofe der Annunziata (der beglaubigten Statuette am Silberaltar in der Opera del Duomo ganz entsprechend) und verschiedene Madonnenreliefs, von denen sich das schönste, in Thon modelliert und mit tadellos erhaltener wirkungsvoller Bemalung, in der Berliner Sammlung befindet (No. 58). Auch ein bemaltes Stuckrelief im Rund (No. 58A) giebt wohl eine ältere Komposition des Michelozzo wieder. In reicheren, bewegten Kompositionen völlig ungenügend, ist der Künstler in seinen Einzelgestalten, den Freifiguren wie Reliefs, von einer den Architekten verratenden vornehmen Ruhe, von großem Wurf der Gewänder, von ernster, gelegentlich selbst großer Auffassung, Freilich meist ohne volle Belebung; daher erscheint er leicht nüchtern und einförmig. Charakteristisch ist für den Künstler das starke Halbrelief. Der Gehülfe Michelozzo's in jenen mit Donatello gemeinsam übernommenen Monumenten, _Pagno di Lapo Portigiani_ (1406-1470) ist ein ebenso handw$ chuldigkeit gethan! Der Mann erzählte von Klumpe-Dumpe, der die Treppe hinabfiel und sich doch auf den Thron schwang und die Prinzessin erhielt. Und die Kinder klatschten in die Hände und riefen: »Erzähle, erzähle!« Sie wollten auch noch die Geschichte von Ivede-Avede hören, mußten sich aber mit Klumpe-Dumpe begnügen. Der Tannenbaum stand ganz still und gedankenvoll, nie hatten die Vögel draußen im Walde dergleichen erzählt. »Klumpe-Dumpe fiel die Treppe hinab und bekam doch die Prinzessin! Ja, ja, so geht es in der Welt zu!« dachte der Tannenbaum und hielt es für Wahrheit, weil der Erzähler ein so netter Mann war. »Ja, ja, wer kann wissen, vielleicht falle ich auch die Treppe hinab und bekomme eine Prinzessin!« Und er freute sich darauf, den nächsten Tag wieder mit Lichtern und Spielzeug, mit Gold und Früchten bekleidet zu werden. »Morgen werde ich nicht zittern!« dachte er. »Ich werde eine recht herzliche Freude über alle meine Herrlichkeit empfinden. Morgen werde ich wieder die Geschichte von Klumpe-Dumpe $ viarium Romanum. 1779. 8.; Brock, P., Die chronologische Sammlung der Dänischen Könige im Schlosse Rosenburg. 1888. 8.; Brugsch, Heinr., Übersichtl. Erklärung Ägyptischer Denkmäler des Kgl. Neuen Museums zu Berlin. 1850. 8.; Bulletin de l'institut égyptien. Années 1869-71. 1872. 8.; Burckhardt, Jacob, Der Cicerone. 3. Aufl. 1874. 8.; Canones et decreta sacrosancti oecumenici Concilii Tridentini. 1846. 8.; Caesaris (C. Julii) quae exstant cum interprete Graeco. (rec. G. Jungermann). 1669. 4.; Caesarius Heisterbachcensis' Illustrivm miracvlorvm et historiarvm memorabilivm lib. XII. Antverpiae, ex officina typographica Martini Nutij 1605. 8.; Catechismus, der Kleine -- (1717.) kl. 8.; Curtius Rufus, de gestis Alexandri Magni. 1849. 8.; Crull, F., Die alten Wandmalereien in der Kirche zu Toitenwinkel. A. d. Zeitschr. f. Christl. Kunst 1891. Nr. 9.; D.B.***, Memoires du gouvernement de l'empire. 1741. 8.; Damen-Conversations-Lexikon I-X. 1834-38. 8.; v. Dedenroth, Der Winterfeldzug in Schleswig-Holstein. 1864. 8.;$ er_: Bericht über das IX. u. X. Vereinsjahr. 1900. 8. -- *Würzburg.* _Histor. Verein v. Unterfranken u. Aschaffenburg_: Archiv XLI. Bd. 1899. 8.; Jahresbericht f. 1898. 1899. 8. -- *Zürich.* _Antiquarische Gesellschaft_: Mitteilung. 1899. (1900.) 2. *[**special chars in the last paragraph]* Albr. v. Eyb, Ob einem mann sey zenemen ein eclich weib oder nit. Augsburg. Joh. Bämler. 1474. 2. -- Pirkheimer, Priscorum numismatum ad Nvrenbergensis monetae ualorem facta aestimatio. 1533. 8. -- Apianus (Petrus), et Barptholomeus Amantius, Inscriptiones sacrosanctae vetustatis. 1534. 2. -- Haberer, Ein gar sch[**eo]ne Spyl von dem gl[**ea]ubigen Vatter Abraham. 1592. 8. -- Hotterus (Elias), Lectiones evangeliorvm et epistolarvm anniversariae. 1601. 8. -- Theodori Bezae Vezelii Poemata varia. 1614. kl. 8. -- Uttenhofer, Caspar, Pes mechanicus oder Werckschuch (1620). 4. Angebunden: J. Faulhaber, Newe geometrische u. perspektivische inventiones. 1610. 4.; J. Faulhaber, Ein sehr nützlicher new erfundener Gebrauch eines Nid$ ABINET._ _Geschenke._ *Brighthurst* (Orange, New Jersey _U.S.A._). Mrs. _John Crosby Brown_: Sechs Photographien von Schränken mit Musikinstrumenten im Metropolitan-Museum zu New-York. -- *Düsseldorf.* Dr. jur. _Hans H. Ewers_, Schriftsteller: Exlibris des Hrn. Geschenkgebers, gez. v. John Jack Vrieslander in Düsseldorf. -- *Freiburg i. Br.* Professor Dr. _F. Wibel_: Fünf Flugblätter der ersten Hälfte des 19. Jahrhdts. -- *Hall* (Schwaben). _Konr. Schauffele_, Konditor: Flugblätter von 1791 u. 1818. Deutschlands Hoffnung, kolor. Kupferst. aus dem Verlage von Fr. Campe in Nürnberg. Fünf religiöse, etc. Darstellungen, kolor. Kupferstiche aus dem Verlage von Riedel in Nürnberg; ca. 1820. -- *Hamburg.* _Jakob Nordheim_, Großhändler: »Das von denen Männern von allen Nationen zerstöhrte und zerbrochene Weiber-Parlament.« Kupferstich mit Text in Typendruck; ca. 1700. »Neu erfundene Chronologische Spiel-Tafel zur Erlernung der Universal-Historia«. 1719. Kupferst. v. Andreas Geyer in Regensburg. »Neu-erfundene Histori$ ift. 1900. 4. _Weidmann_'sche Buchhandl.: Achelis, Die Martyrologien, ihre Geschichte u. ihr Wert. 1900. 4. Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde. IV, 1 u. 2. 1898-1900. 8. Er. Schmidt, Lessing. Geschichte seines Lebens u. seiner Schriften I. II. 2. Aufl. 1899. 8. Seeck, Die charakteristischen Unterschiede der Brüder van Eyck. 1899. 4. Suphan, Allerlei Zierliches von der alten Excellenz. 1900. 8. -- *Bielefeld.* _Velhagen & Klasing_, Verlagsbuchh.: Holm, Lübeck, Die Freie u. Hanse-Stadt. 1900. 8. Meisner u. Luther, Die Erfindung der Buchdruckerkunst. 1900. 8. Steindorff, Die Blütezeit des Pharaonenreichs. 1900. 8. -- *Braunsberg.* _Handelskammer_: Jahresbericht f. d. J. 1899. 1900. 8. -- *Breslau.* _Handelskammer_: Jahresbericht f. d. J. 1899. 1900. 8. -- *Bromberg.* _Handelskammer_: Jahresbericht f. 1899. 1900. gr. 8. -- *Brünn.* _Verein »Deutsches Haus«_: Blätter vom Deutschen Hause Nr. 3-9. 1891-95. 8. Nr. 13. 1900. 8.; Die Chronik der Landeshauptstadt Brünn. II. 1. 2/3, III, IV. -- 1897. 8. Trautenberger, F$ uenstige Stand des Finanzwesens fanden die Anerkennung der Berichterstatter, desgleichen der im Werk befindliche Neubau, dagegen wurde das von Direktor von Bezold vorgelegte Projekt fuer den Umbau des Koenigsstiftungshauses als zu weit gehend erachtet und eine Vereinfachung derselben beschlossen. _PERSONALIEN._ Am 1. Maerz trat der Praktikant Dr. _Alfred Hagelstange_ aus, um eine Stelle als Assistent am Staedelschen Institut in Frankfurt a. M. anzutreten. Assistent Dr. _Max __ Wingenroth_ verliess die Anstalt am 1. Mai und uebernahm eine Stellung bei der Inventarisierung der Kunstdenkmaeler des Grossherzogtums Baden. Die Sekretariatsgeschaefte werden dem Assistenten Dr. _Otto Lauffer_ uebertragen, der von der Bibliothek an die Kunst- und Kulturgeschichtlichen Sammlungen versetzt wurde. An seine Stelle an der Bibliothek trat am 1. Juni als Praktikant Dr. _Heinrich Heerwagen_ aus [Illustration: Elfenbeinrelief] Erstuermung einer Minneburg. Elfenbeinrelief. XIV. Jahrhundert. * * * * * He$ Grundriß und Ansichten erhalten: Hallenbau in der Richtung der Erzgebirgsschule. Der etwas ältere Chor war in seiner reichen Dekoration an Streben und Fenstern der Marien-K. zu Bernburg ähnlich und rührt von denselben Meistern her, _Hanns_ und _Matthias Kumoller_. -- Der jetzige Bau nach der Zerstörung des vorigen im 7j. Kriege erb. 1764-92. Langer Streit um den Plan zwischen dem Ratszimmermeister _J. G. Schmidt_ (Schüler _Bährs_ und dadurch Vertreter der deutschen Barocktradition) und dem Hofbaumeister und Akademiker _Krubsacius_ (der dem eben aufkommenden Pariser Klassizismus zuneigte). Ein Gutachten _Chiaveris_ verhalf _Schmidt_ zum Siege. Die Anlage ein Kompromiß zwischen zentraler und longitudinaler Grundform. Von dem rechteckigen Umfang kommt der WBau für Turm und Emporentreppen in Abzug; ferner sind am OEnde die Ecken abgerundet; als Gemeindehaus verbleibt ein Quadrat, in dem aber doch wieder durch elliptischen Grundriß der Emporen die west-östl. Achse stärker betont ist. Die Emporen gestützt auf weni$ . _GAIBACH._ UFranken BA Gerolzhofen. *Dorf-K.* 1740 nach Plänen von _Balth. Neumann_ von einem Maurermeister aus Werneck. 1sch. lateinisches Kreuz. Die Vierung im Grundriß elliptisch, ebenso die von ihr ausstrahlenden 3 Konchen, woraus sich für die Gewölbe pikante Schnittlinien ergeben. Turm östl. am Chor in der Hauptachse. Für Neumann bezeichnend u. a. die schneidige Umrißlinie des Haubenhelmes. Fassade einfach. -- Gute Rok. Einrichtung. Altäre aus Stuckmarmor. Bmkw. Orgelgehäuse. *Kreuz-Kapelle* im Schloßpark. Erb. vor 1698, vielleicht von einem der _Dientzenhofer_. Spbar. Zentralbau; außen kreisrund, innen quadr. Hauptraum mit 4 transversalen Nischen; Polygonkuppel über toskan. Pilastern. -- Altäre spbar., gut in den Raum komponiert. *Schloß*. Ursp. Anlage A. 17. Jh. durch die Herren Echter v. Mespelbrunn als quadr. Wasserschloß mit runden Ecktürmen über mächtigen Fundamentbauten mit Bastionen (davon 2 erhalten); unter Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn 1694-1708 durch den Bamberger Baumeister _Johan$ Kleiner Bar.Bau 1686, reich ausgestattet, Hauptaltar ähnlich dem zu Ershausen. _KEILA._ Sachsen-Weimar VB Neustadt a. d. Orla. *Dorf-K.* 1696, unbedeutend. -- im Chor _Gemälde_ (Kreuzigung) von _Paul Keil_ aus Neustadt 1604 (vgl. Nimritz und Arnshaugk). _KELBRA._ Pr. Sachsen Kr. Sangerhausen. *Kirche* des 1251 gegr. *Cisterc.-Nonnen-Klst*. Von einem älteren Bau der rom. Turmunterbau. Die got. Klost.-K. 1sch. flachgedeckt, in der Spätgotik durch 1 Nebenschiff erweitert. Nach Brand 1607 stark restauriert. _KEMBERG._ Pr. Sachsen Kr. Wittenberg. *Stadt-K.* Spgot. Ziegelrohbau. -- _Altartriptychon_ mit Gemälden von _L. Cranach d. J._ -- _Sakramentshaus_, zierlicher hoher Aufbau aus Sandstein, in der Art der gewöhnlich _Adam Krafft_ zugerechneten fränkischen _KENTZGAU._ UFranken BA Haßfurt. *Dorf-K.* 1760 mit starkem ma. Chorturm. Gute Rok.Ausstattung. -- Reste des ehemaligen *Wasserschlosses*. -- Überlebensgroße _Kreuzigungsgruppe_ um _KERSBACH._ OFranken BA Forchheim. *Pfarr-K.* 1744 von _Küchel_, einem Schüler $ Zeit. *Wallfahrts-Kap*. _Holzfiguren_ in der Richtung _Riemenschneiders_. _MÜGELN._ K. Sachsen AH Oschatz. *Stadt-K.* Einheitlicher Bau aus A. 16. Jh. (Gewölbeschlußstein bez. 1521). Hallenkirche von 3 Schiffen und 3 Jochen, in das 4. Joch der Turm eingebaut (vollendet 1710). Die Ssch. sehr schmal, Sterngwb. auf 8eck. Pfll. mit konkaven Flächen; Fenster 3teilig mit äußerst nüchternem Maßwerk; Chor 1 Joch und 5/8 Schluß. -- _Sakramentsnische_ mit Halbfiguren von Propheten und Engeln. Überlebensgroßes Kruzifix. [_Flügelaltar_ von _M. Krodel_ 1582 im Dresdener Altertumsmuseum.] Vor der südl. Vorhalle großes prachtvolles Gitter bez. 1648. -- _Grabmal_ des Melchior v. Saalhausen {~DAGGER~} 1504, höchst lebendig behandelte Standfigur in fast voller Rundung; recht tüchtig auch die des Joh. von Haugwitz {~DAGGER~} 1591 und des Diakonus Stein {~DAGGER~} 1612; Bar.Epitaphe in verschiedenfarbigem Marmor für Sophie und Georg Dietrich v. Wolframsdorf 1691, 1694. *Schloß Ruhetal*. Genannt 1218. Von ma. Bauteilen nichts nac$ 18. Jh.. abgetragenen Hauptturmes neu errichtet ist. _Torfahrtshaus_, das Haupt- und Vorburg scheidet, in rom. Stile gehalten, darüber ein länglicher Wohnraum, die sog. _Dirnitzlaube_; endlich an der WSeite, teils in der Haupt-, teils in der Vorburg stehend, die Dirnitz, massiv in got. Stil erbaut. Unterbauten z. T. noch mittelalterlich. Im Erdgeschoß der reichhaltige _Rüstsaal_, in den oberen Geschossen Wohnräume für Gäste. Reich geschnitztes »Schweizerzimmer«, aus dem Schlosse der Herren v. Salis-Soglio bei Chur, treffliche SpRenss.-Arbeit. An der N Seite außen rom. Steinrelief: Simson mit dem Löwen. _WARZA._ Sachsen-Gotha LA Gotha. *Dorf-K.* 1520 und 1554, in den Zierformen nicht uninteressant. _WASEWITZ._ K. Sachsen AH Grimma. *Dorf-K.* kleiner, gut erhaltener rom. Bau wohl noch 12. Jh. _WASSERLOSEN._ UFranken BA Hammelburg. *Kirche.* Zwei virtuose _Rokokoaltäre_ mit Altarblättern von _Nic. Treu_. _WÄSSERNDORF._ UFranken BA Kitzingen. *Pfarr-K.* Einheitlich spgot. 1496. -- _Madonna_, Holz, um 1480. 5 _Ep$ re auch ein Vierungsturm beabsichtigt gewesen. -- Das Innere birgt _Bildhauerwerke_, die unter den edelsten Kleinoden deutscher Kunst zu nennen sind. Einheitlich nach Vollendung der K., also um 1230-35, leider nicht mehr in ursprünglicher Anordnung. Bis zu den eingreifenden Veränderungen im J. 1666 lag der Fußboden des Chors, veranlaßt durch die Krypta, 2,5 m höher als jetzt; zu ersehen aus der Höhenlage der Arkatur in der Apsis und der Basen der Ecksäulchen an den Triumphbogenträgern. Gegen das Qsch. war der Chor durch einen Lettner abgeschlossen. Jetzt ist derselbe hinter den Altar, an die Grenze der Apsis, zurückgeschoben und bei dieser Operation auch in seiner Zusammensetzung verändert. (In einem Wirtschaftsraum des Schlosses befinden sich formierte Trümmer, die über die ursp. Gestalt Aufschluß geben könnten.) Der jetzige Altartisch vor dem Mittelbogen ist modern. Es liegt nahe, zu glauben, daß sich unter ihm die Eingangstreppe zur Krypta befand, während die seitlichen Arkaden zu den Chortreppen führten. $ tergewaende sehr wirksam mit Schellen besetzt. Das Dachgesims im 18. Jh. erneuert. Der Zwerggalerie entspricht im inneren Aufbau das als glatte Kugelkalotte gestaltete Gwb.; unter den Fenstern Arkatur; bezeichnend das Streben nach moeglichst lebhaftem Formenwechsel auch in der Form ihrer Saeulenschafte. _Langhaus._ Querschnitt des Msch. 1 : 2, Gesamt-Querschnitt nach dem gleichseitigen Dreieck. Die Gwbb. haben Kreuzrippen und sind in den Quer- wie in den Schildgurten spitzbg.; trotz der Freiheit der Grundrissbildung, die dadurch moeglich geworden waere, ist nach deutscher Gewohnheit das sog. gebundene quadr. System beibehalten. Dabei macht sich behindernd geltend, dass die Grundrissabmessungen auf diese Teilung ursp. nicht eingerichtet waren: so ergeben sich von den Vierungspfll. des Qsch. bis zu den oestl. Chorpfll. nur 4+1/2 Doppeljoche. Im Anschluss des Lhs. an den OChor tritt deshalb sichtliche Verwirrung ein; man versuchte es mit 6teiligen Gwbb., hat sie aber z. T. wieder aufgegeben. Eine baugeschichtlic$ ter hat wohl am meisten auf die Schraegansicht von der Schlossterrasse her gerechnet, wo die Kuppel in die Gruppierung eingreift; seitlich erweitert sich die Fassade durch niedrige, mit Kuppeln gekroente Kapp. -- Anschliessend der Conventsbau (jetzt Priesterseminar) grossenteils schon 1668. -- Im Innern der K. einige nicht bedeutende _Skulpturen_ aus der alten K., darunter (rechts vom Eingang) ein Karl d. Gr., im 15. Jh. in eine karolingische Sl. gemeisselt. -- Annexe der alten Klosterk. waren im O eine 973 errichtete Taufkirche, mit jener durch ein zweistoeckiges Paradies verbunden, im N die noch vorhandene: *S. Michaelis-K.* Erb. 820 als Kapelle des Begraebnisplatzes der Moenche. Zubauten im 11. und 12. Jh. haben den alten Kern unveraendert gelassen. Die Anlage gibt den am meisten gebraeuchlichen Typus altchristlicher Grabkirchen: Rotunde mit innerem Umgang (lichter Durchmesser 11,5, Mauerstaerke 0,9). Ein Kranz von 8 Sll., die unter sich durch Rundbogen verbunden sind, traegt einen den Umgang uebersteigend$ ll, Hohenlohe und Montfort, um 1400. Auf dem (neuen) Hochaltar _Grablegungsgruppe_ um 1500, als Antependium interessantes Relief, Bestattung des Eremiten Paulus durch Antonius, um 1500. Die grossen Holzfigg. an der Chorwand, Jakobus und Antonius, in etwas manierierter Gefuehlsseligkeit. Reich bewegte _Kreuzigungsgruppe_ um 1750 (vom ehemaligen Hochaltar). Stattliche *Haeuser,* mehrfach mit Marienbildern des 18. Jh. geschmueckt. -- _Bildstoecke_ 1501, 1513, 1713, 1795. _GROSSLOeBICHAU._ Sachsen-Weimar VB Apolda. *Dorf-K.* im Chor _Sakramentshaus_ 16. Jh. Frgot. _Kruzifix_. _Schnitzaltar_ aus Altenburger Werkstatt, vgl. Maua. _GROSSMOeLSEN._ Sachsen-Weimar VB Weimar. *Dorf-K.* gilt fuer eine der aeltesten Stiftungen in Thueringen; das jetzige Gebaeude Gemengsel aus den letzten 4 Jahrhunderten. -- Taufgestell, Kanzel und Gestuehl 1723; dem Kanzelbau eingefuegt 2 gemalte _Fluegel_ 1520 von _Peter v. Mainz_ mit den 7 Freuden und 7 Leiden Marias; ikon. _Grabstein_ _GROSSNEUHAUSEN._ Sachsen-Weimar VB Apolda. Stattli$ Baugeschichte von H. (O. Liemke) setzt den Eintritt des got. Meisters 1224 bis 1228 und erklaert H. fuer den zweitaeltesten rein got. Bau in Deutschland, unmittelbar nach Wetzlar und vor Marburg. Diese Behauptung enthaelt nichts geradezu Unmoegliches, aber es fehlt ihr doch auch jede festere Begruendung. Die Schulrichtung ist dieselbe wie in S. Elisabeth (Mutterschule Soissons), und ich halte es noch immer fuer das Wahrscheinlichste, dass sie in Hessen zuerst hier eingesetzt hat. Danach waeren die aeltesten got. Teile in H. in die 40er Jahre zu setzen. Es ist der Oberbau von Chor und Qsch. Die Fenster sind hier 2teilig, der grosse Kreis der Kroenung mit Sechspass ausgesetzt (in Marburg noch glatt), besonders schoen das 2x2 geteilte grosse Fenster des Chorschlusses. Die Fenster der 5 oestl. Langhausjoche bleiben 2teilig, nehmen aber Kleeblattbogen an und in der Kroenung eine Gruppe von Dreipaessen. -- Das angenommene Verhaeltnis zu Marburg bezieht sich nur auf die OTeile. Mit der Annahme des Hallensystems koen$ hheit: Bruchstein mit Verputz und Quaderecken, die Portale rechtwinklige Einschnitte, sogar ohne Maueranschlag fuer die Tuerfluegel. -- Die Umwandlung des Lhs. in Hallenkirche im 13. Jh. kam nicht zur Vollendung; mit der Marburger Schule kein Zusammenhang, eher mit Westfalen. Am Chor wiederholte Aenderungen: im 12., im 13., im 15. Jh. -- Reste der _Ausstattung_ unerheblich. 2 spgot. _Holzreliefs_ mit Heinrich und Kunigunde koennten zum Chorgestuehl gehoert haben. _Grabsteine_ meist sehr beschaedigt, gut der der Aebtissin Anna v. d. Borch 1521. -- _Stiftsgebaeude_. Zu modernen Zwecken verbaut. Von Interesse nur die Frage, ob in ihnen Reste von der Pfalz Heinrichs II. stecken. Das Inventar bejaht sie. 1. An der SOEcke der ehemaligen Klausur stoesst eine Kap. mit 1/2 Apsis, sicher rom., vielleicht noch etwas aelter als die Klst.-K. (in den Quellen von einer S. Georgs-Kap. die Rede). 2. In der jetzigen "Renterei" am WFluegel des Kreuzgangs stecken die rom. Mauern eines quadr. Raumes mit quadr. Unterteilung; etwa $ gruendlich, zumal im Stofflichen musterhaft. -- Haengeepitaph des _B. Golnitz_ {~DAGGER~} 1635, Holzarchitektur mit Uebergewicht des Figuerlichen, wilde Sp.Renss. -- Charakteristische Beispiele aufwandreicher und schwulstiger Barockkunst die Steindenkmaeler des _J. J. Pantzer_ von 1673 und des _G. T. Schwendendoerffer_ von 1685. -- Mehrere _Gedenktafeln_ in der Form von Oelgemaelden, darunter bmkw. das der Familie Lawe 1548 von einem Cranachschueler. -- "Lasset die Kindlein zu mir kommen" von _L. Cranach d. Ae._ -- Die sehr stattlichen spgot. Klst.-Gebaeude 1830 und 1893 abgebrochen; erhalten ein Teil der umfangreichen _Wandmalereien_ (abgehoben, jetzt in der Univers.-Bibliothek, in der auch andere bmkw. Kunstwerke). *Barfuesser-K*. (Franziskaner). Von dem 1239 beg. Klosterbau nichts erhalten. Die jetzige K. ist Umbau 1494-1504. 2sch. Halle. Die trennenden 4 Pfll. vielleicht Reste der alten NMauer; im S Erweiterung durch eine ueber dem Kreuzgang angeordnete Empore (wie in der Pauliner-K.). Nochmaliger Umbau $ ; dergleichen grobkörniger Zusatz befördert die Verdauung so Aber _ein_ Eichhörnchen ist zu wenig für einen Verbraucher wie Strix. Sie muß versuchen, sich mehr zu erlauschen, zu erlauern oder zu erjagen -- und sie streicht, einer großen Flocke gleich, durch die Kellertiefe des Tannenwaldes und gleitet weiter wie ein Schatten durch den Hochwald. Sie untersucht die Wipfel -- sollte da nicht eine Taube sitzen? Sie versenkt sich in die Dickungen --: sollte sich nicht eine Amsel dort verborgen haben? Die lähmende Angst folgt ihr; daß man sie nicht hört, sie nicht sieht, ehe sie auftaucht, darin besteht Ihre Zaubermacht. Schon breiten sich blaßgelbe Nebel im Osten aus. Die graue Dunkelheit wird zu blauem Himmel, und schwarze Wolkenschichten erhalten Glorienglanz. Die gelbe Sonne ist auf dem Wege aufwärts, bald wird sie auf ihrem kurzen Tageszuge rings um den Wald wieder sichtbar werden. Ein paar rote Dompfaffhähne zwischen einem Gewirr reifgeschmückter Birkenzweige scheinen Strix grell in die Augen, und jetzt endli$ dern durch die Umgegend ging, deswegen lag etwas unerklärlich Unheimliches in ihrem einsamen nächtlichen Heulen. 13. Strix schafft sich einen Sklaven an In der Urwaldecke -- um die alten Eichen herum -- traf man eine Menge hohler und zunderiger Vergangenheitsbäume zwischen dem Neuwuchs an. Darin wohnten die andern Eulen des Waldes, die _kleinen_ Eulen, deren Treiben und deren Lebensweise ganz so war wie Strixens. Ihre Gesellschaft hatte Strix denn auch immer zugesagt. Sie hielten Sabbath, wenn sie Sabbath hielt, bedurften des Schlafes, wenn auch sie müde war, und kamen nicht am Tage dahergebraust und machten Lärm. Ihre Nähe belebte die alte Eule, sie waren gleichsam Fleisch von ihrem Fleisch und redeten _ihre_ Sprache. Jeder Vogel singt mit seinem Schnabel, sagen die Menschen. Die eine Vogelart versteht denn auch nicht viel von dem, was die andre sagt. Die Lyrik der kleinen Vögel wird nicht von den Krähen verstanden, und das Krächzen der Krähen, von dem sie selbst versichern, daß es voll von den schönsten und$ t daß hundert Boten mit Milch nach der Stadt gehen und hundert halbe Tage versäumen, würde ein einziger genügen, der mit einem Wagen fährt. Das sind nur einige von den zunächst in die Augen fallenden Ersparnissen, und sie würden sich verzwanzigfachen lassen. Aber wie eine Gesellschaft verschmelzen, in der die eine Familie 10.000 Franken, die andere keinen Obolus besitzt? Wie alle die Eifersüchteleien vermeiden und zu _einem_ Plan die Interessen verbinden? Wie aussöhnen so viel widerstreitende Interessen und so viel entgegenstrebende Willen versöhnen? Darauf antworte ich: durch die Lockung von Reichthum und Vermögen. Der stärkste Trieb für den Landmann wie für den Städter ist der Gewinn. Wenn die Betheiligten sehen, daß die sozietär organisirte Arbeit ihnen drei-, fünf-, sechsmal mehr Vortheile einbringt, als in der isolirten Privatwirthschaft, daß allen Assoziirten die verschiedensten Genüsse gesichert sind, so werden sie alle ihre Eifersüchteleien vergessen und sich beeilen, der Assoziation beizutreten; sie $ iderwärtigen Arbeiten bringen, man erregt zunächst ihren Stolz nach Rang. Jede Autorität, sogar der Monarch, schuldet ihnen den ersten Gruß; keine industrielle Armee rückt aus, ohne daß die kleinen Horden an der Spitze marschiren; sie haben das Vorrecht, bei allen Arbeiten der Einheit (das sind große Arbeiten, welche die Phalanxen eines oder mehrerer Reiche unternehmen, große Kanalbauten etc.) die erste Hand an's Werk zu legen; sie sind die Ueberall und Nirgends, ohne deren Mitwirkung nichts Bedeutendes geschieht. An ihrer Spitze stehen die kleinen Kane (Kan und Kanin), die selbst gewählten Offiziere; die kleinen Horden haben auch ihre besondere Kunstsprache und ihre kleine Artillerie. Ferner wählen sie aus der Zahl der Alten Druiden und Druidinnen, deren Aufgabe es ist, den Geschmack für die Funktionen der kleinen Horden zu bewahren; sie haben ferner bei allen religiösen Uebungen bestimmte Dienste zu versehen und erhalten dafür besondere Abzeichen. Frühzeitig zu Bette gehend (acht Uhr Abends), erheben sie si$ auch dessen Flotte erhielt, -- 8 Linienschiffe, 7 Fregatten etc. -- ließ diese buchstäblich verfaulen und die im Bau begriffenen Fregatten unvollendet. Der bankerotte Staat hatte keine Mittel, eine Kriegsflotte unterhalten zu können. Der Sklavenhandel, durch christliche Mächte begünstigt, blieb noch bis in unser Zeitalter ein gewinnbringendes Geschäft und eine Schmach unserer Kultur. Dreizehntens: Fortschritt des Handelsgeistes. Steigende Macht des Börsenspiels, das der Gesetze spotte, die Früchte der Industrie an sich reiße, die Autorität mit den Regierungen theile und überall die Raserei für das Spiel verbreite. Vierzehntens: Begünstigung des Handels trotz seiner Verschlimmerung. Marseille baue für die Seeräuber Schiffe zur Kaperung der Schiffe der Christen, um mit den gefangenen Christen die afrikanischen Bagnos zu füllen; Nantes besitze Fabriken in denen die Marterwerkzeuge für die Tortur der Neger hergestellt und den Strafgesetzen zum Trotz ausgeführt würden; andere Städte ahmten den Engländern nach und $ ufgabe, sich in der Menge des Materials und in dem oft krausen Stil und abrupten Gedankengang zurechtzufinden. Und doch bietet das Studium seiner Werke einen großen Genuß; sie zeigen eine erstaunliche Fülle origineller Gedanken und Ideen, die zu einem erheblichen Theil auch für die heutige Zeit, wie für die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft von großer Fruchtbarkeit sind. Sein Studium der menschlichen Triebe und die daraus hervorgehenden Schlüsse sind eine Arbeit, wie sie unseres Wissens nicht zum zweiten Male existirt. Die Art, wie er die menschlichen Triebe für eine neue Gesellschaftsorganisation zu verwenden beabsichtigte, ist so tief gedacht und erfaßt, daß die Zukunft in der Richtung der von ihm erfaßten Gedanken nur weiter zu wandeln und aufzubauen braucht. Großartig ist sein System der Kindererziehung, das einem Pädagogen von Fach eine Fülle neuer Gedanken und Anregungen geben wird und das zugleich Zeugniß ablegt von der erstaunlichen, in's kleinste Detail gehenden Beobachtung, mit der Fourier, wi$ der sie geboren war, daß sie mittelst der Vernichtung ihres Augenlichts, wozu ihr die Nadel eines Schmuckstücks gedient hatte, dieses Bild für immer festhalten zu können glaubte. Der Kapitän fühlte Reue und schickte sie mit dem im Hafen liegenden Schiff nach ihrer südlichen Heimat.« »Ich verstehe«, flüsterte Franziska hingenommen, »wie man das eigene Herz hassen kann, so auch die eigenen Augen. Aber was für ein Mensch war der Kapitän? Du sagst, er hätte das Mädchen geliebt? Wie man eine Rarität liebt, meinst du? Oder einen Papagei? Geliebt? Unsinn.« »Es ist möglich, daß er zuerst ein echtes Gefühl für sie hegte«, antwortete Cajetan, »und daß er später, als sie von vielen Menschen betrachtet und angestaunt wurde, nur noch eitel war. Er hatte sie vielleicht erziehen wollen und bemerkte dann, daß die Wildheit und Fremdheit ihr stärkster Zauber war. So bot er sie andern Augen feil, und die Neugier der Welt entseelte sie. In derselben Weise ist ja Caspar Hauser für seine uneigennützigsten Freunde gleichsam entsee$ zenfest, wo er den Preis errungen hatte, das stolze Mädchen sich ihm zuneigte. In der Nacht, während er in ihrer Kammer weilte, brach auf dem Hof, wo er bedienstet war, Feuer aus. Alle waren beim Löschen beteiligt, und er kam erst, als Scheune und Haus niedergebrannt waren. Sein verwirrtes, ja beinahe berauschtes Betragen bestärkte den Verdacht, den seine Abwesenheit erregt hatte, und er wurde beschuldigt, das Feuer gelegt zu haben. Hätte er sich entschließen können, anzugeben, wo er die Nacht über geweilt, so hätte niemand an seiner Unschuld gezweifelt. Aber er wollte den Ruf seiner Geliebten schonen, er wußte, wie sehr sie die üble Nachrede fürchtete und daß sie ihm den Verrat nicht verziehen hätte. Seine Beteuerungen waren umsonst, und da er die Auskunft darüber verweigerte, wo er sich aufgehalten während der Zeit, wo das Feuer entstanden war, so wurde er zu fünf Jahren Kerker verurteilt. Er konnte es kaum glauben, daß ihm dies geschehen, denn er war ein Mensch von angeborener Redlichkeit, und daß er einen$ igen blassen Retter, vor Erregung schluchzend, an die Brust. Es erwies sich, daß Graf Erdmann auf die Standesherrschaft Beuthen geraten war, die dem Grafen Carolath gehörte; das Mädchen war die junge Gräfin Caroline, Erbin und einzige Tochter. Nach Peterswalde heimgekehrt, erschoß Junker Erdmann das Pferd, das ihn gen Beuthen geführt, nachdem er es zuvor mit Lilien bekränzt hatte. Es fröstelte ihn in seiner Einsamkeit; er kam zu öfteren Malen nach Beuthen, er wurde mit der jungen Gräfin vertraut, ehe sie es mit Worten waren. Worte sagten nichts, Erdmanns Augen sagten nichts, sein Herz schien mit der Leidenschaft zu ringen, er schloß sich zu, wo er konnte, scheinbar widerwillig gab er sich, scheinbar widerwillig ließ er sich lieben, scheinbar mit Angst sah er den Bund besiegelt, für jede Liebkosung glaubte er sühnen zu müssen. Als man zu Sorau vernahm, was im Werke war, beeilte sich der alte Graf, den Freiwerber zu machen, und schon im Herbst wurde eine prachtvolle Hochzeit gefeiert. Kurz darauf ereignete es s$ atz meinen Töchtern gegenüber: daß ihre erste und heiligste Pflicht sie neben ihre Gatten und ihre Kinder stellt. In meinem Zustand wirken auch Schmerz und Freude gleichmäßig stark auf mich; erlaubt man jemand bei mir einzutreten, den ich lange nicht gesehen, so ergießt sich ein Strom von Tränen aus meinen Augen, und dann kommt das Fieber. Vielleicht werden Monate, Jahre über meine tiefeingewurzelte Krankheit vergehen -- wie könntest Du darüber auch nur eine Deiner nächsten Pflichten vernachlässigen, während ich nichts brauche als Ruhe, Stille und Einsamkeit .... Ach, könnte ich von dort oben zu Dir hinuntersehen, dann hättest Du den schönsten Trost: meine Mutter hat die dunkle Schranke überschritten, sie ist dort, wo mein Wunsch und mein Gebet sie hingeleitete. Ich schließe, meine Jenny, meine geliebte Tochter, denn kein Wort könnte ich äußern, das nicht das Echo eines kranken Körpers und einer tieftraurigen Seele wäre. Bete für mich, mein Kind, aber bete nicht, daß der Gott der Güte mir dies Leben erhalten $ sie im stillen für die Armen im Lande sorgte, weiß das Volk; wie sie uns Kindern eine mütterliche Fürstin war, das wissen ihre Enkel, das weiß auch ich. Sie blieb mir aber immer, so oft ich sie sah, die Großherzogin, denn 'eine Würde, eine Höhe entfernte die Vertraulichkeit'. Oft erzog ein Blick von ihr uns mehr als eine Strafe unserer Erzieherinnen, und ein kleines Geschenk aus ihrer Hand wurde mit mehr Ehrfurcht betrachtet als die größte Bonbonniere von Karl August, der mit uns scherzte und lachte und es gar nicht liebte, wenn 'die Frauenzimmerchen zimperlich taten', sondern gern fröhliche, auch kecke Antworten hörte." Von nachhaltigem Einfluß auf Jennys geistige Entwicklung sollte der Mann werden, dem ihre Mutter im Jahre 1817 die Hand zum zweiten Ehebunde reichte: Ernst August von Gersdorff.[62] Seit langem im weimarischen Dienst, hatte ihn der Herzog, als Probe auf seine Befähigung, mit seiner Vollmacht am Wiener Kongreß teilnehmen lassen, und er hat diese Probe, zu der ihn Goethe mit den Abschiedsworte$ uch so sehr unterdrückte, daß man ihn neuerdings oft deshalb herzlos schilt, er empfand so tief wie wenige, darum litt er auch körperlich so sehr darunter. Nur beim Tode seiner Frau, so erzählte mir Huschke, war er weinend vor ihrem Bett in die Knie gesunken mit dem Ausruf: 'Du sollst, du kannst mich nicht verlassen!' Als die Trauerglocken den Einzug des toten Karl August uns allen wehmutsvoll in die Seele läuteten, war er still verschwunden. Den Kanzler Müller, der den Auftrag hatte, ihm des Sohnes Tod mitzuteilen, ließ er nicht zu Worte kommen, er sah ihn nur groß an und ging hinaus. Daß er die Kunde erraten hatte, wurde klar, als Ottilie den nächsten Morgen in Trauerkleidern bei ihm eintrat und er ihr die Hände mit den Worten entgegenstreckte: 'Nun wollen wir recht zusammenhalten.' Dann versuchte er zu arbeiten, verschloß sich vor jedem Besuch, wollte schließlich verreisen; ein Blutsturz warf ihn aufs Krankenlager und zeigte nur zu deutlich, wie entsetzlich er litt. Bei allen geistig bedeutenden Menschen s$ r Welt her und ich war inmitten der Welt; er stand zu fern und zu hoch, um zu verstehen, was ich zu erwidern hatte. Niemals war ihm der Kreis nahe getreten, in den ich vom Schicksal gestellt war, mit seinen Irrthümern und Fesseln, seinen Kleinlichkeiten und seiner Eleganz, seinem Glanze und seinen Pflichten, seinen Masken, seinen Regeln, seinem Katechismus des Scheins. Seine Versuchungen waren ihm fremd, seine lästigen Anforderungen thöricht; er nannte Schwachheit, was ich als ein pflichtgemäßes Opfer empfand. Dennoch, vor dem Gerichte der unbeirrten und gesunden Vernunft war alles richtig, was er sagte, alles gut, was er rieth. Die Welt hatte allemal Unrecht, wo er und sie Entgegengesetztes verlangten. Allein sie ist die mächtigere: Scheidler rieth, die Welt befahl. "Ich hatte mein Gleichgewicht wieder. Ich fühlte, dieser Mann war mein Freund, er hatte Recht, ich mußte ihn hören und seinen edlen Grundsätzen gehorsam sein. Als er mich neu belebt sah, gewann sein Gesicht den Ausdruck reinster Befriedigung. 'Ni$ mkeitsträumen und finde sie in Wirklichkeit noch lieber," schrieb sie nach dreijährigem Aufenthalt in Garden und fügte hinzu, daß sie sich nicht vorzustellen vermöchte, jemals in das städtische Leben zurückkehren zu können. Nur leise klang hie und da die Sehnsucht nach fernen Lieben durch. "Von mir," heißt es in einem Brief an Frau Froriep, "kann ich nur Erfreuliches berichten: meine lieben Herzenskinder gedeihen an Geist und Körper, und übermorgen ist Weihnachten!! -- Ottchen ist groß und kräftig, und seine Liebe und Zärtlichkeit beglückt mich unendlich ... Wir sehen niemanden, und jeder Tag ist sich gleich -- gleich lieb und angenehm, ich zeichne, stricke, schreibe, lese zuweilen, spiele abends mit Werner Schach, oder wir lesen einander vor. Die Grundfarbe des Lebens sind immer die zwei lieben Engelchen, und hätte ich meine Mama und meine Emma, dann möchte ich niemals sterben." Das liebe Bild Weimars mochte aber doch immer lockender vor ihrer Seele stehen, und das Verlangen, ihr Frauenglück, ihren Muttersto$ ßte sich Großmama wieder von ihrer Tochter trennen. Die Hoffnung, daß mein Vater als Generalstabsoffizier im _IV._ Armeekorps bleiben würde, erfüllte sich nicht, er wurde vielmehr nach Karlsruhe versetzt, so daß die Trennung, der weiten Entfernung wegen, eine recht schmerzliche war. Daß ihr Sohn Otto so fröhlich zurückkam und beim Kronprinzen in Potsdam blieb, daß ihr Sohn Werner so viel ernster und reifer geworden zu sein schien, erleichterte ihr den Abschied. Im Sommer des folgenden Jahres verband sie eine Reise nach Karlsruhe mit einem Besuch bei ihrer Schwester in Paris und beschloß sie mit der gewohnten Karlsbader Kur. In einem Briefe aus dieser Zeit -- 1872 -- heißt es: "Es scheint, als ob ein sehr friedliches, sorgenloses Ausleben mir beschieden wäre." Aber schon bald nach ihrer Rückkehr nach Potsdam verdunkelte sich das helle Zukunftsbild wieder. Es wiederholte sich, was gerade die besten Eltern am schmerzlichsten erfahren müssen: daß ein Zusammenleben von jung und alt nicht gut tut. Bei allem Verstän$ Stock nur langsam zum Absterben bringt und in manchen Fällen dem Bienenstock nur schadet, aber ihn nicht vernichtet. Die erstere Form wäre also, wie sie Dzierzon[42] nennt, die bösartig ansteckende, die zweite die gutartig ansteckende Faulbrut. Die bösartig ansteckende Faulbrut, wie sie Dzierzon a. a. O. schildert, stimmt mit meiner Beobachtung und der oben angegebenen Characteristik überein, nur erwähnt Dzierzon a. a. O., ebenso auch Scholtiss[43] Nichts darüber, ob die verdeckelten abgestorbenen Bienenlarven in verkehrter Stellung sich in den Zellen befanden oder nicht. Kleine und v. Berlepsch[44] dagegen führen ausdrücklich an, dass alle Bienenlarven, welche faulbrütig waren mit dem Kopfende nach dem Boden der Zelle gerichtet lagen, also ganz so, wie ich es jetzt geschildert und schon früher beobachtet habe und in der Bienenzeitung, Jahrgang 1860 No. 1 beschrieb. Dzierzon's gutartig ansteckende Faulbrut weicht aber von meiner in sofern ab, als Dzierzon dieselbe meist nur an unbedeckelten Bienenlarven beoba$ Reihenfolge, sondern begannen mit dem letzten, denn er hörte deutlich wieder das Winseln und Rascheln von vorher und wollte sich eben selbst im Traume mit dem Bewußtsein trösten, daß es eben nur ein Traum sei, als das Geräusch stärker und lebendiger wurde und er sich endlich, ordentlich in die Höhe fahrend, wieder im Bette aufrichtete, um darauf zu horchen. »Jesus Maria Joseph!« rief er fast unwillkürlich als er zu der ganz unzweifelhaften Gewißheit einer ganz neuen Störung gelangte, »da ist beim Himmel noch so eine Bestie darunter, und ich habe doch vorher ringsumher gefühlt. Na, an die Nacht will ich denken; wenn ich aber je zurück nach Gidelsbach komme, werde ich mir ein Vergnügen daraus machen, dem verdammten Doctor dieselbe Tour und ein Nachtquartier in dem Nest hier -- wie hieß es gleich? -- zu empfehlen. Der soll mir wiederkommen!« Betrachtungen nutzten aber hier durchaus nichts; der junge Hund ließ sich weder weg noch zur Ruhe philosophiren, und nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen, trotz der »Gif$ sagte einer der Politiker, »haben Sie nichts Neues gehört vom Kriegsschauplatz? -- Keine neuen Zeitungen mitgebracht?« »Ich? Nein«, lachte der Postbeamte, »wollte sie uns hier holen -- ist aber eben ein Unglück hier in der Stadt passirt«, setzte er dann ernsthafter hinzu. »Ein Unglück? Hier in Lichtenfels?« »Ja«, sagte der Conducteur, »in der Staffelstraße ist ein armer Teufel von Maurer mit einer großen Familie vom Gerüst gefallen.« »Mit der ganzen Familie?« rief der Commerzienrath erschreckt. »Nein, das nicht«, lachte der Conducteur, »der Mann hat nur eine starke Familie zu Hause, aber er hat den Hals gebrochen.« »Sie hinken ja, Herr Conducteur?« sagte der eine von des Commerzienraths Tischnachbarn, der aufgestanden war, dem Postmanne seinen Platz zu geben, »was haben Sie denn am Fuße?« »O nichts«, meinte dieser, halb mit gegen den Commerzienrath gewendet »neulich Abends, kurz vor Schlafengehen, gehe ich noch einmal barfuß durchs Zimmer; an demselben Tage hatte aber mein jüngstes Mädchen eine Fensterscheibe$ , die Treppe zum ersten Stock hinauf. Langsam folgte ihm die Hausfrau, die wohlbeleibt war und schwer atmete. Pfäffling wurde ein wenig ungeduldig, er war schon so lang unterwegs und ihm war es ganz gleichgültig, wie die Zimmer aussahen. Auf dem ersten Treppenabsatz mußte die Frau ein wenig ausschnaufen. Jetzt konnte er sich nicht mehr zurückhalten. »Ich will Ihnen lieber gleich mitteilen, daß ich Musiklehrer bin,« sagte er, »wenn Sie also keinen wollen, dann verlieren wir weiter keine Zeit.« Sie stutzte einen Augenblick, dann sagte sie gnädig: »Steigen Sie nur weiter hinauf.« Im Nu war Pfäffling die zweite Treppe droben, die Hausfrau keuchte nach. Auf dem zweiten Treppenabsatz wieder Pause zum Atemholen und Pfäffling: »Ich will Ihnen nur gleich sagen, daß wir sieben Kinder haben.« »Um Himmels willen,« rief die Frau, »haben Sie denn für jedes Stockwerk so eine Hiobspost? Bis wir in den vierten Stock hinaufkommen, spielen Sie die Regimentstrommel und haben noch ein Dutzend Buben in der Kost! Ich tu' aber nicht$ und Wohlstand, sich verhalten _nur_ wie Blüten und Früchte des Baumes zu Stamm und Wurzel, aus denen Blüte und Frucht ihre Nahrung ziehen. Und damit ist gesagt, daß unter dem Gesichtspunkt des _allgemeinen_ alle Stände gleichmäßig umfassenden Volkswohls kein Staatswesen eine wichtigere Aufgabe haben kann als die Sorge, Wurzel und Stamm seines Volkstums dauernd gesund und kräftig zu erhalten. Träten nun sowohl nackte Klasseninteressen allen Bestrebungen entgegen, welche auf Beseitigung der am Volkskörper nagenden sozialen Übel dringen, so würde damit die Vertretung dieser Bestrebungen unter die Fahne gestellt sein: _Solidarische Volksinteressen gegenüber den Prätentionen bevorzugter Angesichts des immer deutlicher hervortretenden Kampfes der Sonderinteressen um die Klinke der Gesetzgebung in Deutschland, scheint es in der Tat Zeit zu sein, daß eine politische Partei, die eine »Volkspartei« sich nennt, _ihre_ Bemühung um Einwirkung auf die Gesetzgebung deutlich unter _diese_ Fahne stelle und in diesem Sinne di$ Beamten, Geschäftsgehilfen und Arbeiter zur Stiftung, zu ihrer Firma und zu allen Vorgesetzten erstreckt sich lediglich auf die vertragsmäßige Arbeitsleistung und die sonstigen Dienstgeschäfte, und zwar in Hinsicht auf folgende Punkte: Art und Maß der Arbeitsleistung und der sonstigen Obliegenheiten; Leitung und Beaufsichtigung der dienstlichen Tätigkeit durch die dazu bestellten Organe; Obhut über Eigentum der Firma und Eigentum Fremder, welches einzelnen oder mehreren vermöge ihrer dienstlichen Tätigkeit anvertraut oder zugänglich ist, und Wahrung sonstiger ihnen darin anvertrauter Interessen der Firma und Fremder; Wahrung von Sicherheit und Ordnung in Betrieb und Verwaltung; Verkehr der einzelnen mit Vorgesetzten, Mitarbeitern und Untergebenen innerhalb des Dienstes; Schutz von Eigentum und sonstigen Interessen der Betriebsangehörigen, insoweit solches Eigentum den Angestellten und Arbeitern vermöge des Dienstverhältnisses zugänglich ist, od$ dig zu verlautbaren sind. -- Die Sammlung dieser Protokolle aus den letztvoraufgehenden 20 Jahren ist bei allen nachfolgenden Rechnungslegungen wieder mit zur Vorlage zu bringen. Schlußbestimmungen. [Sidenote: Vertretung der St. bei ev. Wegfall der jetzigen St. V.] Sollte infolge von staatsrechtlichen Veränderungen die Bestimmung in § 5 dieses Statuts bezüglich der Vertretung der Stiftung einmal hinfällig werden, so soll diese Vertretung, einschließlich der Bestellung des Stiftungskommissars in sinngemäßer Anwendung des § 5, und die statutengemäße Verwaltung der Carl Zeiss-Stiftung übergehen an diejenige Staatsbehörde, welche hinsichtlich der Universität Jena an die Stelle des als Stiftungsverwaltung fungierenden Departements des Großherzogl. S. Staatsministeriums tritt, wofern dieselbe innerhalb Thüringens ihren Sitz hat; andernfalls an die oberste Verwaltungsbehörde innerhalb [Sidenote: Verfahren bis zur Neukonstituierung der St. V.] Sollte zu irgend einer Zeit eine den Bestimmungen des § 5 oder des § 113 d$ von nicht mehr als ein Zehntel zu verwenden. [Sidenote: Nutzbarmachung der aus d. U.F. erstellten Einrichtungen für gemeinnützige Zwecke.] Hinsichtlich solcher Gebäude und Einrichtungen, die gänzlich aus Mitteln des Universitätsfonds beschafft oder in Betrieb erhalten werden, hat die Stiftung auszubedingen, daß ihre Benutzung für Zwecke, die im Sinne von gemeinnützigen Veranstaltungen auf Belehrung nicht studentischer Kreise ausgehen, den Dozenten der Universität insoweit gestattet werde, als die Mitbenutzung für solche Zwecke ohne Störung der bestimmungsmäßigen Verwendung angängig ist. Falls Leistungen der in Art. 9 bezeichneten Art auf den Universitätsfonds übernommen werden, ist für die Dauer dessen die gleiche Bedingung auch hinsichtlich solcher Gebäude und Einrichtungen zu stellen, die nur zum Teil aus Mitteln der Stiftung beschafft sind oder unterhalten werden. [Sidenote: Vorschriften für die Rechnungslegung der Stiftungsverwaltung.] Für die jährliche Rechnungslegung der Stiftungsverwaltung, gemäß §§ 11$ bleiben. Arbeiter- und Angestelltenrecht der Carl Zeiss-Stiftung[81]. Dieser Titel enthält die Präzisierung der in § 1 sub A, dritter Absatz, der CARL ZEISS-Stiftung zugewiesenen sozialen Aufgabe. Ich erblicke darin den wichtigsten Teil des Statuts, weil diese Festsetzungen für mich bedeuten den äußeren Abschluß eines wesentlichen Stückes meiner ganzen Lebensarbeit und weil ich zugleich überzeugt bin, daß den Bestrebungen, die darin zum Ausdruck kommen, ein ganz entscheidender Anteil an der günstigen Entwicklung der jetzigen Stiftungsunternehmungen beizumessen ist, ihre fortgesetzte Anerkennung mir also auch als eine wesentliche Bedingung für deren ferneren gedeihlichen Fortgang erscheinen muß. Diese Bestrebungen aber haben auf meiner Seite -- seit wohl zwanzig Jahren schon bewußterweise -- unter folgendem ganz allgemeinen Gesichtspunkt gestanden: Als ein dringendes Volks- und Staatsinteresse gilt unbestritten die Erhaltung, beziehungsweise Wiedererneuerung eines breiten gesunden Mittelstandes, dessen Gliede$ das er sich geworfen hatte; sie glaubte, er habe geweint. "Du bist zu dumm, Ole!" flüsterte sie. Die graue Sommernacht, die nicht schlafen kann und auch nicht wachen, erweckt leicht das Gefühl von etwas Halberreichtem, -- für die beiden wurde sie, was ein halbdunkles Zimmer für zwei heimlich Verlobte ist. Sie ließ ihre Hand auf seinem Arm liegen, und als seine Augen den ihren begegneten, sah sie ihn an, wie wenn man ein Kind zudeckt. "Siehst Du, ich dachte," sagte er, "ich glaubte, ja, denk' nur, ich glaubte ..." Tränen standen ihm in den Augen. "Du bist zu dumm, Ole!" flüsterte sie wieder. Und damit waren die Stürme des Tages abgetan. Ihre Hand blieb auf seinem Arm liegen; es sah aus, als führe sie einen Arrestanten. Er fühlte kaum den Druck, aber es rieselte ihm durch Mark und Bein. Ab und zu streifte ihr seidenes Kleid sein Bein; sie gingen im Takt, der elektrische Strom ihrer Nähe trug ihn. Sie waren ganz allein, und es war ganz still; sie hörten ihre eigenen Schritte und das Rascheln des seidenen Kleides$ egenheiten mischen wollte! Spion und Angeber also? Was zum Teufel wollte er denn eigentlich? Was beabsichtigte er? Waren das vielleicht auch "Gottes Wege"? Durch Schlüssellöcher gucken und an den Türen horchen? Dieser Kerl, der ihm "auf Gottes Wegen" seine prächtige Schwester genommen hatte -- wollte der ihm nun auch seine Liebe nehmen? Weshalb kam er nicht zu ihm selber? Weshalb es der Tante sagen? Er hatte die größte Lust, ihn aufzusuchen und ihn tüchtig durchzubläuen, ihn halbtot zu schlagen! Verdient hätte ers, weiß Gott! Er schlug wirklich die Richtung nach Ole Tufts Wohnung ein; aber da stiegen die großen Augen seiner Schwester vor ihm auf und sahen ihn fest an. Er konnte sich wenden und drehen, wie er wollte -- sie waren da, die tiefen Augen. Und dann fühlte er ihre Wange an der seinen, wie an jenem letzten Abend. Das Ende vom Liede war, daß er vorbeiging. Aber damit war er in die Nähe seiner früheren Wohnung gelangt, und da fiel ihm Rendalen ein. Zu dem wollte er! Kein Tüttelchen wollte er ihm verheim$ zten Kampf mit Atropin nachhelfen? In einem solchen Fall war das Mittel noch nicht erprobt; aber immerhin -- rationell war es. Wo er ging und stand, was er auch vornahm -- überall verfolgte ihn diese Frage. Die fünf Kinder der Kranken waren bei Sören Pedersen und Aase untergebracht; in solchen Fällen waren die Zwei unbezahlbar. Als er zum zweitenmal hinging, blieb er gleich da; es war ein Ringkampf -- Aug' in Auge mit dem Tod. Eine kleine, sehr saubere Stube mit drei Betten. Im Fenster ein kümmerlicher Geraniumstock, und an der Wand ein Bild von König Karl XV. zu Pferd -- unter Glas und Rahmen --, ein paar mit Stecknadeln befestigte Photographien und eine Geige mit drei Saiten, die vierte hing herab. Die dalag, war dereinst eine schöne Frau gewesen, war sicher auch jetzt noch stark und kernig, wenn sie wieder gesund wurde. Jetzt lag sie da, abgemagert bis auf die Knochen, die zerschundenen Arbeitshände auf einer zerlumpten Decke. Aber der Mann, der neben ihr saß, der war nicht stark, wie sie -- ach nein -- de$ bel und Gesetz machen den Vater zum Eigentümer des Kindes." Jetzt begann sie auf- und abzugehen; aber nur zwischen Fenster und Tür, wie zwischen den Stäben eines Käfigs. Ihre Brust wogte; ihr Atem ging hörbar; ihre Gesichtsfarbe, ihre Augen, ihre Stimme verrieten, in welch furchtbarer Aufregung sie war. Sie hatte nie geglaubt, daß er zu so etwas imstande sei. -- "Schämst Du Dich nicht? Du wolltest den Jungen behalten?" -- "Das will ich, so wahr Gott es mir gebietet! Du sollst unsern Jungen nicht verderben." -- "Ihn verderben? Ich? Das ist zu viel! Jetzt sollst Du die Wahrheit hören! Von Kindheit an hast Du Macht über mich gewonnen -- _dadurch_! Hast Macht gewonnen über meinen Verstand durch Deinen unerschütterlichen Glauben, ohne daß ich es merkte, weil Du gut warst und Dich hingabst. Und damit hast Du meine Natur verpfuscht -- ja, das hast Du! -- denn ich war anders geartet. Du hast meinem Leben Bahn und Ziel gewiesen, ich merkte es selber nicht. Ich sag' es, wie es ist; ich messe Dir keine Schuld bei. Aber $ ir gerichtet werden soll, dir, dem Allwissenden, der all mein Tun und Lassen kennt, dem auch die verborgensten Gedanken meines Herzens offenbar sind und dessen Auge die Tat sieht, die keinen irdischen Zeugen hatte; o ja, heute erkenne ich vollkommen, wie ich all deiner Güte und Barmherzigkeit nicht wert gewesen bin. Und stehe ich nicht heute vor einer unbekannten Zukunft? Wie zahlreich sind meine Wünsche, wie mannigfaltig meine Hoffnungen, die ich an die kommenden Tage knüpfe, und wie erbebe ich bei dem Gedanken, was sie vielleicht für mich oder für diejenigen in ihrem Schoße bergen, die ich mehr noch liebe als mich selbst! O, wie konnte ich wohl der Zukunft vertrauensvoll entgegen sehen, wenn nicht deine Verzeihung mir würde auf meinem neuen Wege. O Allgütiger! Nimm mich und die Meinen in deine treue Hut, laß deine Gnade mir leuchten in dem neuen Jahre, unterstütze mich darin, daß ich das Gute übe, hilf mir, jede sündige Lust zu überwinden. Halte fern von mir jede Versuchung, und wenn du mir Kämpfe auferlegs$ rgehen anklagt? Wie oft bin ich es vielleicht gewesen, der Veranlassung zum Sündigen gab, oder habe ich stets hinreichend meine Abscheu vor dem Laster zu erkennen gegeben und all den Kummer sehen lassen, von dem ich ergriffen wurde, wenn die Sünde ohne Erröten auftrat? War meine Betrübnis nicht viel größer über den geringsten Verlust an zeitlichen Gütern, als darüber, daß sich die Frechheit und die Ruchlosigkeit meinen Blicken darstellten, oder daß ich sah, wie eine Menschenseele verloren ging! Entflammte mein Zorn nicht weit mehr über die geringste Beleidigung, die mir widerfuhr, als wenn ich Zeuge war, wie dein Name und dein Haus entweiht wurden! Ach, Herr, »flossen Tränenströme aus meinen Augen, weil deine Gesetze nicht beobachtet wurden? Wurde ich von Kummer verzehrt, weil deine Worte vergessen wurden?[39] Habe ich freimütig dich und deine Lehre bekannt, wenn der Gottlosen Hohn mich mit Schmerz erfüllte?« O, es ist so schwer, ohne Fehler zu wandeln, selbst wenn auch der Edlen und Heiligen Beispiel mir ste$ möge, mein Helfer und Gott. Der Kinder Gebet für einen kranken Vater oder eine kranke Mutter.[83] 6.»Erhöre, o Gott, mein heißes Gebet, und schweige nicht zu meinen Tränen,«[84] siehe den Kummer meiner Seele und mein angsterfülltes Herz! Denn ach, die Güter meines Lebens sind in steter Gefahr, mein Vater (meine Mutter) liegt auf dem Krankenbette!--O Herr, welche Wehmut erfaßt mich, da ich ihn (sie) leiden sehe, wie graut mir vor dem Gedanken ihn (sie) zu verlieren.»Strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Groll,«[85] sondern vergib mir alle meine Sünden und sende mir Hilfe von deinem Himmel. O Herr nimm meinen Vater (meine Mutter) nicht von mir. Vergib mir alles, worin ich mich gegen ihn (sie) vergangen habe, und laß ihn (sie) noch den Tag erleben, wo ich ihm (ihr) meine ganze kindliche Liebe und Hingebung beweisen kann. O Herr, errette ihn (sie) um deines heiligen Namens willen, »du, mein Gott, der ein Gott der Errettung ist, der Herr, der Ewige, der vom Tode errettet,«[86] und erfü$ ückliches Seufzen durch das Haus. Da stieg die ganze Venus aus dem Meer. Dieser Nacken, diese Schultern, dieser Hals, die Bewegung, die anmutvolle Hingabe, dies Sichverlieren in süßester Heiterkeit! Ich sah Männer zittern und Frauen bleich werden. Jede Miene will ihre angeborne Trägheit vergessen, doch ihr selbst nahen keine Wünsche, nur Vergötterung umfängt sie. Ahnungslos und unergriffen wandelt sie durch die gesammelte Bewunderung hindurch, wie wenn ihr der Traum der letzten Nacht als Schleier um die Seele gehüllt wäre, -- und lächelt. Sie haben recht, Felix. Ihr Lächeln ist das Wunderbarste. Es scheint aus einer tiefen Quelle aufzusteigen, wo die Genien wohnen, die den Menschen wohlwollen. Keine Heiterkeit deutet so viel Schicksal wie ihre. _Graf Reitzenstein_ Zur Fuchs kam sie spät, erst nach der Vorstellung. Man war schon ein wenig müde. Aber als sie eingetreten war, begann der Tag von neuem. Sie setzt sich neben die Hausfrau und blickt sie zärtlich und vertrauensvoll an. Sie plaudert, und Worte sind pl$ dann hatte ihn die freundliche, braune Ayah gefächelt, und Mutterchen hatte ihm erlaubt, wie ein kleiner Hindujunge, nur mit einem Lendentuch bekleidet, herumzuspringen. Und da war eine große, mattenbedeckte Veranda gewesen und ein prächtiger Blumengarten und das weite, blaue Meer, in dem er jeden Morgen gebadet, und das ihm so viele schöne Muscheln geschenkt. Ja, und einmal war eine dabei gewesen, die sah drein, als habe sie ein Tigerfellchen angezogen, und sie hatte etwas ganz Wunderbares in sich verborgen -- -- das Rauschen des Meeres. Man mußte sie nur dicht ans Ohr halten, dann hörte man es deutlich, und wenn man die Augen schloß, konnte man denken, nahe bei Vater und Mutter zu sein. Jetzt wohnte Hansi in einem großen Haus mit vielen andern Buben zusammen. Eine Veranda gab es da nicht, nur weite, helle Stuben, die ein wenig leer und nüchtern dreinsahen. An den Wänden hingen keine Bilder, und nirgends standen Blumentöpfe oder schön geformte Vasen. Natürlich, in einem Haus mit so vielen wilden Buben konnte$ ie sich an einem versteckten Plätzchen im Wald eine Hütte bauen und dort allein leben, ohne sich irgendeinem Menschen zu zeigen. Während die Knaben diese Pläne schmieden, bleibt der Zug an einer Station stehen, und eine Bäuerin, die ein kleines Kind an der Hand führt, steigt in das Kupee. Sie ist schwarz gekleidet, trägt ein Kopftuch und sieht gut und freundlich aus. Sie zieht dem Kleinen das Überröckchen aus, das vom Regen naß geworden ist, und wickelt ihn in einen Schal. Dann zieht sie ihm die Schuhe ab, trocknet die kalten Füßchen, sucht aus einem Bündel Strümpfe und Schuhe hervor und legt sie ihm an. Schließlich steckt sie ihm ein Bonbon zu und legt ihn auf die Bank, den Kopf auf ihrem Schoße, damit er einschlafe. Bald wirft der eine, bald der andre Knabe einen Blick auf die Bäuerin, die sich mit ihrem Kinde beschäftigt. Diese Blicke werden immer häufiger, und plötzlich haben die Knaben, beide zugleich, Tränen in den Augen. Nun sehen sie nicht mehr auf, sondern halten die Augen hartnäckig niedergeschlagen$ h auf die Bank neben Sir Archie gesetzt hatte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Aber Sir Archie wußte noch immer nichts davon, daß sie ihm so nahe war und daß sie dasaß und ihm ins Ohr flüsterte. Er merkte ihre Gegenwart nur durch die furchtbare Angst, die über ihn kam. Elsalill sah, daß Sir Archie, nachdem die Tote ein paar Augenblicke neben ihm gesessen und ihm ins Ohr geflüstert hatte, seinen Kopf in die Hände sinken ließ und weinte: »Ach, hätt' ich doch niemals die junge Jungfrau gefunden!« sagte er. »Ich bereue nichts anderes, als daß ich die junge Jungfrau nicht verschonte, als sie mich anflehte.« Die beiden anderen Schotten hörten zu trinken auf und sahen Sir Archie erschrocken an, der solchermaßen alle Männlichkeit ablegte und sich der Reue hingab. Ein Weilchen saßen sie ratlos da, aber dann ging einer von ihnen zum Schanktisch hin, nahm die größte Trinkkanne, die dort stand, und füllte sie mit rotem Wein. Dann ging er auf Sir Archie zu, schlug ihm auf die Schulter und sagte: »Trinke, Bruderherz: Noch $ ing war und gehört hat, wie es dir ergangen ist,« sagte die Mutter. »Wir wissen Helga blieb an der Tür stehen und machte, als wüßte sie weder aus noch Da legte der Vater die Arbeit nieder, schob die Brille auf die Stirn und räusperte sich, um eine Rede zu halten, die er den ganzen Abend überdacht hatte. »Es ist nämlich so, Helga,« sagte er: »Mutter und ich, wir wollten immer anständige und ehrliche Leute sein. Aber dann ist es uns vorgekommen, als ob du Unehre über uns gebracht hättest. Es war so, als hätten wir dich nicht gelehrt, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Aber als wir nun hörten, was du heute getan hast, da sagten wir uns, Mutter und ich, daß die Leute jetzt doch sehen können, daß du eine ordentliche Erziehung genossen hast, und wir denken, daß wir vielleicht auch noch Freude an dir erleben können. Und Mutter wollte nicht, daß wir uns niederlegen, ehe du da bist, damit du doch eine ordentliche Heimkehr hast.« Helga vom Moorhof kam jetzt nach Närlunda, und da ging alles gut. Sie war willig und $ ark, mit seinem Rauschen eine immerwährende Musik des Fleckens ist. In diese Gemeinde war vor langer Zeit ein etwa fünfundzwanzigjähriger Priester versetzt worden, der Raffaele Francesco hieß. Er war in Ligornetto geboren, also im Tessin, und konnte sich rühmen, ein Mitglied desselben, dort ansässigen Geschlechtes zu sein, das den bedeutendsten Bildhauer des geeinten Italiens, hervorgebracht hatte, der ebenfalls in Ligornetto geboren wurde und endlich auch dort gestorben ist. Der junge Priester hatte seine Jugend bei Verwandten in Mailand und seine Studienzeit in verschiedenen Priester-Seminaren der Schweiz und Italiens zugebracht. Von seiner Mutter, die aus einem edlen Geschlechte war, stammte die ernste Richtung seines Charakters, die ihn ohne jedes Schwanken schon zeitig dem religiösen Beruf in die Arme Francesco, der eine Brille trug, zeichnete sich vor der Menge seiner Mitschüler aus durch exemplarischen Fleiß, Strenge der Lebensführung und Frömmigkeit. Selbst seine Mutter mußte ihm schonend nahelegen, d$ Dorfplatzes und ihre Außenmauern setzten sich in steilen Wänden des Grundfelsens fort, an dem ein munterer Gebirgsbach unten vorüberrauschte. Dieser Gebirgsbach, unter dem Platz von Soana hindurchgeführt, trat in einem gemauerten Bogen ans Licht, wo er, freilich durch Abwässer stark verunreinigt, Baumgärten und blumige Wiesen wässerte. Jenseit der Kirche, ein wenig höher, was von hier aus nicht festzustellen war, lag auf rundem, flachen Terrassenhügel das älteste Heiligtum der Umgegend, eine kleine Kapelle, der Jungfrau Maria geweiht, deren verstaubtes Kultbild auf dem Altar von einem byzantinischen Mosaik der Apsis überwölbt wurde. Dieses, trotz tausendjährigen und höheren Alters in Goldgrund und Zeichnung wohlerhaltene, Mosaik stellte Christus Pantokrator dar. Die Entfernung von der Hauptkirche bis zu diesem Heiligtum betrug nicht über drei Steinwurfsweiten. Eine andere hübsche Kapelle, diese der heiligen Anna geweiht, lag in der gleichen Entfernung von ihr. Über Soana und hinter Soana erhob sich ein äußers$ n Fremder zugegen war, und als sie nun gar in diesem Fremden Francesco erkannte, versiegte ganz plötzlich ihr Lachen und ihre Munterkeit, und ihr Antlitz, das noch eben vor Lust geglänzt hatte, nahm eine gleichsam trotzige Blässe an. * * * * * »Warum bist du heut nicht zur Kirche gekommen?« Francesco tat diese Frage, sich erhebend, in einem Ton und mit einem Ausdruck seines bleichen Gesichts, den man als einen zornigen deuten mußte, obgleich er eine andere Erregung des Gemütes als Ursache hatte. Sei es, weil er diese Erregung verstecken wollte, oder aus Verlegenheit, ja Hilflosigkeit, oder weil wirklich der Seelsorger in ihm in Entrüstung geriet: der Zorn nahm zu und trat in einer Weise hervor, der den Hirten befremdet aufblicken machte, dem Mädchen aber nacheinander die Röte und Blässe der Bestürzung und Scham ins Antlitz trieb. Aber während Francesco sprach und mit Worten strafte -- Worten, die ihm geläufig waren, ohne daß seine Seele in ihnen zu sein brauchte, war es in seine$ t ihr in eine neue Vollkommenheit Agata und Francesco, Francesco und Agata, der Priester, der Jüngling aus gutem Haus und das verfemte, verachtete Hirtenkind, war das erste Menschenpaar, wie sie Hand in Hand auf nächtlichen Schleichwegen zu Tale kletterten. Sie suchten die tiefste Verborgenheit. Schweigend, die Seele von einem namenlosen Staunen erfüllt, mit einem Entzücken, das ihnen beiden fast die Brust sprengte, stiegen sie tiefer und tiefer in das köstliche Wunder der Weltstunde. Sie waren bewegt. Die Begnadung, die Auserwählung, die sie auf sich ruhen fühlten, vermischte mit ihrem unendlichen Glück eine ernste Feierlichkeit. Sie hatten ihre Körper gefühlt, waren im Kuß verbunden gewesen, aber sie fühlten die unbekannte Bestimmung, der sie zuschritten. Es war das letzte Mysterium. Es war eben das, warum Gott schuf und warum er den Tod in die Welt gesetzt, ihn gleichsam in Kauf genommen hatte. So gelangte das erste Menschenpaar in die enge Schlucht hinab, die das Flüßchen Savaglia gesägt hatte. Sie war se$ ung der zwischen den [formula] bestehenden Beziehungen die folgenden Gleichungen ableiten: aus denen durch Integration eine lineare Abhängigkeit zwischen [formula] folgen würde.-- So vorwärts schliessend bekommt man endlich [formula] linear unabhängige wo jedes _v_ mit dem gleichbezeichneten _u_ zusammengehört. Wir setzen [formula] und nennen nunmehr überall endliche Functionen [formula] linear unabhängig, wenn zwischen ihnen keinerlei Relation: besteht, unter [formula] beliebige complexe Constanten verstanden. Dann haben wir sofort: _Die __p__ überall endlichen Functionen_ _sind linear unabhängig._ Wenn nämlich eine lineare Abhängigkeit bestünde, so könnte man in ihr das Reelle und Imaginäre sondern und erhielte dadurch lineare Beziehungen zwischen den _u_ und _v_. Des Weiteren aber folgt: _Jede beliebige überall endliche Function setzt sich aus unseren _[formula]_ in der Form zusammen:_ In der That können wir durch geeignete Wahl der complexen Constanten [formula] bei der linearen Unabhängigkeit der [formul$ ula]_ fach._ Denn jedesmal [formula] Abbildungen ergeben dieselbe _m_-blättrige Fläche, weil jede Fläche der Voraussetzung nach [formula] mal auf sich selber abgebildet werden kann. Nun gibt es aber überhaupt [formula] _m_-blättrige Flächen, unter _w_ die Zahl der Verzweigungspuncte, d. h. [formula] verstanden. Denn durch die Verzweigungspuncte wird die Fläche, wie oben bemerkt, endlich-deutig bestimmt, und Verzweigungspunkte höherer Multiplicität entstehen durch Zusammenrücken einfacher Verzweigungspuncte, wie dieses betreffs der entsprechenden Kreuzungspuncte bereits in §. 1 erläutert wurde (vergl. Figur (2) und (3) daselbst). Zu jeder dieser Flächen gehören, wie wir wissen, algebraische Functionen. _Die Anzahl der Moduln ist daher _[formula]_._ Bemerken wir hierzu, dass die Gesammtheit der _m_-blättrigen Flächen mit _w_ Verzweigungspuncten ein _Continuum_ bildet(38), wie das Entsprechende betreffs der auf gegebener Fläche existirenden eindeutigen Functionen mit _m_ Unendlichkeitspuncten bereits in §. 13 he$ bringen; wir bekommen die zweite Art, wenn wir zu demselben Zwecke eine Spiegelung an einer Diametralebene verwenden. Die analytische Behandlung, wie wir sie bisher benutzten, entspricht nur den Abbildungen der ersten Art. Sind [formula] und [formula] zwei complexe Functionen des Ortes auf derselben Fläche, so liefert [formula], [formula] die allgemeinste Abbildung erster Art (vergl. §. 6). Aber es ist leicht zu sehen, wie man die Erweiterung zu treffen hat, um auch Abbildungen zweiter Art zu umfassen. _Man hat einfach _[formula]_, _[formula]_ zu setzen, um eine Abbildung zweiter Art zu Entnehmen wir zunächst den Entwickelungen des vorigen Paragraphen, was sich auf Abbildung der ersten Art bezieht. Indem wir uns möglichst geometrischer Ausdrucksweise bedienen, formuliren wir die folgenden _Flächen _[formula]_ oder _[formula]_ können immer, Flächen _[formula]_ niemals unendlich oft durch Abbildung der ersten Art in sich übergeführt _Bei den Flächen _[formula]_ ist die einzelne Abbildung der ersten Art bestimm$ aß nach Westen hin die drei anderen Boote ebenfalls voll unter Segel waren, und die Wahrheit des Ganzen durchzuckte ihn im Nu. Als die unten Stehenden sahen daß er plötzlich seine Blicke so aufmerksam nach der Richtung hin sandte, wo das Schiff lag, suchten sie ebenfalls dorthin Aussicht zu gewinnen, und zwei junge Leute die rasch eine der Casuarinen erstiegen hatten, riefen bald etwas in ihrer Sprache hinunter. Von den Männern vertheilten sich jetzt mehre nach lichteren Punkten hin, wo sie die See nach dieser Richtung hin besser überschauen konnten, und es zeigte sich gar bald daß etwas Besonderes dort an Bord vorgehen müsse, was für den Augenblick, da es ja auch mit ihren Verhandlungen hier in naher Beziehung stehen mußte, ihre Aufmerksamkeit vollkommen von dem jungen Matrosen ablenkte. René selber dachte kaum mehr an die Eingeborenen -- er sah wie das Boot, das ihn hatte abholen sollen, an Bord des Delaware zurückkehrte, der augenblicklich seine Raaen umbraßte und mit geblähten Segeln den vorangeeilten Boo$ en sehr wild für ~waihini~ -- Mitonare ~O--no--so--no~ Tochter -- aber nicht Tochter -- nur so Tochter --« und er bemühte sich dann in langer Rede und mit großer Anstrengung dem jungen Mann begreiflich zu machen daß ~Pu-de-ni-a O--no--so--no's~ Pflegetochter sei. Das war etwa der Inhalt seiner Unterhaltung, bei der er ziemlich allein das Wort führte, und René allerdings nur nothdürftig den Sinn des Ganzen verstand, indem der Alte oft mehr Tahitische als englische Worte gebrauchte, und diese wenigen dann selbst noch auf wahrhaft grausame Art verstümmelte. René konnte es zuletzt nicht länger aushalten -- die Sehnsucht die ihn auf der einen Seite quälte, Sadie wieder zu sehn, und die peinlich scharfe Aufmerksamkeit die er auf der andern genöthigt war dem Kauderwelsch des Kleinen zu schenken, wenn er nur überhaupt den ungefähren Sinn der Rede fassen wollte, machten ihm die Unterhaltung zu einer wahren Folter, und er benutzte die erste nur einigermaßen passende Gelegenheit aufzustehn, und in den Garten zu gehn. --$ remd, völlig verändert gegen früher. Wangen und Kinn waren aufgeschwemmt, breiter, behäbiger, trotzdem die modische Kleidung ungünstige Linien verwischte. Indem er den Lehrer Specht aus Podolin mit dem geschmeidigen, wünschevollen, verstörten, kühlen und trunkenen Mann verglich, der vor ihm saß, suchte er nach den Ursachen einer so unheilvollen Verwandlung. Irgend welche Kräfte schienen zerstört in Specht; er war wie ein Mensch, der wider seine Absicht an einem Tanz teilnimmt, teilnehmen muß, und der mit allen Zeichen der Hitze, der Benommenheit, der Atemlosigkeit eigentlich nicht weiß, was mit ihm vorgeht. Specht lud ihn ein, mit ins Theater zu gehen, er habe zwei Sitze von der Zeitung; Arnold nahm das Anerbieten an. Er war vor einem Monat zum erstenmal bei einem Shakespeareschen Stück gewesen und hatte einen tiefen Eindruck gewonnen. Es wurde ein neues Stück aufgeführt, welches in andern Städten schon großen Beifall erlangt hatte. Specht saß als überlegener Mann da. Die zwei ersten Akte waren vorüber, und b$ et ist. Du nahmest Theil an meinen tiefen Schmerzen, Als mir das Schwert der Feinde meinen Sohn, Den letzten, besten, von der Seite riß. So lang die Rache meinen Geist besaß, Empfand ich nicht die Öde meiner Wohnung; Doch jetzt, da ich befriedigt wiederkehre, Ihr Reich zerstört, mein Sohn gerochen ist, Bleibt mir zu Hause nichts das mich ergetze. Der fröhliche Gehorsam, den ich sonst Aus einem jeden Auge blicken sah, Ist nun von Sorg' und Unmuth still gedämpft. Ein jeder sinnt was künftig werden wird, Und folgt dem Kinderlosen, weil er muß. Nun komm' ich heut in diesen Tempel, den Ich oft betrat, um Sieg zu bitten und Für Sieg zu danken. Einen alten Wunsch Trag' ich im Busen, der auch dir nicht fremd Noch unerwartet ist: ich hoffe, dich, Zum Segen meines Volks und mir zum Segen, Als Braut in meine Wohnung einzuführen. Iphigenie. Der Unbekannten bietest du zu viel, O König, an. Es steht die Flüchtige Beschämt vor dir, die nichts an diesem Ufer Als Schutz und $ - -- weil sie tranken! Ich bin doch froh, dass ich ein Deutscher bin! Deutschlands grosse Männer durften -- -- unsittlich sein. +Unsittlich+ -- -- das heisst: nicht eben _genau so_ sittlich, wie die guten Bürger und Pfaffen. Der Deutsche sagt: »Goethe war unser grosser Dichter«. -- Er weiss, dass er nicht so sehr sittlich war, aber er nimmt ihm's nicht weiter übel. -- Der Engländer sagt: »Byron war unsittlich, +darum war er+ _kein_ grosser +Dichter+«. Nur in England konnte des widerlichen Moralpfaffen Kingsley Wort über Heine ein geflügeltes werden: »Sprecht nicht von ihm -- -- -- _er war ein schlechter Mensch!_« -- Wenn es aber gar nicht mehr anders geht, wenn alle Völker ringsum die »unsittlichen« englischen Dichter anerkennen und lieben, wenn der Engländer endlich +gezwungen wird, zu sprechen+ -- -- -- dann +lügt+ er. Er gibt seine Heuchelei nicht auf, er sagt dann: nach neueren Untersuchungen war der Mann gar nicht unsittlich; er war vielmehr hochsittlich, ganz rein und ganz unschuldig! So haben die engli$ die nur die kritischen Studien und einige Gedichte und Humoresken nicht enthält) erschien bei J. C. C. Bruns in Minden; einzelne Novellen in der Reclamschen und der Meyerschen Volksbibliothek.] [Anmerkung B: Was seinen Biographen, den Pfaffen +Griswold+, nicht hindert, zu behaupten, »dass es in der ganzen Literatur kein Beispiel gäbe, bei welchem man, wie bei Poe, so sehr auch nur den Schatten eines Gewissens vermisse!«] [Anmerkung C: {7 Seiten} Es ist völlig verfehlt, diese Tatsache, wie +van Vleuten+ es tut, auf den übermässigen Alkoholgenuss zurückzuführen: Bacchus, der Venus Feind. Seine Bemerkung: »Dass der Alkohol ein Feind der physischen Liebe ist, weiss jeder Arzt; in Poe scheint er auch das psychische Äquivalent vernichtet zu haben« (»Zukunft« 1903 pag. 189), ist mir aus dem Munde eines ernsten Psychiaters, wie +van Vleutens+, einfach unbegreiflich. Ich habe im +Gegenteil häufig+ die Erfahrung gemacht -- und mir von Psychiatern bestätigen lassen -- dass chronische Alko$ , die sie so viele Tage und Nächte lang verfolgt hatten, und in die sie sich immer mehr verwickelt hatte, je mehr sie sich damit abgab, so daß sie keinen Ausweg mehr vor sich gesehen hatte. Nun hatte der Herr Pfarrer die ganze Last auf sich genommen, und sie konnte den Silvio von nun an auf ihn verweisen. Silvio hatte das ganze Gespräch über mit seinen grauen Augen den Herrn Pfarrer fast durchbohrt vor Spannung. Als dieser nun aufstand und dem Kleinen die Hand zum Abschied bot, patschte Silvio die seinige ganz gewaltig hinein, so als wollte er sagen: diesmal gilt's mir! Der Herr Pfarrer versprach, Bericht zu geben, sobald er seine Erkundigungen eingezogen hätte und wüßte, ob die Sache ausführbar wäre, oder ob Silvio von seinem Begehren abstehen müsse. Nun vergingen die Wochen eine nach der anderen, aber der Silvio hielt sich gut. Er hatte eine bestimmte Hoffnung vor Augen, und dazu war der Rico auf einmal so unterhaltend und lebendig geworden, wie noch nie. In den war es gefahren wie ein zündender Freudenfunk$ aß er sie zum Schuhflicker hintrage, so tat Rico wieder desgleichen und sagte: »Ich wollte lieber, es ginge ein anderer.« Die Wirtin aber war eine kluge Frau und hatte ihre Augen im Kopfe, um damit zu sehen, was vorging, und so war es ihr nicht entgangen, wie Rico sich seit einiger Zeit verändert hatte und wie er aussah. Frau Menotti hatte ihn immer gut gekleidet, seit sie die Verpflichtung dazu übernommen hatte; da aber dem Rico alles gut stand und er immer mehr aussah wie ein Herrensöhnchen, so hatte die Frau Menotti ihre Freude daran und kleidete ihn in gute Stoffe, und Rico ging sorgsam und ordentlich damit um, denn er mochte gern, was schön anzusehen war, und Schmutz und Unordnung war ihm zuwider wie der Lärm. Das sah die Wirtin alles an, und dazu war ihr wohlbewußt, wie der Rico ganz so, wie er das erste Mal getan, immer noch wenn er von den Tanzbelustigungen aus der Umgegend zurückkehrte, seine Tasche vor ihr ausleerte und das Geld hinrollen ließ, ohne eine Miene zu machen, als ob er nur etwas davon Er$ s Presi war verdorben. »Aber Ihr mögt ihr ja selber nicht recht ein gutes Wort gönnen,« warf Frau Cresenz beklommen ein. »Das ist etwas anderes,« schnauzte der Presi, »aber ich leide es nicht, daß man Bini zu einem Hexlein stempelt.« Er stand auf und machte einen Gang durchs Haus von zu unterst bis zu oberst. Seine Gedanken waren beim letzköpfigen Pfaffen, der Binia besprochen haben sollte. Er mochte den Halbnarren trotz dem thörichten Gerede nicht übel leiden. Kaplan Johannes, der in St. Peter nur so zugelaufen war, wie in einem Hause sich etwa ein herrenloser Hund oder eine Katze einnistet, war schlauer als die Dörfler allesamt. Er hatte sich die durch die Fremden veränderten Verhältnisse rasch zu nutze gemacht. Er lief etwas weniger den Bauern- und Alpweibern nach, er tauschte für seinen Kräuterthee, der gegen das Doggeli[25] schützen, Kreuzschmerzen vertreiben und das Lungenfieber heben solle, etwas seltener Brot, Käse und Speck ein, dafür begann er am Wege beim Schmelzwerk einen kleinen Mineralienhandel $ es Wetter zu machen.« Nun waren die beiden Männer im Zug. Als das Gespräch eine Weile gegangen, murrte der Garde: »Ich geb's ja gern zu, daß unter den Fremden viele ehrbare und rechtschaffene Leute sind, es wäre traurig, wenn's anders wäre, aber es bleibt halt dabei, die Fremden verstehen uns nicht, wir sie nicht. Seit sie kommen, ist eine verborgene Unruhe im Dorf, niemand weiß, wo hinaus »Ta-ta-ta. Wo hinaus?« eiferte der Bärenwirt. »Daß sich die Leute an sie gewöhnen -- in Grenseln und Serbig haben sie auch zuerst die Hände hinter den Gästen geballt, jetzt aber stehen sie an allen Straßen, verkaufen ihnen Edelweiß, tuten auf dem Alphorn und juheien sie an.« »Eben, eben,« zürnte der Garde, »sie sind hudlig geworden. Presi -- ich habe ruhiges Blut, aber das erste Mädchen in St. Peter, das sich an den Weg stellt und die Fremden ansingt, nehme ich bei den Zöpfen, führe es zu seiner Mutter, und der sage ich alle Schande. So lang ich lebe, darf unsere Gemeinde nicht hudlig werden.« Er schlug mit seiner Faust auf$ aus, dann hatte er Arbeit genug, sich in Stunden beklemmender Angst wieder durch die Finsternis ans Tageslicht zu tappen. Wenn er wenigstens Erz gefunden hätte! Aber die Stollen waren wüst und leer. Nein, endlich entdeckte er einen Schacht mit zuckerkörnigem Bleiglanz, der nach den Ueberlieferungen von St. Peter am meisten Silber enthielt. Ein alter Venediger hatte dabei seinen Schlegel und sein Brecheisen stehen lassen. Damit machte er das Erz los und hatte reiche Ernte. Er häufte den Reichtum für Kaplan Johannes, der wie er selbst den Silbergehalt des Erzes weit überschätzte, und über dem Tagewerk im Dunkel des Berges verfloß die Zeit. Als aber der Schnee zu schmelzen begann, der Frühling an den sonnigen Berglehnen die ersten Blüten hervorlockte, war Josi so elend zu Mut, daß der Gedanke, eines Tages aufgegriffen zu werden, alle Schrecken verlor. Die Lust, auf die Berge zu steigen, war ihm vergangen. Er war wund am Herzen und an den Füßen. Oft saß er im Teufelsgarten, kaum verborgen vor denen, die des Weges$ ebi, »ich gehe jetzt mit Vroni.« »Das ist der Segen und der Sonnenschein, von dem der Alte immer geredet hat. -- Einen ungeratenen Buben habe ich jetzt durch sie -- Garde -- Garde -- bist du taub geworden, warum hilfst du mir nicht?« Und sie riß ihm die eine Armstütze vom dicken grauen Haupt hinweg. Da merkt sie erst, wie der Garde so stark, daß er es nicht mehr verhalten mochte, vor sich hin lachte. »Was ist auch das, du lachst!« Sie war verwirrt und wütend. »Ich lache, weil der Eusebi ein Mann geworden ist. Ich kann dir nicht sagen, wie gut er mir jetzt gefällt.« Die großgewachsene Gardin wurde ganz zahm, ernüchtert grollte sie: »O, ihr wüsten Männer!« In dem Augenblick kam Vroni sonntäglich gerüstet und schluchzte: »Nur danken möcht' ich euch für alles Liebe und Gute, aber Streit soll es meinet -- --« Ihre Stimme erstickte. »So lebe wohl, liebes Vroneli,« sagte der Garde, nicht traurig, sondern gemütlich, »Eusebi wird schon recht zu dir schauen.« Die Gardin war starr. Und Eusebi sagte tief bewegt: »Also le$ e Konjunktur gegeben. Man behauptete, wir wären weit über unsere Verpflichtungen von Versailles hinausgegangen. Jede dieser Behauptungen wurde widerlegt, aber sie wuchsen nach wie die Köpfe der Hydra, und es wurde offenkundig, dass es weniger die wirtschaftlichen als die politischen Bestrebungen waren, die die grosse Agitation gegen Wiesbaden hervorriefen. Das wurde deutlich in dem Augenblick, als man behauptete, das Wiesbadener Abkommen hätte eine so schwere Spaltung zwischen Deutschland und England hervorgerufen, dass nunmehr England endgültig sich von jedem Interesse Deutschland gegenüber losgesagt habe. Dass dies nicht der Fall war, wurde mir von englischer Seite bestätigt; Engländer hoher Stellung erklärten mir, dass sie in dem Wiesbadener Abkommen unseren ersten politischen Schritt zur Verwirklichung des Reparationsproblems erblickten. Sie gingen so weit, zu sagen, dass ohne das Abkommen von Wiesbaden diejenigen weiteren Entwicklungen nicht möglich gewesen wären, die uns im Verlauf der Zeit nach Cannes $ oder der Erste, bei Gott, der mir noch mit einem Wort widerspricht, oder die Hand aufhebt gegen mich ist eine Leiche.« Meier warf einen wilden tückischen Blick im Kreis umher, zu sehn auf wen von der Schaar er sich wohl allenfalls noch verlassen konnte, aber die drei Grauröcke hatten wohl ihre ganz besonderen Ursachen es nicht zum Aeußersten kommen zu lassen, noch dazu solcher Lappalie wegen, und von den Anderen bezeugte ebenfalls Niemand Lust mit dem wilden Burschen, dem Steuermann, so aus freier Faust anzubinden. »Wir haben ein Recht hier an Deck zu stehn und dafür bezahlt« murrte er da, als er sah wie er nicht hoffen durfte Schutz und Beistand bei den Anderen zu finden gegen die Schiffsmannschaft. »Das könnt Ihr auch« sagte der Steuermann, verächtlich seine Handspeiche neben sich zu Boden werfend -- er wußte daß er jetzt keine weitere Widersetzlichkeit mehr zu fürchten hatte -- »Niemand wehrt's Euch, so lange Ihr nicht im Wege seid, wer aber dann nicht geht wird _gestoßen_, und darf sich nachher beklagen, $ e doch jetzt in theilnahmloser Stumpfsinnigkeit, ohne sich um Mutter oder Gatten zu kümmern oder auch nur nach ihnen zu fragen, auf ihrem Lager, und hielt Stunden lang die Hände fest gegen die fiebrische Stirn gepreßt. Leupolds Mutter, so wie sich diese nur in etwas von dem erneuten Anfall der Seekrankheit erholt, und Hedwig, die sich jeden Augenblick Zeit abstahl bei der Kranken zu sein, pflegten sie unermüdlich, und thaten Alles was in ihren Kräften stand, ihren Zustand zu erleichtern, aber auch das war nur sehr wenig, und dieser selbst von dem jungen Donner -- denn Hückler hatte ihn lange aufgegeben -- für hoffnungslos erklärt. Uebrigens bekam sie, auf Georg Donners ernstliche Vorstellungen an den Capitain, der im Anfang nicht darauf eingehen wollte, ihre Kost jetzt einzig und allein aus der Cajüte. Lieber Gott, es war wenig genug was sie davon genießen konnte. Leupold selber hatte bis jetzt das Unglück das ihn betroffen mit großer Standhaftigkeit ertragen, und war nicht von dem Lager der Kranken gewichen $ ehrend welcher Zeit der junge Bursch einen Teller nahm und in dem Zimmer sammelnd umherging. Die Gaeste schienen allerdings mit dem fruehen Aufbruch, wie sie's nannten, gar nicht zufrieden, und Steinert besonders verlangte noch einige Lieblings- Trink- und Weinlieder, die kein Mensch weiter kannte, der alte Mann schuettelte aber mit dem Kopf und meinte es sei genug, sein Junge wuerde ihm sonst krank und koennte nicht mehr pfeifen, und der Ertrag der Sammlung fiel dabei ueber alles Erwarten reich und guenstig aus. Auswanderer, vorzueglich die in den Hotels wohnenden, haben meist immer noch eine Menge "deutsches Geld" in den Taschen, das sie, wie sie sagen "doch nicht mit auf das Schiff nehmen koennen" und sind gewoehnlich sehr freigebig mit dieser kleinen Muenze, so lange sie eben dauert. Sehr zu ihrem Erstaunen muessen sie dann aber auch freilich nicht selten schon eingewechseltes amerikanisches Geld wieder "in den Markt" bringen, und die ewige Klage ist nachher "oh die theueren Seestaedte." "Von woher seid I$ sch und er verstand keine Sylbe davon; uebrigens war das keine direkte Frage gewesen, und er brauchte also auch nicht darauf zu antworten. "Und wenn er nun die zuruecklaesst die ihm lieb sind" fuhr die Dame fort, ein truebes Bild jetzt vor sich heraufbeschwoerend, "wenn sein Weib, seine Kinder daheim sein harren; mit aengstlich klopfenden, fast erstarrten Herzen dem grollenden Donner lauschen, der seinen Strahl hineinschmettern kann in das Schiff das den Geliebten traegt -- oh schrecklich -- schrecklich. -- Sind Sie verheirathet?" fuhr sie dann nach kleiner Pause, waehrend sie das Gesicht in den Haenden geborgen hatte, wieder gegen den Seemann gewandt Dieser, der indess mit dem Mann am Steuer, einem alten sonngebraeunten Matrosen, ein paar nichts weniger als andaechtige Blicke gewechselt hatte; sah sich wieder halb nach der Fragenden um, sich erst zu ueberzeugen dass er auch wirklich gemeint sei. "Wer -- ich?" frug er nach kleiner Pause. "Ja -- ich meine Sie." "Ne!" lautete die, von einem entsprechenden Kopfs$ nd nichts Besonderes in der Zeit an Bord der Haidschnucke vorgefallen. Der Wind blieb ihnen aber, wenn auch nicht besonders stark, doch ziemlich guenstig, dass sie wenigstens fortwaehrend Cours anliegen oder steuern konnten(16), und bei dem herrlichen und schoensten Wetter den ruhigen Passat benutzen durften. In jenen Breiten weht die Luft so gleichmaessig, dass sogar eine Veraenderung an den Segeln nur selten noethig war, und die Passagiere, die auch wohl sahen dass sie tuechtig dabei vorwaerts rueckten, fingen schon an ungeduldig zu werden, frugen unaufhoerlich die Steuerleute und Matrosen wann sie wohl "nach Amerika" kommen wuerden, und kramten den ganzen ausgeschlagenen Tag in ihren Kisten und Kasten herum ihre "Uferkleider" wieder vorzusuchen, Stiefeln und Schuhwerk von Schimmel zu reinigen, Waesche auszuwaschen, und Tuchroecke und Hosen an die Luft zu haengen und auszusonnen. Eine eigenthuemliche Veraenderung war aber doch mit manchem der Passagiere, waehrend der langen Seereise, vorgegangen. Besonders $ llein und am schaerfsten, und vermochte dem ueber ihn hereingebrochenen Unglueck nicht die Stirn zu bieten. Laut klagte er sich jetzt selber an, leichtsinnig und thoericht sein Glueck in der Heimath von sich geworfen und mit Fuessen getreten, ja _durch_ seinen Leichtsinn die eigene Frau die ihm nur mit Widerstreben gefolgt, getoedtet zu haben, und sass dann wieder halbe Tage lang dumpf vor sich hinbruetend an Deck, den Kopf auf die Reiling gelehnt, und ass und trank nicht, antwortete nicht wenn man ihn fragte, und schaute stier und unverwandt in's Meer. Am gluecklichsten von allen Zwischendeckspassagieren schien der junge Dichter und "Schriftgelehrte" Theobald -- wie ihn Steinert nannte -- die Zeit an Bord zu verleben. Seinem eigenen Ausdruck nach flog er wirklich wie eine Biene von Blume zu Blume Honig einzusammeln, d. h. er machte sich nach der Reihe an alle verschiedene Mitpassagiere, die im Bereiche seines Armes waren, und suchte ihre Lebensverhaeltnisse und Schicksale zu erfahren, die er sich dann unverw$ raurigen Fall unterhielten, sammelten sich um die Luke und warfen nur manchmal scheu den Blick nach unten, wo Leupold neben der Leiche sass, ihre kalte Hand zwischen seinen Haenden hielt, und sich selber laut anklagte der Moerder der Dahingeschiedenen zu sein, die er gegen ihren Willen aus dem Vaterland, und in Verhaeltnisse gerissen habe, denen das zarte Leben unterliegen musste. Vergebens suchte ihn die Mutter, suchten ihn seine Freunde zu troesten dass Gott es so gewollt, und er ja nur ausgewandert sei, weil er gehofft habe fuer die Seinigen in dem neuen Vaterland besser sorgen zu koennen. "Nein, nein!" schrie er immer wieder -- "es ist nicht wahr -- es ist nicht wahr -- reiner Uebermuth nur war es von mir -- reiner toller Uebermuth dass ich, von habgierigen Menschen verlockt, mein sicheres Brod verliess und dem Versucher folgte. -- Ich habe sie gemordet, mit kaltem Blut gemordet und Gott wird mich dafuer strafen, Gott wird mich dafuer strafen." "Was der Bursche da unten fuer ein Gewinsel macht dass ihm di$ yt! Auf! Holla! Ho! Weh mir, ich bin verloren! Baumwolle her! der Kerl sprengt mir die Ohren. Wenn das Gewölbe wiederschallt, Fühlt man erst recht des Basses Grundgewalt. So recht, hinaus mit dem der etwas übel nimmt! A! tara lara da! A! tara lara da! Die Kehlen sind gestimmt. Das liebe, heil'ge Röm'sche Reich, Wie hält's nur noch zusammen? Ein garstig Lied! Pfuy! ein politisch Lied! Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen Daß ihr nicht braucht für's Röm'sche Reich zu sorgen! Ich halt' es wenigstens für reichlichen Gewinn, Daß ich nicht Kaiser oder Kanzler bin. Doch muß auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen; Wir wollen einen Papst erwählen. Ihr wißt, welch eine Qualität Den Ausschlag giebt, den Mann erhöht. _Frosch_ singt. Schwing' dich auf, Frau Nachtigall, Grüß' mir mein Liebchen zehentausendmal. Dem Liebchen keinen Gruß! ich will davon nichts hören! Dem Liebchen Gruß und Kuß! du wirst mir's nicht verwehren! Riegel auf! in stiller Nacht. Riegel auf$ n los, Nimmst wieder mich in deinen Schoos. Wie kommt es, daß du dich vor mir nicht scheust? -- Und weißt du denn, mein Freund, wen du befreyst? Komm! komm! schon weicht die tiefe Nacht. _Margarete._ Meine Mutter hab' ich umgebracht, Mein Kind hab' ich ertränkt. War es nicht dir und mir geschenkt? Dir auch -- Du bist's! ich glaub' es kaum. Gieb deine Hand! Es ist kein Traum! Deine liebe Hand! -- Ach aber sie ist feucht! Wische sie ab! Wie mich däucht Ist Blut dran. Ach Gott! was hast du gethan! Stecke den Degen ein, Ich bitte dich drum! Laß das Vergang'ne vergangen seyn, Du bringst mich um. _Margarete._ Nein, du mußt übrig bleiben! Ich will dir die Gräber beschreiben, Für die mußt du sorgen Gleich morgen; Der Mutter den besten Platz geben, Meinen Bruder sogleich darneben, Mich ein wenig bey Seit', Nur nicht gar zu weit! Und das Kleine mir an die rechte Brust. Niemand wird sonst bey mir liegen! -- Mich an deine Seite zu schmiegen Das war ein süßes, ein holdes Glück! Aber es will mir nicht mehr gelingen, Mir is$ n Sie, daß ich gestört habe.« »Warum weinst du denn?« »Ich weiß es nicht,« sagte Maja, »vielleicht nur, weil Sie so schön sind. Wer sind Sie, ach sagen Sie es mir, wenn ich nicht zuviel verlange. Sie sind sicher ein Engel.« »O nein,« sagte das kleine Wesen und blieb ganz ernst, »ich bin nur ein Blumenelf. Aber du kannst ruhig du zu mir sagen. Was machst denn du kleine Biene in der Nacht draußen auf der Wiese?« Der Elf flog zu Maja hinüber, setzte sich auf ein gebogenes Lilienblatt, das ihn sanft schaukelte und betrachtete die kleine Biene ernst und freundlich. Und während Maja ihm erzählte, alles was sie wußte und wollte und was sie getan hatte, sahen immer die großen dunklen Augen aus dem weißen Elfengesicht sie an, unter dem goldenen Haar hervor, das im Mond zuweilen wie Silber glänzte. Der Blumenelf strich Maja über das Köpfchen, als sie ihre Geschichte erzählt hatte und sah sie so innig und liebevoll an, daß die kleine Biene vor Glück die Blicke senken mußte. Und dann erzählte er ihr: »Wir Elfen leben sie$ ußte jedoch nicht, daß uns zunächst die weit dringendere Sorge obgelegen hatte, die Gefahr des Mangels abzuwenden, bevor wir an die wichtige und dennoch sekundäre Frage der Kosten herantreten konnten. Sofortige Abhilfe wurde gefordert. Wir hatten indessen bereits Mittel und Wege gefunden und waren mit der Lösung fast zu Ende. Angefangen hatten wir mit der Festsetzung der Höchstpreise für Metalle. Sie war nicht einfach, denn nicht nur die Mehrzahl der wichtigeren Metalle war zu bedenken, sondern auch ihre Legierungen, die Altmetalle und die vorverarbeiteten Produkte. Nach langen Verhandlungen war eine Tabelle zustande gekommen, die zwar nicht in allen Positionen der Industrie und vor allem dem Handel gefiel, gegen die aber schließlich nicht mehr viel einzuwenden war, und die vom Bundesrat angenommen wurde. Sodann wurden die Höchstpreise für eine Gruppe bewältigt, die bei den Fachleuten als unüberwindlich galt, die Wollen und Wollprodukte. Hier handelte es sich um die Vielfältigkeit der Herkunft, multipliziert $ dass ich laut mein Glück preise. +Reinmar der Alte: Glücksverkündigung.+ Froh bin ich der Märe, Die ich hab' vernommen, Dass des Winters Schwere Will zu Ende kommen. Kaum erwart' ich noch die Zeit, Denn ich hatte nichts als Leid, Seit die Welt rings war verschneit. Hassen wird mich keiner, Wenn ich fröhlich bin; Weiss Gott! tät' es einer, Wär's verkehrter Sinn. Niemand ich ja schaden kann. Wenn _sie_ Gutes mir tut an, Was geht's einen andern an? Sollt' ich meine Liebe Bergen und verhehln, Müsst' ich ja zum Diebe Werden und gar stehln. Nein, das kommt mir nicht zu Sinn, Weil ich gar zu fröhlich bin, Geh' ich hier, geh' dort ich hin. Spielt sie mit dem Balle, In der Mägdlein Chor: Dass sie nur nicht falle, Da sei Gott davor! Mädchen, lasst eu'r Drängen sein! Stosset ihr mein Mägdelein, Halb dann ist der Schade mein. +Friedrich von Hausen: Zwiespalt.+ Es will mein Herze und mein Leib sich scheiden; So lange waren innig sie gesellt! Mein Leib will$ Weichen muss alles herzeleid, Geiz, sorg und was sonst hart anleit,[52] Fert hin mit aller traurigkeit. 10 Auch ist ein jeder des wol frei,[53] Das solche freud kein sünde sei, Sondern auch Gott viel bass gefelt, Denn alle freud der ganzen welt. Dem teufel sie sein werk zerstört 15 Und verhindert viel böser mörd. Das zeugt David des königs that,[54] Der dem Saul oft geweret hat Mit gutem süssem harfenspiel, Das er nicht in grossen mord fiel. 20 Zum göttlichen wort und warheit Macht sie das herz still und bereit; Solchs hat Eliseus bekant,[55] Da er den geist durchs harfen fand. Die beste zeit im jar ist mein, 25 Da singen alle vögelein; Himel und erden ist der vol, Viel gut gesang da lautet wol. Voran die liebe nachtigal Macht alles frölich überal 30 Mit irem lieblichen gesang; Des muss sie haben immer dank. Vielmehr der liebe Herre Gott, Der sie also geschaffen hat, $ erüht, da ward die sach vff geschlagen, biss vff ein andern gerichtztag, da was der gerichtz herren einer der het ein narren da heim, vnd ob dem tisch da ward man der sach z[uo]red. Da sprach der nar, er sol den wirt bezalen mit dem klang des geltz, wie der arm man ersettiget ist worden von dem geschmack des bratens. Da nun der gerichtztag kam da bleib es bei dem vrteil, das vrteil fand der nar. 4: The first edition was published at Strassburg in 1522. 5: _Geschmack_ = _Geruch_. 6: _Ürten_ = _Zeche_ (cost of food and drink).] _From Wickram's 'Coaching Booklet'[7]: An accommodating parson._ Ein armer ungelerter pfaff stalt nach[8] einer g[uo]ten reichen pfarr; dann er hort, wie sy so vil inkommens bette, derhalb sy im so wol gefiel; es war im nit umb das schäfflinweiden z[uo] th[uo]n, sunder er verhofft, vil gelts darauff zu überkommen. Und alss er nun vil und offt darumb gebetten unnd geloffen hette, warde er von den bauren auff ein sontag bescheiden, so wolten sy mit im handlen und auff die pfarr$ und fliehn und wiehern vor Wollust, Dass Hain und Felsen erschallt. Gefleckte Kühe durchwaten, Geführt vom ernsthaften Stier, des Meierhofs büschichte Sümpfe, Der finstre Linden durchsieht. Ein Gang von Espen und Ulmen 65 Führt zu ihm, welchen ein Bach durchblinkt, in Binsen sich windend, Von Reihern und Schwänen bewohnt. Gebirge, die Brüste der Reben, Stehn fröhlich um ihn herum; sie ragen über den Buchwald, Des Hügels Krone, davon ein Teil im Sonnenschein lächelt Und glänzt, der andere trau'rt im Flor vom Schatten der Wolken. 70 Die Lerche steigt in die Luft, sieht unter sich Klippen und Thäler; Entzückung tönet aus ihr. Der Klang des wirbelnden Liedes Ergetzt den ackernden Landmann. Er horcht eine Weile; dann lehnt er Sich auf den gleitenden Pflug, zieht braune Felsen ins Erdreich. Der Sämann schreitet gemessen, giesst gleichsam trockenen Regen 75 Von Samen hinter ihm her. --O, dass der mühsame Landwirt Für sich den Segen nur streute! D$ ge habe ich nicht mehr geträumt, heute aber sah mein Auge nach den Wolken; ich sah, wie die hellen Schichten ineinanderflossen, sich verschoben, wie sie sich in die dunklen verloren, wie sie sich wieder von ihnen lösten. Aber nichts mehr von »lösen« heute, wir haben unsere Stunde heute schon zu viel beschattet. Nur dieses noch: Du denkst doch nicht etwa, ich trüge die Vorstellung von Entsagung in mir? Das wäre ein völliges Verkennen. Meine Handlungen werden letzten Endes von den Forderungen bestimmt, die in meiner _Natur_ liegen. Also, sie sind eher das Gegenteil von Entsagung. Im Augenblick sind diese Forderungen vielleicht so verborgen, wie die Wurzeln eines Rosenbusches. Ich mute Dir, geliebter Junge, wohl oft schwierige Gedankensprünge zu? Es ist aber so herrlich, zu wissen: da lebt ein Mensch, der kann niemals denken: »komisch -- seltsam -- närrisch« -- ein Mensch, der Andacht auch vor deinen Unbegreiflichkeiten hat. Wir armen Künstler sind ja eigentlich stets gezwungen, unsere teuersten Besitztümer zu v$ zögert. Das Epos, sagt Herder einmal, muß langweilig sein: dies ist in dem Sinne wahr, als es allen dramatischen Drang, alle lyrische Erreglichkeit und Unruhe ausschließt. Aber das dadurch mangelnde lebhaftere Interesse ersetzt es durch die Sinnlichkeit, durch die Plastizität, durch das helle Licht und den ununterbrochenen greifbaren Umriß, womit es den anschauenden Sinn entzückt. Wir haben uns scheinbar von Goethe und unserm Gedicht weit entfernt, aber in der That dadurch die wichtigsten Anhaltspunkte zu seiner Beurteilung und Charakterisierung gewonnen. Goethe war seiner ganzen Naturanlage nach nicht bloß ein Dichter, sondern im besondern ein epischer Dichter nach den Merkmalen, die wir oben angegeben haben. Sein ganzes Leben ist ein großes episches Gedicht und verfloß in innerer und äußrer Harmonie unter dem stillen Bilden der Lebensschicksale. Eine Altersstufe löste mit unmerklichem Werden die andre ab und jede trug im vollen Walten des Naturgesetzes die ihr eigentümlichen Blüten und Früchte. Der Strom se$ elben, wo nach Ueberwindung aller Qualen und Widersprüche der endlichen Welt die bewußtvolle Versöhnung und Seligkeit wieder eingetreten ist. Goethe nun stand in dieser Region echter in sich beruhigter Menschlichkeit. Die höchste Bildung war ihm die reinste Menschlichkeit; Schönheit und Sittlichkeit, ebenso Glück und Sittlichkeit war ihm eins. Der Zustand, wo die Pflicht mit der Neigung, der moralische Wille mit dem natürlichen Triebe nicht zusammenstimmt, wo wir also nicht in vollem ungeteiltem Besitz unsrer selbst sind, war ihm unerträglich. Er folgte dem schönen Zuge seiner Natur, aber nicht der gemeinen und häßlichen, sondern der edeln und geläuterten. Dies ist ganz jene Geistesstufe, die wir oben als die dem Epos und dem epischen Dichter eigentümliche gefunden haben. Goethes besonderes Erbteil war eine mächtige Energie der Phantasie und die volle Gabe der Anschauung. Dadurch blieb er in einem Zeitalter des kalten und trocknen Verstandes ein ewiger Jüngling. Mit klarem Blick schaute und beobachtete er die$ hes Mädchen, Daß du zuförderst dich nach dem Sinne der Eltern befragest! Denn so strebt' ich bisher vergebens dem Vater zu dienen u. s. w. Aber noch früh genug merkt' ich, sie hatten mich immer zum besten; Und das war mir empfindlich, mein Stolz war beleidigt, doch mehr noch Kränkte mich's tief, daß so sie den guten Willen verkannten, Den ich gegen sie hegte, besonders Minchen, die Jüngste. Denn so war ich zuletzt an Ostern hinübergegangen u. s. w. Laß mich reden, mein Kind, und deine Fragen erwidern. Deinetwegen kam ich hieher und was soll ich's verbergen? Denn ich lebe beglückt mit beiden liebenden Eltern, Denen ich traulich das Haus und die Güter helfe verwalten u. s. w. Billig seid ihr, o Freund, zu den guten Wirten zu zählen, Die mit tüchtigen Menschen den Haushalt zu führen bedacht sind. Denn ich habe wohl oft gesehn, daß man Rinder und Pferde So wie Schafe genau bei Tausch und Handel betrachtet u. s. w. Eine ebenso häufige Uebergangsform ist '$ eberblick über die Menschheit und die Natur in ihrer Verbindung. Nur daß der Dichter nicht die Vollständigkeit der Objekte braucht, sondern mittelst eines einzelnen Objekts noch mehr leistet, da er das Gemüt in eine unendliche Stimmung versetzt. Der epische Dichter genießt die weiteste Aussicht; seine Dichtung ist am meisten fähig den Menschen mit dem Leben zu versöhnen. Das Epos gibt der Musik Gestalt, der Skulptur Bewegung und Sprache. Idyll heißt nicht bloß eine Dichtungsart, sondern eine Empfindungsweise. Die Idylle beschreibt einen Zustand, das Epos erzählt eine Handlung. Der Kampf individueller Charaktere, Zwecke und Leidenschaften mit den objektiven Mächten führt zur dramatischen Poesie. Das Epos fordert aber noch jene unmittelbare Einheit von Empfindung und Handlung, von inneren konsequent sich durchführenden Zwecken und äußeren Begebenheiten, eine Einheit, welche nur in den ersten Perioden des nationalen Lebens vorhanden $ ... hm! Wie sagst allweil: Du bist frei von allen Vorurteilen ...« »Das hat dir aber nie recht gefallen.« »Mein Gott, i! I bin a alter Mann! Aber ...« »Nun ja. Ich verurteile sie auch nicht!« »Brav, Eduard! Bist mein Mann! Bist ein Prachtmensch! Geh kumm, heut stech ma an Rüdesheimer an!« Beim Rüdesheimer redeten sie noch lange und -- sehr gescheit. So endete der erste Tag nach Thildens Heimkehr. -- »Ich verurteile sie auch nicht!« Hm hm! Ja ja! Das war nicht bloß geredet! Er benahm sich auch ganz danach, der Eduard. Eine Freud war's! Wie er sie nur oft anschaute! Und sie, sie schaute ihn auch an -- so eigen. Hm. Und einmal wurde sie ganz rot, als er sie so anschaute und ließ den Löffel in den Teller fallen vor lauter Verlegenheit. O! Wie wär Herr Schoißengeyer da früher dreingefahren »in solche Unmoralitäten!« Aber jetzt! Mein Gott, man wird eben auch nach und nach frei von -- den Vorurteilen. Der Mensch lernt nie aus. Und dann handelt es sich doch um die Zukunft seines -- Hauses ... und wenn man's genau ni$ stvollen Liebe eines alten schicksalsverfolgten und liebebedürftigen Mannes hing, müsse stillallmählich vorbereitet werden. Zudem sei er, wenn auch schon außer Bette, noch krank. Sie bat ihn, ihr zu schreiben. Sie wollte dann den Vater unvermerkt in ihr junges Glück einweihen und ihn schließlich die Briefe lesen lassen. Damit war er einverstanden und schied. Er mußte fort. Er war Geschäftsführer einer großen Fabrik, hatte jüngst ein beträchtliches Erbe angetreten und hoffte als Teilnehmer seine Arbeitskraft dem umfangreichen Unternehmen widmen zu können. Er war über die erste Blüte der Jugend hinaus, ein ernster hochgebildeter Mann, der auf seinen weiten Reisen viel und vieles gesehen und erlebt hatte -- nur die Liebe noch nicht. Die war ihm erst in diesem stillen Erdenwinkel erblüht, den er, vom Zufalle oder wohl von seinem gütigen Geschicke geführt, aufsuchte, um Erholung nach langen Strapazen zu finden und Kräfte für neue Arbeit zu sammeln. An Leib und Seele gesund, erfüllt von einem ganzen Frühling neuen $ e dort droben allein hausen mit allen seinen Leidgedanken und umspukt von qualvollen Erinnerungen, sollte sich allein überlassen bleiben mit seiner ganzen bitterschweren Vergangenheit. Daß er einfach mitziehen könnte, wie Uller schrieb, daran dachte er gar nicht weiter. Drängte sich ihm der Gedanke aber doch auf, dann wehrte er ihn schier zornig ab. Er will gar nicht mit, will nicht unter fremde Leute, will nichts mehr wissen von der Welt. Aber sie? Sie war noch jung und hatte noch etwas zu erwarten von der Welt. So mahnte ihn sein Gewissen. Er aber sagte sich darauf: Was soll sie erwarten? Auf die Stormers wartet kein Glück da draußen. Das Schicksal beschenkte sie immer nur so reich, um sie desto ärmer zu machen. Er täte nur Gutes, es wäre seine Pflicht geradezu, seine heilige Vaterpflicht, sie vor neuen Enttäuschungen, vor neuem Leide und Weh zu bewahren. Die Einsamkeit wäre ihr Hort. Und ihr Schutz gegen alle weitere Pein und Seelennot: nichts wünschen und nichts verlangen, nichts ersehnen und -- nichts ho$ weder gut noch böse. Trotz seinem vorgerückten Alter hatte er sich erst unlängst von den Geschäften zurückgezogen, und seine Vermögensumstände waren so zerrüttet, daß er im Anfang des Jahres achtzehnhundertsiebzehn seine Domäne La Morne veräußern mußte. Mit dem Erlös wollte er sich an einem stillen Fleck des Landes zur Ruhe setzen und von seiner Rente leben. Eines Abends, es war der neunzehnte März, erhielt er vom Käufer des Gutes, dem Präsidenten Seguret, den Rest der Kaufgelder in Papieren und Wechseln ausbezahlt und nachdem er die Dokumente in seinem Schreibtisch verschlossen hatte, verließ er das Haus und sagte der Wirtschafterin, er müsse noch einmal nach La Morne hinüber, um mit dem Pächter einige notwendige Abmachungen zu treffen. Er kam weder nach La Morne, noch kehrte er in seine Wohnung zurück. Am andern Morgen sah die Frau eines Schneiders aus dem Dorfe Aveyron seine Leiche in einer untiefen Stelle des Flusses liegen, rannte nach Rhodez und holte Leute herbei. Die felsige Böschung der Ufer war an j$ irabel sehen konnten. Sie verbarg sich nicht der allgemeinen Neugier, mit einem hochzeitlichen Lächeln saß sie da, die feinen schwarzen Brauen waren weit in die Stirne hinauf verzogen. * * * * * Punkt zehn Uhr erschien Präsident Enjalran, der Leiter des Prozesses, im menschenüberfüllten Saal, und nach Verlesung der weitläufigen Anklageschrift wurde Bastide Grammont zum Verhör aufgerufen. Fest wie aus Bronze stand er vor dem Tisch der Richter. Seine Antworten waren kühl, knapp und klar. Von Anfang bis zu Ende durchschaute er jetzt das unsinnige Märchen, gewoben aus Dummheit und Schlechtigkeit. Durch beißenden Spott gab er die namenlose Verachtung gegen all das zu erkennen, wessen man ihn bezichtigte, und setzte damit den Verteidiger, den das Gericht ihm in letzter Stunde bestimmt hatte und mit dem zu unterhandeln er sich hartnäckig geweigert hatte, in nicht geringe Bisweilen wandte er den Blick gegen die kirchenartig hohen Fenster, und als er einen Vogel gewahrte, der sich auf da$ Niemand vermuthet hätte. Nicht gering war nämlich der jüngsten Tochter Bestürzung, als sie, nachdem der Königssohn fortgegangen war, sich an den Rocken setzte und fand, daß der Faden in der Spule gerissen war. Zwar wurden die Enden des Fadens im Kreuzknoten wieder zusammengeknüpft und das Rad in rascheren Gang gebracht, damit emsige Arbeit die im Kosen mit dem Bräutigam verlorene Zeit wieder einbrächte. Allein ein unerhörter und unerklärlicher Umstand machte das Herz des Mädchens beben: das Goldgarn hatte nicht mehr seinen vorigen Glanz. -- Da half kein Scheuern, kein Seufzen und kein Benetzen mit Thränen; die Sache war nicht wieder gut zu machen. Das Unglück springt zur Thür in's Haus, kommt durch's Fenster herein und kriecht durch jede Ritze, die es unverstopft findet, sagt ein altes weises Wort; so geschah es auch jetzt. Die Alte war in der Nacht nach Hause gekommen. Als sie am Morgen in die Stube trat, erkannte sie augenblicklich, daß hier etwas Unrechtes vorgegangen sei. Ihr Herz entbrannte in Zorn; sie$ so lange fort, bis euch links am Ufer eine Eberesche mit beblätterten Zweigen zu Gesicht kommt. Nicht weit von der Eberesche steht ein Stein von der Höhe einer kleinen Badstube. Beim Steine müßt ihr die Worte ausstoßen: »»Aus der Teichrose die Jungfrau, aus dem Krebs der Mann!«« In demselben Augenblick wird es so geschehen.« Als der Adler geendigt hatte, hob er die Fittige und flog davon. Der Jüngling sah ihm eine Weile nach und wußte nicht, was er davon halten sollte. Unter zweifelnden Gedanken verstrich ihm über eine Woche; er hatte weder Muth noch Vertrauen genug, die Befreiung in dieser Weise zu versuchen. Da hörte er eines Tages aus dem Munde einer Krähe: »Was zögerst du, der Weisung des Alten nachzukommen? Der alte Zauberer hat noch nie falschen Bescheid geschickt, und auch die Vogelsprache hat noch nie getrogen. Eile an das Ufer des Flusses und trockne die Sehnsuchtsthränen der Jungfrau.« Die Rede der Krähe machte dem Jünglinge Muth; er dachte: Größeres Unglück kann mir nicht widerfahren als der Tod, $ rten spazieren. Da hörten sie, wie eine Elster vom Wipfel eines Baumes herab rief: »O du undankbares Geschöpf, das in den Tagen des Glücks seine hülfreichen Freunde vergessen hat. Sollen die beiden armen Jungfrauen ihr Lebelang Goldgarn spinnen? Die lahme Alte ist nicht die Mutter der Mädchen, sondern eine Zauberhexe, welche die Jungfrauen als Kinder aus fernen Landen gestohlen hat. Der Alten Sünden sind groß, sie verdient keine Barmherzigkeit. Gekochter Schierling wäre für sie das beste Gericht; sonst würde sie wohl das gerettete Kind abermals mit einem Hexenknäuel verfolgen.« Jetzt fiel es dem Königssohne wieder ein und er bekannte seiner Gattin, wie er zur Waldhütte gegangen sei, die Schwestern um Rath zu fragen, dort die Vogelsprache gelernt und den Jungfrauen versprochen habe, sie aus ihrer Gefangenschaft zu erlösen. Die Gattin bat mit Thränen in den Augen, den Schwestern zu Hülfe zu eilen. Als sie den andern Morgen erwachte, sagte sie: »Ich hatte einen bedeutungsvollen Traum. Die alte Mutter war von Hau$ aus, da könntet ihr die theuren Kleider verderben.« _Schnellfuß_ erwiederte: »Wer eure Tochter freien will, was macht sich der aus Kleidern?« und ging dann zur Ruhe, um den andern Tag desto munterer zu sein. Des Königs Tochter, die heimlich durch eine Thürspalte nach dem stattlichen Manne gespäht hatte, sagte seufzend: »Wenn ich doch dem Rennthier Fußfesseln anlegen könnte, ich thäte es, um diesen Mann zum Gemahle zu erhalten.« Als den andern Morgen die Sonne aufgegangen war, band _Schnellfuß_ der Rennthierkuh einen Halfterstrang[18] um den Hals und nahm das andere Ende in die Faust, damit die Kuh sich nicht zu weit entfernen könnte. Als die Stallthür geöffnet wurde, schoß die Kuh wie der Wind davon, der Hirte aber lief den Halfter festhaltend neben ihr her, und blieb keinen Schritt zurück. Der König und die Zuschauer aus der Stadt erstaunten über die wunderbare Schnelligkeit des Mannes, denn bis hierzu hatte noch Keiner auch nur ein paar hundert Schritt weit neben der Kuh herlaufen können. Wiewohl _Schnellf$ Diener zur Gärtnerstochter, mit dem Auftrage, sie heimlich herzubringen, und hier bis zum Abend versteckt zu halten. Als nun am Abend des Königs Schloß von Lichtern strahlte, und alle fürstlichen Jungfrauen in ihrem Feststaat den Augenblick erwarteten, der ihnen Glück oder Unglück bringen sollte, trat der König mit einer jungen Dame in den Saal, deren Antlitz so verhüllt war, daß kaum die Nasenspitze heraus sah. Was Allen aber gleich auffiel, war der schlichte Anzug der Fremden: sie war in weißes feines Leinen gekleidet, und weder Seide, noch Sammet, noch Gold war an ihr zu finden, während alle Andern von Kopf bis zu Fuß in Sammet und Seide gehüllt waren. Einige verzogen spöttisch den Mund, andere rümpften unwillig die Nase, der König aber that, als bemerkte er es nicht, löste die Kopfhülle der Jungfrau, trat dann mit ihr vor die verwittwete Königin und sagte: »Hier ist meine erwählte Braut, die ich zur Gemahlin nehmen will, und ich lade euch und Alle, die hier versammelt sind, zu meiner Hochzeit ein.« Die v$ t herzlich dafür. Ich habe es nur von Brief zu Brief verschoben, weil ich gewöhnlich das letzte Wort eines Blattes und die letzte Viertelstunde der Zeit erreichte, ehe ich dazu kam. Ich fange bei meiner Frau an, da ich mich nicht erinnere, ob Sie wissen, wer sie eigentlich ist. Wenn ich Ihnen also etwas sage, was Ihnen bekannt ist, so seien Sie mir darum nicht böse. Sie war ein Fräulein von Dacheröden, in ihrer Jugend sehr schön, und, ob sie gleich acht Kinder gehabt hat, noch viel mehr erhalten, als es Frauen, die nicht in dem Falle sind, gelungen ist. Sie ist seit einiger Zeit kränklich, aber auf keine Weise, die Besorgnis erregte, oder ihre natürliche Heiterkeit störte. Burgörner gehört ihr und ist eins ihrer Güter, dahingegen Tegel und die schlesischen mir gehören. Unsere Ehe wurde bloß durch gegenseitige Neigung, ohne alles Zutun von Eltern und Verwandten, geschlossen, sie hat in den einunddreißig Jahren, die sie nun währt, nie einen nur weniger zufriedenen Moment gehabt, unser Glück ist gegenseitig heut$ mehr auf die richten, die dadurch, daß sie ihm anhängen, eine größere Liebe, Innigkeit und Reinheit des Gemüts beweisen, aber eine ungleiche Verteilung seiner leitenden, sorgenden, belohnenden und strafenden Fürsorge läßt sich nicht, weder mit den Begriffen von seiner Allmacht, noch mit denen von seiner Gerechtigkeit in Vereinigung bringen. Im Alten Testament kommt allerdings von Auserwählten Gottes vielleicht auch in diesem Sinne vor, allein diese Stellen hängen auch zum Teil mit der jüdischen Idee des auserwählten Volkes Gottes zusammen, und dann braucht auch dieser Begriff der Auserwählung nicht gerade jenen ausschließenden Sinn, sondern nur den zu haben, daß die Auserwählten diejenigen waren, welche sich durch ihre Herzensreinheit und Frömmigkeit am meisten der Liebe Gottes würdig gemacht und sein Wohlgefallen auf sich gezogen hatten. Im Neuen Testament kommen Stellen, aus denen man auf eine ungleiche Sorge Gottes in den waltenden Fügungen seiner Vorsehung schließen könnte, wohl nicht vor. Wenn es bei ein$ uch noch nicht sehen. Immer schütten Sie Ihr beklommenes Herz mir aus, immer werden Sie dieselbe Teilnahme in mir finden, die keiner Veränderung fähig ist. Ganz der Ihrige. H. Den 16. Dezember 1828. Es wird mich sehr freuen, eine Fortsetzung Ihrer Lebenserzählung zu bekommen. Sie wissen, daß ich auch an Ihrem vergangenen Leben einen warmen und innigen Anteil nehme, und daß außerdem schon jede recht individuelle Schilderung für mich einen hohen Reiz hat, der mich anzieht und verweilen läßt. Ich fühle aber sehr gut, daß eine solche Schilderung aufzusetzen und aus den Händen zu geben, eine große und schwer zu überwindende Schwierigkeit hat. Es kommen doch im Leben der Menschen immer Dinge vor, die gerade in den besten und feingesinntesten Gemütern eine gewisse Scheu, sie auszusprechen, hervorbringen. Ich meine damit garnicht solche, die man sich gleichsam zu gestehen scheute, weil man fürchtet, deshalb ungünstig beurteilt zu werden. O nein, es gibt Dinge, die garnicht dieser, sondern ganz entgegengesetzter Nat$ gegeben haben, und kann das nur billigen. Solange man noch in seinen häuslichen Gewohnheiten ruhig ist, fühlt man in diesen wohl eine gewisse ermüdende Einförmigkeit, die auf eine Reise mit Vergnügen hinblicken läßt. Wenn aber der Zeitpunkt kommt, sich loszureißen, so fühlt man alles Beschwerliche und Unerfreuliche, das nicht heimisch scheint, und lernt erst den Wert der gewöhnlichen Existenz in alledem erkennen, was einen alle Tage umgibt. Ich selbst habe mich diesmal höchst ungern zur Badekur entschlossen und hätte es nicht getan, wenn ich nicht glaubte, daß ohne die Kur die Schwächlichkeiten, an denen ich leide, und die doch meine freie Tätigkeit hemmen, zu sehr anwachsen könnten. Interesse finde ich an der Reise garnicht. Einige Menschen in den Orten, durch die ich reise, sehe ich allerdings gern wieder, aber das wiegt doch die vielen anderen Unbequemlichkeiten, und besonders den Zeitverlust, nicht auf. Zu dem allen kommt die Ungewißheit der Zeiten. Sie reden in Ihrem Briefe über den Wert des Lebens und ä$ t. Auch die Briefe handeln fast ganz von Schillers Arbeiten, die er gerade in jenen Jahren machte und mir nach und nach, wenn ich abwesend war, mitteilte. Schwerlich hat je jemand Schiller so genau gekannt als ich. Es haben ihn sehr wenige so lange und so nahe gesehen. Bei einem Manne wie er, der nicht zum Handeln, sondern zum Schaffen durch Denken und Dichten geboren war, heißt sehen -- sprechen, und ganze Tage und Nächte haben wir eigentlich miteinander sprechend zugebracht. Wenn daher auch der Jahre, die wir miteinander verlebten, so viele nicht waren, so war des Zusammenlebens doch sehr viel. Die Lieblichkeit des Wetters dauert fort, auch fängt alles an zu knospen und zu keimen. Leben Sie recht wohl. Mit unveränderlicher Teilnahme und Freundschaft der Ihrige. H. _Tegel_, den 5. Juni 1832. Ich finde es sehr natürlich, daß Sie ernst gestimmt sind. Es liegt an und für sich im denkenden Menschen, ist den zunehmenden Jahren mehr noch eigen. Das mancherlei Traurige, das Sie früher, das häusliche Ereignis, das S$ önsten Stunden des Lebens. Aber auch das eigene Auswendiglernen und Auswendigwissen von Gedichten oder von Stellen aus Gedichten verschönert das einsame Leben und erhebt oft in bedeutenden Momenten. Ich trage mich von Jugend an mit Stellen aus dem Homer, aus Goethe und Schiller, die mir in jedem wichtigen Augenblicke wiederkehren und mich auch in den letzten des Lebens nicht verlassen werden. Denn man kann nichts Besseres tun, als mit einem großen Gedanken hinübergehen... Ich befinde mich, Gott sei gedankt, recht wohl, gehe aber doch den Sommer wieder ins Seebad nach Norderney. Man findet, daß es meine Schwächlichkeiten vermindert hat. Das sehe ich nun zwar nicht, und auch Sie werden es, an meinem Schreiben wenigstens, nicht gewahr werden. Allein das ist wohl möglich, und das glaube ich sogar selbst, daß der jährliche Gebrauch des Bades diese meine Schwächlichkeiten auf dem Punkte erhält, auf dem sie jetzt sind. Vielleicht sind auch die Wellen unschuldig daran. Aber man ist gern dankbar, und die See ist ein s$ cht setzten, kurz, er war so aufgeräumt, so unterhaltend und trotz des Zynismus, der heimlich oder unverhüllt stets in seinen Worten lag, so gewinnend, daß alle an seinem Munde hingen und ihr Bedauern nicht verhehlten, als er abbrach und sich, plötzlich wieder trocken und hölzern höflich, empfahl. Olivia war in Hut und Mantel, weil sie einige Einkäufe in der Stadt machen wollte. Sie schloß sich dem Hofrat an, und er schien sich darüber zu freuen. Seine unerwartete Gesprächigkeit hatte erlösend auf sie gewirkt; sie schöpfte Hoffnung, seine Gegenwart schien keine Gefahr mehr zu enthalten. Schweigend gingen sie nebeneinander. Es war Abend, viele Menschen waren unterwegs. Der Hofrat bog von den Hauptstraßen ab in die stilleren, aber auch dort sprach er nicht. Anfangs dünkte Olivia dies Schweigen natürlich, doch als sie ihn anschaute, bemerkte sie, daß seine Miene finster und feindselig war. Sie erschrak; sie konnte sich die Verwandlung nicht erklären; sie fürchtete, ihn verletzt zu haben, wollte fragen, brachte a$ er auf den, der sich erst seine Unterkunft gründen muß. Der Assessor suchte sich[13-2] eine Ecke aus, dicht unter dem grobgeschnitzten Kruzifix,[13-3] das aus den verdorrten Palmsonntags-Birkenzweigen hervorschaute, in die sich die Fliegen als ihr Nachtquartier verzogen, und bestellte sich einen roten Tyroler.[13-4] Lang saß er nicht allein, denn draußen hörte man[13-5] Stimmen, und drei junge Leute traten dicht beschneit herein. Die drei jungen Damen schauten auf und steckten die Köpfe zusammen und kicherten, als sie dieselben hereinkommen sahen. »Da sind sie wieder,« sagte die kluge Elsa, »ganz gewiß sie sind's.«[13-6] Ja, sie waren's, die Studenten vom Werfener Stellwagen her. »Was tausend![13-7] Bei diesem Wetter kommen Sie hier herauf, meine Damen,« sagte der erste Tenor. »Wir wären[13-8] fast verunglückt; das ist Ihnen[13-9] ein schauderhaftes Wetter, da sollte man keinen Hund, geschweige denn eine Dame, herausjagen.« »Hatten Sie keinen Führer?« fragte die Dame, über die letzte Artigkeit[13-10] etwas lä$ e Austrian crownland of Styria; a country-dance in Styria. {=steil=}, steep. {=stel´len=}, to put, to place; {in Aussicht stellen}, to hold out a {=stellte ... vor=}, _see_ {vorstellen.} {=Stell´wagen=}, _m._ (_pl._ {--},) stagecoach, diligence. {=stem´peln=}, to stamp, to mark. {=ster´ben= (starb, gestorben)}, to die. {=stie´gen ... zu=}, _see_ {zusteigen}. {=still=}, still, silent(ly), quiet(ly), low(ly), humble (-bly); {im stillen}, privately, by one's self; {still stehen}, to stop. {=stil´le= = still}. {=Stil´le=}, _f._, quietness, stillness; {in der Stille}, quietly. {=Stim´me=}, _f._ (_pl._ {-n},) voice; part (_in vocal or instrumental {=stim´men=}, to tune (_a musical instrument_.) {=Stirn=}, _f._ (_pl._ {-en},) forehead, brow. {=sto´cken=}, to stop, to cease. {=Stock´werk=}, _n._ (_pl._ {-e},) story (of a house). {=Stor´chenfett=}, _n._, stork-suet. {=Storch´fetttopf=}, _m._ (_pl._ {[:-]e},) (pot) jar with stork-suet, stork-suet box. {=Stoß=}, _m._ (_pl._ {[:-]e},) stroke; {der letzte Stoß}, finishing$ alter darüber habe nachgrübeln müssen, und jetzt wird es ja auch wohl gleichgültig sein, ob einer hier im Kreise noch zuletzt das rechte Wort findet. Jenen Tag aber, diesen mir bedeutungsvollen 15. Oktober, werde ich euch nun mit allen seinen Umständen so genau als möglich schildern, und ihr müßt es euch schon gefallen lassen.« »Kein Hase macht neugieriger seinen Kegel als ich!« rief der Förster. »Lieber Gott, welch ein Abend!« sagte der geistliche Herr. »Hören Sie nur diesen Sturm! O erzählen -- erzählen Sie!« In der That ein stürmischer Abend! Je weiter die Nacht vorschritt, desto wilder tobte es von Norden her gegen das Gebirge heran, und die Apotheke »zum wilden Mann« bekam ihr volles Teil. »Solch ein Wetter war es an jenem Tage nicht,« sagte Herr Philipp in seinem gewohnten Tone, ruhig und gelassen, wie jemand, der eben ein Menschenalter Zeit hatte, ein Erlebnis zu überdenken. Er wurde aber auch noch einmal unterbrochen, denn es kam ein Kunde und holte für einen Groschen Bittersalz und setzte eine Vierte$ ebt sich). Was meinst du damit? =Oswald.= Ich kann all diese Seelenqual nicht länger allein tragen. =Frau Alving.= Hast du nicht deine Mutter, die sie dir mit trägt? =Oswald.= Ja, das hoffte ich; und deshalb kehrte ich heim zu dir. Aber es geht nicht auf diese Weise. Ich sehe es ein, es geht nicht. Ich kann das Leben hier nicht ertragen! =Frau Alving.= Oswald! =Oswald.= Ich muß ein anderes Leben führen, Mutter. Und deshalb muß ich fort von dir. Ich will nicht, daß du es mit ansiehst. =Frau Alving.= Mein unglücklicher Sohn! Aber Oswald, so lange du so krank bist wie jetzt -- =Oswald.= Wenn es nur die Krankheit allein wäre, so würde ich bei dir bleiben, Mutter. Denn du bist die treuste Freundin. =Frau Alving.= Ja, nicht wahr, Oswald? Bin ich das nicht? =Oswald= (geht unruhig umher). Aber es sind diese Qualen, -- die Reue, -- -- und dann die furchtbare, tödtliche Angst. O -- diese entsetzliche =Frau Alving= (geht ihm nach). Angst? -- Welche Angst? Was meinst du? =Oswald.= Ach, frag' mich nicht weiter. Ich weiß e$ her und Berggipfel im Hintergrunde liegen in strahlendem Sonnenschein da.) =Oswald= (sitzt im Lehnstuhl mit dem Rücken gegen den Hintergrund, ohne sich zu rühren; plötzlich sagt er): Mutter, gieb mir die Sonne. =Frau Alving= (am Tische, sieht ihn erschreckt an). Was sagst du? =Oswald= (wiederholt dumpf und tonlos). Die Sonne. Die Sonne. =Frau Alving= (zu ihm eilend). Oswald, wie ist dir? =Oswald= (scheint im Stuhl zusammen zu schrumpfen; alle Muskeln erschlaffen; sein Gesicht wird ausdruckslos; die Augen werden blöde und =Frau Alving= (bebend vor Furcht). Was ist das! (Schreit laut.) Oswald! Was ist mit dir! (Wirft sich neben ihn auf die Kniee und schüttelt ihn.) Oswald! Oswald! Sieh mich an! Kennst du mich nicht? =Oswald= (tonlos wie zuvor). Die Sonne. -- Die Sonne. =Frau Alving= (springt verzweifelt auf, fährt sich mit beiden Händen ins Haar und schreit): Dies ist unmöglich zu ertragen! (Flüstert wie erstarrt.) Wo hat er sie nur? (Fährt pfeilschnell über seine Brust.) Hier! (Weicht ein paar Schritte zurück $ r im Deutschen, und der Baum heißt (= hat den Namen) Nadelbaum oder Tannenbaum. * * * * * Otto: Im Colleg habe ich ein Gedicht (= Poem) gelernt, von einem Bäumlein, das Nadeln hatte. Herr Meister: Ist das Gedicht von Friedrich Rückert? Otto: Friedrich Rückert -- ja, das ist der Name des Dichters (= Bella: Ist Rückert ein guter Dichter? Herr Meister: Das ist er. Goethe spricht sehr gut von ihm. Louis: Bevor Sie mehr sprechen, Herr Meister, sagen Sie mir: Wann ist Goethe geboren? Herr Meister: Goethe ist am achtundzwanzigsten (= 28sten) August 1749 Bella: Ist Goethe älter (alt, älter, ältest) als Schiller? Herr Meister: Ja, mein Fräulein; Goethe ist älter; Schiller ist 1759 geboren und Rückert 1789; Heine 1799 und Lessing 1729. Anna: Das ist wunderbar! Herr Meister: Unsere größten Dichter sind in Jahren geboren, welche die Zahl neun (= 9) am Ende haben. Louis: Das muß ich meiner Mutter sagen. Lessing 1729, Goethe 1749, Schiller 1759, Rückert 1789, Heine 1799. Ist das so recht? Herr$ und soeben (= in dieser Minute) sangen sie (ich singe, ich sang, ich habe gesungen) das wundervolle Lied von Abt: »All' Abend bevor ich zur Ruhe (= Rast) gehe.« Ich möchte (= will) nun nicht, daß Sie Ihr Deutsch vergessen; ja, ich wünsche (= möchte, will), daß Sie mehr lernen, und darum habe ich Fragen für Sie und Ihre Freundinnen[IV-1] aufgeschrieben (ich schreibe auf, ich schrieb auf, ich habe aufgeschrieben), und ich sende sie (= die Fragen) hier. Ihr Bruder Otto versteht sehr gut Deutsch. Er kann Sie und Ihre Freundinnen fragen. In wenigen Tagen werde ich wieder bei Ihnen sein. So hoffe ich. Meine besten Empfehlungen (= Komplimente) an Sie, Ihren Bruder und Ihre Freundinnen Bella und Anna. Ihr Freund, W. Meister. * * * * * Louis: Sie hören, meine Damen, Herr Meister kann nicht kommen. Er ist unwohl, er kann nicht sprechen, er hat sich erkältet. Anna und Bella: O, das ist schlimm (= nicht gut)! Otto: Ich$ Und was antwortet Ihr Vater? Otto: »Ihr Diener.« Louis: Nun wollen wir auch gehen. Ich habe Hunger. »Ihr Diener, Fräulein Anna, Ihr Diener, Fräulein Bella!« Bella: Sie sind sehr komisch, Louis. Adieu, Adieu, Otto. Anna: Adieu, Louis! Adieu, Otto! Otto: Ich empfehle mich Ihnen, meine Damen! * * * * * Louis: Guten Tag, Herr Meister! Ich weiß heute, was ein Ritter ist. Soll ich es sagen? Herr Meister: Bitte, Louis. Louis: »Ritter« war in alten Zeiten der Name für einen Nobelmann. Ein Nobelmann oder Edelmann, das ist dasselbe. Nicht wahr, Herr Meister? Herr Meister: Ganz gewiß, Louis. Louis: Ein Edelmann heißt heute nicht mehr »Ritter,« er heißt: »Baron,« »Graf« oder »Fürst.« Alle haben das kleine Wort »von« vor ihrem Namen, wie: von Bismarck, von Moltke. Aber die Väter dieser Edelleute hießen (ich heiße, ich hieß, ich habe geheißen) vor alten, alten Zeiten »Ritter.« Otto: Ich bin erstaunt über dich (= ich wundere mich über dich). Wie hast du alles dieses gelernt? Louis: Ich wollte $ Ist die große goldne Kron'. Ihm zu Füßen liegen Schafe, Weiche Schmeichler, rotbekreuzt; Kavaliere sind die Kälber, Und sie wandern stolzgespreizt. Hofschauspieler sind die Böcklein; Und die Vögel und die Küh', Mit den Flöten, mit den Glöcklein, Sind die Kammermusici. Und das klingt und singt so lieblich, Und so lieblich rauschen drein Wasserfall und Tannenbäume, Und der König schlummert ein. Unterdessen muß regieren Der Minister, jener Hund, Dessen knurriges Gebelle Wiederhallet in der Rund'. Schläfrig lallt der junge König: Das Regieren ist so schwer; Ach, ich wollt', daß ich zu Hause Schon bei meiner Kön'gin wär'! In den Armen meiner Kön'gin Ruht mein Königshaupt so weich, Und in ihren schönen Augen Liegt mein unermeßlich Reich! H_e_i_n_e. Siegfrieds Schwert. Jung Siegf$ o entfernt er auch von unsern Tagen gewesen ist. Es ist auch nicht die Härte der alten Sprache, welche Leser von Geschmacke beleidiget, sondern das gezwungne, frostige, abentheuerliche Harte; nicht die Versetzung der Wörter, sondern die unnöthige und armselige Verwerfung. Man lese folgende Stelle: Es ist ja, Herr, dein Geschenk und Gab, Mein Leib, Seel und alls, was ich hab In diesem armen Leben; Damit ichs brauch zum Lobe dein, Zum Nutz und Dienst des Nächsten mein, Wollst mir deine Gnade geben! Sie hat viel Hartes nach unsrer itzigen Mundart und uns ungewöhnliche Verssetzungen; und dennoch, wer kann sie ohne Bewegung, ohne daß er fühlt, wie seine Seele von Dank und Demuth durchdrungen wird, singen oder lesen? Sie ist mehr werth, als ganze Bände neuer Lieder, die kein andres Verdienst haben, als daß sie rein sind. Und warum ist diese Stelle, ungeachtet ihrer Härte, so schön? Weil der Ausdruck stark und kräftig, weil der Innhalt des Gedankens groß, und doch der Gedanke nicht ausgedehnt$ göttliche Zufriedenheit, Wenn wir es treu bewahren. Es spricht uns Trost im Elend zu, Versüsset uns des Lebens Ruh, Und stärkt uns in Gefahren. Erhalte mir, o Herr, mein Hort: Den Glauben an dein göttlich Wort, Um deines Namens willen; Laß ihn mein Licht auf Erden seyn, Ihn täglich mehr mein Herz erneun, Und mich mit Trost erfüllen! Ermunterung die Schrift zu lesen. Soll dein verderbtes Herz zur Heiligung genesen, Christ, so versäume nicht, das Wort des Herrn zu lesen; Bedenke, daß dieß Wort das Heil der ganzen Welt, Den Rath der Seligkeit, den Geist aus Gott enthält. Merk auf, als ob dir Gott, dein Gott, gerufen hätte; Merk auf, als ob er selbst zu dir vom Himmel redte! So lies; mit Ehrfurcht lies, mit Lust und mit Vertraun, Und mit dem frommen Ernst, in Gott dich zu erbaun. Sprich fromm: O Gott! vor dem ich meine Hände falte, Gieb, daß ich dein Gebot für dein Wort ewig halte; Und laß mich deinen Rath empfindungsvoll versteh$ nd seufzest, daß der Geist der Freuden Von dir gewichen ist. Du klagst und rufst: Herr, wie so lange? Und Gott verzeucht, und dir wird bange, Daß du von Gott verlassen bist. Sind meine Sünden mir vergeben; Hat Gott mir Sünder Heil und Leben In seinem Sohn verliehn: Wo sind denn seines Geistes Triebe? Warum empfind ich nicht die Liebe, Und hoffe nicht getrost auf ihn? Mühselig, sprichst du, und beladen Hör ich den Trost vom Wort der Gnaden, Und ich empfind ihn nicht; Bin abgeneigt, vor Gott zu treten; Ich bet, und kann nicht gläubig beten; Ich denke Gott, doch ohne Licht. Sonst war mirs Freude, seinen Willen Von ganzem Herzen zu erfüllen; Sein Wort war mir gewiß. Itzt kann ichs nicht zu Herzen fassen, Und meine Kraft hat mich verlassen, Und meinen Geist deckt Finsterniß. Oft fühl ich Zweifel, die mich quälen, Heul oft vor Unruh meiner Seelen; Und meine Hülf ist fern. Ich suche Ruh, die ich nicht finde; I$ dann aber dreist ihren Fuß und küßt ihn flüchtig). _Julie._ Ausgezeichnet! Sie hätten Schauspieler werden sollen. _Jean_ (erhebt sich). Das geht nicht so weiter, Fräulein! Es könnte jemand kommen und uns sehen. _Julie._ Was thäte das? _Jean._ Die Leute würden ganz einfach darüber sprechen. Und wenn das Fräulein wüßten, wie die Mäuler schon vorhin gingen, dann -- _Julie._ Was sagten sie denn? Erzählen Sie es mir! Aber setzen Sie sich! _Jean_ (setzt sich). Ich möchte Sie nicht kränken, aber sie gebrauchten Ausdrücke -- die Vermutungen der Art andeuteten, daß -- ja, Sie werden das ja wohl selbst verstehen! Sie sind ja kein Kind mehr, und wenn man eine Dame allein mit einem Mann zusammen trinken sieht -- sei es auch nur ein Bedienter -- zumal noch in der Nacht -- dann -- _Julie._ Was dann? Und übrigens sind wir nicht allein. Christine ist ja _Jean._ Ja, sie schläft. _Julie._ Dann werde ich sie wecken. (Sie steht auf.) Christine! Schläfst du? _Christine_ (im Schlaf). Bla--bla--bla--bla! _Julie._ Christine! -- Die $ skys Reisebeschreibung Erster Teil 13-99 Zweiter Teil 101-148 Ein ausführliches Verzeichnis der früher erschienenen Bände der »Hausbücherei« sowie der »Volksbücher« ist diesem Bande vorgeheftet. Der Leipziger Student Christian Reuter, der im Jahre 1696 »Schelmuffskys wahrhaftige, curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und Lande« anonym erscheinen ließ, ist als der Verfasser eines der lustigsten Bücher unserer Literatur, das die Aufschneidereien des weltberühmten Freiherrn von Münchhausen noch übertrumpft, erst vor wenigen Jahrzehnten aus der selbstgewählten Verborgenheit an das Licht gezogen worden. Von seinem L e b e n wissen wir, abgesehen von seinen tollen Studentenjahren, über die uns die umständlichen Disziplinarakten eines hochlöblichen akademischen Senats Auskunft geben, herzlich wenig; aber gerade die Leipziger Jahre Reuters, der, 1665 als Sohn eines Bauern in der Nähe von Zörbig bei Halle geb$ r meinen Namen nennen hörten, so wußten sie schon, wieviel es geschlagen hatte. [Illustration] Als nun meine Frau Mutter sah, daß mir das Studieren ganz nicht zu Halse wollte und nur das Schulgeld vor die lange Weile hingeben mußte, nahm sie mich aus der Schule wieder heraus und tat mich zu einem vornehmen Kaufmann, da sollte ich ein berühmter Handelsmann werden, ja ich hätte es wohl werden können, wenn ich auch Lust dazu gehabt hätte; denn anstatt da ich sollte die Nummern an den Waren merken und wie teuer die Elle müßte mit Profit verkauft werden, so hatte ich immer andere Schelmstücke in Gedanken, und wenn mich mein Patron wohin schickte, daß ich geschwinde wiederkommen sollte, so nahm ich allemal erstlich mein Blaserohr mit, ging eine Gasse auf, die andere wieder nieder und sah, wo Sperlinge saßen; oder wenn wo schöne große Scheiben in Fenstern waren und es sah niemand heraus, so knapste ich nach denselben und lief hernach immer meine Wege wieder fort; kam ich denn wieder zu meinem Herrn und war etwa ein $ Nacht Herr Bruder Graf und gute Nacht meine allerliebste Charmante, gräme dich nur nicht zu Tode, daß dein anmutiger Jüngling dich verlassen muß, vielleicht kriegst du ihn bald wiederum anderswo zu sehen. Hierauf ging ich im Dunkeln fort und immer weiter in die Welt hinein. Ich gelangte bei frühem Morgen in der Stadt Altona an, welche drei starke deutsche Meilen von Hamburg liegt, da kehrte ich in dem vornehmsten Wirtshause ein, welches zum Weinberge genannt wurde, worinnen ich einen Landsmann antraf, welcher in der Hölle[26] hinterm Kachelofen saß und hatte zwei vornehme Damens neben sich sitzen, mit welchen er in der Karte falsch spielte. Demselben gab ich mich zu erkennen und erzählte ihm, wie mirs in Hamburg gegangen wäre. Es war, der Tebel hol mer, ein brav Kerl auch, denn er war nur vor etlichen Tagen aus Frankreich gekommen und wartete allda bei dem Wirte im Weinberge auf einen Wechsel, welchen ihm seine Frau Mutter mit ehster Gelegenheit schicken würde. Er erzeigte mir sehr große Ehre, daß ichs, der $ h zu erkennen geben, wer ich wäre, alsdann wollten sie mich selbsten an verlangten Ort bringen. Wie ich ihnen nun erzählte, daß ich der und der wäre, und daß ich schon drei ganze Tage in der Stadt herumgelaufen und kein Henker mir hätte berichten können, in welcher Gasse doch meine Frau Mutter wohnen müßte: O sapperment! wie fielen mir die Menscher beide auf der Straße um den Hals und erfreuten sich meiner guten Gesundheit und glücklichen Wiederkunft. Sie kriegten mich beide bei meinem zerrissenen Kaperrocke zu fassen und waren willens, mit mir nach meiner Frau Mutter Hause zu marschieren. Indem wir alle drei nun sehr artig miteinander gingen und ich ihnen unterwegens von meiner Gefangenschaft zu Sankt Malo anfing zu erzählen, so kamen unvermerkt zwei Kerls hinter mir hergeschlichen, die denken, ich bin etwa ein gemeiner Handwerksbursche, weil ich so liederlich ging, und gaben mir da rücklings ein jedweder eine Presche und rissen mir hierauf meine Jungfer Muhmen von der Seite weg und wanderten mit ihnen immer$ rzehn Tagen schwatzte. Wie ich nun meine Frau Mutter hierauf fragte, ob er mich denn noch kennte, so gab ihr der Naseweis so höhnisch zur Antwort und sagte, warum er denn seinen liederlichen Vetter Schelmuffsky nicht kennen sollte. Da ihm aber meine Frau Mutter die Augen eröffnen wollte und zu ihm sprach, daß er unrecht sehen müßte und wie daß ich mich in der Fremde was Rechts sowohl zu Wasser als zu Lande versucht hätte, so fing mein kleiner Vetter wieder an: Frau Muhme, sie wird ja nicht so einfältig sein und solche Lügen glauben, ich habe mir von unterschiedlichen Leuten erzählen lassen, daß mein Vetter Schelmuffsky nicht weiter als eine halbe Meile von seiner Geburtsstadt gekommen wäre und alles miteinander mit liederlicher Kompagnie im Tobak und Branntewein versoffen. O sapperment! wie knirschte ich mit den Zähnen, als mir der Junge Tobak und Branntewein unter die Nase rieb. Nach diesem baten mich meine Jungfer Muhmen, daß ich doch von meiner gefährlichen Reise was erzählen sollte und was ich vor Dinge i$ hte ihr einen guten Morgen; aber wie groß war ihr Erstaunen, als sie nicht nur keine Antwort von ihr erhielt, sondern auch bei näherer Betrachtung tiefe Niedergeschlagenheit an ihr bemerkte, woraus sie schloß, es müsse ihr etwas begegnet sein, das sie nicht erraten konnte. »Liebe Tochter,« sagte die Sultanin zu ihr, »woher kommt es denn, daß du alle meine Liebkosungen so schlecht erwiderst? Vor deiner Mutter brauchst du doch keine solchen Umstände zu machen. Gestehe mir offen und frei, was dir begegnet ist, und lasse mich nicht so lange in dieser peinlichen Unruhe.« Die Prinzessin Bedrulbudur unterbrach endlich das Schweigen mit einem tiefen Seufzer. »Ach, meine sehr verehrte Mutter,« rief sie, »verzeihe mir, wenn ich es an der schuldigen Ehrfurcht fehlen ließ. Es sind mir heute nacht so außerordentliche Sachen zugestoßen, daß ich mich von meinem Staunen und meinem Schrecken noch nicht erholt habe, ja kaum mich selbst wiedererkenne.« Sie schilderte hierauf mit den lebhaftesten Farben, was ihr begegnet. Die Su$ mit Menschen angefüllt, daß jeder an dem Platze, wo er war, stehen bleiben mußte. Da man durch mehrere Straßen gehen mußte, um zu dem Palaste zu gelangen, so konnte ein großer Teil der Stadt und Leute aus allen Klassen und Ständen den prachtvollen Aufzug sehen. Endlich langte der erste von den achtzig Sklaven an der Pforte des ersten Schloßhofes an. Die Pförtner, die sich bei Annäherung dieses wundervollen Zuges in zwei Reihen aufgestellt hatten, hielten ihn für einen König, so reich und prachtvoll war er gekleidet, und näherten sich ihm, um den Saum seines Kleides zu küssen. Der Sklave aber, den der Geist vorher seine Rolle gelehrt hatte, gab es nicht zu und sagte feierlich zu ihm: »Wir sind bloß Sklaven; unser Herr wird erscheinen, sobald es Zeit ist.« So kam der erste Sklave an der Spitze des ganzen Zugs in den zweiten Hof, der sehr geräumig war und wo sich der Hofstaat des Sultans während der Sitzung des Divans aufgestellt hatte. Die Anführer jeder einzelnen Truppe waren zwar prachtvoll gekleidet, wurden $ its waren bis an die Augenbrauen mit Salbei und Zwiebeln eingesalbt. Jetzt wurden die Teller von Miß Belinda gewechselt und Mrs. Cratchit verließ das Zimmer allein -- denn sie war zu unruhig, Zeugen dulden zu können -- um den Pudding herauszunehmen und hereinzubringen. Wenn er nicht ausgebacken wäre! Wenn er beim Herausnehmen in Stücke zerfiele! Wenn jemand über die Mauer des Hinterhauses geklettert wäre und ihn gestohlen hätte, während sie sich an der Gans erquickten -- ein Gedanke, bei dem die beiden kleinen Cratchits bleich vor Schrecken wurden! Alles mögliche Schreckliche dachte man sich. Hallo eine Wolke Rauch! der Pudding war aus dem Kessel genommen. Ein Geruch, wie an einem Waschtag! das war die Serviette. Ein Geruch wie in einem Speisehause, mit einem Pastetenbäcker auf der einen und einer Wäscherin auf der andern Seite! Das war der Pudding. In einer halben Minute trat Mrs. Cratchit herein, aufgeregt, aber stolz lächelnd und vor sich den Pudding, hart und fest wie eine gefleckte Kanonenkugel, in einem$ en, was uns empörte. Der große Platz ist zum Teil mit Bogengängen umgeben, über denen eine lange hölzerne Galerie hinläuft, wie man sie in allen heißen Ländern sieht. Hier wurden die Schwarzen verkauft, die von der afrikanischen Küste herüberkommen. Unter allen europäischen Regierungen war die von Dänemark die erste und lange die einzige, die den Sklavenhandel abgeschafft hat, und dennoch waren die ersten Sklaven, die wir aufgestellt sahen, auf einem dänischen Sklavenschiff gekommen. Der gemeine Eigennutz, der mit Menschenpflicht, Nationalehre und den Gesetzen des Vaterlandes im Streite liegt, läßt sich durch nichts in seinen Speculationen stören. Die zum Verkauf ausgesetzten Sklaven waren junge Leute von fünfzehn bis zwanzig Jahren. Man lieferte ihnen jeden Morgen Kokosöl, um sich den Körper damit einzureiben und die Haut glänzend schwarz zu machen. Jeden Augenblick erschienen Käufer und schätzten nach der Beschaffenheit der Zähne Alter und Gesundheitszustand der Sklaven; sie rissen ihnen den Mund auf, ganz $ n, war sehr geräumig. Man hatte große Jaguarfelle ausgebreitet, damit wir bei Nacht ruhen könnten. Noch waren wir nicht zwei Monate in der heißen Zone, und bereits waren unsere Organe so empfindlich für den kleinsten Temperaturwechsel, daß wir vor Frost nicht schlafen konnten. Zu unserer Verwunderung sahen wir, daß der hunderttheilige Thermometer auf 21°,8 stand. Dieser Umstand, der allen, die lange in beiden Indien gelebt haben, wohl bekannt ist, verdient von den Physiologen beachtet zu werden. Boucher erzählt, auf dem Gipfel der _Montagne Pelée_ auf Martiniques [der Berg ist nach verschiedenen Angaben zwischen 666 und 736 Toisen hoch] haben er und seine Begleiter vor Frost gebebt, obgleich die Wärme noch 21 ½ Grad betrug. In der anziehenden Reisebeschreibung des Capitän Bligh, der in Folge einer Meuterei an Bord des Schiffes Bounty zwölfhundert Meilen in einer offenen Schaluppe zurücklegen mußte, liest man, daß er zwischen dem zehnten und zwölften Grad südlicher Breite weit mehr vom Frost als vom Hunger gel$ h, daß solches bei einem ganzen Volksstamm in irgend einem der heutigen Reisenden unbekannten Landstriche Amerikas beobachtet worden sein sollte, und ich kann versichern, daß der Fall gegenwärtig in der Neuen Welt nicht häufiger vorkommt als in der Alten. Der Landmann in Arenas, dessen Geschichte wir soeben erzählt, ist nicht vom kupferfarbenen Stamm der Chaymas, er ist ein Weißer von europäischem Blut. Ferner haben Petersburger Anatomen die Beobachtung gemacht, daß Milch in den Brüsten der Männer beim niederen russischen Volke weit häufiger vorkommt, als bei südlicheren Völkern, und die Russen haben nie für schwächlich und weibisch Es gibt unter den mancherlei Spielarten unseres Geschlechts eine, bei der der Busen zur Zeit der Mannbarkeit einen ansehnlichen Umfang erhält. Lozano gehörte nicht dazu, und er versicherte uns wiederholt, erst durch die Reizung der Brust in Folge des Saugens sey bei ihm die Milch gekommen. Dadurch wird bestätigt, was die Alten beobachtet haben: »Männer, die etwas Milch haben, gebe$ sind; aber ihr malerischer Eindruck ist gar nicht zu vergleichen mit den zahllosen zerstreuten, sich hin und her bewegenden Lichtpunkten, welche im heissen Erdstrich der Schmuck der Naechte sind, wo einem ist, als ob das Schauspiel, welches das Himmelsgewoelbe bietet, sich auf der Erde, auf der ungeheuren Ebene der Grasfluren wiederholte. Als wir Fluss abwaerts an die Pflanzungen oder *Charas* kamen, sahen wir Freudenfeuer, die Neger angezuendet hatten. Leichter, gekraeuselter Rauch stieg zu den Gipfeln der Palmen auf und gab der Mondscheibe einen roethlichen Schein. Es war Sonntag Nacht und die Sklaven tanzten zur rauschenden, eintoenigen Musik einer Guitarre. Der Grundzug im Charakter der afrikanischen Voelker von schwarzer Rasse ist ein unerschoepfliches Mass von Beweglichkeit und Frohsinn. Nachdem er die Woche ueber hart gearbeitet, tanzt und musicirt der Sklave am Feiertage dennoch lieber, als dass er ausschlaeft. Hueten wir uns, ueber diese Sorglosigkeit, diesen Leichtsinn hart zu urteilen, wird ja doch$ ht sowohl einem Werke von Menschenhand, als vielmehr Felsmassen, die in den aeltesten Umwaelzungen des Erdballes zertruemmert worden. Wir wollten Halt machen, um das grossartige Schauspiel zu geniessen und den Untergang der Venus zu beobachten, deren Scheibe von Zeit zu Zeit zwischen dem Gemaeuer des Schlosses erschien; aber der Mulatte, der uns als Fuehrer diente, wollte verdursten und drang lebhaft in uns, umzukehren. Er hatte laengst gemerkt, dass wir uns verirrt hatten, und da er hoffte, durch die Furcht auf uns zu wirken, sprach er bestaendig von Tigern und Klapperschlangen. Giftige Reptilien sind allerdings beim Schlosse Araya sehr haeufig, und erst vor kurzem waren beim Eingang des Dorfes Maniquarez zwei Jaguars erlegt worden. Nach den aufbehaltenen Fellen waren sie nicht viel kleiner als die ostindischen Tiger. Vergeblich fuehrten wir unserem Fuehrer zu Gemuet, dass diese Tiere an einer Kueste, wo die Ziegen ihnen reichliche Nahrung bieten, keinen Menschen anfallen; wir mussten nachgeben und hingehen,$ gesammelt, und gab uns interessante Notizen ueber die Perlen von Cubagua, welchen Luxusartikel er hoechst wegwerfend behandelte. Um uns zu zeigen, wie bewandert er in der heiligen Schrift sey, fuehrte er wohlgefaellig den Spruch Hiobs an, dass Weisheit hoeher zu waegen ist denn Perlen. Seine Philosophie ging nicht ueber den engen Kreis der Lebensbeduerfnisse hinaus. Ein derber Esel, der eine tuechtige Ladung Bananen an den Landungsplatz tragen koennte, war das hoechste Ziel seiner Wuensche. Nach einer langen Rede ueber die Eitelkeit menschlicher Herrlichkeit zog er aus einer Ledertasche sehr kleine und truebe Perlen und drang uns dieselben auf. Zugleich hiess er uns, es in unsere Schreibtafel aufzuzeichnen, dass ein armer Schuster von Araya, aber ein weisser Mann und von edlem castilischen Blute, uns etwas habe schenken koennen, das drueben ueber dem Meer fuer eine grosse Kostbarkeit gelte. Ich komme dem Versprechen, das ich dem braven Manne gab, etwas spaet nach und freue mich, dabei bemerken zu koennen, das$ aermen von mehreren hundert Stueck umherfliegen. Man muss in diesen Laendern, besonders in den heissen Thaelern der Anden gelebt haben, um es fuer moeglich zu halten, dass zuweilen das Geschrei dieser Voegel das Brausen der Bergstroeme, die von Fels zu Fels stuerzen, uebertoent. Eine starke Meile vor dem Dorfe San Fernando kamen wir aus dem Walde heraus. Ein schmaler Fusspfad fuehrt auf mehreren Umwegen in ein offenes, aber ausnehmend feuchtes Land. Unter dem gemaessigten Himmelsstrich haetten unter solchen Umstaenden Graeser und Riedgraeser einen weiten Wiesenteppich gebildet; hier wimmelte der Boden von Wasserpflanzen mit pfeilfoermigen Blaettern, besonders von Canna-Arten, unter denen wir die prachtvollen Bluethen der Costus, der Thalien und Heliconien erkannten. Diese saftigen Gewaechse werden acht bis zehn Fuss hoch, und wo sie dicht beisammen stehen, koennten sie in Europa fuer kleine Waelder gelten. Das herrliche Bild eines Wiesgrundes und eines mit Blumen durchwirkten Rasens ist den niedern Landstrich$ e sehr dasselbe durch Dunkelheit und Ruhe befoerdert wird. Die europaeischen Nachtvoegel sind mager, weil sie nicht wie der Guacharo von Fruechten, sondern vom duerftigen Ertrag ihrer Jagd leben. Zur Zeit der "Fetternte" (_cosecha de la manteca_), wie man es in Caripe nennt, bauen sich die Indianer aus Palmblaettern Huetten am Eingang und im Vorhof der Hoehle. Wir sahen noch Ueberbleibsel derselben. Hier laesst man das Fett der jungen, frisch getoedteten Voegel am Feuer aus und giesst es in Thongefaesse. Dieses Fett ist unter dem Namen Guacharoschmalz oder Oel (_manteca_ oder _aceite_) bekannt; es ist halbfluessig, hell und geruchlos. Es ist so rein, dass man es laenger als ein Jahr aufbewahren kann, ohne dass es ranzig wird. In der Kloesterkueche zu Caripe wurde kein anderes Fett gebraucht als das aus der Hoehle, und wir haben nicht bemerkt, dass die Speisen irgend einen unangenehmen Geruch oder Geschmack davon bekaemen. Die Menge des gewonnenen Oels steht mit dem Gemetzel, das die Indianer alle Jahre in der$ se Turnüre erbost! Ich brauche nur aus der Ferne so ein poetisches Geschöpf zu erblicken, so bekomme ich vor Wut Wadenkrämpfe. Man müßte einfach zu Hilfe! schreien. =Luka= (tritt ein). Siebenter Auftritt. =Smirnow.= =Luka.= =Luka= (reicht ihm Wasser). Die gnädige Frau ist krank und empfängt =Smirnow.= Marsch hinaus! =Luka= (geht ab). =Smirnow.= Krank und empfängt nicht! Ist auch nicht notwendig... Empfange nicht! Ich bleibe und werde hier sitzen, bis du das Geld hergibst... Wirst du eine Woche krank sein, werde ich eine Woche hier sitzen... Wirst du ein Jahr krank sein, werde ich ein Jahr hier bleiben... Gevatterin, ich werde schon mein Geld herausbekommen! Mich rührst du nicht mit den Trauerkleidern, auch nicht mit den Grübchen in den Wangen... Wir kennen diese Grübchen! (Er schreit zum Fenster hinaus.) Simion, spann' aus! Wir fahren nicht so bald fort! Ich bleibe hier. Sag' dort im Stall, man soll den Pferden Hafer geben! Viehkerl, das linke Pferd hat sich schon wieder in die Zügel verwickelt. (Spottet ihm $ « fragte die als Mann verkleidete Frau. Der Gastwirth erwiderte: »Brunnen haben wir von Alters her genug gegraben, aber es kommt kein anderes Wasser hinein als was der Regen hineinbringt. Unsere Obrigkeit hat schon Unsummen daran gewendet, und hat auch demjenigen eine große Belohnung verheißen, der Wasser in die Brunnen leiten würde, aber wenn auch von überall her viel geschickte Brunnenmeister kamen, um ihr Glück zu versuchen, so hat doch keiner von ihnen Wasseradern gefunden.« -- Die Frau sagte: »Die Sache scheint sehr wunderbar! Ich will Nachmittags in eurer Stadt umhergehen, vielleicht finde ich zufällig Pflanzen, welche auf eine Wasserader weisen.« »Das wird wohl vergebliche Mühe sein,« -- meinte der Gastwirth -- »doch könnt ihr ja immerhin euer Heil versuchen.« Die Kaufmannsfrau schlenderte nun aus einer Straße in die andere, bis sie auf den Markt kam. Da fand sie den großen grauen Granitblock, wie es die Raben in ihrem Gespräche angegeben hatten; und da nun so die beiden ersten Verkündigungen wahr gewo$ en-Trine eine so große Mitgift, daß man sie fuhrenweise in die Stadt bringen mußte, wo dann ein prächtiges Hochzeitsfest gefeiert wurde, welches einen vollen Monat dauerte. So war aus der verachteten Waise die Gemahlin eines Königssohnes geworden. Ihre Stiefschwestern wollten vor Neid bersten, daß die Aschen-Trine sich so hoch über sie erhoben hatte -- Aschen-Trine, welche sie bis dahin schlimmer als den Hofhund gehalten hatten. Aber Aschen-Trinen's gutes Herz mochte ihnen nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern verzieh ihnen all' ihr Unrecht, ja sie that ihnen noch obendrein Gutes, als sie nach des Schwiegervaters Tode Königin geworden war. Obwohl sie nun schon längst unter dem Rasen ruht, so lebt doch ihr Andenken noch ungeschwächt im Munde des Volkes, und sie wird gepriesen als die beste und auch als die schönste der Königinnen. [Fußnote 21: Wörtlich: das ungelegene Brotwiesel. L.] [Fußnote 22: Wörtlich: als ob Feuer in deiner Tasche brenne. L.] [Fußnote 23: S. Bd. 1, S. 102, Anm. 2. L.] [Fußnote 24: Cypr$ ß er aufrecht gehen konnte. Der Rathgeber trieb ihn an, dreist vorzuschreiten, da Unheil nicht zu befürchten sei. Eine Strecke weiterhin dämmerte ein schwacher Schimmer auf, bis sich endlich der Mann wieder in voller Helligkeit befand. Da stand auf weitem grünen Plane vor ihm, noch über eine halbe Werst weit, ein großes, aus blauem Steine aufgeführtes Wohnhaus. »Merke auf das, was ich dir jetzt sagen will -- sprach der Rathgeber -- und führe Alles pünktlich aus, sonst kannst du die Königstochter nicht aus ihrem Kerker befreien. Sie lebt dort in dem blauen Hause des Nixen. Zwei Bären halten Tag und Nacht Wache vor der Pforte, so daß kein lebendes Wesen heraus noch hinein kann. Diese Wächter müssen wir kirre machen. Nimm also, wenn wir hinkommen, dein Koberchen und gebiete ihm, sich in einen Bienenstock zu verwandeln. Diesen wirf den Bären vor und dann schlüpfe hinter ihrem Rücken in's Haus. Dort werde ich dir weitere Anleitung geben.« Als der Mann an die Pforte kam, hörte er das Brummen der Bären und da wurde $ n Kopeken in der Tasche und sie fürchteten, daß sie Niemand finden würden, der ihnen Kleider leihe. Beim Schlafengehen sah der junge Mann, daß der kleine rothe Hund verschwunden sei und fragte deshalb die Jungfrau, wo der Hund geblieben wäre. Diese machte große Augen und erwiderte: »Ich habe _deinen_ Hund nicht mehr mit Augen gesehen, seit wir hierher gekommen sind.« Jetzt war der junge Mann nicht minder erstaunt und erzählte, wie er, dem Hunde folgend, den Weg in den Wald gefunden und deswegen geglaubt habe, der Hund gehöre der Jungfrau und habe ihn zu Hülfe gerufen. Den andern Morgen gingen der junge Mann und der Schmiedegesell um zu versuchen, ob sie irgendwo Kleider für die Jungfrau borgen könnten, kamen aber Beide nach Mittag mit leeren Händen zurück. Man legte sich Abends mit schwerem Herzen schlafen, da der Plan ganz fehlgeschlagen war. Ein freundliches Traumgesicht tröstete die Jungfrau. Sie erlebte im Traume, wie ein kleiner alter Mann ihr Kleider und Geld versprach, wenn die Männer Muth genug hätten$ alter Leute Mund vernommen, daß der Kalewsohn selber es nicht bezwungen hat.« _Nasenmann_ stand eine Weile nachdenklich und sagte dann: »Wenn sich die Sache wirklich so verhält wie du sagst, so müssen wir ihm entgegenziehen und ihm das Garaus machen! Diese That wird uns mehr Ehre und Ruhm bringen als ein Kampf gegen die Türken.« -- Als sie nun des Waldes ansichtig wurden, in welchem das Unthier seinen Aufenthalt haben sollte, da sank ihnen freilich wieder das Herz in die Hosen, was übrigens auch andern Wackeren begegnen kann; dennoch wollten sie die Heldenthat nicht aufgeben. »Wer kann wissen, ob wir mit dem Leben davon kommen,« sagte _Nasenmann_ -- »der Tod kümmert sich nicht um des Menschen Alter, sondern rafft dahin, wen er eben packt. Nun wollen wir aber nicht mit leerem Magen aus dieser Welt scheiden, darum ihr Brüderchen! setzen wir uns nieder und verzehren wir vor unserm Ende noch einmal unser Brot, vielleicht (hier stürzten ihm Thränen aus den Augen) ist es unsere letzte Mahlzeit.« Da wurde den Männe$ von den Wächtern vernommen hatten. Das Feuerchen schoß wie eine brennende Kerze plötzlich aus dem Wasser in die Höhe und erlosch wieder nach Verlauf einer Stunde. Wiewohl aber dieses Teichfeuer schon von Alters her den Leuten eine bekannte Sache war und viele Menschen dasselbe mit eigenen Augen gesehen hatten, so wußte doch Niemand genauer anzugeben, wie es sich mit der Sache eigentlich verhielt. Endlich fand sich im Kirchspiel Halljal ein Alter, der in dieser Beziehung nähere Auskunft geben konnte. Seine Aussage lautete so: Viele hundert Jahre vor der Russenzeit lebte in dem festen Schlosse _Borkholm_ ein tapferer Ritter, der als lediger Mann die Haushaltung mit seiner jungen Schwester führte. Der Ritter mußte als Kriegsmann häufig abwesend sein, und so kam es, daß die Schwester mit einem jungen Manne eine Freundschaft schloß, die weiter führte als Beide voraussehen mochten. Als das Fräulein ihres Zustandes so weit inne wurde, daß sie einsah, der Frauenhaube nicht mehr entrathen zu können, entschloß sie sich$ rsuchen und umgekehrt, wie einst Christus, Wein in Wasser zu verwandeln. Sie setzten nämlich für Elsabe Jesus, und wenn im Liede Elsabe ihr Jawort gibt, so modeln sie das in: »Jesus gibt sein Ja auch drein«. Zu dieser Verballhornung hat Jesus sicher sein Ja nicht drein gegeben. Er wird im Himmel sanft gelächelt haben, denn er kennt seine Pfaffenheimer. * * * * * In der Lyrik der Schlesier _Hofmann von Hofmannswaldau_ (1617-1679) und _Daniel Caspar von Lohenstein_ (1635-1683) spielt Venus, prunkvoll aufgeputzt, eine triumphierende Rolle. Wenn sie, wie zuweilen bei Hofmannswaldau, vom Venuswagen steigt, ihr überladenes Geschmeide abtut und ein hübsches Breslauer Bürgermädchen wird, braunhaarig, braunäugig, rotwangig: da wird sie uns lieb und vertraut, wir setzen uns gern zu ihr ins Gras und lassen uns ein ihr zu Ehr und Preis verfertigtes Lied des Herrn von Hofmannswaldau mit leiser Stimme ins Ohr singen. Caspar von Lohenstein huldigte seinerseits neben der Venus den Göttern Mars $ inem Echo seines Herzens verdanken wir die schönsten deutschen Sonette. In Syrakus ist er gestorben, vielleicht, wie er einst sang, im Arme des endlich gefundenen Götterjünglings. * * * * * Es gibt ein Wort: Nur wer wahrhaft schlecht gewesen ist, kann wahrhaft gut werden. Buddha selber muß in einem früheren Leben einmal ein Mörder gewesen sein. Niemand sehnt sich so brennend nach Erlösung wie der Unreine, der Verfehmte, wie der Verbrecher, der seines Verbrechens sich bewußt wird. _Friedrich Hebbel_, ein Bauernsohn aus Dithmarschen (1813-1860), war vielleicht das, was man einen bösen Menschen nennt. Von Dämonen gehetzt brach er, ein verhungerter Wolf, an dem man jede Rippe einzeln zählen konnte, in die Lämmerweide der deutschen Dichtung ein. Jedes Mittel war ihm recht, seinen geistigen Hunger zu stillen. Er schlug Eide in den Wind und verriet Frauen, die ihn liebten, und ohne die er krepiert wäre -- um der Idee zu dienen. Er war ein armer Schächer, ans Kreuz dieses Lebens geschla$ Bett muß.« »Der Fani kommt eigentlich nur aus Leichtsinn um sein Nachtessen, das könnte er ja anders haben, und von den Aufgaben, die du nicht selbst machst, wirst du auch nicht viel profitieren, Elsli«, sagte die Tante. Elsli wurde ganz rot und seine sanften, blauen Augen füllten sich mit großen Tränen. »Ich weiß schon«, sagte es zaghaft; »darum bin ich auch so ungeschickt in der Schule, fast das Ungeschickteste in der ganzen Klasse.« »Nein, nein, das bist du noch lange nicht«, fiel Fred beschützend ein; »du kannst nur deine Aufgaben nie, was wir auswendig lernen müssen und nachlesen, und jetzt weiß ich auch, warum, und wenn dich noch ein einziges Mal einer auslacht, so will ich ihm dann zeigen, mit wem er es zu tun hat.« Auf dem Elsli lag so viel, das ihm schwer machte und ihm weh tat, daß es fast nie recht froh und lustig aussah, wie die anderen Kinder. Auch jetzt schaute es wohl dankbar für seinen Trost den Fred an, aber es kam keine Fröhlichkeit auf sein schmales Gesichtchen; und wie es nun aufstand und$ aß ich meiner Arbeit nach muß, und es muß eben mit den Buben fertig werden, wie es kann. Jetzt sind wir alle gesund, und doch braucht's alle Hände, daß nur jedes sein bißchen Essen bekommt jeden Tag. Was kann ich da viel erleichtern? Kommt einmal wieder Krankheit ins Haus, wie auch schon, da muß ja jedes noch ganz anders dran. Kann ich das ändern? Mich trifft's zuerst. Es weiß eben kein Mensch, wie die Armut tut, der nicht da durchgegangen ist, und ich muß manchmal denken: Unserem Herrgott sind seine Kinder nicht alle gleich lieb.« »Nein, Marget, das müßt Ihr nicht denken«, sagte die Frau Doktorin mit sanftem Ton, denn das schwere Leben der armen Leute ging ihr sehr zu Herzen. »Es gibt noch viel andere Leiden außer der Armut, die noch bitterer weh tun können. Der liebe Gott muß wissen, warum sie uns kommen müssen. Aber ich weiß auch, daß die Armut bitter ist, und es ist mir schwer genug, daß ich nicht überall helfen kann, wie ich möchte.« Die Marget nahm nun ihren Sack zusammen und ging. Mit schwerem Herzen t$ nde Blicke zu den beiden hinübergesandt; jetzt sagte er bedeutsam: »Es gibt auch einen Vogel, er heißt Strauß, #struthio#, der steckt den Kopf vornüber in den Sand hinein, denn er denkt, so sieht ihn der Jäger nicht. Diese Vögel leben in Afrika; bei uns kommen sie nur selten vor und nähren sich von Kartoffelsalat.« Oskar, der eben, mit seinen Gedanken beschäftigt, in seiner Portion Kartoffelsalat herumstocherte, nahm die Beschreibung des Straußes mit ungewohnter Ruhe hin, und der Vater, der jetzt nach ihm hinschaute, lachte ein wenig und sagte: »Den drücken wohl die Festfreuden nieder?« Als aber keine weiteren Nachforschungen erfolgten und das Nachtessen auch ohne alle Nachfragen nach dem Fani vorüberging, standen Oskar und Emmi mit sehr erleichterten Herzen vom Tisch auf, denn wenn auch für Oskar die Gefahr eines sehr empfindlichen Hohnes und für Emmi diejenige eines strengen Tadels nicht vorüberwar, so war doch nun Zeit gewonnen, und da war ja immer die Tante, bei der man neuerdings Rat und Hilfe finden kon$ ten Klemmen[7] in die Leitung übergehen. In ihrem Aufbau sind demnach die Wechselstrommaschinen viel einfacher als die Gleichstrommaschinen. Sie sind zur Erzeugung von Strömen bis zu 10000 Volt Spannung zu benutzen, während man bei den Gleichstrommaschinen nur ausnahmsweise die Spannung höher als etwa 500 Volt treibt. Da durch die Wechselströme nicht das erforderliche konstante Magnetfeld hergestellt werden kann, so muss dies durch eine besondere, aber verhältnismässig kleine Gleichstrommaschine geschehen, die als Erregermaschine bezeichnet wird. Zuweilen hat man auch diese direkt mit der Wechselstrommaschine verbunden, indem[8] man mittels eines auf deren Welle aufgesetzten Kommutators einen entsprechenden Teil des erzeugten Wechselstroms in Gleichstrom verwandelt. Zu den Wechselstrommaschinen gehören auch die Drehstrommaschinen[9], welche drei in ihrer Schwingungsphase gegenseitig um 120° verschobene Wechselströme erzeugen (Dreiphasenmotor). _Transformatoren._ Wichtige Nebenapparate[10] und Ergänzungsmittel$ ützen. In den Hausanlagen selbst werden die Leitungen, die in der Regel durch Umspinnung mit Baumwolle isoliert sind, mittels kleiner isolierender Porzellanrollen an Wänden und Decken befestigt oder durch isolierende Röhren aus Karton[15] oder Hartgummi unterhalb des Wandverputzes[16] und durch die Wände selbst von einem Raume in den andern geführt. Zum Aus- und Einschalten[17] der Lampen und anderer elektrischer Apparate werden Schalter[18] von verschiedenen Formen und Einrichtungen benutzt. Ausser diesen sind noch die Umschalter[19] zu erwähnen, welche dazu dienen, den Strom in einer Leitung auszuschalten und dabei gleichzeitig dafür in eine andere Leitung überzuführen oder seine Richtung umzukehren. Diese Apparate sind mit zwei gegenüberstehenden Kontaktsystemen versehen, so dass der Hebel beim Umlegen das eine Kontaktsystem aus- und dafür das andere einschaltet. _Die elektrische Kraftübertragung._ Der Gleichstrommotor[1] kann bei geeigneter Konstruktion mit einem sehr hohen Wirkungsgrade[2] hergestellt we$ t, weil bei ihm das Verbrechen nicht nur gewohnheitsmäßig und unwiderstehlich und durch unverhältnismäßige Anlässe hervorgerufen erscheint, sondern auch, weil die Neigung zum Verbrechen mit der Entwickelung seiner physischen und psychischen Persönlichkeit wuchs, und er sie erblich überkommen hatte als Ausdruck einer unstäten und krankhaften Naturanlage, so kann man sagen, daß sein Verbrechertum sich in seinen einzelnen Zügen immer durch den Mechanismus epileptischer Momente manifestierte: M... ist ein geborener Verbrecher, der regelmäßig unter der Wirkung epileptischer Anfälle Verbrechen begeht. Er stellt mit einem Wort die Form des gewohnheitsmäßigen epileptischen Verbrechertums dar. Ein Beweis für die epileptische Natur des M... ist die Periodizität, in welcher sich sein krankhaftes Temperament äußert, indem die Zeiten, wo er ganz Zorn, Haß und Rachsucht ist, mit solchen abwechseln, wo er sanft, freundlich, milde, verliebt &c. ist. Aber nicht nur auf Ausdrücke des Temperaments beschränkte sich die psychisch$ r. Damit, das wird jeder einsehen, wird die Frage verschoben, aber nicht gelöst. Es schließt zwar die schlimmsten Verbrecher aus, aber zu viele umfaßt es gar nicht, oder umfaßt sie mit einer Verschärfung der Disziplin. Wenn heute der Verbrecher seine Strafe verbüßt hat, wird er veranlaßt sein, die besondere Behandlung, die er erfährt, als eine Ungerechtigkeit zu betrachten und den Fatalismus der Schuld zu verstärken, von dem die Seiten M...'s voll sind. Er wird als Soldat eine strengere Disziplin und daher mit größter Wahrscheinlichkeit die Bestrafung finden. Ist das gerecht und logisch? Ist im sozialen Leben die moralische oder intellektuelle Inferiorität einer Person nicht eine Entschuldigung für uns? Von einem Bauern verlangen wir gewisse Äußerungen des Zartgefühls nicht, die wir bei einer gebildeten Person fordern; von jenem dulden wir, was bei dieser eine Beleidigung wäre. Wenn man bei einer Spezialdisziplin annimmt, daß diese Individuen Verbrecher sind und wenn man sie nu$ egst du da am ruhigsten, und hast außerdem die beste Pflege, denn was meine Frau ist, die versteht sich auf sowas vorzüglich.« Drewes war das zufrieden, vorausgesetzt, daß anderen Tags sein Wieschen kam, denn die könne er um sich nicht missen, sagte er. Sie kam auch. Der Wulfsbauer machte große Augen, als er sie sah, denn er hatte sie lange nicht gesehen, wenn er auch oft genug auf dem Dreweshofe gewesen war. »Ein Bild von einem Mädchen ist das ja geworden!« dachte er, als sie vor ihm stand und ein um das andere Mal weiß und rot aussehend wurde. »Was hat sie bloß?« dachte er, als er das sah, aber dann kümmerte er sich weiter nicht um sie. Mit ihrem Vater stand es besser, als es zuerst aussah. Die Wulfsbäuerin hatte die Kugel gleich gefunden und herausgenommen, aber dem Engenser gesagt, unter zwei Wochen dürfte er nicht aus dem Bette. »Na, Langeweile sollst du nicht haben,« meinte sie, »erstens hast du ja Wieschen, und wenn ich Zeit habe, will ich dir immer etwas vorlesen.« Das war Drewes sehr zufrieden, denn $ er preußische Minister jede ehrenrührige Zumutung zurück: von der Aufhebung des neuen Gesetzes könne gar nicht die Rede sein. Zugleich wiederholte er unermüdlich in immer neuen Umschreibungen die in der Staatszeitung veröffentlichten Gedanken. Es sei »unmöglich, eine solche Einigung anders als durch allmähliche Vorbereitung und die mühsamste Ausgleichung streitender Interessen bewirkt zu sehen«. Nur Verträge zwischen den Einzelstaaten könnten dem wirtschaftlichen Elend steuern. »Geschieht dieses im Süden wie im Norden von Deutschland, und werden diese Versuche unter der Mitwirkung und Pflege des Bundes gemacht, so läßt es sich wohl denken, daß man auf diesem freilich langsamen, aber vielleicht einzig möglichen Wege dahin gelangen werde, die jetzt bestehenden Scheidewände aus dem Wege zu räumen und in Beziehung auf Handel und Verkehr diejenige Einheit der Gesetzgebung und Verwaltung hervorzubringen, welche ein Verein nebeneinander bestehender freier und besonderer Staaten, wie ihn der Deutsche Bund bildet, irg$ die es kaum fassen konnten, daß die Herren in Berlin sich endlich einmal ihrer Not annahmen. Dann überwies Motz, um mit dem alten Jammer aufzuräumen, alle Rückstände einer besonderen Verwaltung und schloß für das gesamte Domanium neue, billigere Pachtverträge, welche streng eingehalten wurden, aber hunderte von Pächtern vor dem Untergange bewahrten. Mit der Veräußerung der Domänen verfuhr er sehr vorsichtig; nur in Westpreußen und Posen ließ er zahlreiche Vorwerke an deutsche Kolonisten veräußern, »um einen selbständigen und der Regierung anhänglichen Bauernstand zu bilden«. Das Beste blieb doch, daß man nun endlich wußte, woran man war. Nach kaum drei Jahren, am 30. Mai 1828, konnte Motz dem Monarchen berichten, daß statt des gefürchteten Defizits ein reiner Überschuß von 4,4 Millionen erzielt worden sei, der sich nach Eingang der Rückstände auf 7,8 Millionen steigern müsse; 3,245 Millionen waren bereits bar an den Staatsschatz abgeführt, 1,172 Millionen zu außerordentlichen Ausgaben verwendet. Dankbar gest$ ion der Stadt wurde der Tag von Sedan gefeiert, von dem man damals hoffte, daß er den Frieden unmittelbar im Gefolge haben Mitten in dieser Siegesstimmung jährte sich der Todestag Braters und seine Witwe, die da glaubte, der Name ihres Mannes sei vergessen über den Helden des Tages, durfte erfahren, daß dennoch treulich seiner gedacht wurde. In den Münchner Neuesten Nachrichten erschien ein Artikel, der an den Todestag Braters erinnerte und dem wir folgende Sätze entnehmen: »Wenn wir mit jubelnder Begeisterung die Heldentaten unsrer Söhne und Brüder feiern, wenn wir in stolzer Trauer des Muts und der Opfer der Gefallenen gedenken, so werden wir auch des stillen Denkers, des beredten Kämpfers, des treuen Beraters Deutschlands, unseres _Brater_, dankerfüllt uns erinnern, der mitgeholfen, die herrlichen Siege unsrer Tage vorzubereiten und der, wenn auch nicht auf blutigem Schlachtfelde, doch auf dem Felde der Ehre, mitten in seinem deutschen Berufe fiel. Wir aber, und mit uns gewiß alle treuen Anhänger des Forts$ rzustellen, und wie uns die Korrekturbogen in alle Meeresflächen und auf Bergeshöhen verfolgten. Manches werdet ihr gerne gemeinsam lesen, lest auch einmal den Artikel »Gemeinde«, die Ideen oder die Auffassung, die darin niedergelegt sind, sind wohl heutzutage in aller Leute Bewußtsein, aber damals war es eben nicht so, vieles wird jetzt als selbstverständlich betrachtet und hingenommen, was noch vor zehn und zwanzig Jahren verfolgt und fast geächtet wurde... Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie ich es einrichten soll, um mein Haus zu verlassen, ich weiß wahrlich nicht wie ich an eine Reise denken soll. Der neue Zimmerherr ist mir ärgerlich weil er so viel braucht, er hat ein ewiges Geklingel bald um Feuer, bald um Wasser, auch der andere ist mir wieder ärgerlich wegen seiner Unpünktlichkeit, und ich sinne den ganzen Tag, wie ich die Zimmerherrnwirtschaft los kriegen könnte.« Trotz allen Sinnens wurde kein Ausweg gefunden, denn das Haus mußte zu möglic$ hätzbarem Wert, aber sie wußte doch, daß sie nicht immer nötig war, und vertrat jederzeit die Ansicht wenn es irgend tunlich sei, sollte eine Mutter nicht mit verheirateten Kindern gemeinsame Wirtschaft führen. Um so mehr freute sie sich, vorübergehend zu ihnen zu kommen, und genoß das Glück, mit Jubel und Wonne von Kindern und Enkeln empfangen zu werden. Treulich unternahm sie jedes Jahr die Reise nach Württemberg und brachte einige Wochen in Blaubeuren zu. In dem früher erwähnten Album finden wir eine Photographie dieses reizend gelegenen Städtchens und daneben einen Vers, der von Frau Brater sagt, daß sie dreimal dorthin berufen wird »Und sie kriegt zum Lohn jedesmal, so bald sie kommt, Einen Enkelsohn.« So wußte sie es doch, wenn es not tat, immer möglich zu machen, von zu Hause abzukommen, obwohl ihre empfindlichen Augen ihr das Reisen oft zur Qual machten. Einmal schreibt sie nach der Heimreise von Blaubeuren, wo sie unterwegs bei Verwandten Halt gemacht hatte: »Sechs rauchende junge Vettern$ rt, ein erprobter Hungerkünstler und eine medizinische Rarität.... Ich bezweifle, daß eine Änderung eintritt, und werde wohl so nach und nach aushungern. Nun wie Gott will!..... Wieviel Gutes hat Er mir zuteil werden lassen, auch jetzt eine allseitige rührende Teilnahme! Herzlichst und dankbarst grüßt Dich Dein alter Freund und Vetter #E. R.«# In diesen Jahren, da sie eine Trauerbotschaft nach der andern erhielt, gedachte Frau Brater oft eines Verses aus ihrer Mutter Stammbuch: Mein Baum war schattendicht. O Herbstwind, komm und zeige, indem du ihn entlaubst, den Himmel durch die Zweige. Einmal glaubte sie selbst schon am Ziel ihrer Wanderung zu sein. Sie wurde, während sie in Calw bei der Tochter zu Besuch war, von einer heftigen Lungenentzündung befallen. An dieser Krankheit war ihre Mutter gestorben und sie zweifelte nicht, daß es bei ihr den gleichen Ausgang nehmen würde. Aber schon nach wenigen Tagen trat eine Kri$ te mich ihr, -- sie wollte mich Nicht hören; darauf bin ich weit hinweg Gegangen, um sie ja nicht zu erzürnen, -- Nun tadelte sie, daß ich lieblos sei. Sie wird gereizt durch die geringsten Klagen, Und rührende Geduld ermüdet sie. Wer sagt mir einen Ausweg aus dem Wirrwarr? Wenn jemand einen guten Rat mir weiß, Will ich den Segen Allahs ihm erflehn. KAÏS IBN IL MULLAUACH Ich denke unaufhörlich Leïlas Und der verrauschten Jahre. Liebe Freunde, Warum beweint ihr meinen Jammer nicht? Ich möchte Freunde haben, welche weinen, Wenn ich in Tränen bin! Hat Gott die Macht, Zwei Herzen zu vereinen, wenn die Hoffnung, Sie zu vereinen, schon in Asche sank? Von Allahs Fluch getroffen seien jene, Die meinen, daß die Zeit mir Lindrung bringt! Für ewig hängt mein Sinn an Leïla; Ich sehe sie im Geist, wie sie des Abends Die väterlichen Schafe heimwärts treibt. Gott schenkte einem andern Leïla. Mich machte er verrückt nach Leïla, -- Konnt er mir denn nichts Besseres verleihn? Hat$ ber hätten, als sie zu dichten begannen, ihre Verse dem vertrauten Rhythmus des Kamelschritts angeglichen. Vielleicht ist etwas Wahres an dieser Legende, denn die rhythmische Bewegung der verschiedenen Gangarten des Kamels ist dem Araber, der so nahe mit diesem Tiere befreundet ist, immer etwas sehr Vertrautes, vermutlich der vertrauteste äußere Rhythmus gewesen, der sein Ohr erreichte, und noch die Dichter der geschichtlichen Zeit haben sich in poetischer Fiktion mit Vorliebe in die Lage von Wüstenreisenden * * * * * Die arabische Sprache zeigt ein reich entwickeltes Lautsystem, in dem die vielfachen Nuancen der Kehl- und Zischlaute überwiegen. Die Konsonanten spielen eine ungleich wichtigere Rolle als die Vokale, von denen nur a, i und u unterschieden werden, in ihrer Klangfarbe freilich mannigfach schattiert durch die Einwirkung der sie umgebenden Konsonanten. Der Wortschatz des Arabischen ist sehr groß, aber natürlich auf den verhältnismäßig engen Bezirk arabischen Denkens b$ er Welt #Zufall# ist, sondern alles vorausbestimmtes Schicksal. Wen ein Granatsplitter (oder wie das Ding heißt) treffen soll, den kann es mitten im Frieden treffen, wenn es das Schicksal so will. Ich hätte das Jim Boughsleigh auseinandersetzen können, -- aber wozu mit einem Weißen streiten? Wenn ein Weißer merkt, daß er unrecht hat, fängt er an zu schreien, zu prügeln und irgendeine geheime Rache zu brüten. Während ich mich freue, wenn ich einen Klügeren antreffe, der mir von seiner Weisheit mitteilt, ärgert den Weißen nichts ingrimmiger, als wenn er einen Klügeren findet. Der Weiße ist so maßlos eitel, daß er jede Überlegenheit seines Nächsten wie eine persönliche Kränkung empfindet, daß er den faulen Durchschnitt liebt und jeden, der darüber emporragt, mit seinem Haß zu verkleinern sucht. Und daher kommt es, daß in Europa die Dummköpfe das große Wort führen. Ich sparte mir also die Mühe, Jim Boughsleigh aufzuklären darüber, daß es kein alberneres Wort gäbe als das inhaltlose Wort »Zufall«, ich machte wiede$ ts, sondern wandte sich sogleich dem Kranken zu, dessen Geschrei langsam in ein erschöpftes Wimmern überging. Ich stopfte meine Notizen in die Rocktaschen und eilte, den Arzt vom Tagesdienst zu holen. »Soso,« meinte dieser, »der Inder auf Nummer achtundneunzig! Ein böser Fall! Der wird wohl das Ende des Krieges kaum erleben! -- Scheußliche Sache, der Krieg!« Während der Arzt sich erhob, um nach dem Kranken zu sehen, telephonierte ich ein Auto herbei. Merkwürdige Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich diesmal die Reinschrift ausführte. Und öfter als einmal blieb, wenn ich aufsah, mein Blick auf dem Plakat haften, das meine Frau kürzlich einem Hausierer abgekauft und über meinen Schreibtisch genagelt hat, und das in dicken Buchstaben verkündet: »Gott strafe England!« Und ich dachte mir: das unverständliche Gekreisch, das Mister Galgenstrick in seinem Fieberanfall ausgestoßen hatte, wird wohl nichts anderes gewesen sein als eine etwas ausführlichere indische Umschreibung dieses zum geflügelten Worte gewor$ sah sie an, und eine Verszeile fiel ihm ein, deren er sich lange nicht erinnert hatte, und die ihm doch so vertraut und verwandt war: »Ich möchte schlafen, aber du mußt tanzen.« Er kannte sie so gut, die melancholisch-nordische, innig-ungeschickte Schwerfälligkeit der Empfindung, die daraus sprach. Schlafen... Sich danach sehnen, einfach und völlig dem Gefühle leben zu dürfen, das ohne die Verpflichtung, zur Tat und zum Tanz zu werden, süß und träge in sich selber ruht, -- und dennoch tanzen, behend und geistesgegenwärtig den schweren, schweren und gefährlichen Messertanz der Kunst vollführen zu müssen, ohne je ganz des demütigen Widersinnes zu vergessen, der darin lag, tanzen zu müssen, indes man liebte... Auf einmal geriet das Ganze in eine tolle und ausgelassene Bewegung. Die Karrees hatten sich aufgelöst, und springend und gleitend stob alles umher; man beschloß die Quadrille mit einem Galopp. Die Paare flogen zum rasenden Eiltakt der Musik an Tonio Kröger vorüber, chassierend, hastend, einander überholen$ ng derselben, damit weiter keine Hand daran rühren dürfte. Das dazu gebrauchte Petschaft aber ward von mir vor ihrer aller Augen durch das Kajütenfenster in die See geworfen. Da bei dieser Verhandlung alle und jede Behältnisse hatten geöffnet werden müssen, um nachzusehen, ob sie keine Schiffspapiere enthielten, die mir im Sunde oder sonst nötig werden konnten, so erstaunte ich nicht wenig, daß sich hierbei nirgends weder Gelder und Barschaften, noch seine Taschenuhr und silbernen Schuh- und Knieschnallen, noch endlich auch jene vorerwähnten goldenen und silbernen Galanteriewaren vorfinden ließen. Unsere Meinung fiel endlich dahin aus, daß der verunglückte Eigentümer diese Sachen wohl hier und da versteckt haben möchte, um sie vor den gierigen Blicken und langen Fingern der Kapermannschaften zu sichern, die je zuweilen ungelegene Besuche an unserm Borde machten. Allein wie sorgfältig wir auch jeden Winkel der Kajüte durchsuchten, so ließ sich doch nicht die mindeste Spur des Verlorenen entdecken. Des dritten $ m Orte ein neues Schauspiel, indem sie sich zu Hunderten auf den Sunddünen sammelten, um uns abfahren zu sehen; allein das Wetter war schön, der Wind günstig, und Noirmoutiers nach einer ruhigen Fahrt von zwölf bis vierzehn Stunden glücklich wieder erreicht. Hier waren die beiden andern Abgeschickten schon vor mir angelangt und alles hatte uns so gut wie verloren gegeben. Daher mischten sich in ihren herzlichen Willkomm zugleich auch heftige Vorwürfe über meine Tollkühnheit, die sie sehr richtig dem wahren Grunde zuschrieben und worauf ich freilich nur wenig zu erwidern hatte, da ich vollkommen fühlte, wie sehr sie verdient waren. Bei alledem hatte ich doch, wie sich's nunmehr ergab, das vorteilhafteste Geschäft gemacht; nur waren die beiden Königsberger, da sie mich nicht mehr rechneten, kurz zuvor in Noirmoutiers eine neue Verbindlichkeit eingegangen, wodurch sie dort zurückgehalten wurden, wiewohl sie das Muid mit achtzig Livres zu bezahlen genötigt waren. Und doch schlug diese Trennung wiederum zum Glücke$ eugen dieses gräßlichen Schauspieles hatten sein müssen, ohne helfen und retten zu können. Daß es, als ich wieder an Bord kam, an einem tüchtigen, aber auch verdienten Verweise von meinem Kapitän nicht fehlte, kann man sich wohl vorstellen. Gott wird mir jedoch meine Sünde vergeben, da er am besten weiß, daß ich dies Unglück nicht aus Mutwillen, sondern gänzlich wider Wunsch und Willen verschuldet. Merkwürdig ist gleichwohl die Versicherung der Neger, die auch durch den Augenschein bestätigt wird, daß keiner ihresgleichen von diesen Haien etwas zu fürchten habe. Wird das Fleisch auch nicht gegessen, so macht man doch zuzeiten zum Vergnügen Jagd auf die Haifische, und dazu bedarf es nur eines tüchtigen Hakens von irgend einem Kistengehänge, den man an eine starke Leine befestigt, an der Spitze aber mit einem Stücke Speck und dergleichen ködert. Kaum hat er das Wasser erreicht, so hat auch bereits ein Haifisch wütend angebissen, der dann emporgezogen und auf dem Verdecke vollends getötet wird. * * $ er vier Augen zeigte er mir ein kleines Päckchen vor und sagte, es sei mit rohen Diamanten angefüllt, die in Amsterdam geschliffen werden sollten. Sein Wunsch sei, mir diesen Schatz auf mein ehrliches Angesicht zur Überbringung dahin anzuvertrauen. Es seien dabei, nach Usance, hundertfünfzehn holländische Gulden Fracht für mich zu verdienen; ich müsse aber das Päckchen unablässig an meinem Leibe tragen und mein Schiffsvolk davon durchaus nichts ahnen lassen, sowie mir denn noch eine Menge anderer Vorsichtsmaßregeln eingeprägt wurden. Die Sache schien mir leicht und der angebotene Gewinn wohl mitzunehmen. Ich versprach, den Tag vor meiner Abreise jenes kostbare Päckchen in Empfang zu nehmen. Demzufolge ward es mir denn auch angesichts des Konsuls in meine Uhrtasche eingenäht und sodann ein Konnossement über richtigen Empfang vorgelegt, das ich zu unterzeichnen hatte. Dies geschah auch mit leichtem Herzen; allein in eben dem Augenblicke, da ich über die Schwelle des Hauses meinen Rückweg nahm, ging auch meine h$ tigt waren, ließ sich der Kommandant vom Hauptmann v. Waldenfels bewegen, uns in Gesellschaft des letzteren, des (Gott erbarme sich's!) Ingenieur-Kapitäns Düring und einiger andern dort auf dem Platze zu besuchen. Es war seit der ganzen Zeit das erste Mal, daß er sich außer den Toren der Stadt blicken ließ. Anstatt uns aber in unserm Fleiße durch irgendein freundliches Wort aufzumuntern, machte er unser Vornehmen mit spöttischem Lachen als Kinderspiel verächtlich. Indem aber noch weiter unter den Herren von der Haltbarkeit der Festung hin und her gesprochen wurde und die Meinungen verschieden ausfielen, konnte ich mein Herzpochen nicht länger zähmen, sondern nahm das Wort und rief: »Meine Herren, Kolberg _kann_ und _muß_ dem Könige erhalten werden; es koste was es wolle! Wir haben Brot und Waffen, und was uns noch fehlt, wird uns zur See zugeführt werden. Wir Bürger sind alle für einen Mann entschlossen, und wenn auch all unsre Häuser zu Schutthaufen würden, die Festung nicht übergeben zu lassen. Und hörten e$ r und zermürbte seine Wände. Keine neue Revolution kann uns die Arbeit erleichtern, denn die Zerstörung ist da, wir brauchen sie nicht zu rufen. Was gefordert wird, ist Arbeit, langsamer, heiliger Neubau, Dombau. Aus tiefen, geheiligten Herzen und neuem Geist. Nicht aus der Frechheit, die sagt: Laßt mich nur, ich bin schlau und vernünftig, ich will einmal versuchen. Nicht aus satter Interessiertheit, die sagt: Wir werden alles reparieren. Nicht aus Stumpfheit und bürgerlicher Blöde, die sagt: Kommt Zeit, kommt Rat. Die Schicksalsstunde webt nicht über Schlachten und Konferenzen, Brand und Löschung, sondern über der Bauhütte, über ihren Meistern und Gesellen, dem Geheimnis ihres Grund- und Aufrisses und dem Geist ihrer Gemeinschaft. Der entscheidet die Jahrhunderte, deshalb haben wir vom Geist zu reden. Mit euch, Deutschlands Jugend, will ich reden. Den Genossen meines Alters habe ich nicht mehr viel zu sagen. Mein Herz habe ich vor ihnen ausgeschüttet, mein Glauben und Schauen, Vertrauen und Sorgen ihnen vor $ ungen, in der Verfilzung der Staatseinrichtungen -- wo sind noch Ansätze möglich für die Keimkräfte des neuen, reinen, freien Lebens? Kann es außerhalb einer politisch beeinflußten Tagesmeinung überhaupt noch eine geistige deutsche Überzeugung geben? Wenn deutsche Gedanken entständen, wirkliche Gedanken des Geistes und Herzens, Ideen, nicht Forderungen alltäglicher Nützlichkeit noch gehässiger Zeitungs- und Versammlungsdunst --, können solche Gedanken in Deutschland noch Träger und Verwirklicher finden? Ist unser Volk einer nicht bloß herkömmlichen, nicht bloß interessierten, nicht bloß agitatorischen Anschauung noch fähig? Was sind überhaupt die Voraussetzungen für die Möglichkeit einer deutschen Anschauung? Und sind sie verwirklichbar? Die erste Prüfung endet freilich schlimm. In keinem Lande der Erde wird soviel wie bei uns von Anschauung, Weltanschauung, Kultur und Ideal geredet. Das kommt daher, daß wir in der vormechanistischen Epoche eine wundervolle Blüte des Geistes erlebt haben. Das war in einem kle$ zu verbringen. Als ich zur Haustür hinaustrat, lag das Dorf im Nebel. Er stand dick, wie eine Mauer, nach allen Seiten hin und regte sich nicht. Ich war überrascht. So massig und leblos hatte ich ihn noch nicht gesehen. Aus den einzelnen Häusern in der Nähe schimmerten die abendlichen Lichter, blutrot und trübe, von einem Dunstkreis umgeben. Ich tappte, halb aufs Geratewohl, vorwärts und langte endlich bei dem Wirtshaus an. Als ich aber die Tür öffnete und eintreten wollte, bemerkte ich, daß es das Wirtshaus gar nicht war. Der Nebel hatte mir einen Streich gespielt, ich war fehlgegangen. Und ich hätte doch, als ich das Haus so vor mir hatte liegen sehen, wetten mögen, daß es der Gasthof gewesen sei. Ein Kind des betreffenden Hauses brachte mich in die Wirtschaft hinüber, wo der Arzt und der Förster schon auf mich warteten. Es war noch ein dritter Mensch bei ihnen, ein Geschäftsreisender, der das Dorf gerade passierte. Die Männer rauchten Zigarren, nur der Förster Tabak aus einer Handpfeife mit grünem Porzella$ esehen hatte. Paul und Fridolin saßen plaudernd im Zuge, der sie nach Norden trug. Sie ergingen sich in bunten Erinnerungen, und die Tage ihrer Kindheit standen so klar vor ihnen auf, als hätten sie sie gestern erst preisgegeben. Fridolin blickte durch das geöffnete Fenster des Zuges, durch das die Sonne hereinkam, in die vorüberfliegende Landschaft. Er war überrascht von dem, was er sah. Er hatte gemeint, auf dieser Reise in die ödesten Bezirke zu geraten, und nun sah er sich unvermutet von einer Natur umgeben, die mit seinem landschaftlichen Fühlen im schönsten Einklang stand. Ein wundervoll blauer Himmel lag über der Erde, und die Strahlen der lange entbehrten Sonne umwoben jedes Ding mit einem goldhaltigen Schimmer. Braune Heideflächen, aus denen einzelne Birken, von dem ersten Glanz des kommenden Laubes verklärt, hervorragten, wechselten mit kleinen Nadelwäldern, Ackerstreifen und fetten Wiesen ab. Dann flog der Zug an Mooren vorbei, in deren schwarzen Lachen die Sonne wie bleiches Silber lag. Aufgeschic$ rreicher, glatter Mittelnerv stark geschrumpft und seine Intercellularen beinahe wasserfrei. Dagegen waren die noch mit ihren Stielen versehenen Blätter, sowie die von der Spreite getrennten Stiele äusserlich ganz unverändert. Am 11. November musste, wegen bevorstehender Abreise, der Versuch abgeschlossen werden. Die Objekte waren straff und frisch, mit Ausnahme der stiellosen Spreiten, die beinahe vertrocknet waren. Das Aufschneiden der Stiele ergab, dass diejenigen, welche an Spreiten geblieben waren, sehr grosse Luftblasen enthielten, während in den losen Stielen solche wohl auch vorhanden, aber von viel geringeren Dimensionen waren. In dem einen Stiel fehlten die Luftblasen sogar ganz. Der Versuch stellte also die Bedeutung der Wasseraufspeicherung im Stiel für die Deckung der Transpiration über jeden Zweifel. 5. Auch die epiphytischen Orchideen zeigen meist Einrichtungen zum Aufsammeln des Wassers. Theils sind die Blätter mit einem mächtig entwickelten und oft sehr eigenartigen wasserspeichernden Gewebe $ Endodermis ist stark cuticularisirt und mit engen, nicht cuticularisirten Durchgangsstellen versehen. Unter der schuetzenden Schicht befindet sich gruenes Gewebe, in welchem Wasserzellen zerstreut liegen. Die Mitte ist, der haengenden Lebensweise entsprechend, von einem sehr festen Strange von Sklerenchymfasern eingenommen, in welchem das aeusserst reducirte Leitgewebe eingeschlossen ist. Waeren nur solche Faelle extremer Anpassung, wie wir sie bei Aeranthus- und Tillandsia-Arten kennen lernten, vorhanden, so wuerde es kaum moeglich erscheinen, dieselben auf allmaehliche Veraenderung urspruenglich normal gestalteter und normal sich ernaehrender Bodengewaechse zurueckzufuehren. Thatsaechlich sind aber alle Stufen der Anpassung noch vorhanden; die spaerlichen Absorptionsschuppen terrestrischer Pitcairnia-Arten, die kaum angedeutete Velamenbildung bei vielen terrestrischen und epiphytischen Araceen, stellen die Anfangsstufe dar; zwischen diesen und den vollkommensten Anpassungen sind noch alle moeglichen Ueberg$ , denn ich will es ohnedies besteigen. Kommen Sie doch hierher, hinter die Mauer, aber gleich und lassen Sie mich den Kaftan umlegen.« »Bist du wahnsinnig?« »Ich habe alles bedacht, als ich daheim hörte, wohin man Sie schickt. Wenn Sie dahingehen, so tötet man Sie, oder schleppt Sie in die Sklaverei, nicht?« »Du sagst es, Czinna!... Aber es ist ganz wundersam, daß du hier Er blickte sie verwirrt an und schien sich an ihr nicht sattsehen zu »Wenn man Sie tötet, dann giebt es kaum mehr ein Auferstehen.« »Na, das ist wohl wahr.« »Keine Späße jetzt! Sie sind ein schrecklicher Mensch! Schleppt man Sie aber weg, so wird Sie gewiß niemand auslösen. Die Senatoren würden es auch verhindern.« Max biß sich in die Lippen. »Wenn aber ich hingehe und mich als Lestyák ausgebe und sie mich umbringen wollen, werden sie bemerken, daß ich eine Frau bin und den Frauen thun die Tartaren nichts zu Leide, dann können Sie mich auslösen; wenn sie mich aber nur gefangen mitnehmen, dann können Sie mich um so eher als Lestyák auslösen. $ des Tages, Verachtung der alten guten Sitte den Freiheiten des Landes gefährlicher als selbst sein Vater Philipp; sie dagegen seien Freunde des Landes und aus jenem Geschlecht, das zu aller Zeit die alte Sitte aufrechtzuerhalten gestrebt habe; ergraut unter den Makedonen, mit den Wünschen des Volkes vertraut, dem großen Könige in Susa befreundet, könnten sie allein das Land vor dessen Zorn schützen, wenn er Genugtuung für den tollkühn begonnenen Krieg Philipps zu fordern komme; zum Glück sei das Land durch die Hand ihres Freundes früh genug von einem Könige befreit, der das Recht, der des Volkes Wohl, der Schwüre und Tugend für nichts geachtet habe. So die Parteien; aber das Volk haßte die Königsmörder und fürchtete den Krieg nicht; es vergaß Kleopatras Sohn, da der Vertreter seiner Partei fern war; es kannte den Sohn des Perdikkas nicht, dessen Tatlosigkeit Beweis genug für seine Unfähigkeit schien. Auf Alexanders Seite war alles Recht und die Teilnahme, welche unverdiente Kränkungen erwecken, außerdem der R$ ach der Beendigung des Feldzuges im Norden nur nötig schien, die Punkte, die den Übergang nach Asien deckten, gleichsam als Brückenkopf festzuhalten; und mit der Flotte zur Seite genügte dazu eine geringere Truppenzahl in Rhoiteion und vielleicht Abydos. Um so auffallender dann, daß Memnon, der ein vorzüglicher Feldherr war, nicht schärfer drängte, die ganze Küste zu säubern; die Satrapen warfen ihm späterhin vor, daß er, um sich unentbehrlich zu machen, den Krieg zu verlängern suche; entweder das, oder die Eifersucht der Satrapen entzog ihm die Mittel, mehr zu tun. Mit dem Frühling 334 war die Flotte des Großkönigs zum Aussegeln bereit; es war an die Satrapen und Befehlshaber in Kleinasien Befehl gesandt, nach der Küste vorzurücken und den Makedonen an der Schwelle Asiens die Spitze zu bieten. In der Ebene von Zeleia versammelte sich diese Kriegsmacht, 20 000 Mann persische, baktrische, medische, hyrkanische, paphlagonische Reiter und ebenso viele griechische Söldner, ein Heer, das, wie es sich demnächst zei$ Phrygien am Hellespont, der zunächst bedrohten Landschaft, Spithridates, Satrap von Lydien und Ionien, Atizyes, Satrap von Großphrygien, Mithrobuzanes, Hyparch von Kappadokien, der Perser Omares und andere persische Große. Unzweifelhaft war unter diesen Memnon der bewährteste, wenn nicht der einzige Feldherr; doch als Grieche und Liebling des Königs verhaßt, hatte er im Kriegsrate weniger Einfluß, als für die persische Sache zu wünschen gewesen wäre. Während dieser Rüstungen in Kleinasien war Alexander mit den seinigen so weit gediehen, daß er mit dem Anfang des Frühlings 334 aufbrechen konnte. Er zog über Amphipolis am Strymon längs der Küste über Abdera, Maroneia, Kardia; am zwanzigsten Tage war er in Sestos. Schon lag seine Flotte im Hellespont. Parmenion erhielt den Befehl, die Reiterei und den größeren Teil des Fußvolks von Sestos nach Abydos zu führen. Mit dem übrigen Fußvolk ging der König nach Elaius, den troischen Gestaden gegenüber, auf dem Grabhügel des Protesilaos, des ersten Helden, der im Krieg$ Es galt, für eine lange Abwesenheit von den westlichen Landen Fürsorge zu treffen. Bis auf Sparta und Kreta war in Hellas alles in Ruhe; nur daß noch zahlreiche Seeräuber, die Nachwirkung der persischen Unternehmungen, die Meere unsicher machten. Amphoteros erhielt Befehl, die Austreibung der spartanischen und persischen Besatzungen aus Kreta zu beschleunigen, dann auf die Seeräuber Jagd zu machen, den Peloponnesiern, die etwa von Sparta aus bedrängt werden könnten, Hilfe und Schutz zu bieten; die Cyprier und Phoinikier wurden angewiesen, ihm hundert Schiffe nach dem Peloponnes nachzusenden. Zu gleicher Zeit wurden einige Veränderungen in der Verwaltung der bisher unterworfenen Länder vorgenommen; es wurde nach Lydien an die Stelle des Satrapen Asandros, der auf Werbung nach Griechenland ging, der Magnesier Menandros von den Hetären gesandt, an dessen Stelle Klearchos den Befehl über die fremden Völker erhielt; es wurde die Satrapie Syriens von Memnon, der nicht mit der gehörigen Sorgfalt für die Bedürfnisse$ dem großen Könige persönlich seine Huldigung zu bringen, da bei der freundlichen Aufnahme, die Spitamenes unter den ihm benachbarten Massageten gefunden hatte, er selbst leicht verdächtigt werden konnte; er herrschte über das Land des unteren Oxus und versicherte, Nachbar des kolchischen Stammes und des Weibervolkes der Amazonen zu sein; er erbot sich, wenn Alexander einen Feldzug gegen die Kolchier und Amazonen zu unternehmen und die Unterwerfung des Landes bis zum Pontos Euxinus zu versuchen geneigt sei, ihm die Wege zu zeigen und für die Bedürfnisse des Heeres auf diesem Zuge zu sorgen. Alexanders Antwort auf diese Anträge läßt einen Blick in den weiteren Zusammenhang seiner Pläne tun, die, so kühn sie auch sind, von der merkwürdigen Einsicht in das geographische Verhältnis der verschiedenen Länderstrecken, von deren Dasein durch seine Züge die erste Kunde verbreitet wurde, das sicherste Zeugnis ablegen. Er hatte sich bereits durch den Augenschein und durch die Berichte seiner Gesandtschaft und der Eingeb$ nder politischer Zersplitterung und religiöser Verwirrung, untereinander ohne andere Gemeinschaft als die der gegenseitigen Eifersucht und des steten Wechsels von treulosen Bündnissen und selbstsüchtigen Alexander hatte mit der Unterwerfung des sogdianischen Landes die Besitznahme des Perserreiches vollendet; die Satrapie des Paropamisos, die er im Jahre 329 besetzt, in der er Alexandreia am Kaukasus gegründet hatte, war zum Ausgangspunkte des Zuges nach Indien bestimmt. Der militärisch-politische Gedanke dieses Kriegszuges wird in unseren Quellen nicht angegeben; er wird sich aus dem Zusammenhang der weiteren Ereignisse hinlänglich ergeben. Alexander hatte bereits über den Indus hinaus mehrfache Verbindungen; namentlich die mit dem Fürsten Taxila (Takschaçila) waren von großer Bedeutung. Dessen Königreich lag auf dem Ostufer des Indus, der Mündung des Kophen gegenüber; es erstreckte sich ostwärts nach dem Hydaspes (Vitasta) in einer Ausdehnung, die man der der ägyptischen Statthalterschaft gleichschätzte. De$ n, in Ekbatana, Babylon, Ägypten usw. stehen, wenn schon es wahrscheinlich ist, daß namentlich die Westsatrapien nicht von der großen Armee, sondern aus Europa ihre Besatzungen ergänzten. Für den indischen Feldzug hatte der König aus den streitbaren Völkern der arianischen und oxianischen Lande sein Heer verstärkt. Daß auch Phönikier, Kyprier, Ägypter in bedeutender Zahl beim Heere waren, zeigt sich demnächst bei der Ausrüstung der Indusflotte. Die Stärke des Heeres um die Zeit, als es den Indus hinabzog, betrug nach zuverlässiger Angabe 120 000 Mannen[13]. [13] Siehe dazu die Anmerkung am Schluß. Man sieht, dem Material nach war dies Heer schon nicht mehr ein hellenisch-makedonisches, wohl aber der Organisation nach; und die Tatsache, daß die folgenden Feldzüge mit diesem Heer geführt sind, gestattet auf die feste Disziplin, auf die Armeeverwaltung und deren Organisation, auf die Autorität der Befehlenden, vor allem auf den militärischen Geist und die vollendete Tüchtigkeit des Offizierkorps sichere Schl$ er wußte bis in das feindliche Lager das Gerücht zu verbreiten, daß er in dieser Jahreszeit den Flußübergang allerdings für unmöglich halte, das Ende der Regenzeit abwarten wolle, um wenn das Wasser gefallen sei, den Angriff über den Strom hin zu versuchen. Zu gleicher Zeit aber mußten die Bewegungen der makedonischen Reiterei, das Auf- und Abfahren stark bemannter Boote, das wiederholte Ausrücken der Phalangen, die trotz der heftigsten Regengüsse oft stundenlang unter den Waffen und wie zum Kämpfen bereitstanden, den Fürsten Poros in steter Besorgnis vor einem plötzlichen Angriff halten; ein paar Inseln im Flusse gaben Veranlassung zu kleinen Gefechten; es schien, als ob sie, sobald es zum ernsteren Kampfe käme, von entscheidender Wichtigkeit werden müßten. Indes erfuhr Alexander, daß Abisares von Kaschmir, trotz aller neuerdings wiederholten Versicherungen seiner Ergebenheit, nicht bloß heimlich Verbindungen mit Poros unterhalte, sondern bereits mit seiner ganzen Macht heranrücke, um sich mit demselben zu v$ e Gesandtschaft, bestehend aus den Befehlshabern der Städte, den Herren der Landschaft und einhundertundfünfzig der Vornehmen des Landes, kamen mit reichen Geschenken, zu allem, was der König fordern würde, bevollmächtigt; sie sagten, daß sie nicht schon eher vor dem Könige erschienen, sei ihnen zu verzeihen, da sie mehr noch als irgendein anderes Volk Indiens ihre Freiheit liebten, die sie seit undenklichen Zeiten, seit dem Zuge des Gottes, den die Griechen Dionysos nennen, bewahrt hätten; dem Alexandros aber -- denn er solle ja von den Göttern stammen, und seine Taten seien Beweis dafür -- unterwürfen sie sich gern und seien bereit, einen Satrapen, den er setzen werde, aufzunehmen, Tribut zu zahlen und Geiseln zu stellen, so viele der König verlangen würde. Er verlangte tausend der Edelsten des Volkes, die, wenn er wolle, ihm als Geiseln folgen oder den Krieg bis zur Unterwerfung der noch übrigen Landschaften Indiens mitmachen sollten. Die Oxydraker stellten die Tausend, sandten außerdem freiwillig fünfhund$ , 6, 8 abgesetzt wird, weil er nicht die nötige Fürsorge für die Verpflegung des Heeres beim Marsch von Ägypten nach dem Euphrat gehabt hat. Nach Curtius (IV, 5, 9) hat Parmenion bei seinem Abmarsch aus Damaskos nach Dyros dem Andromachos den Befehl in Syrien übergeben; nach IV, 8, 9 erfährt Alexander bei seinem Abmarsch aus Ägypten, daß die Samaritaner Andromachos umgebracht haben; er straft sie und bestellt Menon zu dessen Nachfolger; eine Angabe, die dem Arrian gegenüber nicht bestehen kann. Nach Eusebius #Chr. II, 114 ed.# Schöne (zum Jahr 1680 #a. A.# d. i. Ol. 111, 1, bei Hier. zum Jahr 1685 #a. A.# d. i. Ol. 112, 1) hat Alexander bei diesem Anlaß die Makedonen in Samaria angesiedelt (+tên Samareian polin helôn Makedonas en autê katôkise+), nach S. 118 ist es geschehen, als Perdikkas Reichsverweser war: #Samaritanorum urbem a Perdicca constructam#, oder nach Petermann #incolis frequentatam#. Kurz die sämtlichen, auf Jerusalem und Samaria bezüglichen Angaben sind so widersprechend, daß man darauf verzich$ nnte Phalanx war. Philippos, des Machatas Sohn, ist bereits vor der Schlacht am Hydaspes zum Satrapen in Indien bestellt, und wenn derselbe Philippos der Strateg jener Taxis war, so hat sie dann wohl einen anderen Strategen erhalten; vielleicht Peithon des Krateuas Sohn (VI, 6, 1: +tôn pezetairôn poloumenôn tên Peithônos taxin+). -- Die Formation der makedonischen Ritterschaften der Hetären hat sich seit 330 mehr und mehr erweitert; nach Arrian (VI, 22, 7) zählt das Heer außer dem Agema der Ritterschaft acht Hipparchien, von deren Führern fünf gelegentlich genannt werden: Hephaistion, Perdikkas, Demetrios (V, 12, 2), Kleitos (VI, 6, 4), Krateros (V, 11, 3). Das Agema führt Koinos (V, 16, 3). Die Stärke dieser Hyparchien läßt sich aus der Schlacht am Hydaspes so weit bestimmen, daß deren vier mit den sogdischen, baktrischen, skythischen Reitern und den 1000 dahischen Bogenschützen zu Pferd (#Arr.# V, 16, 4) 5000 waren (V, 14, 1). Wenn in dieser Schlacht von den Hetären 20, von den Barbaren 200 gefallen sind (#$ kt er und lächelt. Aber da fühlt er, daß Augen ihn halten und erkennt Männer und weiß, daß es die heidnischen Hunde sind --: und wirft sein Pferd mitten hinein. Aber, als es jetzt hinter ihm zusammenschlägt, sind es doch wieder Gärten, und die sechzehn runden Säbel, die auf ihn zuspringen, Strahl um Strahl, sind ein Fest. Eine lachende Wasserkunst. Der Waffenrock ist im Schlosse verbrannt, der Brief und das Rosenblatt einer fremden Frau. -- Im nächsten Frühjahr (es kam traurig und kalt) ritt ein Kurier des Freiherrn von Pirovano langsam in Langenau ein. Dort hat er eine alte Frau weinen sehen. Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net Anmerkung: Gegenüber dem Originaltext wurden folgende Änderungen vorgenommen: Im Original fett gedruckte Passagen sind hier mit "=" gekennzeichnet. Passagen, die im Original nicht in Fraktur gedruckt waren, sind hier mit "+" gekennzeichnet. Passagen, die im Originaltext gesperrt gedruckt waren, sind hier mit "_" gekennzeichnet. I$ er Gedanke _gegeben_ werden. Und das geschieht eben durch die Eingebung oder Inspiration. Sie ist, wie ersichtlich, von dem Blicke des Geistes, durch den wir das Wesen, den Kern der Sache erfassen, verschieden. Dieser Blick orientiert sich an der äussern Erscheinung des Wesens, er ist durch sie bedingt und wird durch sie bestimmt, obgleich er sozusagen durch sie hindurchdringt und über sie hinausgeht. Die Inspiration oder Eingebung hingegen ist ein objektiver Zustand, der ohne unser Zuthun zustande kommt, dem gegenüber wir uns leidend verhalten. Sie setzt natürlich in uns eine Empfänglichkeit voraus, die mannigfach vermittelt ist; ihre Auffassung hängt darum von einer bestimmten Entwicklung des Bewusstseins ab. Man kann die Inspiration mit dem Einleuchten der Zusammengehörigkeit vergleichen und muss dann die Auffassung der Inspiration mit der Einsicht zusammenstellen. Auch bei der Eingebung handelt es sich um Zusammenhänge, um Zusammengehörigkeiten, freilich andrer, höherer Art als bei dem Einleuchten, wie si$ nter den Merkmalen S. 8, -- wesentliche und unwesentliche S. 6--7, 46, -- begriffliche und sinnfaellige S. 10 ff. *Metaphysik* vermeintliche Grundvoraussetzung das Ding an sich S. VI, Scheu vor der Metaphysik S. VI, Begriff der Wahrheit ist Metaphysik S. 87. *Metaphysische Bedeutung* des Erkennens S. VI. *Methode psychologische*, Isolierung der Empfindungen vom Koerper S. 54, der Bewusstseinsvorgaenge von einander S. 60. *Mill, Stuart* S. 54, 52. *Mittelalterliche* Philosophie S. 1, 54. *Mitgeteilte* Urteile keine selbstgefaellten S. 70--71. *Mitte* zwischen Bejahen und Verneinen ausgeschlossen fuer das Einzelwirkliche S. 29. *Nacheinander* in der Zeit ausgeschlossen durch den Uebergang S. 48. *Namenwissen* blosse Kenntnis S. 65--66. *Namentliches* begriffliches Wissen eigentliches Wissen S. 59. *Natur* Wissenschaft der Natur S. 57--58, Erkenntniswert geringer als der der Geschichte S. VI, 73, 76, Auffassung der Natur mechanische S. 75, Auffassung der Natur doppelte unverifizierbare S. 74, 81. *Natura non fac$ te 7 Zeile 13 lies statt Unveraenderliche *Veraenderliche* (Diese Anmerkung erscheint im Original auf Seite XVIII und wurde in der Gutenberg-Fassung beruecksichtigt). Auf den (Original-)Seiten XIII, 75, 90 und 91 wurden die Anfangsbuchstaben 'Ue' zu 'Ue' komprimiert. Es folgen paarweise Textzeilen im Original und in der vorliegenden geaenderten Fassung. sondern auch allem Vergaenglichen, Unveraenderlichen so entgegengesetzte sondern auch allem Vergaenglichen, Veraenderlichen so entgegengesetzte nicht enbehren koennen. Um ihn zu vermeiden, mussten wir nicht entbehren koennen. Um ihn zu vermeiden, mussten wir einer vermeinlichen Einsicht und eines vermeintlichen Einleuchtens einer vermeintlichen Einsicht und eines vermeintlichen Einleuchtens ein solcher Notwendigkeitszusammenhang des Zusammengegehoerigen ein solcher Notwendigkeitszusammenhang des Zusammengehoerigen reden, aber man darf eben nur dies mit dem Enthaltensein gegegebene reden, aber man darf eben nur dies mit dem Enthaltensein gegebene auch zum Seien$ as nicht schwer!« »Still!« rief Maggie. »Ich sage dir ja, ich nehme alles auf mich. Du bleibst natürlich unsere weiße Lilie und blühst uns wieder auf und ... Gute Nacht, liebes Kind!« * * * * * Am Morgen hatte das Wetter sich ausgetobt. Über die bunten Laubbäume strichen gelbe Sonnenbahnen. Grauweiße Wolken ballten und jagten sich hoch oben, und klar, tiefblau leuchtete der Himmel dahinter vor. Weit ins Land hinein wogte das grüne Waldmeer. Herbe Duftwellen schwangen sich von ihm durch die Luft. Gertrud sah froh hinunter. »Der alte, geliebte Blick ins Grüne und der Harzgeruch. Man fühlt ordentlich, daß man hier gesund werden muß.« »Oder krank vor Langeweile, wenn man gesund ist,« meinte Maggie. »Nun komm, unten gibt es Neuigkeiten. Einen Eilbrief von Laukischken.« Gertruds Gesicht nahm die gewohnte, schwermütig hilflose Färbung an. »Mein Gott! Mein Gott!« In der Eßstube saß der Oberförster mit sorgenvollem, verärgertem Gesicht am Kaffeetisch. Er streckte den Töchtern einen Brief$ eit doch noch morgens und abends betete. In einem Augenblick besonders starker Gewissensangst, in dem sie ihre ganze Heiratsidee verwünschte, setzte sie sich an den Schreibtisch und schrieb ein paar Zeilen nach Romitten, in denen sie den »Freund« bat, Gertruds wegen herüberzukommen. Dann nahm sie das Kursbuch in die Hand und rechnete aus, wann Kurt eintreffen könne. Darüber versäumte sie, den Brief abzuschicken. Aber dennoch war ihr, als könnte sie nun Gertrud leichter in die Augen sehen, und sie ging hinein. Gertrud saß wie vorhin da, mit großen, stillen Augen auf den Fahrweg Sie war überirdisch schön, ganz ohne verhärmten oder verängstigten Ausdruck in dem reinen Gesicht. »Wie eine Tote,« dachte Maggie und trat zitternd näher. »Was willst du?« Maggie kauerte sich auf die weißen Felle an Gertruds Stuhl. »Trude, ich hab' an Seckersdorf geschrieben. Soll er kommen?« Gertrud hob den Kopf, der dadurch in einen Sonnenstreifen geriet und selbst zu leuchten schien. »Warum?« fragte sie. »Um ihm Gelegenheit zu einer $ . Sie sprang auf Gertrud zu und streckte ihr die Hand entgegen. Es wollte aus ihr hervorsprudeln: »Glaub' uns doch nicht, wir betrügen dich ja. Aber ich will nun nicht mehr -- komm -- komm ...« Ein guter Blick von Gertrud, und sie hätte das alles gesagt und die Schwester in ihren Schutz genommen. Aber Gertrud sah an ihr vorbei und nahm die gebotene Hand nicht. Da packte sie ebenso schnell Zorn und Verachtung gegen so viel Hochmut und Einfalt, die sie doch eben noch Reinheit und Stolz genannt hatte, und sie sah Gertrud so böse an, daß diese zusammenschauerte. »Ich geh' schon,« murmelte sie und eilte nach der Tür. Der Vater wollte sie zurückhalten, aber sie achtete nicht darauf. Sie hatte sich aus dem schweren Nervenanfall, der sie in die trostlose Willenlosigkeit versetzt hatte, ein wenig aufgerafft, so weit, daß sie sich sagte: »Ich muß fort von hier, ehe Kurt kommt. Und da ich nun nach dem, was ich von Hans und Maggie erfahren, weiß, daß keiner mir helfen wird, muß ich allein sorgen.« Geld hatte sie vorläufi$ and aus der meinen und richtete sich auf. >Frau Pfarrer,< sagte sie und schaute mich mit einem Blick an, den ich nie vergessen werde, >Frau Pfarrer, Sie müssen mir helfen, daß ich hinüber komme. Ich muß die Barbara heimholen.< -- -- Was dem feinen, hellen Kinde nie gelungen, hatte jetzt das arme, sieche erreicht: das Herz der Mutter war erwacht. Und die Frau blieb ihrem Entschlusse treu, auch als ihr mein Mann mit klaren Worten die Schwere ihres Unternehmens gezeigt. Sie scheute weder die Auslagen noch die Beschwerlichkeiten der Reise. Sie schreckte auch nicht zurück vor den Schwierigkeiten des Zusammenlebens mit ihrer Tochter. Für mich waren diese Wochen voller Wunder. Ach, nie mehr wollte ich über einen Menschen das Urteil fällen: so und so ist er und so und so bleibt er. War mir diese Frau nicht all die Jahre hindurch stumpf und gleichgültig erschienen? Hatte ich ihr nicht gezürnt, weil sie ihre Kinder vernachlässigte und ewig in Streit lebte? Und nun brach aus diesem Herzen eine Liebesfülle, die mich besc$ verstand alles, Tante Ursula hatte immer Zeit. Und ihr ganzes Zimmer war voller Köstlichkeiten, die ich wieder und wieder bestaunte, und über die wir uns immer aufs neue unterhielten. Alle Alltagsgeräte, die drunten bei uns nüchtern und seelenlos dreinsahen, hatten hier oben ein Gesicht, erzählten eine Geschichte, und ich war fest überzeugt, daß dies einzig und allein von Tante Ursulas Einfluß herrühre. Der »Ofentapper« drohte als große schwarze Hand hinter dem Ofen hervor, die Zündhölzer kamen in einem Schlitten angefahren. Auf dem Stuhlkissen stolzierten sieben schwarze Raben, die trugen goldene Kronen auf dem Kopf, und aus dem Fußschemel blühten Rosen und Vergißmeinnicht. Auf dem Rouleau war ein See, drauf schwammen weiße Schwäne, deren einer sicher das häßliche junge Entlein gewesen. Ganz herrlich aber war Tante Ursulas Lampenschirm. Eine ganze Stadt sah man da mit hellerleuchteten Fenstern. Einige Häuser hatten grüne oder rote, andere goldgelbe Scheiben. Es war wunderschön, rund um den Tisch zu gehen un$ ben. Er starrte wie gebannt auf den Lichtstreifen und vergaß darüber sein Schloß und sein weiches Bett, vergaß seine Dienerschaft und Essen und Trinken. Nur wenn ihn sein mühsam gereckter Körper gar zu sehr schmerzte, setzte er sich auf eine Kiste, die im Dachkämmerchen stand. Aber er hielt es nie lange aus, seine Sehnsucht nach dem Lichtstreifen war zu groß. Einmal, nach langer Zeit, sah der Mann, wie sich die Ritze ein wenig vergrößerte ... der Lichterstrahl wurde breiter und goldener und warf einen blassen Widerschein in das Kämmerchen. In dem Glanze aber sah der Mann selige Gestalten wandeln. Er hörte Klänge, die waren von so leuchtender Schöne, daß sich seine Augen mit Tränen füllten. Und wie das Licht immer breiter und goldener quoll, erkannte der Mann, daß er in den Himmel blicke. -- Hier schloß die Geschichte in dem roten Buch, und ich war das erste Mal, als sie mir Tante Ursula vorgelesen, ganz verzweifelt. Aber Tante Ursula lächelte nur und sagte: »Die Geschichte geht nur hier im Buch zu Ende, Vrone$ r, und warum sollte sich seine Dummheit denn eigentlich nicht entfalten dürfen? Ich z. B. bin überzeugt, daß Peter im Leben unverschämt viel Erfolg davontragen wird, und seltsam: ich gönne es ihm. Ja, ich gehe noch weiter. Ich habe das Gefühl, und es ist ein sehr trostreiches, prickelndes und angenehmes, daß ich später einmal solch einen Herrn, Gebieter und Vorgesetzten bekommen werde, wie Peter einer sein wird, denn solche Dummen, wie er einer ist, sind zum Avancieren, Hochkommen, Wohlleben und Befehlen geschaffen, und solche in gewissem Sinn Gescheite, wie ich, sollen den guten Drang, den sie besitzen, im Dienst anderer blühen und entkräften lassen. Ich, ich werde etwas sehr Niedriges und Kleines sein. Die Empfindung, die mir das sagt, gleicht einer vollendeten, unantastbaren Tatsache. Mein Gott, und ich habe trotzdem so viel, so viel Mut, zu leben? Was ist mit mir? Oft habe ich ein wenig Angst vor mir, aber nicht lange. Nein, nein, ich vertraue mir. Aber ist das nicht geradezu komisch? Für meinen Mitschüle$ ieb. Ich wußte mit diesem Menschen nichts Ich habe mit Herrn Benjamenta gesprochen, d. h. er hat mit mir gesprochen. »Jakob,« sagte er zu mir, »sage mir, findest du nicht, daß das Leben, das du hier führst, karg ist, karg? Was? Ich möchte gern deine Meinung wissen. Sprich offen.« -- Ich zog es vor, zu schweigen, doch nicht aus Trotz. Der Trotz ist mir längst vergangen. Aber ich schwieg, und zwar ungefähr so, als wenn ich hätte sagen wollen: »Mein Herr, gestatten Sie mir, zu schweigen. Auf eine solche Frage könnte ich höchstenfalles etwas Unziemliches sagen.« -- Herr Benjamenta schaute mich aufmerksam an, und ich glaubte, er verstehe mein Schweigen. Es war auch tatsächlich so, denn er lächelte plötzlich und sagte: »Nicht wahr, Jakob, du wunderst dich ein wenig, wie wir hier im Institut so träge, so gleichsam geistesabwesend dahinleben? Ist es so? Ist dir das aufgefallen? Doch ich will dich durchaus nicht zu unverschämten Antworten verleiten. Ich muß dir ein Geständnis machen, Jakob. Höre, ich halte dich für ei$ chen und Dinge zu stacheln, daß sie sich mir offenbaren. Hier fällt mir Herr Benjamenta ein. Aber ich will an etwas anderes denken, d. h. ich mag an nichts mehr denken. Ich habe eine Anzahl Menschen kennen gelernt, durch Johanns Freundlichkeit. Es sind Künstler darunter, und es scheinen nette Menschen zu sein. Nun, was kann man sagen bei so flüchtiger Berührung. Eigentlich gleichen sich die Leute, die sich bemühen, Erfolg in der Welt zu haben, furchtbar. Es haben Alle dieselben Gesichter. Eigentlich nicht, und doch. Alle sind einander ähnlich in einer gewissen, rasch dahinsausenden Liebenswürdigkeit, und ich glaube, das ist das Bangen, das diese Leute empfinden. Sie behandeln Menschen und Gegenstände rasch herunter, nur damit sie gleich wieder das Neue, das ebenfalls Aufmerksamkeit zu fordern scheint, erledigen können. Sie verachten niemanden, diese guten Leute, und doch, vielleicht verachten sie alles, aber das dürfen sie nicht zeigen, und zwar deshalb nicht, weil sie fürchten, plötzlich etwa eine Unvorsicht$ ine Kammer schlüpfen?« -- »Sprechen Sie, gnädiges Fräulein. Ich höre,« sagte ich voll angstvoller Erwartung. Die Lehrerin schauderte plötzlich jählings zusammen. Sie faßte sich aber rasch und sagte: »Ich gehe, Jakob, ich gehe. Es geht mit mir. Doch ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht ein anderes Mal. Ja? Ja, nicht wahr, vielleicht morgen, oder in acht Tagen erst. Es ist dann noch immer Zeit genug, es dir zu sagen. Sage mir, Jakob, hast du mich ein wenig lieb? Bedeute ich deiner Brust, deinem jungen Herzen irgend etwas?« -- Sie stand mit wütend zusammengekniffenen Lippen vor mir da. Ich beugte mich schnell auf ihre Hand, die unsagbar wehmütig an ihrem Gewand herabhing, hinunter und küßte sie. Ich war so glücklich, es ihr so sagen zu dürfen, was ich für sie immer empfunden hatte. »Schätzest du mich?« fragte sie mit ganz hoher, nach der Höhe zu schon fast erstickter, gestorbener Stimme. Ich sagte: »Wie können Sie zweifeln? Ich bin unglücklich.« -- Aber mich empörte es, daß ich fast weinen mußte. Ich ließ ihr$ elfen. Ganz langsam vorwärts. So. Und einer strecke die Hand aus und öffne die Türe. So, so. Es geht. Nur sorgfältig.« -- Er sprach meiner Ansicht nach überflüssige Worte. Wir trugen Fräulein Lisa Benjamenta aufs Bett, dessen Decke der Vorsteher rasch wegriß, und nun lag sie da, wie sie es mir zum voraus gleichsam angekündigt hatte. Und dann kamen die Schulkameraden, und alle sahen es, und dann standen wir alle so da, am Bett. Herr Vorsteher gab uns einen verständlichen Wink, und wir Eleven und Knaben fingen an, im Chor gedämpft zu singen. Das war die Klage, die das Mädchen gewünscht hatte zu vernehmen, wenn sie auf dem Lager läge. Und jetzt, so bildete ich es mir ein, vernahm sie den leisen Gesang. Es war uns, glaube ich, allen, als wäre es Unterrichtsstunde, und wir sängen auf Befehl der Lehrerin, der wir immer so rasch gehorchten. Als das Lied zu Ende gesungen war, trat Kraus aus dem Halbkreis, den wir gebildet hatten, vor und sprach, ein wenig langsam, aber um so eindringlicher, folgendes: »Schlafe, ruhe $ ner wahren Flut dunkelblonden Haares ein paar rosige kleine Ohren. Alles ein wenig zurechtgemacht. Unter den großen Augen ein leichter Strich, die Lippen und Ohrläppchen ein bißchen zu rot, aber das Ganze von frappierender Wirkung. Eins jener Gesichter, nach denen man sich unwillkürlich umsah, wenn man ihnen in der Menge der gleichgültigen begegnete. Frau Rheinthaler hob in komischem Zorn die Hummergabel gegen den Landsberger Husar: »Sie Bösewicht! Müssen Sie denn immer gleich verraten, daß ich früher einmal beim Theater war?« Der neben ihr sitzende Gatte, ein hagerer Herr mit starker Hakennase und eingefallener Brust, führte hüstelnd die knochige Hand zum Munde: »Sei friedlich, liebe Josepha, in fünf Minuten hättest Du es dem Herrn Hauptmann da drüben ganz von selbst erzählt.« Und zu Herrn von Foucar gewendet, fragte er: »Sind Sie Theaterhabitué? Nicht ... na, dann muß ich noch einmal vorstellen ...« Er wies leicht auf die Gattin: »Pepi Hohenthal, vor einigen Jahren die entzückendste Dame =de chez Maxim=, di$ e da. Es gibt auch bloß eine Tasse Kaffee, eine Zigarette und vielleicht, wenn die Stimmung danach ist, ein bisserl Musik.« Gaston verneigte sich leicht: »Sehr liebenswürdig, gnädige Frau, aber ich habe zu Hause eine Arbeit liegen, die ich unbedingt bis morgen Herr Rheinthaler fiel ihm ins Wort: »Keine Ausflüchte, Herr Baron! Das Vaterland wird nicht in Gefahr geraten, wenn Sie sich zur Abwechslung mal keine Schlachtpläne ausdenken! Und jetzt auch nicht mehr lang gefackelt! Die Autos stehen unten. Kellner, zahlen!« Es folgte ein allgemeiner Aufbruch. Herr von Foucar gedachte, sich auf dem Wege zum Ausgange unauffällig zu entfernen. Da traf ihn ein bittender Blick aus Frau Josephas Augen, und er ging mit. An der Garderobe fand er Gelegenheit, den Landsberger Husar für ein paar kurze Minuten beiseite zu nehmen. »Sie, Wodersen, sagen Sie mal ...« Der Kleine hob die Hand: »Weiß schon! Sie wollen mich anpöbeln, daß ich Sie in diese Gesellschaft da verschleppt habe! Glauben Sie mir, es ist nicht die schlechteste. D$ n eine Schuld, wo nichts weiter gewesen war als die Pflicht eines seiner Herrin dienenden Kavaliers. Sie ging nach ihrer schwäbischen Heimat zurück und erzog mich dort auf ihre Art. Es steht einem Sohne nicht zu, mit der geliebten Mutter zu rechten, aber es wäre vielleicht manches in meinem Leben anders gekommen, wenn ich eine Jugend hätte haben dürfen wie andere. Wie ein junges Mädchen verpimpelte sie mich. Aber da gab es einen Umschwung. Eines Tages hatte ich mal wieder was ausgefressen, aber kam gerade noch mit blauem Auge davon. Wie und wieso weiß ich nicht mehr, aber einer meiner Coëtanen meinte: 'Na ja, wenn man eine Schutzheilige hat -- eine richtige, lebendige Großfürstinwitwe, die ihre Gefühle vom Vater auf den Sohn überträgt.' Ich fuhr ihm an den Hals, wir schlugen uns auf schwere Säbel, und in der Festungshaft danach wurde ich ein ernsthafter Mensch. Ein Streber schlimmster Sorte ... Kommandierender General zum mindesten wollte ich werden! Aber ohne weibliche Protektion!« Annemarie hatte mit aufger$ Nacht in dem Ballokal zur Besinnung gekommen wäre? Oder daß er am Tage darauf aus Mitleid und mit erregten Sinnen einen Meineid geschworen hätte? Oder gar schließlich, daß in ihrer Vergangenheit etwas wäre, über das kein Mann hinweg könnte? Das ging nicht an. Das einzige wäre gewesen, mit der Absendung dieses brutalen Briefes noch ein paar Tage zu warten, bis sie sich nach den entsetzlichen Geschehnissen ein wenig beruhigt hätte. Dann aber schickte er den Brief da vielleicht überhaupt nicht mehr fort, ergab sich mit einer Art von Fatalismus in sein selbstverschuldetes Schicksal. Sein Blick fiel auf eine Stelle in dem anderen Schreiben, das vor ihm lag. »Der gnädige Herr ist gestorben, ohne daß er sein Testament hat ändern können. Josepha erbt sein ganzes Vermögen.« Der Ekel würgte ihn Er schloß seinen Brief in ein Kuvert, schrieb die Adresse und trug ihn selbst nach dem nahen Bahnhof hinüber, steckte ihn in den blauen Als er wieder oben in seinem Zimmer saß, war ihm ein wenig leichter zumut. Nur hätte er viel$ n seit langem gesponnen. Die große Nachrichtenzentrale in Berlin war ja schon vor Wochen alarmiert, daß hier an der Grenze ein Verräter saß. Heute kam die Mitteilung, die seine Persönlichkeit genau bezeichnete, und morgen, während seiner Abwesenheit, der vernichtende Schlag. Er aber hatte nichts zu seiner Verteidigung anzuführen, als daß da vielleicht ein Racheakt vorläge. Die Rache einer in leidenschaftlicher Liebe verratenen Frau. Er _sah_ ordentlich das ungläubige Lächeln seiner Richter ... Die Haare sträubten sich ihm, so grauenhaft war das. Nur ein Glied fehlte noch in der Kette der Voraussetzungen, nämlich daß da die auf dem Tische liegende Nachricht von der schweren Erkrankung seines Mütterchens gefälscht war. Dann war das alles kein leeres Hirngespinst, sondern grausige Wirklichkeit. Da erhob er sich mühsam, ging zu dem an der Wand hängenden Telephon. Gott sei Dank, der Apparat funktionierte wieder, das Amt Ordensburg meldete sich. »Liebes Fräulein,« sagte er, »wenn ich jetzt dringend nach Eßlingen te$ « Das Fräulein auf dem Amte wiederholte den Wortlaut, als sie den Namen »Gaston« aussprach, bekam ihre Stimme einen schmelzenden Klang. »Herr Rittmeister Baron von Foucar?« »Allerdings!« »Gott, wie interessant! Die Depesche wird noch in dieser Minute abgeschickt werden!« Da mußte er, mitten in aller Aufregung, lachen. Die kleine Telephondame schien eine jener stillen Verehrerinnen zu sein, von deren Existenz er selbst keine Ahnung hatte. »Freut mich sehr, mein gnädiges Fräulein! Wenn Sie nun noch die Güte haben wollten, mir die aus Eßlingen eintreffende Nachricht telephonisch mitzuteilen, statt durch Boten, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Das geht doch hoffentlich auch?« »Aber selbstverständlich!« Gaston hing den Hörer an und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Noch eine ganze lange Stunde hatte er zu warten, bis er die entscheidende Nachricht bekam. Inzwischen aber mußte er die Vorbereitungen zur Abreise treffen, um keinen Argwohn zu erregen. Er rief seinen Burschen. »Wichotta, ich muß heute abend auf $ zum W e i h n a c h t a b e n d 1854 __________________________________________________ IM BRAUERHAUSE. Es war in einem angesehenen Bürgerhause, wo wir am Abendteetisch in vertrautem Kreis beisammensaßen. Unsere Wirtin, eine Fünfzigerin von frischem Wesen, mit einem Anflug heiterer Derbheit, stammte nicht aus einer hiesigen Familie; sie war in ihrer Jugend als wirtschaftliche Stütze in das elterliche Haus ihres jetzigen Mannes, unseres trefflichen Wirtes, gekommen und hatte in solchem Verhältnisse dort gelebt, bis der einzige Sohn so glücklich gewesen war, sie als seine Ehefrau bleibend festzuhalten. Das Vertrauen, womit des Bräutigams Mutter gleich nach der Hochzeit der Jüngeren ihren eigenen Platz im Hause einräumte, hat diese nun schon manches Jahr über das Leben ihrer beiden Schwiegereltern hinaus gerechtfertigt. Bei ihrem, jetzt den Siebzigern nahen Ehemann selber begann schon das Greisenalter seine leise Spur zu ziehen; aber wo i$ n erhabener Anblick, der die Seele zum Gebet stimmt. Wohl eine Viertelstunde standen alle ernsthaft schweigend, und sahen, wie der schöne Feuerball im Westen allmählich versank; die Gesichter wurden vom Abendrot angestrahlt, die Hände falteten sich unwillkürlich; es war, als ständen wir, eine stille Gemeinde, im Schiffe eines Riesendoms, und der Priester erhöbe jetzt den Leib des Herrn, und von der Orgel herab ergösse sich Palestrina's ewiger Choral. Während ich so in Andacht versunken stehe, höre ich, daß neben mir jemand ausruft: »Wie ist die Natur doch im allgemeinen so schön!« Die Worte kamen aus der gefühlvollen Brust meines Zimmergenossen, des jungen Kaufmanns. Ich gelangte dadurch wieder zu meiner Werkeltagsstimmung, war jetzt imstande, den Damen über den Sonnenuntergang recht viel Artiges zu sagen, und sie ruhig, als wäre nichts passiert, nach ihrem Zimmer zu führen. Sie erlaubten mir auch, sie noch eine Stunde zu unterhalten. Wie die Erde selbst, drehte sich unsre Unterhaltung um die Sonne. Die Mutte$ wenn die Träne spricht 202 Immer Lust an Lust sich hängt 202 Holzflöße 203 Eingeschlossene Tiere 204 Weltspuk 213 Zwei Reiter am Meer 215 Max Dauthendey Einen Dichter von Wert charakterisieren heißt, die Stelle im Mosaikbilde der Dichtkunst suchen, die dem Poeten, kraft seiner Leistung, zukommt. Wenn im Bilde der germanischen Dichtkunst Goethes Schaffen das Innerste des einen Auges der erhabenen Dichtkunstgestalt darstellt, deren zweites Auge Shakespeares Werk belebt, wenn Schiller die tiefe, senkrechte Denkerfurche auf die Stirne des germanischen Dichtkunstbildes zeichnete, deren andre Gedankenfalten Hebbel, Strindberg und andere punktierten und einrissen, wenn Hölderlin das zarte, schmerzliche Lächeln im versonnenen Mundwinkel der ger$ ?« sagte ein Herr neben mir zu einer Dame. Dann war tiefe Stille. Keine Teetasse klapperte, kein Schritt im Schnee knirschte mehr. Die Pferde spitzten die Ohren und schnupperten. Drüben im Nebel, über einem tageweiten Abgrund, erschien der fleischige Arm eines Riesen, die rosige fleischige Brust einer Frau, Nacken, Schultern, Hüften in gigantischen Dimensionen. Es waren die Umrisse des Mount Everest und des Kantschindschanga, die wie ein nacktes Riesenpaar höher als der Mond im Himmel lagen. »Die Sonne,« flüsterte eine Dame. Ich sah über meine Schulter von den Bergen fort und entdeckte eine rote glühende Lawine, die sich auf Nebelfeldern kaum merklich fortrollte und größer und röter wurde, -- die Sonne. Wie eine große rote Sintflut gab sie den Gletschern Blut und machte den Schnee zu Fleisch. Im selben Augenblick, mitten in diesem feierlichsten Augenblick des Sonnenaufgangs, nahm jemand meine Hand, führte meine Finger in eine Westentasche und sagte: Wo ist das Amulett, das du gestern kauftest? Sehen die große$ uer sind, daß sie sie für nichts verkaufen würden? Glauben Sie, daß, wenn ein tibetanisches Weib ein solches Amulett zufällig von sich geschleudert hätte, es alle Listen seiner listigen Natur anwenden würde, um das Amulett wieder zu erhalten? Glauben Sie, daß es durch Hintertüren in die Häuser eindringen würde und sich nicht scheuen würde, ein Fenster einzustoßen, um das Amulett zu erhalten? Sie werden mir sagen: 'Das zerbrechende Fenster würde jedermann wecken!' Aber ich sage Ihnen: Man kann zugleich durch das zerbrochene Fenster eine lebende Fledermaus ins Zimmer werfen, die die Aufmerksamkeit auf sich lenkt und nicht den Gedanken aufkommen läßt, daß ein Mensch mit Absicht das Fenster zerschlagen hätte. Betäubt man dann noch durch eine Räucherstange den im Zimmer Anwesenden, so ist es ein leichtes, nachher mit dem Arm durch die zerbrochene Fensterscheibe in das Zimmer zu langen, den Fensterknopf von innen aufzudrücken, durchs geöffnete Fenster vom Balkon hineinzusteigen, das verlorene Amulett zu suchen, zu $ msicht, und in der Erweckung der rechten Arbeitsfreude. Wer in irgendeiner systematischen Beschäftigung (mit Holzarbeit z. B.) diese Qualitäten erworben hat, der besitzt sie und wendet sie bei jeder manuellen Arbeit an, die der spätere Beruf bringt, genau ebenso wie derjenige, der im Latein oder in der Mathematik seine logische Denkfähigkeit, seine Gewissenhaftigkeit und Wahrheitsliebe entwickelt hat, sie besitzt und anwendet, wenn er auch später nicht Philologie, Mathematiker oder Naturwissenschaftler wird, sondern Jurist, Historiker oder Philosoph. Ja die Übertragung dieser in einer _manuellen_ Arbeitserziehung erwachsenen Qualitäten auf manuelle Arbeiten anderer Gebiete ist sehr viel gesicherter als die Übertragung erworbener Qualitäten auf _geistigen_ Arbeitsgebieten, wo nicht selten Vorurteile, Parteimeinungen, religiöse Bindungen usw. verhindern, die auf einem Gebiete sich auswirkende Kraft der Wahrheitsliebe und des logischen Denkens in gleicher Rücksichtslosigkeit auf anderen Gebieten schaffen zu Aus $ ngsschulen liegt die Hauptschwierigkeit darin, daß die Schule selbst mit ihrer relativ geringen Unterrichtszeit die Schüler zu wenig in gegenseitige Berührung bringt und so gewöhnlich nicht imstande ist, jenes Gemeinsamkeitsgefühl zu erzeugen, aus dem gewissermaßen spontan die Neigung zu freiwilligen Arbeitsverbänden erwacht. Alle diese Hindernisse kennt die höhere Schule nicht. Dazu kommt, daß namentlich in den oberen Klassen die Lektüre der deutschen und fremden Klassiker sowohl als auch der intensive Geschichtsunterricht auf die Kulturprobleme der menschlichen Gesellschaft und auf die Aufgaben des Staates führt, und daß damit eine wissenschaftliche, d. h. eine objektive Belehrung über die Aufgaben des Staates und über die Pflichten der Staatsbürger von selbst nahegerückt wird. -- Daß die höheren Schulen in Deutschland im scharfen Gegensatz zu den Schulen anderer germanischer Staaten bis jetzt diese dritte Aufgabe nicht oder nur ganz ungenügend in Angriff genommen haben, liegt nicht zum wenigsten daran, daß$ inte der aus Owassa. -- Sechs Wochen alten Ferkeln und zwei Jahre alten Witwen kann man nicht trauen, neckte der Fjällonger. -- Je trockener der Zunder, desto schneller fängt er Feuer, brannte der von Fiversätra los. Und jeder warf seinen Scheit aufs Feuer. Die Alte aber schmunzelte und wehrte sie ab, machte gute Miene zum bösen Spiel und scherzte mit; böse zu werden, hatte keinen Zweck. Dann gings auf die Bruchwiese hinunter. Da standen Segge und Schachtelhalm so hoch wie ein Kiefernwald und das Wasser ging den Männern bis an die Stiefelschäfte. Die Mädchen zogen Strümpfe und Schuhe aus und hingen sie auf den Feldzaun. Die Alte harkte hinter Carlsson so fleißig, daß sie es den Andern zuvortat. Manches Scherzwort über das junge Paar, wie sie genannt wurden, fiel. Diesen Ausdruck benutzten sie als Feigenblatt, um darunter zu verbergen, was im Geheimen zu wachsen begann. So ward es Mittag und so ward es Abend. Der Spielmann war mit seiner Geige gekommen; die Tenne war geräumt und gekehrt, die schlimmsten Astlöc$ er Zu Zweien liefen die Spuren, die eine klein, die andere groß, Seite an Seite, bald in einander tretend, bald um einander, als ob sie getanzt hätten; über Stoppelfelder, von denen der Schnee abgeweht war; über Steinhaufen und Gräben, über Buschzäune und Windbruch. Sie wußte nicht, wie lange sie ging; aber ihr fror der Kopf und ihre Hände waren klamm; sie steckte die magern, roten Hände bald unter den Rock, bald blies sie darauf. Sie wollte umkehren, aber es war zu spät; auch war der Rückweg jetzt wohl ebenso weit, als wenn sie geradeaus ging. Also vorwärts durch ein Espenwäldchen, dessen letztes Laub zitterte und raschelte, als friere es im Nordwind. Dann kam sie zu einem Zauntritt. Der Mondschein war klar und scharf; sie konnte deutlich sehen, dort hatten sie gesessen. Sie sah den Eindruck von Claras Rock, von der Jacke mit der Schafpelzverbrämung. Hier war es also gewesen! Hier! Sie zitterte in den Kniekehlen, fror, als sei ihr Blut Eis geworden; brannte, als habe sie kochendes Blut in den Adern. Erschöpf$ e den Korkhelm auf und betrat mutig die Veranda meines Hauses. Ein beifälliges Murmeln der Erwartung begrüßte mich. Recht gelegentlich, als läge mir nur daran, ein paar Schritte in der Frische des Gartens zu tun, trat ich bis an die Pforte und schaute die Straße nach Cannanore hinab. Die Kette der wartenden Menschen erstreckte sich weiter, als meine Augen reichten, fern unter dem Dach der wilden Feigenbäume verlief sie im Laubschatten wie ein schwarzer Kohlestrich, auf dem roten Latrittweg. Elias zog sich still ins Haus zurück, weil dieser Anblick ihm neu war, und auf der Veranda empfingen mich wieder Panjas ruhig abwartende Augen; er hatte einen Liegestuhl für mich herausgetragen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zu beginnen. So sandte ich denn Pascha mit einer Handvoll Rupien zum Wechseln in die Stadt, denn ich brauchte Panja als Dolmetscher, auch wäre er wahrscheinlich bis zum Abend ausgeblieben, um mich dadurch am Erfolg meines Unternehmens zu hindern. Der erste der zahlreichen Ankömmlinge war ein k$ runde Augen von einem gleichmäßigen sehr hellen Blau an, in denen ich keine Abzeichnung der Pupillen unterscheiden konnte. Die Färbung ihrer Haut war bernsteingelb und ihr Haar weißlich, sie hatten breite, aber hagere Schultern, und ihre Hüften waren so schlank und so wenig ausgezeichnet, daß man von der Achselhöhle bis an die Fußknöchel hinsah, wie an einer geraden, schräg gestellten Leiste. An ihren Schläfen war ein eosinrotes Band befestigt, das in einem breiten Fächer auf die linke Schulter herabsank und hinter ihr verschwand. So standen die Zwei, die sonst nicht bekleidet waren, ruhig vor mir in der grünlichen Luft mit ihren geheimnisvollen Schattenwellen. Es schien mir, als lächelten sie, aber eher neugierig als spöttisch. Endlich begannen sie eine Unterhaltung miteinander und versuchten den Anschein zu erwecken, als sei ihnen an meiner Beachtung nichts gelegen, aber ich unterschied doch, daß sie nur meinetwegen sprachen. Sie lächelten verstohlen und ungefällig und sahen bisweilen mit einem raschen Bli$ d sich mit den Affen einlassen, Sahib? Aber wenn du nur eine Heuschrecke erblickst, so wirst du schon sorgenvoll und redest sie an, und dann tust du so, als ob es dir antwortete, das Vieh. Wer aber mit Affen umgeht, hat bald den Eindruck, als sei sein eigener Schatten närrisch geworden, und den Schatten kann man nicht fangen.« »Ich will Gong haben«, antwortete ich. Panja dachte nach. »Ich habe als Kind manchen Affen in der Schlinge gefangen, und wenn der Affe, den du haben willst, dich kennt und kein Mißtrauen hegt, so kannst du ihn leicht fangen, wenn du ihm zuvor genau zeigst, wie man in eine Schlinge geht. Von diesem Kunststück lernt er nur die erste Hälfte, und wenn du rasch hinzuspringst, kannst du ihn greifen. Aber du mußt ihm mit der linken Hand entgegenkommen und ihn unversehens mit der rechten im Genick packen. Die alten Affen beißen, solange sie noch Hoffnung haben, entwischen zu können. Später denken sie nach und geben es Das war ein ausgezeichneter Gedanke. Ich nahm am andern Morgen ein haltbares $ im Herzen dieser Kuppel, unter dem gewölbten Golddach, waren die beiden Thronsessel des Maharadscha und des Maharadscha Khunwar, des Königsohns, aufgestellt, und in dem zornigen Strahlengefunkel, das das Feuer der Morgensonne millionenfach widerspiegelte, empfing der König seine Gäste. So dienten das kostbare Blut seiner Berge und das Himmelslicht des neuen Tages seiner Herrlichkeit, und die bestürzten Freunde seines Reichs, die im Augenblick des Sonnenaufgangs vor seinen Thron geführt wurden, hörten den Gruß des Fürsten aus einem Glanz erklingen, der ihre Augen schloß und die Knie zu Boden zwang. Es mag gewesen sein, als dienten Himmel und Erde einem Allmächtigen, um seine Hoheit unfaßbar zu machen. Zwischen jener Goldkuppel und dem Marmorplateau, auf welches die Ankömmlinge geführt wurden, war ein tiefer gelegener Garten voll blühender Blumen, wie sie sich in Duft und Pracht nur dem tropischen Himmel öffnen, und die Wohlgerüche ihrer Kelche gesellten sich dem Glanze. Der prachtliebende Sultan fiel von der H$ e Herzlichkeit ihrer Rede. Und wie, nachdem das Gratias gesprochen war, der Mann die Kinder beide auf seine Kniee nahm, und sie ihn liebkosten, auch das Elslein nicht von ihm ließ, so geschwärzt und rauh er aussah, und mir öftermals zurief: »Seht, das ist mein Vater lieb!« da wußt' ich nicht, sollt' ich den armen Mann oder die Kinder für glücklicher halten, und zum ersten Mal in meinem Leben fragt' ich mich, ob ich wohl auch je von Mutter oder Vater so gekoset worden wäre oder mit ihnen gekost hätte, und ich wünschte, es möchte geschehen sein, ob ich auch deß nicht mehr gedenken könnte, und die Hände, die mich gestreichelt, eben so arbeitshart gewesen wären, wie dieser Eltern ihre. »Nehmt's nicht für ungut«, sagte der Köhler, wie er mich so schweigend sitzen sah, »daß ich Euch versäume. Ich sehe meine Herzkinder selten, und so denken sie, es muß so sein.« »Gott helf Euch«, sprach ich da, »daß Ihr sie immer so in Freuden sehet, und lasse sie Euch und Eurem Weibe zur Freude gesetzt sein all' Euer Leben lang.« D$ ehen, die zum Herde diente mit einem Sims, darauf weniges Kochgeräth stand. Unten davor lag Holz bereit. Die Hälfte aber dieser Felsenwand wich zurück zu einer Nische, die ganz schicklich als eine Kemenate zur Lagerstatt gelten konnte. Sie verengte sich nach hinten und schien tief in das Gestein hineinzudringen. So leicht das Alles zu übersehen war, so konnt' ich's doch nur mit Mühe wahrnehmen; denn das Abendroth, welches zum Fenster hineinblickte, war im Versinken, und der Raum fast dunkel. Aber bald lenkte mein Wirth mein ganzes Aufmerken auf sich und sein Thun. Er tummelte sich geschäftig wie ein Schaffner für mich, und je rauher zuweilen seine Rede war, um so sorgsamer mühte er sich. »Setz' Dich da, Meister Irregang«, sagte er halb spottend, halb ernstlich, indem er in die glimmenden Herdkohlen blies und dürres Reisig darüber legte, »setz' Dich da auf den Klotz, der mir Bank, Stuhl und Schemel zugleich ist. Weiß nicht, welches Sitzes Du in Deinem Convent gewohnt bist; hätt'st Dir wohl einen weicheren gegö$ ner ganzen Seele sah ich ihr nach, wie sie die Laubgänge des Gartens dahin wandelte und die Stufen zur Burghofspforte leichtschreitend hinanstieg. Dann erhub auch ich mich. Aber ich gieng zögernd und langsam wie Einer, der sich zu einem Entschluß gedrängt sieht, von dem Neigung und Wunsch ihn zurückhalten. Wie sehr diese mir zum Bleiben auf Elzeburg riethen, so lang es gieng, und auch hinwieder wie stark Pflicht und Treue mich hinwegmahnten, beides war mir heute wie von ungefähr vor die Seele gehalten. Es war ein schmerzlicher Widerstreit in ihr. Aber wagt auch eines Jünglings Muth und Wille in's Unerreichbare die Fahrt, so war mir doch, sobald ich nur ein Wenig mich besann, diese ganze Welt, in die mich unversehens ein Irrthum geworfen, auf ewig verschlossen: nur unter fremdem Namen hatt' ich hier eine Stätte und auf der weiten Erde nur +eine+ Heimath, das Kloster, in dem ich erzogen und für das ich bestimmt war. War es nicht die höchste Zeit, mich dahin wieder aufzumachen und mir genügen zu lassen wie an de$ e von des Thurmes Zinne zu Ehren der Fröhlichkeit des Tages das Speyerische und des Burgvoigts Banner. Mich sahen sie an, wie Fahnen, die in der Krypte um eine Tumba traurig wehen, und schaudernd lenkte ich meinen Blick hinweg und folgte mit Seufzen meinen Führern den steilen Pfad hinan. Wir waren nur erst eine kleine Strecke zur Höhe gedrungen, als ich hinter mir vom Wege her mich laut mit Namen rufen hörte. Ich wandte mich, und: »Brun! ach, Brun!« -- mehr konnt' ich vor inniglichem Leide nicht sprechen. Er aber stund an seiner Stelle als Einer, der sich über meinen Anblick schier entsetzte; seine Brust keuchte und seine Stimme war gedämpft, wie unter der Last tiefen Grams. »Also muß ich's doch mit diesen meinen alten Augen sehen, was mich so manchmal im Traum erschreckt hat, und was abzuwenden ich zu Gottes Gnade in allen meinen Gebeten für Dich gefleht? Diether, Diether -- was hast Du gethan? Welch' Herzeleid schaffst Du mir?! Ach, ich soll nicht Frieden finden -- nimmer -- nimmer!« Seine Klagen jammerten $ er.« »Ich geh' einmal zur Marine«, erklärte hierauf Paul mit Bestimmtheit. »Und ich wahrscheinlich auch«, ließ sich sein Zwillingsbruder Kurt vernehmen, »aber nicht als Offizier, sondern als Arzt oder Naturforscher, damit ich mich mal einer Nordpolexpedition anschließen »So, du möchtest wohl ein berühmter Reisender werden, wie z. B. Fridtjof Nansen? Nun, und du, Philipp?« »O Tante, den brauchst du gar nicht zu fragen!« riefen die andern Kinder lachend. »Der Philipp, der muß Ingenieur werden; der hockt ja jetzt schon die meiste Zeit in der Fabrik und bosselt an den Maschinen herum.« »Denke nur, Tante«, erzählte Rudi, »neulich war an der neuen Dampfmaschine etwas nicht in Ordnung; man wollte schon dem Monteur telegraphieren, der sie aufgestellt hat, aber da hat der Philipp herausgefunden, woran es lag, und der Maschinist hat gesagt: >Das ist aber mal ein Hauptkerl!<« Und Rudis Augen leuchteten vor Freude und Stolz über seinen tüchtigen Bruder. »Recht so, Philipp, das höre ich gern; da bekommt der Papa an dir sp$ Gedanken, du Kleines? Fühlst du dich nicht wohl? Tut dir etwas weh -- sag' mir's doch!« Toni schüttelte das Köpfchen: »Nein, weh tut mir eigentlich nichts. Ich bin nur immer so müd'.« »Ach geh' doch, vom Müdesein stirbt man doch nicht!« sagte der Doktor lächelnd, und aufmunternd fügte er hinzu: »Komm, Kindchen, schau nicht so ernst drein, das paßt ja gar nicht für dein Alter. Du sollst vergnügt sein und springen und lachen, so wie dein kleines Schwesterchen da. Hör doch nur, wie es kräht, und schau, wie es zappelt, daß man es kaum halten kann.« Dann stand der Doktor auf, und die Mutter ging wieder mit ihm hinunter. Als Tante Toni etwas später nachfolgte, da war der Doktor schon fort, aber Tante Toni merkte, daß ihre Schwester geweint hatte. »Was gibt es denn, fehlt Tonichen etwas?« fragte sie besorgt. »Hat der Doktor etwas gefunden?« »Nein, er hat nichts gefunden; Lunge, Herz, alles ist gesund, und doch ist unser guter alter Doktor nicht ohne ernste Besorgnisse; denn das Kind entwickelt sich nicht, im Gegente$ da drinnen so kalt und starr liegt, das ist ja gar nicht mehr unsere Toni, es ist nur ihre Hülle -- ihre liebe kleine Seele ist schon oben im Himmel beim lieben Gott unaussprechlich glücklich und selig.« »Aber nie, nie mehr kommt sie mit mir spielen, nie mehr kann ich mit ihr sprechen!« klagte Lilly. »Aber doch, Lilly; du willst doch gewiß auch einmal in den Himmel »Ja schon, Tante Toni, aber ich bin so bös, ich hab' schon so oft gelogen, und ich wollt' neulich dem Otto auch gar nicht versprechen, nie mehr zu lügen -- und am End' komm' ich gar nicht in den Himmel!« »O, da sei du nur ganz ruhig! Das liebe Tonichen wird schon für dich beten und bitten, daß du bald ein ganz braves und gutes Kind wirst. Du mußt nur auch ernstlich wollen, und du wirst sehen, daß es gar nicht so schwer ist. Denk' nur an Otto, wie der sich schon geändert hat!« »Ja, ich möchte ja auch gern brav werden. Ach, wenn du doch immer bei mir bliebest, Tante Toni, dann könnt' ich's vielleicht. Aber nun ist Toni fort, und wenn du dann auch wi$ llegen gehört hatte, dass sie sich voll Vertrauen in den Arzt und voll Ergebung in das Schicksal zu zeigen pflegen. Wenn man ihnen ankündigen muss, dass es für den Kranken keine Hilfe gibt, so antworten sie: »_Herr_, was ist da zu sagen? Ich weiss, wenn er zu retten wäre, hättest du ihn gerettet.« -- Erst in diesen Sätzen finden sich die Worte und Namen: _Bosnien_, _Herzegowina_, _Herr_ vor, welche sich in eine Assoziationsreihe zwischen _Signorelli_ und _Botticelli_ -- _Boltraffio_ einschalten lassen. c) Ich nehme an, dass der Gedankenreihe von den Sitten der Türken in Bosnien etc. die Fähigkeit, einen nächsten Gedanken zu stören, darum zukam, weil ich ihr meine Aufmerksamkeit entzogen hatte, ehe sie noch zu Ende gebracht war. Ich erinnere nämlich, dass ich eine zweite Anekdote erzählen wollte, die nahe bei der ersten in meinem Gedächtnis ruhte. Diese Türken schätzen den Sexualgenuss über alles und verfallen bei sexuellen Störungen in eine Verzweiflung, welche seltsam gegen ihre Resignation bei Todesgefahr a$ durch, dass man sie umsonst -- "um ihrer schönen Augen willen" -- behandelt hat. Sie zahlen gleichsam mit ihrem Das Vergreifen. Der dankenswerten Arbeit von _Meringer_ und _Mayer_ entnehme ich noch die Stelle (p. 98): »Die Sprechfehler stehen nicht ganz allein da. Sie entsprechen den Fehlern, die bei anderen Tätigkeiten des Menschen sich oft einstellen und ziemlich töricht »Vergesslichkeiten« genannt werden.« Ich bin also keinesfalls der erste, der Sinn und Absicht hinter den kleinen Funktionsstörungen des täglichen Lebens Gesunder vermutet. Wenn die Fehler beim Sprechen, das ja eine motorische Leistung ist, eine solche Auffassung zugelassen haben, so liegt es nahe, auf die Fehler unserer sonstigen motorischen Verrichtungen die nämliche Erwartung zu übertragen. Ich habe hier zwei Gruppen von Fällen gebildet; alle die Fälle, in denen der Fehleffekt das Wesentliche scheint, also die Abirrung von der Intention, bezeichne ich als »_Vergreifen_«, die anderen, in denen eher die ganze Handlung unzweckmässig ersch$ it, einiges Material zur Beantwortung der letzten Frage zusammenzutragen. Bei der Erörterung der Beispiele von Versprechen haben wir es für nötig gefunden, über den Inhalt der intendierten Rede hinauszugehen, und haben die Ursache der Redestörung ausserhalb der Intention suchen müssen. Dieselbe lag dann in einer Reihe von Fällen nahe und war dem Bewusstsein des Sprechenden bekannt. In den scheinbar einfachsten und durchsichtigsten Beispielen war es eine gleichberechtigt klingende andere Fassung desselben Gedankens, die dessen Ausdruck störte, ohne dass man hätte angeben können, warum die eine unterlegen, die andere durchgedrungen war (Kontaminationen von _Meringer_ und _Mayer_). In einer zweiten Gruppe von Fällen war das Unterliegen der einen Fassung motiviert durch eine Rücksicht, die sich aber nicht stark genug zur völligen Zurückhaltung erwies (»zum Vorschwein gekommen«). Auch die zurückgehaltene Fassung war klar bewusst. Von der dritten Gruppe erst kann man ohne Einschränkung behaupten, dass hier der stör$ igenes Gut bewirtet, sein eigenes Vieh züchtet, einen anderen Charakter hat als die des Knechtes auf dem Gute des Großbauern und Großgrundbesitzers. Selbst in Industrie und Handel haben sich die kleinen und Mittelbetriebe nicht nur gehalten, sondern ihre Zahl noch Zwischen allen diesen sozialen Schichten nun findet in der Tat ein mehr oder minder intensiver Klassengegensatz, ein Gegensatz der Interessen statt, und wo Gegensätze der Interessen sind, da gibt es auch jeweils mehr oder weniger heftige Kämpfe. Wo der Großgrundbesitz, namentlich der Latifundienbesitz, vorherrscht, gibt es Kämpfe der Bauern mit diesen Großgrundbesitzern. Es bilden sich demokratische Bauernparteien, die sich dadurch verkürzt fühlen, daß große Teile des Bodens in den Händen der Großgrundbesitzer sind. In fast allen Ländern haben da zeitweilig wirkliche Klassenkämpfe stattgefunden. In Deutschland liegen diese Kämpfe längere Zeit zurück, nachdem sich durch die Bewegung für Agrarzölle eine Interessensolidarität zwischen einem großen Teil$ chwebte, in eine sehr klare und bestimmte Sprache, in die logische Entwicklung eines leitenden Gedankens gekleidet. Nachdem er dargelegt hat, daß die Pariser Kommune eine Regierung der Arbeiterklasse war und mit den Einrichtungen der alten Klassenherrschaft, mit Militär, Polizei usw. gebrochen hatte, fährt er fort: »Die Pariser Kommune sollte selbstverständlich allen großen gewerblichen Mittelpunkten Frankreichs zum Muster dienen. Sobald die kommunale Ordnung der Dinge einmal in Paris und den Mittelpunkten zweiten Ranges eingeführt war, hätte die alte zentralisierte Regierung auch in den Provinzen der Selbstregierung der Produzenten weichen müssen. In einer kurzen Skizze der nationalen Organisation, die die Kommune nicht die Zeit hatte weiter auszuarbeiten, heißt es ausdrücklich, daß die Kommune die politische Form selbst des kleinsten Dorfs sein, und daß das stehende Heer auf dem Lande durch eine Volksmiliz mit äußerst kurzer Dienstzeit ersetzt werden sollte. Die Landgemeinden eines jed$ lten feindliche Kolonnen feststellen und kamen dabei über die brennende Stadt Wiczniace. Eine riesige Rauchwolke, die vielleicht bis auf zweitausend Meter hinaufreichte, hinderte uns am Weiterfliegen, da wir selbst, um besser zu sehen, nur in fünfzehnhundert Metern Höhe flogen. Einen Augenblick überlegte Holck. Ich fragte ihn, was er machen wollte, und riet ihm, drumherum zu fliegen, was vielleicht ein Umweg von fünf Minuten gewesen wäre. Aber daran dachte Holck gar nicht. Im Gegenteil: je mehr sich die Gefahr erhöhte, um so reizvoller war es ihm. Also mitten durch! Mir machte es auch Spaß, mit einem so schneidigen Kerl zusammen zu sein. Doch sollte uns unsere Unvorsichtigkeit bald teuer zu stehen kommen, denn kaum war der Schwanz des Apparates in der Wolke verschwunden, schon merkte ich ein Schwanken im Flugzeug. Ich konnte nichts mehr sehen, der Rauch biß mir in die Augen, die Luft war bedeutend wärmer, und ich sah unter mir bloß noch ein riesiges Feuermeer. Plötzlich verlor das Flugzeug das Gleichgewicht u$ itet werden. So findet ein ständiger Stoffwechsel in der Zelle statt: Stoffe, die zur lebendigen Substanz der Zelle gehören, werden verbrannt, und die Verbrennungsprodukte, die Stoffwechselprodukte der Zelle werden aus dieser ausgeschieden; und neue Stoffe werden von außen aufgenommen, um als Ersatz für den verbrannten Anteil der lebendigen Zellsubstanz zu dienen. _Alles_ Leben beruht auf diesem Stoffwechsel der lebendigen Substanz, und alle Lehre vom Leben ist nichts anderes als die Lehre vom Stoffwechsel der Zellen. Das Leben erforschen, heißt, den Stoffwechsel erkennen, der sich in der Zelle abspielt. Auf den chemischen Vorgängen, die man als Stoffwechsel der lebendigen Substanz zusammenfaßt, beruhen alle Erscheinungen, die man Leben nennt: Bewegung, Ernährung, Fortpflanzung, Empfindung und Denken. Mit Bezug darauf, wie aus dem Stoffwechsel der lebendigen Substanz die Lebensäußerungen folgen, stehen die Dinge viel einfacher, als mancher glaubt. Folgendes Beispiel soll uns da aushelfen. In der Dampfmaschine$ Sinne des Wortes. Und auch noch das ist möglich: daß einmal die Nervenzellen versagen, die die _Herzarbeit_ regulieren. Das alte Herz klappt dann zusammen. Wiederum -- man hat ausgelebt. _So kommen wir nach all den vielen Dingen, die wir vom Sterben aus Altersschwäche erfahren haben, dahin, daß die Künder des Todes hier die Nervenzellen sind. Störungen in dem Mechanismus der Arbeit der Nervenzellen sind es, die das schnelle Sterben der gealterten Zellen im Zellenstaat Aber wir dürfen doch nicht sagen, der Tod aus Altersschwäche trete ein, weil bestimmte Zellen des Gehirnes einen Altersschwund erfahren haben. Das _allein_ wäre falsch. Die Veränderungen, die die alternden Nervenzellen erfahren haben, sind nur ein Teil von all den Altersveränderungen, die sich im ganzen Zellenstaat abgespielt haben: alle andern Zellen im Zellenstaat sind auch gealtert. Und alle Zellen im Zellenstaat sind aufeinander angewiesen. Wenn z. B. die Nervenzellen, auf deren Mitarbeit die Herzmuskelzellen angewiesen sind, ihre Dienste ni$ des Chronometers, von der ich mich an Ort und Stelle überzeugt, hatten mir großes Zutrauen zu Louis Berthoud's Uhr gegeben, so oft sie nicht auf den Maulthieren starken Stößen ausgesetzt war. Die Tage vor und nach der Sonnenfinsterniß boten sehr auffallende atmosphärische Erscheinungen. Wir waren im hiesigen sogenannten Winter, das heißt in der Jahreszeit des bewölkten Himmels und der kurzen Gewitterregen. Vom 10. October bis 3. November stieg mit Einbruch der Nacht ein röthlichter Nebel am Horizont auf und zog in wenigen Minuten einen mehr oder minder dichten Schleier über das blaue Himmelsgewölbe. Der Saussuresche Hygrometer zeigte keineswegs größere Feuchtigkeit an, sondern ging vielmehr oft von 90° auf 83° zurück. Die Hitze bei Tag war 28--32°, also für diesen Strich der heißen Zone sehr stark. Zuweilen verschwand der Nebel mitten in der Nacht auf einmal, und im Augenblick, wo ich die Instrumente aufstellte, bildeten sich blendend weiße Wolken im Zenith und dehnten sich bis zum Horizont aus. Am 18. Octob$ e das Fahrzeug von den Wellen erhält. Der röthlichte Dunst, der kurz nach Sonnenuntergang den Horizont umzog, hatte seit dem 7. November aufgehört. Die Luft war wieder so rein wie sonst und das Himmelsgewölbe zeigte im Zenith das Dunkelblau, das den Klimaten eigen ist, wo die Wärme, das Licht und große Gleichförmigkeit der elektrischen Spannung mit einander die vollständigste Auflösung des Wassers in der Luft zu bewirken scheinen. In der Nacht vom siebten zum achten beobachtete ich die Immersion des zweiten Jupiterstrabanten. Die Streifen des Planeten waren deutlicher, als ich sie je zuvor gesehen. Einen Theil der Nacht verwendete ich dazu, die Lichtstärke der schönen Sterne am südlichen Himmel zu vergleichen. Ich hatte schon zur See sorgfältige Beobachtungen der Art angestellt und setzte sie später bei meinem Aufenthalt in Lima, Guayaquil und Mexico in beiden Hemisphären fort. Es war über ein halbes Jahrhundert verflossen, seit Lacaille den Strich des Himmels, der in Europa unsichtbar ist, untersucht hatte. $ steuerten sie nicht sowohl nach dem Polarstern selbst als nach jener Linie. Man wundert sich, wie sie, so bald Land zu Gesicht kommt, richtig die Insel Guadeloupe oder Santa Cruz oder Portorico finden; aber im Ausgleichen der Abweichungen vom Curs sind sie nicht immer eben so glücklich. Wenn sich die Fahrzeuge unter dem Wind dem Lande nähern, kommen sie gegen Ost gegen Wind und Strömung nur sehr schwer weiter. In Kriegszeiten haben nun die Schiffer ihre Unwissenheit und ihre Unbekanntschaft mit dem Gebrauch des Octanten schwer zu büßen; denn die Caper kreuzen eben an den Vorgebirgen, welche die Fahrzeuge von Terra Firma, wenn sie von ihrem Curs abgekommen, in Sicht bekommen müssen, um ihres Weges gewiß zu seyn. Wir fuhren rasch den kleinen Fluß Manzanares hinab, dessen Krümmungen Cocosbäume bezeichnen, wie Pappeln und alte Weiden in unsern Klimaten. Auf dem anstoßenden dürren Strande schimmerten auf den Dornbüschen, die bei Tag nur staubigte Blätter zeigen, da es noch Nacht war, viele tausend Lichtfunken. Die$ it seinen Cocospalmen, Guavra und die Schiffe, die in den Hafen einlaufen. Ich fand diesen Anblick noch weit überraschender, wenn der Himmel nicht ganz rein ist und Wolkenstreifen, die oben stark beleuchtet sind, gleich schwimmenden Eilanden sich von der unermeßlichen Meeresfläche abheben. Nebelschichten in verschiedenen Höhen bilden Mittelgründe zwischen dem Auge des Beobachters und den Niederungen, und durch eine leicht erklärliche Täuschung wird dadurch die Scenerie großartiger, imposanter. Von Zeit zu Zeit kommen in den Rissen der vom Winde gejagten und sich ballenden Wolken Bäume und Wohnungen zum Vorschein, und die Gegenstände scheinen dann ungleich tiefer unten zu liegen als bei reiner, nach allen Seiten durchsichtiger Luft. Wenn man sich am Abhang der mexicanischen Gebirge (zwischen las Trancas und Xalapa) in derselben Höhe befindet, ist man noch zwölf Meilen von der See entfernt; man sieht die Küste nur undeutlich, während man auf dem Wege von Guayra nach Caracas das Tiefland (die _Tierra caliente_) $ Amaru, der selbst nicht ohne Bildung war, schmeichelte Anfangs den Creolen und der europäischen Geistlichkeit, aber die Ereignisse und die Rachsucht seines Neffen Andreas Condorcan rissen ihn fort und er änderte sein Verfahren. Aus einem Aufstand für die Unabhängigkeit wurde ein grausamer Krieg zwischen den Racen; die Weißen blieben Sieger, es kam ihnen zum Bewußtseyn, was ihr gemeinsames Interesse sey, und von nun an faßten sie das Zahlenverhältniß zwischen der weißen und der indianischen Bevölkerung in den verschiedenen Provinzen sehr scharf ins Auge. Erst in unserer Zeit kam es nun dahin, daß die Weißen diese Aufmerksamkeit auf sich selbst richteten und sich mißtrauisch nach den Bestandtheilen ihrer eigenen Kaste umsahen. Jede Unternehmung zur Erringung der Unabhängigkeit und Freiheit trennt die nationale oder amerikanische Partei und die aus dem Mutterland Herübergekommenen in zwei Lager. Als ich nach Caracas kam, waren letztere eben der Gefahr entgangen, die sie in dem von España angezettelten Aufstand f$ 5° nach Saussure) zurück. Eine halbe Stunde später hüllte eine dicke Wolke uns ein; wir konnten die nächsten Gegenstände nicht mehr erkennen und sahen mit Erstaunen, daß das Instrument fortwährend dem Trockenpunkt zuging, bis 47 Grad (84° Saussure). Die Lufttemperatur war dabei 12--13°. Obgleich beim Fischbeinhygrometer der Sättigungspunkt in der Luft nicht bei 100 Grad ist, sondern bei 84°,5 (99° S.), so schien mir doch dieser Einfluß einer Wolke auf den Gang des Instrumentes im höchsten Grade auffallend. Der Nebel dauerte lang genug, daß der Fischbeinstreifen durch Anziehung der Wassertheilchen sich hätte verlängern können. Unsere Kleider wurden nicht feucht. Ein in dergleichen Beobachtungen geübter Reisender versicherte mich kürzlich, er habe auf der _Montagne pelée_ auf Martinique eine Wolke ähnlich auf den Haarhygrometer wirken sehen. Der Physiker hat die Verpflichtung, die Erscheinungen zu berichten, wie die Natur sie bietet, zumal wenn er nichts versäumt hat, um Fehler in der Beobachtung zu vermeiden. $ hten sich, treu dem gewohnten Lebensgang, noch lange an die periodischen Witterungswechsel desselben. In der Provinz Venezuela fangen die kahlen Bäume fast einen Monat vor der Regenzeit wieder an frisches Laub zu treiben. Wahrscheinlich ist um diese Zeit das elektrische Gleichgewicht in der Luft bereits aufgehoben, und dieselbe wird allmählich feuchter, wenn sie auch noch wolkenlos ist. Das Himmelsblau wird blässer und hoch oben in der Luft sammeln sich leichte, gleichförmig verbreitete Dünste. In diese Jahreszeit fällt hier eigentlich das Erwachen der Natur; es ist ein Frühling, der, nach dem Sprachgebrauch in den spanischen Colonien,(48) Winters Anfang verkündigt und auf die Sommerhitze folgt. In der _Quebrada Seca_ wurde früher Indigo gebaut; da aber der dichtbewachsene Boden nicht so viel Wärme abgeben kann, als die Niederungen oder der Thalgrund des Tuy empfangen und durch Strahlung wieder von sich geben, so baut man jetzt statt desselben Kaffee. Je weiter man in der Schlucht hinauf kommt, desto feuchter$ ei Leinwandstücken bestehen, haben einen thierischen, ekligen Geruch, der darauf hinzuweisen scheint, daß das Cautschuc beim Gerinnen den Käsestoff an sich reißt, der vielleicht nur ein modificirter Eiweißstoff ist. Die Frucht des Brodfruchtbaums ist so wenig Brod, als die Bananen vor ihrer Reise oder die stärkemehlreichen Wurzelknollen der _Dioscorea_, des _Convolvulus Batatas_ und der Kartoffel. Die Milch des Kuhbaums dagegen enthält den Käsestoff gerade wie die Milch der Säugethiere. Aus allgemeinem Gesichtspunkte können wir mit Gay-Lussac das Cautschuc als den öligten Theil, als die Butter der vegetabilischen Milch betrachten. Die beiden Grundstoffe Eiweiß und Fett sind in den Organen der verschiedenen Thierarten und in den Pflanzen mit Milchsaft in verschiedenen Verhältnissen enthalten. Bei letzteren sind sie meist mit andern, beim Genuß schädlichen Stoffen verbunden, die sich aber vielleicht auf chemischem Wege trennen ließen. Eine Pflanzenmilch wird nahrhaft, wenn keine scharfen, narkotischen Stoffe me$ und dem Amazonenstrom verbindet, durch astronomische Beobachtungen festzustellen. Wir gingen daher von Barbula nach Guacara zurück, um uns von der achtungswürdigen Familie des Marques del Toro zu verabschieden und noch drei Tage am Ufer des Sees zu verweilen. Es war Fastnacht und der Jubel allgemein. Die Lustbarkeiten, _de carnes tollendas_ genannt, arteten zuweilen ein wenig ins Rohe aus. Die einen führen einen mit Wasser beladenen Esel herum, und wo ein Fenster offen ist, begießen sie das Zimmer mit einer Spritze; andere haben Düten voll Haare der Picapica oder _Dolichos pruriens_ in der Hand und blasen das Haar, das auf der Haut ein heftiges Jucken verursacht, den Vorübergehenden ins Gesicht. Von Guacara gingen wir nach Nueva Valencia zurück. Wir trafen da einige französische Ausgewanderte, die einzigen, die wir in fünf Jahren in den spanischen Colonien gesehen. Trotz der Blutsverwandtschaft zwischen den königlichen Familien von Frankreich und Spanien durften sich nicht einmal die französischen Priester in$ es Amazonenstroms um zweihundert Toisen stiegen, so würde die Fluth mehr als die Hälfte von Südamerika bedecken. Der Ostabhang oder der Fuß der Anden, der jetzt sechshundert Meilen von den Küsten Brasiliens abliegt, wäre ein von der See bespültes Ufer. Diese Betrachtung gründet sich auf eine barometrische Messung in der Provinz Jaen de Bracamoros, wo der Amazonenstrom aus den Cordilleren herauskommt. Ich habe gefunden, daß dort der ungeheure Strom bei mittlerem Wasserstand nur 194 Toisen über dem gegenwärtigen Spiegel des atlantischen Meeres liegt. Und diese in der Mitte gelegenen waldbedeckten Ebenen liegen noch fünfmal höher als die grasbewachsenen Pampas von Buenos Ayres und die Llanos von Caracas und am Diese Llanos, welche das Becken des untern Orinoco bilden und die wir zweimal im selben Jahr, in den Monaten März und Juli, durchzogen haben, hängen zusammen mit dem Becken des Amazonenstroms und des Rio Negro, das einerseits durch die Cordillere von Chiquitos, andererseits durch die Gebirge der Parime beg$ n Cundinamarca. Er theilte die oberste Gewalt mit dem Hohenpriester (Lama) von Iraca. 73 Band I, Seite 216 74 PLINIUS, _L. XII_, c. VII. 75 Die Indianer versichern, wenn man Pferde zwei Tage hinter einander in einer Lache laufen lasse, in der es sehr viele Gymnoten gibt, gehe am zweiten Tag kein Pferd mehr zu Grunde. 76 HUMBOLDTs _Versuche über die gereizte Muskelfaser_. Vol. 1. p. 323--329. 77 Rothes Todtliegendes, oder ältester Flötzsandstein der Freiberger Schule. 78 In den Llanos von Calabozo und am Guayaval kostet ein junger Stier von zwei bis drei Jahren einen Piaster. Ist er verschnitten (in sehr heißen Ländern eine ziemlich gefährliche Operation), so ist er 5 bis 6 Piaster werth. Eine an der Sonne getrocknete Ochsenhaut gilt 2½ Silberrealen (1 Peso = 8 Realen); ein Huhn 2 Realen; ein Schaf, in Barquesimeto und Truxillo, denn ostwärts von diesen Städten gibt es keine, 3 Realen. Da diese Preise sich nothwendig verändern $ e die Scheibe vor den Wolken. Diese standen ausnehmend hoch und bildeten Streifen, die, wie durch elektrische Abstossung, in gleichen Abstaenden fortliefen. Es sind diess dieselben kleinen weissen Dunstmassen, die ich auf den Gipfeln der hoechsten Anden ueber mir gesehen, und die in mehreren Sprachen *Schaefchen*, _moutons_ heissen. Wenn der roethliche Nebel den Himmel leicht ueberzog, so behielten die Sterne der ersten Groessen, die in Cumana ueber 20--25 Grad hoch fast nie flimmern, nicht einmal im Zenith ihr ruhiges, planetarisches Licht. Sie flimmerten in allen Hoehen, wie nach einem starken Gewitterregen. Diese Wirkung eines Nebels, der auf den Hygrometer an der Erdoberflaeche nicht wirkte, erschien mir auffallend. Ich blieb einen Theil der Nacht auf einem Balkon sitzen, wo ich einen grossen Theil des Horizonts uebersah. Unter allen Himmelsstrichen hat es viel Anziehendes fuer mich, bei heiterem Himmel ein grosses Sternbild ins Auge zu fassen und zuzusehen, wie Haufen von Dunstblaeschen sich bilden, wie $ zum Ende der Regenzeit in Caracas bleiben, von dort ueber die grossen Ebenen oder *Llanos* in die Missionen am Orinoco reisen, diesen ungeheuren Strom suedlich von den Cataracten bis zum Rio Negro und zur Grenze von Brasilien hinauffahren und ueber die Hauptstadt des spanischen Guyana, gemeiniglich wegen ihrer Lage *Angostura*, d. h. Engpass geheissen, nach Cumana zurueckkehren. Wie lange wir zu dieser Reise von 700 Meilen, wovon wir ueber zwei Drittheile im Canoe zu machen hatten, brauchen wuerden, liess sich unmoeglich bestimmen. Auf den Kuesten kennt man nur das Stueck des Orinoco nahe an seiner Muendung; mit den Missionen besteht lediglich kein Handelsverkehr. Was jenseits der Llanos liegt, ist fuer die Einwohner von Cumana und Caracas unbekanntes Land. Die einen glauben, die mit Rasen bedeckten Ebenen von Calabozo ziehen sich achthundert Meilen gegen Sued fort und stehen mit den Steppen oder Pampas von Buenos Ayres in Verbindung; andere halten wegen der grossen Sterblichkeit unter den Truppen Iturriagas$ Reiz gibt. Ueberall wo in der heissen Zone der von Gebirgen starrende, mit dichtem Pflanzenwuchs bedeckte Boden sein urspruengliches Gepraege behalten hat, erscheint der Mensch nicht mehr als Mittelpunkt der Schoepfung. Weit entfernt, die Elemente zu baendigen, hat er vollauf zu thun, sich ihrer Herrschaft zu entziehen. Die Umwandlungen, welche die Erdoberflaeche seit Jahrhunderten durch die Hand der Wilden erlitten, verschwinden zu nichts gegen das, was das unterirdische Feuer, die austretenden gewaltigen Stroeme, die tobenden Stuerme in wenigen Stunden leisten. Der Kampf der Elemente unter sich ist das eigentlich Charakteristische der Naturscenerie in der neuen Welt. Ein unbewohntes Land kommt dem Reisenden aus dem cultivirten Europa wie eine Stadt vor, aus der die Einwohnerschaft ausgezogen. Hat man einmal in Amerika ein paar Jahre in den Waeldern der Niederungen oder auf dem Ruecken der Cordilleren gelebt, hat man in Laendern so gross wie Frankreich nur eine Handvoll zerstreuter Huetten stehen sehen; so $ r nicht bewohnt, eine hohe Gebirgswand gibt ihm ein finsteres, einfoermiges Ansehen; das noerdliche dagegen ist eine liebliche Landschaft mit reichen Zucker-, Kaffee- und Baumwollenpflanzungen. Mit Cestrum, Azedarac und andern immer bluehenden Straeuchern eingefasste Wege laufen ueber die Ebene und verbinden die zerstreuten Hoefe. Jedes Haus ist von Baeumen umgeben. Der Ceiba mit grossen gelben(51) und die Erithryna mit purpurfarbigen Bluethen, deren Aeste sich verflechten, geben der Landschaft einen eigenthuemlichen Charakter. Die Mannigfaltigkeit und der Glanz der vegetabilischen Farben sticht wirkungsvoll vom eintoenigen Blau des wolkenlosen Himmels ab. In der trockenen Jahreszeit, wenn ein wallender Dunst ueber dem gluehenden Boden schwebt, wird das Gruen und die Fruchtbarkeit durch kuenstliche Bewaesserung unterhalten. Hin und wieder kommt der Granit im angebauten Land zu Tage; ungeheure Felsmassen steigen mitten im Thale steil empor. An ihren nackten, zerkluefteten Waenden wachsen einige Saftpflanzen un$ te Grundstoffe in mehreren Pflanzenfamilien vorkommen; daher, dass die Gattungen und Arten dieser natuerlichen Familien nicht ueber die tropischen und die kalten und gemaessigten Himmelsstriche gleich vertheilt sind; daher, dass Voelker, die fast ganz von Pflanzenstoffen leben, vom Beduerfniss getrieben, mehligte naehrende Stoffe ueberall finden, wo sie nur die Natur im Pflanzensaft, in Rinden, Wurzeln oder Fruechten niedergelegt hat. Das Staerkmehl, das sich am reinsten in den Getreidekoernern findet, ist in den Wurzeln der Arumarten, der _Tacca pinnatifida_ und der _Jatropha Manihot_ mit einem scharfen, zuweilen selbst giftigen Saft verbunden. Der amerikanische Wilde, wie der auf den Inseln der Suedsee, hat das Satzmehl durch Auspressen und Trennen vom Safte *aussuessen* gelernt. In der Pflanzenmilch und den milchigten Emulsionen sind aeusserst nahrhafte Stoffe, Eiweiss, Kaesestoff und Zucker mit Cautschuc und aetzenden schaedlichen Materien, wie Morphium und Blausaeure, verbunden. Dergleichen Mischungen si$ Fluit und Leonardus. Kennen Sie nicht die wohlbekannte Flagge des Souveräns, der auf dieser Jacht herumfährt, und uns zuletzt, wenn es ihm möglich wäre, in den Grund segeln würde? fragte Ludwig. Fluit setzte sein Augenglas an und rief: In der That! die reichsgräfliche Flagge von In- und Kniphausen! Des Grafen Jacht, der der liebste und thätigste Freund unsers Herrn Erbstatthalters ist. Oranien boven! Oranien boven! Dieser volksthümliche Ausruf, der den ehrlichen Fluit als einen der Partei des Erbstatthalters und seines Hauses ergebenen Mann bezeichnete, war zugleich das Signal, das nahende Schiff durch Aufhissen einer oranischen Flagge zu begrüßen, und augenblicklich flatterte diese auch dort auf der Jacht im Tauwerk empor. Zugleich erhielt der Steuermann Befehl, so viel als möglich links beizudrücken und der leichten Jacht das Fahrwasser freizugeben. Ludwigs Falkenblick erkannte den Erbherrn, wie er auf dem Bug seines Schiffes stand und durch das Fernrohr nach der »vergulden Rose« blickte. Ludwig drehte sich$ ne. Es sind einhundert Gulden baar nicht zu bekommen, und wenn man eintausend dafür verschreiben wollte! Während dieses Gespräches hatte auch Leonardus mit Ludwig eine lange und ernste Unterredung, in welcher der Erstere dem Freunde die ganze Fülle seines offenen und redlichen Charakters erschloß und zugleich den Blick auf ihre beiderseitige Zukunft lenkte. Folge du, mein Ludwig, sprach Leonardus, jetzt dem an dich ergangenen Winke, nimm den Kriegsdienst an, der dir ehrenvolle Lebensstellung sichert, und folge meinem wohlüberlegten und brüderlichen Plane. Unterdeß wirke ich, und wir werden von einander hören. Angés muß mein werden, wenn Gott mir das Leben fristet; wäre Letzteres nicht, so bleibe sie in deinen edeln Schutz gestellt, und dann erfülle die Verpflichtung, die mein Vertrauen dir auferlegt, die deine Liebe mir zugesichert. Sieh, dann bringst du mir ein ungleich höheres und dankenswürdigeres Opfer, als ich dir, indem ich beizutragen suche, deine Stellung im Leben einigermaßen zu sichern. Und nun kein$ t hier, wir holen den Grafen ab, er fühlt sich leidend und sehnt sich nach Deutschland. Zur Großmutter, kann mir's denken! Ihrer Excellenz Frau Gemahlin befinden sich, so viel mir bewußt ist, wieder in Kniphausen, und sind leider immer noch nicht vollkommen Leider! leider! seufzte der Erbherr mit einem ironischen Lächeln. Alles leidend -- Sympathie schöner Seelen! Die alte Excellenz scheint in gleichbleibender Rüstigkeit ihre Tage fortzuleben, sie schreibt mir oft oder läßt mir durch Weisbrod oder meine Schwester schreiben, und kapitelt mich häufig sehr ungnädig ab, während ich Kopf und Kragen daran setze, um ihre Güter in gutem Stande zu erhalten. Was wird es mit Doorwerth? Deßhalb bin ich hier bei Ihnen, Herr Graf. Die Sache muß so oder so ein Ende nehmen; längeres Hinziehen stellt Alles auf das Spiel. Für Doorwerth muß Geld geschafft und zum endlichen Vergleich, den jene unglückliche Geschichte in Varel abbrach, geschritten werden. Sie sehen, liebster Windt, sprach der Erbherr, indem er in aller Gemüthlich$ n getrennt waren und keine Seele den Antheil errathen konnte, den die Prinzessin an dem Kinde nahm. Graf Ludwig wußte, als er in Hamburg mit seinen Schutzbefohlenen anlangte, noch Nichts vom Ableben der regierenden Reichsgräfin Ottoline; er hatte auch von der Großmutter lange keine Nachricht erhalten und leicht konnten ihn jetzt Briefe verfehlen. Indeß vermuthete er seine würdige Gönnerin in Hamburg, und hatte sich nicht getäuscht. Er miethete sogleich in der Nähe des großmütterlichen Hauses eine Wohnung für sich und seine Begleitung und erfuhr, daß auch Windt anwesend und die Reichsgräfin bedenklich erkrankt sei. Ludwig suchte den alten Freund auf, und diesen versetzte das unvermuthete Wiedersehen in eben so viel Freude als Bestürzung. Sie finden Ihre Frau Großmutter bedeutend krank, Herr Graf! sprach Windt; und was die Vergleichssache angeht, so sind wir noch keinen Schritt weiter, außer daß der jüngere Graf, Johann Carl, sich ganz nach England übersiedelt hat und bereits Generallieutenant geworden ist. Der$ Gerste, Maass zu führen scheinen. Nicht unbemerkt lassen wir endlich die in den Haurechnungen auftretende Benützung mathematischer Zeichen; so nach links oder rechts ausschreitender Beine für Addition und Subtraction, drei horizontale Pfeile für Differenz, sowie endlich ein besonderes, dem unseren nicht unähnliches Gleichheitszeichen. Aus dem geometrischen Theile heben wir zunächst, der Anordnung des Papyrus nicht folgend, die Flächenberechnungen von Feldern hervor. Die vorkommenden Beispiele beziehen sich auf quadratische, rechteckige, kreisrunde und trapezförmige Felder, deren Flächeninhalte aus ihren Längenmaassen bestimmt werden. Nachdem in den Aufgaben über die Berechnung des Fassungsvermögens von Fruchtspeichern mit quadratischer Grundfläche diese letztere gefunden wird durch Multiplication der Maasszahl der Seite mit sich selbst, kann es gar keinem Zweifel unterliegen, dass auch die Fläche des Rechteckes durch Multiplication der Maasszahlen zweier zusammenstossender Seiten erhalten wurde, da die Erken$ 7, p. 1098. _ 10 Eudemi Rhodii__ Peripatetici fragmenta quae supersunt_. ed. L. Spengel. Berlin 1870. _ 11 Procl.__ comment._ ed. Rasil. p. 19; _Barocius_ p. 37. 12 ISOKRATES, _Busiris_, cap. 11. 13 STRABON, XIV, 1. 16. 14 PORPHYRIUS, _De vita Pythagorae_ cap. 7; DIOGENES LAERTIUS, VIII, 3. 15 DIODOR, I, c. 96. 16 PROKLOS, ed. Friedlein, 250, 299, 352, 157. 17 DIOGENES LAERTIUS, I, 27. PLINIUS, _Hist. nat._ XXXVI, 12, 17. 18 PLUTARCH, ed. Didot. Vol. 2, III, p. 174. 19 DIOGENES LAERTIUS I, 24--25. 20 MONTUCLA, _Hist. d. math._ 2. édit. t. I, p. 49. 21 BRETSCHNEIDER, _Die Geometrie und die Geometer vor Euklides_, p. 11. Dem Werke Bretschneiders, sowie jenem CANTOR's: _Vorlesungen über Geschichte der Mathematik_, sind die grundlegenden Gedanken entnommen. 22 CLEMENS ALEXANDRINUS, _Stromata_, ed. Potter, I, 357. 23 THEON SMYRNAIOS, _lib. de astron._ ed. Martin, p. 272. 24 PRISSE D'AVENNES, _Hist. de l'art Egypt. d'après les monuments._ 25 WILK$ t, indem er Land wegnimmt und zusetzt, und die Gestalt veraendert, und die anderen Zeichen unkenntlich macht, wodurch das fremde und eigene Besitzthum unterschieden wird. Man muesse daher immer und immer wieder messen. Hieraus soll die Geometrie entstanden Den gesellschaftlichen Einrichtungen der Aegypter entsprechend, muss als feststehend angenommen werden, dass sich eine Kaste, nach eben Gehoertem die der Priester, mit dem wissenschaftlichen Theile der Geometrie beschaeftigte, waehrend eine andere, die der Feldmesser, die von den Ersteren aufgestellten und sorgsam gehueteten geometrischen Principien praktisch zur Anwendung brachte. Dabei wurden, wie wir spaeter sehen werden, die Geheimnisse der Priester, insoweit sie geometrische Wahrheiten und Berechnungsregeln betrafen, moeglicherweise nur insoweit enthuellt, dass bei deren Verwendung nur annaeherungsweise richtige Resultate zum Vorschein Wohl sind einige Schriftsteller so weit gegangen, dass sie, die unlaeugbaren Uebertreibungen des Zusammenhanges zwisch$ heimischen Fürsten abgeschlossenen Verträge gegen die Spanier siegreich zu vertheidigen und die Portugiesen auf Timor und Solor einzuschränken. Hier ist die Episode des Antonio Galvan besonders lehrreich. Sie zeigt, dass es bei Verfolgung einer humanen Politik und Schonung der Landessitten den Portugiesen hatte leicht werden müssen, ihrer Herrschaft über die Molucken grössere Sicherheit und längere Dauer zu geben, als es wirklich der Fall war. Den Spaniern trat auf den Philippinen allerdings nie eine so geschlossene Macht gegenüber, wie den Portugiesen auf den Molucken im dortigen Fürstenbund, so dass es ihnen leichter werden musste, die einzelnen gänzlich von einander unabhängigen Clan's von Luzon und den Visaya's sich zu unterwerfen. Aber die Geschichtsbücher des Landes bewahren uns mehrere Fälle von Empörungen auf, welche zeigen, dass durch die allgemeine Sehnsucht nach Befreiung vom spanischen Joche mitunter eine Vereinigung der sonst getrennt lebenden Stämme zu Stande kam, deren Macht allerdings derjenig$ 6; 88,5-7.] [Fußnote 35: Hiob 10,20 fg.] [Fußnote 36: Marc. 9,43 fg. Math. 18,. Offb. 18,89; 19,20.] [Fußnote 37: Luc. 16,24. Math. 13,49 f.] [Fußnote 38: Math. 8, 12.] [Fußnote 39: Math. 25, 12. 13. 42.] [Fußnote 40: Math. 25, 30.] [Fußnote 41: 1. Cor. 6,9. Off. 22,15.] [Fußnote 42: Math. 25,41.] [Fußnote 43: Off. 20,1. 2. Petri 2,4.] [Fußnote 44: Math. Cap. 25,31 fg.] [Fußnote 45: Jes. XXXIV, 1 fg.] [Fußnote 46: Ps. 27. Jes. XXXIV, 4.] [Fußnote 47: Apoc. 20,10 fg. Marc. 8,38; 13,27. Luc. 9,26; 1. Tess. 4,16. 1. Cor. 15,52. Apoc. 20,11-15.] [Fußnote 48: Wetzer u. Welte a. a. O. Bd. 10, pag. 228.] [Fußnote 49: Cf. Piper: Myth. I, § 16.] [Fußnote 50: Abbild. bei Kraus: Roma sotteranea.] [Fußnote 51: Roskoff: a. a. O. I. pag. 274, 219/20.] [Fußnote 52: Basilius der Grosse befreite einen Sklaven, welcher ein Bündnis geschlossen hatte, von diesem, und der hlg. Theophilus (a. 538), welcher sich eigenhändig dem Teufel verschrieb$ theils mit des Teufels Hülfe durch die Luft kommen; 2) eine im Geiste, wenn der Ort so entfernt ist, dass die in einem Moment zu vollendende Reise vermöge ihrer Schnelligkeit die Unmöglichkeit des Athemholens voraussetzen würde. Den Coitus mit den Incuben und Succuben räumt der König ein, nicht aber die Erzeugung von Ungeheuern und wirklichen Kindern. Die Magier sowohl, als die Hexen sollen mit dem Tode bestraft werden. In einem andern, der Ausbildung seines Sohns zum Regenten gewidmeten Werke[33] stellt Jakob unter denjenigen Verbrechen, wo die königliche Begnadigung Sünde wäre, die Zauberei oben an. Oft liegt dem König die Wahrheit so nahe vor den Füssen, dass er gleichsam darüber stolpert, aber sein dämonenaufspürendes Auge bleibt stets nach den Wolken gerichtet. So antwortet er auf die Frage: warum in Lappland, Finnland, den Orkaden und shetländischen Inseln der dämonische Concubitus häufiger sei, als anderwärts: »Wo die Unwissenheit der Menschen am dicksten ist, da ist auch die Unverschämtheit des Teufe$ Hülfe des bösen Feinds und zauberischer Zusetzung ein Kind ums Leben gebracht, auch sonst eine Person mit solchen Mitteln übel zugerichtet, soll solcher verübten schwerer Verbrechen halber auf einen Wagen gesetzt, zur Richtstatt ausgeführt, inzwischen aber an beiden Armen mit glühenden Zangen, und zwar an jedem Arm mit Einem Griff gerissen. Darauf zwar aus Gnaden, weil sie sich bussfertig erzeigt, mit dem Schwert und blutiger Hand vom Leben zum Tod hingerichtet, der todte Körper aber nachmals zu Asche verbrannt werden, -- welches Urtheil auf einkommende starke Fürbitte um willen ihrer grossen Leibesschwachheit und hohen Alters noch weiter dahin aus Gnaden gemildert worden, dass die zween Griffe mit glühenden Zangen vermieden geblieben.« -- Das letzte Erkenntniss, welches wir kennen, ist vom 27. Juli In der (damals freisingischen) =Grafschaft Wardenfels= (in Oberbaiern) war in den Jahren 1589-1592 ein Hexenprozess anhängig, der damit endigte, dass auf sieben Malefizrechtstagen achtundvierzig Frauen nach den g$ ] Ein ziemlich vollständiges Referat über die Verhandlungen und Vorgänge bei einem 1655 zu Marburg geführten Hexenprozess hat der bekannte Philosoph _Tiedemann_ in den »Hessischen Beiträgen zur Gelehrsamkeit und Kunst«, B. II. (Frankf. 1787), S. 577-605 geliefert. [107] So lautet z. B. das Schlussactum eines Hexenprozesses zu Rotenburg in Hessen von 1668 so: »Urtheil.« »In Sachen Fürstl. Hessisch-Rheinfelsischen Fiscalis, peinlichen Amtsanklägers eines-, entgegen an Else Baldewins, peinliche Beklagte anderen Theils, beschuldigte Hexerei in actis mit mehreren angezogen, betreffend, wird von uns peinlichen Richtern und Schöffen des Fürstl. Rheinfels. hohen Halsgerichts zu Rotenburg allem Vorbringen nach auf vorgehabtem Rath der Rechtsgelehrten zu Recht erkannt: dass peinlich Beklagte von der ordentlichen Strafe der Hexerei zwar zu absolviren, jedoch aber wegen verübten Excessus ihr zur Strafe und den Anderen zum Exempel auf ein Jahr lang ad opus publicum zu verdammen sei; wie wir dann $ Auf dem Scheiterhaufen wollte er zum Volke reden; die Exorzisten aber schütteten ihm eine Fluth von Weihwasser ins Gesicht, und als die Wirkung desselben vorüber war, gaben sie ihm Judasküsse. Grandier nannte sie selbst so. Wiederholt verlangten sie Bekenntnisse, und als diese nicht erfolgten, geriethen sie in so heftigen Zorn, dass sie die vom Propsteirichter zugestandene Erdrosselung vor dem Anzünden des Holzstosses zu vereiteln suchten. Sie knüpften in die Schnur, die dem Scharfrichter übergeben wurde, Knoten, dass sie nicht zulaufen konnte, und der Pater Lactantius übernahm selbst das Amt des Henkerknechts, indem er eiligst den Brand ins Holz warf. Grandier rief: »Deus meus, ad te vigilo, miserere mei, Deus!« Seine Stimme wurde von den Kapuzinern unterdrückt, die abermals den Inhalt ihrer Weihkessel auf sein Gesicht ausgossen. Nach dem Tode des Unglücklichen hörten die Exorzismen noch immer nicht auf. Wir gedenken indessen dieselben nicht weiter zu verfolgen. Nur verdient noch bemerkt zu werden, dass ein$ t, Gebet, Fleiss in der Heiligung, Gebrauch der Sakramente, werkthätige Liebe. Zur Unterdrückung und Ausrottung der Hexerei könne aber die Strenge des Gerichtsverfahrens gar nichts beitragen. Vielmehr müsse man hierzu nach dem Gesetze der Liebe Christi verfahren. Diejenigen, welche vor ihren Seelsorgern wegen vorgekommener Ausübung der Zauberei ihre Reue erklärten, sollte man darum gar nicht dem weltlichen Richter überantworten. Auch würde es sich in vielen Fällen sehr empfehlen, bei schon Verurtheilten die weltliche Strafe in öffentliche Kirchenbusse zu verwandeln. »Ich zweifle nicht,« sagt Tanner, »dass durch solche Demüthigung der Teufel weit mehr verwirrt und ohnmächtig gemacht werden wird als durch tausend Todesurtheile.« Immer wieder kommt Tanner darauf zurück, dass hier nicht mit leiblichen, sondern mit geistigen und geistlichen Waffen zu kämpfen sei; und zu diesen geistigen Waffen rechnet er vor Allem eine gute Erziehung der Jugend und eine sorgfältige Unterweisung derselben in den Wahrheiten des Evan$ umständlich vorgetragen. Die Behandlung der sogenannten crimina excepta war es gerade, wogegen Spee seinen Hauptangriff gerichtet hatte, und nun bewies Carpzov wieder, wie z. B. in der Zauberei das corpus delicti nur in der Vermuthung vorzuliegen brauche und wie die leichtesten Indizien zur Tortur und endlichen Verurtheilung ausreichen[206]. Carpzov schwamm also ganz mit dem Strome, und darum trug ihn der Strom empor, während der widerstrebende Spee unter den Wellen begraben und vergessen ward. Für die Masse der Juristen war nun Carpzov das Orakel, von dem man eine absolut sichere und gewisse Wahrheit empfangen hatte, wesshalb ihm alle blindlings folgten. Als Zeugen dieser Thatsache wollen wir aus Norddeutschland nur Einen Rechtslehrer anführen. In =Hitzig's= Annalen (XXV. S. 309 ff.) wird nämlich ein Auszug aus des =Nicolaus v. Beckmann= Schrift Idea iuris von 1688 mitgetheilt, worin sich derselbe S. 426 ff. so ausspricht: »dass es =Hexen= gibt, und man von ihnen viele wunderliche Sachen erfährt, ist aus fo$ Gipfeln belaubter Aeste vernimmt, schon während der Ablesung besondere Gährungen in den Gemüthern der Zuhörer. Man lispelte sich sogleich stille, wechselweise Entdeckungen ins Ohr, ja man glaubte kaum das Herabgelesene verstanden zu haben. Man eilte nach Hause und spitzte die Federn zu Widerlegungen etc.« So stand es damals um die Intelligenz der Träger der Wissenschaft in Baiern, wesshalb es nicht Wunder nehmen kann, dass, nachdem die Kunde von dem Vortrage Sterzinger's wie ein Lauffeuer durch das ganze Land gegangen war, dessen Name alsbald in allen Schichten der Gesellschaft mit Grimm und Verachtung genannt ward. Er wurde überall als Frevler am Glauben verschrieen. Auch traten, nachdem die Rede im Druck erschienen war, aller Orten literärische Verfechter des Hexenglaubens auf. Zunächst erschien eine Streitschrift unter dem Titel: »Urtheil ohne Vorurtheil über die wirkend- und thätige Hexerey, abgefasset von einem Liebhaber der Wahrheit, 1766. =Mit Erlaubnis der Oberen.=« Im Verlaufe des nun beginnenden St$ , die auf dem Weg zur Schule einen ergötzlichen Abstecher machten, sogar einige höchst unbürgerliche Erscheinungen, zerlumpte Herren, die die Nacht im Stadtgraben oder in einer Scheune verbracht hatten. Mit dem Verlauf des Tages wurde die Gesellschaft vornehmer; es kamen ganze Familien, der Herr Rendant mit Weib und Kind, der Herr Major a. D., der Schneidermeister Bügelfleiß, Graf Rotstrumpf mit seinen Damen, Herr von Übel und Herr von Strübel, die ihre Morgenpromenade zum Zweck einer Besichtigung des kuriosen Untiers unterbrachen. Es war ein heiteres Treiben; man konversierte, wisperte, lachte, spottete und tauschte Meinungen aus. Man war freigebig und brachte dem Jüngling allerlei Geschenke, die er ansah wie ein Hund, der noch nicht apportieren gelernt hat, den fortgeworfenen Spazierstock seines Herrn ansieht. Man legte Eßwaren vor ihn hin, um seinen Appetit zu reizen; so schleppte zum Beispiel die Kanzleirätin Zahnlos einmal eine ganze Schinkenkeule herauf, die allerdings am andern Tag verschwunden war -- $ erbrach er die Arbeit und seine Augen glänzten. So machte ihn auch jedes Geräusch aus dem Innern des weitläufigen Hauses stutzig, und nicht selten lief er zur Tür, öffnete den Spalt und horchte aufgeregt, wenn er eine Stimme vernommen hatte, die unbekannt klang. Die Dienstleute wurden darauf aufmerksam; sie sagten, er sei ein Türenhorcher und lege es darauf an, sie dem Baron zu verklatschen. Vor dem Hause selber empfand Caspar eine unbestimmte Hochachtung; er schritt fast auf Zehen über die Korridore, etwa wie man in der Gegenwart eines vornehmen Herrn leise spricht. In stolzer Zugeschlossenheit thronte der Bau abseits vom Getriebe, und wer Einlaß heischte, mußte sich von einem langbärtigen Pförtner besichtigen und befragen lassen. Die Mauern waren so gewaltig in die Erde gebohrt, Fassade, Dach und Giebel so majestätisch gefügt und verwachsen, als hätten altverbriefte Rechte mehr als die Kunst des Baumeisters ihnen zu solchem Ansehen verholfen. Der Turm im Hof mit der Wendeltreppe fesselte Caspars Auge gern a$ ohnegleichen zu geben. Seine Feste und Gastmähler waren berühmt gewesen. Er war von Land zu Land gereist mit einem Hofstaat von Köchen, Sekretären, Kammerdienern, Handwerkern und Spaßmachern. Er hatte bei einer Pergola in Madrid für fünfundzwanzigtausend Livres Blumen an die Frauen verteilen lassen. Er hatte während des Wiener Kongresses die Könige und Fürsten bewirtet, Wettrennen veranstaltet, die allein ein Vermögen verschlangen, und Oratorien und Opern für eigne Rechnung aufführen lassen. Seine luxuriösen Launen hielten die Gesellschaft in Atem; er beschenkte seine Freunde mit Villen und Landgütern und seine Freundinnen mit Perlenketten. Er war jahrelang der Timon des Kontinents gewesen, um den sich eine Armee von geilen Schmarotzern drängte, die alle ihr Profitchen an ihm machten und ihre ausschweifenden Gelüste bei ihm befriedigten. Seine Gutherzigkeit und Freigebigkeit war sprichwörtlich geworden, seine Art, mit immer gefüllten Händen Gold um sich her zu streuen, achtlos, ob es in die Gosse oder auf di$ verbeugte sich abermals, bedauerte, daß er Seiner Exzellenz nicht habe aufwarten können, und fügte bescheiden hinzu, er müsse diese Stunde zu den höchsten seines Lebens rechnen, vergönne sie ihm doch die Bekanntschaft eines Mannes, dessen Ruf und Ruhm einzig und über die Grenzen der Sprache wie der Nation hinausgedrungen sei. Von neuem der jähe, scharfe Blick des Präsidenten, ein schamhaft satirisches Schmunzeln in dem verwitterten Gesicht und dahinter, fast rührend, ein Strahl naiver Dankbarkeit und Freude. Der Lord seinerseits stellte vollendet einen Mann der großen Welt dar, der vielleicht zum erstenmal befangen ist. Sie nahmen Platz, der Präsident durch die Gewohnheit des Berufs mit dem Rücken gegen das Fenster, um seinen Gast im Licht zu haben. Er sagte, eine der Ursachen, weshalb er ihn zu sprechen verlange, sei ein gestern eingetroffener Brief des Herrn von Tucher, worin ihm dieser nahelege, Caspar zu sich ins Haus zu nehmen. Diese plötzliche Sinnesänderung sei ihm um so merkwürdiger erschienen, als er$ ns Licht, immer ins Licht, die geöffnete Hand an der Wange, das Kinn über dem Daumen. Ich sah mir ihn jetzt genauer an, indem ich mich unauffällig näherte, jedoch sein Antlitz verriet nichts als einen unbeweglichen, gar nicht einmal schmerzlichen, sondern starren, fast stupiden Ernst. Meine Mutter fuhr fort, in ihn zu dringen, er solle doch sagen, wo er herkomme und wo er gewesen sei. Da sah er uns alle der Reihe nach an, schüttelte den Kopf und faltete bittend die Hände. Wir beredeten uns nun, daß Caspar in unserm Hause bleiben und da übernachten solle; wir hatten, um das Aufsehen wegen Caspars Verschwinden gleich wieder zu ersticken, die Magd zum Bürgermeister geschickt, auch zu den andern Leuten, die wir schon inkommodiert hatten, und meine Mutter ging in die Küche, um fürs Abendessen zu sorgen, da erschien der Tuchersche Diener, erkundigte sich, ob Caspar bei uns sei, und als wir dies bejahten, sagte er, er solle gleich nach Hause, der Polizeileutnant Hickel aus Ansbach wäre da und Caspar müsse noch am Ab$ , das Bild an den Nagel zu hängen. Quandt hatte nämlich, vom Spitalweg kommend, schon aus der Ferne in Caspars Zimmer Licht bemerkt. Er packte seine Frau am Arm und rief: »Sieh mal, Frau, sieh mal!« »Was gibt's denn schon wieder?« murrte die Frau, die voll Ärger darüber war, daß Quandt ihr mit seiner übeln Laune den ganzen Abend verdorben »Jetzt hast du doch den Beweis, daß er bei der Kerze sitzt,« sagte Das Haus hatte durch ein Gartenpförtchen auch einen Zugang von der Rückseite. Quandt wählte den, und als er mit der Frau im Hof stand, fiel ihm ein, ob er nicht zuerst den Jüngling auf irgendwelche Art belauschen und sehen könne, was er treibe. Der Birnbaum an der Mauer war wie geschaffen dazu. Quandt war geschickt und kräftig, ohne Mühe erklomm er die Mauer und dann einen breiten Ast, von wo er Caspars Zimmer überschauen konnte. Was er sah, genügte. Nach kurzer Weile kam er aufgeregt herab, raunte seiner Frau zu: »Ich hab' ihn erwischt, Jette,« und stürzte ins Haus und die Stiege empor. Da sich auf sein Klop$ , als Dillmann auf ihn zuschritt und mit zitternder Stimme sagte: »Der unvergleichliche Mann! Wenn ihm nur nichts zustößt! Wenn ihm nur nichts Menschliches passiert!« Caspar drehte sich um, entgegnete aber nichts. »Na, Hauser, und für Sie wäre es gar ein unersetzlicher Verlust,« fuhr der Alte seltsam keifend und zänkisch fort; »wo gibt's denn in dieser lummerigen Welt einen Menschen, der sich so für einen andern Menschen einsetzt? Sollte mich nicht erstaunen, wenn das ein schlimmes Ende nähme. Ja, es wird ein schlimmes Ende nehmen, ein schlimmes Ende.« Caspar hörte schweigend zu; seine Augen blinzelten. »So ein Mann!« rief Dillmann aus. »Ich hab', seit ich hier sitze, schon sieben Präsidenten und zweiundzwanzig Regierungsräte zum Grab geleitet, Hauser, aber so einer war nicht dabei. Ein Titan, Hauser, ein Titan! Die Sterne könnt' er vom Himmel reißen um der Gerechtigkeit willen. Man muß ihn nur betrachten; haben Sie ihn mal genau betrachtet? Der Buckel über der Nase! Das deutet, wie man sagt, auf eine geniali$ Reihe nach langsam an, wobei sein Gesicht dem eines Menschen glich, der sich soeben behaglich zum Essen setzen wollte und dem plötzlich Schüssel, Teller, Messer und Gabel, ja der ganze Tisch weggezaubert wird. »Kommen Sie mit mir, Herr Lehrer,« sagte mit heiserer Stimme Hickel, der am Ofen stand und mit sinnloser Geschäftigkeit seine Hände an den Kacheln rieb. Quandt nickte und schritt mechanisch voraus. »Ist's möglich!« murmelte er wieder, als er auf der Stiege stand. »Ist's möglich!« Hilfesuchend blickte er den Polizeileutnant an. »Ach,« fuhr er elegisch fort, »wir haben doch unser redlich Teil getan. An treuer Fürsorge haben wir's wahrlich nicht fehlen lassen.« »Lassen Sie doch die Flausen, Quandt,« antwortete der Polizeileutnant grob. »Sagen Sie mir lieber, was hat denn der Hauser alles geredet in seinem Wahn?« »Unsinn, lauter Unsinn,« versetzte Quandt bekümmert. »Achtung, Herr Lehrer, da sehen Sie mal hinunter,« rief Hickel, indem er sich über das Geländer beugte. »Was denn?« gab Quandt erschrocken zurüc$ igeunername meiner Schwiegermutter) erkannt. Gleichzeitig ertönten wieder die in unserer Sprache abgegebenen, gellenden Hilferufe und viel näher. Kein Zweifel, es war die noch nicht Zurückgekommene und allem Anscheine nach war sie in großer Gefahr. Alle stürzten in fieberhafter Eile der Richtung nach, von welcher die Hilferufe kamen. Sehen konnte man in dem tiefen Wald noch nichts. Da, in nächster Nähe der Straße, war eine etwas größere Lichtung, wo die Männer das nun folgende, abscheuliche Schauspiel mit ansehen mußten. Ein Gendarm stand da neben meiner Schwiegermutter, riß an ihr herum, er wollte sie fesseln. Sie wehrte sich dagegen, da stieß er sie mit dem Gewehrkolben in ganz unmenschlicher Weise, in Rücken, auf die Brust, den Leib, so daß sie einigemale zu Boden stürzte; und sie war in -- hochschwangerem Zustand. Ihr Mann sprang rasend vor Zorn und Wut auf den rohen, wüsten Gendarmen zu, seinem mißhandelten Weibe zu Hilfe und ihr zurufend. Darauf sprang diese auf und wie ein gehetztes Reh davon, aber sta$ n mitten zwischen die Felsen eingebaut und durch gefahrvolle Stiegen, die in den Stein geschlagen sind, miteinander verbunden. Über der Spitze eines Daches sieht man ein Mädchen in rotem Rock in einen Garten laufen. Zwischen den Ranken und Reben von Weinstöcken steigt der Rauch eines Schornsteins auf. Dörfler arbeiten auf senkrechten Feldern. Auf einem abgerutschten Felsblock sitzt eine alte Frau und spinnt in aller Ruhe unter den Blüten eines Mandelbaums. Sie sieht auf die Reisenden zu ihren Füßen hinab und lächelt über deren Angst. Die Risse im Boden machen ihr ebensowenig Sorge wie die überhängenden Trümmer einer alten Mauer, die nur noch durch die gewundenen Wurzeln eines Efeumantels vor dem völligen Zusammenbruch bewahrt ist. Die Hammerschläge von Küfern hallen in den Gewölben luftiger Keller. Kurz, hier, wo die Natur dem Menschenfleiß Fuß zu fassen wehrt, ist die Erde überall bebaut und fruchtbar. So läßt sich auch auf dem ganzen Lauf der Loire nichts mit dem reichen Panorama vergleichen, das die Tourai$ mit Berechnung zu weinen, zu scherzen. Nach dieser feierlichen Krise gibt es keine Geheimnisse mehr im Gesellschaftsleben, über das man sich von da ab ein unwiderrufliches Urteil gebildet hat. Bei den jungen Frauen im Alter der Marquise wird dieser erste, einschneidendste aller Schmerzen immer durch das gleiche Geschehnis verursacht. Die Frau, und vor allem die junge Frau, die ebenso groß an Seele wie an Schönheit ist, wird jederzeit dort ihr Leben einsetzen, wohin Natur, Gesellschaft oder Neigung sie stellen -- und sie wird ihr Leben ganz einsetzen. Wenn dieses Einsetzen ein Fehlschlag ist, ohne daß sie das Leben dabei verliert, so empfindet sie die grausamsten Schmerzen, weil ja eben die erste Liebe das schönste aller Gefühle ist. Warum hat dieses Unglück noch keinen Maler oder Poeten gefunden? Aber kann es gemalt, kann es besungen werden? Nein, die Natur der Schmerzen, die es erregt, entzieht sich der Analyse und den Farben der Kunst. Und dann sind diese Schmerzen auch noch nie offenbart und mitgeteilt wor$ as Herrlichste, das ich mein Leben lang kennen gelernt habe! Die menschliche Stimme hat keine Ausdrücke für ein himmlisches Glück.« Ein Tränenstrom entrann ihren brennenden Augen. Die vier Kinder stießen ein klägliches Geschrei aus und liefen herbei, wie Küchlein die Mutter umringend. Der älteste Knabe schlug nach dem General und warf ihm drohende Blicke zu. »Abel,« sagte sie, »mein Engel, ich weine ja doch vor Freude.« Sie nahm ihn auf die Knie; das Kind liebkoste sie zutraulich, indem es die Arme um den majestätischen Hals Helenens schlang, wie ein kleiner Löwe, der mit seiner Mutter spielen will. »Und du hast keine Langeweile?« rief der General, betäubt von der überschwenglichen Antwort seiner Tochter. »Doch,« antwortete sie. »Wenn wir mal an Land gehen; denn auch dann verlasse ich meinen Mann nie.« »Aber du liebtest doch Festlichkeiten, Bälle, Musik?« »Musik -- das ist seine Stimme; meine Festlichkeiten -- das sind die Stunden, zu denen ich mich für ihn schmücke. Wenn ich ihm in meinem Putz gefalle, ist's$ lt lag, in der er sich Zwei Tage lang durfte er nicht zur Mutter. Am dritten entschloß er sich, ohne Erlaubnis an ihr Bett zu kommen, um sie zu versöhnen. Doch sie hatte Besuch. Der alte Ratgeber aus Altenberg war da und außerdem dessen Vater, der also Engelharts Urahn war, ein Mann von sechsundneunzig Jahren. Er lebte in Rot am Sand, zwei Stunden hinter Nürnberg. Ein zottiger Bart von rötlichweißer Farbe schloß das ungemein große, rote, zerwühlte, volle Gesicht wie in einen Rahmen. Als er Engelhart gewahrte, hielt er die Hand wie einen Schirm vor die dicken Brauen und stierte mit den scheu versteckten Augen auf ihn wie auf etwas Weitentferntes, Winziges, gleich als ob er zeigen wolle, daß achtundachtzig Jahre zwischen ihm und diesem Kinde lägen. Er griff in die Manteltasche und reichte mit der zitronengelben Hand Engelhart zwei halbverschimmelte Schokoladestückchen. Seit dreißig Jahren war er nicht in der Stadt gewesen, und nicht etwa die Liebe zu seinem Geschlecht hatte ihn angetrieben, sondern die bloße Ne$ perrt, so stimmte er einen greulich unmelodischen Gesang an und stolperte geräuschvoll die Stiege empor. Seit Frau Ratgeber im Hause weilte, betrank er sich nicht mehr und verwendete größere Sorgfalt als bisher auf seinen Anzug. Am Morgen nach dem kleinen Tanzfest schickte er seinen Burschen mit einem Strauß von Rosen und einer Visitenkarte, auf deren Rückseite in sorgfältig gemalten Buchstaben zu lesen stand: Schönheit besiegt ein jedes Herz Und sei es auch so hart wie Erz. Bald danach hörte man ihn mit klirrendem Wehrgehänge die Stiege herabpoltern, er machte im Frühstückszimmer seine Aufwartung, aber seine Haltung verlor an Sicherheit, als die Kinder, durch sein wunderliches Grimassenschneiden belustigt, kichernd entflohen. Es nahte die Zeit der Reife, das Obst auf den Bäumen wurde schwer. Täglich wanderten die Kinder in die Beeren. Spät nachmittags zog die belebte Schar heimwärts, die Mütter kamen ihnen auf der Landstraße entgegen und freuten sich der reichen Ausbeute. An einem schönen Septemberta$ hm leicht, die schönen klaren Schriftzüge zu lesen. Niedergedrückt schlich der Knabe im Haus umher und stellte sich, des schlechten Wetters nicht achtend, unter das Haustor. Die anbrechende Nacht verscheuchte ihn, und als er hinaufging, hatte er Kopfschmerz und jagende Hitze. Adele Spanheim sah ihn bleich hereinschwanken und wurde besorgt. Sie entkleidete ihn und strich ihm kosend über das Haar, aber ihr verändertes ängstliches Benehmen beleidigte seinen Stolz. Er bekam den Scharlach in der gefährlichsten Form, lag vier Tage bewußtlos, bäumte sich aus der pflegenden Hand und schrie vor sich hin. Danach, als er genas, füllte sich seine Brust mit Süßigkeit, es wurde ihm offenbar, daß er durch ein dunkles Tor neuerdings ins Leben trat, etwas von Lebensschönheit wurde ihm bewußt, über einem langhinlaufenden Weg strahlte die Sonne mit herrlicher Gewalt, an beiden Seiten hingen Rosengirlanden und über smaragdenen Wiesen flogen Vögel, wie er sie nie zuvor erblickt, sie hatten etwas menschlich Sanftes im Ausdruck ihr$ n gleichsam zwischen die Zähne geschlürft, und seine Züge zeigten einen beängstigenden Ausdruck. Da fiel sein irrer Blick auf Porkowsky, und nicht so bald hatte er das höhnisch-feindselige und dumpf-verlegene Lächeln auf dessen vollwangigem und fahlem Gesicht bemerkt, als ihm alles klar wurde. Ohne Besinnung stürzte er auf den Burschen zu, packte ihn mit der einen Faust an der Kehle, mit der andern bei der Schulter und riß ihn mit einem Ruck zu Boden. Ernestine schrie auf, der Prokurist und Herr Zeis fielen dem Rasenden in die Arme und drängten ihn gegen das Fenster, wo er noch immer zitternd und fieberhaft atmend stehen blieb. Porkowsky stöhnte und lag dann still da, doch war er nicht verletzt. Herr Gallus ging zu der Glastüre, die von diesem Raum aus auf die Straße führte, öffnete sie, streckte die Hand aus und rief Engelhart zu: »Marsch!« Engelhart nahm seinen Hut und ging, ohne den Blick zu erheben. In demselben Schritt und derselben geduckten Haltung, wie er jene verlassen, schlich er weiter und wurde no$ fremd und beängstigend. Ernestine wußte nun um das Unabänderliche, das kommen mußte, und hätte es gerne nicht geschehen lassen, aber es gibt Stunden, wo der Wille wie ein abgeschlagenes Tier müde wird. Beim Lampenlicht beugte sie sich noch einmal über Engelhart und blickte ihm tief in die Augen. »Ach,« seufzte sie und deckte die Hand über seine Lider, »du weißt noch nichts von der Welt.« Er glich einem Kind, als er stundenlang schweigend an ihrer Brust lag. Er dachte, mehr von der Welt zu wissen sei überflüssig. Dünkte ihm dies schon zu In den nächsten Tagen trieb er sich müßig umher. Jeden Morgen erhielt er ein Briefchen von Ernestine, worin sie ihn benachrichtigte, wie die Dinge standen. Sie hatte es durchgesetzt, daß Herrn Freitag von dem Vorfall keine Mitteilung gemacht wurde, doch Herr Zeis hatte den Lehrling Porkowsky, der eine Verletzung am Kopf erlitten zu haben behauptete, zur Forderung eines Schadenersatzes aufgehetzt. Porkowsky verlangte fünfzig Gulden und drohte, wenn er diese nicht erhalte, sich $ in wenig betrunken oder stellten sich so. Einer, den sie Baron nannten, hatte ein verblasenes Lächeln auf dem bübchenhaften Gesicht; diesem flüsterte der Lange etwas zu, er kam an Engelharts Tisch und forderte ihn mit gezierter Höflichkeit auf, sich zu der Gesellschaft zu setzen. Engelhart dankte; Spannung und Entzücken benahmen ihm fast So glaubte er endlich das Tor betreten zu haben, das ins Leben führt, in das berühmte »Leben«. Von nun an wurde die Nacht sein Tag, wie für den Schmuggler, und schmugglerhaft war dies Herumziehen an den Grenzen der bürgerlichen Bezirke, auf den Lippen Hohn und in der Brust die Furcht vor ihren Zollwächtern. Oft kam er erst um vier Uhr morgens nach Hause, schlief dann über die Zeit, kam verspätet, dumpf und müde ins Bureau und wurde unverläßlich bei der Arbeit. Diese Arbeit bestand im Briefeschreiben an säumige Zahler, an unschlüssige Versicherungskandidaten, in Beantwortung von Beschwerdeschriften, in juridischen und ökonomischen Aufklärungen, Agenteninstruktionen, im Ausstel$ und sagte kalt: »Jetzt habe ich genug von Ihnen,« und streckte dabei befehlend den Arm aus. Klewein starrte sie an, dann verbeugte er sich sarkastisch und ging hinweg. Seine heftigen Schritte verklangen in der Finsternis. Amöna wendete sich mit einem drohenden Blick zu Engelhart und fragte: »Sind Sie auch so einer?« Und da er schwieg, nahm sie seinen Arm, und da er ihr nicht werbend entgegenkam, schien sie zu erstaunen. Unter einer Gaslaterne nahm sie ihm den Hut ab, legte die Hand auf seine Schulter, sah ihn prüfend an und sagte halb lächelnd, halb traurig: »So jung, so jung!« Sie blieben eine Weile stehen, dann sagte sie: »Jetzt gehen Sie nach Hause und schlafen Sie sich mal aus, und morgen abend um neun Uhr kommen Sie zu mir, ich tanze morgen nicht, ich fühle mich wieder unwohl, kommen Sie zu mir in die Wohnung.« Sie nannte ihm die Straße und das Haus, nickte kokett und schritt langsam davon. Engelhart kam taumelnd heim, entschlief erst, als der Tag anbrach, und wurde durch einen Abgesandten des Bureaus a$ schrieb ganze Nächte hindurch, um eine lumpige Mark herauszuschinden. Nun war es aber des Teufels mit Herrn Saffran; erstens stellte er sich taub, wenn man Geld haben wollte, gebrauchte Ausflüchte, tat, als habe er schon Vorschuß gegeben, oder rannte plötzlich davon mit den Worten: »Ach Gott, ach Gott, Seine Königliche Hoheit haben mich ja zur Audienz befohlen;« zweitens aber zählte er die Silben, untersuchte, ob auf jeder Seite gleich viel Worte standen, und wenn die Sache nicht in Ordnung war, schlug er die Hände zusammen und jammerte laut über die Niedertracht der Welt. Er besaß den Orden für Wissenschaft und Kunst, und als Engelhart einmal mit düsterer Entschlossenheit seinen Lohn begehrte, nahm er das Ehrenzeichen und steckte es vor die Brust wie einer, der einen Stern vom Himmel gepflückt hat und sich damit böse Geister vom Leibe halten will, dann gab er noch allerlei sublime Redensarten von sich, bevor er endlich den Geldbeutel öffnete. Auch diese Erwerbsquelle versiegte mit der dritten Woche. Um das U$ während ihm das Wenige, was ihm sonst noch verblieben war, nach Art einer Spitzflamme zu Häupten stand. Am schlimmsten aber waren seine winterlichen Hände, die, wie eine Welt für sich, aus dem überall zu kurz gewordenen Einsegnungsrock hervorsahen. »Ede,« sagte der Pastor freundlich, »Du sollst über Hradscheck und den Polen aussagen, was Du weißt.« Der Junge schwieg und zitterte. »Warum sagst Du nichts? warum zitterst Du?« »Ick jrul' mi so.« »Vor wem? Vor uns?« Ede schüttelte mit dem Kopf. »Nun, vor wem denn?« »Vor Hradschecken ...« Eccelius, der alles zu Gunsten der Hradschecks gewendet zu sehen wünschte, war mit dieser Aussage wenig zufrieden, nahm sich aber zusammen und sagte: »Vor Hradscheck. Warum vor Hradscheck? Was ist mit ihm? Behandelt er Dich schlecht?« »Nu wie denn?« »Ick weet nich ... He is so anners.« »Nu gut. Anders. Aber das ist nicht genug, Ede. Du mußt uns mehr sagen. Worin ist er anders? Was thut er? Trinkt er? Oder flucht er? Oder ist er »Nu wie denn? Was denn?« »Ick weet nich ... He is so $ einer bestimmten Liebe, wohl aber »Liebe«. Sie kann dies in Wahrheit ebensowenig. Nicht Liebe, sondern nur eine Bewegung kann sie schildern, welche bei der Liebe oder auch einem andern Affekt vorkommen kann, immer jedoch das Unwesentliche seines Charakters ist. »Liebe« ist ein abstrakter Begriff, so gut wie »Tugend« und »Unsterblichkeit«. Die Versicherung der Theoretiker, Musik habe keine abstrakten Begriffe darzustellen, ist überflüssig; denn _keine_ Kunst kann dies. Daß nur _Ideen_, d. i. lebendig gewordene Begriffe Inhalt künstlerischer Verkörperung sind, versteht sich von selbst.[9] Aber auch die _Ideen_ der Liebe, des Zornes, der Furcht können Instrumentalwerke nicht zur Erscheinung bringen, weil zwischen jenen Ideen und schönen Tonverbindungen kein notwendiger Zusammenhang besteht. Welches Moment dieser Ideen ist's denn also, dessen die Musik sich in der Tat so wirksam zu bemächtigen weiß? Es ist die _Bewegung_ (natürlich in dem weiteren Sinne, der auch das Anschwellen und Abschwächen des einzelnen Ton$ ei Rückschlüssen von den Kompositionen auf den menschlichen Charakter des Komponisten notwendig ist, und wie groß dabei die Gefahr, daß die Phantasie die nüchterne Untersuchung zum Nachteil der Wahrheit beeinflußt, das hat neuerdings u. a. die Beethoven-Biographie von _A. B. Marx_ gezeigt, deren musikalisch voreingenommene Panegyrik einer sorgfältigen Untersuchung der Tatsachen überhoben zu sein glaubte und daher durch _Thayers_ genaue Quellenforschungen in vielen Punkten drastisch berichtigt worden ist. Nicht das tatsächliche Gefühl des Komponisten, als eine bloß subjektive Affektion, ist es, was die gleiche Stimmung in den Hörern wachruft. Räumt man der Musik solch eine zwingende Macht ein, so anerkennt man dadurch deren Ursache als etwas Objektives in ihr; denn nur dieses _zwingt_ in allem Schönen. Dies Objektive sind hier die _musikalischen_ Bestimmtheiten eines Tonstücks. Streng ästhetisch können wir von irgendeinem Thema sagen, es _klinge_ stolz oder trübe, nicht aber, es sei ein Ausdruck $ akter_. Die _architektonische_ Seite des Musikalisch-Schönen tritt bei der Stilfrage recht deutlich in den Vordergrund. Eine höhere Gesetzlichkeit, als die der bloßen Proportion, wird der _Stil_ eines Tonstücks durch einen einzigen Takt verletzt, der, an sich untadelhaft, nicht zum Ausdruck des Ganzen stimmt. Genau so wie eine unpassende Arabeske im Bauwerk, nennen wir stillos eine Kadenz oder Modulation, welche als Inkonsequenz aus der einheitlichen Durchführung des Grundgedankens abspringt. Natürlich ist diese Einheit im weiteren, höheren Sinne zu nehmen, wonach sie unter Umständen den Kontrast, die Episode und manche Freiheiten in sich begreift. In der _Komposition_ eines Musikstückes findet daher eine Entäußerung des eigenen persönlichen Affektes nur insoweit statt, als es die Grenzen einer vorherrschend objektiven, formenden Tätigkeit zulassen. Der Akt, in welchem die unmittelbare Ausströmung eines Gefühls in Tönen vor sich gehen kann, ist nicht sowohl die _Erfindung_ eines Tonwerkes, als vielmehr die _R$ kommentieren. Die Tonkunst wirkte daher hauptsächlich nach ihrer _sinnlichen_ und ihrer _symbolischen_ Seite. Auf diese Faktoren hingedrängt, mußte sie dieselben durch solche Konzentration zu großer, ja raffinierter Wirksamkeit ausbilden. Die Zuspitzung des melodischen Materials bis zur Anwendung der Vierteltöne und des »enharmonischen Tongeschlechts« hat die heutige Tonkunst ebensowenig mehr aufzuweisen, als den charakteristischen Sonderausdruck der Tonarten und ihr enges Anschmiegen an das gesprochene oder gesungene Wort. Diese gesteigerten tonlichen Verhältnisse fanden für ihren engen Kreis überdies eine viel größere Empfänglichkeit in den _Hörern_ vor. Wie das griechische Ohr unendlich feinere Intervallenunterschiede zu fassen fähig war, als es das unsere in der schwebenden Temperatur auferzogene ist, so war auch das Gemüt jener Völker der wechselnden Umstimmung durch Musik weit zugänglicher und begehrlicher als wir, die an dem künstlerischen Bilden der Tonkunst ein kontemplatives Gefallen hegen, das dere$ hast. Und nun überlege dir, wie wenige von diesen selbst mit wirklich notwendigen Arbeiten beschäftigt sind! Da nämlich bei uns das Geld der Maßstab für alles ist, müssen wir viele völlig unnütze und überflüssige Gewerbe betreiben, die bloß der Verschwendung und der Genußsucht dienen. Würde man nämlich diese ganze Masse, die jetzt im Arbeitsprozeß steht, nur auf die so wenigen Gewerbe verteilen, die ein angemessener natürlicher Bedarf erfordert, so würde ein großer Überfluß an Waren entstehen, und die Preise würden notwendigerweise zu tief sinken, als daß die Handwerker ihren Lebensunterhalt davon bestreiten könnten. Aber wenn alle die, die jetzt ihre Kräfte in nutzloser Tätigkeit verzetteln, und wenn noch dazu der ganze Schwarm derer, die jetzt in Nichtstun und Trägheit erschlaffen und von denen jeder einzelne so viel von den Produkten verbraucht, die die Arbeitskraft anderer liefert, wie zwei der Arbeiter, wenn man also alle diese zu Arbeiten, und zwar zu nützlichen, verwendete, so würde, wie leicht einzus$ te, traten die Priester dazwischen, unterbrachen das Blutvergießen, trennten die Truppen voneinander, brachten unter gerechten Bedingungen einen Frieden zustande und schlossen ihn ab. Denn noch niemals ist ein Volk so wild, so grausam und so barbarisch gewesen, daß es ihre Person nicht für heilig und unverletzlich gehalten hätte. Als Festtage begehen die Utopier den ersten und letzten Tag eines jeden Monats und Jahres. Dieses teilen sie in Monate ein, die der Umlauf des Mondes abgrenzt, wie der Kreislauf der Sonne das Jahr rundet. Alle Anfangstage heißen auf utopisch »Cynemerner« und die Schlußtage »Trapemerner«, was etwa soviel wie Anfangs- und Schlußfeste bedeutet. Man sieht in Utopien prachtvolle Tempel, die nicht bloß mit großer Kunst gebaut sind, sondern auch eine gewaltige Menschenmenge fassen, was ja bei ihrer geringen Anzahl auch unbedingt notwendig ist. Gleichwohl sind sie alle halbdunkel, und zwar soll das nicht auf mangelhafte Kenntnis in der Baukunst zurückgehen, sondern auf einen Rat der Priester$ ligenzell aufhielten, nach diesem zur Kirche zu gehen. Abends trat er den Rückweg an, auf dem sich, wenn es dunkel war, am Anfang des Waldes ein Hirsch zu ihm gesellte, welcher ein Licht zwischen den Hörnern hatte und ihm bis zu seiner Klause leuchtete. Einmal war der Weg vom Regen so schlüpferig, daß der Waldbruder aus einem Weinberg einen Rebpfahl nahm, um sich im Gehen darauf zu stützen. Als er in den Wald kam, war kein Hirsch da, und er mußte im Finstern nach Hause tappen. Auch an den zwei folgenden Tagen ließ der Hirsch sich nicht sehen. Da erinnerte der Einsiedler sich des Rebpfahles, that ihn dahin, woher er ihn genommen, und hierauf fand der Hirsch sich wieder ein und leuchtete ihm wie zuvor. Das Kruzifix auf dem Kirchhofe zu Oberweier. Vor etlichen Jahrhunderten verirrte sich Nachts ein Wanderer im wilden Walde. Geängstigt durch die vielen Schlangen und Kröten, welche darin hausten, that er das Gelübde: wenn er unbeschädigt hinaus in einen Ort käme, wolle er auf dessen Gottesacker ein Kruzifix stifte$ ein strahlendes Bild der fernen Welt in sein Herz gesunken. Wie mag euch Schwalben die Erde erscheinen, die ihr bewohnt, dachte er nun in der Erinnerung ihrer Worte, wie anders werdet ihr sie kennen und empfinden als ein kleines Bodentier des ebenen Feldes, oder als der Mensch. Eure Reise nach dem Süden führt euch Jahr für Jahr über das schimmernde Meer, über welchem, wie über einer unabsehbaren, runden Silberfläche, die Sonne rot aufwacht, ihren hohen Strahlenweg geht, einsam über dem tausendfältigen Glitzern, und am Abend langsam, feuerrot in ihr helles Bett sinkt. Dann fliegt ihr allein über der großen Ebene, das Wasser sieht wie flüssiges Eisen aus, der Himmel im Westen wie durchscheinendes Glas und im Osten kalt und blau, im Wehn der herannahenden Nacht. -- Wie schön die Schwalbe erzählt hatte. Seid ihr nicht viel mehr als alle, seid ihr nicht am glücklichsten, ihr Menschen, fuhr er in seinem Sinnen fort. Ich lebe unter Tieren und Pflanzen und kann euch nicht erscheinen, aber es zieht mich zu euch, stär$ n, als dem Menschen in die Hände zu fallen. Was er rief und bat, wurde nicht verstanden, soviel ließ sich bald erkennen. Auch er verstand die Laute nicht, in denen die beiden Menschen sich unterhielten. »Ach Gott,« sagte der Knabe zu dem kleinen Mädchen, das mit ihm auf die Sommerwiesen gelaufen war, »es ist wieder nur ein ganz gewöhnlicher brauner, ich hätte so gern einmal einen echten grünen Laubfrosch »Ja,« antwortete das kleine, blonde Mädchen, »es ist nur ein brauner, aber er ist hübsch klein und nicht so garstig wie die großen.« Der Knabe schien zu überlegen. »Ich will ihn jedenfalls mitnehmen,« entschloß er sich, fuhr mit der Hand in das Netz und ergriff Jen, »vielleicht versteht er doch etwas vom Wetter, oder ich kann es ihm beibringen.« Er hatte Jens Bein erwischt, zog ihn daran empor und hielt ihn gegen den Himmel. Das Mädchen öffnete eine ovale, grüne Büchse, die ihr Bruder, über die Schulter gehängt, bei sich trug. Jen verschwand in der Öffnung wie im Rachen eines grünen Ungeheuers und hörte noch $ cher seid, aber ihr wißt durch die Bienen und Schmetterlinge von dem Ort, oder durch die Vögel. Das Haus ist längst verfallen, und seine Mauerreste sind überwachsen, der Ort ist euch und euren Völkern zurückgegeben, ich glaube auch nicht, daß es noch Menschen im Lande gibt, die von dem Hause wissen. Die Tannen hat der Jäger um die Zeit gepflanzt, in welcher Traule geboren wurde; auch sie kennen die Geschichte des Mädchens, aber nicht so gut wie ich, denn wenn Traule besonders froh oder traurig war, kam sie auf einem Waldpfad, den nur sie kannte, zu mir, um auf dem Moos unter meinen Zweigen am Bach zu weilen. Wir kannten uns gut und liebten uns sehr. Einmal, in der Zeit, nachdem ihre Mutter gestorben war, kam sie zu mir, legte ihre Arme um meinen Stamm und sagte zu mir: 'Bei dir ist mir ums Herz, wie mir bei meiner Mutter war, du nimmst mich an, wie ich bin, du spendest deine Wohltaten, ohne nach meinem Wert zu fragen, und die Ruhe, die dein Wesen atmet, ist, ohne meine Bitte, immer vorhanden.' Die Menschen fü$ Antimon | Tellurium | Jod 126.97 | -- | 7 | 120.23 | 127.6 | | | | | | | | | -- | -- | -- | -- | 8 | | | | | | | | | | | -- | -- | -- | -- | 9 | | | | | | | | | { Osmium 191 | | Tantal 181 | Wolfram 184 | -- | { Iridium 193 | 10 | | | | { Platin 194.8 | | | | | | | Wismuth 208 | -- | -- | -- | 11 | | | |$ sdehnung und Anordnung seines Materials in den Mund gelegt, in denen klar darauf hingewiesen wird, daß sein Werk ein aus drei gleichen Teilen bestehendes, mit andern Worten, eine Trilogie gewesen sei. Die erste dieser Angaben steht auf fol. 125c, d (vol. I, S. 280 der Ausgabe) und lautet folgendermaßen: "Et sacent tuit cil qui lestoire monsigneur de Borron vau[d]ront oir comme il devise son livre en trois parties, l'une partie aussi grant comme lautre, la premiere aussi grande comme la seconde, et la seconde aussi grant comme la tierche. Et la premiere fenist il au commenchement de ceste queste et la seconde el commenchement dou graal et la tierche fenist il apries la mort de Lanscelot, a chelui point meisme quil devise de la mort le roi March. Et cest[e] chose amentoit [il] en la fin dou premier livre pour chou que [se] lestoire dou graal estoit corrompue par auchuns translatours qui apres lui venissent, tout li sage houme, qui meteroient lour entente a oir et a escouter, porroient par $ euer der drei Gefährten mit den drei Jungfrauen, die in der Form wie dieselben hier vorliegen, wahrscheinlich in unseren Tagen vor mir niemand gelesen hat. In der Analyse dieser Abenteuer, die ich hier gebe, weisen die arabischen Zahlen in Klammern auf die Seiten meiner vorliegenden Ausgabe hin, und zwar steht jede Zahl am Beginne der Seite, deren Inhalt erzählt wird. Der Übersichtlichkeit halber, habe ich die Anfänge der in dem Text durch große Anfangsbuchstaben markierten Abschnitte in der Analyse stets durch entsprechende Absätze gekennzeichnet. I. __Die Abenteuer Gawains__.[39] SS. 19-44. -- (19) Nachdem Gawain sich von Ywain und dem Morholt verabschiedet hatte, ritt er mit seiner Jungfrau den ganzen Tag durch den Wald, ohne daß ihm etwas Bemerkenswertes passiert wäre. Am Abend kehrten beide bei einem alten _vavasour_ ein, der sie freundlich aufnahm. Als Gawain seinem Wirte erzählte, daß er Abenteuer suchte, versprach dieser, ihm am nächsten Tage in dem Walde ein Wunder zu zeigen, welches bisher noch niem$ rt si durement[73] quil fet son glaiue voler en pieces, mais autre mal ne ly fet. Et le Morholt qui de rien ne lespargne le fiert si durement quil ly met parmy lescu et parmy le haubert le fer trenchant ou coste senestre et ly fait plaie grant, mes ce ne fu mie[74] mortel. Il lempaint bien, si le porte du cheual a terre.[75] Et le Morholt. qui oncques ne le regarde, sen passe oultre et laisse celluy gisant.[76] Et quant Gauuain voit[77] son [H 223c] cousin a terre, il en est moult doulent si dist: "Ha! dieux, tant[78] est cil homs puissant![79] {7} Dieux, tant seroit fol et desmesures qui[80] tel homme aatiroit[81] dune bataille, sil ny auoit droite achoison! Pour moy le di ie premierement. Certes se ie neusse emprise vers luy ioste, ie ne me entremeisse, apres ces trois cops que ie luy ay veu fere, pour .i. chastel gaaigner; car apres le cop de sa main ne puet nul homs remanoir en selle, pourquoy ie ly laissasse du tout la iouste, se ie le peusse faire a honneur. _Comment le Morholt dIrlande abatit messirez $ moult haultement et a son honneur. Car il le bee a aparler de traison en la court aucun hault homme et copper li le chief en la plaigne bataille a ce quil se sent si puissant des armes quil ne cuide mie, silz estoient mis en vng champ, que Gauuain peust longuement durer a lui. Lors se mist hors du pauillon faisant trop grant duel. Et quant il est vng pou esloignes, il luy est auiz quil na mie bien esploicte quant il na tant fait que ilz cogneussent vraiement quil ait entreulx este[287] quant ilz [27a] sesueilleront et quil ne les ait pas laissie occire pour ce quil ne le peust bien [faire], mais pour sa debonnairete. Lors retorne arrieres au pauillon et trait sespee, si la[288] met sur le cheuet du lit de trauers toute nue, si qua pou quelle ne tochoit a vng chief et a lautre. Et quant il a ce fait, il se mist hors du pauillon. Et quant il est vng pou loing, il commence a faire trop grant duel et dit: "Ha, dieux! qui cuidast que en filz de roy se peust herberger si grant traison comme ce desloyal a enuers moy$ ekulativen Wahrheiten, die wir durch das bloße natürliche Erkenntnisvermögen[16] erkennen. * * * * * In der =fünften= Betrachtung wird nicht nur das Wesen des Körpers im allgemeinen klargelegt: es wird auch das Dasein Gottes auf eine neue Art bewiesen, wobei aber vielleicht wieder einige Schwierigkeiten vorkommen, die später bei Beantwortung der Einwände ihre Lösung finden. Schließlich wird auch gezeigt, inwiefern selbst die Gewißheit geometrischer Beweise durch die Erkenntnis Gottes bedingt ist. * * * * * Endlich in der =sechsten= Betrachtung wird zwischen Verstand und Vorstellungsvermögen unterschieden und die Unterscheidungsmerkmale werden angegeben; es wird bewiesen, daß der Geist wirklich vom Körper verschieden ist, und es wird dargethan, daß er gleichwohl so eng mit jenem verbunden ist, daß er mit ihm ein einheitliches Ganzes bildet. Alle Irrtümer, die gewöhnlich aus den Sinnen hervorgehen, werden besprochen und die Mittel a$ oder Affekte, dann die Was nun die Vorstellungen anbetrifft, so können sie eigentlich nicht falsch sein, wenn man sie nur an sich betrachtet und auf nichts anderes bezieht. Ob ich eine Ziege oder eine Chimäre mir vorstelle: daß ich es =vorstelle=, ist im einen Fall ebenso wahr wie im andern! Auch beim Willen und den Affekten brauche ich keinen Irrtum zu fürchten, denn wenn ich auch Schlechtes oder ganz und gar Unmögliches wünschen kann, so bleibt es darum doch immer wahr, daß ich solches begehre. So bleiben nur die =Urteile= allein, bei denen ich mich vor Irrtum hüten muß.[27] Der hauptsächlichste und häufigste Irrtum aber, den man in ihnen finden kann, besteht darin, daß ich meine, die Vorstellungen, die =in mir= sind, seien gewissen Dingen =außer mir= ähnlich und entsprechend. In der That, wenn ich die Vorstellungen nur als gewisse Arten meines Denkens betrachten und auf nichts Anderes beziehen würde, so könnten sie mir kaum irgend einen Stoff zum Irrtum geben. Von diesen Vorstellungen nun sind die einen, d$ ich dir. Sonst weiß ich dann auch noch, wo Vater und Mutter wohnen. Auch der Joseph verdient nicht, daß er mit Ausdrücken solcher Art beschimpft werde. Schick ihn ganz fort, wenn du dich durch ihn geschädigt glaubst, aber mach keine solche Szenen.« Sie hatte das als »unselbständige Frau« natürlich weinend gesprochen, aber was sie sprach, das hatte seinen Eindruck durchaus nicht verfehlt, Tobler war sofort ruhig geworden, das »Gewitter« war am Vorübergehen. Er fing an, mit Joseph zu ratschlagen, was man tun könne, um sich die Kapitalien des Herrn Johannes Fischer nicht entgehen zu lassen. Morgen früh müsse sogleich telefoniert werden. Im Leben gewisser Handelsleute spielt das Telephon eine große Rolle. Die kaufmännischen Gewaltstreiche wollen in der Regel telephonisch begonnen Schon der bloße Gedanke, daß man ja diesem Herrn Fischer morgen früh telephonieren könne, machte beider, Toblers und Josephs, Hoffnungen wieder aufleben. Wie war es denn möglich, daß, wenn man derartige Hilfsmittel zur Verfügung hatte, $ en hat.« Joseph machte sich auf den Heimweg. * * * * * Das Haus Tobler, wie steht es da, fest und zugleich zierlich, als werde es von lauter Anmut und Lebensgenügsamkeit bewohnt! Solch ein Haus ist nicht leicht umzuwerfen; fleißige, geschickte Hände haben es dauerhaft zusammengefügt, mit Mörtel, Balken und Ziegelsteinen. Ein Seewind weht es nicht um, selbst ein Orkan nicht einmal. Was können ein paar geschäftliche Verfehlungen solch einem Haus schaden? Nun besteht ja allerdings ein Haus aus zwei Seiten, aus einer sichtbaren und einer unsichtbaren, aus einem äußeren Gefüge und aus einem inneren Halt, und der innere Bau ist vielleicht ebenso wichtig, ja, manchmal vielleicht noch wichtiger zum Tragen und Stützen des Ganzen, wie der äußere. Was nützt es, wenn ein Haus schmuck und gefällig steht, wenn die Menschen, die es bewohnen, es nicht zu stützen und zu ertragen vermögen? Da sind allerdings die geschäftlichen und ökonomischen Fehler von großer Item, das Haus Tobler b$ dwind, blas' noch mehr! Mein Mädel verlangt nach mir! Hohoje! Halloho! Hoho! Ho! Ho! Ho! ZWEITER ACT. ERSTE SCENE. Summ und brumm, du gutes Rädchen, Munter, munter dreh' dich um! Spinne, spinne tausend Fädchen, Gutes Rädchen, summ' und brumm! Mein Schatz ist auf dem Meere draus, Er denkt nach Haus An's fromme Kind: Mein gutes Rädchen saus' und braus'! Ach, gäbst du Wind, Er kam' geschwind! Spinnt, spinnt! Fleissig, Mädchen! Summ, brumm, Gutes Rädchen! Ei! Fleissig, fleissig, wie sie spinnen! Will jede sich den Schatz gewinnen. Frau Mary, still! denn wohl Ihr wisst, Das Lied noch nicht zu Ende ist. So singt! dem Rädchen lässt's nicht Ruh'. Du aber, Senta, schweigst dazu? Summ und brumm, du gutes Rädchen, Munter, munter dreh' dich um! Spinne, spinne tausend Fädchen, Gutes Rädchen, summ und brumm! Mein Schatz da draussen auf dem Meer Im Süden er Viel Gold gewinnt. Ach, gutes Rädchen, braus' noch mehr! Er giet's dem Kind, Wenn's fleissig spinnt. Sp$ Wird er vollbringen, was schon oft er wollte. . . Und was, Erik? Dir einen Gatten geben. -- Mein Herz voll Treue bis zum Sterben, Mein dürftig Gut, mein Jägerglück:-- Darf so um Deine Hand ich werben, Stösst mich Dein Vater nicht zurück? Wenn sich mein Herz in Jammer bricht, Sag', Senta, wer dann für mich spricht? O schweige jetzt, Erik! Lass mich hinaus, Den Vater zu begrüssen! Wenn nicht, wie sonst, an Bord die Tochter kommt, Wird er nicht zürnen müssen? Du willst mich fliehn? Ich muss zum Port. Du weichst mir aus? Ach! lass mich fort! Fliehst Du zurück vor dieser Wunde, Die Du mir schlugst, den Liebeswahn? O höre mich zu dieser Stunde, Hör' meine letzte Frage an! Wenn dieses Herz in Jammer bricht, Wird's Senta sein, die für mich spricht? Wie? zweifelst Du an meinem Herzen? Du zweifelst, ob ich gut Dir bin? -- Doch sag', was weckt Dir solche Schmerzen? Was trübt mit Argwohn Deinen Sinn? Dein Vater -- ach! nach Schätzen geizt er nur. . . Und Senta, Du! Wie d$ ieses fremde Luststück, wofür ich allerdings (mein Verleger bezeugt's) den Ehrensold selber beziehe, überkam ich so rechtlich, daß ich unbeschreiblich ruhig erwarte, was der Feldprediger gegen die Herausgabe sagt, falls er nicht schweigt. Mein Gewissen bürgt mir, daß ich wenigstens auf ehrlicheren Wegen zu diesem Besitztume gekommen, als die sind, auf denen Gelehrte mit den Ohren stehlen, welche als geistige Hörsaalshausdiebe und Kathederschnapphähne und Kreuzer die erbeuteten Vorlesungen in den Buchdruckereien ausschiffen, um sie im Lande als eigene Erzeugnisse zu verhandeln. Noch hab' ich wenig mehr in meinem Leben gestohlen, als jugendlich zuweilen -- Blicke. 2) Das zweite Wort soll die auffallende, mit einem Notensouterrain durchbrochene Gestalt des Werkleins entschuldigen. Sie gefällt mir selber nicht. Die Welt schlage auf und schaue hinein und entscheide ebenfalls. Aber folgender Zufall zog diese durch das ganze Buch streichende Teilungslinie: ich hatte meine eigenen Gedanken (oder Digressionen), womit $ itter, das dem Postwagen nachfuhr, veränderte den Diskurs. Ihr, Freunde, erratet wohl alle -- da ihr mich nicht als einen Mann ohne alle Physik kennen lernen -- meine Maßregeln gegen Gewitter: [89] In großen Städten lebt der Fremde die ersten Tage nach seiner Ankunft bloß von seinem Gelde im Gasthofe, erst darauf in den Häusern seiner Freunde umsonst; langt man hingegen auf der Erde an, wie z. B. ich, so wird man gerade die ersten Jahre hindurch höflich freigehalten, in den andern und längern aber -- denn man bleibt oft sechzig Jahre -- muß man wahrhaftig (ich habe die Dokumente in Händen) jeden Tropfen und Bissen bezahlen, als wäre man im großen Gasthofe zur Erde, was noch dazu wahr ist. ich setze mich nämlich auf einen Sessel mitten in der Stube (oft bleib' ich bei bedenklichem Gewölk ganze Nächte auf ihm), und decke mich durch mein Reinigen von allen Leitern, Ringen, Schnallen und so weiter und durch mein Absitzen von allen Blitzabsprüngen immer so, daß ich kaltblütig die Sp$ ich die Ferse rückte, mich selber als einen verblüfften Stocknarren und Ladstock in die andere Welt, unter die Seligen hineinschoß. Ich suchte vor allen Dingen mich mit den Fußnägeln in den Boden wie einzubeißen und einzufressen -- weil ich wenigstens so lange am holden Leben bleiben konnte, als ich mich fest pflöckte neben der daliegenden Atroposschere und Henkersbühne; -- darauf wünscht' ich mich zu entsinnen, auf welchen Steigen der Teufel mich unerschossen herbeigeführt. Aber vor Angst hatt' ich alles ausgeschwitzt und wußte gar nichts, -- im nahen Höllendorf war kein [11] Das goldene Kalb der Selbstsucht wächst bald zum glühenden Phalarisochsen, der seinen Vater und Anbeter einäschert. Hund zu ersehen und zu erschreien, der mich etwa aus dem Wasser hätte holen können, und die beiden Schwäger soffen selig. Indes, ich faßte Mut und Entschluß -- schrieb auf einem Pergamentblatte meinen letzten Willen sowie meine zufällige Sterbart nieder, und meinen Todesdank ans Bergelchen -- und flog dann mit voll$ ern des Prinzen, und er windet es sich um den Hals und würgt sich damit. Dann tastet er ihr nach in die Nacht hinein und jubelt plötzlich auf. Er hört, sie hat die kleine Tapetenthür entdeckt und er weiß: nun ist sie sein; denn von da giebt es nur einen Weg: die schmale Turmtreppe, die in das kleine duftende Rundgemach mündet -- hoch im Moldauturme. Und mit übermütiger Hast ist er hinter ihr, immer hinter ihr, und er vernimmt nicht ihren verscheuchten Schritt, aber wie einen Glanz sieht er sie bei jeder Wendung der Treppe vor sich her. Da faßt er sie wieder, und jetzt hält er das zarte, angstwarme Hemdchen in der Hand, nur das Hemdchen, und seinen Lippen und Wangen ist es kühl. Es schwindelt ihn, und wie er seine Beute küßt, lehnt er zögernd an der Wand. Dann mit drei, vier Tigersprüngen taucht er hinauf in die Thür des Turmgemachs und -- erstarrt: hoch vor der Nacht ragt, nackt, der reine weiße Leib, wie vom Fensterrande aufgeblüht. Und reglos sind sie beide. Aber dann, eh' er's noch denkt, heben sich zwei h$ ngen« in der Majorität waren. Ein herziges kleines Familientrio, aus einem Knaben und zwei winzigen Mädchen bestehend, wurde viel bewundert, und die Mutter geradezu beneidet. Mehrere der anwesenden Mütter meinten, sie hätten sich oft für John oder Tommy ein Brüderchen oder Schwesterchen gewünscht; da wenige der betreffenden Kinder älter als fünf Jahre waren, schien die Schwierigkeit nicht unüberwindlich zu sein. Aber es herrschte nur _eine_ Meinung unter den Damen: daß es zu spät sei, »wieder mit der Kleinkinderstube zu beginnen«. »Es täte nur gut, wenn beide zusammen aufwachsen könnten; fünf Jahre sei ein zu großer Altersunterschied« und so weiter. Gewiß werden sie dereinst ihre Zaghaftigkeit bitter bereuen, wie es bei vielen Frauen aus meiner persönlichen Bekanntschaft der Fall war. -- John oder Tommy können ihnen genommen werden, oder, was schlimmer ist, sie können lieblos und ungehorsam werden, und in jener traurigen Zeit werden sie kein anderes Kind als tröstenden Ersatz haben. Wenn die seichten Verfasse$ mir Übermenschliches zugetraut und kann es nicht durchführen. Meinetwegen sage, ich bin schwach. Ich bin auch nur ein schwaches Weib. Ich will fort von hier. Fort aus dem Hause will »Mutter -- das -- nein, das kannst du nicht!« schrie Richard ganz laut vor Schrecken und starrte seine Mutter voll Entsetzen an. »Sei leise, Richard, er hört uns,« mahnte die Mutter. »Mein Junge, es wird dir schwer, aber du mußt mir das Opfer bringen -- du wirst -- ich weiß es ...« »Welches Opfer?« fragte Richard und begann zu zittern. »Was meinst du denn, Mutti?« »Daß du mit mir gehen sollst, Richard, das meine ich. Heimlich wollen wir fort. Anders geht es nicht -- sonst bringt er uns ja doch wieder in seine Gewalt. Ich kann es nicht durchleben, wie er dich von meinem Herzen fortlockt ... Und glaube mir, Richard -- ich kenne ihn -- in ihm ist eine schauerliche Kälte. Was gilt ihm Menschenglück -- ihm gilt nur die Kunst ... Wenn du ihn da enttäuschest -- du sollst es sehen, wie er dich rücksichtslos über Bord wirft ...« »Das darf$ zu Petrowitsch -- die Wahrheit zu sagen war diese gerade frisch eingeseift und stank, wie alle Petersburger Hintertreppen, stark nach Schnaps -- ich sage auf der Stiege überlegte Akaki Akakiewitsch, wieviel Petrowitsch wohl verlangen dürfte, und war in Gedanken fest entschlossen, nicht mehr als zwei Rubel zu geben. Die Tür stand offen, denn die Küche, wo des Petrowitsch Weib einen Fisch briet, war so voll Rauch, daß man nicht einmal die Schwaben sehen konnte. Akaki konnte also durchgehen, ohne von der Wirtin gesehen zu werden, und trat ins Zimmer des Petrowitsch, welcher an einem breiten ungestrichenen Tisch saß und die Beine wie ein Pascha gekreuzt hatte. Die Füße waren wie bei allen Schneidern bloß, und vor allem mußte dem Kunden der Daumen auffallen; Akaki Akakiewitsch kannte ihn gut mit seinem verstümmelten Nagel, der dick und hart wie Schildpatt war. Um den Hals hingen ihm Fäden von Zwirn und Seide und auf den Knien hatte er einen alten Fetzen. Schon seit einigen Minuten suchte er den Zwirn in das Nadelö$ h zuhaltend, ins linke den Schnupftabak gezogen, als das Gespenst so heftig zu niesen begann, daß es nur so in aller drei Augen spritzte. Und so, während sie sich noch die Augen rieben, verschwand das Gespenst, und sie wußten später nicht einmal, ob sie es wirklich in Händen gehabt hätten oder nicht. Seitdem hatten die Wachtposten alle eine solche Furcht vor Gespenstern, daß sie es nicht mehr wagten, diese lebend zu fangen, und ihnen nur von weitem zuriefen: »Du, geh du nur deines Weges!« und das Gespenst des Titularrats sich jetzt schon jenseits der Kalinkinbrücke zeigte und dort allen furchtsamen Leuten keine geringe Angst einjagte. Doch wir haben ganz und gar die hochstehende Persönlichkeit sitzen lassen, die doch in Wirklichkeit die Ursache davon war, daß unsere wahre Geschichte nun eine so phantastische Richtung genommen hat. Zunächst sind wir es der Gerechtigkeit schuldig zu berichten, daß sie bald nachdem seinerzeit der arme, heruntergerissene Akaki Akakiewitsch herausgegangen war, etwas wie Bedauern f$ Sie hatte dem abziehenden Geliebten gewissermaßen aufmerksam nachgeschaut, saß länger als eine Stunde unbeweglich da und stand dann auf, indem sie bitterlich zu weinen begann und ratlos nach der Türe ging. Zwei Freundinnen gesellten sich nun zu ihr mit zweifelhaft tröstenden Worten; sie bat dieselben, ihr Mantel, Tücher, Hut und dergleichen zu verschaffen, in welche Dinge sie sich sodann stumm verhüllte, die Augen mit dem Schleier heftig trocknend. Da man aber, wenn man weint, fast immer zugleich auch die Nase schneuzen muß, so sah sie sich doch genötigt, das Taschentuch zu nehmen und tat einen tüchtigen Schneuz, worauf sie stolz und zornig um sich blickte. In dieses Blicken hinein geriet Melchior Böhni, der sich ihr freundlich, demütig und lächelnd näherte und ihr die Notwendigkeit darstellte, nunmehr einen Führer und Begleiter nach dem väterlichen Hause zurückzuhaben. Den Teich Bethesda, sagte er, werde er hier im Gasthause zurücklassen und dafür die Fortuna mit der verehrten Unglücklichen sicher nach Gold$ em Gritli totenblaß und erfroren auf einem alten Schemel saß. Sie hatte sich bisher ruhig und still verhalten in der Hoffnung, der Mann werde ohne Zeugen kommen und aufmachen, und sie könne alsdann mit ihm reden; denn bei seinem ersten unerwarteten Anblicke hatte sie gefühlt, daß er ihres Mißgriffs mit den Briefen bereits inne geworden, ohne daß sie erraten konnte, auf welchem Wege. Wie sie seiner daher nun ansichtig wurde, stand sie auf, ergriff seine Hand und wollte ihn beschwören, nur einige Minuten zuzuhören; doch da sie sah, daß die Dienstboten hinter ihm standen, konnte sie nichts sagen, und überdies nahm er sie sofort beim Arme und führte sie unsanft mit den Worten auf die Gasse hinaus: »Hiermit verstoße und verjage ich dich, verbrecherisches Weib! und nie mehr wirst du diese Schwelle betreten!« Worauf er die Haustür zuschlug und seine Leute barsch an ihre Geschäfte Hierauf begab er sich, da seine Munterkeit bereits erschöpft war, wieder ins Bett und schlief abermals wie ein Ratz bis in den Nachmittag $ e Jünglinge sich im behenden Marsch und im festgeschlossenen Vordrange übten, an ihren langen Spießen über breite Gräben setzten und die Körper in jeder Weise sich dienstbar machten, oder endlich der Kunst der Büchsenschützen oblagen. Da durch alles dies das Leben im Hause sich änderte und besonders das weibliche Treiben ihn störte, ohne daß er recht beachtete, wie es eigentlich damit beschaffen war, so nahm seinerseits der Forstmeister öfter, als zu Lebzeiten seiner Frau geschehen, den Weg in die Trinkstuben seiner Stadtgenossen. Fern von der kindischen Torheit des Hauses lag er der reiferen Torheit der Männer ob und trug sein Haupt zuweilen beladen, aber immer aufrecht den Forst hinan, wenn die Mitternachtsglocke verhallte. So gingen die Dinge ihre verschiedenen Wege und die Zeit vorüber, bis an einem sonnenhellen Johannistage allerlei Geschicke sich zu erfüllen Der Forstmeister ging in die Stadt auf seine Zunft, welche ihr Hauptgebot mit großem Jahresschmaus abhielt, und er gedachte, bis in die Nacht zu ze$ n, eine Tänzerin, das mußte der Mann mit der gespickten Tasche sein eigen nennen. Nach den Reizen, die alle Welt kennt, stand sein Sinn; von dem Glück, ein Weib, einen Schatz zu besitzen, dessen Reize mein und nur mein heiliges Geheimnis sind, hatte er keine Ahnung. Und doch, wenn man den goldigen Schmetterling etwas näher betrachtete, besaß er denn in den meisten Fällen das leibliche und geistige Vermögen, um auch nur ein weibliches Wesen in seiner natürlichen und gemütlichen Tiefe und Fülle von Grund aus zu erkennen? Daß solche widerliche Erscheinungen vermindert worden, kann man als einen Segen der Krisis preisen. Die Kunst, arm zu werden, ist an den soeben geschilderten Leuten verloren. Ich denke mir als Zöglinge dieser Kunst ernstere, feinfühligere, bessere Naturen, welche begreifen, daß im Reichtum etwas wie eine Schuld liegt, und daß der Verlust des Überflüssigen eine Sühne für das noch Erhaltene bildet. Man muß sich auf kleineren und reineren Fuß einrichten und den verlorenen äußeren Glanz durch Herze$ ou should also be able to hum the air without the piano. Strengthen your imagination so, that you may not only retain the melody of a composition, but even the harmony which belongs to it. * * * * * Endeavour, even with a poor voice, to sing at first sight without the aid of the instrument; by these means your ear for music will constantly improve: but in case you are endowed with a good voice, do not hesitate a moment to cultivate it; considering it at the same time as the most valuable gift which heaven has granted you! * * * * * You must be able to understand a piece of music upon paper. * * * * * When you play, never mind who listens to you. * * * * * Play always as if in the presence of a master. * * * * * If any one should place before you a composition to play at sight, read it over before y$ CE TO YOUNG MUSICIANS, TRANSLATED BY HENRY HUGO PIERSON. LEIPSIC & NEW-YORK. J. SCHUBERTH & CO. LONDON, ENT. ST. HALL. EWER & CO. (This work is copyright.) Entered according to act of congress AD. 1860 by J. SCHUBERTH & CO. in the clerks office of the District Court of the Southern District of New-York. The cultivation of the Ear is of the greatest importance.--Endeavour early to distinguish each several tone and key. Find out the exact notes sounded by the bell, the glass, the cuckoo, etc. * * * * * Practise frequently the scale and other finger exercises; but this alone is not sufficient. There are many people who think to obtain grand results in this way, and who up to a mature age spend$ n das und ihre Kinder, und haben dabei alle Hände voll zu thun.« »Aber die Nachbarn kommen dann unter einander wahrscheinlich sehr häufig »Ja, wenn sie Nachbarn haben, die Nachbarschaft in Arkansas soll aber der Henker holen,« sagte Charley -- »die nennen sich so und wenn sie zwanzig Meilen von einander sitzen.« »Das ist ein Beweis für ihre Geselligkeit« lächelte Fräulein von »Ja schöne Geselligkeit, wenn Niemand dazwischen wohnt« meinte Charley -- »ne, da lob' ich mir Little Rock; wenn mir da mein eigener Brandy nicht mehr schmeckt, gehe ich um die Ecke herum zum Georg und trinke da anderen, und alle Wochen kommen ein paar Dampfboote den Strom herauf oder herunter, die auch Neues bringen, und wo man doch etwas zu hören und zu sehn bekommt. S'ist ein ganz famoses Leben in Little Rock.« Fräulein von Seebald fühlte sich, obgleich ihr der fremde Deutsche gar nichts Direktes von den Ihrigen sagen konnte, und diese jedenfalls in ganz andern Verhältnissen lebten wie er sie hier schilderte, doch unangenehm berührt d$ die eigensinnigen Burschen, ließ sie aber gewähren, und Wolf wie Georg wurden Feuerleute auf der Mississippi-Belle. Die Frau brachte Georg, kurz vor der Abfahrt des Bootes, in ein deutsches Kosthaus, und bat die Leute dort sich ihrer anzunehmen, bis sie sich erholt habe; er selber wolle dann auf dem Rückweg wieder vorsprechen, und gern die Kosten, zu denen er schon einige Dollar da ließ, tragen. Die Frau sprach dabei kein Wort -- sie dankte ihm nicht, sie sah nicht auf, und saß still und regungslos, wie sie am Feuer gesessen hatte, in der Ecke, als er das Haus verließ. Die Deutschen in Cincinnati. Herr von Hopfgarten, den wir auf seiner Fahrt nach Cincinnati verlassen haben, hatte sich indessen in der »Königin des Westens« wie sie ernsthaft, oder _Porkopolis_ -- wie sie der ungeheueren Masse Schweine wegen, die dort jährlich geschlachtet und verschickt werden, scherzhaft im Lande heißt, einige Wochen aufgehalten, um sich mit dem Leben und Treiben einer der inneren Städte Amerikas bekannt zu machen. Die Lage $ alt übereinander gehäuft, wenn nicht ein ganz gleichartiges, nicht in Blöcke getheiltes, aber von Gängen durchzogenes Gestein anstände und deutlich verriethe, daß das Zerfallen in Parallelipipede von atmosphärischen Einflüssen herrührt. Jene zwei bis drei Zoll mächtigen Gänge bestehen aus einem quarzreichen, feinkörnigen Granit im grobkörnigen, fast porphyrartigen, an schönen rothen Feldspathkrystallen reichen Granit. Umsonst habe ich mich in der Cordillere des Baraguan nach der Hornblende und den Specksteinmassen umgesehen, die für mehrere Granite der Schweizer Alpen charakteristisch Mitten in der Stromenge beim Baraguan gingen wir ans Land, um dieselbe zu messen. Die Felsen stehen so dicht am Fluß, daß ich nur mit Mühe eine Standlinie von 80 Toisen abmessen konnte. Ich fand den Strom 889 Toisen breit. Um begreiflich zu finden, wie man diese Strecke eine *Stromenge* nennen kann, muß man bedenken, daß der Strom von Uruana bis zum Einfluß des Meta meist 1500--2500 Toisen breit ist. Am selben, außerordentlich h$ wir ihnen Branntwein an; sie wollten ihn nicht einmal kosten. Die Gesichter der jungen Mädchen waren alle mit runden schwarzen Tupfen bemalt; dieselben nahmen sich aus wie die Schönpflästerchen, mit denen früher die Weiber in Europa die Weiße ihrer Haut zu heben meinten. Am übrigen Körper waren die Guahibos nicht bemalt. Mehrere hatten einen Bart; sie schienen stolz darauf, faßten uns am Kinn und gaben uns durch Zeichen zu verstehen, sie seyen wie wir. Sie sind meist ziemlich schlank gewachsen. Auch hier, wie bei den Salivas und Macos, fiel mir wieder auf, wie wenig Aehnlichkeit die Indianer am Orinoco in der Gesichtsbildung mit einander haben. Ihr Blick ist düster, trübselig, aber weder streng noch wild. Sie haben keinen Begriff von den christlichen Religionsgebräuchen (der Missionär von Carichana liest in San Borja nur drei- oder viermal im Jahr Messe); dennoch benahmen sie sich in der Kirche durchaus anständig. Die Indianer lieben es, sich ein Ansehen zu geben; gerne dulden sie eine Weile Zwang und Unterwü$ der Mann, die Plackereien, über welche die catalonischen Krämer klagen, sich zu Schulden kommen zu lassen; man fragt sich aber, weßhalb das Regiment in den Missionen sogar in den spanischen Colonien so gründlich verhaßt ist? Verläumdete man nur reiche Leute, so waren die Missionare am obern Orinoco vor dergleichen boshaften Angriffen sicher. Sie besitzen kein Pferd, keine Ziege, kaum eine Kuh, während ihre Ordensbrüder, die Kapuziner in den Missionen am Carony, Heerden von 40000 Stücken besitzen. Der Groll der arbeitenden Classen unter den Colonisten gilt also nicht dem Wohlstand der Observanten, sondern ihrem Prohibitivsystem, ihren beharrlichen Bemühungen, ihr Gebiet gegen die Weißen abzusperren, den Hindernissen, die sie dem Austausch der Produkte in den Weg legen. Aller Orten empört sich das Volk gegen Monopole, nicht allein wenn sie auf den Handel und die materiellen Lebensbedürfnisse Einfluß äußern, sondern auch wenn sich ein Stand oder eine Schichte der Gesellschaft das Recht anmaßt, allein die Jugend$ ig beachtete Quelle enthält neben den plumpsten Uebertreibungen sehr interessante lokale Beobachtungen. Unter den Affen, die wir in der Mission Atures zu sehen bekamen, fanden wir eine neue Art aus der Sippe der *Saïs* oder *Sajous*, von den Hispano-Amerikanern gewöhnlich _'Machis'_ genannt. Es ist dieß der *Ouavapavi* [_Simia albifrons_, HUMBOLDT.] mit grauem Pelz und bläulichem Gesicht. Augenränder und Stirne sind schneeweiß, und dadurch unterscheidet er sich auf den ersten Blick von der _Simia capucina_, der _Simia apella_, _Simia trepida_ und den andern Winselaffen, in deren Beschreibung bis jetzt so große Verwirrung herrscht. Das kleine Thier ist so sanftmüthig als häßlich. Jeden Tag sprang es im Hofe der Mission auf ein Schwein und blieb auf demselben von Morgen bis Abend sitzen, während es auf den Grasfluren umherlief. Wir sahen es auch auf dem Rücken einer großen Katze, die mit ihm im Hause des Pater Zea aufgezogen worden war. In den Katarakten hörten wir auch zum erstenmal von dem behaarten Waldmensc$ gibt es nicht auffallend mehr Schnaken als in dem am stärksten bevölkerten Theile Europas. In Nueva Barcelona dagegen und weiter westwärts an der Küste, die gegen Cap Codera läuft, nehmen sie ungeheuer zu. Zwischen dem kleinen Hafen von Higuerote und der Mündung des Rio Unare haben die unglücklichen Einwohner den Brauch, sich bei Nacht auf die Erde zu legen und sich drei, vier Zoll tief in den Sand zu begraben, so daß nur der Kopf frei bleibt, den sie mit einem Tuch bedecken. Man leidet vom Insektenstich, doch so, daß es leicht zu ertragen ist, wenn man den Orinoco von Cabruta gegen Angostura hinunter und von Cabruta gegen Uruana hinauffährt, zwischen dem siebenten und achten Grad der Breite. Aber über dem Einfluß des Rio Arauca, wenn man durch den Engpaß beim Baraguan kommt, wird es auf einmal anders, und von nun an findet der Reisende keine Ruhe mehr. Hat er poetische Stellen aus DANTE im Kopfe, so mag ihm zu Muthe seyn, als hätte er die _'Città dolente'_ betreten, als ständen an den Felswänden beim Baragua$ en fleischfressenden Reptilien ruhig badet. Die Jaguars in Maturin, Cumanacoa und auf der Landenge von Panama sind feig denen am obern Orinoco gegenüber. Die Indianer wissen recht gut, daß die Affen aus diesem und jenem Thale leicht zu zähmen sind, während Individuen derselben Art, die man anderswo fängt, lieber Hungers sterben, als sich in die Gefangenschaft ergeben. Das Volk in Amerika hat sich hinsichtlich der Gesundheit der Gegenden und der Krankheitserscheinungen Systeme gebildet, ganz wie die Gelehrten in Europa, und diese Systeme widersprechen sich, gleichfalls wie bei uns, in den verschiedenen Provinzen, in die der neue Continent zerfällt, ganz und gar. Am Magdalenenfluß findet man die vielen Moskitos lästig, aber sie gelten für sehr gesund. »Diese Thiere,« sagen die Leute, »machen uns kleine Aderläßen und schützen uns in einem so furchtbar heißen Land vor dem _Tabardillo_, dem Scharlachfieber und andern entzündlichen Krankheiten.« Am Orinoco, dessen Ufer höchst ungesund sind, schreiben die Kranken al$ gut geborgen.« Diese Geschichte des Missionärs wurde uns später in Angostura aus dem Munde des Statthalters vollkommen bestätigt. Zufällige Umstände geben zu den seltsamsten Vermuthungen Anlaß. In den Höhlen, wo die Mumien und Skelette der Atures liegen, ja mitten in den Katarakten, auf den unzugänglichsten Inseln fanden die Indianer vor langer Zeit eisenbeschlagene Kisten mit verschiedenen europäischen Werkzeugen, Resten von Kleidungsstücken, Rosenkränzen und Glaswaaren. Man vermuthete, die Gegenstände haben portugiesischen Handelsleuten vom Rio Negro und Gran-Para angehört, die vor der Niederlassung der Jesuiten am Orinoco über Trageplätze und die Flußverbindungen im Innern nach Atures heraufkamen und mit den Eingeborenen Handel trieben. Die Portugiesen, glaubte man, seyen den Seuchen, die in den Raudales so häufig sind, erlegen und ihre Kisten den Indianern in die Hände gefallen, die, wenn sie wohlhabend sind, sich mit dem Kostbarsten, was sie im Leben besaßen, beerdigen lassen. Nach diesen zweifelhaften $ stellen, einen Granitgrat, der nördlich von der Missionskirche aus der Savane aufsteigt und nichts ist als eine Fortsetzung der Staffeln, aus denen der Raudalito Manimi besteht. Wir waren oft auf diesem Berge, denn man sieht sich nicht satt an diesem außerordentlichen Schauspiel in einem der entlegensten Erdwinkel. Hat man den Gipfel des Felsen erreicht, so liegt auf einmal, eine Meile weit, eine Schaumfläche vor einem da, aus der ungeheure Steinmassen eisenschwarz aufragen. Die einen sind, je zwei und zwei beisammen, abgerundete Massen, Basalthügeln ähnlich; andere gleichen Thürmen, Castellen, zerfallenen Gebäuden. Ihre düstere Färbung hebt sich scharf vom Silberglanze des Wasserschaums ab. Jeder Fels, jede Insel ist mit Gruppen kräftiger Bäume bewachsen. Vom Fuß dieser Felsen an schwebt, so weit das Auge reicht, eine dichte Dunstmasse über dem Strom, und über den weißlichen Nebel schießt der Wipfel der hohen Palmen empor. Diese großartigen Gewächse -- wie nennt man sie? Ich glaube es ist der _Vadgiai_, ein$ Boden und werde erst hart, nachdem er bearbeitet worden. Aus dem hier Angeführten erhellt, daß der Amazonenstein nicht im Thale des Amazonenstromes selbst vorkommt, und daß er keineswegs von diesem Flusse den Namen hat, sondern, wie dieser selbst, von einem Volke kriegerischer Weiber, welche Pater Acuña und Oviedo in seinem Brief an den Cardinal Bembo mit den Amazonen der alten Welt vergleichen. Was man in unsern Sammlungen unter dem falschen Namen »Amazonenstein« sieht, ist weder Nephrit noch dichter Feldspath, sondern gemeiner apfelgrüner Feldspath, der vom Ural am Onegasee in Rußland kommt und den ich im Granitgebirg von Guyana niemals gesehen habe. Zuweilen verwechselt man auch mit dem so seltenen und so harten Amazonenstein Werners *Beilstein*,(75) der lange nicht so zäh ist. Das Mineral, das ich aus der Hand der Indianer habe, ist zum *Saussurit*(76) zu stellen, zum eigentlichen Nephrit, der sich oryctognostisch dem dichten Feldspath nähert und ein Bestandtheil des *Verde de Corsica* oder des Gabbro is$ te das leichtgläubige Volk in jedem *Palenque* von Marronnegern den Hof des Königs Miguel, seinen Staatsrath und den schwarzen Bischof von Buria gesehen. Die Caraiben in Terra Firma standen mit denen auf den Inseln in Verkehr, und höchst wahrscheinlich haben sich auf diesem Wege die Sagen vom Maragnon und Orinoco gegen Norden verbreitet. Schon vor Orellanas Flußfahrt glaubte Christoph Columbus auf den Antillen Amazonen gefunden zu haben. Man erzählte dem großen Manne, die kleine Insel Madanino (Montserrate) sey von kriegerischen Weibern bewohnt, die den größten Theil des Jahrs keinen Verkehr mit Männern hätten. Anderemale sahen die Conquistadoren einen Amazonenfreistaat, wo sie nur Weiber vor sich hatten, die in Abwesenheit der Männer ihre Hütten vertheidigten, oder auch -- und dieses Mißverständniß ist schwerer zu entschuldigen -- jene religiösen Vereine, jene Klöster mexicanischer Jungfrauen, die zu keiner Zeit im Jahre Männer bei sich aufnahmen, sondern nach der strengen Regel Quetzalcohuatls lebten. Die a$ andhosen'_ durchgegangen waren. Dieser westliche Strich der Llanos ist der heisseste, weil ihm die Luft zugefuehrt wird, welche bereits ueber die ganze duerre Steppe weggegangen ist. Denselben Unterschied hat man zwischen den oestlichen und westlichen Strichen der afrikanischen Wuesten da bemerkt, wo die Passate wehen. -- In der Regenzeit nimmt die Hitze in den Llanos bedeutend zu, besonders im Juli, wenn der Himmel bedeckt ist und die strahlende Waerme gegen den Erdboden zurueckwirft. In dieser Zeit hoert der Seewind ganz auf, und nach POZO's guten thermometrischen Beobachtungen steigt der Thermometer im Schatten auf 39--39 deg.,5 [31 deg.,2--31 deg.,6 R], und zwar noch ueber 15 Fuss vom Boden. Je naeher wir den Fluessen Portugueza, Apure und Apurito kamen, desto kuehler wurde die Luft, in Folge der Verdunstung so ansehnlicher Wassermassen. Diess ist besonders bei Sonnenaufgang fuehlbar; den Tag ueber werfen die mit weissem Sand bedeckten Flussufer die Sonnenstrahlen auf unertraegliche Weise zurueck, mehr al$ en und die Schildkroeten nicht durch Geschrei zu verscheuchen. Die Eier werden immer bei Nacht gelegt, aber gleich von Sonnenuntergang an. Das Thier graebt mit seinen Hinterfuessen, die sehr lang sind und krumme Klauen haben, ein drei Fuss weites und zwei Fuss tiefes Loch. Die Indianer behaupten, um den Ufersand zu befestigen, benetze die Schildkroete denselben mit ihrem Harn, und man glaubt solches am Geruch wahrzunehmen, wenn man ein frisch gegrabenes Loch oder _'Eiernest'_, wie man hier sagt, oeffnet. Der Drang der Thiere zum Eierlegen ist so stark, dass manche in die von andern gegrabenen, noch nicht wieder mit Erde ausgefuellten Loecher hinunter gehen und auf die frisch gelegte Eierschicht noch eine zweite legen. Bei diesem stuermischen Durcheinander werden ungeheuer viele Eier zerbrochen. Der Missionaer zeigte uns, indem er den Sand an mehreren Stellen ausgrub, dass der Verlust ein Drittheil der ganzen Ernte betragen mag. Durch das vertrocknende Gelb der zerbrochenen Eier backt der Sand noch staerker zu$ hen, als einen sehr gesuchten Artikel, bei. Manche Leute europaeischer Abkunft brauchen den Farbstoff, mit Wasser angeruehrt, als ein vorzuegliches harntreibendes Mittel. Der Brauch, den Koerpers zu bemalen, ist nicht bei allen Voelkern am Orinoco gleich alt. Erst seit den haeufigen Einfaellen der maechtigen Nation der Caraiben in diese Laender ist derselbe allgemeiner geworden. Sieger und Besiegte waren gleich nackt, und um dem Sieger gefaellig zu seyn, musste man sich bemalen wie er und seine Farbe tragen. Jetzt ist es mit der Macht der Caraiben vorbei, sie sind auf das Gebiet zwischen den Fluessen Carony, Cuyuni und Paraguamuzi beschraenkt, aber die caraibische Mode, den ganzen Koerper zu faerben, hat sich erhalten; der Brauch ist dauernder als die Ist nun der Gebrauch des Onoto und des Chica ein Kind der bei wilden Voelkern so haeufigen Gefallsucht und ihrer Liebe zum Putz, oder gruendet er sich vielleicht auf die Beobachtung, dass ein Ueberzug von faerbenden und oeligten Stoffen die Haut gegen den Stich $ en Versuch im Thale des Magdalenenstroms nach dem Rathe der Indianer oft an uns selbst gemacht. Man fragt sich, ob das Insekt die reizende Fluessigkeit erst im Augenblick ergiesst, wo es wegfliegt, wenn man es verjagt, oder ob es die Fluessigkeit wieder aufpumpt, wenn man es saugen laesst, soviel es will? Letztere Annahme scheint mir die wahrscheinlichere; denn haelt man dem _Culex cyanopterus_ ruhig den Handruecken hin, so ist der Schmerz anfangs sehr heftig, nimmt aber immer mehr ab, je mehr das Insekt fortsaugt, und hoert ganz auf im Moment, wo es von selbst fortfliegt. Ich habe mich auch mit einer Nadel in die Haut gestochen und die Stiche mit zerdrueckten Moskitos (_mosquitos machucados_) gerieben, es folgte aber keine Geschwulst darauf. Die reizende Fluessigkeit der _Diptera Nemocera_ die nach den bisherigen chemischen Untersuchungen sich nicht wie eine Saeure verhaelt, ist, wie bei den Ameisen und andern Hymenopteren, in eigenen Druesen enthalten; dieselbe ist wahrscheinlich zu sehr verduennt und damit$ en wir nach dem Fels, der darin steht, den Keri-Grund nennen wollen; erst als das Wasser allmaelig fiel, zog es sich ganz gegen die oestliche Kette und liess den westlichen Stromarm trocken liegen. Streifen, deren schwarze Farbe ohne Zweifel von Eisen- und Manganoxyden herruehrt, scheinen die Richtigkeit dieser Ansicht zu beweisen. Man findet dieselben auf allem Gestein, weit weg von der Mission, und sie weisen darauf hin, dass hier einst das Wasser gestanden. Geht man den Fluss hinauf, so ladet man die Fahrzeuge am Einfluss des Toparo in den Orinoco aus und uebergibt sie den Eingeborenen, die den Raudal so genau kennen, dass sie fuer jede Staffel einen besondern Namen haben. Sie bringen die Canoes bis zum Einfluss des Cameji, wo die Gefahr fuer ueberstanden gilt. Der Katarakt von Quittuna oder Maypures stellt sich in den zwei Zeitpunkten, in denen ich denselben beim Hinab- und beim Hinauffahren beobachten konnte, unter folgendem Bilde dar. Er besteht, wie der von Mapara oder Atures, aus einem Archipel von In$ die Bodenverhaeltnisse so guenstig, wie man sie bei Atures vergeblich suchte. Der Canal wuerde 2850 oder 1360 Toisen lang, je nachdem man ihn nahe an der Muendung der beiden Fluesschen oder weiter ihren Quellen zu anfangen liesse. Das Terrain scheint im Durchschnitt von Sued Sued Ost nach Nord Nord West um 6--7 Toisen zu fallen, und im Thal des Keri ist der Boden ganz eben, mit Ausnahme eines kleinen Kamms oder einer Wasserscheide, welche im Parallel der Kirche von Maypures die beiden Nebenfluesse des Stromes nach entgegengesetzten Seiten laufen laesst. Die Ausfuehrung dieses Plans waere durchaus nicht kostspielig, da die Landenge groesstentheils aus angeschwemmtem Boden besteht, und Pulver haette man dabei gar nicht noethig. Dieser Canal, der nicht ueber zehn Fuss breit zu seyn brauchte, waere als ein schiffbarer Arm des Orinoco zu betrachten. Es beduerfte keiner Schleusse, und die Fahrzeuge, die in den obern Orinoco gehen, wuerden nicht mehr wie jetzt durch die Reibung an den rauhen Klippen im Raudal besch$ , du urweltliches Treiben. In scheuen Haufen ziehn die Krähn zu Horst; Gib mir die Kraft, einsam zu bleiben, Welt! -- Sommerabend. Klar ruhn die Lüfte auf der weiten Flur; Fern dampft der See, das hohe Röhricht flimmert, Im Schilf verglüht die letzte Sonnenspur, Ein blasses Wölkchen rötet sich und schimmert. Vom Wiesengrunde naht ein Glockenton, Ein Duft von Tau entweicht der warmen Erde; Im stillen Walde steht die Dämmrung schon, Der Hirte sammelt seine satte Herde. Im jungen Roggen rührt sich nicht ein Halm, Die Glocke schweigt wie aus der Welt geschieden; Nur noch die Grillen geigen ihren Psalm. So sei doch _froh_, mein Herz, in all dem Frieden! Aus banger Brust. Die Rosen leuchten immer noch, Die dunkeln Blätter zittern sacht; Ich bin im Grase aufgewacht, O kämst du doch, Es ist so tiefe Mitternacht. Den Mond verdeckt das Gartentor, Sein Licht fließt über in den See, Die Weiden warten still empor, Mein Nacken w$ te ohne Narkose, Beine ab, zerstampft. Kleine Schwester, Rose, Sei den Toten sanft! Weiß ich, daß Stunden ... Weiß ich, daß Stunden, in ungezählten, Pariserinnen sind auf den Boulevards; Daß klein in Zimmern und gequälten, Eine Arbeiterin steht, goldenen Haars? Ist mir im Park, durch den ich gehe, Ein Gefühl von Rot oder Blau -- Berg und Fluß mit sinkender Nähe, Das Gesicht einer alternden Frau? Bei der Baronin Porzellan und Eise Hypnotisiert mich elektrischer Draht; Kirmes dreht sich, Feuerwerksrad, Denn es münden in gleiche Kreise Meer und Spur und kindliche Weise, Die man am Abend vernommen hat. Aber keine der funkelnden Gesten Wird mich erhalten, wird mich betrügen; Bin ich ein Vogel, müde von Flügen, Schwebend in der Wolke des Falls: Steigen unten aus Tänzen und Festen Die verschlungenen Kurven des Alls. Daß von Geheimnissen ... Daß von Geheimnissen, die uns umtönten, Keins mehr in dem vergangenen Geiste l$ Der dunkle Herbst kehrt ein 249. Der D-Zug schreit und steigert sich 284. Der Fels wird morsch 147. Der Heimweg führte mich 26. Der lange Junitag 153. Der Markusturm, der bunte 230. Der Mond betrat der Urnacht Land 184. Der Mond geht groß 42. Der Tod wird uns an seine Hände nehmen 24. Die Amseln haben Sonne 38. Die andern sprachen 25. Die Bäume lauschen 61. Die Blätter fallen 203. Die Buche sagt: Mein Walten 34. Die da nicht kommen 2. Die du so fern bist 83. Die Dunkelheit hat alle Wege 42. Die Engel der Liebkosung 222. Die frühste Sonne legt sich 158. Die Gärtner legten ihre Beete 124. Die glatten, leisen, lustwarmen Weisen 223. Die Glocken läuten dann 247. Die großen Feuer warfen 161. Die Hand ganz lang im Grase 96. Die Instrumente her! 165. Die jubelnd nie den überschäumten Becher 84. Die Krähen schrein 194. Die Luft so schwer 39. »Die Lüge« sagst du 237. Die menschenblasse Rose 164. Die müde schon verglühte 31. Die Rosen leuchten immer noch 48. Die Sommernacht, und andachtvoll 40. Die Sterne fliehen schre$ r Waren erfolgt durch das Zusammenwirken des Arbeitgebers und Arbeitnehmers. Das Produkt des gemeinsamen Wirkens geht erst in den Kreislauf des Wirtschaftslebens über. Zur Herstellung des Produktes ist ein Rechtsverhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer notwendig. Dieses kann aber durch die kapitalistische Wirtschaftsart in ein solches verwandelt werden, welches durch die wirtschaftliche Übermacht des Arbeitgebers über den Arbeiter bedingt ist. Im gesunden sozialen Organismus muß zutage treten, daß die Arbeit nicht bezahlt werden kann. Denn diese kann nicht im Vergleich mit einer Ware einen wirtschaftlichen Wert erhalten. Einen solchen hat erst die durch Arbeit hervorgebrachte Ware im Vergleich mit andern Waren. Die Art, wie, und das Maß, in dem ein Mensch für den Bestand des sozialen Organismus zu arbeiten hat, müssen aus seiner Fähigkeit heraus und aus den Bedingungen eines menschenwürdigen Daseins geregelt werden. Das kann nur geschehen, wenn diese Regelung von dem politischen Staate aus in Unabhängigke$ das Erbe anzutreten, das sollte durch eine aus der geistigen Organisation hervorgegangene Einrichtung bestimmt sein. Durch Erfüllung solcher Voraussetzungen wird sich ein Verständnis dafür entwickeln, daß Nachkommen durch Erziehung und Unterricht für den sozialen Organismus geeignet gemacht werden, und nicht durch Kapitalübertragung an unproduktive Personen sozialer Schaden angerichtet werde. Jemand, in dem wirklich soziales Verständnis lebt, hat kein Interesse daran, daß seine Verbindung mit einer Kapitalgrundlage nachwirke bei Personen oder Personengruppen, bei denen die individuellen Fähigkeiten eine solche Verbindung nicht rechtfertigen. Niemand wird, was hier ausgeführt ist, für eine bloße Utopie halten, der Sinn für wirklich praktisch Durchführbares hat. Denn es wird gerade auf solche Einrichtungen gedeutet, die ganz unmittelbar an jeder Stelle des Lebens aus den gegenwärtigen Zuständen heraus erwachsen können. Man wird nur zu dem Entschluß greifen müssen, innerhalb des Rechtsstaates auf die Verwaltung$ den letzten Jahrzehnten das schleichende Krebs-Erkranken in den Staatenbeziehungen als Folge des sozialen Lebens der führenden Teile der Menschheit ins Auge faßte, so konnte man verstehen, wie eine in allgemeinen menschlichen Geistinteressen stehende Persönlichkeit angesichts des Ausdruckes, welchen das soziale Wollen in diesen führenden Teilen annahm, schon 1888 sagen mußte: »Das Ziel ist: die gesamte Menschheit in ihrer letzten Gestaltung zu einem Reiche von Brüdern zu machen, die, nur den edelsten Beweggründen nachgehend, gemeinsam sich weiter bewegen. Wer die Geschichte nur auf der Karte von Europa verfolgt, könnte glauben, ein gegenseitiger allgemeiner Mord müsse unsere nächste Zukunft erfüllen«, aber nur der Gedanke, daß ein »Weg zu den wahren Gütern des menschlichen Lebens« gefunden werden müsse, kann den Sinn für Menschenwürde aufrechterhalten. Und dieser Gedanke ist ein solcher, »der mit unsern ungeheuern kriegerischen Rüstungen und denen unserer Nachbarn nicht im Einklange zu stehen scheint, an den$ it bleicheren Gesicht in die helle Sommernacht hinaus. Ach, Kapitän Der Pfarrer hob den Arm in die Höhe und schickte sich an, dem Riesen einen gewaltigen Schlag in das grobe, dumme Gesicht zu versetzen, aber er besann sich. Mit lautem Getöse schlug er das Fenster zu und blieb mitten im Zimmer stehen, seine geballte Faust dräuend gen Himmel Er, über dem die Feuerzunge der Inspiration geflammt hatte, er, der die Ehre Gottes verkündet hatte, er stand dort und dachte, daß Gott sein Gaukelspiel mit ihm getrieben habe. Mußte der Bischof nicht glauben, daß der Pfarrer Kapitän Christian ausgesandt habe? Mußte er nicht glauben, daß er den ganzen Tag geheuchelt und gelogen habe? Jetzt würde er sicher Ernst machen mit dem Verfahren gegen ihn, ihn erst suspendieren und ihn dann absetzen. Als der Morgen kam, war der Pfarrer aus dem Pfarrhaus verschwunden. Er hatte nicht bleiben und sich verteidigen wollen. Gott hatte ihn zum Narren gehabt. Gott wollte ihm nicht helfen. Er wußte, daß er abgesetzt werden würde. Gott wollte $ rem Tische stehen, und die Jungen mußten zu fremden Leuten in den Dienst gehen. Die Mutter streichelte ihren Sohn zärtlich und ließ ihn eine nie versiegende Liebe empfinden. Doch -- da saß Gösta Berling mitten zwischen ihnen, und dem Unüberwindlichen gingen tausenderlei Pläne durch den Kopf. »Ei was!« rief er, »noch ist es keine Zeit zum Jammern. Die Pfarrerin in Svartsjö hat die ganze Sache gemacht. Sie hat Anna ganz in ihrer Gewalt, seit sie bei ihr auf dem Pfarrhof wohnt. Sie hat sie dazu gebracht, Ferdinand im Stich zu lassen und den alten Dahlberg zu nehmen; aber noch sind sie nicht getraut, und es soll auch nichts daraus werden. Jetzt fahre ich nach Borg, und dort treffe ich Anna. Ich will mit ihr reden, ich will sie den Pfarrersleuten, dem Bräutigam schon abspenstig machen. Ich bringe sie über Nacht hierher; dann soll der alte Dahlberg keine Freude mehr an ihr haben.« Und so geschah es. Gösta fuhr allein nach Borg, ohne eins der munteren Fräulein, aber geleitet von den heißen Wünschen der Zurückbleiben$ hten Laube unten im Park, wo der Geliebte wartet. Sie sieht ihn, er ist jung, er kann küssen, er kann lieben. Jetzt, wo sie weiß, daß sie ihn sehen wird, steigt sein Bild mit seltener Klarheit vor ihr auf. Wie schön er doch ist! Er kann schwärmen, er kann glühen, er erfüllt ihr ganzes Wesen mit dem Feuer des Jetzt ist sie gelbbleich, welk und alt. Er kennt sie vielleicht gar nicht wieder, sechzig Jahre alt, wie sie ist, aber sie kommt nicht, um gesehen zu werden, sondern um zu sehen, um den Geliebten ihrer Jugend zu sehen, den der Zahn der Zeit unberührt gelassen hat, der noch immer jung, schön, herzenswarm ist. Sie kommt aus so weiter Ferne, daß sie nie etwas von dem Pfarrer zu Broby gehört hat. Und dann rasselt die Kutsche die Hügel hinan, und jetzt wird der Pfarrhof oben auf der Spitze sichtbar. »Um Gottes Barmherzigkeit willen,« jammert ein Bettler am Wegesrande, »gebt dem armen Manne einen Schilling.« Die vornehme Dame gibt ihm eine Silbermünze und fragt, ob der Brobyer Pfarrhof in der Nähe liegt. Der Be$ s Tor ist breiter gemacht. Die Kutsche rollt die Brobyer Hügel so schnell hinab, wie nur Pferde laufen können, die geruht haben. Welch ein Traum! Welch ein herrlicher Traum! Keine Wolke in diesen drei Sie kehrte lächelnd heim in ihr Schloß und zu ihren Erinnerungen. Sie hörte seinen Namen nie wieder nennen, sie fragte niemals nach ihm. Sie wünschte nur, solange sie lebte, diesen Traum noch einmal zu träumen. Der Pfarrer von Broby saß in seinem einsamen Hause und weinte wie ein Verzweifelter. Sie hatte ihn jung gemacht. Sollte er nun wieder alt werden? Sollte der böse Geist zurückkehren, sollte er wieder verächtlich werden -- verächtlich, wie er gewesen war? Patron Julius Patron Julius trug seine rotangemalte Kiste aus dem Kavalierflügel hinunter. Er füllte ein größeres Lägel, das ihn auf vielen Reisen begleitet hatte, mit duftendem Pomeranzenbranntwein, den großen, geschnitzten Vorratskasten packte er voll Brot und Butter und alten Käse, schön grün und braun schattiert, voll fetten Schinken und Reiskuchen, di$ b, um ihn damit zu schmücken. Bald war er zu schauen wie ein wandernder Wald. So ging es den ganzen Tag mit Spiel und Lustigkeit. Je weiter der Tag vorschritt, um so sanfter und milder wurde Patron Julius. Er traktierte die jungen Mädchen aus seinem Vorratskasten und sang ihnen Lieder vor. Als sie auf dem Gipfel des Donnerfelsens standen, die ausgedehnte Landschaft so stolz und schön unter sich -- da fühlte Julius sein Herz mächtig pochen, die Worte strömten ihm über seine Lippen, und er redete über sein geliebtes Land: »Ach, Wermland,« sagte er, »du schönes, du herrliches Land! Oft wenn ich dich auf einer Karte vor mir gesehen habe, dann habe ich darüber nachgedacht, was du eigentlich vorstellst; aber jetzt verstehe ich, was du bist. Du bist ein alter, frommer Eremit, der mit gekreuzten Beinen, die Hände im Schoß, still dasitzt und träumt. Du hast eine Zipfelmütze über deine halbgeschlossenen Augen gezogen. Du bist ein Grübler, ein heiliger Träumer, und du bist wunderbar schön. Große Wälder sind dein Gewand.$ ich mit ihm, hauptsächlich um von Hause fortzukommen, aber auch, weil sie ihn stets gut hatte leiden können. Nie aber würde sie den Monat vergessen, der nun folgte, jenen Augustabend, an dem ihre Verlobung erklärt war, diese ganze Zeit des Baron Adrian war mit jedem Tage schweigsamer und melancholischer geworden. Er kam oft genug nach Björne, zuweilen zweimal am Tage, aber sie konnte nicht umhin, zu bemerken, wie verstimmt er war. Wenn er mit andern zusammentraf, konnte er noch scherzen, in ihrer Gegenwart aber wurde er ganz unmöglich, lauter Schweigen und Langeweile. Sie verstand sehr wohl, was ihm fehlte: es war nicht so leicht, wie er es sich gedacht hatte, ein häßliches Mädchen zu heiraten. Jetzt hatte er Widerwillen gegen sie gefaßt. Niemand wußte besser als sie selber, wie häßlich sie war. Sie hatte ihm wohl gezeigt, daß sie kein Verlangen nach Liebkosungen oder Liebesversicherungen besaß, aber es war für ihn natürlich trotzdem eine Qual, sie sich als seine Gattin vorzustellen, und das wurde mit jedem T$ s Gesundheit ist, weiß nur der Bauer. Nun wissen Sie aber, es gibt Badeorte, Kuranstalten." "Jawohl. Da gehn die allerfaulsten Ludersch hin; die Kranken pflegen sich lieber zu Hause." "Schön. Sie sind ein heller Kopf. Sie begreifen mich vollständig. Wenn man nun aber einen Kurort machte, wo keine feinen Villen und Hotels sind, nein, wo lauter Bauernhöfe wären und wo die Städter, die eine Kur machen wollen, mal auf dem Hofe oder auf dem Felde feste zugreifen und arbeiten müßten, das würde doch den Schlingeln gesund sein - nicht wahr?" "Gesund schon! Aber das faule Kroppzeug wird sich schön hüten und arbeiten. Wenn se aufs Dorf komm'n, saufen se einem bloß die gute Milch weg und fressen die scheensten Birn' von a Bäumen. Sonst tun se nischt." "Doch, doch, Herr Nachbar! Es wird schon Leute geben, die das Leben in der Stadt mal satt haben und durch die Arbeit auf dem Felde gesünder werden wollen. Das ist eine gute Idee, die hat ein Doktor ausgeknobelt." "Die Doktors verstehn alle nischt, die Schäfer sind klüger."$ --------------------- All unsere Höfe sind mit Kurgästen besetzt. Wir haben so viel Anmeldungen, daß wir die Wahl hätten, wen wir aufnehmen wollen, aber wir gehen der Reihenfolge der Anmeldungen nach. Ich habe von früh bis spät Arbeit, obwohl unser Ärztekollegium immer größer wird. Es lastet zuviel Geschäftliches auf mir. Das drückt auf die Seele; denn ich bin kein Kaufmann. Was tut mir doch dieser Stefenson an, daß er gerade jetzt, wo er hier am nötigsten wäre, in Amerika sitzenbleibt? Soviel ich auch schon an ihn schrieb und telegraphierte, er kommt nicht zurück. Immer die gleiche Antwort: "Ich bin hier noch unabkömmlich." Unser Direktor - ein früherer Offizier - ist zum Glück ein tüchtiger Mann. Es ist Schwung in seinen Gedanken, er hat Initiative und Spürsinn. Wie ein guter Jagdhund ist er, er hat's in der Nase, wenn er über das weite Gelände unseres Arbeitsfeldes schnuppert, wo irgendwo in einer geheimen Furche ein verborgener Erfolg aufzustöbern ist. Er ist aus dem Holz, aus dem die guten Feldherren, Di$ Einbandentwurf von Hanne Maria Rudert Alle Rechte, insbesondere das der Uebersetzung, der Verfilmung, der Dramatisierung, des Nachdrucks und der Wiedergabe durch den Rundfunk, vorbehalten _Copyright 1915_ _by Bergstadtverlag Wilh. Gottl. Korn / Breslau I_ _Printed in Germany_ INHALTSVERZEICHNIS Nach meiner Heimkehr 5 Die feindlichen Staedte 12 Das Modebad 28 Auf dem Weihnachtsberg 33 Luise 58 Samariterdienste 69 In den Tagen des Werdens 77 Das Kind 88 Vorarbeiten 95 Die "Neustaedter Umschau" 104 Joachim 116 Weihnachten 131 Fuegung 136 Bauernanwerbung $ zu koennen. Wenn ich nun Pech gehabt habe mit den drei Plaenen, die ich gemacht habe, weil ich den ersten in Palermo zerrissen, den zweiten in Modena verbrannt und den dritten in Luzern ueberhaupt nicht erst angefangen habe, so hatte ich doch gehofft, Sie wuerden inzwischen Gewissen genug haben, zu Hause zu bleiben und zu arbeiten." "Hab ich auch, Mister Stefenson! Mein Plan ist fertig." "Ah - das ist gut. Wieviel kostet er? Wie balanciert er?" "Was er kostet, wie er balanciert, weiss ich nicht. Das ist nicht meine Sache. Ich bin kein Kaufmann. Wofuer sind Sie da?" "Fuers Geldgeben!" Er schuettelte melancholisch den Kopf. "Ihr Plan ist unrentabel", sagte er duester. "Mister Stefenson, ich will Ihnen einen alten deutschen Witz erzaehlen. Ein Schlaechter kam in eine kleine Wirtschaft, um eine Kuh zu kaufen. Der Bauer fuehrte ihn nach dem Stalle. Sie kamen in einen ganz dunklen Raum. Da sagte der Schlaechter: 'Aber Mensch, wie kann ich Ihnen fuer ein so elendes Tier so viel Geld geben, wie Sie verlangen?' - 'Sa$ und Waldarbeit; sie wuenschten mehr dekorative Posten. Fuenf von den sieben wollten Nachtwaechter sein, einer bot sich als Hilfsbrieftraeger an, wobei seine Taetigkeit gleich Null gewesen waere, und einer sagte mit mildem Augenaufschlag, er koenne sich nur als Krankenpfleger gluecklich fuehlen. Wir hatten aber keine Kranken. Da stellte der Bauer Emil Barthel vom Forellenhof neben dem Grossknecht, den er bereits hatte, dem "langen Ignaz", noch einen zweiten Knecht ein und sagte zu mir: "Ich hab es Ihn'n gesagt, Herr Doktor, de Stadtleute sein olle faule Luder. Mit den is nischt anzufangen." "Geduld, Barthel, Geduld!" Der Anfang war wirklich klaeglich. Zwar sang Egin Harold, der als Nachtwaechter bestellt worden (und der in seinem Privatberuf Opernsaenger "Hoert, ihr Herr'n, und lasst euch sagen, Die Uhr hat eben zehn geschlagen!" mit tremolierender Empfindsamkeit; aber um Mitternacht sang er noch viel empfindsamer vor dem Hofe des Sonnenbauern, der eine huebsche blonde Magd hatte: "Gute Nacht, du mein her$ ls Feld kommen, es war ihm einerlei. Nach einer Viertelstunde kam Emanuel. Fast haette ihn Gottfried in dem nuechternen Reiseanzug nicht erkannt. "Ah, da bist du noch!" "Ja, ich wollte dich noch einmal sehen." "Das ist lieb von dir!" Emanuel zog die Uhr - eine einfache silberne Taschenuhr. "Ganz fremd mutet mich das Ding an. Es ist so grausam pedantisch. Es zaehlt Minuten und Sekunden. Drinnen in der Heimat ist es besser, da duerfen einem nur eine Glocke oder der Grossknecht oder Mond und Sterne sagen, wie spaet es ist. Und dann das Geld, das bedrueckt mich am meisten. Was soll ich mit den paar Kroeten tun? Mir eine Burg des Gluecks davon bauen? Lieber Gott!" "Du wirst noch hoch hinauf kommen!" troestete ihn Gottfried. "Nein!" sagte Emanuel bitter. "Da drinnen, da ist es ja geboten, ueber das eigene Ich zu schweigen. Aber hier draussen auf der Landstrasse will ich mich dir gegenueber nicht verbergen. Ich hab Pech gehabt. Haett' gern studiert. Aber wie ich in der Unterprima war, starb der Vater. Da musste ich $ .« »Ihr Vergleich mit dem Irrwisch ist vortrefflich, Benkendroff,« lachte der kleine Mann, »ich komme mir manchmal selber so vor, noch dazu auf meiner jetzigen Fahrt, von der ich nicht einmal eine Ahnung habe, wohin sie mich führt. Aber ich muß fort -- dort unten läuten ein paar Dampfboote, und ich weiß nicht, ob das meine mit dabei ist, das ich nicht gern versäumen möchte.« »Apropos,« -- rief ihm Benkendroff nach, als er nach kurzem Abschied und beiderseitigem Wunsch einer glücklichen Reise der Landung zueilen wollte -- »haben Sie denn hier gar Nichts von Henkel und seiner kleinen niedlichen Frau gehört? -- Bloomfield, der Henkel aber unter einem anderen Namen kennen will, quält mich fortwährend, mich darum zu bekümmern, ich habe aber wirklich noch keine Zeit dazu finden können, und Niemand kann mir hier ihre Adresse sagen -- gar Nichts gehört?« »Kein Wort,« rief Hopfgarten zurück -- »ich glaube sie sind schon wieder nach Frankreich hinüber.« »Sehr leicht möglich; also -- #à revoir# lieber Hopfgarten.« Er wi$ zu halten, aus allen Kräften, und oft _über_ ihre Kräfte, denn mit der Besorgung des Viehs und dem Waschen für so viele Menschen, hatte des Webers Frau schon ohnedieß genug zu thun. Während Anna also, von der Mutter und jüngsten Schwester dabei redlich unterstützt, dem Hauswesen oblag, die Küche und das »Innere Ministerium«, wie sie es scherzweise nannten, besorgte, hatte Marie, neben dem fatalen Scheuern der Gefäße, das »Ministerium des Äußeren« -- das heißt das Melken der Kühe und Füttern der Schweine, das Jäten und Hacken im Garten (von Anna, und zeitweise sogar Eduard dabei unterstützt) das Aufkehren des Hofplatzes und die Oberaufsicht über sämmtliche Hühner und ihre Nester -- ein höchst schwieriges Geschäft in Amerika, wo die Hühner ebenfalls, nach einem ziemlich unabhängigen Charakter ihre Nester hinmachen, wo es ihnen gefällt, bald in der Maisscheuer, bald unter einen Heuschober, bald hinter einen Busch im Wald draußen, und tausend Listen und oft Indianischer Scharfsinn dazu erforderlich waren, sie he$ ln.« »Ich wage es! Dieser Abrahim sagt, er sei der Mamur der Provinz En-Nasar. Mamurs giebt es nur in Ägypten -- --« »Liegt En-Nasar nicht in Ägypten, Giaur? Ich bin selbst dort gewesen und kenne den Mamur wie meinen Bruder, ja, wie mich selbst.« »Nagelt ihn fest!« gebot der Richter. Ich zog den Revolver, und Halef, der dies sah, seine Pistolen. »Bimbaschi, ich sage dir, daß ich erst den niederschießen werde, der mich anrührt, und dann dich! Du lügst, ich sage es noch einmal. En-Nasar ist eine ganz kleine, geringe Oase zwischen Homrh und Tighert im Lande Tripolis; dort giebt es keinen Mamur, sondern einen armen Scheik; er heißt Mamra Ibn Alef Abuzin, und ich kenne ihn sehr genau. Ich könnte mit dir Komödie spielen und dir erlauben, noch weiter zu fragen; aber ich will es kurz machen. Wie kommt es, daß du die Kläger stehen lässest, während der Angeklagte, der Verbrecher, sitzen darf und sogar die Pfeife von dir bekommt?« Der gute Mann sah mich ganz verdutzt an. »Wie meinst du das, Giaur?« »Ich warne dich, mich$ ich zu mir herum. »Was soll das sein, Emir?« »Du wirst mit uns gehen.« »Ich bin kein Gefangener, ich bleibe hier!« Da drängte sich ein altes Weib herbei. »Allah kerihm, Emir! Was willst du mit meinem Sohne thun?« »Er wird uns begleiten.« »Er? Der Stern meines Alters, der Ruhm seiner Gespielen, der Stolz seines Stammes? Was hat er gethan, daß du ihn bindest wie einen Mörder, den die Blutrache ereilt?« »Schnell, Sir! Bindet ihn an das Pferd und dann vorwärts!« Sofort gab ich das Zeichen zum Aufbruch und ritt davon. Ich hatte erst Mitleid mit dem so schwer bestraften Stamme gehabt, jetzt aber widerte mich jedes Gesicht desselben an, und als wir das Lager und das Wehegeheul hinter uns hatten, war es mir, als ob ich aus einer Räuberhöhle entronnen sei. Halef hatte sich mit seinen drei Kamelen an die Spitze des Zuges gestellt. Ich ritt zu ihm heran. »Liegen sie bequem?« »Wie auf dem Diwan des Padischah, Sihdi.« »Haben sie gegessen?« »Nein, Milch getrunken.« »Um so besser. Können sie reden?« »Sie haben nur einzelne $ n einer großen Menge Krieger umgeben, welche ihre Gewehre schußbereit hielten. Da warf Mir Scheik Khan das Obergewand ab, sprang auf den ersten Stier und stieß ihm das Messer mit solcher Sicherheit in den Nackenwirbel, daß das Tier sofort tot niederstürzte. In demselben Augenblick erhob sich ein hundertstimmiger Jubel, und ebenso viele Schüsse krachten. Mir Scheik Khan trat zurück, und Pir Kamek setzte das Werk fort. Es gewährte einen eigentümlichen Anblick, diesen Mann mit weißem Haar und schwarzem Barte von einem Stiere auf den nächsten springen und sie alle der Reihe nach mit dem sicheren Messerstich fällen zu sehen. Dabei floß kein Tropfen Blut. Nun aber traten die Scheiks herbei, um die Halsader zu öffnen, und die Fakirs nahten sich mit großen Gefäßen, um das Blut aufzufangen. Als dies beendet war, wurde eine ganz bedeutende Anzahl von Schafen herbeigetrieben, deren erstes wieder Mir Scheik Khan tötete, die andern aber wurden von den Fakirs geschlachtet, welche eine außerordentliche Geschicklichkeit in d$ ne Kugel (293a.)[10] und der Fall eine Bewegung nach deren Mittelpunkte sei (294c.).[11] Kurz, er hat von diesen Dingen diejenige Kenntniss, bis zu der schon das griechisch-r[oe]mische Alterthum durch Eratosthenes und Ptolemæus gelangt war. Nur erscheint die Ueberlieferung davon in der Weise des Mittelalters trüb und verwirrt: Romulus z. B. und Numa Pompilius, die er auf Anlass der Römischen Jahres- und Monatrechnung zu nennen hat, sind ihm zu _meistern_, das heisst hier zu Astronomen, und aus _Pompilius_ ist noch _Pompeius_ geworden (296a. b. 301d. ff.). Ich vermuthe, dass er diesen antiken und überhaupt den ganzen Stoff seines Buches durch Vermittelung der Aerzte und Naturgelehrten zu Montpellier empfangen habe. Dahin deutet nebst der Erwähnung eines namhaften Astronomen der in Spanien benachbarten Araber, des Alfraganus (293a.) d. i. des Mohammed ben Ketir von Ferganah,[12] der diætetische Abschnitt Bl. 297a. ff. Denn eben diese Regeln über Essen und Trinken, Schlafen und Baden finden sich, theilweis mit b$ kiesin da bi. wan so der mane verleschit, daß schinet uns an der ersten stunde der naht. aber die da sint in oriente, die sehint des manen gebresten umbe die dritten stunde der naht. daß ist darumbe. wan eß ist in e naht dan uns. daß en mohte niemer gesehen, enwere daß[2] ertriche niht kugeleht unde enmitten hoch. da von so gat in diu sunne e uf danne uns. wonde si danne also gar michel ist, da von schinet si sleht unde breit. unde daß mer hat dise welt in driu also geteilit: [Bild 1] Daß minste heißit Europa, Daß ander affrica, Daß dritte asya. Von dem ertriche sprichet ein phylosophus, alfraganus »Den minsten sternen den der mensche mac gesehin, der ist großir (293b.) danne daß ertriche alle sament, unde ein Sterne ist als ein punctel gein dem himel.« Nu merke wie groß der himel si gein dem ertriche. Diu erde ist der andern elemente reinate unde ein drussene. Unde diu erde ist von ir nature durre unde kalt. also der naturen sint och ein teil liute. den sprechint die arzate[3] Melancolici. die artent nach de$ ißit och der centrum, als du kiesen[20] maht an dirre figuren: [Bild 2] nemest du denne einen stein, unde wurfest in hohe uf, so heter zwene genge, einen hin uf betwungenlichen, unde sinket doch naturlichen, daß er drætecliche stiget. so er danne den betwungenlichen ganc verlat, so vellet er swinde. also hant och die planeten zwene genge. der erste planete heißit Saturnus, der ander Jupiter, darnach Mars, unde danne die sunne, unde venus, Mercurius unde der Mane. Jupiter unde venus sint geluckehaft, Saturnus unde Mars ubil. aber die sunne unde der mane unde mercurius sint etwenne guot, etwenne ubil. Saturnus ist kalt unde durre, Jupiter heiß unde fiuhte, Mars unde (294d.) die sunne heiß unde durre, der mane unde venus fiuhte unde calt. Mercurius het mittelmæsige nature. unde het ie einer witern ganc danne der ander. daß mahtu[21] allis kiesen ander figuren die hie nach gat.[22] [Bild 3: Dise figura betiutet die welt wenne die elementen und die himmele die hie getecket sint daz heizet ah die welt. $ k an Segel oder Tau zufassen wolle. Der Landmann kann alles Andere nachahmen, dieses Tragen des Körpers wird ihm nie gelingen, und nur eine jahrelange Uebung ist im Stande, ihn zuzurichten, oder, wie die Matrosen sagen, ihn »~ship shape~« zu »Nun Sirrah!« rief der Irländer endlich lachend, nachdem er den forschenden Blick des Bootsmanns, wenn auch nicht ohne ein leichtes kaum erkennbares Erröthen, eine ganze Weile ertragen hatte, -- »Ihr werdet mich nun wohl kennen wenn Ihr mich wiederseht; -- wie gefall »Ganz und gar nicht, Kamerad,« sagte der aber trocken, und während er sein Primchen Kautabak im Munde aus einer Backe in die andere wechselte, »ganz und gar nicht, wenn Du die Wahrheit hören willst.« »Hahaha,« lachte aber der Ire, ohne sich im mindesten darüber beleidigt zu fühlen, »verdamme mich wenn das nicht ehrlich von der Leber weggesprochen ist; leid thut mir's nur bei der Sache, daß ich das nämliche -- nicht von Euch auch sagen kann.« »Dann werd' ich mein Möglichstes thun, das für mich so unglückliche $ jetzt so voll und weit die Arme öffnet, fand er Alles, Alles gerade in dem Augenblick erfüllt, wo er sich schon an Abgrunds Rande wähnte, und den Schritt für unvermeidlich, für unabwendbar hielt, der ihn zerschmettert in die Tiefe senden mußte. Und wenn er dann wieder im Anfang, von einem Extrem zum andern überspringend, jeder Gefahr entrissen, mit jedem Wunsch erfüllt, in einem förmlichen Taumel von Wonne und Seligkeit der neu gefundenen Rettungsbahn, die ihn nun durch blumige Auen führte, wie im Traume folgte, verlor sich doch endlich dieses Gefühl, das ihn auch wirklich sein Glück nur halb empfinden ließ, und mit dem vollen Bewußtsein dessen was er sich hier, in dieser wunderherrlichen Welt gewonnen, kehrte auch unendliche Ruhe und Seligkeit ein in sein Herz -- eine Ruhe die sein Weib unsagbar glücklich machte und ihrer Brust letzte, durch die anderen Protestantischen Geistlichen wachgerufenen Zweifel und Befürchtungen beschwichtigte und widerlegte, daß sich der unstete Geist des jungen Mannes so leicht u$ äter selber zuzuschreiben haben.« »Die Missionaire treiben's zum Aeußersten in ihrem stolzen Wahn,« »Und ihre kurzsichtige Politik wird ihnen das geistliche wie ihrer armen Königin das weltliche Regiment rauben,« sagte der erste Sprecher; »die einzige Rettung die dem Lande noch blieb, war eine vernünftige Mäßigung, die Missionair wie Franzose zugleich im Zaum gehalten hätte.« »Sagt das den Priestern, Consul Mörenhout, und sie zucken die Achseln und bedauern bei der Sache nichts thun zu können, da sie sich _nie_ in die Politik dieses Landes mischten.« »Heuchler!« zischte der Consul zwischen den Zähnen durch und schritt jetzt, die Häuptlinge verlassend, rasch der Verandah zu, an deren Treppe er eben den beiden Missionairen Dennis und Rowe begegnete, die, von Nelson und Smith gefolgt, gerade niederstiegen. Als Mr. Rowe den Französischen Consul auf sich zukommen sah, blieb er stehen und sagte, noch ein paar Stufen höher als dieser, mit unendlicher Milde und Freundlichkeit auf ihn niederblickend: »Und was führt un$ ier, durch das flüssige Französisch der Insulanerin überrascht, ließ kaum in seinem Griff um ihre Taille nach, als er sich auch schon von dem, kaum seiner Sinne mehr mächtigen René gefaßt und mehre Schritte zurückgeschleudert fand. »Teufel!« schrie er, und die Hand fuhr fast unwillkührlich nach dem leeren Degenkoppel, Bertrand sprang aber dazwischen, und der Officier auch, sich rasch besinnend wo er sich befand, und daß er hier das Fest nicht stören durfte, biß nur die Zähne auf einander und winkte dem, trotzig zu ihm hinüberschauenden René ihm zu folgen. Aber andere Augen hatten ebenfalls den Wink gesehen und verstanden, und ehe René im Stande war sich von Sadie frei zu machen, und dem stillen aber wohl begriffenen, ja erwarteten Ruf zu folgen, fühlte er eine Hand auf seiner Schulter, und der Capitain der ~Jeanne d'Arc~, der gerade zufällig mit seiner Tänzerin dort stehen geblieben, und Zeuge des ganzen blitzesschnell in einandergreifenden Vorfalls gewesen war, bat ihn, nur wenige Minuten auf seiner Stelle z$ erer Stadt erblickt. Allmänniglich ist es bekannt ja, Wie er in großer Gefahr mit tapferem Muth mir das Leben Rettete: d'rum auch werth und würdig des Standes der Edeln; Aber nicht Müllern nur, auch jeglichem steh' ich als Schuldner, Der so, wie er dem Kaiser und Reich sich verdingte: Rudolphus, Kaiser des Reichs, wird ihm die Schuld mit Wucher bezahlen.« Sagt' es, und schwang sich auf's wiehernde Roß. Zum freudigen Aufbruch Scholl die Dromet', und schnell g'en Wien bewegte der Zug sich. Sieh', in des Abends Grau'n, gewiegt von gaukelnden Lüftchen, Rauschte das Laub in dem Weidenhain, der nahe den Mauern Drösings, am Hügel empor sich hob, und im schlängelnden Waldbach, Längs dem duftenden Thal sich spiegelte! Völlig verhallt war Nun des Kampfes Getös' -- erstürmt die Veste. Die Gegner Wichen, bezwungen, zurück, und Ottgars furchtbare Gattinn Sah schon stolz auf das Land, das bald (so wähnte sie thöricht) Oestreichs Aar' entrissen, dem Leu'n von Böhmen zu Theil wird. Doch wer $ as Volk, und ihr' Erzeugten verhüllten, Weinend, das Aug': sie kehrete heim nach der einsamen Hofburg. Ach, nicht sieht er sie mehr, die holde Geliebte der Jugend, Nicht die erlesenste Gattinn mehr, nicht die beste der Mütter: Denn ihr Lebenslicht soll nun, wie die Lampe verlöschen, Die, des Oehles beraubt, nur matt aufflimmert noch einmal! D'rauf an der Wien, die träg in den buschigen Ufern sich fortwälzt, Führt' er die Heerschar schnell den Mauern der Veste vorüber: Denn nicht wollt' er die Burg in den Tagen des Kampfes beschreiten, Wählend das Zelt zur Wohnung im Kreise der tapferen Krieger. Außer dem Stubenthor naht' ihm mit eilenden Schritten Hugo von Tauffers, er, des treuen, tyrolischen Berglands Heldensohn, der, jüngst erkoren zum Schirmer der Festung Tausend trefflichen Schützen geboth, die er warb in der Heimath. »Herr,« so sprach er ihm leis' in das Ohr, »nicht wollest du Hugo's, Deines Getreu'n, der lange, fürwahr, den Schuhen des Jünglings Schon entwuchs, jetzt h$ he Mädchen Sangen dazu, nach Heidenbrauch, unziemliche Weisen. Ach, und so war's! Doch bald verstummte der Sang und die Zither, Als der Fremdling, in Eisen gehüllt, ihm näher getreten. All' erhoben sich schnell von dem Boden -- die bärtigen Männer Und die rosigen Mädchen, und jetzt der fürstliche Jüngling, Anmuthstrahlenden Blicks, an dem Haupte von bräunlichen Haaren Lieblich umlockt, voll Jugendkraft und blühender Schönheit. Aber er stand verwirrt, und wußte nicht, wie er beginne, Bis er sich wieder ermannt', und d'rauf mit kräftigem Laut rief: »Sprich: weß' Landes du bist, o Fremdling? Triegt uns die Ahnung Nicht, so kommst du gesandt von dem Kaiser der Deutschen, Rudolphus, Der uns vielleicht des Saumsals zeiht, und unrühmlicher Trägheit, Weil wir ruhen dahier, bei Saitenspiel und Gesängen Uns ergetzend, und sein', des feindbedrängten nicht achten? Doch wir harreten nur des Winks, den er uns verheißen, Und gedenken, ihm treu und redlich zu Hülfe zu stehen!« Hugo beugte da$ da rief umher die Menge dem neuen Beherrscher, Jauchzend, ihr »Lebehoch!« Doch sah nach dem Kaiser so mancher, Innig betrübt, noch hin, der erst von Trennen und Scheiden Sprach, und auf immer vielleicht den liebenden Herzen entrückt wird. D'rauf hieß er die Fürsten bei sich willkommen, und sagte: »Kommt zum erquickenden Mahl', und ruht in der friedlichen Burg hier, Heiteren Sinn's, jetzt aus von des Kriegs unzähligen Sorgen! Aber verzeiht: ich eile zuvor nach der düsteren Kammer, Wo die Gattinn mir starb, und nach ihr sich, in Trauergewanden, Sehnen die Kinder vereint; ich gehe, die Lieben zu trösten.« Und er entzog sich den Blicken der lautaufjubelnden Scharen: Thränenden Blicks, aufschreitend allein zur Wohnung der Trauer. Heldengedichte Rudolph von Habsburg. Die Marchfelder Schlacht. Jahr 1278. Die merkwürdige Schlacht auf dem Marchfeld zwischen Rudolph I. von Habsburg, Kaiser der Deutschen, und Przemisl Ottokar II., König von Böhmen, in welcher letzterer besiegt fiel, und jener se$ daß ich unverändert bin Ihr gehorsamer Sohn Gottlieb. _P. S._ Es thut mir leid, daß ich diesen Brief nicht frankiren kann. Ich schike ihn durch Einschluß bis Dreßden, gebe ihn also nicht hier auf die Post. -- Aber über 1 Gr. 3 Pf. darf er nicht kosten, denn er kömmt von =Meinem Bruder Gotthelf.= Lieber Bruder, Daß ich wieder in meinem Vaterlande bin, wirst du nun wißen. -- Ich bin gesund, -- gesünder, als ich vielleicht je war; das thut das Reisen -- muthig, voll Lust und Hofnung. Aussichten, wie ich sie wünsche, habe ich genug, aber ich erwarte sie mit Geduld, und Ergebung. Was mir am meisten fehlt, sind Freunde. Mit gewöhnlichen Studenten mag ich keinen Umgang haben; meine alten Freunde sind alle weg: ich wünsche also oft Dich zu mir, um so ein Gespräch zu führen, wie wir es im Jahr 88 oft hatten. Mit den wenigsten Menschen komme ich im$ d ging nach Königsberg, wo ihm provisorisch eine Professur zugewiesen wurde; während seine Gattin zur Hütung des Hauses zurückblieb, dann aber nachfolgen sollte, als sein Aufenthalt in Königsberg dauernd werden zu wollen schien. So schmerzlich aber war ihr die Trennung von ihrem geliebten Manne, daß sie trotz ihrer starken und duldungswilligen Seele darüber im November in eine ernstliche Krankheit verfiel (I, 374 f.). _Berlin_ d. 13: _Feb_: 1807. Theure Eltern, so eben erhalte ich den Brief aus _Elstra_, ich eile sogleich Ihnen Nachricht von uns zu geben, und _addressiere_ den Brief an Sie, damit Sie geschwinder Nachricht erhalten; mein Lieber Mann ist vor Ankunft der Franzosen hier, nach Königsberg, mit einem Freunde verreist, und hat dort eine _Pro_feßur bis zur Wiederherstellung der Ruhe erhalten, und lißt _Co_llegien; die lezte Nachricht von ihm ist, daß er Gottlob gesund ist; ich erhalte leider sehr wenige Briefe von ihm, und kann nur selten schreiben, weil$ che, für welche in jeder Woche zweimal ein Lehrer in das Haus kam. Der Bruder und unser Lehrer nahmen sich meiner sehr an und suchten mir beizustehen. Aber da die Prüfungen kamen, genügte ich nicht, und meine Zeugnisse waren nicht »So vergingen mehrere Jahre. Da die Zeit vorüber war, welche der Vater zur Erlernung dieser Dinge bestimmt hatte, sagte er, daß wir jetzt unser Gewerbe lernen müßten, das er uns nach seinem Tode übergeben würde, und das wir gemeinsam so ehrenwert und ansehnlich fortzuführen hätten, wie es unsere Vorfahren getan hätten. Er sagte, wir müßten auf die nämliche Weise unterrichtet werden wie unsere Voreltern, damit wir auf die nämliche Weise zu handeln verstünden wie sie. Wir müßten alle Handgriffe und Kenntnisse unseres Geschäftes von unten hinauf lernen, wir müßten zuerst arbeiten können wie jeder gute und der beste Arbeiter in unserm Handwerke, damit wir den Arbeiter und die Arbeit beurteilen könnten, damit wir wüßten, wie die Arbeiter behandelt werden sollen, und damit wir von den Arb$ ichen Christbaum hinaus. Trotz der Erschöpfung mußte man sie noch ein wenig ankleiden, daß sie hinausgingen, die Gaben empfingen, bewunderten und endlich mit ihnen entschliefen. In dem Wirtshause in Gschaid war es an diesem Abend lebhafter als je. Alle, die nicht in der Kirche gewesen waren, waren jetzt dort, und die andern auch. Jeder erzählte, was er gesehen und gehört, was er getan, was er geraten, und was für Begegnisse und Gefahren er erlebt hatte. Besonders aber wurde hervorgehoben, wie man alles hätte anders und besser machen können. Das Ereignis hatte einen Abschnitt in die Geschichte von Gschaid gebracht, es hat auf lange den Stoff zu Gesprächen gegeben, und man wird noch nach Jahren davon reden, wenn man den Berg an heitern Tagen besonders deutlich sieht, oder wenn man den Fremden von seinen Merkwürdigkeiten erzählt. Die Kinder waren von dem Tage an erst recht das Eigentum des Dorfes geworden, sie wurden von nun an nicht mehr als Auswärtige, sondern als Eingeborene betrachtet, die man sich von dem B$ itatis« (_Travers Twiss_ I S. 221, 222). Ferner Strafbestimmungen gegen Piraterie in den Statuten von Cataro, 14. Jahrhundert, und von Sassari, 1316, Teil III Kap. 49. Das Consolato del mare Kap. 245 bestimmt (Text nach der Uebersetzung von _Pardessus_): »Mais, s'il est prouvé qu'il a armé pour porter dommage à quelque personne nommément, ou à quiconque seroit rencontré par lui, et dans la vue de commettre des hostilités, de quelque manière qu'il amène un navire avec ou sans marchandises, qu'il l'ait pris aux ennemis, ou qu'il l'ait trouvé comme il a été dit, il ne doit rien en avoir, le tout doit être rendu au légitime propriétaire. Ceux qui out armé de cette manière doivent être arrêtés et mis au pouvoir de la justice, afin qu'on procède envers eux comme envers des voleurs, si les faits ci -- dessus sont prouvés«; wenn auch der in Satz 1 beschriebene Tatbestand sich nicht durchaus mit dem der Piraterie deckt, so ist doch zu erkennen, dass dem Consolato die Rechtlosigkeit der Piraten fremd ist. [30] _Schubac$ Gleichberechtigung ausgeschlossen sah und die leidende Bauernschaft der geschlossenen Aristokratie ohnmaechtig gegenueberstand, lag es nahe, beiden zu helfen durch ein Kompromiss. Zu diesem Ende brachten die Volkstribune Gaius Licinius und Lucius Sextius bei der Gemeinde Antraege dahin ein: einerseits mit Beseitigung des Konsulatribunats festzustellen, dass wenigstens der eine Konsul Plebejer sein muesse, und ferner den Plebejern den Zutritt zu dem einen der drei grossen Priesterkollegien, dem auf zehn Mitglieder zu vermehrenden der Orakelbewahrer (duoviri, spaeter decemviri sacris faciundis, 1, 191) zu eroeffnen; anderseits hinsichtlich der Domaenen keinen Buerger auf die Gemeinweide mehr als hundert Rinder und fuenfhundert Schafe auftreiben und keinen von dem zur Okkupation freigegebenen Domanialland mehr als fuenfhundert Iugera (= 494 preussische Morgen) in Besitz nehmen zu lassen, ferner die Gutsbesitzer zu verpflichten, unter ihren Feldarbeitern eine zu der Zahl der Ackersklaven im Verhaeltn$ en und das Gewicht seines starken Heeres und seiner Kriegskunst fuer die Freiheit der italischen Staedte und Voelker in die Waagschale zu werfen. Allein Tarent handelte nicht, wie Rom im gleichen Falle gehandelt haben wuerde; und Prinz Kleonymos selbst war auch nichts weniger als ein Alexander oder ein Pyrrhos. Er beeilte sich nicht, einen Krieg zu beginnen, bei dem mehr Schlaege zu erwarten standen als Beute, sondern machte lieber mit den Lucanern gemeinschaftliche Sache gegen Metapont und liess es in dieser Stadt sich wohl sein, waehrend er redete von einem Zug gegen Agathokles von Syrakus und von der Befreiung der sizilischen Griechen. Darueber machten denn die Samniten Frieden; und als nach dessen Abschluss Rom anfing, sich um den Suedosten der Halbinsel ernstlicher zu bekuemmern und zum Beispiel im Jahre 447 (307) ein roemischer Heerhaufen das Gebiet der Sallentiner brandschatzte oder vielmehr wohl in hoeherem Auftrag rekognoszierte, ging der spartanische Condottiere mit seinen Soeldnern zu $ en als der, welcher du bist, in deinem ganzen Wuchse: für das Volk ein furchtbarer und wohltätiger Dämon, für das Heer ein unfehlbarer Sieger, für den Patrioten der Vollender Italiens, für den Gelehrten der wiederaufgelebte römische Ehrgeiz, für die Fürsten, soviel du ihrer bestehen lässest, der herrschende Bundesgenosse. Du beutest alle Möglichkeiten und Begünstigungen des Jahrhunderts aus. Du wirst der Verteidiger des Papstes und eroberst ihm seine Städte und Provinzen zurück, die du für dich behältst; du reitest als Schiedsrichter zwischen der verröchelnden Republik und den Mediceern in Florenz ein, und sie gehorchen dir beide. Ja sogar die stolze Fürstin der Hadria zwingst du in deinen Machtkreis! Ich sehe dich", jubelte Morone, "wie du ihr Doge wirst und dich dem Meere vermählst. So wächsest du, bis dich und dein herrliches Weib auf dem römischen Kapitol tausend frohlockende Arme vergötternd in die Lüfte heben und dich ganz Italien als seinen König zeigen, welches du dann, wie dir jetzt, ich fürchte, $ rer grausamen Art durch die gefesselten Hände zogen. Dann ging es durch das Tor unter einem höllischen Gelächter, in welches der Kanzler aus Verzweiflung mit einstimmte. Letztes Kapitel Inzwischen verlebte in dem aus einer Burg des Glückes zu einer Behausung der Angst gewordenen Kastelle von Mailand Franz Sforza jammervolle Tage und noch schlimmere Nächte, hilf- und ratlos nach seinem Kanzler rufend. Er hatte den Besuch Del Guastos erhalten, der ihm zu melden kam, sein Feldherr habe vor ablaufender Frist den Kanzler von Mailand empfangen, dieser ihm aber, statt der erwarteten Zugeständnisse, im Namen der Hoheit ebenso törichte als verbrecherische Eröffnungen gemacht, die den Feldherrn bestimmen, ohne Verzug, übrigens ganz im Sinne seiner ersten Drohung, auf Mailand zu marschieren und gegen die Hoheit als einen Hochverräter zu verfahren. Del Guasto hatte sich an dem Zittern des Herzogs geweidet und war aus der Stadt verschwunden. Während sich die kaiserlichen Truppen in raschen Märschen näherten, und selbs$ pfe mit den tapferen Iberern und Kelten schufen zu der vorzueglichen numidischen Reiterei ein brauchbares Fussvolk. Von Karthago aus liess man die Barkas machen. Da der Buergerschaft regelmaessige Leistungen nicht abverlangt wurden, sondern vielmehr fuer sie noch etwas abfiel, auch der Handel in Spanien wiederfand, was er in Sizilien und Sardinien verloren, wurde der spanische Krieg und das spanische Heer mit seinen glaenzenden Siegen und wichtigen Erfolgen bald so populaer, dass es sogar moeglich ward, in einzelnen Krisen, zum Beispiel nach Hamilkars Fall, bedeutende Nachsendungen afrikanischer Truppen nach Spanien durchzusetzen, und die Regierungspartei wohl oder uebel dazu schweigen oder doch sich begnuegen musste, unter sich und gegen die Freunde in Rom auf die demagogischen Offiziere und den Poebel zu schelten. Auch von Rom aus geschah nichts, um den spanischen Angelegenheiten ernstlich eine andere Wendung zu geben. Die erste und vornehmste Ursache der Untaetigkeit der Roemer war unzweifelhaf$ n Masse in die Sklaverei verkauften. Allein die Aetoler waren schon nicht mehr frei: sie wagten viel, wenn sie auf eigene Hand mit Philippos Frieden schlossen, und fanden die Roemer keineswegs geneigt, zumal bei der guenstigen Wendung der Dinge in Spanien und in Italien, von einem Kriege abzustehen, den sie ihrerseits bloss mit einigen Schiffen fuehrten und dessen Last und Nachteil wesentlich auf die Aetoler fiel. Endlich entschlossen diese sich doch, den vermittelnden Staedten Gehoer zu geben; trotz der Gegenbestrebungen der Roemer kam im Winter 548/49 (206/05) ein Friede zwischen den griechischen Maechten zustande. Aetolien hatte einen uebermaechtigen Bundesgenossen in einen gefaehrlichen Feind verwandelt; indes es schien dem roemischen Senat, der eben damals die Kraefte des erschoepften Staates zu der entscheidenden afrikanischen Expedition aufbot, nicht der geeignete Augenblick, den Bruch des Buendnisses zu ahnden. Selbst den Krieg mit Philippos, den nach dem Ruecktritt der Aetoler die Roemer $ ierzehn Jahre zuvor bei Cannae gewichen waren, hatten ihren Ueberwindern bei Zama vergolten. Mit einer Handvoll Leute gelangte Hannibal fluechtig nach Hadrumetum. ------------------------------------------------------- ^1 Von den beiden diesen Namen fuehrenden Orten ist wahrscheinlich der westlichere, etwa 60 Miglien westlich von Hadrumetum gelegene, derjenige der Schlacht (vgl. Hermes 20, 1885, S. 144, 318). Die Zeit ist der Fruehling oder Sommer des Jahres 552 (202); die Bestimmung des Tages auf den 19. Oktober wegen der angeblichen Sonnenfinsternis ist nichtig. ------------------------------------------------------ Nach diesem Tage konnte auf karthagischer Seite nur der Unverstand zur Fortsetzung des Krieges raten. Dagegen lag es in der Hand des roemischen Feldherrn, sofort die Belagerung der Hauptstadt zu beginnen, die weder gedeckt noch verproviantiert war, und, wenn nicht unberechenbare Zwischenfaelle eintraten, das Schicksal, welches Hannibal ueber Rom hatte bringen wollen, jetzt ueber Karth$ alle auch in derselben zeitweiligen und oberflaechlichen Abhaengigkeit von der griechischen Dynastie, die in Asien an die Stelle der Grosskoenige getreten war oder sein wollte. Von groesserer Wichtigkeit fuer die allgemeinen Verhaeltnisse ist der Keltenstaat in dem kleinasiatischen Binnenland. Hier mitten inne zwischen Bithynien, Paphlagonien, Kappadokien und Phrygien hatten drei keltische Voelkerschaften, die Tolistoager, Tectosagen und Trocmer sich ansaessig gemacht, ohne darum weder von der heimischen Sprache und Sitte noch von ihrer Verfassung und ihrem Freibeuterhandwerk zu lassen. Die zwoelf Vierfuersten, jeder einem der vier Kantone eines der drei Staemme vorgesetzt, bildeten mit ihrem Rate von dreihundert Maennern die hoechste Autoritaet der Nation und traten auf der "heiligen Staette" (Drunemetum) namentlich zur Faellung von Bluturteilen zusammen. Seltsam wie diese keltische Gauverfassung den Asiaten erschien, ebenso fremdartig duenkte ihnen der Wagemut und die Landsknechtsitte der nordis$ Sympathien. Wenn ein Vorwurf die Roemer trifft, so ist es der, dass sie alle und vor allem den Flamininus, der die wohlbegruendeten Bedenken des Senats ueberwand, der Zauber des hellenischen Namens hinderte, die Erbaermlichkeit des damaligen griechischen Staatenwesens in ihrem ganzen Umfang zu erkennen, und dass sie all den Gemeinden, die mit ihren in sich und gegeneinander gaerenden ohnmaechtigen Antipathien weder zu handeln noch sich ruhig zu halten verstanden, ihr Treiben auch ferner gestatteten. Wie die Dinge einmal standen, war es vielmehr noetig, dieser ebenso kuemmerlichen als schaedlichen Freiheit durch eine an Ort und Stelle dauernd anwesende Uebermacht ein- fuer allemal ein Ende zu machen; die schwaechliche Gefuehlspolitik war bei all ihrer scheinbaren Humanitaet weit grausamer, als die strengste Okkupation gewesen sein wuerde. In Boeotien zum Beispiel musste Rom einen politischen Mord, wenn nicht veranlassen, doch zulassen, weil man sich einmal entschlossen hatte, die roemischen Truppe$ gen Fleisch und Blut ebensogut ein, wie das deine! Wer weiß, ob unser Los nicht schon gleich ist! Preising. Und dann? Ernst. Dann werde, was will! Ich habe das Meinige getan und sorge für die Gräber. Aber es kann auch anders kommen. Der Fürst schlief nur in ihm, er war nicht tot. Warum hätt' er sonst nicht entsagt? Warum so auf dies Turnier gedrungen? Vielleicht erwacht er wieder, und dann--Es ist töricht, mit den gemeinen Leuten von Zauberei zu reden, wo ein Gesicht, das unser Herrgott zweimal angestrichen hat, alles erklärt, aber es ändert sich viel, wenn Himmel und Erde sich erst einmal wieder in solch ein Blendwerk von Mädchen geteilt haben, und nur noch ein Leichnam daliegt, der nicht mehr durch rote Lippen und frische Wangen an die Eitelkeiten der Welt, nur noch durch gebrochene Augen an die letzten Dinge mahnt! Preising. Da brennt's! Oder nicht? Ja! ja! (Man sieht in der Ferne ein Dorf in Flammen stehen.) Ernst. Das ist er! So hat die Wut den Schmerz besiegt! Nun wird alles gut! (Rufend.$ echt, und wo es dennoch bei den Ausfaellen der Belagerten dazu kam, rechtfertigte die feige, kaum durch das persoenliche Erscheinen des Feldherrn gehemmte Flucht der Legionaere diese Taktik nur zu sehr. Nie hat ein Feldherr seine Soldaten veraechtlicher behandelt als Scipio die numantinische Armee; und nicht bloss mit bitteren Reden, sondern vor allem durch die Tat bewies er ihr, was er von ihr halte. Zum erstenmal fuehrten die Roemer, wo es nur auf sie ankam, das Schwert zu brauchen, den Kampf mit Hacke und Spaten. Rings um die ganze Stadtmauer von reichlich einer halben deutschen Meile im Umfang ward eine doppelt so ausgedehnte, mit Mauern, Tuermen und Graeben versehene zwiefache Umwallungslinie aufgefuehrt und auch der Duerofluss, auf dem den Belagerten anfangs noch durch kuehne Schiffer und Taucher einige Vorraete zugekommen waren, endlich abgesperrt. So musste die Stadt, die zu stuermen man nicht wagte, wohl durch Hunger erdrueckt werden, um so mehr, als es der Buergerschaft nicht moeglich g$ lcher Konnivenz war denn, dass nach Ueberwaeltigung des Sklavenaufstandes der Konsul Publius Rupilius alles, was lebend in seine Haende kam, es heisst ueber 20000 Menschen, ans Kreuz schlagen liess. Es war freilich nicht laenger moeglich, das Kapital zu schonen. Unendlich schwerer zu gewinnende, freilich auch unendlich reichere Fruechte verhiess die Fuersorge der Regierung fuer Hebung der freien Arbeit und folgeweise fuer Beschraenkung des Sklavenproletariats. Leider geschah in dieser Beziehung schlechterdings gar nichts. In der ersten sozialen Krise hatte man gesetzlich dem Gutsherrn vorgeschrieben, eine nach der Zahl seiner Sklavenarbeiter abgemessene Anzahl freier Arbeiter zu verwenden. Jetzt ward auf Veranlassung der Regierung eine punische Schrift ueber den Landbau, ohne Zweifel eine Anweisung zur Plantagenwirtschaft nach karthagischer Art, zu Nutz und Frommen der italischen Spekulation ins Lateinische uebersetzt -das erste und einzige Beispiel einer von dem roemischen Senat veranlassten lite$ d fanden. -------------------------------------------------------- ^1 Er ist grossenteils noch vorhanden und bekannt unter dem jetzt seit dreihundert Jahren fortgepflanzten falschen Namen des Thorischen Ackergesetzes. -------------------------------------------------------- Waehrend also die restaurierte Regierung es sich angelegen sein liess, die Keime zum Bessern, die in der Gracchischen Verfassung vorhanden waren, gruendlich auszureuten, blieb sie den nicht zum Heil des Ganzen von Gracchus erweckten feindlichen Maechten gegenueber vollstaendig ohnmaechtig. Das hauptstaedtische Proletariat blieb bestehen in anerkannter Zehrberechtigung; die Geschworenen aus dem Kaufmannsstand liess der Senat gleichfalls sich gefallen, so widerwaertig auch dieses Joch eben dem besseren und stolzeren Teil der Aristokratie fiel. Es waren unwuerdige Fesseln, die die Aristokratie trug; aber wir finden nicht, dass sie ernstlich dazu tat, sich derselben zu entledigen. Das Gesetz des Marcus Aemilius Scaurus von 632 (122),$ ie der gedrueckten Menge und der zur Maessigung des starren Rechtes mahnenden Mittelpartei den Krieg und den Prozess; wieder stand man an dem Rande desjenigen Abgrundes, in den der verzweifelte Schuldner den Glaeubiger mit sich hinabreisst; nur war seitdem an die Stelle der einfach buergerlichen und sittlichen Ordnung einer grossen Ackerstadt die soziale Zerrissenheit einer Kapitale vieler Nationen und diejenige Demoralisation getreten, in der der Prinz mit dem Bettler sich begegnet; nur waren alle Missverhaeltnisse breiter, schroffer, in grauenhafter Weise grossartiger geworden. Indem der Bundesgenossenkrieg all die gaerenden politischen und sozialen Elemente in der Buergerschaft gegeneinander ruettelte, legte er den Grund zu einer neuen Revolution. Zum Ausbruch brachte sie ein Zufall. Der Volkstribun Publius Sulpicius Rufus war es, der im Jahre 666 (88) bei der Buergerschaft die Antraege stellte, jeden Senator, der ueber 2000 Denare (600 Taler) schulde, seiner Ratsstelle verlustig zu erklaeren; $ Juenglings gab dem pontischen Koenig um so mehr freie Hand, als mit diesem das kappadokische Regentenhaus erlosch. Als nomineller Regent ward, ebenwie in Bithynien geschehen war, ein falscher Ariarathes proklamiert, unter dessen Namen Gordios als Statthalter Mithradats das Reich verwaltete. Gewaltiger als seit langem ein einheimischer Monarch herrschte Koenig Mithradates am noerdlichen wie am suedlichen Gestade des Schwarzen Meeres und weit in das innere Kleinasien hinein. Die Hilfsquellen des Koenigs fuer den Krieg zu Lande und zu Wasser schienen unermesslich. Sein Werbeplatz reichte von der Donaumuendung bis zum Kaukasus und dem Kaspischen Meer; Thraker, Skythen, Sauromaten, Bastarner, Kolchier, Iberer (im heutigen Georgien) draengten sich unter seine Fahne; vor allem rekrutierte er seine Kriegsscharen aus den tapferen Bastarnern. Fuer die Flotte lieferte ihm die kolchische Satrapie ausser Flachs, Hanf, Pech und Wachs das trefflichste, vom Kaukasus herabgefloesste Bauholz; Steuermaenner und Of$ erden, unbedingte Begnadigung in Aussicht und veranlasste seine Soldaten, Mann fuer Mann, zu schwoeren, dass sie den Italikern durchaus als Freunden und Mitbuergern begegnen wuerden. Die buendigsten Erklaerungen sicherten den Neubuergern die von ihnen erworbenen politischen Rechte; so dass Carbo deshalb von jeder italischen Stadtgemeinde sich Geiseln wollte stellen lassen, was indes an der allgemeinen Indignation und an dem Widerspruch des Senats scheiterte. Die Hauptschwierigkeit der Lage Sullas bestand in der Tat darin, dass bei der eingerissenen Wort- und Treulosigkeit die Neubuerger allen Grund hatten, wenn nicht an seinen persoenlichen Absichten, doch daran zu zweifeln, ob er es vermoegen werde, seine Partei zum Worthalten nach dem Siege zu bestimmen. Im Fruehling 671 (83) landete Sulla mit seinen Legionen in dem Hafen von Brundisium. Der Senat erklaerte auf die Nachricht davon das Vaterland in Gefahr und uebertrug den Konsuln unbeschraenkte Vollmacht; aber diese unfaehigen Leiter hatten sic$ reigelassene und Kneipgenossen, bald ohne Konkurrenz kaufen liess, bald ihnen den Kaufschilling ganz oder teilweise erliess - so soll zum Beispiel einer seiner Freigelassenen ein Vermoegen von 6 Millionen (457000 Talern) fuer 2000 Sesterzen (152 Taler) ersteigert haben und einer seiner Unteroffiziere durch derartige Spekulationen zu einem Vermoegen von 10 Mill. Sesterzen (761000 Talern) gelangt sein. Der Unwille war gross und gerecht; schon waehrend Sollas Regentschaft fragte ein Advokat, ob der Adel den Buergerkrieg nur gefuehrt habe, um seine Freigelassenen und Knechte zu reichen Leuten zu machen. Trotz dieser Schleuderei indes betrug der Gesamterloes aus den konfiszierten Guetern nicht weniger als 350 Mill. Sesterzen (27 Mill. Taler), was von dem ungeheuren Umfang dieser hauptsaechlich auf den reichsten Teil der Buergerschaft fallenden Einziehungen einen ungefaehren Begriff gibt. Es war durchaus ein fuerchterliches Strafgericht. Es gab keinen Prozess, keine Begnadigung mehr; bleischwer lastete $ ien, in dieser Zeit gar kein Quaestor ging. Aber sicher hat es doch schon vor Sulla mehr als acht Quaestoren gegeben. 8 Von einer festen Zahl der Senatoren kann genau genommen ueberhaupt nicht die Rede sein. Wenn auch die Zensoren vor Sulla jedesmal eine Liste von 300 Koepfen anfertigten, so traten doch zu dieser immer noch diejenigen Nichtsenatoren hinzu, die nach Abfassung der Liste bis zur Aufstellung der naechsten ein kurulisches Amt bekleideten; und nach Sulla gab es so viele Senatoren, als gerade Quaestorier am Leben waren. Wohl aber ist anzunehmen, dass Sulla den Senat auf ungefaehr 500 bis 600 Koepfe zu bringen bedacht war; und diese Zahl ergibt sich, wenn jaehrlich 20 neue Mitglieder von durchschnittlich 30 Jahren eintraten und man die durchschnittliche Dauer der senatorischen Wuerde auf 25 bis 30 Jahre ansetzt. In einer stark besuchten Senatssitzung der ciceronischen Zeit waren 417 Mitglieder anwesend. ------------------------------------------------- Hinsichtlich der Gesetzgebung begnueg$ ht schwer zu sehen, dass sein Bau kein solider war; aber es ist eine arge Gedankenlosigkeit, darueber zu uebersehen, dass ohne Sulla hoechstwahrscheinlich der Bauplatz selbst von den Fluten waere fortgerissen worden; und auch jener Tadel trifft zunaechst nicht Sulla. Der Staatsmann baut nur, was er in dem ihm angewiesenen Kreise bauen kann. Was ein konservativ Gesinnter tun konnte, um die alte Verfassung zu retten, das hat Sulla getan; und geahnt hat er es selbst, dass er wohl eine Festung, aber keine Besatzung zu schaffen vermoege und die grenzenlose Nichtigkeit der Oligarchen jeden Versuch, die Oligarchie zu retten, vergeblich machen werde. Seine Verfassung glich einem in das brandende Meer hineingeworfenen Notdamm; es ist kein Vorwurf fuer den Baumeister, wenn ein Jahrzehnt spaeter die Wellen den naturwidrigen und von den Geschuetzten selbst nicht verteidigten Bau verschlangen. Der Staatsmann wird nicht der Hinweisung auf hoechst loebliche Einzelformen, zum Beispiel des asiatischen Steuerwesen$ lrasselnden Landsknechte, die ganz besonders launig gemalte Bedientenwelt, deren Himmel der Keller, deren Fatum die Peitsche ist, sind bei Terenz verschwunden oder doch zum Besseren gewandt. Bei Plautus befindet man sich, im ganzen genommen, unter angehendem oder ausgebildetem Gesindel, bei Terenz dagegen regelmaessig unter lauter edlen Menschen; wird ja einmal ein Maedchenwirt ausgepluendert oder ein junger Mensch ins Bordell gefuehrt, so geschieht es in moralischer Absicht, etwa aus bruederlicher Liebe oder um den Knaben vom Besuch schlichter Haeuser abzuschrecken. In den Plautinischen Stuecken herrscht die Philisteropposition der Kneipe gegen das Haus: ueberall werden die Frauen heruntergemacht zur Ergoetzung aller zeitweilig emanzipierten und einer liebenswuerdigen Begruessung daheim nicht voellig versicherten Eheleute. In den Terenzischen Komoedien herrscht nicht eine sittlichere, aber wohl eine schicklichere Auffassung der Frauennatur und des ehelichen Lebens. Regelmaessig schliessen sie mi$ glaenzendste ihren Beruf dargetan, die Zuegel des Staates zu fassen und zu lenken. Die ebenso unpatriotischen wie ungeschickten Versuche des Konsuls Piso, den Anstalten des Pompeius zu Unterdrueckung der Piraterie im Narbonensischen Gallien kleinliche Hindernisse in den Weg zu legen, steigerten nur die Erbitterung der Buergerschaft gegen die Oligarchie und ihren Enthusiasmus fuer Pompeius: einzig dessen persoenliche Dazwischenkunft verhinderte es, dass die Volksversammlung nicht den Konsul kurzweg seines Amtes Inzwischen war auf dem asiatischen Festland die Verwirrung nur noch aerger geworden. Glabrio, der an Lucullus' Stelle den Oberbefehl gegen Mithradates und Tigranes uebernehmen sollte, war in Vorderasien sitzen geblieben und hatte zwar durch verschiedene Proklamationen die Soldaten gegen Lucullus aufgestiftet, aber den Oberbefehl nicht angetreten, so dass Lucullus denselben fortzufuehren gezwungen war. Gegen Mithradates war natuerlich nichts geschehen; die pontischen Reiter pluenderten unge$ wies sich insbesondere gegen die verwegenen Raubritter als notwendig. Silas, der Herr von Lysias, der Herr von Tripolis, Dionysios, der Herr von Byblos, Kinyras, wurden in ihren Burgen gefangengenommen und hingerichtet, die Berg- und Seeschloesser der Ityraeer gebrochen, Ptolemaeos Mennaeos' Sohn in Chalkis gezwungen, mit 1000 Talenten (1827000 Taler) Loesegeld sich Freiheit und Herrschaft zu erkaufen. Im uebrigen fanden die Befehle des neuen Machthabers meistenteils widerstandslosen Gehorsam. Nur die Juden schwankten. Die frueher von Pompeius gesandten Vermittler, Gabinius und Scaurus, hatten - beide, wie es heisst, mit bedeutenden Summen bestochen - im Streite der beiden Brueder Hyrkanos und Aristobulos zu Gunsten des letzteren entschieden, auch den Koenig Aretas veranlasst, die Belagerung von Jerusalem aufzuheben und sich in seine Heimat zu begeben, wobei er auf dem Rueckweg noch von Aristobulos eine Niederlage erlitt. Als aber Pompeius in Syrien eintraf, kassierte er die Anordnungen seiner Un$ tische Partei, ihre Verbuendeten siegreiche, an der Spitze ihrer Armeen stehende Feldherren; jetzt war der Fuehrer der Demokraten selber ein sieggekroenter, von grossartigen militaerischen Entwuerfen erfuellter Imperator, die Bundesgenossen gewesene Generale ohne Armee. Damals siegte die Demokratie in Prinzipienfragen und raeumte um diesen Preis die hoechsten Staatsaemter ihren beiden Verbuendeten ein; jetzt war sie praktischer geworden und nahm die hoechste buergerliche und militaerische Gewalt fuer sich selber, wogegen nur in untergeordneten Dingen den Bundesgenossen Konzessionen gemacht und, bezeichnend genug, nicht einmal Pompeius' alte Forderung eines zweiten Konsulats beruecksichtigt wurde. Damals gab sich die Demokratie ihren Verbuendeten hin; jetzt mussten diese sich ihr anvertrauen. Alle Verhaeltnisse sind vollstaendig veraendert, am meisten jedoch der Charakter der Demokratie selbst. Wohl hatte dieselbe, seit sie ueberhaupt war, im innersten Kern ein monarchisches Element in sich getrag$ ns den Nachtrab der grossen Armee unter Sillakes und dem Wesir einzuholen und aufzureiben und die ungeheure Beute zu gewinnen. Diese Rapporte der befreundeten Beduinen entschieden ueber die Marschrichtung; das roemische Heer, bestehend aus sieben Legionen, 4000 Reitern und 4000 Schleuderern und Schuetzen, wandte vom Euphrat sich ab und hinein in die unwirtlichen Ebenen des noerdlichen Mesopotamiens. Weit und breit zeigte sich kein Feind; nur Hunger und Durst und die endlose Sandwueste schienen Wache zu halten an den Pforten des Ostens. Endlich, nach vieltaegigem muehseligen Marsch, unweit des ersten Flusses, den das roemische Heer zu ueberschreiten hatte, des Balissos (Belik), zeigten sich die ersten feindlichen Reiter. Abgaros mit seinen Arabern ward ausgesandt, um zu kundschaften; die parthischen Reiterscharen wichen zurueck bis an und ueber den Fluss und verschwanden in der Ferne, verfolgt von Abgaros und den Seinen. Ungeduldig harrte man auf die Rueckkehr desselben und auf genauere Kundschaft$ nsehen im Orient wiederhergestellt, allein mit der parthischen Invasion in Vorderasien war es vorbei, und es blieb, vorlaeufig wenigstens, die Euphratgrenze erhalten. In Rom wirbelte inzwischen der kreisende Vulkan der Revolution seine Rauchwolken sinnbetaeubend empor. Man fing an, keinen Soldaten und keinen Denar mehr gegen den Landesfeind, keinen Gedanken mehr uebrig zu haben fuer die Geschichte der Voelker. Es ist eines der entsetzlichsten Zeichen der Zeit, dass das ungeheure Nationalunglueck von Karrhae und Sinnaka den derzeitigen Politikern weit weniger zu denken und zu reden gab als jener elende Krawall auf der Appischen Strasse, in dem ein paar Monate nach Crassus der Bandenfuehrer Clodius umkam; aber es ist begreiflich und beinahe verzeihlich. Der Bruch zwischen den beiden Machthabern, lange als unvermeidlich gefuehlt und oft so nahe verkuendigt, rueckte jetzt unaufhaltsam heran. Wie in der alten griechischen Schiffersage befand sich das Fahrzeug der roemischen Gemeinde gleichsam zwischen$ iter in Syrien, Asia, Makedonien, Afrika, Sizilien und sonst befindlichen, freilich schwachen und sehr zerstreuten Truppenabteilungen kamen. In Italien standen unter den Waffen zunaechst nur die zwei von Caesar kuerzlich abgegebenen Legionen, deren Effektivbestand sich nicht ueber 7000 Mann belief und deren Zuverlaessigkeit mehr als zweifelhaft war, da sie, ausgehoben im Diesseitigen Gallien und alte Waffengefaehrten Caesars, ueber die unfeine Intrige, durch die man sie das Lager hatte wechseln machen, in hohem Grade missvergnuegt waren und ihres Feldherrn, der die fuer den Triumph jedem Soldaten versprochenen Geschenke ihnen vor ihrem Abmarsch grossmuetig vorausgezahlt hatte, sehnsuechtig gedachten. Allein abgesehen davon, dass die spanischen Truppen mit dem Fruehjahr entweder auf dem Landweg durch Gallien oder zur See in Italien eintreffen konnten, konnten in Italien die Mannschaften der von den Aushebungen von 699 (55) noch uebrigen drei Legionen sowie das im Jahre 702 (52) in Pflicht genommen$ im Kanal bei den Briten und spaeter den Sachsen ueblichen, im Lager anfertigen und sie auf Wagen an den Punkt, wo die Bruecken gestanden hatten, transportieren. Auf diesen gebrechlichen Nachen wurde das andere Ufer erreicht und, da man es unbesetzt fand, ohne grosse Schwierigkeit die Bruecke wiederhergestellt; rasch war dann auch die Verbindungsstrasse freigemacht und die sehnlich erwartete Zufuhr in das Lager geschafft. Caesars gluecklicher Einfall riss also das Heer aus der ungeheuren Gefahr, in der es schwebte. Sofort begann dann Caesars an Tuechtigkeit der feindlichen weit ueberlegene Reiterei, die Landschaft am linken Ufer des Sicoris zu durchstreifen; schon traten die ansehnlichsten spanischen Gemeinden zwischen den Pyrenaeen und dem Ebro, Osca, Tarraco, Dertosa und andere, ja selbst einzelne suedlich vom Ebro auf Caesars Seite. Durch die Streiftrupps Caesars und die Uebertritte der benachbarten Gemeinden wurde nun den Pompeianern die Zufuhr knapp; sie entschlossen sich endlich zum Rueckzug$ angen war, gelang es in der Tat, das Korps des Saburra am Bagradas bei naechtlicher Weile zu ueberraschen und uebel zuzurichten; und auf diese Siegesbotschaft beschleunigte Curio den Marsch der Infanterie, um durch sie die Niederlage zu vollenden. Bald erblickte man auf den letzten Abhaengen der gegen den Bagradas sich senkenden Anhoehen das Korps des Saburra, das mit den roemischen Reitern sich herumschlug; die heranrueckenden Legionen halfen, dasselbe voellig in die Ebene hinabdraengen. Allein hier wendete sich das Gefecht. Saburra stand nicht, wie man meinte, ohne Rueckhalt, sondern nicht viel mehr als eine deutsche Meile entfernt von der numidischen Hauptmacht. Bereits trafen der Kern des numidischen Fussvolks und 2000 gallische und spanische Reiter auf dem Schlachtfeld ein, um Saburra zu unterstuetzen, und der Koenig selbst mit dem Gros der Armee und sechzehn Elefanten war im Anmarsch. Nach dem Nachtmarsch und dem hitzigen Gefecht waren von den roemischen Reitern augenblicklich nicht viel ue$ igungsfaehigen Festungen in ungeheuren Massen aufgehaeuft, zugleich aus den offenen Ortschaften die Vorraete moeglichst entfernt. Die Abwesenheit Caesars, die schwierige Stimmung seiner Legionen, die Gaerung in Spanien und Italien hoben allmaehlich die Stimmung, und die Erinnerung an die Pharsalische Schlacht fing an, neuen Siegeshoffnungen zu Die von Caesar in Aegypten verlorene Zeit raechte nirgend sich schwerer als hier. Haette er unmittelbar nach Pompeius' Tode sich nach Afrika gewendet, so wuerde er daselbst ein schwaches, desorganisiertes und konsterniertes Heer und vollstaendige Anarchie unter den Fuehrern vorgefunden haben; wogegen jetzt, namentlich durch Catos Energie, eine der bei Pharsalos geschlagenen an Zahl gleiche Armee unter namhaften Fuehrern und unter einer geregelten Oberleitung in Afrika stand. Es schien ueberhaupt ueber dieser afrikanischen Expedition Caesars ein eigener Unstern zu walten. Noch vor seiner Einschiffung nach Aegypten hatte Caesar in Spanien und Italien verschie$ hen an einem jeden Ort, so, wie sie sein koennen. Sie schaetzen einen Staatsmann zu Athen, an sich selbst, nicht hoeher als einen Gaukler zu Persepolis, und eine ehrbare Matrone von Sparta ist in ihren Augen kein vortrefflicheres Wesen als eine Lais zu Corinth. Es ist wahr, der Gaukler wuerde zu Athen, und die Lais zu Sparta schaedlich sein; allein ein Aristides wuerde zu Persepolis, und eine Spartanerin zu Corinth wo nicht eben so schaedlich, doch wenigstens ganz unnuetzlich sein. Die Idealisten, wie ich diese Philosophen zu nennen pflege, welche die Welt nach ihren Ideen umschmelzen wollen, bilden ihre Lehrjuenger zu Menschen, die man nirgends fuer einheimisch erkennen kann, weil ihre Moral eine Gesetzgebung voraussetzt, welche nirgends vorhanden ist. Sie bleiben arm und ungeachtet, weil ein Volk nur demjenigen Hochachtung und Belohnung zuerkennt, der seinen Nutzen befoerdert oder doch zu befoerdern scheint; ja sie werden als Verderber der Jugend, und als heimliche Feinde der Gesellschaft angesehen, und$ hr und durch einen Zufall geschehen. Endlich verschwand dieses Bild gaenzlich; Psyche hoerte auf fuer ihn zu existieren, ja kaum erinnerte er sich alles dessen, was vor seiner Bekanntschaft mit der schoenen Danae vorgegangen war anders, als ein erwachsener Mensch sich seiner ersten Kindheit erinnert. Es ist also leicht zu begreifen, dass seine ganze vormalige Art zu empfinden und zu sein, einige Veraenderung erlitt, und gleichsam die Farbe und den Ton des Gegenstands bekam, der mit einer so unumschraenkten Macht auf ihn wuerkte. Sein ernsthaftes Wesen machte nach und nach einer gewissen Munterkeit Platz, die ihm vieles, das er ehmals missbilligst hatte, in einem guenstigern Lichte zeigte; seine Sittenlehre wurde unvermerkt freier und gefaelliger, und seine ehmaligen guten Freunde, die aetherischen Geister, wenn sie ja noch einigen Zutritt bei ihm hatten, mussten sich gefallen lassen, die Gestalt der schoenen Danae anzunehmen, um vorgelassen zu werden. Vor Begierde der Beherrscherin seines Herzens zu gefall$ ich von ihm loszureissen. Des folgenden Tags hatte er die Unverschaemtheit, die priesterlichen Verrichtungen mit eben der heuchlerischen Andacht fortzusetzen, womit er mich und jeden andern bisher hintergangen hatte. Er liess nicht die geringste Veraenderung in seinem Betragen gegen mich merken, und schien sich des Vergangenen eben so wenig zu erinnern, als ob er den ganzen Lethe ausgetrunken haette. Diese Auffuehrung vermehrte meine Unruhe sehr; ich konnte noch nicht begreifen, dass es Leute geben koenne, welche, mitten in den Ausschweifungen des Lasters, Ruhe und Heiterkeit, die natuerlichen Gefaehrten der Unschuld, beizubehalten wissen. Allein in weniger Zeit darauf befreite mich die Unvorsichtigkeit dieses Betruegers von den Besorgnissen, worin ich seit der Geschichte in der Grotte geschwebet hatte. Theogiton verschwand aus Delphi, ohne dass man die eigentliche Ursache davon erfuhr. Aus dem, was man sich in die Ohren murmelte, erriet ich, dass Apollo endlich ueberdruessig geworden sein moechte, sein$ um Vergnuegen zu gleicher Zeit zu befriedigen, und auf eine so mannichfaltige Art gluecklich zu sein, als sich die verzaerteltste Einbildung nur immer wuenschen koenne. Agathon hatte auf alle diese schoene Vorspieglungen nur Eine Antwort--seine Liebe zu Danae. Der Sophist fand sie unzulaenglich. Eben diese Ursachen, welche seine Liebe zu Danae hervorgebracht hatten, sollten ihn auch fuer die Reizungen andrer Schoenen empfindlich machen. Seiner Meinung nach machte die Abwechselung der Gegenstaende das groesseste Glueck der Liebe aus. Er behauptete diesen Satz durch eine sehr lebhafte Ausfuehrung der besondern Vergnuegungen, welche mit der Besiegung einer jeden besondern Klasse der Schoenen verbunden sei. Die Unwissende und die Erfahrne, die Geistreiche und die Bloede, die Schoene und die Haessliche, die Kokette, die Sproede, die Tugendhafte, die Andaechtige--kurz jeder besondere Charakter beschaeftige den Geschmack, die Einbildung, und so gar die Sinnen (denn von dem Herzen war bei ihm die Rede nicht) auf $ , die ihm die Verfolgungen der Pythia und die Zuneigung der Athenienser zugezogen, ihn in den Augen der thrazischen Bacchantinnen zum Gott, und in den Augen der schoenen Danae zum liebenswuerdigsten der Sterblichen gemacht hatte--Diese Gestalt, diese einnehmende Gesichts-Bildung, diese mit Wuerde und Anstand zusammenfliessende Grazie, welche allen seinen Bewegungen und Handlungen eigen war--taten ihre Wuerkung, und zogen ihm beim ersten Anblick die allgemeine Bewunderung zu. Dionys, welcher als Koenig zu wohl mit sich selbst zufrieden war, um ueber einen Privat-Mann wegen irgend einer Vollkommenheit eifersuechtig zu sein, ueberliess sich dem angenehmen Eindruck, den dieser schoene Fremdling auf ihn machte. Die Philosophen hofften, dass das Inwendige einer so viel versprechenden Aussenseite nicht gemaess sein werde, und diese Hoffnung setzte sie in den Stand, mit einem Nasenruempfen, welches den geringen Wert, den sie einem solchen Vorzug beilegten, andeutete, einander zu zuraunen, dass er--schoen sei. Aber$ n Republikaner, ein Held, ein Stoiker, ein Wolluestling; und war keines von allen, ob er gleich in verschiedenen Zeiten durch alle diese Klassen ging, und in jeder eine Nueance von derselben bekam. So wird es vielleicht noch eine Zeitlang gehen--Aber von seinem Charakter, von dem was er wuerklich war, worin er sich unter allen diesen Gestalten gleich blieb, und was zuletzt, nachdem alles Fremde und Heterogene durch die ganze Folge seiner Umstaende davon abgeschieden sein wird, uebrig bleiben mag--davon kann dermalen die Rede noch nicht sein. Ohne also eben so voreilig ueber ihn zu urteilen, wie man gewohnt ist, es im taeglichen Leben alle Augenblicke zu tun--wollen wir fortfahren, ihn zu beobachten, die wahren Triebraeder seiner Handlungen so genau als uns moeglich sein wird auszuspaehen, keine geheime Bewegung seines Herzens, welche uns einigen Aufschluss hierueber geben kann, entwischen lassen, und unser Urteil ueber das Ganze seines moralischen Wesens so lange zurueckhalten, bis--wir es kennen werden. ZE$ s Autors war, aus seinem Helden einen tugendhaften Weisen zu machen, und zwar solchergestalt, dass man ganz deutlich moechte begreifen koennen, wie ein solcher Mann--so geboren--so erzogen--mit solchen Faehigkeiten und Dispositionen--mit einer solchen besondern Bestimmung derselben--nach einer solchen Reihe von Erfahrungen, Entwicklungen und Veraenderungen--in solchen Gluecks-Umstaenden--an einem solchen Ort und in einer solchen Zeit--in einer solchen Gesellschaft--unter einem solchen Himmels-Strich--bei solchen Nahrungs-Mitteln (denn auch diese haben einen staerkern Einfluss auf Weisheit und Tugend, als sich manche Moralisten einbilden)--bei einer solchen Diaet--kurz, unter solchen gegebenen Bedingungen, wie alle diejenigen Umstaende sind, in welche er den Agathon bisher gesetzt hat, und noch setzen wird--ein so weiser und tugendhafter Mann habe sein koennen, und (diejenigen, welche nicht gewohnt sind zu denken, moegen es nun glauben oder nicht,) unter den naemlichen, oder doch sehr aehnlichen Umstaenden, es$ aus wurden gar bald gute Freunde. Dieser junge Mann gestund, seine Psyche ausgenommen, nichts vollkommners gesehen zu haben, als Danae; und Danae erfuhr mit vielem Vergnuegen, dass Critolaus der Gemahl der schoenen Psyche, und Psyche die wiedergefundene Schwester Agathons sei. Sie hatte nicht viel Muehe ihre Gaeste zu bereden, das Nachtlager in ihrem Hause anzunehmen; unsre Liebenden haetten also die Schuld sich selbst beimessen muessen, wenn sie keine Gelegenheit gefunden haetten, sich umstaendlich zu besprechen, und gegen einander zu erklaeren. Die schoene Danae meldete ihrem Freunde, dass sie die Verraeterei des Hippias, und die Ursache der heimlichen Entweichung Agathons, bei ihrer Zurueckkunft nach Smyrna bald entdeckt habe. Sie verbarg ihm nicht, dass der Schmerz ihn verloren zu haben, sie zu dem seltsamen Entschluss gebracht, der Welt zu entsagen, und in irgend einer entlegenen Einoede sich selbst fuer die Schwachheiten und Fehltritte ihres vergangenen Lebens zu bestrafen; jedoch setzte sie hinzu, h$ Verkehr ihrer Mietsleute mit ihrer Tochter moeglichst zu verhindern, war es ihr jetzt fast unheimlich, dass der Fremde das liebe Geschoepf, ihren Augapfel, hartnaeckig uebersah. Sein ergrautes Haar erklaerte ihr diese seltsame Blindheit nicht genuegend. Er musste einen geheimen Kummer haben oder sich so krank fuehlen, dass ihm der Anblick eines frischen Lebens wehe tat. Dennoch ging er straff und rasch, und seine Brust war breit und gewoelbt, so dass die Krankheit, von der er sprach, tief im Innern ihren Sitz haben musste. Auch seine Gesichtsfarbe war nicht verdaechtig. Wie er die Strassen Venedigs durchschritt, zog er den wohlgefaelligen Blick manch eines Frauenauges auf sich, und auch Marietta sah ihm aus einem der oberen Fenster nicht ohne Anteil nach. Er aber ging in sich gekehrt seinen Geschaeften nach, und obgleich er sich bei Frau Giovanna umstaendlich nach dem Weg erkundigt hatte und endlich ueber seine Ortsunkenntnis durch das Spruechlein: "Mit Fragen kommt man bis Rom" von ihr getroestet worden$ . Die Inquisitoren setzen ihr ganzes Vertrauen in Euch. Leonora, dass Ihr den Schluessel zu diesem wohlverriegelten Geist finden werdet, wie es Euch schon manchmal geglueckt ist. Dies war nicht zu hoffen, solange Gritti dazwischen stand. Seine Verbannung ebnet den Weg und gibt zugleich den Anlass einer Annaeherung an den unzugaenglichen Menschen, dem die Freundin seines Freundes jetzt, da ihr den Verlorenen gemeinsam betrauert, groessere Teilnahme einfloessen muss als frueher. Das uebrige ueberlasse ich der Macht Eurer Reize, die niemals unwiderstehlicher waren, als wo sie auf Widerstand stiessen. Sie ueberlegte eine Weile. Ihre Stirn hellte sich auf, ihre Augen gewannen einen kuehnen, stolzen Ausdruck, ihr schoener voller Mund oeffnete sich halb und ein nachdenkliches Laecheln irrte ueber die Lippen. Ihr versprecht, sagte sie endlich, dass Gritti sofort zurueckgerufen wird, sobald ich den anderen Euch ueberliefert habe? Wir versprechen es. So soll es nicht lange dauern, bis ich Euch an die Erfuellung E$ de das Ereignis herbeigefuehrt haben moechten. Die Wiederkehr der Gefahr verewigt die Furcht und deutet auf eine unabsehliche Reihe von Schrecknissen hinaus, gegen die weder Mut noch Feigheit den geringsten Schutz gewaehren koennen. Eine aehnliche Wirkung uebte in Venedig die Kunde von dem zweiten moerderischen Anfall gegen einen Staatsinquisitor aus. Denn dass der Verwundete nichts Geringeres war, hatten die Eingeweihten nicht zu verheimlichen vermocht. Niemand konnte sich's verhehlen, dass die Kuehnheit, mit der dieser zweite Schlag gefuehrt worden war, durch das Gelingen der Tat nur neu angespornt und zum Weiterschreiten auf der Bahn der Gewalt ermuntert werden musste. Zwar hatte dieses Mal der Dolch, durch ein seidenes Unterkleid abgelenkt, das Opfer nicht sogleich toedlich getroffen. Aber die Wunde gefaehrdete dennoch das Leben und verursachte jedenfalls einen Stillstand in der Taetigkeit des Geheimen Tribunals, das ohne Einstimmigkeit seiner drei Mitglieder keinen Spruch tun durfte. Seine Herrschaf$ erten unsern Stamm rein und unverfaelscht bewahrtest, gib nicht zu, dass ein Unwuerdiger den Namen der Abassiden schaende, sei mit deinem Schutze meinem echten Sohne nahe in dieser Stunde der Pruefung!" Der Sultan erhob sich und bestieg seinen Thron wieder; allgemeine Erwartung fesselte die Anwesenden, man wagte kaum zu atmen, man haette ein Maeuschen ueber den Saal gehen hoeren koennen, so still und gespannt waren alle, die hintersten machten lange Haelse, um ueber die vorderen nach den Kistchen sehen zu koennen. Jetzt sprach der Sultan: "Oeffnet die Kistchen", und diese, die vorher keine Gewalt zu oeffnen vermochte, sprangen von selbst auf. In dem Kistchen, das Omar gewaehlt hatte, lagen auf einem samtenen Kissen eine kleine goldene Krone und ein Zepter; in Labakans Kistchen--eine grosse Nadel und ein wenig Zwirn! Der Sultan befahl den beiden, ihre Kistchen vor ihn zu bringen. Er nahm das Kroenchen von dem Kissen in seine Hand, und wunderbar war es anzusehen, wie er es nahm, wurde es groesser und groesse$ Ihr als meinen Stellvertreter so liebgewonnen habt. Lebet wohl und benuetzet diese Lehre nach Kraeften!" Die Gruenwieseler schaemten sich nicht wenig vor dem ganzen Land. Ihr Trost war, dass dies alles mit unnatuerlichen Dingen zugegangen sei. Am meisten schaemten sich aber die jungen Leute in Gruenwiesel, weil sie die schlechten Gewohnheiten und Sitten des Affen nachgeahmt hatten. Sie stemmten von jetzt an keinen Ellbogen mehr auf, sie schaukelten nicht mit dem Sessel, sie schwiegen, bis sie gefragt wurden, sie legten die Brillen ab und waren artig und gesittet wie zuvor, und wenn je einer wieder in solche schlechten, laecherlichen Sitten verfiel, so sagten die Gruenwieseler: "Es ist ein Affe." Der Affe aber, welcher so lange die Rolle eines jungen Herrn gespielt hatte, wurde dem gelehrten Mann, der ein Naturalienkabinett besass, ueberantwortet. Dieser laesst ihn in seinem Hof umhergehen, fuettert ihn und zeigt ihn als Seltenheit jedem Fremden, wo er noch bis auf den heutigen Tag zu sehen ist. Es entst$ n duerfet ihr euch gluecklich preisen; denn ihr habt mit einem gelehrten, beruehmten Mann gesprochen, und alle Anwesenden ehren und bewundern euch deshalb; es ist niemand anders als Mustapha, der gelehrte Derwisch." "Mustapha, der weise Mustapha, der den Sohn des Scheik erzogen hat? Der viele gelehrte Buecher schrieb, der grosse Reisen machte in alle Weltteile! Mit Mustapha haben wir gesprochen? Und gesprochen, als waer' er unsereiner, so ganz ohne alle Ehrerbietung?" So sprachen die jungen Maenner untereinander und waren sehr beschaemt; denn der Derwisch Mustapha galt damals fuer den weisesten und gelehrtesten Mann im ganzen Morgenland. "Troest' euch darueber", antwortete der Sklavenaufseher, seid froh, dass ihr ihn nicht kanntet; er kann es nicht leiden, wenn man ihn lobt, und haettet ihr ihn ein einziges Mal die Sonne der Gelehrsamkeit oder das Gestirn der Weisheit genannt, wie es gebraeuchlich ist bei Maennern dieser Axt, er haette euch von Stund' an verlassen. Doch ich muss jetzt zurueck zu den Leute$ uns jetzt niederlegen und dann werde sie um so leichteres Spiel haben." "Aber meint Ihr nicht, wir koennten noch entkommen?" fragte Felix. "Im Wald kann man doch eher auf Rettung denken als hier im Zimmer." "Die Fenster sind auch hier vergittert", rief der Student, indem er vergebens versuchte, einen der Eisenstaebe des Gitters loszumachen. "Uns bleibt nur ein Ausweg, wenn wir entweichen wollen, durch die Haustuere; aber ich glaube nicht, dass sie uns fortlassen werden." "Es kaeme auf den Versuch an", sprach der Fuhrmann, "ich will einmal probieren, ob ich bis in den Hof kommen kann. Ist dies moeglich, so kehre ich zurueck und hole euch nach." Die uebrigen billigten diesen Vorschlag, der Fuhrmann legte die Schuhe ab und schlich sich auf den Zehen nach der Treppe; aengstlich lauschten seine Genossen oben im Zimmer; schon war er die eine Haelfte der Treppe gluecklich und unbemerkt hinabgestiegen; aber als er sich dort um einen Pfeiler wandte, richtete sich ploetzlich eine ungeheure Dogge vor ihm in die Hoehe,$ ihn seine Landsleute damit aufzogen. Er trieb zwar noch immer sein Geschaeft fort, aber mit weniger Eifer, und verlor oft einen grossen Teil der Zeit, die er sonst mit Fischfang oder andern nuetzlichen Arbeiten zuzubringen pflegte, in zwecklosem Suchen irgendeines Abenteuers, wodurch er ploetzlich reich werden sollte. Auch wollte es sein Unglueck, dass, als er eines Tages am einsamen Ufer stand und in unbestimmter Hoffnung auf das bewegte Meer hinausblickte, als solle ihm von dorther sein grosses Glueck kommen, eine grosse Welle unter einer Menge losgerissenen Mooses und Gesteins eine gelbe Kugel--eine Kugel von Gold--zu seinen Fuessen rollte. Wilm stand wie bezaubert; so waren denn seine Hoffnungen nicht leere Traeume gewesen, das Meer hatte ihm Gold, schoenes, reines Gold geschenkt, wahrscheinlich die Ueberreste eines schweren Barrens, welchen die Wellen auf dem Meeresgrund bis zur Groesse einer Flintenkugel abgerieben. Und nun stand es klar vor seiner Seele, dass einmal irgendwo an dieser Kueste ein rei$ Bestuerzt sahen die Gefangenen vor sich nieder, sie wussten nicht zu antworten, denn Felix erkannte wohl, dass ihn das Gestaendnis ueber seine Verkleidung nur noch mehr in Gefahr setzen koennte. Es ist mir unmoeglich", fuhr der Hauptmann fort, "eine Dame, die meine vollkommene Achtung hat, also in Gefahr zu sehen. Darum will ich Euch einen Vorschlag zur Rettung machen, es ist der einzige Ausweg, der Euch uebrig bleibt: Ich will mit Euch entfliehen." "Erstaunt, ueberrascht blickten ihn beide an; er aber sprach weiter: "Die Mehrzahl meiner Gesellen ist entschlossen, nach Italien zu ziehen und unter einer weitverbreiteten Bande Dienste zu nehmen. Mir fuer meinen Teil behagt es nicht, unter einem anderen zu dienen, und darum werde ich keine gemeinschaftliche Sache mit ihnen machen. Wenn Ihr mir nun Euer Wort geben wolltet, Frau Graefin, fuer mich gutzusprechen, Eure maechtigen Verbindungen zu meinem Schutze anzuwenden, so kann ich Euch noch freimachen, ehe es zu spaet ist." Felix schwieg verlegen; sein redlich$ te, sie zu examinieren ueber das "Woher" und "Wohin", sprang einer der Maenner auf und rief: "Mein Gott, was sehe ich? Das ist ja Gottfried, unser Jaeger!" "Jawohl, Herr Amtmann!" antwortete der Jaeger mit freudiger Stimme, "da bin ich, und wunderbar gerettet aus der Hand des schlechten Die Offiziere erstaunten, ihn hier zu sehen; der Jaeger aber bat den Major und den Amtmann, mit ihm auf die Seite zu treten, und erzaehlte in kurzen Worten, wie sie errettet worden und wer der dritte sei, welcher ihn und den jungen Goldschmied begleitete. Erfreut ueber diese Nachricht, traf der Major sogleich seine Massregeln, den wichtigen Gefangenen weiter transportieren zu lassen; den jungen Goldschmied aber fuehrte er zu seinen Kameraden, stellte ihn als den heldenmuetigen Juengling vor, der die Graefin durch seinen Mut und seine Geistesgegenwart gerettet habe, und alle schuettelten Felix freudig die Hand, lobten ihn und konnten nicht satt werden, sich von ihm und dem Jaeger ihre Schicksale erzaehlen zu lassen. Indessen w$ Gemahl. "Das ist ja Felix, unser Patchen, der Sohn unserer Kammerfrau Sabine! Felix! Ich bin es ja, zu der du kommen wolltest; so hast du deine Pate gerettet, ohne es zu wissen." "Wie? Seid denn Ihr die Graefin Sandau, die so viel an mir und meiner Mutter getan? Und dies ist das Schloss Mayenburg, wohin ich wandern wollte? Wie danke ich dem guetigen Geschick, das mich so wunderbar mit Euch zusammentreffen liess; so habe ich Euch doch durch die Tat, wenn auch in geringem Masse, meine grosse Dankbarkeit bezeugen koennen!" "Du hast mehr an mir getan", erwiderte sie, "als ich je an dir haette tun koennen; doch so lange ich lebe, will ich dir zu zeigen suchen, wie unendlich viel wir alle dir schuldig sind. Mein Gatte soll dein Vater, meine Kinder deine Geschwister und ich selbst will deine treue Mutter sein, und dieser Schmuck, der dich zu mir fuehrte in der Stunde der hoechsten Not, soll meine beste Zierde werden; denn er wird mich immer an dich und deinen Edelmut erinnern." So sprach die Graefin und hielt$ er, Katharina!" --"Ich habe keinen andern.--Dem Manne, den ich hasse, will er mich zum Weibe geben! Waehrend unseres Vaters langem Siechbett habe ich den schaendlichen Kampf mit ihm gestritten, und erst an seinem Sarg hab ich's ihm abgetrotzt, dass ich in Ruhe um den Vater trauern mag; aber ich weiss, auch das wird er nicht halten." Ich gedachte eines Stiftsfraeuleins zu Preetz, Herrn Gerhardus' einzigen Geschwisters, und meinete, ob die nicht um Schutz und Zuflucht anzugehen sei. Katharina nickte. "Wollt Ihr mein Bote sein, Johannes?-- Geschrieben habe ich ihr schon, aber in Wulfs Haende kam die Antwort, und auch erfahren habe ich sie nicht, nur die ausbrechende Wuth meines Bruders, die selbst das Ohr des Sterbenden erfuellet haette, wenn es noch offen gewesen waere fuer den Schall der Welt; aber der gnaedige Gott hatte das geliebte Haupt schon mit dem letzten Erdenschlummer zugedecket." Katharina hatte sich nun doch auf meine Bitte mir genueber gesetzet, und ich begann die Umrisse auf die Leinewand zu zei$ wahres, warmes Herz schlaegt dir im Busen Du (liebst) Medea! (Medea will aufspringen.) Jason (sie niederziehend). Bleib!--du liebst Medea! Ich seh's am Sturmeswogen deiner Brust Ich seh's an deiner Wangen Flammenglut Ich fuehl's an deines Atems heissem Wehn, An diesem Beben fuehl' ich es--du liebst, Liebst (mich)! (Mich) wie ich (dich)!--ja wie ich (dich)! (Er kniet vor ihr.) Schlag deine Augen auf und leugne wenn du's kannst! Blick' mich an und sag' nein!--du liebst Medea! (Erfasst ihre beiden Haende und wendet die sich Straeubende gegen sich, ihr fest ins Gesicht blickend.) Du weinst! Umsonst, ich kenne Mitleid nicht Mir Aug ins Aug, und sage: nein!--du liebst! Ich liebe dich, du mich! Sprich's aus Medea! (Er hat sie ganz gegen sich gewendet. Ihr Auge trifft das seinige. Sie schaut ihm mit einem tiefen Blick ins Auge.) Dein Auge hat's gesagt, nun auch der Mund! Sprich's aus Medea, sprich es aus: ich liebe! Faellt dir's so schwer ich will dich's lehren, Kind. Sprich's nach: ich liebe dich! (Er zieht sie $ uch Graf Bruehl sich im Grabe umdrehen sollte, wenn auch Graf Redern, auf dem Trottoir Unter den Linden einen Augenblick still stehend und den neuesten Theaterzettel an einer Strassenecke lesend, laecheln, hoechst ironisch laecheln sollte, Herr von Kuestner fuehrt doch die drei Musketiere der Madame Birch-Pfeiffer auf! Frueher war das Verhaeltnis so: Wenn Madame Birch-Pfeiffer ein Stueck gezeitigt hatte, so kam es an die General-Intendantur. Graf Redern sah, ob diese Arbeit von der fruchtbaren Schriftstellerin selbst herruehrte oder ob sie sich, wie Kuehne sagte, wieder einen Roman "eingeschlachtet" hatte. Die Originalversuche, z.B. "Rubens in Madrid", "Die Guenstlinge" usw. wurden mit Courtoisie angenommen und gegeben; die "Wuerste" aber gingen hinueber in die Koenigsstadt. Dort wohnten die Hinkos, die Pfefferroesels, die Scheibentonis und wie die edlen Gestalten alle heissen, die Madame Birch-Pfeiffer nicht selbst geschaffen hat, sondern aus den Romanen Storchs, Doerings, Spindlers, Bulwers usw. mit der dar$ igen, genialen Prinzen des koenigl. Hauses in Beziehungen kamen. Es hatte sie das interessiert, besonders Rahels wegen, mit der sie sich in ihrem Roman auffallend identifiziert. Aber der Erfolg ist bei vielen vortrefflichen Eigenschaften ihres Werkes nicht gelungen. Statt, wie eine kuenstlerische Intuition ihr sagen musste, den Prinzen episodisch zu benutzen, stellte sie ihn in den Vordergrund. Statt ihren Roman z.B. durch eine Figur wie Karl Wegmann zu heben und zu tragen und alle jene bedeutenden Menschen nur zuweilen in ihr Werk hineinragen zu lassen, macht sie diese selbst zu Haupttraegern der Handlung und gibt eine romantische Biographie, statt eines Romans. Prinz Louis bleibt immer der Mittelpunkt. Sie dichtet ihm Empfindungen an, die zu beweisen sind, sie gruppiert Menschen um ihn, die sie als edel, mindestens bedeutungsvoll erscheinen laesst, waehrend sie doch meist nur frivol und sittenlos sind. Diese Pauline Wiesel, eine feine Berliner Kurtisane beruechtigten Andenkens, erscheint bei unserer Verfass$ Mit liebender Naehe versichre mein Herz. Und sollt' ich mich dem Manne nicht ergeben, Der in der Welt allein sich an mich schloss? Denn ausgesetzt ward ich ins fremde Leben, Und fruehe schon hat ich ein strenges Loos (Ich darf den dunkeln Schleier nicht erheben) Gerissen von dem muetterlichen Schooss. Nur einmal sah ich sie, die mich geboren, Doch wie ein Traum ging mir das Bild verloren. Und so erwuchs ich still am stillen Orte, In Lebens Gluth den Schatten beigesellt, --Da stand er ploetzlich an des Klosters Pforte, Schoen, wie ein Gott, und maennlich, wie ein Held. O, mein Empfinden nennen keine Worte! Fremd kam er mir aus einer fremden Welt, Und schnell, als waer' es ewig so gewesen, Schloss sich der Bund, den keine Menschen loesen. Vergib, du Herrliche, die mich geboren, Dass ich, vorgreifend den verhaengten Stunden, Mir eigenmaechtig mein Geschick erkoren. Nicht frei erwaehlt' ich's, es hat mich gefunden; Ein dringt der Gott auch zu verschlossnen Thoren, Zu Pe$ s Seelenamt verwalte und mit heil'gem Lied Zur ew'gen Ruh einsegne den Begrabenen? Ihr frommes Lied mag fort und fort an unserm Grab Auf ew'ge Zeiten schallen bei der Kerze Schein; Doch heute nicht bedarf es ihres reinen Amts, Der blut'ge Mord verscheucht das Heilige. Chor. (Cajetan.) Beschliesse nichts gewaltsam Blutiges, o Herr, Wider sich selber wuethend mit Verzweiflungsthat; Denn auf der Welt lebt Niemand, der dich strafen kann, Und fromme Buessung kauft den Zorn des Himmels ab. Nicht auf der Welt lebt, wer mich richten strafen kann, Drum muss ich selber an mir selber es vollziehn. Bussfert'ge Suehne, weiss ich, nimmt der Himmel an; Doch nur mit Blut buesst sich ab der blut'ge Mord. Chor. (Cajetan.) Des Jammers Fluthen, die auf dieses Haus gestuermt, Ziemt dir zu brechen, nicht zu haeufen Leid auf Leid. Den alten Fluch des Hauses loes' ich sterbend auf, Der freie Tod nur bricht die Kette des Geschicks. Chor. (Cajetan.) Zum Herrn bist du dich schuldig dem verwaisten Lan$ zu viel gesagt. Die Nacht, in der er es uns erzaehlte, trug ihm ein Fieber ein, das ihn bis nach Hause begleitete. Eine naechtliche Aufregung beim Loeschen eines Hausbrandes trat hinzu. Wenige Wochen, nachdem wir ihn zuletzt gesehen, kam die Nachricht, dass wir ihn verloren hatten. Nun sind mir diese Aufzeichnungen um so wertvoller, und kaum kann ich mich entschliessen, fremde Augen hineinblicken zu lassen. Dann wieder empfinde ich es als eine Pflicht, das wundersame Geschick dieser beiden Menschen nicht im Dunkeln zu lassen. Sollte nicht das, was hohe und edle Menschen erleben, Eigentum der ganzen Menschheit sein? So will ich ihn denn erzaehlen lassen. Ich war eben fuenfundzwanzig Jahre alt geworden, als mein Vater starb; seit ich seinen schmerzlichen Todeskampf mit angesehen, schien ich mir um zehn Jahre aelter. Kurz vorher hatte meine einzige Schwester, die ich sehr liebte, einen jungen Geschaeftsfreund unseres Hauses geheiratet, einen Franzosen, dessen Familie seit lang in Genf angesiedelt war, und $ einen Augenblick unschluessig, ob er sich einmischen solle. Dann sank er in sich zusammen und schien zu traeumen.--Der Kanonikus wachte auf und nahm eine Prise und bot auch dem alten Herrn die Dose. Das brachte ihm seinen Gleichmut wieder, und wir setzten unser Spiel eifrig fort. Er sagte mir, als ich endlich ging, ich moechte ja wiederkommen, er spiele noch lieber mit mir als mit Don Vigilio, dem Kanonikus. Diese Worte begleitete er mit einem herzlichen Haendedruck und der liebenswuerdigsten Freundlichkeit, wie er ueberhaupt bei all seiner Schwaeche die Formen eines Kavaliers aus der alten Schule noch immer beherrschte.--Die Frau entliess mich kaelter als gestern, doch, wie mir schien, nur des Grafen wegen, mit dem inzwischen eine Aussoehnung stattgefunden hatte. Und ich taeuschte mich nicht. Denn am Abend darauf, wo der Graf durch einen kleinen Ausflug von seinem Posten ferngehalten war, verdoppelte sie ihre Anstrengungen, mich in ihr Netz zu ziehen. Ich spielte die Rolle des arglosen jungen Menschen, $ selben neben sich auf ein Pferd zu heben, von welchem ein junger Schwabe auf seinen Wink abgesprungen war. Das feurige Tier, welches den veraenderten Reiter spuerte, tat ein paar wilde Spruenge, es entstand ein Rossegedraeng auf der nicht geraeumigen Bruecke, und Astorre, dem die Kapuze zurueckgefallen war und der sich mit Muehe im Buegel hielt, wurde von dem entsetzt ausweichenden Volk erkannt. 'Der Moench! der Moench!' rief und deutete es von allen Seiten, aber schon hatte der kriegerische Tumult die Bruecke hinter sich und verschwand um eine Strassenecke. Der unbezahlt gebliebene Florentiner rannte nach, aber kaum zwanzig Schritte, denn ihm wurde bange um seine unter der schwachen Hut eines Juengelchens gelassene Ware, und dann belehrte ihn der Zuruf der Menge, dass er es mit einer bekannten und leicht aufzufindenden Persoenlichkeit zu tun habe. Er liess sich den Palast Astorres bezeichnen und meldete sich dort heute, morgen, uebermorgen. Die zwei ersten Male richtete er nichts aus, weil in der Behaus$ ne Zweifel--in den Schranken seiner Natur--der begabteste meiner drei Gaeste: so sage ich, weil Julian Boufflers, von dem ich erzaehle, Mouton der Mensch und Mouton der Pudel oft lange Stunden vergnuegt bei mir zusammensassen. Ihr wisset, Sire, die Vaeter Jesuiten sind freigebige Ferienspender, weil ihre Schueler, den vornehmen, ja den hoechsten Staenden angehoerend, oefters zu Jagden, Komoedien oder sonstigen Lustbarkeiten, freilich nicht alle, nach Hause oder anderswohin gebeten werden. So nahm ich denn Julian, welcher von seinem Vater, dem Marschall, grundsaetzlich selten nach Hause verlangt wurde, zuweilen in Euern botanischen Garten mit, wo Mouton, der sich unter Pflanzen und Tieren heimisch fuehlte, mich zeitweilig besuchte, irgendeine gelehrte Eule oder einen possierlichen Affen mit ein paar entschiedenen Kreidestrichen auf das Papier warf und wohl auch, wenn Fleiss und gute Laune vorhielten, mir ein stilles Zimmer mit seinen scheuenden Pferden oder saufenden Kuehen bevoelkerte. Ich hatte Mouton den $ Schurke auf einen ganzen wehrbaren Mann, nie ein vollstaendiger Narr auf einen unbedingt klugen Froehlichen, so dass es zu keinem rechten Trauerspiel und zu keiner guten Komoedie kommen "Ich aber las nun die ganze Nacht in diesem Buche und verfing mich ganz in demselben, da es mir gar so gruendlich und sachgemaess geschrieben schien und mir ausserdem eine solche Arbeit ebenso neu als verdienstlich vorkam. Weil nun alles uebrige so trefflich, wahr und ganz erschien und ich es fuer die eigentliche und richtige Welt hielt, so verliess ich mich insbesondere auch bei den Weibern, die es vorbrachte, ganz auf ihn, verlockt und geleitet von dem schoenen Sterne Lydia, und ich glaubte, hier ginge mir ein Licht auf und sei die Loesung meiner zweifelvollen Verwirrung und Qual zu finden. "Gut! dachte ich, wenn ich diese schoenen Bilder der Desdemona, der Helena, der Imogen und anderer sah, die alle aus der hohen Selbstherrlichkeit ihres Frauentums heraus so seltsamen Kaeuzen nachgingen und anhingen, rueckhaltlos wie unsch$ t wohl anzunehmen, dass sie Sinn fuer die Natur haben, auch abgesehen von ihrer Nuetzlichkeit. Immer brechen sie was Gruenes ab, junge Bursche wie alte Muetterchen, welche die alten Wege ihrer Jugend aufsuchen, und selbst steife Landmaenner in den besten Geschaeftsjahren, wenn sie ueber Land gehen, schneiden sich gern eine schlanke Gerte, sobald sie durch einen Wald gehen, und schaelen die Blaetter ab, von denen sie nur oben ein gruenes Bueschel stehenlassen. Solche Rute tragen sie wie ein Zepter vor sich hin; wenn sie in eine Amtsstube oder Kanzlei treten, so stellen sie die Gerte ehrerbietig in einen Winkel, vergessen aber auch nach den ernstesten Verhandlungen nie, dieselbe saeuberlich wieder mitzunehmen und unversehrt nach Hause zu tragen, wo es erst dem kleinsten Soehnchen gestattet ist, sie zugrunde zu richten.--Als Sali und Vrenchen die vielen Spaziergaenger sahen, lachten sie ins Faeustchen und freuten sich, auch gepaart zu sein, schluepften aber seitwaerts auf engere Waldpfade, wo sie sich in tiefen $ n begnuegte. Sali und Vrenchen traten auch zu den Herrlichkeiten und liessen ihre Augen darueberfliegen; denn beide hatten zugleich die Hand in der Tasche und jedes wuenschte dem andern etwas zu schenken, da sie zum ersten und einzigen Male miteinander zu Markt waren; Sali kaufte ein grosses Haus von Lebkuchen, das mit Zuckerguss freundlich geweisst war, mit einem gruenen Dach, auf welchem weisse Tauben sassen und aus dessen Schornstein ein Amoerchen guckte als Kaminfeger; an den offenen Fenstern umarmten sich pausbaeckige Leutchen mit winzig kleinen roten Muendchen, die sich recht eigentlich kuessten, da der fluechtige praktische Maler mit einem Kleckschen gleich zwei Muendchen gemacht, die so ineinander verflossen. Schwarze Puenktchen stellten muntere AEuglein vor. Auf der rosenroten Haustuer aber waren diese Verse zu Tritt in mein Haus, o Liebste! Doch sei dir unverhehlt: Drin wird allein nach Kuessen Gerechnet und gezaehlt! Die Liebste sprach: "O Liebster, Mich schrecket nichts zurueck! Hab'$ n sie einstweilen auf ihn geworfen, nur auf die gute Seide dieses Kleides. Andere Bedenken waren noch nicht ernstlich in ihm aufgestiegen, da in der allgemeinen Lust der Scherz zu gewoehnlich und erlaubt schien. Als alle sich wieder gesetzt hatten und nachdem sich Frau Amrain ein Viertelstuendchen freundlich mit den jungen Leuten unterhalten, winkte sie ihren Sohn zu sich und sagte ihm, er moechte sie nach Hause begleiten, da sie gehen wolle. Als er sich dazu ganz bereit erklaerte, fluesterte sie ihm aber mit strengem Tone zu: "Wenn ich von einem Weibe will begleitet sein, so konnte ich die Grete hier behalten, die mir hergeleuchtet hat! Du wirst so gut sein und erst heimlaufen, um Kleider anzuziehen, die dir besser stehen, als diese hier!" Erst jetzt merkte er, dass die Sache nicht richtig sei; tief erroetend machte er sich fort, und als er ueber die Strasse eilte und das rauschende Kleid ihm so ungewohnt gegen die Fuesse schlug, waehrend der Nachtwaechter ihm verdaechtig nachsah, merkte er erst recht, dass $ schrie er verzweifelnd auf und ergriff und presste den Arm der Richterin, die finstern Augen fest auf das ruhige Antlitz heftend: "Bei dem Haupte "Bei dem Haupte Palmas", sagte sie. "Ist sie meine Schwester?" "Wie sonst? Ich weiss es nicht anders. Was denkst du dir?" "Dann ist mein Haupt verwirkt und jeder meiner Atemzuege eine Suende!" Er sprang auf, waehrend sie ihn mit nervigen Armen umschlang, so dass er sie mit sich emporzog. "Wohin, Wulfrin? In eine Tiefe? Nein, du darfst diesen starken Leib und dieses tapfere Herz nicht zerstoeren! Nimm dein Ross und reite! Reite zu deinem Kaiser! Mische dich unter deine Waffenbrueder! Ein paar Tagritte, und du bist gesundet und blickst so frei wie die andern!" "Das geht nicht", sagte er jammervoll. "Wir leiden nicht den geringsten Makel in unserer Schar, und ich sollte verraeterisch die Schande unter uns verstecken?" "So stachle dein Ross, reite Tag und Nacht, ueber Berg und Flaeche, springe in ein Schiff, bringe ein Meer und ein zweites zwischen sie und dich$ meisten. Warum kann ich deine Schoenheit nicht ganz in mich fassen, sie nicht ganz umschliessen? Danton, deine Lippen haben Augen. Ich moechte ein Teil des Aethers sein, um dich in meiner Flut zu baden, um mich auf jeder Welle deines schoenen Leibes zu brechen. (Lacroix, Adelaide, Rosalie treten ein.) Lacroix (bleibt in der Tuer stehn). Ich muss lachen, ich muss lachen. Danton (unwillig). Die Gasse faellt mir ein. Auf der Gasse waren Hunde, eine Dogge und ein Bologneser Schosshuendlein, die quaelten sich. Was soll das? Das fiel mir nun grade so ein, und da musst' ich lachen. Es sah erbaulich aus! Die Maedel guckten aus den Fenstern; man sollte vorsichtig sein und sie nicht einmal in der Sonne sitzen lassen. Die Muecken treiben's ihnen sonst auf den Haenden; das macht Gedanken. Legendre und ich sind fast durch alle Zellen gelaufen, die Noennlein von der Offenbarung durch das Fleisch hingen uns an den Rockschoessen und wollten den Segen. Legendre gibt einer die Disziplin, aber er wird einen Monat dafuer zu fas$ rkung und ist Wirkung Ursache--Wirkung und Ursache Vieler Worte bedarf es, Selbstverstaendliches darzulegen: Eines ist Ursache und Wirkung--willkuerliche, an sich nichtige Unterscheidung in dir; doppelte Benennung des Einen, zwei Worte fuer dasselbe: Wirklichkeit, Karma--durch dich--auf dich wirkend; Kreislauf des * * * Und ferner, o Teurer, Karma, Wirklichkeit dieser Welt wirkt sich in dir aus Freiheit und Notwendigkeit. Freiheit des menschlichen Tuns, o Teurer? oder unabwendbare Gesetzmaessigkeit alles Geschehens? Offenbar wird dem Erkennenden die Loesung der grossen Frage an aller Gestaltung, in jedem Vorgang, an allem Werden, an allem Sein. Dasein; alles Gewordene aus gebundener Freiheit. Du durchschaust das Raetsel am aufsteigenden Opferrauch, am Lauf der Gestirne, am Monde, an jeder Zelle. Alles Gebilde ist davon Bildnis; Urbild aller Gebilde--der Zwoelfflaechner. Erwaege es wohl! So lange du die endlose Flucht der Erscheinung 'teilend' zu beherrschen glaubst, so lange irrs$ che Ent-Gegnung seelischer Bewegung in dir. Deine Vorstellung, dein Verhalten, deine Auffassung, Gesinnung, Neigung--deine ueber-Zeugung--schafft unterscheidende Namen und unterschiedene Dinge. Eins an sich ist, was du Ursache oder Wirkung, Freiheit oder Notwendigkeit, Tat oder Duldung, Leben oder Tod nennst. Du selbst bist Ur-sache; aus deinem Verlangen schaffen sich die Dein Verlangen schafft Alles, dein Verlangen wandelt Alles. Endloses Verlangen in dir erscheint als endloses Werden. Aus deinem Verlangen wird die Welt--erscheint und ist. Alles Wirken und Geschehen--in dir, o Teurer, alle Bewegung und aller Stillstand, alle Unterscheidung und aller Wandel--in dir, o Teurer--Werden ver-Werden--in dir. Im Weichbild deiner Welt spaltet Alles, spielt Alles gegen einander, haelt Alles sich die Wage; alle Tat findet Vergeltung, alles Geschehen gleicht sich aus, aller Gegensatz hebt sich auf, alles Aussereinander kehrt in sich zurueck, wie Wellen sich ebnen. Dieser Welt Gleichgewicht im ewigen Krei$ heziel!--Erfasse den grossen Gedanken, ehe deine Lippe ihn ausspricht-- --Erwachen der Menschheit-- Wer sein Heil im 'Ich' sucht, dem ist Selbstsucht Gebot, dem ist Selbstsucht Gottheit. Wer sein Heil in dieser Welt sucht, der bleibt dieser Welt verfallen; dem ist kein Entrinnen aus ungestilltem Verlangen; dem ist kein Entrinnen aus nichtigem Spiel; dem ist kein Entrinnen aus den engen Fesseln des 'Ich'. Wer sich aus dieser Welt nicht erhebt, der lebt und vergeht mit seiner Welt. Wem die Gnade des Ishvara das Auge geoeffnet hat, der durchschaut diese Welt. Wer diese Welt durchschaut, der ist fuer diese Welt Darum ist Erkenntnis Enttaeuschung, darum ist Erkenntnis Erwachen. Erwachen ist Erloesung--Erloesung ist Vollendung in Gottheit. Davon ist gesagt: "Erkenntnis--und einen andern Weg hat der Mensch nicht." Huete das Urerbe--dir zum Heil und allen denen, die auf Erden mit dem Tode ringen. Also ist die Unterweisung: Aus Sinnes-wahr-nehmung wird, was du Wirklichkeit dieser Wel$ Heute vormittag die Pinakothek besucht. Geert wollte auch noch nach dem andern hinueber, das ich hier nicht nenne, weil ich wegen der Rechtschreibung in Zweifel bin, und fragen mag ich ihn nicht. Er ist uebrigens engelsgut gegen mich und erklaert mir alles. Ueberhaupt alles sehr schoen, aber anstrengend. In Italien wird es wohl nachlassen und besser werden. Wir wohnen in den 'Vier Jahreszeiten', was Geert veranlasste, mir zu sagen, draussen sei Herbst, aber er habe in mir den Fruehling. Ich finde es sehr sinnig. Er ist ueberhaupt sehr aufmerksam. Freilich, ich muss es auch sein, namentlich wenn er was sagt oder erklaert. Er weiss uebrigens alles so gut, dass er nicht einmal nachzuschlagen braucht. Mit Entzuecken spricht er von Euch, namentlich von Mama. Hulda findet er etwas zierig; aber der alte Niemeyer hat es ihm ganz angetan. Tausend Gruesse von Eurer ganz berauschten, aber auch etwas mueden Effi." Solche Karten trafen nun taeglich ein, aus Innsbruck, aus Verona, aus Vicenza, aus Padua, eine jede fing an$ e beiden isabellfarbenen Graditzer jagten im Fluge durch die Stadt hin und dann landeinwaerts auf den Bahnhof zu. Das war die erste lange Trennung, fast auf zwoelf Stunden. Arme Effi. Wie sollte sie den Abend verbringen? Frueh zu Bett, das war gefaehrlich, dann wachte sie auf und konnte nicht wieder einschlafen und horchte auf alles. Nein, erst recht muede werden und dann ein fester Schlaf, das war das beste. Sie schrieb einen Brief an die Mama und ging dann zu Frau Kruse, deren gemuetskranker Zustand - sie hatte das schwarze Huhn oft bis in die Nacht hinein auf ihrem Schoss - ihr Teilnahme einfloesste. Die Freundlichkeit indessen, die sich darin aussprach, wurde von der in ihrer ueberheizten Stube sitzenden und nur still und stumm vor sich hinbruetenden Frau keinen Augenblick erwidert, weshalb Effi, als sie wahrnahm, dass ihr Besuch mehr als Stoerung wie als Freude empfunden wurde, wieder ging und nur noch fragte, ob die Kranke etwas haben wolle. Diese lehnte aber alles ab. Inzwischen war es Abend geworden, $ uf Effis Antlitz war sofort verschwunden; schon bloss Gieshueblers Namen zu hoeren tat Effi wohl, und ihr Wohlgefuehl steigerte sich, als sie jetzt den Brief musterte. Zunaechst war es gar kein Brief, sondern ein Billett, die Adresse "Frau Baronin von Innstetten, geb. von Briest" in wundervoller Kanzleihandschrift und statt des Siegels ein aufgeklebtes rundes Bildchen, eine Lyra, darin ein Stab steckte. Dieser Stab konnte aber auch ein Pfeil sein. Sie reichte das Billett ihrem Mann, der es ebenfalls bewunderte. "Nun lies Und nun loeste Effi die Oblate und las: "Hochverehrteste Frau, gnaedigste Frau Baronin! Gestatten Sie mir, meinem respektvollsten Vormittagsgruss eine ganz gehorsamste Bitte hinzufuegen zu duerfen. Mit dem Mittagszug wird eine vieljaehrige liebe Freundin von mir, eine Tochter unserer Guten Stadt Kessin, Fraeulein Marietta Trippelli, hier eintreffen und bis morgen frueh unter uns weilen. Am 17. will sie in Petersburg sein, um daselbst bis Mitte Januar zu konzertieren. Fuerst Kotschukoff oeffne$ Vorgebliche; das Eigentliche heisst: du willst nicht." "Nein, es ist doch mehr Ehrlichkeit dabei, als du zugeben willst. Du hast selbst gewollt, dass ich den Doktor zu Rate ziehe. Das hab ich getan, und nun muss ich doch seinem Rat folgen. Der gute Doktor, er haelt mich fuer bleichsuechtig, sonderbar genug, und du weisst, dass ich jeden Tag von dem Eisenwasser trinke. Wenn du dir ein Borckesches Diner dazu vorstellst, vielleicht mit Presskopf und Aal in Aspik, so musst du den Eindruck haben, es waere mein Tod. Und so wirst du dich doch zu deiner Effi nicht stellen wollen. Freilich, mitunter ist es mir ..." "Ich bitte dich, Effi ..." "... Uebrigens freu ich mich, und das ist das einzige Gute dabei, dich jedesmal, wenn du faehrst, eine Strecke Wegs begleiten zu koennen, bis an die Muehle gewiss oder bis an den Kirchhof oder auch bis an die Waldecke, da, wo der Morgnitzer Querweg einmuendet. Und dann steig ich ab und schlendere wieder zurueck. In den Duenen ist es immer am schoensten." Innstetten war einverstan$ verbindet uns stets und treues Verlangen, Und den Wechsel behielt nur die Begierde sich vor. Einen Druck der Hand, ich sehe die himmlischen Augen Wieder offen.--O nein! Lasst auf der Bildung mich ruhn! Bleibt geschlossen! Ihr macht mich verwirrt und trunken, ihr raubet Mir den stillen Genuss reiner Betrachtung zu frueh. Diese Formen, wie gross! Wie edel gewendet die Glieder! Schlief Ariadne so schoen: Theseus, du konntest entfliehn? Diesen Lippen ein einziger Kuss! O Theseus, nun scheide! Blick ihr ins Auge! Sie wacht!--Ewig nun haelt sie dich fest. Zuende mir Licht an, Knabe!--"Noch ist es hell. Ihr verzehret Oel und Docht nur umsonst. Schliesset die Laeden doch nicht! Hinter die Haeuser entwich, nicht hinter den Berg, uns die Sonne! Ein halb Stuendchen noch waehrts bis zum Gelaeute der Nacht!"-- Unglueckseliger! Geh und gehorch! Mein Maedchen erwart ich. Troeste mich, Laempchen, indes, lieblicher Bote der Nacht! Caesarn waer ich wohl nie zum fernen Britannien gefolget, Florus haette mich leicht in $ dass ich ihrer nicht mehr denken darf. Eine lange, furchtbare Ewigkeit ohne sie. Sieh, wenn ich gesuendigt habe, ich will gern Straf und Marter dulden; Hoellenqualen dulden, wie du sie mir auflegen magst; nur lass das Andenken an sie sie mir versuessen. (Lord Hot, Lord Hamilton, Bedienten und Tognina kommen.) LORD HOT. Ich ungluecklicher Vater! HAMILTON. Er wird sich nur geritzt haben. LORD HOT. Verbindt ihn; er verblutet sich. (reisst ein Schnupftuch aus der Tasche, und sucht das Blut aufzuhalten.) Kommt denn der Wundarzt noch nicht? So lauft denn jemand anderswo nach ihm! lauft alle miteinander nach ihm!--Das sind die Folgen deiner Politik, Hamilton. HAMILTON. (zu Tognina.) Ihr ward rasend, dass ihr ihm das Messer in die Hand gabt. TOGNINA. Er tat so ruhig, gnaediger Herr. LORD HOT. Moerder! Moerder! allezusammen! ihr habt mich um meinen Sohn HAMILTON. Es kann unmoeglich so gefaehrlich sein. ROBERT. (im Wundfieber.) Nein, Armida! nein!--so viel Augen haben nach mir gefunkelt! so viel Busen nach mir sic$ Hier, dacht er, wird man dich im Gehn bewundern muessen; Und ging einher mit steifen Fuessen. Er ging, ein jeder sah ihn an, Und alle lachten, die ihn sahn, Und jeder blieb vor Lachen stehen, Und schrie: Lehrt doch den Fremden gehen! Der Fremde hielts fuer seine Pflicht, Den Vorwurf von sich abzulehnen. Ihr, rief er, hinkt; ich aber nicht; Den Gang muesst ihr euch abgewoehnen! Der Laermen wird noch mehr vermehrt, Da man den Fremden sprechen hoert. Er stammelt nicht; genug zur Schande! Man spottet sein im ganzen Lande. Gewohnheit macht den Fehler schoen, Den wir von Jugend auf gesehn. Vergebens wirds ein Kluger wagen, Und, dass wir toericht sind, uns sagen. Wir selber halten ihn dafuer, Bloss, weil er klueger ist, als wir. Das neue Ehepaar Nach so viel bittern Hindernissen, Nach so viel aengstlicher Gefahr, Als jemals noch ein zaertlich Paar Hat dulden und beweinen muessen, Liess endlich doch die Zeit mein Paar das Glueck geniessen, Das, wenns ein Lohn der Tugend ist, Sie durch Bestaendigkeit zehnfach verdiene$ u ein zufriednes Herz: So lern die Kunst, dich stoisch zu besiegen, Und glaube fest, dass deine Sinnen truegen. Der Schmerz ist in der Tat kein Schmerz, Und das Vergnuegen kein Vergnuegen. Sobald du dieses glaubst: so nimmt kein Glueck dich ein, Und du wirst in der groessten Pein Noch allemal zufrieden sein. Das, sprichst du, kann ich schwer verstehen. Ist auch die stolze Weisheit wahr? Du sollst es gleich bewiesen sehen; Denn Epiktet stellt dir ein Beispiel dar. Ihn, als er noch ein Sklave war, Schlug einst sein Herr mit einem starken Stabe Zweimal sehr heftig auf das Bein. "Herr", sprach der Philosoph, "ich bitt Ihn, lass Ers sein, Denn sonst zerschlaegt Er mir das Bein." "Gut, weil ich dirs noch nicht zerschlagen habe: So soll es", rief der Herr, "denn gleich zerschlagen sein!" Und drauf zerschlug er ihm das Bein; Doch Epiktet, anstatt sich zu beklagen, Fing ruhig an: "Da sieht Ers nun! Hab ichs Ihm nicht gesagt, Er wuerde mirs zerschlagen?" Dies, Mensch, kann Zenons Weisheit tun! Besiege die Natur durch d$ zu deines Sohnes Tod. Zum Vater blickst du, Und Seufzer schickst du Hinauf um sein' und deine Not. Wer fuehlet, Der Schmerz mir im Gebein? Was mein armes Herz hier banget, Was es zittert, was verlanget, Weisst nur du, nur du allein! Wohin ich immer gehe Wie weh, wie weh, wie wehe Wird mir im Busen hier! Ich bin, ach! kaum alleine, Ich wein, ich wein, ich weine, Das Herz zerbricht in mir. Die Scherben vor meinem Fenster Betaut ich mit Traenen, ach! Als ich am fruehen Morgen Dir diese Blumen brach. Schien hell in meine Kammer Die Sonne frueh herauf, Sass ich in allem Jammer In meinem Bett schon auf. Hilf! rette mich von Schmach und Tod! Du Schmerzenreiche, Dein Antlitz gnaedig meiner Not! Nacht. Strasse vor Gretchens Tuere Valentin, Soldat, Gretchens Bruder. Wenn ich so sass bei einem Gelag, Wo mancher sich beruehmen mag, Und die Gesellen mir den Flor Der Maegdlein laut gepriesen vor, Mit vollem Glas das Lob verschwemmt, Den Ellenbogen aufgestemmt, Sass ich in meiner sichern Ruh, Hoert all dem Schwadronieren$ aus dem Gedraeng entweichen; Es ist zu toll, sogar fuer meinesgleichen. Dortneben leuchtet was mit ganz besondrem Schein, Es zieht mich was nach jenen Straeuchen. Komm, komm! wir schlupfen da hinein. Du Geist des Widerspruchs! Nur zu! du magst mich fuehren. Ich denke doch, das war recht klug gemacht: Zum Brocken wandeln wir in der Walpurgisnacht, Um uns beliebig nun hieselbst zu isolieren. MEPHISTOPHELES: Da sieh nur, welche bunten Flammen! Es ist ein muntrer Klub beisammen. Im Kleinen ist man nicht allein. Doch droben moecht ich lieber sein! Schon seh ich Glut und Wirbelrauch. Dort stroemt die Menge zu dem Boesen; Da muss sich manches Raetsel loesen. MEPHISTOPHELES: Doch manches Raetsel knuepft sich auch. Lass du die grosse Welt nur sausen, Wir wollen hier im stillen hausen. Es ist doch lange hergebracht, Dass in der grossen Welt man kleine Welten macht. Da seh ich junge Hexchen, nackt und bloss, Und alte, die sich klug verhuellen. Seid freundlich, nur um meinetwillen; Die Mueh ist klein, der Spass ist g$ bst, sie ist ein lautres Gold, Merkur, der Bote, dient um Gunst und Sold, Frau Venus hat's euch allen angetan, So frueh als spat blickt sie euch lieblich an; Die keusche Luna launet grillenhaft; Mars, trifft er nicht, so draeut euch seine Kraft. Und Jupiter bleibt doch der schoenste Schein, Saturn ist gross, dem Auge fern und klein. Ihn als Metall verehren wir nicht sehr, An Wert gering, doch im Gewichte schwer. Ja! wenn zu Sol sich Luna fein gesellt, Zum Silber Gold, dann ist es heitre Welt; Das uebrige ist alles zu erlangen: Palaeste, Gaerten, bruestlein, rote Wangen, Das alles schafft der hochgelahrte Mann, Der das vermag, was unser keiner kann. Ich hoere doppelt, was er spricht, Und dennoch ueberzeugt's mich nicht. Was soll uns das?--Gedroschner Spass-- Kalenderei--Chymisterei-- Das hoert' ich oft--Und falsch gehofft-- Und kommt er auch--So ist's ein Gauch-- MEPHISTOPHELES: Da stehen sie umher und staunen, Vertrauen nicht dem hohen Fund, Der eine faselt von Alraunen, Der andre von dem schwarzen Hund. Was$ ahr, Und selbst Gefahr erschiene nur als eitles Draeun. Nein, gleich sollst du versammelt schauen Der Helden ungetrennten Kreis: Nur der verdient die Gunst der Frauen, Der kraeftigst sie zu schuetzen weiss. Mit angehaltnem stillen Wueten, Das euch gewiss den Sieg verschafft, Ihr, Nordens jugendliche Blueten, Ihr, Ostens blumenreiche Kraft. In Stahl gehuellt, vom Strahl umwittert, Die Schar, die Reich um Reich zerbrach, Sie treten auf, die Erde schuettert, Sie schreiten fort, es donnert nach. An Pylos traten wir zu Lande, Der alte Nestor ist nicht mehr, Und alle kleinen Koenigsbande Zersprengt das ungebundne Heer. Draengt ungesaeumt von diesen Mauern Jetzt Menelas dem Meer zurueck; Dort irren mag er, rauben, lauern, Ihm war es Neigung und Geschick. Herzoge soll ich euch begruessen, Gebietet Spartas Koenigin; Nun legt ihr Berg und Tal zu Fuessen, Und euer sei des Reichs Gewinn. Germane du! Korinthus' Buchten Verteidige mit Wall und Schutz! Achaia dann mit hundert Schluchten Empfehl' ich, Gote, deinem Trutz. Na$ ach und Grimm jezt raset? Wo hat man sich so gleich ein Schimpfwort angemaset? Und wie anjezt geschieht, Processe draus gemacht? Die Seele in Gefahr, die Hand ums Geld gebracht? Soll dieses menschlich seyn; soll diess vernuenftig heisen, Der Klugheit lezten Zahn aus seinem Mund zu reisen, Damit die Raserey die That vollenden kan? Aus Rache, Zorn und Grimm greift man den Naechsten an, Man schnizt so gar den Kiel, will sonsten nichts gelingen, Und ihn, wenns moeglich waer, um Ehr und Gut zu bringen. Wo ist die alte Zeit mit ihrer Tugend hin? Wo hat ein Buerger jezt so einen stillen Sinn Wie Israels Monarch und erster Koenig hegte? Als bey der Salbung sich der freche Poebel regte. Er that, als hoerte er die tollen Worte nicht. Ein Buerger unsrer Zeit schrie ihm ins Angesicht: Ist dieses koeniglich? darf diess ein Groser leiden? Mir solte ehr ein Dolch das Herz in Stuecke schneiden! Bleib tapfrer David nur in deiner untern Welt, Die dich zu deinem Glueck in ihrem Abgrund haelt. Denn soltest du dein Reich zu unsre$ n lebet. Ich widerspreche nicht, dass hier ein Graf und Fuerst Nach theurem Trauben=Blut, und raren Weine duerst; Dass er mit fremder Kost die Tafel reich bedecket, Und manche Kostbarkeit und niedlich Essen schmecket; Wer nehrte sich wohl sonst; wo kaeme sonst das Geld Durch Handel und Gewerb und Nahrung in die Welt? Ich tadle nicht, dass auch ein Reicher das geniesset, Was in dem feinen Meer und fremden Stroehmen fliesset; Dass er Italiens und Ungerns suesse Frucht Von Reben oder Baum zu seiner Lust versucht; Dass seine Zunge sich an diesen auch erquicket, Was uns durch Wind und Mast Ost, West und Sueden schicket: Damit er der Natur auch ihre Schaetze sieht, Wie kraeftig dieses schmeckt, wie praechtig jenes blueht, Und weiss, wie jedes pflegt geschickt gemacht zu werden. Diess aber widerspricht der Klugheit auf der Erden, Wenn er sich dran gewoehnt, und seinen Mund nicht zwingt, Diess ers aus Leckerey und uebermuth verschlingt. Diess kan die Tugend nicht, noch die Vernunft vertragen, Dass Maenner, welche sic$ und die Eule Der Adler Jupiters und Pallas Eule stritten. "Abscheulich Nachtgespenst!"--"Bescheidner, darf ich bitten. Der Himmel heget mich und dich; Was bist du also mehr, als ich?" Der Adler sprach: Wahr ists, im Himmel sind wir beide; Doch mit dem Unterscheide: Ich kam durch eignen Flug, Wohin dich deine Goettin trug. Im Walde nah bei einer Stadt, Die man mir nicht genennet hat, Liess einst ein seltenes Gefieder, Ein junger Eremit sich nieder. "In einer Stadt", denkt Applikant, "Die man ihm nicht genannt? Was muss er wohl fuer eine meinen? Beinahe sollte mir es scheinen, Dass die,--nein die--gemeinet waer." Kurz Applikant denkt hin und her, Und schliesst, noch eh er mich gelesen, Es sei gewiss Berlin gewesen. "Berlin? Ja, ja, das sieht man bald; Denn bei Berlin ist ja ein Wald.-- Der Schluss ist stark, bei meiner Ehre: Ich dachte nicht, dass es so deutlich waere. Der Wald passt herrlich auf Berlin, Ohn ihn beim Haar herbeizuziehn. Und ob das Uebrige wird passen, Will ich dem Leser ueberlassen. Auf Griec$ war so graesslich, Die, wie man sagt, er nicht verdienet hat. Und nur ein Hagestolz, ein schlauer Advokat, Sprach: "Oh! dem koemmt man nicht ans Leben, Der es Unzaehligen zu geben, So ruehmlich sich beflissen hat." Der Eremite, der die Nacht Im Kerker ungewiss und sorgend durchgemacht, Ward morgen ins Verhoer gebracht. Der Richter war ein schalkscher Mann, Der jeden mit Vergnuegen schraubte, Und doch--(wie man sich irren kann!) Von seiner Frau das beste glaubte. "Sie ist ein Ausbund aller Frommen, Und nur einmal in Wald gekommen, Den Pater Eremit zu sehn. Einmal! Was kann da viel geschehn?" So denkt der guetige Herr Richter. Denk immer so, zu deiner Ruh, Lacht gleich die Wahrheit und der Dichter, Und deine fromme Frau dazu. Nun tritt der Eremit vor ihn. "Mein Freund, wollt Ihr von selbst die nennen, Die--die Ihr kennt, und die Euch kennen: So koennt Ihr der Tortur entfliehn. Doch"--"Darum lass ich mich nicht plagen. Ich will sie alle sagen. Herr Richter, schreib Er nur!" Und wie? Der Eremit entdecket sie? E$ o war die Beichte vollendet. Da gingen sie weiter Nach des Koeniges Hof. Der fromme Grimbart und jener Kamen durch schwaerzliche fette Gebreite; sie sahen ein Kloster Rechter Hand des Weges. Es dienten geistliche Frauen, Spat und frueh, dem Herren daselbst und naehrten im Hofe Viele Huehner und Haehne, mit manchem schoenen Kapaune, Welche nach Futter zuweilen sich ausser der Mauer zerstreuten. Reineke pflegte sie oft zu besuchen. Da sagt' er zu Grimbart: Unser kuerzester Weg geht an der Mauer vorueber; Aber er meinte die Huehner, wie sie im Freien spazierten. Seinen Beichtiger fuehrt' er dahin, sie nahten den Huehnern; Da verdrehte der Schalk die gierigen Augen im Kopfe. Ja, vor allen gefiel ihm ein Hahn, der jung und gemaestet Hinter den andern spazierte, den fasst' er treulich ins Auge, Hastig sprang er hinter ihm drein; es stoben die Federn. Aber Grimbart, entruestet, verwies ihm den schaendlichen Rueckfall. Handelt Ihr so? unseliger Oheim, und wollt Ihr schon wieder Um ein Huhn in Suende geraten, nachdem $ nget das Raenzel ihm um und gebt ihm den Stab in die Haende. Und es erwiderte drauf Bellyn: Herr Koenig, Ihr habet, Glaub ich, vernommen, dass Reineke noch vom Banne nicht los ist. Uebels wuerd ich deswegen von meinem Bischof erdulden, Der es leichtlich erfaehrt und mich zu strafen Gewalt hat. Aber ich tue Reineken selbst nichts Grades noch Krummes. Koennte man freilich die Sache vermitteln, und sollt es kein Vorwurf Mir beim Bischof, Herrn Ohnegrund, werden, zuernte nicht etwa Mir darueber der Propst, Herr Losefund, oder der Dechant Rapiamus, ich segnet ihn gern nach Eurem Befehle. Und der Koenig versetzte: Was soll das Reimen und Reden? Viele Worte lasst Ihr uns hoeren und wenig dahinter. Leset Ihr ueber Reineke mir nicht Grades noch Krummes, Frag ich den Teufel darnach! Was geht mich der Bischof im Dom an? Reineke macht die Wallfahrt nach Rom, und wollt Ihr das hindern? Aengstlich kraute Bellyn sich hinter den Ohren; er scheute Seines Koeniges Zorn und fing sogleich aus dem Buch an Ueber den Pilger zu lese$ Reineke zog die Tatze behend aus den klemmenden Zaehnen, Hielt mit beiden den Wolf nun immer fester und fester, Kneipt' und zog; da heulte der Wolf und schrie so gewaltig Dass er Blut zu speien begann, es brach ihm vor Schmerzen Ueber und ueber der Schweiss durch seine Zotten, er loeste Sich vor Angst. Das freute den Fuchs, nun hofft' er zu siegen, Hielt ihn immer mit Haenden und Zaehnen, und grosse Bedraengnis, Grosse Pein kam ueber den Wolf, er gab sich verloren. Blut rann ueber sein Haupt, aus seinen Augen, er stuerzte Nieder, betaeubt. Es haette der Fuchs des Goldes die Fuelle Nicht fuer diesen Anblick genommen; so hielt er ihn immer Fest und schleppte den Wolf und zog, dass alle das Elend Sahen, und kneipt' und druckt' und biss und klaute den Armen, Der mit dumpfem Geheul im Staub und eigenen Unrat Sich mit Zuckungen waelzte, mit ungebaerdigem Wesen. Seine Freunde jammerten laut, sie baten den Koenig: Aufzunehmen den Kampf, wenn es ihm also beliebte. Und der Koenig versetzte: Sobald Euch allen beduenket$ Dass mich nicht die Arbeit reue! Jaromir (aufgeschreckt). Was!--Ihr Herr Graf! Noch bist du uns Kunde schuldig Von den Deinen, deiner Abkunft. Jaromir von Eschen heisst du, Fern am Rhein wardst du geboren, Dienste suchst du hier im Heer, So erzaehlte mir mein Maedchen, Aber weiter weiss ich nichts. Ist doch weiter auch nichts uebrig. Maechtig waren meine Ahnen, Reich und maechtig. Arm bin ich. Arm, so arm, dass wenn dies Herz, Ein entschlossner kraeft'ger Sinn Und ein schwergepruefter, doch vielleicht Grade darum festrer Wille Nicht fuer etwas gelten koennen, Ich nichts habe und nichts bin. Du sagst viel mit wenig Worten. Also recht! Du bist mein Mann! Sieh, mein Sohn, ich bin ein Greis. Die Natur winkt mir zu Grabe, Und ein dunkel, dumpf Gefuehl Nennt mir nah des Lebens Ziel. Nie hab ich dem Tod gezittert, Und auch jetzt schreckt er mich nicht. Doch dies Maedchen, sie mein Kind. Koenntest du in meinen Traenen, Hier in meinem Herzen lesen Was sie alles mir gewesen, Du verstuendest meinen Schmerz. Dass ich $ Von dem suendigen Geschlecht, Das in Suenden ward geboren Um in Suenden zu vergehn! Seht ihr jenen blut'gen Punkt Aus der grauen Vaeterwelt, Gluehendhell herueberblinken? Seht, vom Vater zu dem Sohne Und vom Enkel hin zum Enkel Rollt er wachsend, wallend fort, Und zuletzt zum Strom geschwollen, Hin durch wildgesprengte Daemme, Ueber Felder, ueber Fluren, Menschendaseins, Menschengluecks Leichtdahingeschwemmte Spuren, Waelzt er seine Fluten her, Uferlos, ein wildes Meer. Ha, es steigt, es schwillt heran, Des Gebaeudes Fugen krachen, Sinkend schwankt die Decke droben Und ich fuehle mich gehoben! Tiefverhuellte Warnerin, Suend'ge Mutter suend'ger Kinder, Trittst du draeuend hin vor mich? Triumphiere! Freue dich! Bald, bald ist dein Stamm vernichtet; Ist mein Sohn doch schon gerichtet! Nimm denn auch dies Leben hin, Es stirbt der letzte Borotin! (Sinkt sterbend zurueck.) Gott! Es sprengen die Verbande! Weh, er stirbt! (Ueber ihn gebeugt, die Hand auf seine Brust gelegt, nach einer Pause.) Er ist nicht mehr!--$ ch ihn vorhersehen lassen. Aber gleichwohl ist es gewiss, dass ich ebensowenig gewusst habe, dass Araspe Ihr Glaeubiger sei, als Sie gewusst haben, dass er mein Vetter ist. Adrast. Es wird sich zeigen. Theophan. Zu Ihrem Vergnuegen, hoffe ich.--Heitern Sie Ihr Gesicht nur auf, und folgen Sie mir mit zu der Gesellschaft.-- Adrast. Ich will sie nicht wieder sehen. Theophan. Was fuer ein Entschluss! Ihren Freund, Ihre Geliebte-- Adrast. Wird mir wenig kosten, zu verlassen. Sorgen Sie aber nur nicht, dass es eher geschehen soll, als bis Sie befriediget sind. Ich will Ihren Verlust nicht, und sogleich noch das letzte Mittel versuchen.-- Theophan. Bleiben Sie, Adrast.--Es tut mir leid, dass ich Sie nicht gleich den Augenblick aus aller Ihrer Unruhe gerissen habe.--Lernen Sie meinen Vetter besser kennen, (indem er die Wechsel hervorzieht) und glauben Sie gewiss, wenn Sie schon von mir das Allernichtswuerdigste denken wollen, dass wenigstens er ein Mann ist, der Ihre Hochachtung verdient. Er will Sie nicht$ ua aergerte sich an dem Weichling Fiesco. Ganz Genua fluchte ueber den verbuhlten Schurken Fiesco. Genueser! Genueser! Meine Buhlerei hat den arglistigen Despoten betrogen, meine Tollheit hat eurem Fuerwitz meine gefaehrliche Weisheit verhuellt. In den Windeln der Ueppigkeit lag das erstaunliche Werk der Verschwoerung gewickelt. Genug. Genua kennt ich in euch. Mein ungeheuerster Wunsch ist befriedigt. Bourgognino (wirft sich unmuthig in einen Sessel). Bin ich denn gar nichts mehr? Fiesco. Aber lasst uns schleunig von Gedanken zu Thaten gehn. Alle Maschinen sind gerichtet. Ich kann die Stadt von Land und Wasser bestuermen. Rom, Frankreich und Parma bedecken mich. Der Adel ist schwierig. Des Poebels Herzen sind mein. Die Tyrannen hab' ich in Schlummer gesungen. Die Republik ist zu einem Umgusse zeitig. Mit dem Glueck sind wir fertig. Nichts fehlt--Aber Verrina ist nachdenkend? Bourgognino. Geduld. Ich hab' ein Woertchen, das ihn rascher aufschrecken soll, als des juengsten Tages Posaunenruf.$ sie auch geliebt! (Er zwingt ihn an den Leichnam und drueckt ihm den Kopf dagegen.) Verzweifle! Sie ist todt! (Den stieren Blick in einen Winkel geheftet.) Ah, dass ich stuende am Thor der Verdammniss, hinunterschauen duerfte mein Aug auf die mancherlei Folterschrauben der sinnreichen Hoelle, saugen mein Ohr zerknirschter Suender Gewinsel--Koennt' ich sie sehen, meine Qual, wer weiss, ich truege sie vielleicht? (Mit Schauern zur Leiche gehend.) Mein Weib liegt hier ermordet--Nein, das will wenig sagen (Nachdruecklicher.) Ich, der Bube, habe mein Weib ermordet--O pfui, so etwas kann die Hoelle kaum kitzeln--Erst wirbelt sie mich kuenstlich auf der Freude letztes glaettestes Schwindeldach, schwaetzt mich bis an die Schwelle des Himmels--und dann hinunter--dann--o koennte mein Odem die Pest unter Seelen blasen--dann--dann ermord' ich mein Weib--Nein, ihr Witz ist noch feiner--dann uebereilen sich (veraechtlich) zwei Augen, und (mir schrecklichem Nachdruck) ich--ermorde--mein Weib! (Beissend laechelnd.) Das $ mit einiger Ruecksicht und Schweigsamkeit behandelt werden; trotzdem will ich nicht gaenzlich unterdruecken, wie unangenehm es mir jetzt erscheint, wie fremd es jetzt nach sechzehn Jahren vor mir steht, - vor einem aelteren, hundert Mal verwoehnteren, aber keineswegs kaelter gewordenen Auge, das auch jener Aufgabe selbst nicht fremder wurde, an welche sich jenes verwegene Buch zum ersten Male herangewagt hat, - die Wissenschaft unter der Optik des Kuenstlers zu sehn, die Kunst aber unter der des Lebens.... Nochmals gesagt, heute ist es mir ein unmoegliches Buch, - ich heisse es schlecht geschrieben, schwerfaellig, peinlich, bilderwuethig und bilderwirrig, gefuehlsam, hier und da verzuckert bis zum Femininischen, ungleich im Tempo, ohne Willen zur logischen Sauberkeit, sehr ueberzeugt und deshalb des Beweisens sich ueberhebend, misstrauisch selbst gegen die Schicklichkeit des Beweisens, als Buch fuer Eingeweihte, als "Musik" fuer Solche, die auf Musik getauft, die auf gemeinsame und seltene Kunst-Erfahrungen $ Feuer sei, dass wir also den Zustand der Individuation als den Quell und Urgrund alles Leidens, als etwas an sich Verwerfliches, zu betrachten haetten. Aus dem Laecheln dieses Dionysus sind die olympischen Goetter, aus seinen Thraenen die Menschen entstanden. In jener Existenz als zerstueckelter Gott hat Dionysus die Doppelnatur eines grausamen verwilderten Daemons und eines milden sanftmuethigen Herrschers. Die Hoffnung der Epopten ging aber auf eine Wiedergeburt des Dionysus, die wir jetzt als das Ende der Individuation ahnungsvoll zu begreifen haben: diesem kommenden dritten Dionysus erscholl der brausende Jubelgesang der Epopten. Und nur in dieser Hoffnung giebt es einen Strahl von Freude auf dem Antlitze der zerrissenen, in Individuen zertruemmerten Welt: wie es der Mythus durch die in ewige Trauer versenkte Demeter verbildlicht, welche zum ersten Male wieder sich freut, als man ihr sagt, sie koenne den Dionysus nocheinmal gebaeren. In den angefuehrten Anschauungen haben wir bereits alle Bestandtheile e$ ns und diesem "Jubel an sich" der jauchzende Kurwenal, dem Schiffe, das Isolden traegt, zugewandt. So gewaltig auch das Mitleiden in uns hineingreift, in einem gewissen Sinne rettet uns doch das Mitleiden vor dem Urleiden der Welt, wie das Gleichnissbild des Mythus uns vor dem unmittelbaren Anschauen der hoechsten Weltidee, wie der Gedanke und das Wort uns vor dem ungedaemmten Ergusse des unbewussten Willens rettet. Durch jene herrliche apollinische Taeuschung duenkt es uns, als ob uns selbst das Tonreich wie eine plastische Welt gegenueber traete, als ob auch in ihr nur Tristan's und Isoldens Schicksal, wie in einem allerzartesten und ausdrucksfaehigsten Stoffe, geformt und bildnerisch ausgepraegt worden sei. So entreisst uns das Apollinische der dionysischen Allgemeinheit und entzueckt uns fuer die Individuen; an diese fesselt es unsre Mitleidserregung, durch diese befriedigt es den nach grossen und erhabenen Formen lechzenden Schoenheitssinn; es fuehrt an uns Lebensbilder vorbei und reizt uns zu gedankenha$ e unser Glueck wuenschen." "Nun wissen wir Alles," sprach Gackeleia, "so recht, wie man sagt, bis auf den Fingernagel; wir wissen, warum die drei Lilien und die drei weissen Klosterfrauen bei der lieben Ahnfrau unter der Hennenlinde stehen; und warum dort bei den acht Pflanzen die acht Ordensgespielen des armen Kindes von Hennegau festlich geschmueckt erscheinen und Huehner in Koerbchen unter dem Arm tragen. Sie kommen zur Leichen-Uebertragung des aeltesten armen Kindes von Hennegau und zum Brautzug des juengsten, und das bin ich!--Sie wollen ihre Pflichthuehner abliefern.--Geschwind, geschwind, lasst uns sie empfangen, ich sehe, sie schwanken schon ein wenig ungeduldig durcheinander. Wohlan, ich rufe sie auf--"Im Namen Ihrer Kindlichkeit der Graefin Amey von Hennegau, ersten Lehnshuldin von Vadutz und ersten armen Kindes von Hennegau mahne ich, Gackeleia Koenigin von Gelnhausen, Graefin in Hennegau und von Gockelsruh, juengste Lehnshuldin von Vadutz und juengstes armes Kind von Hennegau, --Euch, acht erste$ n sie getan! Gleichwohl haben sie alles Gute getan, was noch in der Welt werden wird--merke wohl, in der Welt. O geh! Du hast mich zum besten. Wahrlich nicht--Aber sieh! dort fliegt ein Schmetterling, den ich haben muss. Es ist der von der Wolfmichsraupe.--Geschwind sage ich dir nur noch: die wahren Taten der Freimaeurer zielen dahin, um groesstenteils alles, was man gemeinlich gute Taten zu nennen pflegt, entbehrlich zu machen. Und sind doch auch gute Taten? Es kann keine bessere geben.--Denke einen Augenblick darueber nach. Ich bin gleich wieder bei dir. Gute Taten, welche darauf zielen, gute taten entbehrlich zu machen?-- Das ist ein Raetsel. Und ueber ein Raetsel denke ich nicht nach.--Lieber lege ich mich indes unter den Baum und sehe den Ameisen zu. ZWEITES GESPRAECH Er lockte mich von Strauch bis an den Bach.--Auf einmal war er herueber. Ja, ja. Es gibt solche Locker! Hast du nachgedacht? Ueber was? Ueber deine Raetsel?--Ich werde ihn auch nicht fangen, den schoenen Schmetterling! Darum soll er $ nter die Ohren). Metzler. Schlag den Hund tot! (Sie fallen uebereinander her.) Zweiter Reiter. Komm her, wenn du 's Herz hast. Wirt (reisst sie voneinander). Wollt ihr Ruh haben! Tausend Schwerenot! Schert euch 'naus, wenn ihr was auszumachen habt. In meiner Stub soll's ehrlich und ordentlich zugehen. (Schiebt die Reiter zur Tuer hinaus.) Und ihr Esel, was fanget ihr an? Metzler. Nur nit viel geschimpft, Haensel, sonst kommen wir dir ueber die Glatze. Komm, Kamerad, wollen die draussen bleuen. (Zwei Berlichingsche Reiter kommen.) Erster Reiter. Was gibt's da?. Sievers. Ei guten Tag, Peter! Veit, guten Tag! Woher? Zweiter Reiter. Dass du dich nit unterstehst zu verraten, wem wir Sievers (leise). Da ist euer Herr Goetz wohl auch nit weit? Erster Reiter. Halt dein Maul! Habt ihr Haendel? Sievers. Ihr seid den Kerls begegnet draussen, sind Bamberger. Erster Reiter. Was tun die hier? Metzler. Der Weislingen ist droben auf'm Schloss, beim gnaedigen Herrn, den haben sie geleit. Erster Reiter. De$ unsern zerstreuten Knechten findt, bringt sie zurueck oder stecht sie nieder. Wir muessen diese Scharten auswetzen, und wenn die Klingen drueber zugrunde gehen sollten. Goetz. Lerse. Georg. Goetz. Wir duerfen keinen Augenblick saeumen! Arme Jungen, ich darf euch keine Rast goennen. Jagt geschwind herum und sucht noch Reiter aufzutreiben. Bestellt sie alle nach Weilern, da sind sie am sichersten. Wenn wir zoegern, so ziehen sie mir vors Schloss. (Die zwei ab.) Ich muss einen auf Kundschaft ausjagen. Es faengt an heiss zu werden. Und wenn es nur noch brave Kerls waeren! Aber so ist's die Menge. (Ab.) (Sickingen. Maria.) Maria. Ich bitte Euch, lieber Sickingen, geht nicht von meinem Bruder! Seine Reiter, Selbitzens, Eure sind zerstreut; er ist allein, Selbitz ist verwundet auf sein Schloss gebracht, und ich fuerchte alles. Sickingen. Seid ruhig, ich gehe nicht weg. (Goetz kommt.) Goetz. Kommt in die Kirch, der Pater wartet. Ihr sollt mir in einer Viertelstund ein Paar sein. Sickingen. Lasst mi$ tum. Ein jeder moecht' der groessere sein, und jeder narrt sich selbst. O eitle Narretei, o naerr'sche Eitelkeit! Ich wollt', ich haett' brav Geld, dann mach' ein Narr'n, wer will! (Ab.) hermione (allein). Gemeiner Neid, der selbst den Weisen schaendet oft. O Amphio, wie wird man dich beneiden, wenn dich die Myrte und der Lorbeer schmueckt. vorige. amphio verstoert und bleich amphio. O Hermione, find' ich dich! Wenn du mich je geliebt, so blick' mich guetig an! hermione. Was quaelt dich, Amphio? Was fuehrt dich jetzt amphio (starr). Lass mich in deine Augen schau'n, ich bitte dich, so lang, bis sich mein Geist an ihrem Strahl hermione (sieht ihn verwundert an). amphio. Ich danke dir. (Er macht das Spiel, als wollte er sich durch ihren Anblick zum Dichten begeistern, und vermag es nicht; er geht daher hoffnungsvoll einen Schritt von ihr und sagt, nachdenkend gegen Himmel schauend.) So--so--nun wird es gehen. (Immer unruhiger.) Flamm' auf, Gemuet, flamm' auf! (Verzweifelnd.) Es ist umsonst, s$ . In the fall of the year Goethe met Friederike Brion in the parsonage at Sesenheim, a village near Strassburg. Now Herder's teaching bore fruit in an outburst of real song (1, 2 and 4). The influence of the _Volkslied_ is clearly discernible in the unaffected naturalness, spontaneity, and simplicity of these lyrics. Thus _das Heidenroeslein_, which symbolizes the tragic close of the sweet idyll of Sesenheim, is to all intents and purposes a _Volkslied_. The following years, spent for the most part in Frankfurt, were the period of _Sturm und Drang_ (Storm and Stress) in the poet's life and work. His love for Lili Schoenemann, a rich banker's daughter and society belle of Frankfurt, only heightened this unrest (3). In the fall of 1775 the young duke Karl August called Goethe to Weimar. Under the influence of Frau von Stein, a woman of rare culture, Goethe developed to calm maturity. Compare the first _Wanderers Nachtlied_ (written February 1776), a passionate prayer for peace, and the; second (written Septembe$ en." Diese erste Sitzung genuegte, um den ehrenwerten Kuenstler mit der Familie Vervelle schon recht befreundet werden zu lassen. In zwei Tagen sollten die Vervelles wiederkommen. Vater und Mutter liessen Virginie auf dem Heimweg ein wenig vorausgehen, aber trotz der Entfernung erlauschte sie folgende Worte, die ihre Neugier erweckten: "Ein dekorierter Mann ... siebenunddreissig Jahre ... ein Kuenstler mit Auftraegen, dessen Geld von unserm Notar verwaltet wird ... wie waere es, wenn wir Cardot zu Rate zoegen? Ha! Madame de Fougeres waere nicht uebel!... Er sieht nicht aus wie ein uebler Mensch.... Du meinst, besser ein Grosshaendler? Aber bei einem Kaufmann kannst Du, wenn er sich nicht bereits vom Geschaeft zurueckgezogen hat, nie wissen, wie es Deiner Tochter ergehen wird. Ein sparsamer Kuenstler dagegen ... ausserdem lieben wir die Kunst ... kurz und gut...." Waehrend die Familie Vervelle ihre Eindruecke ueber den Maler austauschte, bildete sich auch Fougeres seinerseits sein Urteil ueber die drei. Aber d$ inie eine seiner Skizzen und der Mutter eine Studie. "Umsonst?" fragten sie. Pierre Grassou musste lachen. "Sie duerfen Ihre Bilder nicht so wegschenken," sagte Vervelle, "das ist doch so gut wie bares Geld."-- Bei der dritten Sitzung erzaehlte Papa Vervelle von einer schoenen Gemaeldegalerie, die er sich in seinem Landhaus in Ville d'Avray zugelegt habe. Sie enthalte Werke von Rubens, Gerard Dou, Mieris, Terborch, Rembrandt, Paul Potter, einen Tizian und anderes. "Herr Vervelle hat sich eine Torheit geleistet," sagte Frau Vervelle sehr wichtig, "er besitzt fuer hunderttausend Francs Bilder."--"Ich bin eben Kunstliebhaber," sagte der ehemalige Flaschenhaendler. Als der Maler das Portraet der Frau Vervelle begann, nachdem das ihres Gatten nahezu vollendet war, fand die Bewunderung der Familie kein Ende. Der Notar hatte von dem Maler eine geradezu glaenzende Schilderung gegeben: Pierre Grassou war in seinen Augen der ehrenwerteste Mann der Welt, einer der bestsituierten Kuenstler, der sich bis jetzt sechsunddre$ g "So schweig doch!" "Ach so! Ja!" Familie Vervelle fuehlte sich durch das ungewoehnliche Auftreten dieses Menschen im tiefsten verletzt. Ihre natuerliche Roete steigerte sich ins Kirschfarbene und endlich zu flammendem Purpur. "Allerdings, so etwas bringt was ein!" begann Bridau wieder. "Hast Du "Brauchst Du viel?" "Fuenfhundert.... Ich bin einem Bluthund von Wucherer in die Finger gefallen. Wenn so eine Bestie einmal zugepackt hat, so laesst sie nicht locker, bis sie den Bissen geschluckt hat. Welche Rasse!" "Ich werde Dir ein paar Zeilen an meinen Notar mitgeben...." "Was, Du hast einen Notar?" "Nun, dann weiss ich doch wenigstens, warum Du die Wangen mit Rosentoenen malst, die einen Parfuemeur begeistern wuerden." Grassou konnte es nicht verhindern, dass er erroetete. Virginie verzog das Gesicht. "Warum haeltst Du Dich nicht an die Natur?" fuhr der grosse Maler fort. "Das Fraeulein ist rot--nun also, ist denn das so schlimm? In der Kunst ist alles schoen. Tu Zinnober auf Deine Palette und belebe die Wange$ Wenn der Tanz noch nicht in Schwung kommen wollte, so ruehrte das daher, weil man auf den Kaiser wartete; denn dieser hatte versprochen, dass er erscheinen werde, und haette gewiss sein Wort gehalten, waere nicht an demselben Abende zwischen ihm und Josephine ein Auf tritt vorgefallen, der die Scheidung des gekroenten Gattenpaares voraussehen liess. Die Nachricht von jenem unangenehmen Auftritt war noch nicht bis zu den Ohren der Hofleute gelangt, und auf die Heiterkeit des Festes, das der Graf von Gondreville gab, hatte daher nur der eine Umstand Einfluss, dass Napoleon nicht erschien. Die schoensten Frauen von Paris hatten sich in den geschmueckten Salons eingefunden, um durch die Ueppigkeit ihres Schmuckes und ihrer Schoenheit vor den Augen des Kaisers zu glaenzen. Die auf ihre Reichtuemer stolze Finanzwelt ueberstrahlte die glaenzenden Generaele und hohen Offiziere des Kaiserreichs, die mit Kreuzen der Ehrenlegion und Titeln ueberhaeuft waren; denn solche Feierlichkeiten waren stets Gelegenheit, die von $ ns verraten. Die leichtesten Falten, die die weisse und reine Stirn runzelten, das unmerkliche Zittern der Zuege, das Spiel der anklaegerischen Augenbrauen, die fast unsichtbare Bewegung der Lippen, dies alles wusste die alte Herzogin so gut zu lesen, wie die geschriebenen Worte eines Buches. Die Kokette ausser Dienst sass in einem Armstuhl, den sie vollkommen ausfuellte, und plauderte mit einem Diplomaten, der sie aufgesucht hatte, weil sie in unvergleichlicher Weise Anekdoten vom alten Hofe erzaehlen konnte, aber sie beobachtete dabei mit ununterbrochener Aufmerksamkeit die junge Kokette, die ihr wie eine neue Auflage ihres eigenen Ichs vorkam. Sie fand sie ganz nach ihrem Geschmack, als sie sah, dass sie so gut ihren Kummer verberge und die Schmerzen ihres Herzens zu verhehlen wisse. Frau von Vaudremont fuehlte sich in der Tat ebenso schmerzlich ergriffen, als sie sich heiter stellte. Sie hatte geglaubt, in Martial einen Mann von Talent anzutreffen, der ihr Leben durch die Genuesse des Hofes, nach denen si$ dem Wind und trotzt der Sonne. Und huellt die Sonn' in Schatten--weh! ach weh! Das zeugt mein Sohn, im Todesschatten jetzt; Des strahlend lichten Schein dein wolk'ger Grimm Mit ew'ger Finsternis umzogen hat. In unsrer Jungen Nest baut eure Brut. O Gott, der du es siehest, duld es nicht! Was Blut gewann, sei auch so eingebuesst! Still, still! aus Scham, wo nicht aus Christenliebe. Rueckt Christenliebe nicht, noch Scham mir vor. Unchristlich seid ihr mit mir umgegangen, Und schamlos wuergtet ihr mir jede Hoffnung. Wut ist mein Lieben, Leben meine Schmach; Stets leb' in meiner Schmach des Leidens Wut. Hoert auf! hoert auf! O Buckingham, ich kuesse deine Hand Zum Pfand der Freundschaft und des Bunds mit dir. Dir geh' es wohl und deinem edlen Haus! Dein Kleid ist nicht befleckt mit unserm Blut, Und du nicht im Bezirke meines Fluchs. Auch keiner sonst; nie ueberschreiten Flueche Die Lippen des, der in die Luft sie haucht. Ich glaube doch, sie steigen himmelan Und wecken Gottes sanft entschlafnen Frieden. O Buc$ ig werden, und will die Thuer mit Gewalt einstossen, worueber ein grosser Lerm entsteht.) Adriana (hinter der Scene.) Wer ist da vor der Thuer, der einen solchen Lermen macht? Dromio von Syracus. Bey meiner Six, es giebt boese Buben in eurer Stadt. Antipholis von Ephesus. Seyd ihr da, Frau?Ihr haettet wol baelder kommen koennen. Eure Frau, Herr Spizbube?Geht, pakt euch von der Thuere fort. Mein Herr, ich sehe wol, hier ist weder was gutes zu essen, noch ein freundlicher Willkomm zu haben--wir halten uns vergeblich auf. Antipholis von Ephesus. Geh', hole mir was, dass ich die Thuer aufbrechen kan. Dromio von Syracus. Versuchts, und brecht hier was, wenn ihr wollt dass ich euch den Schaedel zerbrechen soll. Antipholis von Ephesus. Geh', sag' ich, hole mir ein Stemm-Eisen -- Habt Geduld, mein Herr; ich bitte euch, fangt nichts dergleichen an; ihr wuerdet einen Anfall auf euren eignen guten Namen thun, und die nie verlezte Ehre eurer Frauen in Verdacht bringen. Bedenket nur das; die lange Erfahrung, die ihr von $ einen erschreklichen Blik, aber ein mitleidiges Herz; lasst ihn wieder herein kommen, damit sein Mitleiden das eurige aufweke. Komm, Junge, bereite dich. Ist denn kein Mittel? Keines, als deine Augen zu verliehren. O Himmel! dass doch nur ein Staeubchen, ein Splitterchen, eine Mueke, ein irrendes Haar in den eurigen waere; wenn ihr fuehltet, was fuer Ungemach die kleinsten Dinge in diesem kostbaren Sinn anrichten, euer grausames Vorhaben muesst' euch entsezlich vorkommen. Ist diss dein Versprechen; komm her, schweig und ruehre dich nicht-- Hubert, du willt mir nicht erlauben, dass ich um meine Augen jammere; ach, heisse mich nicht schweigen, Hubert, heisse mich's nicht; oder schneide mir die Zunge aus, wenn du willt, und lass mich nur meine Augen behalten. Sieh, bey meiner Treu, das Eisen ist kalt, und wuerde mir kein Leid thun. Ich kan es wieder heiss machen, Junge. Nein, in rechtem Ernst, das Feuer ist vor Schmerz todt, dass es, zum Trost der Menschen erschaffen, zu einer solchen Grausamkeit gebraucht we$ ir: es war die Nachtigall. Die Lerche wars, die Tagverkuenderin, Nicht Philomele; sieh den neidschen Streif, Der dort im Ost der Fruehe Wolken saeumt. Die Nacht hat ihre Kerzen ausgebrannt, Der muntre Tag erklimmt die dunstgen Hoehn; Nur Eile rettet mich, Verzug ist Tod. Trau mir, das Licht ist nicht des Tages Licht, Die Sonne hauchte dieses Luftbild aus, Dein Fackeltraeger diese Nacht zu sein, Dir auf dem Weg nach Mantua zu leuchten. Drum bleibe noch; zu gehn ist noch nicht not. Lass sie mich greifen, ja, lass sie mich toeten! Ich gebe gern mich drein, wenn du es willst. Nein, jenes Grau ist nicht des Morgens Auge, Der bleiche Abglanz nur von Cynthias Stirn. Das ist auch nicht die Lerche, deren Schlag Hoch ueber uns des Himmels Woelbung trifft. Ich bleibe gern; zum Gehn bin ich verdrossen. Willkommen, Tod, hat Julia dich beschlossen!-- Nun, Herz? Noch tagt es nicht, noch plaudern wir. Es tagt, es tagt! Auf, eile, fort von hier! Es ist die Lerche, die so heiser singt Und falsche Weisen, rauhen Misston gurge$ eigehn wird ein Christ, Wert, dass ihn 'ne Juedin kuesst. Was sagt der Narr von Hagars Stamme? he? Sein Wort war: "Fraeulein, lebet wohl"--sonst nichts. Der Laff ist gut genug, jedoch ein Fresser, 'ne Schnecke zum Gewinn und schlaeft bei Tag Mehr als das Murmeltier; in meinem Stock Baun keine Drohnen; drum lass ich ihn gehn Und lass ihn gehn zu einem, dem er moege Den aufgeborgten Beutel leeren helfen. Gut, Jessica, geh nun ins Haus hinein, Vielleicht komm ich im Augenblicke wieder. Tu, was ich dir gesagt, schliess hinter dir Die Tueren; fest gebunden, fest gefunden, Das denkt ein guter Wirt zu allen Stunden. Lebt wohl, und denkt das Glueck nach meinem Sinn, Ist mir ein Vater, Euch ein Kind dahin. Sechste Szene Ebendaselbst (Graziano und Salarino kommen maskiert) Dies ist das Vordach, unter dem Lorenzo Uns haltzumachen bat. Die Stund ist fast vorbei. Und Wunder ist es, dass er sie versaeumt; Verliebte laufen stets der Uhr voraus. O zehnmal schneller fliegen Venus' Tauben, Den neuen Bund der Liebe zu versiege$ so recht und trefft so schoen! Weil Euch dieses Glueck geschehn, Wollet nicht nach anderm gehn. Ist Euch dies nach Wunsch getan Und findt Ihr Heil auf dieser Bahn, Muesst Ihr Eurer Liebsten nahn, Und sprecht mit holdem Kuss sie an." Ein freundlich Blatt--erlaubt, mein holdes Leben, (er kuesst sie) Ich komm, auf Schein zu nehmen und zu geben, Wie, wer um einen Preis mit andern ringt Und glaubt, dass vor dem Volk sein Tun gelingt; Er hoert den Beifall, Jubel schallt zum Himmel: Im Geist benebelt, staunt er--"Dies Getuemmel Des Preises", fragt er sich, "gilt es denn mir?" So, dreimal holdes Fraeulein, steh ich hier, Noch zweifelnd, ob kein Trug mein Auge blend't, Bis Ihr bestaetigt, zeichnet, anerkennt. Ihr seht mich, Don Bassanio, wo ich stehe, So wie ich bin. Obschon fuer mich allein Ich nicht ehrgeizig waer in meinem Wunsch, Viel besser mich zu wuenschen; doch fuer Euch Wollt ich verdreifacht zwanzigmal ich selbst sein, Noch tausendmal so schoen, zehntausendmal Nur um in Eurer Schaetzung h$ ch auf Ehre liebe; Doch wuenscht ich sie im Himmel, koennte sie Dort eine Macht erflehn, des huendschen Juden Gemuet zu aendern. Gut, dass Ihr's hinter ihrem Ruecken tut, Sonst stoerte wohl der Wunsch des Hauses Frieden. Shylock (beiseite). So sind die Christenmaenner; ich hab 'ne Tochter: Waer irgendwer vom Stamm des Barrabas Ihr Mann geworden, lieber als ein Christ!-- Die Zeit geht hin; ich bitt Euch, kommt zum Spruch. Ein Pfund von dieses Kaufmanns Fleisch ist dein. Der Hof erkennt es, und das Recht erteilt es. O hoechst gerechter Richter!-- Ihr muesst das Fleisch ihm schneiden aus der Brust: Das Recht bewilligt's, und der Hof erkennt es. O hoechst gelehrter Richter!--Na, ein Spruch! Kommt, macht Euch fertig. Wart noch ein wenig: Eins ist noch zu merken! Der Schein hier gibt dir nicht ein Troepfchen Blut; Die Worte sind ausdruecklich: ein Pfund Fleisch! Nimm denn den Schein, und nimm du dein Pfund Fleisch; Allein vergiessest du, indem du's abschneidst, Nur einen Tropfen Christenblut, so faellt Dein Hab und$ kein Pfeil vom Bogen abgedruekt schneller seinem Ziele zu, als unsre Soldaten vom Felde ihrer Rettung zu flohen. In diesem Tumult wurde allzufrueh der edle Worcester gefangen, und dieser feuerathmende Schotte, dieser blutige Dowglas, dessen unermuedetes Schwerdt dreymal die vermeynte Gestalt des Koenigs erschlagen hatte; selbst er begann seinen Muth zu verhuellen, und verminderte durch seine Flucht die Schmach derer die den Rueken gewendet hatten, gerieth aber durch einen Fall vom Pferd in die feindlichen Haende. Kurz, die Summe von allem ist, dass der Koenig gewonnen, und bereits ein eilfertiges Heer, unter Anfuehrung des jungen Lancasters und Westmorlands gegen euch abgeschickt hat. Northumberland. Diese Neuigkeiten zu betrauren, werd' ich immer Zeit genug haben. Gift kan manchmal zur Arzney werden; und diese Zeitungen, die mich, waer' ich gesund gewesen, krank gemacht haetten, haben izt, da ich krank bin, mich in gewisser Maasse gesund gemacht. Und wie der Elende, dessen vom Fieber geschwaechte Gelenke,$ es Wort fuer die Abstellung dieser Beschwerden. Ich geb' es euch, und will es behaupten; und hiemit trink ich Eu. Hastings (zu Coleville.) Geh, Hauptmann, und kuendige der Armee diese Friedens-Zeitung an; lass sie ihren Sold haben und gehen; ich weiss, es wird ihnen angenehm seyn. Beschleunige dich, Hauptmann. (Coleville geht ab.) Auf euer Wohlseyn, Milord von Westmorland. Westmorland. Ich werde Eu. Gnaden Bescheid thun, und wenn ihr wisstet, wie viele Muehe ich angewandt habe, diesen Frieden zu Stande zu bringen, ihr wuerdet desto muntrer trinken; aber ich werde kuenftig Anlas haben, euch meine Freundschaft deutlicher zu zeigen. Ich seze keine Zweifel in sie. Westmorland. Es erfreut mich. Auf eure Gesundheit, Milord und Vetter Mowbray. Die Gesundheit die ihr mir wuenscht, kaeme sehr gelegen, denn es wird mir ploezlich etwas uebel. Vor schlimmen Zufaellen sind die Menschen gemeiniglich munter, und Bangigkeit ist oft der Vorbote einer glueklichen Begebenheit. Westmorland. Seyd also munter, Vetter, weil dies$ toese gemacht werde, meine werthen Freunde, ausser irgend eine mitleidige, troestende Hand, wollte Musik meinem schmachtenden Geiste zufluestern. Ruft Musik in das Nebenzimmer-- Koenig Heinrich. Sezt mir die Crone auf dieses Kuessen hier. Clarence (bey Seite.) Seine Augen sind hohl, und er veraendert sich ungemein. Nicht so laut, nicht so laut. Zehnte Scene. (Der Prinz Heinrich tritt auf.) Prinz Heinrich. Wo ist der Herzog von Clarence? Hier bin ich, Bruder, voller Kummer. Prinz Heinrich. Warum das? Warum habt ihr alle Thraenen in den Augen? Wie stehts mit dem Koenig? Sehr schlecht. Prinz Heinrich. Weiss er die guten Zeitungen? Sagt sie ihm. Er alterirte sich ungemein, da er sie hoerte. Prinz Heinrich. Wenn er vor Freuden krank wurde, so wird er ohne Arzney gesund Nicht so laut, Milords; liebster Prinz, redet leise; der Koenig, euer Vater, hat einen Ansaz zum Schlaffen. Wir wollen in ein andres Zimmer gehen. Gefaellt es Eu. Hoheit, mit uns zu kommen? Prinz Heinrich. Nein; ich will mich hier sezen, und dem$ Gemeinde muede gemacht und nicht einmal gerufen: "Geduld, gute Leute!" Seht doch, Freunde hinterm Ruecken?--Schaefer, geh ein wenig abseits. --Geh mit ihm, Bursch. Kommt, Schaefer, lasst uns einen ehrenvollen Rueckzug machen, wenngleich nicht mit Sang und Klang, doch mit Sack und Pack. (Corinnus und Probstein ab.) Hast du diese Verse gehoert? O ja, ich hoerte sie alle und noch was drueber; denn einige hatten mehr Fuesse, als die Verse tragen konnten. Das tut nichts, die Fuesse konnten die Verse tragen. Ja, aber die Fuesse waren lahm und konnten sich nicht ausserhalb des Verses bewegen, und darum standen sie so lahm im Verse. Aber hast du gehoert, ohne dich zu wundern, dass dein Name an den Baeumen haengt und eingeschnitten ist? Ich war schon sieben Tage in der Woche ueber alles Wundern hinaus, ehe du kamst: denn sieh nur, was ich an einem Palmbaum fand. Ich bin nicht so bereimt worden seit Pythagoras' Zeiten, wo ich eine Ratte war, die sie mit schlechten Versen vergifteten, wessen ich mich kaum noch erinner$ weykampf zu verbergen. Tobias verspricht ihm endlich seine guten Dienste, um wenigstens die Ursache der grausamen Ungnade zu erkundigen, welche Caesario durch nichts verdient zu haben sich bewusst ist, und wo moeglich den wuethenden Sir Andreas in etwas zu besaenftigen. Tobias stellt sich als ob er zu diesem Ende abgehe, da indessen Fabian fortfaehrt der armen Viola Schreken einzujagen, und ihren Gegner als den besten Fechter und den fatalesten Widerpart den man in ganz Illyrien finden koenne, abzumahlen. Sie gehen ab, um dem Sir Tobias Plaz zu geben, in der folgenden Scene, seinen Freund Andreas in eine eben so friedliebende Gemueths-Verfassung zu sezen. Er beschreibt ihm den Caesario als einen eingefleischten Teufel, der des Sophi Hof- Fechtmeister gewesen sey, und keinen Stoss zu thun pflege, der nicht eine toedtliche Wunde mache. Andreas geraeth darueber in solche Angst, dass er verspricht er wolle ihm sein bestes Pferd geben, wenn er die Sache auf sich beruhen lassen wolle. Indessen kommt Fabian mi$ duenken in Bestrafung der Schuldigen. Ich will euch fuer eine Weile verlassen; aber bleibt ihr so lange zuruek, bis ihr die Bosheit dieser Verlaeumder voellig zu Schanden gemacht habt. (Er geht ab.) Vierte Scene. Gnaedigster Herr, wir wollen nichts ermangeln lassen. Herr Lucio, sagtet ihr nicht, ihr kennet diesen Frater Ludewig fuer einen Mann von schlechter Auffuehrung? (Cucullus non facit Monachum;) es ist nichts ehrwuerdig an ihm als seine Kutte; er hat auf eine hoechst infame Art von der Person des Herzogs gesprochen. Wir ersuchen euch, hier zu bleiben, bis er kommt, und ihn dessen zu ueberweisen; es wird sich finden, dass dieser Moench ein schlimmer Als irgend einer in Wien, auf mein Wort. Ruft diese Isabella wieder hieher; ich moechte mit ihr reden; ich bitte euch, Gnaediger Herr, erlaubet mir, sie abzuhoeren; ihr sollt sehen wie ich sie behandeln werde. Lucio (vor sich.) Ich denke nicht besser als er, nach ihrer eignen Aussage. Wie beliebt? Mein Seel, ich denke mein Herr, wenn ihr sie ohne Zeugen beh$ stehen? Nicht als liebt' ich euch nicht. Sondern nur dass ihr mich nicht liebet. Ich bitte euch, macht mir das ein wenig deutlicher und sagt mir, ob ich euch diese Nacht nicht sehen soll? Wenigstens will ich euch sehen, sobald ich kan. Nun wohl dann, ich muss es also drauf ankommen lassen. (Sie gehen ab.) Vierter Aufzug. Erste Scene. (Eine Strasse vor dem Pallast.) (Othello und Jago treten auf.) Denkt ihr das? Ob ich's denke, Jago? Wie, einander heimlich kuessen? Unauthorisierte Kuesse? Oder auch nakend bey ihrem Freund im Bette zu ligen, eine, zwo und mehr Stunden, ohne was boeses dabey zu meynen? Das sollte nicht moeglich seyn? {ed. * Eine Anspielung auf die beruechtigte Keuschheits-Probe des heiligen Robert von Arbrissel, der mitten zwischen zwoen schoenen jungen Nonnen eine Probe machte, die mit einer Haesslichen gefaehrlich Nakend im Bette, Jago, und nichts boeses dabey meynen? Das heisst, den Teufel zum Narren machen wollen: Leute, die mit tugendhaften Absichten so etwas thun, die versucht der Teuf$ mein guter Sir. Ich danke dir. Edgar (vor sich.) Warum treibe ich dieses Spiel mit seiner Verzweiflung? Meine Absicht ist, sie zu heilen. O! ihr maechtigen Goetter, dieser Welt entsag' ich hiemit, und schuettle vor euern Augen mein schweres Leiden geduldig ab. Koennte ich es laenger tragen, ohne ueber euere grossen unwidersezlichen Schluesse zu murren, so wollt' ich, bis der schwache Docht meines grauenvollen Lebens sich vollends ausgebrannt haette--Wenn Edgar lebet, o so segnet ihn!--Nun, Camerade, lebe wohl! (Er thut einen Sprung, und faellt der Laenge nach vor sich hin.) Edgar (in einiger Entfernung, und vor sich.) Guter Alter, lebe wohl! Waere er da gewesen, wo er zu seyn gedachte, so haette er izt aufgehoert zu denken. (Er naehert sich dem Gloster, und veraendert seine Stimme.) Lebendig oder todt? He, hoert ihr, guter Freund! Sir! Sir! Redet!--So koennt' er sterben, in der That--Doch er lebt wieder auf. Wer seyd ihr, Sir? Hinweg, und lass mich sterben. Waerst du gleich nichts anders gewesen als Sp$ sie dem duestern Pluto Vorschub gethan haben, meine Tochter zu entfuehren, hab' ich ihre und ihres blinden Buben aergerliche Gesellschaft verschworen. Fuerchte dich nicht vor ihrer Gesellschaft. Ich begegnete ihrer Deitaet, wie sie die Wolken gegen Paphos zu durchschnitt, sie und ihr Sohn, von Dauben mit ihr gezogen; sie bildeten sich ein, durch irgend ein leichtfertiges Zauberwerk diesen Juengling und diss Maedchen zu bethoeren, die das Geluebde gethan haben, sich der Rechte des Ehebettes zu enthalten, bis Hymens Fakel ihnen angezuendet wird; aber die heisse Buhlerin des Kriegs-Gottes ist unverrichter Dingen zuruek gekommen, und ihr wespen-maessiger Sohn hat seinen Bogen zerbrochen, und schwoert, er wolle keinen Pfeil mehr anruehren, sondern mit Spazen spielen und geradezu ein kleiner Junge seyn. Die hohe Koenigin des Goetter-Staats, die grosse Juno kommt; ich erkenne sie an ihrem Gang. (Juno steigt von ihrem Wagen und tritt auf.) Wie befindet sich meine mildreiche Schwester? Komm mit mir, dieses Paar zu $ och braucht und auszunuetzen weiss, was der heilige Aberwitz des Priesters, der kranken Vernunft im Priester verwirft, fuer jene Oekonomie im Gesetz des Lebens, die selbst aus der widerlichen species des Muckers, des Priesters, des Tugendhaften ihren Vortheil zieht, - welchen Vortheil? - Aber wir selbst, wir Immoralisten sind hier die Antwort... - Die vier grossen Irrthuemer. Irrthum der Verwechslung von Ursache und Folge. - Es giebt keinen gefaehrlicheren Irrthum als die Folge mit der Ursache zu verwechseln: ich heisse ihn die eigentliche Verderbniss der Vernunft. Trotzdem gehoert dieser Irrthum zu den aeltesten und juengsten Gewohnheiten der Menschheit: er ist selbst unter uns geheiligt, er traegt den Namen "Religion", "Moral". Jeder Satz, den die Religion und die Moral formulirt, enthaelt ihn; Priester und Moral-Gesetzgeber sind die Urheber jener Verderbniss der Vernunft. - Ich nehme ein Beispiel: Jedermann kennt das Buch des beruehmten Cornaro, in dem er seine schmale Diaet als Recept zu einem langen und $ r Modernen mit unsrer dick wattirten Humanitaet, die durchaus an keinen Stein sich stossen Will, den Zeitgenossen Cesare Borgia's eine Komoedie zum Todtlachen abgeben wuerden. In der That, wir sind ueber die Maassen unfreiwillig spasshaft, mit unsren modernen "Tugenden"... Die Abnahme der feindseligen und misstrauenweckenden Instinkte - und das waere ja unser "Fortschritt" - stellt nur eine der Folgen in der allgemeinen Abnahme der Vitalitaet dar: es kostet hundert Mal mehr Muehe, mehr Vorsicht, ein so bedingtes, so spaetes Dasein durchzusetzen. Da hilft man sich gegenseitig, da ist Jeder bis zu einem gewissen Grade Kranker und Jeder Krankenwaerter. Das heisst dann "Tugend" -: unter Menschen, die das Leben noch anders kannten, voller, verschwenderischer, ueberstroemender, haette man's anders genannt, "Feigheit" vielleicht, "Erbaermlichkeit", "Altweiber-Moral"... Unsre Milderung der Sitten - das ist mein Satz, das ist, wenn man will, meine Neuerung - ist eine Folge des Niedergangs; die Haerte und Schrecklichke$ l--du Hoamlicher--is does die Rechte amal? Hehe! Wastl. A wohl--doe war's schon! (Stossen an.) Liesel (singt). Warum soll i noet lustig sein? Gott is a guter Mon, Mir gfallt es Lebn, mir schmeckt der Wein, Und neamad geht's was an! (Jodler.) Grillhofer (klopft dem Dusterer auf den Ruecken). No, brumm a mit, alts Eisen! (Alle singen mit.) Liesel (singt). Hon i doch all doe Lebtag mein Koan Schlechtigkeit net ton, Und will i amal lustig sein, Wem gang denn does was an?! (Setzt zu dem Jodler ein.) Dusterer (stoesst sein Glas hart auf den Tisch). Do singst noet mit, Schwager! Moecht wissen, wie d' da mitsingst, ohne dass dir der Stimmstock umfallt! Sing mit, wann d' kannst! Hast all dein Lebtag koan Schlechtigkeit noet tan? Hast noet? Han? Grillhofer (der schon beim Jodler der ersten Strophe mit aufgestanden war, sinkt jetzt zurueck auf die Bank; finster). I sing eh net mit! Dusterer (leise und angelegentlich). Und lass der sagen: So is die Weis net, wie mer d' armen Seeln derloest, und so verstirbt $ en auf dem Gestell ein altes Gebetbuch, da sind schoene Lieder drin, die habe ich so lange nicht mehr gehoert, und im Gedaechtnis habe ich sie auch nicht mehr; da habe ich gehofft, wenn der Peterli nun lesen lerne, so koenne er mir etwa ein gutes Lied lesen; aber er kann es nicht lernen, es ist ihm zu schwer." "Ich denke, ich muss Licht machen, es wird ja schon ganz dunkel", sagte jetzt Peters Mutter, die immer emsig am Wams fortgeflickt hatte; "der Nachmittag ist mir auch vergangen, ohne dass ich's Nun sprang Heidi von seinem Stuehlchen auf, streckte eilig seine Hand aus und sagte: "Gut Nacht, Grossmutter, ich muss auf der Stelle heim, wenn es dunkel wird", und hintereinander bot es dem Peter und seiner Mutter die Hand und ging der Tuer zu. Aber die Grossmutter rief besorgt: "Wart, wart, Heidi; so allein musst du nicht fort, der Peter muss mit dir, hoerst du? Und gib Acht auf das Kind, Peterli, dass es nicht umfaellt, und steh nicht still mit ihm, dass es nicht friert, hoerst du? Hat es auch ein dickes Ha$ nach seinem Revolver. "Du fuerchtest dich doch nicht?", sagte der Doktor und stand auf. "Behutsam ist besser", fluesterte Herr Sesemann, erfasste mit der Linken den Armleuchter mit drei Kerzen, mit der Rechten den Revolver und folgte dem Doktor, der, gleichermassen mit Leuchter und Schiessgewehr bewaffnet, voranging. Sie traten auf den Korridor Durch die weit geoeffnete Tuer floss ein bleicher Mondschein herein und beleuchtete eine weisse Gestalt, die regungslos auf der Schwelle "Wer da?", donnerte jetzt der Doktor heraus, dass es durch den ganzen Korridor hallte, und beide Herren traten nun mit Lichtern und Waffen an die Gestalt heran. Sie kehrte sich um und tat einen leisen Schrei. Mit blossen Fuessen im weissen Nachtkleidchen stand Heidi da, schaute mit verwirrten Blicken in die hellen Flammen und auf die Waffen und zitterte und bebte wie ein Blaettlein im Winde von oben bis unten. Die Herren schauten einander in grossem Erstaunen an. "Ich glaube wahrhaftig, Sesemann, es ist deine kleine Wassertraegeri$ chauen und ganz laut dem lieben Gott danken, dass er es wieder heimgebracht hatte und dass alles, alles noch so schoen sei und noch viel schoener, als es gewusst hatte, und dass alles wieder ihm gehoere; und Heidi war so gluecklich und so reich in all der grossen Herrlichkeit, dass es gar nicht Worte fand, dem lieben Gott genug zu danken. Erst als das Licht ringsum vergluehte, konnte Heidi wieder von der Stelle weg; nun rannte es aber so den Berg hinan, dass es gar nicht lange dauerte, so erblickte es oben die Tannenwipfel ueber dem Dache und jetzt das Dach und die ganze Huette, und auf der Bank an der Huette sass der Grossvater und rauchte sein Pfeifchen, und ueber die Huette her wogten die alten Tannenwipfel und raschelten im Abendwind. Jetzt rannte das Heidi noch mehr, und bevor der Alm-Oehi nur recht sehen konnte, was da herankam, stuerzte das Kind schon auf ihn hin, warf seinen Korb auf den Boden und umklammerte den Alten, und vor Aufregung des Wiedersehens konnte es nichts sagen, als nur immer ausrufe$ nd wie dieses? Und vielleicht kann sich der Herr Pfarrer auch noch der Mutter erinnern, der Adelheid; sie war mondsuechtig und hatte Zufaelle, soll das Kind auch so etwas holen mit der Anstrengung? Es soll mir einer kommen und mich zwingen wollen! Ich gehe vor alle Gerichte mit ihm, und dann wollen wir sehen, wer mich zwingt!" "Ihr habt ganz Recht, Nachbar", sagte der Herr Pfarrer mit Freundlichkeit; "es waere nicht moeglich, das Kind von hier aus zur Schule zu schicken. Aber ich kann sehen, das Kind ist Euch lieb; tut um seinetwillen etwas, das Ihr schon lange haettet tun sollen, kommt wieder ins Doerfli herunter und lebt wieder mit den Menschen. Was ist das fuer ein Leben hier oben, allein und verbittert gegen Gott und Menschen! Wenn Euch einmal etwas zustossen wuerde hier oben, wer wuerde Euch beistehen? Ich kann auch gar nicht begreifen, dass Ihr den Winter durch nicht halb erfriert in Eurer Huette, und wie das zarte Kind es nur aushalten kann!" "Das Kind hat junges Blut und eine gute Decke, das moechte i$ uf der einen Seite in einer Art von gesellschaftlicher Unerfahrenheit, welche mit dem mehr oder weniger unkultivierten Leben, in welchem das junge Maedchen bis zu dem Augenblick seiner Versetzung nach Frankfurt sich bewegte, welche Versetzung allerdings in die Entwicklung dieses, ich moechte sagen noch voellig, wenigstens teilweise unentwickelten, aber anderseits mit nicht zu verachtenden Anlagen begabten und wenn allseitig umsichtig geleitet -" "Entschuldigen Sie, Herr Kandidat, bitte, lassen Sie sich nicht stoeren, ich werde - ich muss schnell einmal nach meiner Tochter sehen." Damit lief Herr Sesemann zur Tuer hinaus und kam nicht wieder. Drueben im Studierzimmer setzte er sich zu seinem Toechterchen hin; Heidi war aufgestanden. Herr Sesemann wandte sich nach dem Kinde um: "Hoer mal, Kleine, hol mir doch schnell - wart einmal - hol mir mal" - (Herr Sesemann wusste nicht recht, was er bedurfte, Heidi sollte aber ein wenig ausgeschickt werden) - "hol mir doch mal ein Glas Wasser." "Frisches?", fragte Heidi. $ le Morgen mit der Sonne draussen war. Der Grossvater aber sagte: "Das Kind muss seinen Schlaf haben", und dabei blieb er. So rief er durch die offene Tuer der Grossmutter nur eine gute Nacht zu und nahm das heranspringende Heidi bei der Hand, und unter dem flimmernden Sternenhimmel hin wanderten die beiden ihrer friedlichen Huette zu. Eine Vergeltung Am anderen Morgen in der Fruehe stieg der Herr Doktor vom Doerfli den Berg hinan in der Gesellschaft des Peter und seiner Geissen. Der freundliche Herr versuchte ein paarmal mit dem Geissbuben ein Gespraech anzuknuepfen, aber es gelang ihm nicht, kaum dass er als Antwort auf einleitende Fragen unbestimmte, einsilbige Worte zu hoeren bekam. Der Peter liess sich nicht so leicht in ein Gespraech ein. So wanderte die ganze schweigende Gesellschaft bis hinauf zur Almhuette, wo schon erwartend das Heidi stand mit seinen beiden Geissen, alle drei munter und froehlich wie der fruehe Sonnenschein auf allen "Kommst mit?" fragte der Peter, denn als Frage oder als Aufforderu$ ter?" "Aus dem Brotsack." Das war richtig. Gestern abend hatte der Postbeamte im Doerfli ihm den Brief an das Heidi mitgegeben. Den hatte der Peter in den leeren Sack gelegt. Am Morgen hatte er seinen Kaese und sein Stueck Brot darauf gepackt und war ausgezogen. Den Oehi und das Heidi hatte er wohl gesehen, als er ihre Geissen abholte, aber erst als er um Mittag mit Brot und Kaese zu Ende war und noch die Krumen herausholen wollte, war der Brief wieder in seine Hand gekommen. Das Heidi las aufmerksam seine Adresse ab, dann sprang es zum Grossvater in den Schopf zurueck und streckte ihm in hoher Freude den Brief entgegen: "Von Frankfurt! Von der Klara! Willst du ihn gleich hoeren, Grossvater?" Das wollte dieser schon gern, und auch der Peter, der dem Heidi gefolgt war, schickte sich zum Zuhoeren an. Er stemmte sich mit dem Ruecken gegen den Tuerpfosten an, um einen festen Halt zu haben, denn so war es leichter, dem Heidi nachzukommen, wie es nun seinen Brief herunterlas: Liebes Heidi! Wir haben schon alles ver$ es Abend wird? Es heisst dich doch niemand fortgehen. Ich meine, du koenntest immer bei uns bleiben. Das waere so schoen! _Sonne_: Nein, mein Kind, das kann nicht sein! Wenn es Nacht wird, schlafen die Leute, und du schlaefst auch. Beim Schlafen braucht man mich aber nicht. Ich reise dann weit, weit fort in ein fernes Land. Dort wohnen auch Menschen: Vaeter, Muetter und viele brave Kinder. Wenn ich zu diesen komme, haben sie ausgeschlafen. Vater und Mutter stehen dann auf und arbeiten, und die groesseren Kinder gehen in die Schule, um zu lernen. _Kind_: Ei, ei! Und wenn du bei diesen Menschen gewesen bist, wohin gehst du hernach? _Sonne_: Wenn ich dort gewesen bin, komme ich wieder zu dir, wie an jedem Morgen. So reise ich zu allen Menschen auf der ganzen Erde. 36. SONNE UND REGEN. Die Sonne sprach: "Ich will scheinen So fort und immerfort!" Der Regen sprach: "Ich will fallen Ohn' Ende an jedem Ort!" Die Sonne: "Du machst ja alles Auf der Erde gang nass!" Der Regen: "Du machst zu trocken, Wenn$ die Schwester nicht anhoeren. Sie fing an zu weinen. Da warnte der Bruder: "Nicht weinen, sonst fallen deine Traenen auf den Boden!" "Nein," sagte die Schwester, "ich hab' sie mit der Hand aufgefangen. Aber ich muss weinen." Nun wurde auch der Bruder ganz traurig. Auch er weinte einige Traenen. Doch die Traenen fielen in das Bett. Die Schwester fragte: "Wie lange willst du noch Koenig bleiben? Ich will nicht mehr Prinzessin sein. Ich will heim!" Der Bruder sagte: "Ja, zu Hause bei Vater und Mutter ist es doch schoener!" Da liessen sie beide grosse Traenen auf den Boden fallen. Es donnerte, und die Kinder fielen aus Nun kamen die kleinen Maenner wieder. Sie waren sehr traurig und brachten die Geschwister zurueck zu der grossen Tanne im Wald. Da schliefen Bruder und Schwester bald ein. Als sie die Augen oeffneten, war es heller Tag, aber der rote Mantel und das himmelblaue Kleid Waren verschwunden. Da kamen auch schon die Eltern. Die freuten sich sehr, ihre Kinder wieder zu haben. Die Geschwister waren ebenso f$ Wenn eine Ruth mich auch nicht fassen mag, Wie haette sie's gelernt beim aehrenlesen, Die Makkabaeerin wird mich verstehn! Du konntest mich in Jericho nicht kuessen, Du wirst es koennen in Jerusalem! (Er kuesst sie.) Und wenn der Kuss dich doch gereuen sollte, So hoere, was dich mir versoehnen wird: Ich habe ihn zum Abschied mir genommen, Und dieser Abschied kann fuer ewig sein! Ja! Antonius laesst mich rufen, Doch, ob auch wiederkehren, weiss ich nicht! Du weisst es nicht? Weil ich nicht weiss, wie hart Mich meine--deine Mutter bei ihm verklagte! (Mariamne will reden.) Gleichviel! Ich werd's erfahren. Eins nur muss ich Aus deinem Munde wissen, wissen muss ich, Ob ich und wie ich mich verteid'gen soll. O Mariamne, frage nicht! Du kennst den Zauber, der mich an dich knuepft, Du weisst, dass jeder Tag ihn noch verstaerkte, Du musst es ja empfinden, dass ich jetzt Nicht fuer mich kaempfen kann, wenn du mir nicht Versicherst, dass dein Herz noch fuer mich schlaegt! Oh, sag mir, wie, ob fe$ i! Nach Alexandria--ins Grab--Gleichviel! Doch eins zuvor! Eins! Erd' und Himmel, hoert's! Mir schwurst du nichts, dir will ich etwas schwoeren: Ich stell dich unters Schwert. Antonius, Wenn er mich deinetwegen fallen laesst, Und deiner Mutter wegen tut er's nicht! Soll sich betruegen, sei's auch zweifelhaft, Ob mir das Kleid, das mich im Sterben deckt, Mit in die Grube folgt, weil mir ein Dieb Es ja noch stehlen kann, du sollst mir folgen! Das steht nun fest! Wenn ich nicht wiederkehre, So stirbst du! Den Befehl lass ich zurueck! Befehl! Da stoesst ein boeser Punkt mir auf: Was sichert mich, dass man mir noch gehorcht, Wenn man mich nicht mehr fuerchtet? Oh, es wird Sich einer finden, denk ich, der vor ihr Zu zittern hat! Fuenfte Szene Dein Schwaeher! Ist willkommen! Das ist mein Mann! Dem reiche ich mein Schwert Und hetz ihn dann durch Feigheit in den Mut So tief hinein, bis er es braucht, wie ich! Joseph (tritt ein). Ich hoere, dass du gleich nach Alexandrien Zu ge$ d vermaledeit!... Tauch unter, Schwan, und aus der Welle Schoss Erstehe doppelt blank und makellos!... Du laechelst Deinem Knecht belohnend zu, In goldne Himmelsglorie schwindest Du..." XLI Fiebernacht Der Morgen graut--des Pilgers Staette leer? Beim Hahnenruf verschwand gespenstisch er! Was ich geschaut, ist's Wahrheit? War es Traum? Schlief mit dem Teufel ich im gleichen Raum? Es war ein Spuk! Es war ein Fieberwahn! Die welsche Fratze hat mir's angetan! Nein, Wahrheit war's! Kein Morgenwind verweht Das andachtsvoll irrsinnige Gebet!... Was quael' ich mich? Unfaehig ist der Tat Ein Froemmler! Doch ein Spanier? Ein Soldat? Kein Moenchlein ist's, in Muessiggang erschlafft, Er hat des Kriegers Zucht und Willenskraft. Er ist ein Schwaermer! Voller Selbstbetrug! Daneben ist er wie die Hoelle klug! Ein Weib vergoettern--Aberwitz und Schmach-- Von Even stammend, die den Apfel brach! Dem Weibe schmeicheln ist der Schlange List! Ich Hutten weiss, was an den Weibern ist! Der Wahrheit Trotz und Zorn und Fehdelust Hat k$ llen fuer die Tat nimmt, so verdiente sie, wegen der vorzueglichen Wichtigkeit ihres Gegenstandes, allerdings diesen Ehrennamen. Jetzt bringt es der Modeton des Zeitalters so mit sich, ihre alle Verachtung zu beweisen und die Matrone klagt, verstossen und verlassen, wie Hecuba: modo maxima rerum, tot generis natisque potens - nunc trahor exul, inops - Ovid. Anfaenglich war ihre Herrschaft unter der Verwaltung der Dogmatiker, despotisch. Allein, weil die Gesetzgebung noch die Spur der alten Barbarei an sich hatte, so artete sie durch innere Kriege nach und nach in voellige Anarchie aus und die Skeptiker, eine Art Nomaden, die allen bestaendigen Anbau des Bodens verabscheuen, zertrennten von Zeit zu Zeit die buergerliche Vereinigung. Da ihrer aber zum Glueck nur wenige waren, so konnten sie nicht hindern, dass jene sie nicht immer aufs neue, obgleich nach keinem unter sich einstimmigen Plane, wieder anzubauen versuchten. In neueren Zeiten schien es zwar einmal, als sollte allen diesen Streitigkeiten durch eine $ ltigen der Anschauung verstehen, d.i. ein Objekt derselben denken kann. Diese Einteilung ist systematisch aus einem gemeinschaftlichen Prinzip, naemlich dem Vermoegen zu urteilen, (welches ebensoviel ist, als das Vermoegen zu denken,) erzeugt, und nicht rhapsodistisch, aus einer auf gut Glueck unternommenen Aufsuchung reiner Begriffe entstanden, deren Vollzaehligkeit man niemals gewiss sein kann, da sie nur durch Induktion geschlossen wird, ohne zu gedenken, dass man noch auf die letztere Art niemals einsieht, warum denn gerade diese und nicht andere Begriffe dem reinen Verstande beiwohnen. Es war ein eines scharfsinnigen Mannes wuerdiger Anschlag des Aristoteles, diese Grundbegriffe aufzusuchen. Da er aber kein Prinzipium hatte, so raffte er sie auf, wie sie ihm aufstiessen, und trieb deren zuerst zehn auf, die er Kategorien (Praedikamente) nannte. In der Folge glaubte er noch ihrer fuenfe aufgefunden zu haben, die er unter dem Namen der Postpraedikamente hinzufuegte. Allein seine Tafel blieb noch immer mang$ Objekt ganz von vorne anfangen, ohne dass die vorige damit im geringsten zusammenhaenge, oder im Zeitverhaeltnisse stehen koennte. Den leeren Raum will ich hierdurch gar nicht widerlegen; denn der mag immer sein, wohin Wahrnehmungen gar nicht reichen, und also keine empirische Erkenntnis des Zugleichseins stattfindet; er ist aber alsdann fuer alle unsere moegliche Erfahrung gar kein Objekt. Zur Erlaeuterung kann folgendes dienen. In unserem Gemuete muessen alle Erscheinungen, als in einer moeglichen Erfahrung enthalten, in Gemeinschaft (communio) der Apperzeption stehen, und sofern die Gegenstaende als zugleich existierend verknuepft vorgestellt werden sollen, so muessen sie ihre Stelle in einer Zeit wechselseitig bestimmen, und dadurch ein Ganzes ausmachen. Soll diese subjektive Gemeinschaft auf einem objektiven Grunde beruhen, oder auf Erscheinungen als Substanzen bezogen werden, so muss die Wahrnehmung der einen, als Grund, die Wahrnehmung der anderen, und so umgekehrt, moeglich machen, damit die Sukzessio$ hin an, obgleich der Zeit nach diese Begebenheit nur die Fortsetzung einer vorhergehenden Reihe ist. Denn diese Entschliessung und Tat liegt gar nicht in der Abfolge blosser Naturwirkungen, und ist nicht eine blosse Fortsetzung derselben, sondern die bestimmenden Naturursachen hoeren oberhalb derselben, in Ansehung dieser Ereignis, ganz auf, die zwar auf jene folgt, aber daraus nicht erfolgt, und daher zwar nicht der Zeit nach, aber doch in Ansehung der Kausalitaet, ein schlechthin erster Anfang einer Reihe von Erscheinungen genannt werden muss. Die Bestaetigung von der Beduerfnis der Vernunft, in der Reihe der Naturursachen sich auf einen ersten Anfang aus Freiheit zu berufen, leuchtet daran sehr klar in die Augen: dass (die epikurische Schule ausgenommen) alle Philosophen des Altertums sich gedrungen sahen, zur Erklaerung der Weltbewegungen einen ersten Beweger anzunehmen, d.i. eine freihandelnde Ursache, welche diese Reihe von Zustaenden zuerst und von selbst anfing. Denn aus blosser Natur unterfangen sie $ o weit ich auch zurueckgegangen bin, niemals ein empirischer Grund angetroffen werde, die Reihe irgendwo fuer begrenzt zu halten, so dass ich berechtigt und zugleich verbunden bin, zu jedem der Urvaeter noch fernerhin seinen Vorfahren aufzusuchen, obgleich eben nicht vorauszusetzen. Ich sage demnach: wenn das Ganze in der empirischen Anschauung gegeben worden, so geht der Regressus in der Reihe seiner inneren Bedingungen ins Unendliche. Ist aber nur ein Glied der Reihe gegeben, von welchem der Regressus zur absoluten Totalitaet allererst fortgehen soll: so findet nur ein Rueckgang in unbestimmte Weise (in indefinitum) statt. So muss von der Teilung einer zwischen ihren Grenzen gegebenen Materie (eines Koerpers) gesagt werden: sie gehe ins Unendliche. Denn diese Materie ist ganz, folglich mit allen ihren moeglichen Teilen, in der empirischen Anschauung gegeben. Da nun die Bedingung dieses Ganzen sein Teil, und die Bedingung dieses Teils der Teil vom Teile usw. ist, und in diesem Regressus der Dekomposition nie$ t, und dann muesst ihr euren Regressus nicht fuer vollendet halten, oder habt eine solche eure Reihe begrenzende Wahrnehmung, so kann diese nicht ein Teil eurer zurueckgelegten Reihe sein, (weil das, was begrenzt, von dem, was dadurch begrenzt wird, unterschieden sein muss,) und ihr muesst also euren Regressus auch zu dieser Bedingung weiter fortsetzen, und so fortan. Der folgende Abschnitt wird diese Bemerkungen durch ihre Anwendung in ihr gehoeriges Licht setzen. Der Antinomie der reinen Vernunft Neunter Abschnitt Von dem empirischen Gebrauche des regulativen Prinzips der Vernunft, in Ansehung aller kosmologischen Ideen Da es, wie wir mehrmalen gezeigt haben, keinen transzendentalen Gebrauch so wenig von reinen Verstandes- als Vernunftbegriffen gibt, da die absolute Totalitaet der Reihen der Bedingungen in der Sinnenwelt sich lediglich auf einen transzendentalen Gebrauch der Vernunft fusst, welche diese unbedingte Vollstaendigkeit von demjenigen fordert, was sie als Ding an sich selbst voraussetzt; da die S$ risch, mithin auch in Ansehung der Welt, als eines Gegenstandes der Sinne, schlechterdings unmoeglich. Ich werde auch nicht sagen: der Regressus von einer gegebenen Wahrnehmung an, zu allen dem, was diese im Raume sowohl, als der vergangenen Zeit, in einer Reihe begrenzt, geht ins Unendliche; denn dieses setzt die unendliche Weltgroesse voraus; auch nicht: sie ist endlich; denn die absolute Grenze ist gleichfalls empirisch unmoeglich. Demnach werde ich nichts von dem ganzen Gegenstande der Erfahrung (der Sinnenwelt), sondern nur von der Regel, nach welcher Erfahrung ihrem Gegenstande angemessen, angestellt und fortgesetzt werden soll, sagen koennen. Auf die kosmologische Frage also, wegen der Weltgroesse, ist die erste und negative Antwort: die Welt hat keinen ersten Anfang der Zeit und keine aeusserste Grenze dem Raume nach. Denn im entgegengesetzten Falle wuerde sie durch die leere Zeit einer-, und durch den leeren Raum andererseits begrenzt sein. Da sie nun, als Erscheinung, keines von beiden an sich selbs$ war, dass nicht in unserer Willkuer eine Kausalitaet liege, unabhaengig von jenen Naturursachen und selbst wider ihre Gewalt und Einfluss etwas hervorzubringen, was in der Zeitordnung nach empirischen Gesetzen bestimmt ist, mithin eine Reihe von Begebenheiten ganz von selbst anzufangen. Es geschieht also hier, was ueberhaupt indem Widerstreit einer sich ueber die Grenzen moeglicher Erfahrung hinauswagenden Vernunft angetroffen wird, dass die Aufgabe eigentlich nicht physiologisch, sondern transzendental ist. Daher die Frage von der Moeglichkeit der Freiheit die Psychologie zwar anficht, aber, da sie auf dialektischen Argumenten der bloss reinen Vernunft beruht, samt ihrer Aufloesung lediglich die Transzendentalphilosophie beschaeftigen muss. Um nun diese, welche eine befriedigende Antwort hierueber nicht ablehnen kann, dazu in Stand zu setzen, muss ich zuvoerderst ihr Verfahren bei dieser Aufgabe durch eine Bemerkung naeher zu bestimmen suchen. Wenn Erscheinungen Dinge an sich selbst waeren, mithin Raum und $ erlichen Schlussart, welche nicht allein fuer den gemeinen, sondern auch den spekulativen Verstand die meiste Ueberredung bei sich fuehrt; wie sie denn auch sichtbarlich zu allen Beweisen der natuerlichen Theologie die ersten Grundlinien zieht, denen man jederzeit nachgegangen ist und ferner nachgehen wird, man mag sie nun durch noch so viel Laubwerk und Schnoerkel verzieren und verstecken, als man immer will. Diesen Beweis, den Leibniz auch den a contingentia mundi nannte, wollen wir jetzt vor Augen stellen und der Pruefung unterwerfen. Er lautet also: Wenn etwas existiert, so muss auch ein schlechterdings notwendiges Wesen existieren. Nun existiere, zum mindesten, ich selbst: also existiert ein absolut notwendiges Wesen. Der Untersatz enthaelt eine Erfahrung, der Obersatz die Schlussfolge aus einer Erfahrung ueberhaupt auf das Dasein des Notwendigen.* Also hebt der Beweis eigentlich von der Erfahrung an, mithin ist er nicht gaenzlich a priori gefuehrt, oder ontologisch, und weil der Gegenstand aller moeglic$ gar nicht denken koennen), sondern auf die Sinnenwelt, aber als einen Gegenstand der reinen Vernunft in ihrem praktischen Gebrauche, und ein corpus mysticum der vernuenftigen Wesen in ihr, sofern deren freie Willkuer unter moralischen Gesetzen sowohl mit sich selbst, als mit jedes anderen Freiheit durchgaengige systematische Einheit an sich hat. Das war die Beantwortung der ersten von den zwei Fragen der reinen Vernunft, die das praktische Interesse betrafen: Tue das, wodurch du wuerdig wirst, gluecklich zu sein. Die zweite fraegt nun: wie, wenn ich mich nun so verhalte, dass ich der Glueckseligkeit nicht unwuerdig sei, darf ich auch hoffen, ihrer dadurch teilhaftig werden zu koennen? Es kommt bei der Beantwortung derselben darauf an, ob die Prinzipien der reinen Vernunft, welche a priori das Gesetz vorschreiben, auch diese Hoffnung notwendigerweise damit verknuepfen. Ich sage demnach: dass ebensowohl, als die moralischen Prinzipien nach der Vernunft in ihrem praktischen Gebrauche notwendig sind, ebenso notw$ dermann notwendig gueltiges Urteil aussprechen, als was Ueberzeugung wirkt. Ueberredung kann ich fuer mich behalten, wenn ich mich dabei wohlbefinde, kann sie aber und soll sie ausser mir nicht geltend machen wollen. Das Fuerwahrhalten, oder die subjektive Gueltigkeit des Urteils, in Beziehung auf die Ueberzeugung (welche zugleich objektiv gilt), hat folgende drei Stufen: Meinen, Glauben und Wissen. Meinen ist ein mit Bewusstsein sowohl subjektiv, als objektiv unzureichendes Fuerwahrhalten. Ist das letztere nur subjektiv zureichend und wird zugleich fuer objektiv unzureichend gehalten, so heisst es Glauben. Endlich heisst das sowohl subjektiv als objektiv zureichende Fuerwahrhalten das Wissen. Die subjektive Zulaenglichkeit heisst Ueberzeugung (fuer mich selbst), die objektive, Gewissheit (fuer jedermann). Ich werde mich bei der Erlaeuterung so fasslicher Begriffe nicht aufhalten. Ich darf mich niemals unterwinden, zu meinen, ohne wenigstens etwas zu wissen, vermittelst dessen das an sich bloss problematische$ ische Behandlung der Begriffe in der Philosophie ueberhaupt. Wir werden also die reinen Begriffe bis zu ihren ersten Keimen und Anlagen im menschlichen Verstande verfolgen, in denen sie vorbereitet liegen, bis sie endlich bei Gelegenheit der Erfahrung entwickelt und durch ebendenselben Verstand, von den ihnen anhaengenden empirischen Bedingungen befreit, in ihrer Lauterkeit dargestellt werden. Der Analytik der Begriffe Erstes Hauptstueck Von dem Leitfaden der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe Wenn man ein Erkenntnisvermoegen ins Spiel setzt, so tun sich, nach den mancherlei Anlaessen, verschiedene Begriffe hervor, die dieses Vermoegen kennbar machen und sich in einem mehr oder weniger ausfuehrlichen Aufsatz sammeln lassen, nachdem die Beobachtung derselben laengere Zeit, oder mit groesserer Scharfsinnigkeit angestellt worden. Wo diese Untersuchung werde vollendet sein, laesst sich, nach diesem gleichsam mechanischen Verfahren, niemals mit Sicherheit bestimmen. Auch entdecken sich die Begriffe, die ma$ . Ich werde daher jene die mathematischen, diese die dynamischen Grundsaetze nennen*. Man wird aber wohl bemerken: dass ich hier ebensowenig die Grundsaetze der Mathematik in Einem Falle, als die Grundsaetze der allgemeinen (physischen) Dynamik im anderen, sondern nur die des reinen Verstandes im Verhaeltnis auf den inneren Sinn (ohne Unterschied der darin gegebenen Vorstellungen) vor Augen habe, dadurch denn jene insgesamt ihre Moeglichkeit bekommen. Ich benenne sie also mehr in Betracht der Anwendung, als um ihres Inhalts willen, und gehe nun zur Erwaegung derselben in der naemlichen Ordnung, wie sie in der Tafel vorgestellt * Alle Verbindung (conjunctio) ist entweder Zusammensetzung (compositio) oder Verknuepfung (nexus). Die erstere ist die Synthesis des Mannigfaltigen, was nicht notwendig zueinander gehoert, wie z.B. die zwei Triangel, darin ein Quadrat durch die Diagonale geteilt wird, fuer sich nicht notwendig zueinander gehoeren, und dergleichen ist die Synthesis des Gleichartigen in allem$ ne besondere gegeben sein mag,) a priori erkennen laesst; so wuerde dieses im ausnehmenden Verstande Antizipation genannt zu werden verdienen, weil es befremdlich scheint, der Erfahrung in demjenigen vorzugreifen, was gerade die Materie derselben angeht, die man nur aus ihr schoepfen kann. Und so verhaelt es sich hier wirklich. Die Apprehension, bloss vermittelst der Empfindung, erfuellt nur einen Augenblick, (wenn ich naemlich nicht die Sukzession vieler Empfindungen in Betracht ziehe). Als etwas in der Erscheinung, dessen Apprehension keine sukzessive Synthesis ist, die von Teilen zur ganzen Vorstellung fortgeht, hat sie also keine extensive Groesse; der Mangel der Empfindung in demselben Augenblicke wuerde diesen als leer vorstellen, mithin = O. Was nun in der empirischen Anschauung der Empfindung korrespondiert, ist Realitaet (realitas phaenomenon); was dem Mangel derselben entspricht, Negation = O. Nun ist aber jede Empfindung einer Verringerung faehig, so dass sie abnehmen, und so allmaehlich verschwind$ orm eines Begriffs (des Denkens) ueberhaupt, und dann zweitens auch die Moeglichkeit, ihm einen Gegenstand zu geben, darauf er sich beziehe, erfordert. Ohne diesen letzteren hat er keinen Sinn, und ist voellig leer an Inhalt, ob er gleich noch immer die logische Funktion enthalten mag, aus etwaigen datis einen Begriff zu machen. Nun kann der Gegenstand einem Begriffe nicht anders gegeben werden, als in der Anschauung, und, wenn eine reine Anschauung noch vor dem Gegenstande a priori moeglich ist, so kann doch auch diese selbst ihren Gegenstand, mithin die objektive Gueltigkeit, nur durch die empirische Anschauung bekommen, wovon sie die blosse Form ist. Also beziehen sich alle Begriffe und mit ihnen alle Grundsaetze, so sehr sie auch a priori moeglich sein moegen, dennoch auf empirische Anschauungen, d.i. auf data zur moeglichen Erfahrung. Ohne dieses haben sie gar keine objektive Gueltigkeit, sondern sind ein blosses Spiel, es sei der Einbildungskraft, oder des Verstandes, respektive mit ihren Vorstellungen.$ aller aeusseren Wahrnehmung sein koenne. Durch blosse Begriffe kann ich freilich ohne etwas Innerem nichts Aeusseres denken, eben darum, weil Verhaeltnisbegriffe doch schlechthin gegebene Dinge voraussetzen, und ohne diese nicht moeglich sind. Aber, da in der Anschauung etwas enthalten ist, was im blossen Begriffe von einem Dinge ueberhaupt gar nicht liegt, und dieses das Substratum, welches durch blosse Begriffe gar nicht erkannt werden wuerde, an die Hand gibt, naemlich, ein Raum, der, mit allem, was er enthaelt, aus lauter formalen, oder auch realen Verhaeltnissen besteht, so kann ich nicht sagen: weil, ohne ein Schlechthininneres, kein Ding durch blosse Begriffe vorgestellt werden kann, so sei auch in den Dingen selbst, die unter diesen Begriffen enthalten sind, und ihrer Anschauung nichts Aeusseres, dem nicht etwas Schlechthininnerliches zum Grunde laege. Denn, wenn wir von allen Bedingungen der Anschauung abstrahiert haben, so bleibt uns freilich im blossen Begriffe nichts uebrig, als das Innere ueberh$ mit blossen Begriffen anfaengt, wohl nicht anders denken, als dass eines die Ursache von Bestimmungen in dem anderen sei; denn das ist unser Verstandesbegriff von Verhaeltnissen selbst. Allein, da wir alsdann von aller Anschauung abstrahieren, so faellt eine ganze Art, wie das Mannigfaltige einander seinen Ort bestimmen kann, naemlich die Form der Sinnlichkeit (der Raum), weg, der doch vor aller empirischen Kausalitaet vorhergeht. * Wollte man sich hier der gewoehnlichen Ausflucht bedienen: dass wenigstens realitates Noumena einander nicht entgegenwirken koennen, so muesste man doch ein Beispiel von dergleichen reiner und sinnenfreier Realitaet anfuehren, damit man verstaende, ob eine solche ueberhaupt etwas oder gar nichts vorstelle. Aber es kann kein Beispiel woher anders, als aus der Erfahrung genommen werden, die niemals mehr als Phaenomena darbietet, und so bedeutet dieser Satz nichts weiter, als dass der Begriff, der lauter Bejahungen enthaelt, nichts Verneinendes enthalte; ein Satz, an$ Spiel der Erscheinungen, welches nach der blossen Natur regelmaessig und gleichfoermig sein wuerde, dadurch verwirrt und unzusammenhaengend gemacht wird. Der Antinomie der reinen Vernunft Vierter Widerstreit der transzendentalen Ideen Thesis Zu der Welt gehoert etwas, das, entweder als ihr Teil, oder ihre Ursache, ein schlechthin notwendiges Wesen ist. Beweis Die Sinnenwelt, als das Ganze aller Erscheinungen, enthaelt zugleich eine Reihe von Veraenderungen. Denn, ohne diese, wuerde selbst die Vorstellung der Zeitreihe, als einer Bedingung der Moeglichkeit der Sinnenwelt, uns nicht gegeben sein*. Eine jede Veraenderung aber steht unter ihrer Bedingung, die der Zeit nach vorhergeht, und unter welcher sie notwendig ist. Nun setzt ein jedes Bedingte, das gegeben ist, in Ansehung seiner Existenz, eine vollstaendige Reihe von Bedingungen bis zum Schlechthinunbedingten voraus, welches allein absolutnotwendig ist. Also muss etwas Absolutnotwendiges existieren, wenn eine Veraenderung als seine Folge e$ auftreten lassen, weil das eigentliche spekulative Wissen ueberall keinen anderen Gegenstand, als den der Erfahrung treffen kann, und, wenn man ihre Grenze ueberschreitet, die Synthesis, welche neue und von jener unabhaengige Erkenntnisse versucht, kein Substratum der Anschauung hat, an welchem sie ausgeuebt werden koennte. So aber, wenn der Empirismus in Ansehung der Ideen (wie es mehrenteils geschieht) selbst dogmatisch wird und dasjenige dreist verneint, was ueber der Sphaere seiner anschauenden Erkenntnisse ist, so faellt er selbst in den Fehler der Unbescheidenheit, der hier um desto tadelbarer ist, weil dadurch dem praktischen Interesse der Vernunft ein unersetzlicher Nachteil verursacht wird. Dies ist der Gegensatz des Epikureisms* gegen den Platonisms. * Es ist indessen noch die Frage, ob Epikur diese Grundsaetze als objektive Behauptungen jemals vorgetragen habe. Wenn sie etwa weiter nichts als Maximen des spekulativen Gebrauchs der Vernunft waren, so zeigte er daran einen echteren philosophis$ cht die Grundfeste der Religion sein kann, so muesse sie doch jederzeit als die Schutzwehr derselben stehenbleiben, und dass die menschliche Vernunft, welche schon durch die Richtung ihrer Natur dialektisch ist, einer solchen Wissenschaft niemals entbehren koennte, die sie zuegelt, und, durch ein szientifisches und voellig einleuchtendes Selbsterkenntnis, die Verwuestungen abhaelt, welche eine gesetzlose spekulative Vernunft sonst ganz unfehlbar, in Moral sowohl als Religion, anrichten wuerde. Man kann also sicher sein, so sproede, oder geringschaetzend auch diejenigen tun, die eine Wissenschaft nicht nach ihrer Natur, sondern allein aus ihren zufaelligen Wirkungen zu beurteilen wissen, man werde jederzeit zu ihr, wie zu einer mit uns entzweiten Geliebten zurueckkehren, weil die Vernunft, da es hier wesentliche Zwecke betrifft, rastlos, entweder auf gruendliche Einsicht oder Zerstoerung schon vorhandener guter Einsichten arbeiten Metaphysik also, sowohl der Natur, als der Sitten, vornehmlich die Kritik der si$ mkeit, zwei Antonine gefielen mir und so noch einiges. Im ganzen stehen die Sachen auch nicht gluecklich, ob man gleich mit ihnen hat aufputzen wollen, und der Saal oder vielmehr das Gewoelbe ein gutes Ansehn haette, wenn es nur reinlicher und besser unterhalten waere. Im Naturalienkabinett fand ich schoene Sachen aus Tirol, die ich in kleinen Musterstuecken schon kenne, ja besitze. Es begegnete mir eine Frau mit Feigen, welche als die ersten vortrefflich schmeckten. Aber das Obst ueberhaupt ist doch fuer den achtundvierzigsten Grad nicht besonders gut. Man klagt hier durchaus ueber Kaelte und Naesse. Ein Nebel, der fuer einen Regen gelten konnte, empfing mich heute frueh vor Muenchen. Den ganzen Tag blies der Wind sehr kalt vom Tiroler Gebirg. Als ich vom Turm dahin sah, fand ich es bedeckt und den ganzen Himmel ueberzogen. Nun scheint die Sonne im Untergehen noch an den alten Turm, der mir vor dem Fenster steht. Verzeihung, dass ich so sehr auf Wind und Wetter achthabe: der Reisende zu Lande, fast s$ ken--und Schellengelaeute der Heuschrecken ist allerliebst, durchdringend und nicht unangenehm. Lustig klingt es, wenn mutwillige Buben mit einem Feld solcher Saengerinnen um die Wette pfeifen; man bildet sich ein, dass sie einander wirklich steigern. Auch der Abend ist vollkommen milde wie der Tag. Wenn mein Entzuecken hierueber jemand vernaehme, der in Sueden wohnte, von Sueden herkaeme, er wuerde mich fuer sehr kindisch halten. Ach, was ich hier ausdruecke, habe ich lange gewusst, so lange, als ich unter einem boesen Himmel dulde, und jetzt mag ich gern diese Freude als Ausnahme fuehlen, die wir als eine ewige Naturnotwendigkeit immerfort geniessen Trient, den 10. September, abends. Ich bin in der Stadt herumgegangen, die uralt ist und in einigen Strassen neue wohlgebaute Haeuser hat. In der Kirche haengt ein Bild, wo das versammelte Konzilium einer Predigt des Jesuitengenerals zuhoert. Ich moechte wohl wissen, was er ihnen aufgebunden hat. Die Kirche dieser Vaeter bezeichnet sich gleich von aussen du$ Stadt satt gesehen habe. Die Einsamkeit, nach der ich oft so sehnsuchtsvoll geseufzt, kann ich nun recht geniessen; denn nirgends fuehlt man sich einsamer als im Gewimmel, wo man sich allen ganz unbekannt durchdraengt. In Venedig kennt mich vielleicht nur ein Mensch, und der wird mir nicht gleich begegnen. Venedig, den 28. September 1786. Wie es mir von Padua hierher gegangen, nur mit wenig Worten: Die Fahrt auf der Brenta, mit dem oeffentlichen Schiffe in gesitteter Gesellschaft, da die Italiener sich vor einander in acht nehmen, ist anstaendig und angenehm. Die Ufer sind mit Gaerten und Lusthaeusern geschmueckt, kleine Ortschaften treten bis ans Wasser, teilweise geht die belebte Landstrasse daran hin. Da man schleusenweis den Fluss hinabsteigt, gibt es oefters einen kleinen Aufhalt, den man benutzen kann, sich auf dem Lande umzusehen und die reichlich angebotenen Fruechte zu geniessen. Nun steigt man wieder ein und bewegt sich durch eine bewegte Welt voll Fruchtbarkeit und Leben. Zu so viel abwechsel$ , was man klassischen Boden nennt, hat es eine andere Bewandtnis. Wenn man hier nicht phantastisch verfaehrt, sondern die Gegend real nimmt, wie sie daliegt, so ist sie doch immer der entscheidende Schauplatz, der die groessten Taten bedingt, und so habe ich immer bisher den geologischen und landschaftlichen Blick benutzt, um Einbildungskraft und Empfindung zu unterdruecken und mir ein freies, klares Anschauen der Lokalitaet zu erhalten. Da schliesst sich denn auf eine wundersame Weise die Geschichte lebendig an, und man begreift nicht, wie einem geschieht, und ich fuehle die groesste Sehnsucht, den Tacitus in Rom zu lesen. Das Wetter darf ich auch nicht ganz hintansetzen. Da ich von Bologna die Apenninen heraufkam, zogen die Wolken noch immer nach Norden, spaeterhin veraenderten sie ihre Richtung und zogen nach dem trasimenischen See. Hier blieben sie hangen, zogen auch wohl gegen Mittag. Statt also dass die grosse Plaine des Po den Sommer ueber alle Wolken nach dem Tiroler Gebirg schickt, sendet sie je$ nen, ja es waere ein eignes Museum entstanden, wenn die Regierung, die doch erst die Erlaubnis geben muss, wenn ein Altertum ausgefuehrt werden soll, fest darauf bestanden haette, dass jedesmal ein Abguss geliefert werden muesse. Haette aber auch ein Papst solch einen Gedanken gehabt, alles haette sich widersetzt, denn man waere in wenigen Jahren erschrocken ueber Wert und Wuerde solcher ausgefuehrten Dinge, wozu man die Erlaubnis in einzelnen Faellen heimlich und durch allerlei Mittel zu erlangen weiss. Den 22. Januar. Schon frueher, aber besonders bei der Auffuehrung des "Aristodem", erwachte der Patriotismus unserer deutschen Kuenstler. Sie unterliessen nicht, Gutes von meiner "Iphigenia" zu reden, einzelne Stellen wurden wieder verlangt, und ich fand mich zuletzt zu einer Wiederholung des Ganzen genoetigt. Auch da entdeckte ich manche Stelle, die mir gelenker aus dem Munde ging, als sie auf dem Papier stand. Freilich ist die Poesie nicht fuers Auge gemacht. Dieser gute Ruf erscholl nun bis zu Reiffens$ will man sich's aber zueignen, so schwindet's gleichsam unter den Haenden, und wir greifen nicht nach dem Rechten, sondern nach dem, was wir zu fassen gewohnt sind. Nur durch geregelte uebung koennte man vorwaerts kommen, wo aber sollte ich Zeit und Sammlung finden! Indessen fuehle ich mich denn doch durch das leidenschaftliche, vierzehntaegige Streben um vieles Die Kuenstler belehren mich gerne, denn ich fasse geschwind. Nun ist aber das Gefasste nicht gleich geleistet; etwas schnell zu begreifen, ist ja ohnehin die Eigenschaft des Geistes, aber etwas recht zu tun, dazu gehoert die uebung des ganzen Lebens. Und doch soll der Liebhaber, so schwach er auch nachstrebt, sich nicht abschrecken lassen. Die wenigen Linien, die ich aufs Papier ziehe, oft uebereilt, selten richtig, erleichtern mir jede Vorstellung von sinnlichen Dingen, denn man erhebt sich ja eher zum Allgemeinen, wenn man die Gegenstaende genauer und schaerfer betrachtet. Mit dem Kuenstler nur muss man sich nicht vergleichen, sondern nach sein$ ichen Landungsplatz, wo kleinere Schiffe anlegen, bis zu dem eigentlichen Hafen an den Molo, die Station groesserer Schiffe. Da erhebt sich nun, saemtliche Fahrzeuge zu schuetzen, in Westen der Monte Pellegrino in seinen schoenen Formen, nachdem er ein liebliches, fruchtbares Tal, das sich bis zum jenseitigen Meer erstreckt, zwischen sich und dem eigentlichen festen Land gelassen. Die Bucht von Palermo. Zeichnung von Goethe Kniep zeichnete, ich schematisierte, beide mit grossem Genuss, und nun, da wir froehlich nach Hause kommen, fuehlen wir beide weder Kraefte noch Mut, zu wiederholen und auszufuehren. Unsere Entwuerfe muessen also fuer kuenftige Zeiten liegenbleiben, und dieses Blatt gibt euch bloss ein Zeugnis unseres Unvermoegens, diese Gegenstaende genugsam zu fassen, oder vielmehr unserer Anmassung, sie in so kurzer Zeit erobern und beherrschen zu wollen. Palermo, Mittwoch, den 4. April 1787. Nachmittags besuchten wir das fruchtreiche und angenehme Tal, welches die suedlichen Berge herab an Palermo v$ vorher mit Verwunderung von mir gehoert hatten. Meine Absicht hatte ich erreicht, und es blieb mir nur noch uebrig, dieses Abenteuer auf eine schickliche Weise zu endigen. Ich begab mich daher des andern Tags gleich nach Tische allein in ihre Wohnung. Sie verwunderten sich, da ich hineintrat. Der Brief sei noch nicht fertig, sagten sie, und einige ihrer Verwandten wuenschten mich auch kennen zu lernen, welche sich gegen Abend einfinden wuerden. Ich versetzte, dass ich morgen frueh schon abreisen muesse, dass ich noch Visiten zu machen, auch einzupacken habe und also lieber frueher als gar nicht haette kommen wollen. Indessen trat der Sohn herein, den ich des Tags vorher nicht gesehen hatte. Er glich seiner Schwester an Wuchs und Bildung. Er brachte den Brief, den man mir mitgeben wollte, den er, wie es in jenen Gegenden gewoehnlich ist, ausser dem Hause bei einem der oeffentlich sitzenden Notarien hatte schreiben lassen. Der junge Mensch hatte ein stilles, trauriges und bescheidenes Wesen, erkundigte si$ 1781 hat dem Gebaeude sehr wohl getan. Der Steinschnitt, der die Teile zusammenfuegt, ist einfach, aber schoen. Die grossen besonderen Steine, deren Riedesel erwaehnt, konnt' ich nicht finden, sie sind vielleicht zu Restauration der Saeulen verbraucht worden. Die Lage des Tempels ist sonderbar: am hoechsten Ende eines weiten, langen Tales, auf einem isolierten Huegel, aber doch noch von Klippen umgeben, sieht er ueber viel Land in eine weite Ferne, aber nur ein Eckchen Meer. Die Gegend ruht in trauriger Fruchtbarkeit, alles bebaut und fast nirgends eine Wohnung. Auf bluehenden Disteln schwaermten unzaehlige Schmetterlinge. Wilder Fenchel stand acht bis neun Fuss hoch verdorret von vorigem Jahr her so reichlich und in scheinbarer Ordnung, dass man es fuer die Anlage einer Baumschule haette halten koennen. Der Wind sauste in den Saeulen wie in einem Walde, und Raubvoegel schwebten schreiend ueber dem Gebaelke. Die Muehseligkeit, in den unscheinbaren Truemmern eines Theaters herumzusteigen, benahm uns die $ ick gewaehrte. Der Tempel der Konkordia hat so vielen Jahrhunderten widerstanden; seine schlanke Baukunst naehert ihn schon unserm Massstabe des Schoenen und Gefaelligen, er verhaelt sich zu denen von Paestum wie Goettergestalt zum Riesenbilde. Ich will mich nicht beklagen, dass der neuere loebliche Vorsatz, diese Monumente zu erhalten, geschmacklos ausgefuehrt worden, indem man die Luecken mit blendend weissem Gips ausbesserte; dadurch steht dieses Monument auch auf gewisse Weise zertruemmert vor dem Auge; wie leicht waere es gewesen, dem Gips die Farbe des verwitterten Steins zu geben! Sieht man freilich den so leicht sich broeckelnden Muschelkalk der Saeulen und Mauern, so wundert man sich dass er noch so lange gehalten. Aber die Erbauer, hoffend auf eine aehnliche Nachkommenschaft, hatten deshalb Vorkehrung getroffen: man findet noch ueberreste eines feinen Tuenchs an den Saeulen, der zugleich dem Auge schmeicheln und die Dauer verbergen sollte. Gebaelkfragment vom Zeustempel in Agrigent (Girgenti). G$ wenn man sich wechselsweise gerade heraus spraeche, was man voneinander erwartet. Ist das geleistet, so sind beide Teile zufrieden, und das Gemuetliche, was das Erste und Letzte von allem ist, erscheint als reine Zugabe. Unterwegs, am 4., 5. und 6. Juni. Da ich diesmal allein reise, habe ich Zeit genug, die Eindruecke der vergangenen Monate wieder hervorzurufen; es geschieht mit vielem Behagen. Und doch tritt gar oft das Lueckenhafte der Bemerkungen hervor, und wenn die Reise dem, der sie vollbracht hat, in einem Flusse vorueberzuziehen scheint und in der Einbildungskraft als eine stetige Folge hervortritt, so fuehlt man doch, dass eine eigentliche Mitteilung unmoeglich sei. Der Erzaehlende muss alles einzeln hinstellen: wie soll daraus in der Seele des Dritten ein Ganzes gebildet werden? Deshalb konnte mir nichts Troestlicheres und Erfreulicheres begegnen als die Versicherungen eurer letzten Briefe, dass ihr euch fleissig mit Italien und Sizilien beschaeftigt, Reisebeschreibungen leset und Kupferwerke be$ ch bin alt genug, und wenn ich noch etwas machen will, darf ich mich nicht saeumen. Wie du dir leicht denken kannst, hab' ich hundert neue Dinge im Kopfe, und es kommt nicht aufs Denken, es kommt aufs Machen an; das ist ein verwuenschtes Ding, die Gegenstaende hinzusetzen, dass sie nun einmal so und nicht anders dastehen. Ich moechte nun recht viel von der Kunst sprechen, doch ohne die Kunstwerke was will man sagen? Ich hoffe, ueber manche Kleinheit wegzuruecken, drum goennt mit meine Zeit, die ich hier so wunderbar und sonderbar zubringe, goennt mir sie durch den Beifall eurer Liebe. Ich muss diesmal schliessen und wider Willen eine leere Seite schicken. Die Hitze des Tages war gross, und gegen Abend bin ich eingeschlafen. Rom, den 9. Juli. Ich will kuenftig einiges die Woche ueber schreiben, dass nicht die Hitze des Posttags oder ein andrer Zufall mich hindre, euch ein vernuenftiges Wort zu sagen. Gestern hab' ich vieles gesehen und wieder gesehen, ich bin vielleicht in zwoelf Kirchen gewesen, wo die sc$ dass es nur Phrasen waren, die man, ohne eigentliches Interesse an dem Gegenstande zu finden, aussprach und behauptete. Viel schlimmer aber war es, wenn Dante zur Sprache kam. Ein junger Mann von Stande und Geist und wirklichem Anteil an jenem ausserordentlichen Manne nahm meinen Beifall und Billigung nicht zum besten auf, indem er ganz unbewunden versicherte, jeder Auslaender muesse Verzicht tun auf das Verstaendnis eines so ausserordentlichen Geistes, dem ja selbst die Italiener nicht in allem folgen koennten. Nach einigen Hin--und Widerreden verdross es mich denn doch zuletzt, und ich sagte, ich muesse bekennen, dass ich geneigt sei, seinen aeusserungen Beifall zu geben; denn ich habe nie begreifen koennen, wie man sich mit diesen Gedichten beschaeftigen moege. Mir komme die "Hoelle" ganz abscheulich vor, das "Fegefeuer" zweideutig und das "Paradies" langweilig; womit er sehr zufrieden war, indem er daraus ein Argument fuer seine Behauptung zog: dies eben beweise, dass ich nicht die Tiefe und Hoehe diese$ und der Sophienmoschee. Auf der reizendsten Spitze von Europa ist der Wohnort des Grossherrn so lustig angebaut, als man es nur denken kann. Hohe und immer respektierte Baeume stehen in grossen, meist verbundenen Gruppen hintereinander, darunter sieht man nicht etwa grosse Mauern und Palaeste, sondern Haeuschen, Gitterwerke, Gaenge, Kiosken, ausgespannte Teppiche, so haeuslich, klein und freundlich durcheinander gemischt, dass es eine Lust ist. Da die Zeichnung mit Farben ausgefuehrt ist, macht es einen gar freundlichen Effekt. Eine schoene Strecke Meer bespuelt die so bebaute Kueste. Gegenueber liegt Asien, und man sieht in die Meerenge, die nach den Dardanellen fuehrt. Die Zeichnung ist bei sieben Fuss lang und drei bis vier hoch. 2. Generalaussicht der Ruinen von Palmyra, in derselben Groesse. Er zeigte uns vorher einen Grundriss der Stadt, wie er ihn aus den Truemmern herausgesucht. Eine Kolonnade, auf eine italienische Meile lang, ging vorn Tore durch die Stadt bis zum Sonnentempel, nicht in ganz g$ h nachzuahmen, und seine Leichtfertigkeit erregt mehr Lust als Unwillen. Hier kommt ein anderer seinesgleichen, der, bescheidner und zufriedner, seine schoene Haelfte mit sich bringt. Roemische Masken. Radierung von Schuetz Da die Frauen ebensoviel Lust haben, sich in Mannskleidern zu zeigen, als die Maenner, sich in Frauenskleidern sehen zu lassen, so haben sie die beliebte Tracht des Pulcinells sich anzupassen nicht verfehlt, und man muss bekennen, dass es ihnen gelingt, in dieser Zwittergestalt oft hoechst reizend zu sein. Mit schnellen Schritten, deklamierend, wie vor Gericht, draengt sich ein Advokat durch die Menge; er schreit an die Fenster hinauf, packt maskierte und unmaskierte Spaziergaenger an, droht einem jeden mit einem Prozess, macht bald jenem eine lange Geschichtserzaehlung von laecherlichen Verbrechen, die er begangen haben soll, bald diesem eine genaue Spezifikation seiner Schulden. Die Frauen schilt er wegen ihrer Cicisbeen, die Maedchen wegen ihrer Liebhaber; er beruft sich auf ein Buch$ schieht, obgleich hier die Menge und andere Umstaende einen grossen Unterschied machen, so will sich doch niemand sein Recht nehmen lassen, mit einbrechender Nacht aus der Ordnung zu lenken. Wenn wir nun auf das ungeheure Gedraenge in dem Korso zurueckblicken und die fuer einen Augenblick nur gereinigte Rennbahn gleich wieder mit Volk ueberschwemmt sehen, so scheinet uns Vernunft und Billigkeit das Gesetz einzugeben, dass eine jede Equipage nur suchen solle, in ihrer Ordnung das naechste ihr bequeme Gaesschen zu erreichen und so nach Hause Allein es lenken gleich nach abgeschossenen Signalen einige Wagen in die Mitte hinein, hemmen und verwirren das Fussvolk, und weil in dem engen Mittelraume es einem einfaellt, hinunter-, dem andern, hinaufzufahren, so koennen beide nicht von der Stelle und hindern oft die Vernuenftigern, die in der Reihe geblieben sind, auch vom Platze zu Wenn nun gar ein zurueckkehrendes Pferd auf einen solchen Knoten trifft, so vermehrt sich Gefahr, Unheil und Verdruss von allen Seiten. U$ te Helden in der Gelehrsamkeit. Anton. Nu, nu, bei allen trifft das wohl nicht ein. Der Magister in meinem Dorfe wenigstens gehoert unter die Ausnahme. Versichert! der Schulmeister selber hat mir es mehr als einmal gesagt, dass er ein sehr gelehrter Mann waere. Und dem Schulmeister muss ich das glauben; denn wie mir der Herr Pfarr oft gesagt hat, so ist er keiner von den schlechten Schulmeistern; er versteht ein Wort Latein und kann davon Damis. Das ist lustig! Der Schulmeister also lobt den Pfarr, und der Pfarr, nicht unerkenntlich zu sein, lobt den Schulmeister. Wenn mein Vater zugegen waere, so wuerde er gewiss sagen: Manus manum lavat. Hast du ihm die alberne Gewohnheit nicht angemerkt, dass er bei aller Gelegenheit ein lateinisches Spruechelchen mit einflickt? Der alte Idiote denkt, weil er so einen gelehrten Sohn hat, muesse er doch auch zeigen, dass er einmal durch die Schule gelaufen sei. Anton. Hab ich's doch gedacht, dass es etwas Albernes sein muesse; denn manchmal mitten in der Rede murm$ ch den Narren nicht kommen heissen.--Ich werde gleich wieder da sein, mein Sohn. Lisette (beiseite). Ich muss doch sehen, ob ich aus dem wunderlichen Einfall meiner Jungfer etwas machen kann. Vierter Auftritt Lisette. Damis. Damis. Nun? geht Lisette nicht mit? Lisette. Ich bin Ihre gehorsamste Dienerin. Wenn Sie befehlen, so werde ich gehorchen. Aber nur eines moechte ich erst wissen. Sagen Sie mir, um des Himmels willen, wie koennen Sie bestaendig so allein sein? Was machen Sie denn den ganzen Tag auf Ihrer Studierstube? Werden Ihnen denn nicht alle Augenblicke zu Stunden? Damis. Ach, was nutzen die Fragen? Fort! fort! Lisette. Ueber den Buechern koennen Sie doch unmoeglich die ganze Zeit liegen. Die Buecher, die toten Gesellschafter! Nein, ich lobe mir das Lebendige; und das ist auch Mamsell Julianens Geschmack. Zwar dann und wann lesen wir auch; einen irrenden Ritter, eine Banise, und so etwas Gutes; aber laenger als eine Stunde halten wir es hintereinander nicht aus. Ganze Tage damit zuzubr$ als wenn du schliefest!-- Damis. Ja, ja, Herr Vater. Nur eins ist noch dabei zu erwaegen.-- Chrysander. Du hast recht; freilich ist noch eins dabei zu erwaegen: ob du dich naemlich geschickt befindest, bald ein oeffentliches Amt anzunehmen, weil doch-- Damis. Wie? geschickt? geschickt? Sie zweifeln also an meiner Geschicklichkeit?--Wie ungluecklich bin ich, dass ich Ihnen nicht sogleich die unwidersprechlichsten Beweise geben kann! Doch es soll noch diesen Abend geschehen. Glauben Sie mir, noch diesen Abend.--Die verdammte Post! Ich weiss auch nicht, wo sie bleibt. Chrysander. Beruhige dich nur, mein Sohn. Die Frage geschahe eben aus keinem Misstrauen, sondern bloss weil ich glaube, es schicke sich nicht, eher zu heiraten, als bis man ein Amt hat; so wie es sich, sollte ich meinen, auch nicht wohl schickt, eher ein Amt anzunehmen, als bis man weiss, woher man die Frau bekommen will. Damis. Ach, was heiraten? was Frau? Erlauben Sie mir, dass ich Sie allein lasse. Ich muss ihn gleich wieder auf die$ r einer nachreden, der so dumm ist als du, mein Sohn. Nimm mir es nicht uebel, dass ich mit der Sprache herausruecke. Du bist so ein eingemachter Narre, so ein Stockfisch--nimm mir's nicht uebel, mein Sohn--so ein ueberstudierter Pickelhering--aber nimm mir's nicht uebel-- Damis (beiseite). Bald sollte ich glauben, dass sein erster Handel mit eingesalznen Fischen gewesen sei.--Schon gut, Herr Vater; von Julianens Tugend will ich nichts sagen; die Tugend ist oft eine Art von Dummheit. Aber was ihren Verstand anbelangt, von dem werden Sie mir erlauben, dass ich ihn noch immer in Zweifel ziehe. Ich bin nun schon eine ziemliche Zeit wieder hier; ich habe mir auch manchmal die Muehe genommen, ein paar Worte mit ihr zu sprechen: hat sie aber wohl jemals an meine Gelehrsamkeit gedacht? Ich mag nicht gelobt sein; so eitel bin ich nicht; nur muss man den Leuten ihr Recht widerfahren Fuenfter Auftritt Chrysander. Damis. Valer. Chrysander. Gut, gut, Herr Valer, Sie kommen gleich zur rechten Damis. Was will der$ e Ursache, die ihn bewogen hat, mag sein, welche es will; ich weiss doch gewiss, dass es eine Fuegung des Himmels ist. Juliane. Des Himmels oder Lisettens. Auf einmal faellt mir ein, was Sie mir von einem Briefe gesagt haben. Sollte wohl Lisettens allzu grosse Dienstfertigkeit-- Valer. Welche Einbildung, liebste Juliane! Sie weiss es ja, dass Ihre Tugend in diesen kleinen Betrug nicht willigen wollen. Juliane. Gleichwohl, je mehr ich nachdenke-- Valer. Wenn es nun auch waere, wollten Sie denn deswegen-- Juliane. Wann es nun auch waere? wie? Zehnter Auftritt Lisette. Valer. Juliane. Juliane. Du koemmst als gerufen, Lisette. Lisette. Nun, gehen meine Sachen nicht vortrefflich? Wollen Sie es nicht unten mit anhoeren, wie sich Damis und Chrysander zanken? "Du sollst sie nicht bekommen; ich muss sie bekommen: ich bin Vater; Sie haben mir sie versprochen: ich habe mich anders besonnen; ich aber nicht: so muss es noch geschehen; das ist unmoeglich: unmoeglich oder nicht; kurz, ich geh nicht ab, ich wil$ el an Fingern und Handhaben fuer seine Noth. Das gewohnte Entgegenkommen gegen jedes Ding und Erlebniss, die sonnige und unbefangene Gastfreundschaft, mit der er Alles annimmt, was auf ihn stoesst, seine Art von ruecksichtslosem Wohlwollen, von gefaehrlicher Unbekuemmertheit um Ja und Nein: ach, es giebt genug Faelle, wo er diese seine Tugenden buessen muss! - und als Mensch ueberhaupt wird er gar zu leicht das caput mortuum dieser Tugenden. Will man Liebe und Hass von ihm, ich meine Liebe und Hass, wie Gott, Weib und Thier sie verstehn -: er wird thun, was er kann, und geben, was er kann. Aber man soll sich nicht wundern, wenn es nicht viel ist, - wenn er da gerade sich unaecht, zerbrechlich, fragwuerdig und morsch zeigt. Seine Liebe ist gewollt, sein Hass kuenstlich und mehr un tour de force, eine kleine Eitelkeit und Uebertreibung. Er ist eben nur aecht, so weit er objektiv sein darf: allein in seinem heitern Totalismus ist er noch "Natur" und "natuerlich". Seine spiegelnde und ewig sich glaettende Seele w$ ather und Moralist und Seher und "freier Geist" und beinahe Alles gewesen sein, um den Umkreis menschlicher Werthe und Werth-Gefuehle zu durchlaufen und mit vielerlei Augen und Gewissen, von der Hoehe in jede Ferne, von der Tiefe in jede Hoehe, von der Ecke in jede Weite, blicken zu koennen. Aber dies Alles sind nur Vorbedingungen seiner Aufgabe: diese Aufgabe selbst will etwas Anderes, - sie verlangt, dass er Werthe schaffe. Jene philosophischen Arbeiter nach dem edlen Muster Kant's und Hegel's haben irgend einen grossen Thatbestand von Werthschaetzungen - das heisst ehemaliger Werthsetzungen, Werthschoepfungen, welche herrschend geworden sind und eine Zeit lang "Wahrheiten" genannt werden - festzustellen und in Formeln zu draengen, sei es im Reiche des Logischen oder des Politischen (Moralischen) oder des Kuenstlerischen. Diesen Forschern liegt es ob, alles bisher Geschehene und Geschaetzte uebersichtlich, ueberdenkbar, fasslich, handlich zu machen, alles Lange, ja "die Zeit" selbst, abzukuerzen und die gan$ befinden, wie ihr es versteht - das ist ja kein Ziel, das scheint uns ein Ende! Ein Zustand, welcher den Menschen alsbald laecherlich und veraechtlich macht, - der seinen Untergang wuenschen macht! Die Zucht des Leidens, des grossen Leidens - wisst ihr nicht, dass nur diese Zucht alle Erhoehungen des Menschen bisher geschaffen hat? Jene Spannung der Seele im Unglueck, welche ihr die Staerke anzuechtet, ihre Schauer im Anblick des grossen Zugrundegehens, ihre Erfindsamkeit und Tapferkeit im Tragen, Ausharren, Ausdeuten, Ausnuetzen des Ungluecks, und was ihr nur je von Tiefe, Geheimniss, Maske, Geist, List, Groesse geschenkt worden ist: - ist es nicht ihr unter Leiden, unter der Zucht des grossen Leidens geschenkt worden? Im Menschen ist Geschoepf und Schoepfer vereint: im Menschen ist Stoff, Bruchstueck, Ueberfluss, Lehm, Koth, Unsinn, Chaos; aber im Menschen ist auch Schoepfer, Bildner, Hammer-Haerte, Zuschauer-Goettlichkeit und siebenter Tag: - versteht ihr diesen Gegensatz? Und dass euer Mitleid dem "Gescho$ der und -Goldstaub der unbewussten menschlichen Eitelkeit gehoert, und dass auch unter solcher schmeichlerischen Farbe und Uebermalung der schreckliche Grundtext homo natura wieder heraus erkannt werden muss. Den Menschen naemlich zurueckuebersetzen in die Natur; ueber die vielen eitlen und schwaermerischen Deutungen und Nebensinne Herr werden, welche bisher ueber jenen ewigen Grundtext homo natura gekritzelt und gemalt wurden; machen, dass der Mensch fuerderhin vor dem Menschen steht, wie er heute schon, hart geworden in der Zucht der Wissenschaft, vor der anderen Natur steht, mit unerschrocknen Oedipus-Augen und verklebten Odysseus-Ohren, taub gegen die Lockweisen alter metaphysischer Vogelfaenger, welche ihm allzulange zugefloetet haben: "du bist mehr! du bist hoeher! du bist anderer Herkunft!" - das mag eine seltsame und tolle Aufgabe sein, aber es ist eine Aufgabe - wer wollte das leugnen! Warum wir sie waehlten, diese tolle Aufgabe? Oder anders gefragt: "warum ueberhaupt Erkenntniss?" - Jedermann wird u$ ch's gemacht? Hat man's nur erst so weit im Reinen, dass die Gemuether topp machen, wutsch! nehmen die Koerper ein Exempel; das Gesind macht's der Herrschaft nach, und der silberne Mond ist am End nur der Kuppler Frau. Sieh doch nur erst die praechtigen Buecher an, die der Herr Major ins Haus geschafft haben. Deine Tochter betet auch immer draus. Miller (pfeift). Hui da! Betet! Du hast den Witz davon. Die rohen Kraftbruehen der Natur sind Ihro Gnaden zartem Makronenmagen noch zu hart.--Er muss sie erst in der hoellischen Pestilenzkueche der Belletristen kuenstlich aufkochen lassen. Ins Feuer mit dem Quark. Da saugt mir das Maedel--weiss Gott, was als fuer?--ueberhimmlische Alfanzereien ein, das laeuft dann wie spanische Mucken ins Blut und wirft mir die Handvoll Christenthum noch gar auseinander, die der Vater mit knapper Noth soso noch zusammenhielt. Ins Feuer, sag' ich. Das Maedel setzt sich alles Teufelsgezeug in den Kopf; ueber all dem Herumschwaenzen in der Schlaraffenwelt findet's zuletzt seine $ it, den Major zu besitzen--endlich die Betaeubung ihres Kopfs, die ich auf mich nehme--es kann nicht fehlen--sie muss in die Praesident. Aber mein Sohn? Wird er nicht auf der Stelle Wind davon Wurm. Das lassen Sie meine Sorge sein, gnaediger Herr--Vater und Mutter werden nicht eher freigelassen, bis die ganze Familie einen koerperlichen Eid darauf abgelegt, den ganzen Vorgang geheim zu halten und den Betrug zu bestaetigen. Praesident. Einen Eid? Was wird ein Eid fruchten, Dummkopf? Wurm. Nichts bei uns, gnaediger Herr! Bei dieser Menschenart Alles--Und sehen Sie nun, wie schoen wir Beide auf diese Manier zum Ziele kommen werden--Das Maedchen verliert die Liebe des Majors und den Ruf ihrer Tugend. Vater und Mutter ziehen gelindere Saiten auf, und durch und durch weich gemacht von Schicksalen dieser Art, erkennen sie's noch zuletzt fuer Erbarmung, wenn ich der Tochter durch meine Hand ihre Reputation wieder gebe. Praesident (lacht unter Kopfschuetteln). Ja, ich gebe mich dir ueberwunden, Schurke! Das $ n Sie? Ferdinand. Fass dieses End' an, sag' ich! sonst wirst du ja fehl schiessen, Memme!--Wie sie zittert, die Memme! Du solltest Gott danken, Memme, dass du zum ersten Mal etwas in deinen Hirnkasten kriegst. (Hofmarschall macht sich auf die Beine.) Sachte! dafuer wird gebeten sein. (Er ueberholt ihn und riegelt die Thuer.) Hofmarschall. Auf dem Zimmer, Baron? Ferdinand. Als ob sich mit dir ein Gang vor den Wall verlohnte?--Schatz, so knallt's desto lauter, und das ist ja doch wohl das erste Geraeusch, das du in der Welt machst--Schlag an! Hofmarschall (wischt sich die Stirn). Und Sie wollen Ihr kostbares Leben so aussetzen, junger, hoffnungsvoller Mann? Ferdinand. Schlag an, sag' ich. Ich habe nichts mehr in dieser Welt Hofmarschall. Aber ich desto mehr, mein Allervortrefflichster. Ferdinand. Du, Bursche? Was, du?--Der Nothnagel zu sein, wo die Menschen sich rar machen? In einem Augenblick siebenmal kurz und siebenmal lang zu werden, wie der Schmetterling an der Nadel? Ein Register zu fuehren$ Brust zu loesen. (Sie wendet sich zum Grafen.) Wie stehts mit Eurer linken Hand, Graf Der Graf vom Strahl. Mit meiner Hand? mein Fraeulein! Diese Frage, Ist mir empfindlicher als ihre Wunde! Der Sattel wars, sonst nichts, an dem ich mich Unachtsam stiess, Euch hier vom Pferde hebend. Graefin. Ward sie verwundet?--Davon weiss ich nichts. Kunigunde. Es fand sich, als wir dieses Schloss erreichten, Dass ihr, in hellen Tropfen, Blut entfloss. Der Graf vom Strahl. Die Hand selbst, seht Ihr, hat es schon vergessen. Wenns Freiburg war, dem ich im Kampf um Euch, Dies Blut gezahlt, so kann ich wirklich sagen: Schlecht war der Preis, um den er Euch verkauft. Kunigunde. Ihr denkt von seinem Werte so--nicht ich. (Indem sie sich zur Mutter wendet.) - Doch wie? Wollt Ihr Euch, Gnaedigste, nicht setzen? (Sie holt einen Stuhl, der Graf bringt die andern. Sie lassen sich saemtlich nieder.) Graefin. Wie denkt Ihr, ueber Eure Zukunft, Fraeulein? Habt Ihr die Lag, in die das Schicksal Euch Versetzt, bereits erwogen$ seinen Reisen entdeckte. - Die Universitaet Kerepes. - Wie dem Studenten Fabian ein Paar Reitstiefel um den Kopf flogen und der Professor Mosch Terpin den Studenten Balthasar zum Tee einlud. Drittes Kapitel: Wie Fabian nicht wusste, was er sagen sollte. - Candida und Jungfrauen, die nicht Fische essen duerfen. - Mosch Terpins literarischer Tee. - Der junge Prinz. Viertes Kapitel: Wie der italienische Geiger Sbiocca den Herrn Zinnober in den Kontrabass zu werfen drohte, und der Referendarius Pulcher nicht zu auswaertigen Angelegenheiten gelangen konnte. - Von Maut-Offizianten und zurueckbehaltenen Wundern fuers Haus. - Balthasars Bezauberung durch einen Stockknopf. Fuenftes Kapitel: Wie Fuerst Barsanuph Leipziger Lerchen und Danziger Goldwasser fruehstueckte, einen Butterfleck auf die Kasimirhose bekam und den Geheimen Sekretaer Zinnober zum Geheimen Spezialrat erhob. - Die Bilderbuecher des Doktors Prosper Alpanus. - Wie ein Portier den Studenten Fabian in d$ Anspruch nimmt, oder gar Vorstellungen sich mir aufdraengen, deren Inhalt dem Inhalt jener Wahrnehmung widerspricht. So bin ich nicht vorbereitet einen Glockenschlag zu hoeren, wenn Gedanken, die mit dem Glockenschlage in keiner Beziehung stehen, mich ganz und gar beschaeftigen. Ich bin in noch minderem Grade vorbereitet, jemand eine bedeutende Leistung vollbringen zu sehen, wenn seine ganze Persoenlichkeit vielmehr den Eindruck der Unfaehigkeit zu jeder bedeutenden Leistung Dagegen kann ich mich schon in gewisser Weise auf den Schall vorbereitet nennen, wenn mich in dem Augenblicke, wo er eintritt, nichts besonders in Anspruch nimmt, wenn also die Schallwahrnehmung relativ ungehindert in mir zu stande kommen kann. Ich bin ebenso in gewisser Weise vorbereitet, die Leistung sich vollziehen zu sehen, wenn ich hinsichtlich der Leistungsfaehigkeit der Person kein guenstiges, aber auch kein unguenstiges Vorurteil hege. Doch ist in diesen Faellen die Bereitschaft noch eine lediglich negative. Sie kann dann aber in $ f weder ein rein objektiver noch ein ausschliesslich subjektiver--im oben ausgefuehrten Sinne--sein. Dies kann er aber nur sein, wenn er _zugleich_ ein objektiver und ein subjektiver ist. Dieser Art ist der Gegensatz der _Standpunkte_, den ich schon vorhin bei Besprechung der _Hecker_'schen Aufstellungen als fuer die Komik des Naiven wesentlich bezeichnete. Ich stelle jetzt in einem Beispiele alle drei Moeglichkeiten der Komik einander gegenueber. Muenchhausen erzaehle die bekannte Geschichte, wie er sich selbst am Schopfe aus dem Sumpf gezogen habe. Ein Erwachsener glaube die Geschichte. Ein Kind frage, ob die Geschichte denn wahr sei. Hier ist die Glaeubigkeit des Erwachsenen objektiv komisch. Als Erwachsener erhebt er den Anspruch genuegend urteilsfaehig zu sein, um die Luege zu durchschauen. An die Stelle der vorausgesetzten Urteilsfaehigkeit tritt die thatsaechliche Unfaehigkeit. Dagegen ist die Erzaehlung selbst ein Witz. Sie besitzt fuer uns im ersten Momente einen Schein der Wahrheit oder Wahrscheinli$ ntspringt, Des Wellen fort durch einen Graben glitten. Mehr trueb' als schwarz ist seine Flut und bringt, Wenn man ihr folgt, hinab zu rauhen Wegen, Durch die man mit Beschwerde niederdringt. Dann qualmt ein Sumpf, mit Namen Styx, entgegen Dort, wo der traur'ge Fluss vom Laufe ruht, Am Fuss des greulichen Gestad's gelegen. Dort stand ich nun und sah nach jener Flut, Und jaeh im Sumpfe Leute, kot'ge, nackte, Zugleich des Jammers Bilder und der Wut. Man schlug sich nicht mit Faeusten nur, man hackte Mit Haupt und Brust und Fuessen auf sich ein, Indem man wild sich mit den Zaehnen packte. Mein Meister sprach: "Sohn, sieh in dieser Pein Die Seelen derer, so der Zorn bezwungen. Auch unterm Wasser muessen viele sein; Und wenn ein Seufzer ihnen sich entrungen. Dann steigen Blasen auf von ihrer Not, Drum sieh von Kreisen diese Flut durchschwungen. Und immer rufen sie, versenkt im Kot: Wir waren elend einst im Sonnenschimmer Und hegten Groll und Tuecke bis zum Tod, Und elend sind wir nun im Schlamm noch immer. Dies Li$ ich dich!" Kein schoener Gruss ward zwischen uns verschwiegen. Und er: "Wann bist du aus dem weiten Meer Am Fusse dieses Berges ausgestiegen?" "Heut morgen kam ich aus der Hoelle her", Entgegnet' ich, "und bin im ersten Leben, Doch suche hier des kuenftigen Gewaehr." Und wie ich ihnen den Bescheid gegeben, Da fuhr Sordell und er zurueck, verstoert, Als halt' ein Wunder ploetzlich sich begeben, Der dem Virgil, der einem zugekehrt, Der dorten sass, am gruenen Talgestade: "Auf, Konrad, sieh, was uns der Herr beschert." Und drauf zu mir: "Erwies besondre Gnade Dir der, des erster Grund verborgen ruht, Wohin kein Geist je findet Furt und Pfade, So sag' einst jenseits dieser weiten Flut Meiner Johanna, dass sie fuer mich flehe, Zu ihm, der nach dem Fleh'n der Unschuld tut. Nicht liebt die Mutter wohl mich noch wie ehe, Da sie den Witwenschleier abgelegt, Nach dem sie bald sich sehnt in ihrem Wehe. An ihr sieh, wie ein Weib zu lieben pflegt, Wenn ihre Liebesglut nicht um die Wette Jetzt Anschau'n, jetzt Betastung, $ chend die Erinnrung fragen: Wonach ich gruebelnd je gespaeht?--wie hier. Nicht fragen duerft' ich, denn er ging von hinnen, Und nichts erklaeren koennt' ich selber mir; So ging ich schuechtern fort in tiefem Sinnen. Einundzwanzigster Gesang Der Durst, den die Natur gegeben hat, Den nur das Wasser stillt, um dessen Gnade Die Samariterin den Heiland bat, Verzehrte mich, und auf verengtem Pfade Trieb Eile mich, dem Fuehrer nachzuzieh'n, Voll Gram, dass Schuld uns so mit Leid belade. Und sieh, wie Kunde Lukas uns verlieh'n, Dass Christus zween, die unterweges waren, Erstanden aus dem Grabgewoelb', erschien; So uns ein Schatten--hinter uns, die Scharen, Dort ausgestreckt, betrachtend, ging er fort Und liess sich sprechend erst von uns gewahren. "Gott geb' euch Frieden, Brueder!" war sein Wort, Das ploetzlich hin zu ihm uns beide kehrte; Und ziemend dankt' ihm mein getreuer Hort Und sprach: "Zu denen, so der Herr verklaerte, Versetz' er dich, zu jenem sel'gen Chor, Des Frieden er auf ewig mir verwehrte." Und jener $ amm' entgingen. "Gesegnete des Vaters, kommt!" so sprach Die Stimm' aus einem Licht, dort aufgegangen, Bei dessen Anschau'n mir das Auge brach. "Die Sonne geht, der Abend kommt"--so klangen Die Toene fort--"nicht weilt, beeilt den Lauf, Bevor den Westen dunkles Grau umfangen." G'rad' durch den Felsen ging der Weg hinauf, Und, ostwaerts steigend, hielt vor meinen Tritten Ich die schon matten Sonnenstrahlen auf. Und als wir wenig Stufen aufgeschritten, Bemerkten wir am Schatten, der verging, Sol, uns im Ruecken, sei ins Meer geglitten. Eh gleiches Grau den Horizont umfing In allen seinen unermessnen Teilen, Eh Nacht um alles ihren Schleier hing, Da musst' auf einer Stufe jeder weilen, Die uns zum Bett ward, denn die Zeit benahm Die Macht mehr, als die Lust, empor zu eilen. Gleichwie die Ziegenherde, satt und zahm, Im Schatten wiederkaeut in stillem Brueten, Die, hungrig, jaehen Sprungs zur Hoehe kam, Wenn nun im Mittagsbrand die Luft' entgluehten, Indes der Hirt den Stab zur Stuetze macht, Und dorten steht, ges$ r fuer zehen, zu verkuenden; Nein die, zu kaempfen mit der irren Welt, Durch jenen Samen, dem die Baeum' entspringen, Die, zweimal zwoelf, sich um dich her gestellt, Die Pflichten des Apostels zu vollbringen, Strebt' auf sein Will' und seine Wissenschaft, Gleich Stroemen, die aus tiefer Ader Springen. Und ihre Wellen stuerzten grausenhaft Auf ketzerisch Gestruepp, es auszubrechen, Und mit dem Widerstand wuchs ihre Kraft. Er gab darauf den Ursprung manchen Baechen, Die hinzieh'n durch der Kirche Gartenland, Drob ihre Baeume schoenre Frucht versprechen-- Wenn so ein Rad des Kriegeswagens stand, Auf dem den Kampf die heil'ge Kirche wagte, Als sie die innern Meut'rer ueberwand, So muss dir jetzt, wie hoch das andre ragte An Trefflichkeit, vollkommen deutlich sein, Und was von ihm dir Thomas Gutes sagte. Allein das Gleis haelt jetzo niemand ein, Das in den Grund der Schwung des Rades praegte, Und Essig wird, was vormals suesser Wein. Die Schar, die seiner Spur zu folgen pflegte, Hat jetzt der Fuesse Stellung ganz $ esen, Und dir geziemt's, von solcher langen Pein Durch gute Werk' ihn schneller zu erloesen. Florenz, im alten Umkreis, eng und klein, Woher man jetzt noch Terzen hoert und Nonen, War damals friedlich, nuechtern, keusch und rein. Nicht Kettchen hatt' es damals noch, nicht Kronen, Nicht reichgeputzte Frau'n--kein Guertelband, Das sehenswerter war als die Personen. Bei der Geburt des Toechterleins empfand Kein Vater Furcht, weil man zur Mitgift immer, So wie zur Zeit, die rechten Masse fand. Und oede, leere Haeuser gab's da nimmer; Nicht zeigte dort noch ein Sardanapal, Was man vermag in Ueppigkeit der Zimmer. Nicht uebertroffen ward der Montemal Von dem Uccellatojo noch im Prangen, Und wie im Steigen, also einst im Fall. Ich sah vom schlichten Ledergurt umfangen Bellincion Berti noch und sah sein Weib Vom Spiegel gehn mit ungeschminkten Wangen. Ich sah ein unverbraemtes Wams am Leib Des Nerli und des Vecchio--und den Frauen War Spill' und Rocken froher Zeitvertreib. Gluecksel'ge Fraun! In eurer Heimat Auen War$ , vom dunklen Umriss nur betoert, Umsonst sich mueht, die Bilder zu erlangen, Als ich dies Wort, so wert des Danks, gehoert, Dass in dem Buch, das den vergangnen Dingen Gewidmet ist, es keine Zeit zerstoert. Und moechten mit mir alle Zungen singen, Die von der hohen Pierinnen Schar Die reinste Milch zum Labetrunk empfingen, Doch stellt' ich's nicht zum Tausendteile dar, Wie hold ihr heil'ges Laecheln, wie entzuendet In lauterm Glanz ishr heil'ges Wesen war. Und so, da's Paradieses Lust verkuendet, Muss jetzo springen mein geweiht Gedicht, Gleich dem, der seinen Weg durchschnitten findet. Doch wer bedenkt des Gegenstands Gewicht, Und dass es schwache Menschenschultern tragen, Der schilt mich, wenn ich drunter zittre, nicht. Durch Wogen, die mein kuehnes Fahrzeug schlagen, Darf sich kein Schiffer, scheu vor Not und Mueh'n, Darf sich kein kleiner schwanker Nachen wagen. "Was macht mein Blick dich so in Lieb entglueh'n, Um nicht zum schoenen Garten hinzusehen, Wo unter Christi Strahlen Blumen blueh'n. Die Rose si$ pfung Wo und Wann und Wie Erkennst du--nun, so dass in dem Gehoerten Dir schon dreifache Labung angedieh. Allein bevor man zwanzig zaehlt' empoerten Die Engel sich zum Teil, so dass sie nun Im Fall der Elemente traegstes stoerten. Die Bleibenden begannen drauf das Tun, Das du erkennst, so selig in Entzuecken, Dass sie in ihrem Kreislauf nimmer ruh'n. Grund war des Falls, dass jener sich beruecken Von frevlem Hochmut liess, der dir erschien, Dort, wo auf ihn des Weltalls Buerden druecken-- Die du bei Gott hier siehest, sah'n auf ihn Bescheiden und mit Dank fuer seine Gaben, Da er nur Kraft zu solchem Schau'n verlieh'n. Drum wurden sie zum Schauen so erhaben Durch Gnadenlicht und ihr Verdienst gestellt, Dass sie vollkommen festen Willen haben. Und zweifelfrei verkuend' es einst der Welt: Verdienstlich ist's, die Gnade zu empfangen, Je wie sich offen ihr die Lieb' erhaelt. Jetzt, wenn ins Herz dir meine Lehren drangen, Errennst du ganz den englischen Verein Und brauchst nicht andre Hilfe zu verlangen. Doch weil $ chal fliegt wieder fort. Lulu. So steig nur heraus, du tapfres Hasenherz, hier sind wir schon in Sicherheit. Fanfu. Nun, Schnecke, streck' den Kopf heraus. Zitternadel (steckt den Kopf heraus). Wo sind wir denn? Ich muss erst meine Gliedmassen alle zusamm'suchen. (steigt aus, die Genien helfen ihm.) So, ich dank' untertaenigst, das sind halt Kinderln, wie die Tauberln. Au weh, so ein Erdbeben moecht' ich mir bald wieder ausbitten. Ich schau' beim Fenster hinaus in meiner Schuldlositaet, auf einmal fangt's zum krachen an, als wenn die ganze Welt ein Schubladkasten waer', der in der Mitte voneinanderspringt, und ich stuerz' ueber den siebenten Stock hinunter, die zwei Kinderln fangen mich aber auf und fliegen mit mir davon. Kaum sind wir in der Hoeh', macht es einen Plumpser, und die ganze Stadt rutscht aus und fallt ins Wasser hinein. Der arme Dichter hat sich eintunkt mit seiner Weisheit. O ungluecksel'ger Tag! Weil nur ich nicht ins Wasser g'fallen bin, die Schneiderfischeln haetten's trieben. Ue$ Schmerze, sondern von der aeussern Last gewirket worden. Der ebenso oft umschlungene Hals wuerde die pyramidalische Zuspitzung der Gruppe, welche dem Auge so angenehm ist, gaenzlich verdorben haben; und die aus dieser Wulst ins Freie hinausragende spitze Schlangenkoepfe haetten einen so ploetzlichen Abfall von Mensur gehabt, dass die Form des Ganzen aeusserst anstoessig geworden waere. Es gibt Zeichner, welche unverstaendig genug gewesen sind, sich demohngeachtet an den Dichter zu binden. Was denn aber auch daraus geworden, laesst sich unter andern aus einem Blatte des Franz Cleyn 3) mit Abscheu erkennen. Die alten Bildhauer uebersahen es mit einem Blicke, dass ihre Kunst hier eine gaenzliche Abaenderung erfordere. Sie verlegten alle Windungen von dem Leibe und Halse, um die Schenkel und Fuesse. Hier konnten diese Windungen, dem Ausdrucke unbeschadet, so viel decken und pressen, als noetig war. Hier erregten sie zugleich die Idee der gehemmten Flucht und einer Art von Unbeweglichkeit, die der kuenstlich$ ines Pferdes und auf seine Waffen verwandte. (Sat. XI. v. 100 bis 107.) Tunc rudis et Grajas mirari nescius artes Urbibus eversis praedarum in parte reperta Magnorum artificum frangebat pocula miles, Ut phaleris gauderet equus, caelataque cassis Romuleae simulacra ferae mansuescere jussae Imperii fato, geminos sub rupe Quirinos, Ac nudam effigiem clipeo fulgentis et hasta Pendentisque dei perituro ostenderet hosti. Der Soldat zerbrach die kostbarsten Becher, die MeisterstUecke grosser Kuenstler, um eine WOelfin, einen kleinen Romulus und Remus daraus arbeiten zu lassen, womit er seinen Helm ausschmueckte. Alles ist verstAendlich, bis auf die letzten zwei Zeilen, in welchen der Dichter fortfaehrt, noch ein solches getriebenes Bild auf den Helmen der alten Soldaten zu beschreiben. So viel sieht man wohl, dass dieses Bild der Gott Mars sein soll; aber was soll das Beiwort pendentis, welches er ihm gibt, bedeuten? Rigaltius fand eine alte Glosse, die es durch quasi ad ictum se inclinantis erk$ Dichters selbst gelten. He uses PURE equivocally, to signify either chaste or empty; and has given in this line what he esteemed the true character of descriptive poetry, as it is called. A composition, in his opinion, as absurd as a feast made up of sauces. The use of a pictoresque imagination is to brighten and adorn good sense; so that to employ it only in description, is like children's delighting in a prism for the sake of its gaudy colours; which when frugally managed, and artifully disposed, rnight be made to represent and illustrate the noblest objects in nature. Sowohl der Dichter als Kommentator scheinen zwar die Sache mehr auf der moralischen als kunstmaessigen Seite betrachtet zu haben. Doch desto besser, dass sie von der einen ebenso nichtig als von der andern erscheinet.} {6. Poetique francaise. T. II. p. 501. J'ecrivais ces reflexions avant que les essais des Allemands dans ce genre (l'eglogue) fussent connus parmi nous. Ils ont execute ce que j'avais concu; et s'ils parviennent a donne$ 483. Zeile, und gehet bis zur 489.; das zweite von 490-509; das dritte von 510-540; das vierte von 541-549; das fuenfte von 550-560; das sechste von 561-572; das siebente von 573-586; das achte von 587-589; das neunte von 590 bis 605; und das zehnte von 606-608. Bloss das dritte Gemaelde hat die angegebenen Eingangsworte nicht: es ist aber aus den bei dem zweiten, en de duw poihse poleiV, und aus der Beschaffenheit der Sache selbst, deutlich genug, dass es ein besonders Gemaelde sein muss.} Pope liess sich die Einteilung und Zeichnung des Boivin nicht allein gefallen, sondern glaubte noch etwas ganz Besonders zu tun, wenn er nunmehr auch zeigte, dass ein jedes dieser so zerstueckten Gemaelde nach den strengsten Regeln der heutiges Tages ueblichen Malerei angegeben sei. Kontrast, Perspektiv, die drei Einheiten; alles fand er darin auf das beste beobachtet. Und ob er schon gar wohl wusste, dass zufolge guter glaubwuerdiger Zeugnisse, die Malerei zu den Zeiten des Trojanischen Krieges noch in der Wiege gewese$ der niedlichen Hand. Aber bei dem Dichter sehe ich nichts, und empfinde mit Verdruss die Vergeblichkeit meiner besten Anstrengung, etwas sehen zu wollen. In diesem Punkte, in welchem Virgil dem Homer durch Nichtstun nachahmen koennen, ist auch Virgil ziemlich gluecklich gewesen. Auch seine Dido ist ihm weiter nichts als pulcherrima Dido. Wenn er ja umstAendlicher etwas an ihr beschreibet, so ist es ihr reicher Putz, ihr praechtiger Aufzug: Tandem progreditur-- Sidoniam picto chlamydem circumdata limbo: Cui pharetra ex auro, crines nodantur in aurum, Aurea purpuream subnectit fibula vestem 8). {8. Aeneid. IV. v. 136.} Wollte man darum auf ihn anwenden, was jener alte KUenstler zu einem Lehrlinge sagte, der eine sehr geschmueckte Helena gemalt hatte, "da du sie nicht schOen malen koennen, hast du sie reich gemalt": so wuerde Virgil antworten, "es liegt nicht an mir, dass ich sie nicht schoen malen koennen; der Tadel trifft die Schranken meiner Kunst; mein Lob sei, mich innerhalb diesen Schranken geh$ Es ist falsch, dass Longin so etwas jemals gesagt hat. Er sagt etwas Aehnliches von der Beredsamkeit und Dichtkunst, aber keinesweges von der Dichtkunst und Malerei. WV d' eteron ti h rhtorikh jantasia bouletai, kai eteron h para poihtaiV, ouk an laJoi se, schreibt er an seinen Terentian 1); oud' oti thV men en poihsei teloV estin ekplhxiV, thV d' en logoiV enargeia. Und wiederum: Ou mhn alla ta men para toiV poihtaiV muJikwteran ecei thn uperekptwsin, kai panth to piston uperairousan- thV de rhtorikhV jantasiaV, kalliston aei to emprakton kai enalhJeV. Nur Junius schiebt, anstatt der Beredsamkeit, die Malerei hier unter; und bei ihm war es, nicht bei dem Longin, wo Herr Winckelmann gelesen hatte 2): Praesertim cum poeticae phantasiae finis sit ekplhxiV, pictoriae vero, enargeia. Kai ta men para toiV poihtaiV, ut loquitur idem Longinus, usw. Sehr wohl; Longins Worte, aber nicht Longins Sinn! {1. Peri uyouV. tmhma id'. Edit. T. Fabri. p. 36. 39.} {2. De pictura vet. lib. I. cap. 4. p. 33.} Mit folgender $ am Boden.) Libussa. Noch einmal nenn ich klug dich und auch edel. Bleib hier! Es will das Volk bestimmte Sprueche. Was mir der Geist, in Ahnungen verhuellt Und in Erinnrung an des Vaters Weisheit' Mit unbewiesner Sicherheit verkuendet, Sie wollen's pruefen, wollen es begreifen Und ihres eignen Richters Richter sein. Sei du der Uebertrager meiner Worte, Kleid ihnen ein wie's ihrer Fassung ziemt, Was ich errate mehr, als fasslich denke, Und erst als heilsam sich als wahr bewaehrt. Primislaus. Du bist umworben von des Landes Hoechsten, Bald steht ein Gatte, Fuerstin, neben dir. Mein Leben und mein Blut sind dir erboetig; Doch dien ich keinem Mann. Libussa. So glaubst du wirklich, Die Toren traefe jemals meine Wahl? Primislaus. Doch wenn das Land nun unterstuetzt die Werbung? Libussa. So wirb auch du, ob hoffnungslos wie sie. Primislaus. Sie sind, noch einmal, dieses Landes Beste. Ich bin der Letzten einer, ohne Schutz. Libussa. Du bist so machtlos nicht als du wohl glaubst. Weisst du?--Und eben deshalb kam ich $