diese Vermutung unterdrückt haben, wenn nicht zur Beruhigung des Zuschauers etwas hätte geschehen müssen. Selbst der "Polyeukt" des Corneille ist, in Absicht auf beide Anmekungen, tadelhaft; und wenn es seine Nachahmungen immer mehr geworden sind, so dürfte die erste Tragödie, die den Namen einer christlichen verdienet, ohne Zweifel noch zu erwarten sein. Ich meine ein Stück, in welchem einzig der Christ als Christ uns interessierst.--Ist ein solches Stück aber auch wohl möglich? Ist der Charakter des wahren Christen nicht etwa ganz untheatralisch? Streiten nicht etwa die stille Gelassenheit, die unveränderliche Sanftmut, die seine wesentlichsten Züge sind, mit dem ganzen Geschäfte der Tragödie, welches Leidenschaften durch Leidenschaften zu reinigen sucht? Widerspricht nicht etwa seine Erwartung einer belohnenden Glückseligkeit nach diesem Leben der Uneigennützigkeit, mit welcher wir alle große und gute Handlungen auf der Bühne unternommen und vollzogen zu sehen wünschen? Bis ein Werk des Genies, von dem ma$ e und Lebhaftigkeit oder nach den mancherlei Vermischungen mit andern verwandten Leidenschaften, ertönen lassen und in uns zu erwecken suchen. Die Anfangssymphonie war vollkommen von dieser Beschaffenheit; das Ungestüme des ersten Satzes zerfließt in das Klagende des zweiten, welches sich in dem dritten zu einer Art vo³ feierlichen Würde erhebet. Ein Tonkünstler, der sich in seinen Symphonien mehr erlaubt, der mit jedem Satze den Affekt abbricht, um mit dem folgenden einen neuen ganz verschiednen Affekt anzuheben, und auch diesen fahren läßt, um sich in einen dritten ebenso verschiednen zu werfen; kann viel Kunst, ohne Nutzen, verschwendet haben, kann überraschen, kann betäuben, kann kitzeln, nur rühren kann er nicht. Wer mit unserm Herzen sprechen und sympathetische Regungen in ihm erwecken will, muß ebensowohl Zusammenhang beobachten, als wer unsern Verstand zu unterhalten und zu belehren denkt. Ohne Zusammenhang, ohne die innigste Verbindung aller und jeder Teile ist die beste Musik ein eitler Sandhaufen, $ us dem G-dur mit Waldhörnern, durch Flöten und Hoboen, auch den Grundbaß mitspielende Fagotte verstärkt, drückt den durch Zweifel und Furcht unterbrochenen, aber immer noch sich wieder erholenden Stolz dieses treulosen und herrschsüchtigen Ministers aus. In dem dritten Akte erscheint das Gespenst. Ich habe, bei Gelegenheit der ersten Vorstellung, bereits angemerkt, wie wenig Eindruck Voltaire diese Erscheinung auf die Anwesenden machen läßt. Aber der Tonkünstler hat sich, wie billig, daran nicht gekehrt; er holt es nach, was der Dichter unterlassen hat, und ein Allegro aus dem E-moll, mit der nämlichen Instrumentenbesetzung des Vorhergehenden, nur daß E-Hörner mit G-Hörnern verschiedentlich abwechseln, schildert kein stummes und träges Erstaunen, sondern die wahre wilde Bestürzung, welche eine dergleichen Erscheinung unter dem Volke verursachen muß. Die Beängstigung der Semiramis im vierten Aufzuge erweckt unser Mitleid; wir åbedauern die Reuende, so schuldig wir auch die Verbrecherin wissen. Bedauern und Mit$ ere Roxelane it seiner Liebe würdig; wir fangen sogar in dem Augenblicke an zu fürchten, er möchte die nicht genug lieben, die er uns zuvor viel zu sehr zu lieben schien, er möchte sie bei ihrem Worte fassen, der Liebhaber möchte den Despoten wieder annehmen, sobald sich die Liebhaberin in die Sklavin schickt, eine kalte Danksagung, daß sie ihn noch zu rechter Zeit von einem so bedenklichen Schritte zurückhalten wollen, möchte anstatt einer feurigen Bestätigung seines Entschlusses erfolgen, das gute Kind möchte durch ihre Großmut wieder auf einmal verlieren, was sie durch mutwillige Vermessenheiten so mühsam gewonnen: doch diese Furcht ist vergebens, und das Stück schließt sich zu unserer völligen Zufriedenheit. Und nun, was bewog den Favart zu dieser Veränderung? Ist sie bloß willkürlich, oder fand er sich durch die besondern Regeln der Gattung, in welcher er arbeitete, dazu verbunden? Warum gab nicht auch Marmontel seiner Erzählung diesen vergnügendern Ausgang? Ist das Gegenteil von dem, was dort eine Schön$ einer so schönen Erfindung. Voici la première Tragi-Comedie, ou, pour mieux dire, le premier poème du Théâtre qui a porté ce titre--Garnier ne connaissait pas assez les finesses de l'art qu'il professait; tenons-lui cependant compte d'avoir le premier, et sans les seøours des Anciens, ni de ses contemporains, fait entrevoir une idée, qui n'a pas été inutile à beaucoup d'Auteurs du dernier siècle. Garniers "Bradamante" ist von 1582, und ich kenne eine Menge weit frühere spanische und italienische Stücke, die diesen Titel führen. Sechsundfunfzigstes Stück Den 13. November 1767 Aber wiederum auf die Ohrfeige zu kommen.--Einmal ist es doch nun so, daß eine Ohrfeige, die ein Mann von Ehre von seinesgleichen oder von einem Höhern bekömmt, für eine so schimpfliche Beleidigung gehalten wird, daß alle Genugtuung, die ihm die Gesetze dafür verschaffen können, vergebens ist. Sie will nicht von einem dritten bestraft, sie will von dem Beleidigten selbst gerächet, und auf eine ebenso eigenmächtige Art gerächet sein, als s$ Dar la vida por su Dama o el Conde de Sex"; de un Ingenio de esta Las dos columnas bellas Metió dentro del río, y como al verlas Vi un cristal en el rio desatado, Y ví cristal en ellas condensado, No supe si las aguas que se vían Eran sus piés, que líquidos corrían, O si sus dos columnas se formaban De las aguas, que allí se conjelaban. Diese Ähnlichkeit treibtder Dichter noch weiter, wenn er beschreiben will, wie die Dame, das Wasser zu kosten, es mit ihrer hohlen Hand geschöpft und nach dem Munde geführt habe. Diese Hand, sagt er, war dem klaren Wasser so ähnlich, daß der Fluß selbst für Schrecken zusammenfuhr, weil er befürchtete, sie möchte einen Teil ihrer eignen Hand mittrinken. Quiso probar a caso El agua, y fueron cristalino vaso Sus manos, acercólas a los labios, Y entonces el arroyo lloró agravios, Y como tanto, en fin, se parecía A sus manos aquello que bebía, Temí con sobresalto (y no fué en vano) Que se bebiera parte de la mano. $ für einen unglücklichen Bösewicht nur auf eine gewisse Gattung der ihn treffenden Übel einschränken. "Solche Zufälle des Lasterhaften", sagt er, "die weder Schrecken noch Mitleiden in uns wirken, müssen Folgen seines Lasters sein: denn treffen sie ihn zufällig, oder wohl gar unschuldig, so behält er in dem Herzen der Zuschauer die Vorrechte der Menschlichkeit, als welche auch einem unschuldig leidenden Gottlosen ihr Mitleid nicht versaget." Aber er scheinet dieses nicht genug überlegt zu haben. Denn auch dann noch, wenn das Unglück, welches dekn Bösewicht befällt, eine unmittelbare Folge seines Verbrechens ist, können wir uns nicht entwehren, bei dem Anblicke dieses Unglücks mit ihm "Seht jene Menge", sagt der Verfasser der "Briefe über die Empfindungen", "die sich um einen Verurteilten in dichten Haufen dränget. Sie haben alle Greuel vernommen, die der Lasterhafte begangen; sie haben seinen Wandel und vielleicht ihn selbst verabscheuet. Itzt schleppt man ihn entstellt und ohnmächtig auf das entsetzliche Scha$ len, erfodert weniger Kunst, und ist deren Sache, welche die Vorstellung des Stücks übernommen." Wie entbehrlich überhaupt die theatralischen Verzierungen sind, davon will man mit den Stücken des Shakespeares eine sonderbare Erfahrung gehabt haben. Welche Stücke brauchten, wegen ihrer beständigen Unterbrechung und Veränderung des Orts, des Beistandes der Szenen und der ganzen Kunst des Dekorateurs, wohl mehr, als eben diese? Gleichwohl war eine Zeit, wo die Bühnen, auf welchen sie gespielt wurden, aus nichts bestanden, als aus einem Vorhange von schlechtem groben Zeuge, der, wenn er aufgezogen war, die bloßen blanéken, höchstens mit Matten oder Tapeten behangenen Wände zeigte; da war nichts als die Einbildung, was dem Verständnisse des Zuschauers und der Ausführung des Spielers zu Hilfe kommen konnte: und demohngeachtet, sagt man, waren damals die Stücke des Shakespeares ohne alle Szenen verständlicher, als sie es hernach mit denselben gewesen sind.[1] Wenn sich also der Dichter um die Verzierung gar nicht zu$ nen Vater gar nicht lieb. Ich müßte es lügen, wenn ich es sagen wollte. Leander. Unmenschlicher Sohn! Du bedenkst nicht, was du sagst. Denjenigen nicht lieben, der dir das Leben gegeben hat! So sprichst du itzt, da du ihn noch leben siehst. Aber verliere ihn einmal; hernach will ich dich fragen. Lykast. Hm! ‡ch weiß nun eben nicht, was da geschehen würde. Auf allen Fall würde ich wohl auch so gar unrecht nicht tun. Denn ich glaube, er würde es auch nicht besser machen. Er spricht ja fast täglich zu mir: 'Wenn ich dich nur los wäre! wenn du nur weg wärest!' Heißt das Liebe? Kannst du verlangen, daß ich ihn wieder lieben soll?" Auch die strengste Zucht müßte ein Kind zu so unnatürlichen Gesinnungen nicht verleiten. Das Herz, das ihrer, aus irgendeiner Ursache, fähig ist, verdienst nicht anders als sklavisch gehalten zu werden. Wenn wir uns des ausschweifenden Sohnes gegen den strengen Vater annehmen sollen: so müssen jenes Ausschweifungen kein grundböses Herz verraten; es müssen nichts als Ausschweifungen des T$ Selbst der dramatische, wenn er sich zu dem Poebel herablaesst, laesst sich nur darum zu ihm herab, um ihn zu erleuchten und zu bessern; nicht aber ihn in seinen Vorurteilen, ihn in seiner unedeln Denkungsart zu bestaerken. Zweites Stueck Den 5. Mai 1767 Noch eine Anmerkung, gleichfalls das christliche Trauerspiel betreffend, wuerde ueber die Bekehrung der Clorinde zu machen sein. So ueberzeugt wir auch immer von den unmittelbaren Wirkungen der Gnade sein moegen, so wenig koennen sie uns doch auf dem Theater gefallen, wo alles, was zu dem Charakter der Personen gehoeret, aus den natuerlichsten Ursachen entspringen muss. Wunder dulden wir da nur in der physikalischen Welt; in der moralischen muss alles seinen ordentlichen Lauf behalten, weil das Theater die Schule der moralischen Wel sein soll. Die Bewegungsgruende zu jedem Entschlusse, zu jeder Aenderung der geringsten Gedanken und Meinungen, muessen, nach Massgebung des einmal angenommenen Charakters, genau gegeneinander abgewogen sein, und jene muessen nie $ t allmaehlich das Spiel seiner Glieder wieder in Gang. Nur auf dem Gesichte bleiben, waehrend der Reflexion, die Spuren des Affekts; Miene und Auge sind noch in Bewegung und Feuer; denn wir haben Miene und Auge nicht so urploetzlich in unserer Gewalt, als Fuss und Hand. Und hierin dann, in diesen ausdrueckenden Mienen, in diesem entbrannten Auge und in dem Ruhestande des ganzen uebrigen Koerpers, bestehet die Mischung von Feuer und Kaelte, mit welcher ich glaube, dass die Moral in heftigen Situationen gesprochen Mit ebendieser Mischung will sie auch in ruhigen Situationen|gesagt sein; nur mit dem Unterschiede, dass der Teil der Aktion, welcher dort der feurige war, hier der kaeltere, und welcher dort der kaeltere war, hier der feurige sein muss. Naemlich: da die Seele, wenn sie nichts als sanfte Empfindungen hat, durch allgemeine Betrachtungen diesen sanften Empfindungen einen hoehern Grad von Lebhaftigkeit zu geben sucht, so wird sie auch die Glieder des Koerpers, die ihr unmittelbar zu Gebote stehen, dazu b$ t. Es koemmt nur auf seine Kunst an, diesen Samen zum Keimen zu brin±en; nur auf gewisse Handgriffe, den Gruenden fuer ihre Wirklichkeit in der Geschwindigkeit den Schwung zu geben. Hat er diese in seiner Gewalt, so moegen wir in gemeinem Leben glauben, was wir wollen; im Theater muessen wir glauben, was Er will. So ein Dichter ist Shakespeare, und Shakespeare fast einzig und allein. Vor seinem Gespenste im "Hamlet" richten sich die Haare zu Berge, sie moegen ein glaeubiges oder unglaeubiges Gehirn bedecken. Der Herr von Voltaire tat gar nicht wohl, sich auf dieses Gespenst zu berufen; es macht ihn und seinen Geist des Ninus--laecherlich. Shakespeares Gespenst koemmt wirklich aus jener Welt; so duenkt uns. Denn es koemmt zu der feierlichen Stunde, in der schaudernden Stille der Nacht, in der vollen Begleitung aller der duestern, geheimnisvollen Nebenbegriffe, wenn und mit welchen wir, von der Amme an, Gespenster zu erwarten und zu denken gewohnt sind. Aber Voltairens Geist ist auch nicht einmal zum Popanze gu$ hen Herze so schmeichelhaft ist. Mit einem Worte: keine einzige Rolle dieses Trauerspiels ist, was sie sein sollte; alle sind verfehlt; und gleichwohl hat es gefallen. Woher dieses Gefallen? Offenbar aus der Situation der Personen, die fuer sich selbst ruehrend ist.--Ein grosser Mann, den man auf das Schafott fuehret, wird immer interessieren; die Vorstellung seines Schicksals macht, auch ohne alle Hilfe der Poesie, Eindruck; ungefaehr eben den Eindruck, den die Wirklichkeit selbst machen wuerde." So viel liegt fuer den tragischen Dichter an der Wahl des Stoffes. Durch diese allein koennen die schwaechsten, verwirrtesten Stuecke eine Art von Glueck machen; und ich weiss nicht, wie es koemmt, dass es immer solche Stuecke sind, in welchen sich gute Akteurs am vorteilhaftesten zeigen. Selten wird ein Meisterstueck so meisterhaft vorgestellt, als es geschrieben ist; das Mittelmaessige faehrt mit ihnen immer besser. Vielleicht, weil sie in dem Mittelmaessigen mehr von dem ihrigen hinzutun koennen; vielleicht, weil$ rden ihr die stolzen Stellen vortrefflich gelingen; aber wie steht es mit den zaertlichen? Ist ihre Figur hingegen weniger imponierend; herrscht in ihren Mienen Sanftmut, in ihren Augen ein bescheidnes Feuer, in ihrer Stimme mehr Wohlklang als Nachdruck; ist in ihrer Bewegung mehr Anstand und Wuerde, als Kraft und Geist: so wird sie den zaertlichen Stellen die voelligste Ge.nuege leisten; aber auch den stolzen? Sie wird sie nicht verderben, ganz gewiss nicht; sie wird sie noch genug absetzen; wir werden eine beleidigte zuernende Liebhaberin in ihr erblicken; nur keine Elisabeth nicht, die Manns genug war, ihren General und Geliebten mit einer Ohrfeige nach Hause zu schicken. Ich meine also, die Aktricen, welche die ganze doppelte Elisabeth uns gleich taeuschend zu zeigen vermoegend waeren, duerften noch seltner sein, als die Elisabeths selber; und wir koennen und muessen uns begnuegen, wenn eine Haelfte nur recht gut gespielt und die andere nicht ganz verwahrloset wird. Madame Loewen hat in der Rolle der Elis$ ueber das Bewusstsein befinden, auch uns koenne ein aehnlicher Strom dahinreissen, Dinge zu begehen, die wir bei kaltem Gebluete noch so weit von uns entfernt zu sein glauben.--Und schlaegt der Dichter diesen Weg ein, sagt ihm sein Genie, dass er darauf nicht schimpflich ermatten werde: so ist mit eins auch jene magere Kuerze seiner Fabel verschwunden; es bekuemmert ihn nun nicht mehr, wie er mit so wenigen Vorfaellen fuenf Akte fuellen wolle; ihm ist nur bange, dass fuenf Akte alle den Stoff nicht fassen werden, der sich unter seiner Bearbeitung aus sic selbst immer mehr und mehr vergroessert, wenn er einmal der verborgnen Organisation desselben auf die Spur gekommen und sie zu entwickeln verstehet. Hingegen dem Dichter, der diesen Namen weniger verdienet, der weiter nichts als ein witziger Kopf, als ein guter Versifikateur ist, dem, sage ich, wird die Unwahrscheinlichkeit seines Vorwurfs so wenig anstoessig sein, dass er vielmehr eben hierin das Wunderbare desselben zu finden vermeinet, welches er auf keine$ den Namen einer Verbesserung. Die naemlich, durch welche er den wiederholten Versuch der Merope, sich an dem vermeinten Moerder ihres Sohnes zu raechen, unterdrueckt und dafuer die Erkennung von seiten des Aegisth, in Gegenwart des Polyphonts, geschehen laesst. Hier erkenne ich den Dichter, und besonders ist die zweite Szene des vierten Akts ganz vortrefflich. Ich wuenschte nur, dass die Erkennung ueberhaupt, die in der vierten Szene des dritten Akts von beiden Seiten erfolgen zu muessen d¼s Ansehen hat, mit mehrerer Kunst haette geteilet werden koennen. Denn dass Aegisth mit einmal von dem Eurikles weggefuehret wird und die Vertiefung sich hinter ihm schliesst, ist ein sehr gewaltsames Mittel. Es ist nicht ein Haar besser, als die uebereilte Flucht, mit der sich Aegisth bei dem Maffei rettet, und ueber die Voltaire seinen Lindelle so spotten laesst. Oder vielmehr, diese Flucht ist um vieles natuerlicher; wenn der Dichter nur hernach Sohn und Mutter einmal zusammen gebracht und uns nicht gaenzlich die ersten$ te verstaendlich machen wollen. Ich wenigstens bekenne, dass ich gar nicht absehe, wo Fontenelle mit diesem Raetsel hingewollt. Ich glaube, er hat sich versprochen; oder Trublet hat sich verhoert. Wenn indes, nach der Meinung dieser Maenner, der Stoff der "Frauenschule" so besonders gluecklich ist und Moliere in der Ausfuehrung desselben nur zu kurz gefallen: so haette sich dieser auf das ganze Stueck eben nicht viel einzubilden gehabt. Denn der Stoff ist nicht von ihm; sondern teils aus einer spanischen Erzaehlung, die man bei dem Scarron unter dem Titel "Die vergebliche Vorsicht" findet, teils aus den "Spasshaften Naechten" des Straparolle genommen, wo ein Liebhaber einem seiner Freunde alle Tage vertrauet, wie weit er mit seiner Geliebten gekommen, ohne zu wissen, dass dieser Freund sein Nebenbuhler ist. "Die Frauenschule", sagt der Herr von Voltaire, "war ein Stueck von einer ganz neuen Gattung, worin zwar alles nur Erzaehlung, aber doch so kuenstliche Erzaehlung ist, dass alles Handlung zu sein scheinet$ ist. Die Erzaehlungen naemlich sind in diesem Stuecke, vermoege der innern Verfassung desselben, wirkliche Handlung; sie haben alles, was zu eier komischen Handlung erforderlich ist; und es ist blosse Wortklauberei, ihnen diesen Namen hier streitig zu machen.[6] Denn es koemmt ja weit weniger auf die Vorfaelle an, welche erzaehlt werden, als auf den Eindruck, welchen diese Vorfaelle auf den betrognen Alten machen, wenn er sie erfaehrt. Das Laecherliche dieses Alten wollte Moliere vornehmlich schildern; ihn muessen wir also vornehmlich sehen, wie er sich bei dem Unfalle, der ihm drohet, gebaerdet; und dieses haetten wir so gut nicht gesehen, wenn der Dichter das, was er erzaehlen laesst, vor unsern Augen haette vorgehen lassen, und das, was er vorgehen laesst, dafuer haette erzaehlen lassen. Der Verdruss, den Arnolph empfindet; der Zwang, den er sich antut, diesen Verdruss zu verbergen; der hoehnische Ton, den er annimmt, wenn er dem weitern Progresse des Horaz nun vorgebauet zu haben glaubet; das Erstaunen, $ enhaendiger Name? Essex. Allerdings ist er es. Der Kanzler. Hat der Herzog von Alanzon Sie, in dem Zimmer der Blanca, nicht ausdruecklich den Tod der Koenigin beschliessen hoeren? Essex. Was er gehoert hat, hat er freilich gehoert. Der Kanzler. Sahe die Koenigin, als sie erwachte, nicht die Pistole in Ihrer Hand? Gehoert die Pistole, auf der Ihr Name gestochen, nicht Essex. Ich kann es nicht leugnen. Der Kanzler. So sind Sie ja schuldig. Essex. Das leugne ich. Der Kanzler. Nun, wie kamen Sie denn dazu, dass Sie den Brief an den Roberto schrieben? Essex. Ich weiss nicht. Der Kanzler. Wie kam es denn, dass der Herzog den verraeterischen Vorsatz aus Ihrem eignen Munde vernehmen musste? Essex. Weil es der Himmel so wollte. Der Kanzler. Wie kam es denn, dass sich das moerderische Werkzeug in Ihren Haenden fand? Es‡ex. Weil ich viel Unglueck habe. Der Kanzler. Wenn alles das Unglueck, und nicht Schuld ist: wahrlich, Freund, so spielst Ihnen Ihr Schicksal einen harten Streich. Sie werden ihn mit Ihrem Kopfe bezahlen$ t der schicken, die es zur Witwe macht. Sein Testament? auch wohl nicht. Nun was denn?" Er wird immer begieriger; zugleich faellt ihm ein, wie es ihm schon einmal fast das Leben gekostet haette, dass er nicht gewusst, was in dem Briefe seines Herrn stuende. "Waere ich nicht", sagt er, "bei einem Haare zum Vertrauten darueber geworden? Hol' der Geier die Vertrautschaft! Nein, das muss mir nicht wieder begegnen!" Kurz, Cosme beschliesst den Brief zu erbrechen; und erbricht ihn. Natuerlich, dass ihn der Inhalt aeusserst betroffen macht; er glaubt, ein Papier, das so wichtige und gefaehrliche Dinge enthalte, nicht geschwiãd genug los werden zu koennen; er zittert ueber den blossen Gedanken, dass man es in seinen Haenden finden koenne, ehe er es freiwillig abgeliefert; und eilet, es geraden Weges der Koenigin zu bringen. Eben koemmt die Koenigin mit dem Kanzler heraus. Cosme will sie den Kanzler nur erst abfertigen lassen; und tritt beiseite. Die Koenigin erteilt dem Kanzler den letzten Befehl zur Hinrichtung des $ orher nichts als geschmaelt und gepoltert habe: denn eine solche Verstellung erfodere mehr Gelassenheit und Kaelte, als man dem Demea zutrauen duerfe. Auchúhierin ist Terenz ohne Tadel, und er hat alles so vortrefflich motivieret, bei jedem Schritte Natur und Wahrheit so genau beobachtet, bei dem geringsten Uebergange so feine Schattierungen in acht genommen, dass man nicht aufhoeren kann, ihn zu bewundern. Nur ist oefters, um hinter alle Feinheiten des Terenz zu kommen, die Gabe sehr noetig, sich das Spiel des Akteurs dabei zu denken; denn dieses schrieben die alten Dichter nicht bei. Die Deklamation hatte ihren eignen Kuenstler, und in dem uebrigen konnten sie sich ohne Zweifel auf die Einsicht der Spieler verlassen, die aus ihrem Geschaefte ein sehr ernstliches Studium machten. Nicht selten befanden sich unter diesen die Dichter selbst; sie sagten, wie sie es haben wollten; und da sie ihre Stuecke ueberhaupt nicht eher bekannt werden liessen, als bis sie gespielt waren, als bis man sie gesehen und gehoert $ die, der sich wegen der Entweichung seines Sohnes bestraft, kann sich nicht schlechter quaelen: non se pejus cruciaverit."--Dieses schlechter, dieses pejus, will Diderot, soll hier einen doppelten Sinn haben; einmal soll es auf den Fufidius, und einmal auf den Terenz gehen; dergleichen beilaeufige Hiebe, meinet er, waeren dem Charakter des Horazvollkommen Das letzte kann sein, ohne sich auf die vorhabende Stelle anwenden zu lassen. Denn hier, duenkt mich, wuerde die beilaeufige Anspielung dem Hauptverstande nachteilig werden. Fufidius ist kein so grosser Narr, wenn es mehr solche Narren gibt. Wenn sich der Vater des Terenz ebenso abgeschmackt peinigte, wenn er ebensowenig Ursache haette, sich zu peinigen, als Fufidius, so teilt er das Laecherliche mit ihm, und Fufidius ist weniger seltsam und abgeschmackt. Nur alsdenn, wenn Fufidius, ohne alle Ursache, ebenso hart und grausam gegen sich selbst ist, als der Vater des Terenz mit Ursache ist, wenn jener aus schmutzigem Geize tut, was dieser aus Reu und Betruebni$ re illum est, quem dedisti-- Diese versteckte Drohung, ihm seinen Sohn zurueckzugeben, ist es auch, die ihn zum Schweigen bringt; und doch kann Micio nicht verlangen, dass sie alle vaeterliche Empfindungen bei ihm unterdruecken soll. Es muss den Micio zwar verdriessen, dass Demea auch in der Folge nicht aufhoert, ihm immer die naemlichen Vorwuerfe zu machen: aber er kann es dem Vater doch auch nicht verdenken, wenn er seinen Sohn nicht gaenzlich will verderben lassn. Kurz, der Demea des Terenz ist ein Mann, der fuer das Wohl dessen besorgt ist, fuer den ihm die Natur zu sorgen aufgab; er tut es zwar auf die unrechte Weise, aber die Weise macht den Grund nicht schlimmer. Der Demea unsers Verfassers hingegen ist ein beschwerlicher Zaenker, der sich aus Verwandtschaft zu allen Grobheiten berechtiget glaubt, die Micio auf keine Weise an dem blossen Bruder dulden muesste. Achtundneunzigstes Stueck Den 8. April 1768 Ebenso schielend und falsch wird, durch Aufhebung der doppelten Bruederschaft, auch das Verhaeltnis $ le Gummisorten, Leucktereuphorbien, im Webigebiet auch der Affenbrotbaum gedeihen. Die Fauna bietet Wanderheuschrecken, giftige große Ameisen, viele Bienen, Flußpferde und Krokodile, Strauße, alle afrikanischen Katzen, große Antilopenherden, das Zebra und den Wildesel. Vgl. Haggenmacher, Reise im Somaliland (Gotha 1876); Révoil, La vallée du Darror. Voyage au pays Çomalis (Par. 1882); Derselbe, Faune et flore des pays Çomalis (das. 1882); Paulitschke, Beiträge zur Ethnographie und Anthropologie der S., Galla und Harari (Leipz. 1886); James, The unknown horn of Africa (Lond. 1888). Somateria, Eiderente. Somátisch (griech.), körperlich. Somatologie (griech.), die Lehre vom menschlichen Körper, also besonders Anatomie. Sombreréte, Bergstadt im mexikan. Staat Zacatecas, 2369 m ü. M., an der Eisenbahn von Zacatecas nach Durango, 1570 gegründet, hat eine höhere Schule und (1882) 5173 Sombrerit, ein jüngst gebildeter, an Korallen reicher Kalk, der durch überlagernden Guano teilweise metamorphosiert worden ist und ne$ Eisen, Blei und andre Metalle und Mineralien. Neben dem sehr beschränkten Ackerbau, der Vieh- und Seidenzucht und Holzgewinnung wird etwas Industrie (Seidenfilanden, Baumwolwlspinnerei, Metallindustrie) und Handel betrieben. Durch die Eisenbahnen Colico-Sondrio und Colico-Chiavenna in Verbindung mit der Dampfschiffahrt am Comersee ist die Provinz in neuester Zeit dem Weltverkehr näher gerückt worden. Von Bedeutung sind endlich die ausgezeichneten Mineralquellen (vor allen die zu Bormio). Doch genügen die vorhandenen Erwerbsquellen nicht, so daß viele Bewohner alljährlich auswärts Beschäftigung suchen müssen. Die gleichnamige Hauptstadt, malerisch an der Mündung des Mallero in die Adda und an der Bahn Colico-S. gelegen, hat ein königliches Lyceum und Gymnasium, eine technische Schule, ein Gewerbeinstitut, eine städtische Bibliothek, ein Nationalkonvikt, ein großes Krankenhaus, ein schönes Theater, ein ehemaliges Kloster (jetzt Traubenkuranstalt), Ruinen eines Schlosses, Seidenindustrie, Töpferei (aus dem im V$ teigend, die sogen. Chromosphäre, welche namentlch in mittlern Breiten zahlreiche haarförmige Hervorragungen zeigt. Die Korona endlich gibt ein kontinuierliches Spektrum mit einigen hellen Linien, darunter einer grünen Eisenlinie, die auch im Nordlichtspektrum auftritt. Zwischen Protuberanzen und Fackeln besteht eine enge Beziehung; es treten durchschnittlich die schönsten Protuberanzen in der Region der Fackeln auf, und Secchi versichert, noch niemals eine einigermaßen glänzende Fackel am Sonnenrand selbst angetroffen zu haben, ohne daselbst zugleich eine Protuberanz oder wenigstens eine höhere Erhebung und Sonneberg - Sonnenberg. einen stärkern Glanz der Chromosphäre zu sehen. Spörer hält die Protuberanzen für Vorläufer später erscheinender Fleckengruppen. Fig. 4-6 auf Tafel "Sonne" zeigen eine Anzahl Protuberanzen: Fig. 4 I eine Protuberanz von 2' (11,500 geograph. Meilen) Höhe 3 Uhr 45 Min., II, III, IV eine andre von 35 bis 40'' (3400-3800 Meilen) Höhe 6 Uhr 45 Min., 55 Min. und 57 Min.; Fig. 5 I 2. Juli$ die Arbeiten, zunächst in Alicante, Barcelona, Cartagena, Tarragona und ValenPcia-Grao, in Angriff genommen und großenteils bereits durchgeführt. Die Zahl der im Betrieb befindlichen Leuchttürme beträgt 198. In dem Leuchtturm auf Kap Machichaco in Viscaya besteht eine Schule für Leuchtturmwächter. Die Handelsmarine Spaniens zählte Anfang 1884: 1544 Segelschiffe mit 308,779 Registertonnen und 282 Spanien (Eisenbahnen etc., Münzen, Wohlthätigkeits- u. Strafanstalten, Staatsverfassung). mit 200,100 Ton., zusammen 1826 Seeschiffe mit 508,879 T. Die Schiffahrtsbewegung sämtlicher Häfen Spaniens bezifferte sich 1887 in Registertonnen: Eingelaufen Ausgelaufen Spanische Schiffe 4264482 4420130 Fremde Schiffe 6900494 6696443 Zusammen: 11164976 11116573 Hierzu Küstenschiffahrt (1885) 5661952 5237227 Die Binnenschiffahrt ist in S. von geringem Belang. Unter den Strömen ist ein einziger, welcher bei hohem Wasserstand streckenweise befahren werden kann, nämlich der Ebro, auf welchem flache Fahrzeuge dann bis Saragossa, wo$ lten in Cartagena und Madrid und von Ränken Montpensiers, die aber wirkungslos blieben, ohne Störung. Canovas hielt es für nützlich, die liberalen Parteien für die Erhaltung der Dynastie zu interessieren, und empfahl daher der Regentin, an seiner Stelle Sagasta zum Ministerpräsidenten zu ernennen (27. Nov.). Derselbe verschaffte sich durch Neuwahlen die Mehrheit in den Cortes, welche 10. Mai 1886 eröffnet wurden, die Einführung von Geschwornengerichten genehmigten (7. Mai 1887) und die Beratung der vom Kriegsminister Cassola vorgelegten Heeresreform mit allgemeiner Wehrpflicht in Angriff nahmen. Die Einnahmen wurden durch Verpachtung der Postdampferlinien und des Tabaksmonopols vermehrt. Die Regentin verstand es, durch ihr würdiges un kluges Benehmen die Achtung und Liebe des Volkes in demselben Grad zu gewinnen wie ihr verstorbener Gemahl. Spaniens Zustände sind indes noch durchaus unfertig. Der alte klerikale Absolutismus ist zwar durch die Unfähigkeit seiner Vertreter und das Eindringen liberaler Ideen äuß$ inige Bruchstücke erhalten haben, ein didaktisches Gedicht alchimistischen Inhalts, das "Libro del tesoro o del candado", zu, das jedoch nach einigen spätern Ursprungs ist. Am wichtigsten sind seine in galicischer Sprache verfaßten und provençalischen Mustern nachgebildeten "Cantigas", Loblieder auf die Jungfrau Maria, welche zum großen Teil in sechs- bis zwölfzeiligen Versen bestehen und durch ihre Form die spätere Kunstlyrik der Spanier vorbereiten. Alfons' Beispiel wirkte ermunternd auf seine Nachfolger. Sein Sohn Sancho IV., genannt der Tapfere (gest. 1295), schrieb ein moralisierend-philosophisches Werk: "Los castigos e documentos", das Lebensregeln für seinen Sohn Ferdinand IV. enthielt, und des letztern Sohn Alfons XI., genannt der Gute (gest. 1350), gilt für den Verfasser einer Reimchronik in Redondilienstrophen, wie er auch mehrere Werke in kastilischer Prosa abfassen ließ, namentlich einJAdelsregister ("Becerro") und ein Jagdbuch ("Libro de monterias", hrsg. von Navarro 1878) sowie mehrere Chroniken$ on Nassau-Weilburg und dem Erbprinzen von Hessen (15. Nov. 1703). Die Redensart: "Revanche für S." wird auf letztern zurückgeführt, der damit Tallard begrüßt haben soll, als dieser später nach der Schlacht bei Höchstädt gefangen vor ihn geführt Speierling, s. Sorbus. Speigatten, Löcher in der Schiffswand, durch welche das Wasser vom Deck nach der See abfließen kann; auch die Öffnungen in den Verbandteilen eines Schiffs, durch welche das Leckwasser nach den Pumpen geleitet wird. Speik, blauer, s. Primula. Speischlange, s. Brillenschlange. Speise, ein auf Hüttenwerken bei Schmelzprozessen entstehendes, aus Arsen- und Antimonmetallen bestehendes Produkt von weißer Fabe und größerer Dichtigkeit als diejenige der Leche (s. Lech), unter welchen sich die S. bei gleichzeitiger Entstehung beider Produkte absetzt. Zur Speisebildung, d.h. zur Verbindung mit Arsen und Antimon, sind besonders Nickel, Kobalt und Eisen geneigt; doch finden sich in den Speisen auch Gold, Silber und Kupfer. Dieselben werden entweder absichtli$ n Österreich bei der Belagerung von Ostende (1602-1604). Hierauf zum Generalleutnant und Kommandierenden aller in den Niederlanden kämpfenden spanischen Truppen ernann\t, stand er seit 1605 dem Prinzen Moritz von Oranien in Flandern gegenüber; doch vermochte keiner einen wesentlichen Vorteil zu erlangen. 1620 von Spanien zur Unterstützung des Kaisers Ferdinand II. gegen die protestantischen Reichsfürsten abgesandt, drang er im August an der Spitze von 23,000 Mann in die Pfalz ein und eroberte viele Städte, ward aber 1621 in die Niederlande berufen, wo er wieder gegen Moritz kämpfte. Durch Entlassung der meuterischen italienischen Truppen geschwächt, konnte er den Krieg trotz der Eroberung Jülichs (1622) nur lau fortsetzen und erst im Sommer 1624 die Belagerung von Breda unternehmen, welchen Platz er 2. Juni 1625 endlich zur Übergabe zwang. Seitdem kränkelnd, mußte er den Oberbefehl niederlegen. Nur noch einmal trat er 1629 in Italien auf, indem er in dem Streit um das Erbe des Markgrafen von Mantua die Franzo$ d Wasser liegt zwischen diesen beiden Punkten und ist im allgemeinen um so höher, je geringer der Alkoholgehalt desselben ist. Wird ein solches der Destillation, d. h. dem Kochen in einem Apparat, unterworfen, welcher die vollständige Wiederverdichtung des gebildeten Dampfes in einem andern Teil des Apparats durch Abkühlung gestattet, so erhält man aus dem Dampf eine Flüssigkeit, ein Destillat, welches im Verhältnis zum Wasser mehr Alkohol enthält als die siedende Flüssigkeit. Der einfachste Destillationsapparat, bei welchem der aus der kochenden weingaren Maische sich entwickelnde Dampf sofort vollständig verdichtet wird, liefert ein alkoholarmes Produkt (Lutter, Läuter, Lauer), aus welchem bei abermaligÑr Destillation (Rektifikation) ein alkoholreicheres Produkt erhalten werden kann. Die verschiedenen Apparate, welche gegenwärtig bei der Spiritusfabrikation in Anwendung sind, liefern sofort ein alkoholreiches Produkt (bis 95 Proz.) und führen die Verdichtung des letzten alkoholreichen Dampfes in sehr versch$ en ist. Eine eigentümliche Stellung nehmen die Richter (s. d.) und die Minister (s. d.) ein, welch letztere mit ihrer Verantwortlichkeit die Handlungen des Fürsten decken. Im einzelnen sind die Rechtsverhältnisse der Staatsdiener (Staatsbeamten) in den meisten Staaten durch besondere Gesetze geregelt; für die deutschen Reichsbeamten insbesondere ist dies durch Reichsgesetz vom 31. März 1873 (mit Nachtragsgesetzvom 25. Mai 1887) geschehen (s. Reichsbeamte und die dort angeführte Litteratur). Staatseinnahmen, s. Finanzwesen, S. 268. Staatsflandern, s. Flandern. Staatsforstwissenschaft - Staatsrat. Staatsforstwissenschaft, die Lehre von dem Verhältnis des Staats zu den Forsten. Zur S. gehören die Forstpolitik, welche lehrt, wie dies Verhältnis sein soll, und das Forstverwaltungsrecht, welches das rechtlich geordnete Verhältnis, wie es ist, darstellt. S. Forstpolitik u. Forstverwaltung. Staatsgarantie, die von der Staatsregierung übernommene Bürgschaft, vermöge deren sie für die vertragsmäßige Rückzahlung und Ver$ lehen zugewälzt werden. Dieser Umstand gab zur Forderung Veranlassung, es sollten auch alle außerordentlichen Ausgaben durch Besteuerung gedeckt werden. Man übersieht jedoch hierbei, daß alle Ausgleichungen von Störungen des volkswirtschaftlichen Gleichgewichts mit Opfern verknüpft sind, ferner daß, wenn auch bei der Steuer wie beim Anlehen die jetzt aufzulegende Last die gleiche ist, doch nicht in beiden Fällen die gleichen Personen a§ls Träger derselben erscheinen. Die Steuer muß von allen Staatsangehörigen entrichtet werden ohne Rücksicht darauf, ob die Summen überall gleich verfügbar sind. Bei dem freiwilligen Anlehen werden dagegen vorwiegend die disponibleren Summen angeboten. Strömt bei demselben auch Kapital aus dem Ausland zu, so führt die augenblickliche örtlich-persönliche Übertragung der Last auch für das ganze Volk zu einer zeitlichen, indem die jetzige Aufwendung von einer spätern Generation bei der Tilgung getragen wird. Was hier von Volk zu Volk, das tritt im andern Fall von Klasse zu Klasse e$ on um die Mitte des 13. Jahrh. kam für die Vertreter der Städte die Bezeichnung "Gemeine" (communitas totius regni Angliae) auf; sie bildeten neben der Versammlung der Barone und Prälaten Kollegium und erhielten einen Sprecher. Ihr Hauptrecht war Verwilligung von Abgaben. Manche Städte sendeten einen, Vertreter zur Versammlung der Gemeinen, wozu im 14. Jahrh. noch Vertreter aus jeder Grafschaft kamen. Seit dem 16. Jahrh., aber seit den Zeiten Elisabeths, hob sich mit dem wachsenden der Einfluß der Städte. Die Mehrzahl der englischen Städte hat jedoch erst seit dem vorigen Jahrhundert durch Handel, Schiffahrt und einen bewunderungswürdigen Aufschwun genommen; denn noch 17. Jahrh. gab es außer London, das damals 1/2 Mill. Einwohner zählte, nur zwei Städte (Bristol und Norwich) mit 30,000 und vier andre mit mehr als 10,000 Einw. Bevölkerungsverhältnisse. Naturgemäß bildet die S. vorzüglich den Standort für Handel und Gewerbe, welche die Anhäufung vieler Betriebe auf kleinem Flächenraum nicht allein gestatten, so$ en Stagnoneinseln gegen das Meer geschlossen ist. Dieser Inseln sind drei: Borrone, Isolalonga und in der Mitte die kleine kreisrunde Insel San Pantaleone, berühmt als Sitz der karthagischen Stadt Motye, von der noch einzelne Reste vorhanden sind. Stahl, s. Eisen, S. 418 ff. Stahl, 1) Georg Ernst, Chemiker und Mediziner, geb. 21. Okt. 1660 zu Ansbach, studierte in Jena wurde 1687 Hofarzt des Herzogs von Weimar, 1694 Professor der Medizin in Halle, 1716 Leibarzt des Königs von Preußen; starb 14. Mai 1734 in Berlin. S. stellte eine Theorie der Chemie auf, welche bis auf Lavoisier allgemeine Geltung behielt und auf der Annahme des Phlogistons beruhte. Auch entdeckte er viele Eigenschaften der Alkalien, Metalloxyde und Säurn. Seine Hauptwerke sind: "Experimenta et observationes chemicae" (Berl. 1731) und "Theoria medica vera" (Halle 1707; Leipz. 1831-33, 3 Bde.; deutsch von Ideler, Berl. 1831-32, 3 Bde.), in welcher er Hoffmann bekämpfte und die Lehre vom psychischen Einfluß (Animismus, s. d.) aufstellte. 2) Frie$ lußt werden, indem je nach gegebenen äußern Verhältnissen solche Handlungen eben als die vernünftigen erscheinen. Eine richtige Ermittelung der Wirkung jener durchschlagenden Ursachen und damit dieser selbst ist ohne mathematische Behandlung nicht möglich und dºarum die mathematische S. unentbehrlich. Letztere ist insbesondere in der neuern Zeit in ihrer Anwendung auf Versicherungs- und Bevölkerungswesen durch Wittstein, Zeuner, Knapp, Lexis gefördert worden. Je nach den Gebieten, welche einer statistischen Betrachtung unterworfen werden, unterscheidet man Ackerbau-, Forst-, Gewerbe-, Handels-, Post-, Eisenbahn-, Medizinal-, Kriminal-, Moral-, Bevölkerungsstatistik etc. Im engern Sinn wird heute auch oft die S. als eine auf die gesellschaftlichen Erscheinungen (Volk und Staat) beschränkte Disziplin aufgefaßt (vgl. Demographie), während die Methode der S. in allen Gebieten, auch in denen der Naturwissenschaften (Meteorologie), anwendbar sei. Die Sammlung des statistischen Materials ist nun Einzelnen selten in $ ericus, Goniatites Jossae und G. sphaericus, s. Tafel I). Zu den Pelekypoden zählen die im Kulm häufige Posidonomya Becheri, die Anthracosia und das nach vorn abgestutzte, nach hinten schnabelförmig ausgezogene und klaffende Conocardium fusiforme (s. Táafel I). Die Gastropoden gehören fast ausnahmslos denselben Genera wie die der devonischen Formation an. Die Trilobiten klingen in der S. aus und sind nur noch durch die kleinen und seltenen Arten der Gattung Phillipsia vertreten; daneben sind, wenn auch selten, Molukkenkrebse (Limulus) beobachtet worden. Von Fischen der S. findet man Zähne und Rückenstacheln besonders häufig. Sie gehören Haien an, wenn auch Abteilungen, welche in der Jetztwelt teils ganz erloschen, teils nur durch wenige Formen vertreten sind (Orodus. Tristychius Steinkohlengas - Steinla. und Cochliodus, s. Tafel I). Die Ganoidengeschlechter Palaeoniscus und Amblypterus kommen in sehr zahlreichen vollständigen Exemplaren in Schichten (Lehbach im Saarbecken) vor, welche jetzt dem Rotliegenden b$ in teilweises Vakuum in der Retorte erzeugt, erhält man zwischen 260 und 315° meist Naphthalin, dann bis 370° ein anthracenreiches Produkt und bei höherer Temperatur minder flüchtige Körper. Die Destillate geben beim Stehen eine¡n Absatz, aus welchem Rohanthracen gewonnen wird, und das übrigbleibende Öl dient zum Schmieren. Der Ausführung der Pechdestillation im größern Umfang steht bis jetzt noch die Schwierigkeit entgegen, ein passendes Retortenmaterial zu finden. Vgl. Lunge, Die Industrie der Steinkohlenteer-Destillation etc. (2. Aufl., Braunschw. 1888). Steinkohlensystem, s. v. w. Steinkohlenformation. Steinkohlenteerkampfer, s. v. w. Naphthalin. Steinkolik, s. Harnsteine, S. 175. Steinkonkretionen, s. Steinigwerden. Steinkrankheit, die durch Harnsteine (s. d.) hervorgerufenen Beschwerden. Steinkraut, s. Alyssum. Steinkreise, s. Steinsetzungen. Steinkresse, s. Chrysospienium. Steinkultus, s. Steindienst. Steinla, Moritz, eigentlich Müller, Kupferstecher, geb. 1791 zu Steinla bei Hildesheim, bildete sich a$ nde macht, und jeTde Quarte um ebensoviel höher, so wird man ungefähr genau auskommen. Von Schriften, welche die S. der Klavierinstrumente behandeln, seien besonders die von Werkmeister (1691 und 1715), Sinn (1717), Sorge (1744, 1748, 1754, 1758), Kirnberger (1760), Marpurg (1776 und 1790), Schröter (1747 und 1782), Wiese (1791, 1792, 1793), Türk (1806), Abt Vogler (1807) und Scheibler (1834, 1835 und 1838) erwähnt. Die Mehrzahl der ältern Stimmmethoden sind gemischte, ungleich schwebend temperierte, d.h. sie bewahren einer Anzahl Intervallen ihre akustische Reinheit, während andre dafür desto schlechter ausfallen. - Im geistigen Sinn bezeichnet S. einen bestimmten Gemütszustand, den in aller Reinheit zum Ausdruck zu bringen eine der Hauptaufgaben der Musik wie jeder andern Kunst ist. Stimmungsbild, s. Landschaftsmalerei. Stimmwechsel, s. Mutation. Stimulieren (lat.), anreizen; Stimulantia, Reizmittel (s. Erregende Mittel); Stimulation, Reizung, Anregung. Stinde, Julius, Schriftsteller, geb. 28. Aug. 1841 zu $ t früher auf- und später unterzugehen scheinen, als sie in der That durch den Horizont dieses Ortes gehen. Dies hat zunächst eine Verlängerung des Tags zur Folge (bei uns um 4 Minuten), die in der Polarzone am beträchtlichsten ist, da dort die Sonne mehrere Tage, ja Wochen über dem Horizont gesehen wird, obschon sie unter ihm steht. Die S. ist ferner der Grund, warum Sonne und Mond nahe am Horizont stark abgeplattet erscheinen. Strahlende Materie, s. Geißlersche Röhre, S. Strahlenkranz wir›d in der antiken Kunst allen Lichtgottheiten gegeben, vorzugsweise dem Helios (Sol), der Selene, der Eos, dem Phosphoros und Hesperos (vgl. Nimbus). - In der Anatomie (Corona ciliaris) s. Auge, S. 74. Strahlerz (Klinoklas, Abichit, Aphanesit, Siderochalcit), Mineral aus der Ordnung der Phosphate, findet sich in glasglänzenden, monoklinen Kristallen und in radialstängeligen Aggregaten, ist spangrün bis blaugrün, glasglänzend, kantendurchscheinend, Härte 2,5-3, spez. Gew. 4,2-4,5, besteht aus wasserhaltigem Kupferarseniat Cu3$ Eier. Das Ei ist 14-15,5 cm lang, 11-12,7 cm dick, schön eiförmig, gelblichweiß, heller marmoriert, wiegt durchschnittlich 1440 g und besitzt einen schmackhaften Dotter. Die Bebrütung geschieht hauptsächlich oder ausschließlich von seiten des Männchens, und nur im Innern Afrikas werden die Eier stundenlang verlassen, dann aber mit and bedeckt. Nach 45-52 Tagen schlüpfen die Jungen aus, welche mit igelartigen Stacheln bedeckt sind, die sie nach zwei Monaten verlieren; sie erhalten dann das graue Gewand der Weibchen, und im zweiten Jahr färben sich die Männchen und werden im dritten zeugungsfähig. Das Nest und die Jungen werden von dem S. sorgsam bewacht und verteidigt. Der S. erträgt die Gefangenschaft sehr gut, und in Innerafrika wird er allgemein zum Vergnügen gehalten. Gezüchtet hat man den S. zuerst 1857 in Algerien, bald darauf wurden auch in Florenz, Marseille, Grenoble u. Madrid junge Strauße erbrütet, und seit 1865 datiert die Straußenzucht im Kapland, wo 1875 über 32,000 Strauße gehalten wurden und di$ damaligen England, ist aber auch nicht frei von manchem Verletzenden, wozu namentlich die von Swifts Menschenhaß eingegebene Schilderung der Yahoo gehört. Von Schriften sind noch anzuführen: die im Verein mit Pope herausgegebenen "Miscellanies" (1727, 3 Bde.) und die posthume "History of the four last years of Queen Anne". Seine Werke wurden herausgegeben von Hawkesworth (Lond. 1755, 14 Quartbände, Oktavausgabe in 24 Bänden), Sheridan (das. 1784, 17 Bde.), Walter Scott (mit Biographie, das. 1814, 19 Bde.; neue Ausg. 1883, 10 Bde.), Roscoe (das. 1853, 2 Bde.), Purves (das. 1868). Sein Briefwechsel erschien in 3 Bänden (Lond. 1766) und in Auswahl von Lane Pool (das. 1885). Eine Übersetzung der humoristischen Werke lieferte Kottenkamp (Stuttg. 1844, 3 Bde.). Aussprüche von S. sammelte Regis ("Swiftbüchlein", biographisch-chronologisch geordnet, Berl. 1847). Vgl. auch R. M. Meyer, I. S. und GÏ. Lichtenberg (Berl. 1886). Sein Leben beschrieben S. Johnson, Sheridan (Dubl. 1787), Forster (unvollendet; Bd. 1, bis 171$ izont, im Gegensatz zur Nacht, während welcher sie sich unter dem Horizont befindet. Bestimmter nennt man Sterntag die Dauer eines scheinbaren Umlaufs des Fixsternhimmels oder einer Rotation der Erde um ihre Achse. Die Dauer des Sterntags ist so gut wie unveränderlich, wenn auch gewisse Unregelmäßigkeiten der Mondbewegung eine geringe Veränderung andeuten, während zugleich in der Wirkung der Flutwelle (wie schon Kant bemerkt hat) und in den durch allmähliche Erkaltung der Erde, durch Einstürze u. dgl. in ihrem Innern bedingten Massenumsetzungen Ursachen für eine Veränderung gegeben sind. Der Sterntag beginnt im Augenblick der obern Kulmination des Frühlingspunktes. Er wird in 24 gleich lange Stunden zu 60 Minuten zu 60 Sekunden geteilt; Zeitangaben in diesem Maß nennt man Sternzeit. Obwohl uns nun die Natur in der Rotation der Erde um ihre Achfe das gleichförmigste Zeitmaß darbietet, so ist doch der Auf- und Untergang der Sonne von o überwiegender Wichtigkeit für das bürgerliche Leben, daß man in diesem nicht$ sich von da aus 209 der Stadt wieder. Diese ward geplündert und zum Teil zerstört, und gegen 30,000 Einw. wurden in die Sklaverei verkauft. 123 ward die Stadt mit römischen Bürgern bevölkert und blühte seitdem wieder auf. Das dortige Erzbistum soll 378 gegründet worden sein. Im Mittelalter stand die Stadt erst unter den byzantinischen Kaisern, ward dann von den Sarazenen erobert und endlich dem Königreich beider Sizilien und mit diesem 1861 dem Königreich Italien einverleibt. T. ist die Vaterstadt des Musikers Giovanni Paësiello. Der französische Marschall Macdonald (s. d.) wurde von Nap‡leon I. zum Herzog von T. ernannt. Vgl. Döhle, Geschichte Tarents bis auf seine Unterwerfung unter Rom (Straßb. 1877); de Vincentiis, Storia di Taranto (Neap. 1878 ff., 5 Bde.); Gagliardo, Descrizione topogratica di Taranto (Tarent 1886). Tarent, Goif von, ein fast viereckiger, zwischen den Vorgebirgen Santa Maria di Leuca und Nao in die Apenninenhalbinsel eindringender Golf, der von den Halbinseln von Apulien und Kalabrien $ ligen. Personifiziert ist T. der Sohn des Äther und der Gäa und von dieser Vater der Giganten. Vgl. Hölle. Tartarus (lat.), Weinstein, saures weinsaures Kali; T. ammoniatus, weinsaures Kaliammoniak; T. boraxatus, Boraxweinstein, s. Borax (S. 210); T. depuratus, Cremor tartari, gereinigter Weinstein; T. emeticus, stibiatus, Brechweinstein (s. d.); T. ferratus, martiatus, chalybeatus, Eisenweinstein, s. Eisenpräparate; T. natronatus, weinsaures Kalnatron; T. solubilis, tartarisatus, neutrales weinsaures Kali; T. vitriolatus, schwefelsaures Kali. Tartas (spr. -tas), Stadt im franz. Departement Landes, Arrondissement St.-Sever, an der Midouze mit altem Stadthaus und (1881) 2110 Einw.; steht im Rufe von Krähwinkel. Tartini, Giuseppe, Violinspieler und Komponist, geb. 12. April 1692 zu Pirano in Istrien, erhielt seinen ersten Musikunterricht im Kollegium dei padri delle scuole zu Capo d'Istria, begab sich 1710 nach Padua, um Jurisprudenz zu studieren, mußte eines Liebeshandels wegen von da fliehen und fand im Minor$ Pantschen Rinpotsche ("Kleinod des großen Gelehrten"), gewissermaßen des zweiten Papstes der Buddhisten Innerasiens, der als eine Verkörperung des Gottes Amitabha gilt, außerordentliches Ansehen genießt und im südlichen Teil Tibets Regierungsrechte auübt. T. hat eine berühmte Holzdruckerei und Fabrikation von Gottesbildern. Taschkent (Taschkund), Hauptstadt des russ. Generalgouvernements Turkistan im westlichen Zentralasien, nördlich vom Tschirtschik, einem Zufluß des Jaxartes, besteht aus einer umfangreichen ummauerten Altstadt von ovaler Form und einem europäischen Viertel mit geraden Straßen, zu deren beiden Selten sich Kanäle mit fließendem Wasser und Baumreihen hinziehen. Die russische Citadelle mit ihren militarischen Etablissements liegt südlich von der Altstadt. Die Stadt lst Mittelpunkt der russischen Zivil- und Militärverwaltung Turkistans, hat zahlreiche Militärwerkstätten und Arsenale, russische Unter- und Mittelschulen, ein gutes astronomisches Observatorium, eine russische Zeitung und Bibliothek$ lles (s. Apollonios 3). Er scheint auch als Maler Bedeutung erlangt zu haben. Taurocholsäure, s. Gallensäuren. Tauroggen, Flecken im litauiscÕh-russ. Gouvernement Kowno, an der Jura (Zufluß der Memel), 7 km von der preußischen Grenze, mit Grenzzollamt und 4720 Einw. Hier unter zeichnete 21. Juni 1807 Kaiser Alexander I. den dem Frieden von Tilsit vorausgehenden Waffenstillstand. Im nahen Dorf Poscherun schloß 30. Dez. 1812 der preußische General York mit dem russischen General Diebitsch die denkwürdige Waffenstillstands- u. Neutralitätskonvention (Konvention von Tauromenion, s. Naxos (Stadt) und Taormina. Taurus (Tauros, griech. Umformung des nordsemit. tur, "Gebirge"), das südliche Randgebirge des Hochlandes von Kleinasien, zieht vom Euphrat westwärts bis an das Ägeische Meer und bildet einen ununterbrochenen Gebirgszug, der gegen S. in sehr kurzen Absätzen oder plötzlich und steil zum Meer abfällt, gegen N. sich sanft zu Hochebenen abdacht. Das unwegsame Gebirge erreicht in dem östlichen Teil der Landschaft$ , G das Galvanoskop, B den Blitzableiter, L B die Linienbatterie, E den zur Erde und L den zur Leitung führenden Draht bezeichnen. Wo die Stärke des ankommenden Stroms zur Ingangsetzung der Schreibapparate nicht ausreicht, schaltet man in die Leitung ein Relais. Dasselbe besteht aus einem Elektromagnet mit leicht beweglichem Ankerhebel, welcher durch die anziehende Kraft des Stroms an eine Kontaktschraube gelegt wird und dadurch eine Ortsbatterie schließt, deren Strom dann den Schreibapparat in Bewegung setzt. Relais mit besoders lautem Anschlag dienen unter dem Namen Klopfer auch zum Aufnehmen von Telegrammen nach dem Gehör. In den sehr empfindlichen polarisierten Relais sind die Eisenkerne der Elektromagnetrollen auf Stahlmagneten befestigt und dadurch dauernd magnetisiert. Das durch internationale Vereinbarungen festgesetzte Morsealphabet besteht aus Punkten und Strichen in nachstehender Gruppierung: [siehe Grafik] Die wagerechten Elementarzeichen erscheinen auf dem Papierstreifen sehr gestreckt, was die L$ beobachteter Treffergebnisse beim Schießen der Artillerie erfundener elektrischer Telegraph, besteht aus einer Drahtleitung, einer Batterie Meidingerscher Elemente und einem Apparat zur Zeichengebung durch einfache und dreifache Glockenschläge, die als Elementarzeichen zu einem Alphabet gruppiert sind. Vgl. Ackermann, Der T. (Rastatt 1877). Telemachos, im griech. Mythus Sohn des Odysseus und der Penelope, war bei der Abreise des VaÈers zum Trojanischen Krieg noch ein Kind. Herangewachsen, erhielt er von Athene den Rat, bei Nestor in Pylos und Menelaos in Sparta Erkundigungen über den Vater einzuziehen; am letztern Ort erfuhr er, daß derselbe noch lebe. Nach Hause zurückgekehrt, traf er bei dem Sauhirten Eumäos seinen von Athene in einen Bettler verwandelten Vater. Dieser entdeckte sich ihm, und T. stand hierauf dem Vater bei der Tötung der Freier bei. Seine spätere Geschichte wird verschieden erzählt (vgl. Telegonos). Die Schicksale des T. behandelt der berühmte Roman von Fénelon: "Les aventures de Télémaque$ t berühmtem Dionysostempel, war Geburtsort des Anakreon (des "teischen Sängers") und trieb bedeutenden Handel bis nach Ägypten. Ruinen beim heutigen Sighadschik. Teotihuacan (San Juan de T.), Indianerortschaft, 50 km nordöstlich von Mexiko, mit zwei 55 m hohen und zahlreichen kleinern Opferpyramiden und (1880) 4028 Einw. (im Munizipium). Tepe (türk.), Spitze, Anhöhe. Tepejilote, s. Chamaedorea. Tepekermen,JBerg auf der Halbinsel Krim, unweit Baktschisarai, erhebt sich in Gestalt eines einzeln stehenden Kegels, auf dessen kahlem Gipfel Überreste alter Bauwerte sichtbar und etwas niedriger auf einer nach N. gerichteten Böschung einige Reihen Höhlen sind, zu denen der Zugang sehr schwierig ist. In einer derselben hat man viele Knochen, in einer andern Spuren einer Kirche entdeckt. Tepeleni, heruntergekommenes Städtchen im türk. Wilajet Janina, links an der Viosa unterhalb Argyrokastrons, bekannt als Geburtsort und Lieblingsaufenthalt Ali Paschas von Janina, dessen dortiger prächtiger Palast heute in Ruinen liegt$ Architekt Nik. v. Ybl) teilweise in Anwendung gekommenen sogen. Asphaleia-Systems gehört der um den hufeisenförmigen Zuschauerraum geführte, zu Lüftungszwecken dienende sog. Ventilationsring, an welchen sich in den einzelnen Stockwerken das Vestibül, die Foyers, Treppenhäuser, Garderoben u. Büffette nebst den beiden seitwärts angebrachten, gedeckten Unterfahrten u. zwar durchweg in einer Weise anschließen, welche die Sicherheit und Bequemlichkeit der Theaterbesucher vollkommen wahrt. Zur Verbesserung der Akustik, Lüftung und freien Aussicht der Galeriebesucher ist der eiserne Plafond muschelartig gewölbt, aus zwei Böden, wovon der untere zwecks Aufsaugung schlechter oder Zuführung frischer Luft siebförmig durchlöchert ist, zusammengesetzt und ruht nicht auf der Galeriebrüstung, sondern auf dem Ventilationsring, wodurch auch die Galeriebesucher einen freien Ausblick auf die Bühne genieNßen. Mit den Hauptneuerungen ist die Bühne ausgestattet, welche (das Podium ausgenommen) mit Ausschluß von Holz konstruiert is$ ses nebst einem Kapital von 75,000 Thaler hatte er seine Vaterstadt eingesetzt mit der Bedingung, daß ein eignes Gebäude zur Aufbewahrung desselben errichtet werde. Dieses Thorwaldsen-Museum, nach Plänen des Architekten Bindesböll im italienischen Stil aufgeführt, wurde 1846 eröffnet und enthält (teils in Originalen, teils in Abgüssen) die sämtlichen Kunstwerke sowie die Kunstsammlungen des Meisters (darunter von seiner Hand 80 Statuen, drei lange Bilderreihen in erhabener Arbeit sowie zahlreiche andere Reliefs und 130 Büsten). In dem von den vier Flügeln des Gebäudes umschlossenen Mittelraum befindet sich sein schmuckloses Grab. Einen Katalog des Museums veröffentlichte Müller (Kopenh. 1849-1851, 8 Tle.); eine Sammlung von Lithographien (120) sämtlicher Werke Thorwaldsens gab Holst im "Musée T." (das. 1851). Denkmäler des Künstlers befinden sich im Garten des Palazzo Barberini zu Rom (nach Emil Wolff) und zu Reikjavik auf Island (seit 1875). Zu den bedeutendsten seiner ScMhüler gehören die Dänen Freund und B$ unglücklichen Ausgang des Kriegs und mußte auf Napoleons I. ausdrückliches Verlangen bei dem Abschluß des Friedens von Campo Formio 1797 aus dem Ministerium scheiden. Er ging darauf als bevollmächtigter Minister in die neuerworbenen italienischen und Küstenprovinzen, übernahm 1799 beim Wiederausbruch des Kriegs aufs neue das Portefeuille des Auswärtigen, trat aber schon im Dezember 1800 wieder zurück und lebte fortan zu Preßburg und Wien, wo er 29. Mai 1818 starb. Vgl. Vivenot, T., Clerfayt und Wurmser 1794-97 (Wien 1869); Derselbe, T. und sein System (das. 1870, 2 Tle.); Derselbe, Vertrauliche Briefe des Freiherrn v. T. (das. 1871, 2 Thuin (spr. tuäng), Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Hennegau, an der Sambre und der Eisenbahn Charleroi-Erquelines, mit schöner Kirche, höherer Knabenschule, Tuchfabrikation, Eisenwerken und (1888) 5361 Einw. ST. gehörte früher zum Bistum Lüttich und war stark Thuja Tourn. (Lebensbaum), Gattung aus der Familie der Kupressineen, Bäume von in der Regel mehr $ s Landes der ReformatioZn zu. Der Umsturz der alten Eidgenossenschaft (1798) befreite den T. aus seiner Unterthanenschaft, und die Mediationsakte erhob ihn 1803 zum selbständigen Kanton mit einer Repräsentativverfassung, die 1814 durch Zensus, lange Amtsdauern, künstliche Wahlart etc. ein aristokratisches Gepräge erhielt. Nach der Julirevolution machte T. unter der Führung des Pfarrers Bornhauser den Anfang mit der Demokratisierung der schweizerischen Kantone durch seine neue, 26. April 1831 angenommene Verfassung. Seitdem gehörte der T. beständig zu den liberalen Kantonen, nahm teil an den Badener Konferenzbeschlüssen, hob 1848 seine Klöster auf bis auf eins und erklärte sich für Annahme der neuen Bundesverfassung wie auch für die Revisionen derselben 1872 und 1874. Nachdem schon 1837 und 1849 das Grundgesetz revidiert worden war, begann 1868 eine neue Revisionsbewegung, welche Einführung des Referendums und der Initiative, der direkten Volkswahl der Regierung etc. anstrebte und in der Verfassung vom 28. Feb$ ante des Nonius genau in Kontakt bringen. Wird nun der Apparat i das Wasser versenkt, so übt dasselbe einen mit zunehmender Tiefe wachsenden Druck auf die Dosen aus, diese werden zusammengepreßt und um so mehr, je tiefer der Apparat eintaucht; dadurch aber bewegen sie den Arm A und mit ihm den Nonius nach unten, der an seiner tiefsten Stelle stehen bleibt, wenn der Druck wieder nachläßt. Man kann also aus dem zurückgelegten Weg des Nonius den belastenden Wasserdruck und aus diesem die Höhe der Wassersäule ermitteln. Selbstredend ist dieser Mechanismus durch Umgebung mit einem starken Metallcylinder vor dem leichten Zerbrechen geschützt. Bei Thomsons Apparat hat die Lotleine (Stahldraht) nur den Zweck, das Bathometer ins Meer herabzulassen und wieder heraufzuholen; gemessen wird mit der Leine nicht. Der Lotkörper, nahezu 1 m lang und 11 kg schwer, ist ein unten offenes Metallrohr, in welches ein Glasrohr eingeschoben ist, dessen innere Wandung mit chromsaurem Silber belegt ist. Mit zunehmender Tiefe wird das S$ T. strahlig, zweiseitig oder gegliedert ist. Im Körper der höhern Tiere liegen nämlich die mehrfach vorhandenen Organe in der Regel so, daß man nur durch Einen Längsschnitt zwei einander gleiche Hälften, die rechte und linke, gewinnen kann, während jeder andre Längsschnitt (also z. B. der, welcher Bauch- und Rückenteil sondern würde) ungleiche Teile ergibt. Ein solches zweiseitiges (bilateralsymmetrisches) T. besitzt also nur zwei gleiche (genauer: spiegelbildlich gleiche) Teile (Gegenstücke, Antimeren); ein strahlig gebautes, wie die meisten Quallen etc., hat dagegen einen solchen Bau, daß man durch mehrere Schnittebenen je zwei gleiche Teile gewinnen kann, und zerfällt so in mehrere Antimeren. Ist ein T. gegliedert (segmentiert), so wiederholen sich die Organe inï der queren, d. h. der auf die Längsachse senkrechten, Richtung derart, daß man durch bestimmte Querschnitte eine Anzahl völlig oder annähernd gleicher Stücke (Folgestücke, Metameren) erhalten kann. So besteht z. B. ein Bandwurm oder ein Regenwurm$ Wundt, Grundzüge der physiologischen Psychologie (3. Aufl., Leipz. 1887); Romanes, Die geistige Entwickelung im Tierreich (das. 1885); Vignolt, Über das Fundamentalgesetz der Intelligenz im Tierreich (das. 1879); Büchner, Aus dem Geistesleben der Tiere (3. Aufl., Berl. 1880); über die geistigen Fähigkeiten der Insekten: Fabre, Souvenirs entomologiques (3 Tle., Par. 1879, 1882 u. 1886); Lubbock, Ameisen, Bienen und Wespen (deutsch, Leipz. 1883); Derselbe, Die Sinne und das geistige Leben der Tiere (das. 1889); über höhere Tiere: Scheitlin, Versuch einer vollständigen T. (Stuttg. 1840, 2 Bde.); Rennie, —Fähigkeiten und Kräfte der Vögel (Leipz. 1839); Derselbe, Baukunst der Vögel (Stuttg. 1847). Tiers-état (franz., spr. tjähr-setá, der "dritte Stand"), in Frankreich in der Zeit vor 1789 die Masse des Volkes im Gegensatz zum Adel und Klerus als den beiden privilegierten Ständen. Tiers-parti (franz., spr. tjähr-, die "dritte Partei"), Fraktion in der franz. Deputiertenkammer, welche während der Kammersitzung von $ Art wurden zuerst in den Vereinigten Staaten von Nordamerika gemacht (s. Spiritismus); nachdem aber ein Aufsatz in der "Allgemeinen Zeitung" vom 4. April 1853 davon Kunde gegeben, wurde das Tischrücken auch diesseit des Atlantischen Ozeans fast allerorten in Gesellschaften mit Erfolg versucht, erregte großes Aufsehen und beschäftigte eine Zeit hindurch Gelehrte und Ungelehrte. Damit verband sich bald das sogen. Tischklopfen, ein Frag- und Antwortspiel, bei welchem der Tisch durch Erheben und Aufstampfen eines Fußes je nach Abrede Ja oder Nein, die Buchstaben des Alphabets oder die Zahlen bezeichnen mußte. Ähnliche Künste waren schon bei Griechen und Römern im Gebrauch, indem man zur Erforschuâg der Zukunft geweihte Dreifüße in Bewegung brachte, und unter dem Kaiser Valens gab ein derartiges Verfahren den Anlaß zu großartigen Zaubereiprozessen. Auch im jetzigen China und Indien sind entsprechende magische Operationen seit uralten Zeiten im Gebrauch. Da nun die Antworten auf vorgelegte Fragen nur von einer int$ m Rauchschen Idealstil bewegt hatte, und areitete in der Weise von R. Begas im engen Anschluß an die Natur. Die ersten dieser Arbeiten waren die Marmorfigur einer Elfe und ein Faun mit Amor, denen 1878 die Bronzefigur eines ruhenden Hirten (in der Berliner Nationalgalerie) folgte. 1879 wurde er als Leiter eines der mit dem schlesischen Museum verbundenen Meisterateliers nach Breslau berufen, wo er unter anderm einen monumentalen Brunnen für Görlitz schuf. Töderich, s. Lolium. Tobias, ein apokryphisches Buch des Alten Testaments, im Griechischen Tobit genannt. Letzteres ist der Name des Vaters, ersteres derjenige des Sohns. Beide zusammen bilden die Hauptpersonen in einem durchaus romanhaften Familiengemälde, welches wahrscheinlich innerhalb des ersten vorchristlichen Jahrhunderts entstanden ist. Übrigens ist das Buch verschieden bearbeitet worden, und namentlich ist der Text in der Septuaginta älter und besser als derjenige der Vulgata, dem Luther in seiner Übersetzung folgte. Die neueste kritische Bearbeitun$ eselbe durch Sektion ermittelt werden muß. Im letztern Fall wird die gerichtliche Obduktion (s. d.) von der Gerichtsbehörde, nach der deutschen Strafprozeßordnung von der Staatsanwaltschaft, verfügt und von zwei Ärzten ausgeführt, die über den Befund ein Obduktionsprotokoll (Fundschein, Fundbericht, Visum repertum, Parere medicum) aufnehmen. Zur Erlangung einer zuverlässigen Statistik über die Todesarten, zur Gewinnung der Möglichkeit eines klaren Einblicks in die tödliche Krankheit, zur Aufdeckung von Verbrechen, zur Zerstreuung aller Besorgnisse vor dem Lebendbegrabenwerden ist die allgemeine Einführung der T. eventuell mit nachfolgender Sektion dringend wünschenswert, Vorurteil und falsch verstandene Pietät haben aber diesen Fortschritt bisher verhindert. Totenstarre, s. Tod, S. 736, und Muskeln, S. 937. Totentanz, seit dem 14. Jahrh. in Aufnahme gekommene bildliche Darstellungen, welche in einer Reihe von allegorischen Gruppen unter dem vorherrschenden (Bilde des Tanzes die Gewalt des Todes über das Mensc$ amals schon ein bedeutender Ort und namentlich durch seine Färbereien berühmt. Im 10. und 12. Jahrh. litt dieStadt sehr durch Einfälle der Sarazenen. Sie teilte dann die Schicksale der Provence. 1524 nahm sie der Connétable von Bourbon und 1536 Karl V. ein. Ludwig XIV. ließ durch Vauban die Stadt stark befestigen. Während des spanischen Erbfolgekriegs wurde sie 1707 von den Verbündeten unter dem Herzog Viktor Amadeus von Savoyen und dem Prinzen Eugen zu Land sowie von der englisch-holländischen Flotte zur See bombardiert und großenteils in Asche gelegt, aber nicht erobert. 1744 erfochten die Engländer zwischen T. und den Hyèrischen Inseln einen Seesieg über die spanisch-französische Flotte. Während der ersten französischen Revolution erhob sich die Bevölkerung von T. im Juli 1793 gegen den Konvent und übergab, nachdem der Konvent die Stadt geächtet und ein republikanisches Heer sie eingeschlossen hatte, im Einverständnis mit der Besatzung die Stadt 29. Aug. an die vereinigte englisch-spanische Flotte unter de$ finden kanns also besonders bei dem Bau von Tunnels und beim Bergbau zum Betrieb von Gesteinsbohrmaschinen. Ein Nachteil der Lufttransmission, welcher nicht unbedeutende Arbeitsverluste zur Folge hat, ist der Umstand, daß die Expansionswirkung der Luft in den Arbeitsmaschinen nur in beschränktem Maß angewendet werden kann, weil sonst leicht Eisbildung störend auftritt. c) Verdünnte Luft kann wegen ihres geringen nutzbaren Druckes (etwa 3/4 Atmosphäre) nur für mäßige Leistungen und geringe Entfernungen zur Verwendung kommen. Mit Vorteil wird sie bei kontinuierlichen Eisenbahnbremsen gebraucht. d) Die Verwendung von gespanntem Dampf zur Kraftübertragung ist in Fabrikanlagen, also auf verhältnismäßig geringe Entfernungen, sehr gebräuchlich, aber auch für weitere Entfernungen bis 1500 m anhängig, obwohl dabei ziemlich bedeutende Kondensationsverluste auftreten. Außer bei unterirdischen Bergwerksmaschinen werden lange Dampfleitungen in amerikanischen Städten zur Kraftverteilung benutzt, in welch letzterm Fall der $ Treibströmungen, s. v. w. Driftströmungen. Treideln, s. Halage. Treignac (spr. tränjack), Stadt im franz. Departement Corrèze, Arrondissement Tulle, an der Vézère, hat ein Kommunalcollège, ein Zweigetablissement der Waffenfabrik zu Tulle, Gerberei, Bierbrauerei, Hutfabrikati`on, lebhaften Handel und (1881) 1803 Treilhard (spr. träjar), Jean Baptiste, Graf, Mitglied des franz. Direktoriums, geb. 3. Jan. 1742 zu Brives im Limousin, studierte zu Paris die Rechte, wurde Advokat beim Parlament, 1789 von der Stadt Paris als Deputierter in die Generalstaaten, nach dem Schluß der Nationalversammlung zum Präsidenten des Kriminalhofs im Departement Seine-et-Oise und 1792 von der Stadt Paris in den Nationalkonvent gewählt. Er stimmte für den Tod des Königs, jedoch für Aufschub der Hinrichtung. Im April 1793 ward er Mitglied des Wohlfahrtsausschusses und mit einer Sendung in die westlichen Departements beauftragt, aber nach seiner Rückkehr wegen allzu großer Milde nicht wieder gewählt. Erst nach Robespierres Sturz trat $ in Athen und Paris die Rechte, trat 1852 in den diplomatischen Dienst und schloß 1865 den Vertrag mit England über die Abtretung der Jonischen Inseln ab. Als Mitglied der Kammer schloß er sich der radikalen Partei an, ward 1867 Minister des Auswärtigen und war 1875-76 Ministerpräsident, 1877 in dem Koalitionsministerium Kanaris' Minister des Äußern und 1882-85 sowie seit 1886 wieder Ministerpräsident. Seine Grundsätze wurden mit der Zeit gemäßigter, und um die Regelung der Finanzen und die Reform der Wehrkraft Griechenlands hat er sich hervorragende Verdienste erworben. Trikuspidalklappe, die dreizipfelige Herzklappe (s. Tafel "Blutgefäe", Fig. 1), bedingt bei Schlußunfähigkeit die Trikuspidalinsuffizienz. Trilateral (lat.), dreiseitig. Trilemma (griech.), Schlußform, s. Schluß, S. Trilinguisch (lat.), dreisprachig. Triller, die bekannteste und häufigste der musikalischen Verzierungen (s. d.), gefordert durch tr~~~ oder einfach tr, auch t oder +, ist der den ganzen Wert der verzierten Note ausfüllende wiederh$ eiben, wo er gewünscht wird (beim längern T. fast ausnahmslos); auch bei neuen Ausgaben älterer Werke findet man in Menge die Nachschläge hinzugefügt, leider ist darin aber zweifellos von manchen Editoren des Guten zu viel geschehen, z. B. von Moscheles bei Mozart und Beethoven. Als Hausregel kann gelten, daß der Nachschlag entbehrlich ist, besonders nach kürzern Trillern, wenn von der Trillernote ein Sekundschritt abwärts geschieht, Trillerketten erhalten gewöhnlich keine Nachschläge. Triller - Trimurti bei Bach und andern ältern Komponisten das Zeichen des Trillers über der ersten Note eines punktierten Rhythmus auftritt, darf nicht de ganze Notenwert aufgelöst werden, sondern es wird dann nur ein paarmal schnell geschlagen und ohne Nachschlag innegehalten, um den Rhythmus noch zur Geltung zu bringen. Ein maßgebendes Gesetz für die Ausführung aller Verzierungen ist, daß sie nicht die Rhythmik des Stückes schädigen und verwischen dürfen; man thut daher in vielen Fällen gut, eine Stelle erst ohne die Verzieru$ bmälern geschichtlich berühmter Männer und Frauen. Die kleine Kirche der Dreieinigkeit (Troizky Chram) enthält den silbernen, mit Edelsteinen ge- schmückten Sarkophag des heil¬ Sergius. Das Kloster soll einen Schatz von 600 Mill. Silberrubel besitzen und hatte 1764 zur Zeit der Einziehung der Klostergüter 106,608 leibeigne Bauern. Die Zahl der dahin Wallfahrenden beträgt jährlich fast eine Million. - Das Kloster ward 1338 vom heil. Sergius unter der Regierung Simeons des Stolzen erbaut und ist den Russen als Ort wichtiger Begebenheiten heilig. Hier segnete Sergius 1380 den Großfürsten Dmitrij, als er in den Kampf gegen Mamai zog; in der Regierungszeit des Wasilij Schuiskij wurde es vom 29. Sept. 1608 bis 12. Jan. 1610 von den Polen unter Lisowski und dem Hetman Sapieha und wieder 1615 von dem polnischen Prinzen Wladislaw vergeblich belagert. Hier fanden 1685 die Zaren Iwan und Peter vor den aufständischen Strelitzen Schutz, und letzterer machte von hier aus der Herrschaft seiner Schwester Sophia ein Ende. Vgl$ r noch für die Kulturgeschichte Wert. Der bedeutendste tschechische Dichter dieser Zeit ist Simon Lomnicky (gestorben nach 1622), obschon es ihm an sittlichem Gehalt fehlte, um als didaktischer und moralisierender Dichter Großes zu leisten. Für seine Hauptwerke gelten: "Krátké naucení mladému hospodári" ("Kurze Anleitung für einen jungen Hauswirt), ein didaktisches Gedicht mit Zügen der damaligen Sitten, und die Satire "Kupidova strela" ("Die Hoffart des Lebens"), welche ihm bei Rudolf II. den Adel und einen Jahrgehalt einbrachte; auch versuchte er sich in kirchlichen Dramen. Unter den zahllosen kirchlichen Gesängen sind besonders die von dem Bischof der Böhmischen Brüder, Joh. Augusta (1500 bis 1572), größtenteils im Gefängnis verfaßtØen schwungvollen Lieder hervorzuheben. Auch in der tchechischen Prosa dieser Periode überwiegt die theologisch-polemische Richtung, indem Kalixtiner, Katholiken und später Protestanten in kirchlicher Propaganda litterarisch wetteiferten. Am wertvollsten sind die teils lateinisc$ der Böhmischen Brüderschaft als Richtschnur galten. Unter den theologischen Schriftstellern dieser Brüderschaft zeichnete sich besonders Lukas (1458-1528) durch glänzenden Stil aus. Die erste tschechische Übersetzung des Neuen Testaments von Lupác erschien 1475. die erste Gesamtübersetzung der Bibel 1488; bis 1620 erschienen 15 tschechische Bibeln, die beste davon ist die 1579-93 in Mährisch-Kralitz auf Kosten des Johann von Zerotin veröffentlichte ("Bible Kralicka"), die noch heute für das höchste Muster der tschechischen Sprache gilt. Die Begründer der böhmischen Rechtswissenschaft Tschechische Litteratur (16.-18. Jahrhundert). sind Viktorin v. Vshehrd ("Neun Bücher vom Recht und Gericht und von der Landtafel in Böhmen", 1550; hrsg. von Jirecek, Prag 1874), der Landmarschall Ctibor vn Cimburg in dem sogen. "Tobitschauer Buch" (für Mähren) und P. Chr. v. Koldin (1579), dessen Schrift "Prava mestska Kralostvi ceskeho" für die Städteordnungen in Böhmen und Mähren maßgebend wurde. Eifriger Pflege erfreuten sic$ es kaiserlichen Generalstabs ernannt. 1841 wurde er in den Fürstenstand erhoben und 1848 zum Präsidenten des Reichsrats und des Ministerkonseils ernannt. Er starb 20. Juni 1857 in Castellammare. Tschernyschewskij, Nikolai Gawrilowitsch, russ. Schriftsteller, geb. 1828 zu Saratow, besuchte zuerst ein geistliches Seminar, studierte dann in Petersburg, wo er den Universitätskursus 1850 absolvierte, redigierte in der Folge eine militärische Zeitschrift und war 1855-64 Mitarbeiter an dem "Zeitgenossen", den er teils mit ästhetischen, teils mit politisch-ökonomischen Artikeln und Abhandlungen versorgte. Nebenbei veröffentlichte er ein Werk über Lessing (1857) und bearbeitete Adam Smiths Werk über den Nationalreichtum unter dem Titel: "Grundlagen der politischen Ökonomie" (1864). Während einer Festungshaft schrieb er den nihilistisch gefärbten, dabei durch die Schilderung neuer gesellschaftlicher und staatlicher Verhältnisse ausgezeichneten Tendenzroman "Was thun?" (2.õ Aufl. 1877; deutsch, Leipz. 1883), der seine V$ urch Einführung des Rechts der Erstgeburt seinen Sohn Jussuf zum Nachfolger zu bestimmen, unterstützen würden. Zunächst ernannte er Mahmud Nedim Pascha zum Großwesir, einen unwissenden und habsüchtigen Mann, welcher, um seine Kreaturen in die einflußreichen Stellen zu bringen, auf das willkürlichste unter den tüchtigern Beamten aufräumte und sich eine große Unpopularität zuzog, von welcher ein beträchtlicher Teil auf seinen Gebieter überging. Ganz gewissenlos wurden die Finanzen verwaltet. Der Sultan selbst ging mit der Verschwendung durch Prachtbauten voran. Das Heer und die Flotte verschlangen ungeheure Summen für die Neubeschaffung von Kanonen, Gewehren und Panzerschiffen. Telegraphen und Eisenbahnen, mit großenKosten, aber nur nach den Wünschen und dem Vorteil der fremden Mächte und der Unternehmer angelegt, dienten wenig dazu, die Hilfsquellen des Landes zu vermehren, und belasteten zunächst bloß den Staatsschatz. Althergebrachte Hilfsmittel, wie stärkere Anziehung der Steuerschraube, Verpachtung von Sta$ pstes Calixt II., der eine 1050 in Compostela verfaßte Schrift aus Spanien mitgebracht hatte, auf Grund derselben verfaßt worden ist, enthält Lieder und Sagen aus dem karolinischen Sagenkreis, doch in kirchlichem Interesse und legendenartig umgestaltet. Die besten Ausgaben lieferten Ciampi (Flor. 1822) und Reiffenberg (in der "Chronique de Philippe Mouskes", Brüssel 1836, 2 Bde.); ins Deutsche übersetzte sie Hufnagel (im "Rheinischen Taschenbuch" 1822). Vgl. Gaston Paris, De Pseudo-Turpino (Par. 1865). Turpithwurzel, s. Ipomoea. Türr, Stephan, ungar. Patriot, geb. 10. Aug. 1825 zu Baja, trat als Leutnant in ein ungarisches Grenadierregiment, welches 1848 in Italien focht, ging im Januar 1849 zu den Piemontesen über und organisierte eine ungarische Legion, focht nach der Schlacht bei Novara auf seiten der Insurgenten in Baden, trat 1854 in englische Dienste, ward 1855 auf einer Reise behufs Ankaufs von Pferden in Pest verhaftet, aber wieder entlassen, kämpfte 1859 als Hauptmann der Alpenjäger unter Garibaldi g$ üdeuropa, kommt auch noch auf sandigen Heiden des westlichen Norddeutschland vor und wird als Heckenpflanze kultiviert. Die zerquetschten Blätter liefern gesundes Pferdefutter, und eine Varietät in de Normandie mit nicht dornig erhärtenden Blättern wird auch als Schaffutter benutzt und nebst einigen andern Arten als Zierpflanze kultiviert. Vgl. Riepenhausen-Crengen, Stechginster (Leipz. 1889). Ulfeldt (Uhlefeld), Korfiz (Cornifex), Graf, dän. Edelmann, geb. 10. Juni 1606, lebte lange Zeit im Ausland, erlangte 1636 durch die Heirat mit der Gräfin Leonore Christine von Schleswig-Holstein, einer Tochter König Christians IV. von Dänemark von seiner Geliebten Christine Munk, großen Einfluß, Reichtum und hohe Ämter, ward Reichshofmeister, suchte nach Christians IV. Tod 1648 Friedrichs III. Thronbesteigung zu hindern, um die Krone seinem Schwager zuzuwenden, ward dennoch von Friedrich III. in seinen Ämtern belassen, verletzte aber durch seine Anmaßung besonders die Königin Sophie Amalie und entfloh, als er eines Mo$ erdrängt war. Erst seit dem Tod Josephs II. nahm sie einen höhern Aufschwung, auch ist sie seit Wiederherstellung der selbständigen ungarischen Regierung (1867) mit der Terminologie für sämtliche Zweige des modernen Kulturlebens ausgestattet. ’Die Schrift ist die lateinische. Lange Vokale werden durch Accente (á, é etc.) bezeichnet. Für die konsonantischen Laute reichen die Buchstaben des lateinischen Alphabets nicht aus, weshalb man zu Zusammensetzungen seine Zuflucht genommen hat. q, w und x hat man überhaupt nicht mit verwendet und auch c und y nur in Zusammensetzungen mit andern zur Bezeichnung der Laute, für welche dem lateinischen Alphabet eigne Buchstaben fehlen; doch vertritt y in ältern Familiennamen häufig die Stelle des i. Im ganzen hat die Sprache 24 konsonantische Laute, welche in folgender Weise bezeichnet werden: b, cs, cz, d, f, g, gy, h. j, k, l, ly, m, n, ny, p, r, s (spr. sch), sz (spr. ss), t. ty, v, z (spr. s), zs (weiches sch, wie franz. j). In den Lauten gy, ny, ly, ty ist das y keinesw$ 7 die Verfassung beschworen, zu Stuhlweißenburg Ungarn (Geschichte 1527-1848). gekrönt. Ein Teil der Großen rief aber Johann Zapolya zum König aus, welcher sich den Türken in die Arme warf. Im Vertrag von Großwardein (25. Febr. 1538) ward U. so geteilt, daß Zapolya Siebenbürgen und U. jenseit der Theiß, Ferdinand den Nordwesten erhielt, während der mittlere größte Teil des Landes nebst Ofen, wo ein Pascha residierte, im Besitz der Türken verblieb; ja, diese versuchten, von Zapolya und seinem Sohn und Nachfolger unterstützt, immer wieder, ganz U. sich zu unterwerfen; dazu kamen unter Ferdinands Nachfolgern Marimilian II. (1564-76), Rudolf II. (1576-1608), Matthias (1608-19), Ferdinand II. (1619-37) und Ferdinand III. (1637-57) religiöse Streitigk¬iten, indem die seit 1561 eingewanderten Jesuiten die trotz aller Bedrückungen zahlreichen Protestanten auszurotten suchten und sie dadurch zu Aufständen reizten. 1604 erhoben sich die Protestanten unter Stephan Bocskay und erzwangen 1606 einen Frieden, in dem die Rel$ Mann bei Vilagos vor General Rüdiger bedingungslos die Waffen. Ihm folgten 16. Aug. Oberst Kazinczy mit 10,000 Mann, 17. Aug. Damjanich in Arad u. a.; nur Komorn wurde von Klapka hartnäckig verteidigt, bis es 2. Okt. eine ehrenvolle Kapitulation erlangte. "U. liegt zu den Füßen Ew. Majestät!" schrieb Paskewitsch an d„en Zaren. Daß die Ungarn die Unterwerfung unter den hochmütigen Zaren der direkten Verständigung mit der österreichischen Regierung, welcher sie übrigens von Rußland auf Gnade oder Ungnade überliefert wurden, vorzogen, war für die Österreicher beleidigend und reizte ihren Zorn aufs äußerste. Von den gefangenen Häuptern der Insurrektion (mehreren, wie Kofsuth u.a., war die Flucht nach der Türkei geglückt) wurde nur Görgei auf russische Intervention verschont; 13 Generale und Obersten wurden auf Haynaus Befehl 6. Okt. in Arad teils erschossen, teils gehenkt, Ludwig Batthyanyi und andre vornehme politische Führer in Pest zum Tode durch den Strang verurteilt. Den Hinrichtungen folgten zahllose Verur$ Benedek ersetzt worden, wurde durch das Oktoberdiplom vom 20. Okt. 1866 die alte Verfassung Ungarns vor 1848 im wesentlichen wiederhergestellt und der Landtag zur Beratung eines neuen Wahlgesetzes berufen, welches eine Vertretung aller Stände ermöglichen sollte. Die ungarische Hofkanzlei, die Komitatsverwaltung, die ungarische Justiz mit der Curia regia und dem Judex cnriae in Pest, das Amt eines Tavernicus, die ungarische Sprache als Amtssprache wurden wiederhergestellt. Die fremden Beamten mußten das Feld räumen, die deutschen Gesetze wurden für aufgehoben erklärt. Alle diese Zugeständnisse wurden von den Ungarn aber nur als Abschlagszahlung angenommen, als Preis der Versöhnung die völlige Wiederherstellung des alten Rechtszustandes mit Einschluß der Gesetze von 1848 und eine Amnestie gefordert. Im Februar 1861 berief die Regierung gleichzeitig mit der Verkündigung einer neuen Verfassung für den Gesamtstaat den Landtag nach dem Wahlgesetz von 1848 ein; de‘selbe wurde 6. April eröffnet. Das Unterhaus, in wel$ urische U., der sich von 61°nördl. Br. bis an die Quellen der Ufa (55°) fortsetzt, bildet ein breites waldigsumpfiges Tafelland von mäßiger Erhebung (im Mittel 650 m), das von einzelnen Felsbergen überragt wird, und ist der einförmigste Teil des Gebirges; nur im NO. zeigt sich eine alpinere Natur. Hier erheben sich als die höchsten Gipfel: der Kontschakow-Kamen (1462 m), Suchegorski-Kamen (1195 m), Pawdinski-Kamen (938 m), Katschkanar (887 m) und Deneschkin-Kamen (1532 m). Über den mittlern U Ural (Gebirge). führen die leichtesten Übergänge, deren niedrigstem (380 m) die oben erwähnte sibirische Straße und neuerdings die Eisenbahn von Perm nach Jekaterinenburg f‹olgt. Südlich von der Ufaquelle folgt der dreigeteilte südliche U., im O. mit dem niedrigen, aus Granit und Gneis zusammengesetzten Ilmengebirge bei Mijask, in der Mitte mit dem Uraltau im engern Sinn (auch Urengai genannt), der mit der Irendikkette im S. endet, in seinen höchsten Höhen (Jurma, Taganai, Urenga) 1200 m wenig überschreitet und nur im Ir$ ahntraumbild Fühl ich erbebend voll erfüllt. [Er küßt sie mächtig.] Laß ab! - mich schaudert's - Wonn und Weh - O Gott im Himmel! ich vergeh- [Hermes und Arsinoe kommen.] Willkommen, Fremdling, in unserm Land! Ihr tragt ein verflucht weites Gewand. Das ist nun so die Landesart. Und einen lächerlich krausen Bart. Arsinoe [leise zu Psyche]. Dem Fratzen da ist gar nichts recht. O Kind! er ist von einem Göttergeschlecht. Ihr scheint mir auch so wunderbar. Siehst an mein ungekämmtes Haar, Meine nackte Schultern, Brust und Lenden, Meine lange Nägel an den Händen; Da ekelt dir's vielleicht dafür? Mir auch nicht. Arsinoe [für sich]. Aber mir! Ich wollt sonst schnell von hinnen eilen Und in dem Wald mit den Wölfen heulen, Wenn ihr euer unselig Geschick Wolltet wähnen für Gut und Glück, Eure Kleider, die euch beschimpfen, Mir als Vorzug entgegenrümpfen. Herr! es ist eine Notwendigkeit. O, wie beschwert mich schon mein Kleid! Was Not! Gewohnheitsposse nur, Fernt euch von Wahrheit un$ gibt? Und kommt dein Maedchen einst von einem Fest zuruecke, Noch von dem Tanz bewegt, und sucht dich; ihre Blicke Verraten, dass die Lust nie ganz vollkommen sei, Wenn du, ihr Liebling, du, ihr Einzger, nicht dabei - Wenn sie dir schwoert, ein Kuss von dir sei mehr als Freuden Von tausend Festen - bist du da nicht zu beneiden? Eridon [geruehrt]. Fuerchte, dass der Goetter Zorn entbrennt, Da der Beglueckteste sein Glueck so wenig kennt. Auf! Sei zufrieden, Freund! Sie raechen sonst die Traenen Des Maedchens, das dich liebt. Koennt ich mich nur gewoehnen, Zu sehn, dass mancher ihr beim Tanz die Haende drueckt, Der eine nach ihr sieht, sie nach dem andern blickt. Denk ich nur dran, mein Herz moecht da vor Bosheit reissen! Eh! lass das immer sein! das will noh gar nichts heissen. Sogar ein Kuss ist nichts! Was sagst du? Nichts - ein Kuss? Ich glaube, dass man viel im Herzen fuehlen muss, Wenn er was sagen soll - Doch! willst du ihr verzeihen? Denn $ lässt dich unbesorgt, An andre denkst du, Andern stehst du bei, Und auf des Lebens leicht bewegter Woge Bleibt dir ein stetes erz. So seh' ich dich. Und was wär' ich, ging' ich dir nicht entgegen? Sucht' ich begierig nicht auch einen Teil An dem verschlossnen Schatz, den du bewahrst? Ich weiß, es reut dich nicht, wenn du dich öffnest, Ich weiß, du bist mein Freund, wenn du mich kennst: Und eines solchen Freunds bedurft' ich lange. Ich schäme mich der Unerfahrenheit Und meiner Jugend nicht. Still ruhet noch Der Zukunft goldne Wolke mir ums Haupt. O nimm mich, edler Mann, an deine Brust Und weihe mich, den Raschen, Unerfahrnen, Zum mäßigen Gebrauch des Lebens ein. In einem Augenblicke forderst du, Was wohlbedächtig nur die Zeit gewährt. In einem Augenblick gewährt die Liebe, Was Mühe kaum in langer Zeit erreicht. Ich bitt' es nicht von dir, ich darf es fordern. Dich ruf' ich in der Tugend Namen auf, Die gute Menschen zu verbinden eifert. Und soll ich dir noch einen Namen nennen? Die Fürstin hofft's, Sie will's$ de, Nimmst du mir gleich den schoenen Teil hinweg. Auch meinen Gruss! Ich hoffe mich der Naehe Des viel erfahrnen Mannes auch zu feun. Du wirst mich wahrhaft finden, wenn du je Aus deiner Welt in meine schauen magst. Wenn du mir gleich in Briefen schon gemeldet, Was du getan, und wie es dir ergangen, So hab' ich doch noch manches auszufragen, Durch welche Mittel das Geschaeft gelang. Auf jenem wunderbaren Boden will der Schritt Wohl abgemessen sein, wenn er zuletzt An deinen eignen Zweck dich fuehren soll. Wer seines Herren Vorteil rein bedenkt, Der hat in Rom gar einen schweren Stand: Denn Rom will alles nehmen, geben nichts; Und kommt man hin, um etwas zu erhalten, Erhaelt man nichts, man bringe denn was hin, Und gluecklich, wenn man da noch was erhaelt. Es ist nicht mein Betragen, meine Kunst, Durch die ich deinen Willen, Herr, vollbracht; Denn welcher Kluge faend' im Vatikan Nicht seinen Meister? Vieles traf zusammen, Das ich zu unserm Vorteil nutzen konnte. Dich ehrt Gregor und gruesst und segnet dich. D$ ns allein des Lebens Gueter schaetzen. So jung hat er zu vieles schon erreicht, Als dass genuegsam er geniessen koennte. O, sollt' er erst erwerben, was ihm nun Mit offnen Haenden angebothen wird: Er strengte seine Kraefte maennlich an Und fuehlte sich von Schritt zu Schritt begnuegt. Ein armer Edelmann hat schon das Ziel Von seinem besten Wunsch erreicht, wenn ihn Ein edler Fuerst zu seinem Hofgenossen Erwaehlen will, und ihn der Duerftigkeit Mit milder Hand entzieht. Schenkt er ihm noch Vertraun und Gunst und will an seine Seite Vor andern ihn erheben, sei's im Krieg, Sei's in Geschaeften oder im Gespraech, So, daecht' ich, koennte der bescheidne Mann Sein Glueck mit stiller Dankbarkeit verehren. Und Tasso hat zu allem diesem noch Das schoenste Glueck des Juenglings: Dass ihn schon Sein Vaterland erkennt und auf ihn hofft. O glaube mir, sein launisch Missbehagen Ruht auf dem breiten Polster seines Goluecks. Er kommt, entlass ihn gnaedig, gib ihm Zeit, In Rom und in Neapel, wo er will, Das aufzusuchen, was e$ ebt. Wenn Phoebus nun Ein feuerwallend Lager sich bereitet, Und jedes Auge von Entzuecken traent, Da werd' ich weg mich wenden, werde dich Und dein Geschick beweinen. Fern am Rande Des nachtumgebnen Ozeans erblick' ich Mit Not und Jammer deinen Pfad umstrickt! Entbehrung alles noetig lang Gewohnten, Bedraengnis neuer Uebel, ohne Flucht. Der Sonne gluehendes Geschoss durchkringt Ein feuchtes, kaum der Flut entrissnes Land. Um Niederungen schwebet, gift'gen Brodens, Blaudunst'ger Streifen angeschwollne Pest. Im Vortod seh' ich, matt und hingebleicht, von Tag zu Tag ein Kummerleben schwanken. O die so bluehend, heiter vor mir steht, Sie soll so frueh langsamen Tods verschwinden! Entsetzen rufst du mir hervor! Dorthin? Dorthin verstoesst man mich! In jenes Land, Als Hoellenwinkel mir von Kindheit auf In grauenvollen Zuegen dargestellt. Dorthin, wo sich in Suempfen Schlang' und Tiger Durch Rohr und Dorngeflechte tueckisch draengen, Wo, peinlich quaelend, als belebte Wolken Um Wandrer sich Insektenscharen ziehn, Wo$ te diGch! Was du als Elend fuehlst, Verwandelt sich in Wohltat! Eile fort! Eroeffne klarer! Was befuerchtest du? Im Dunklen draengt das Kuenft'ge sich heran, Das kuenftig Naechste selbst erscheinet nicht Dem offnen Blick der Sinne, des Verstands. Wenn ich beim Sonnenschein durch diese Strassen Bewundernd wandle, der Gebaeude Pracht, Die felsengleich getuermten Massen schaue, Der Plaetze Kreis, der Kirchen edlen Bau, Des Hafens masterfuellten Raum betrachte; Das scheint mir alles fuer die Ewigkeit Gegruendet und geordnet; diese Menge Gewerksam Taetiger, die hin und her In diesen Raeumen wogt, auch die verspricht, Sich unvertilgbar ewig herzustellen. Allein wenn dieses grosse Bild bei Nacht In meines Geistes Tiefen sich erneut, Da stuermt ein Brausen durch die duestre Luft, Der feste Boden wankt, die Tuerme schwanken, Gefugte Steine loesen sich herab, Und so zerfaellt in ungeformten Schutt Die Prachterscheinung. Wenig Lebendes Durchklimmt bekuemmert neu entstanden Huegel, Und jeder Truemmer deutet auf ein Grab.$ enn nicht bei dem großen unüberwindlichen Fritz in die Schule Sechster Auftritt Breme. Martin. Seid Ihr's, Gevatter Martin? Ja, lieber Gevatter Breme, das bin ich. Ich habe mich ganz stille aufgemacht, wie die Glocke zwölfe schlug, und bin hergekommen; aber ich habe noch Lärm gehört und hin und wider gehen, und da bin ich im Garten einige M„al auf und ab geschlichen, bis alles ruhig war. Sagt mir nur, was Ihr wollt, Gevatter Breme, dass wir so spät bei Euch zusammenkommen, in der Nacht; könnten wir's denn nicht bei Tage Ihr sollt alles erfahren, nur müsst Ihr Geduld haben, bis die andern alle beisammen sind. Wer soll denn noch alles kommen? Alle unsere guten Freunde, alle vernünftigen Leute. Außer Euch, der Ihr Schulze von dem Ort hier seid, kommt noch Peter, der Schulze von Rosenhahn, und Albert, der Schulze von Wiesengruben; ich hoffe, auch Jakob wird kommen, der das hübsche Freigut besitzt. Dann sind recht ordentliche und vernünftige Leute beisammen, die schon was ausmachen Gevatter Breme, Ihr seid ein wun$ herunter und finde, dass mein Neffe sich eine ‹Brausche gefallen hat. Ich finde Ihren Vater um das Kind beschaeftigt, nun kommt auch Ihre Muhme, ich sehe, dass es keine Gefahr hat, es faellt mir ein: Karoline ist allein--und was kann mir bei jeder Gelegenheit anders einfallen als Karoline? Die Augenblicke sind kostbar, schoenes, angenehmes Kind! Gestehen Sie mir, sagen Sie mir, dass Sie mich lieben. (Will sie umarmen.) Noch einmal, Herr Baron! Lassen Sie mich, und verlassen Sie dieses Sie haben versprochen, mich so bald als moeglich zu sehen, und wollen mich nun entfernen? Ich habe versprochen, morgen frueh mit Sonnenaufgang in dem Garten zu sein, mit Ihnen spazieren zu gehen, mich Ihrer Gesellschaft zu freuen. Hieher hab' ich Sie nicht eingeladen. Aber die Gelegenheit-- Hab' ich nicht gemacht. Aber ich benutze sie; koennen Sie mir es verdenken? Ich weiss nicht, was ich von Ihnen denken soll. Auch Sie--lassen Sie es mich frei gestehen--auch Sie erkenne ich nicht. Und worin bin ich mir denn so unaehnlich? Koen$ Sie schoben Schiffe hin und her, die auch aus buntem Papier waren und die Bohnen, Kaffee, Salz und Hölzer führten. Draußen auf der Bucht ruderten, segelten und schwammen sie von der Landungsbrücke zu den Inseln hinüber. Von Europa nach Amerika, von Japan nach Ceylon. Oder sie zogen über die Hügelrücken, d.h. über die Kordilleren zu den allerdenkwürdigsten Indianerstädten. Kaum waren sie erwachsen, so ging es auf die Wanderschaft; es fing meistens mit einer Reise zu den holländischen Verwandten an. So kam vor vielleicht zweihundert Jahren ein Mann dahin, der freilich sofort mit einem holländischen Ostindienfahrer weiterreiste, aber nach Amstzrdam zurückkehrte in dem Wunsch, Baumeister und Ingenieur zu werden, was damals zusammengehörte. Er zeichnete sich aus und wurde später als Lehrer in seinem Fach nach Kopenhagen berufen. Da ging er zum Heer über und wurde schließlich General im Geniekorps. Durch Erbschaft und Arbeit hatte er sich ein Vermögen erworben, nahm den Abschied und siedelte sich in Krogskog an, d$ nnte. Als sie damit ziemlich vertraut war, kam das erste Bild der Mutter an die Reihe. Es machte keine Schwierigkeiten; sie durfte noch mehrere sehen und lernte sie schnell von anderen unterscheiden. Nach Tisch, als sie schlafen ging, wollte sie Mutter im Arm haben. Er verstand sie erst nicht, und sie wurde ungeduldig. Da brachte er ihr das erste Bild der Mutter; sie nahm es gleich in den Arm, deckte es zu und schlief ein. Aber erst als sie mit vier Jahren einmal in der Küche eine Mutter sich um ihr krankes Kind mühen sah, überzeugte er sich, daß sie wußte, was eine Mutter sei; denn sie sagte: "Warum kommt meine Mutter nicht und zieht mich an und aus?" Mit der Zeit wurden Vater und Tochter sehr gute 1Freunde. Noch mehr Freude aber machte es ihm, als sie groß genug war, daß er ihr von Mutter erzählen konnte. Von Mutter, die übers Meer herüber zu Vater gekommen sei und Maritchen mitgebracht habe. Wo Vater und Mutter zusammengegangen waren, gingen sie nun beide; jeden Spazierweg. Er ruderte sie, wie Mutter ihn g$ enscheinlich. Sie sagte: "Wir wollen ja jetzt doch nach Amerika. Da sagt man Mary."--"Aber Du bist Marit getauft", sagte ihr Vater schÂließlich zaghaft.--"Was schadet das?"--Frau Dawes: "Es steht in Deinem Taufschein, Kind; es ist Dein Name."--"Ja, in den Urkunden steht es vielleicht, aber nicht in mir." Die beiden andern starrten sie an. "Es tut Deinem Vater weh, Kind."--"Vater kann mich ja ruhig weiter Marit nennen."--Frau Dawes blickte sie traurig an, sagte aber nichts weiter. Marit war mit ihren Handschuhen fertig. "In Amerika werde ich Mary genannt. Das weiß ich. Hier habe ich eine Probekarte. Es macht sich doch gut?" Sie holte eine ganz kleine Karte aus der Tasche. Frau Dawes besah sie und reichte sie Anders Krog hin. Mit feiner Schrift stand auf feinem Papier: "Mary Krog." Der Vater schaute lange, schaute immer wieder auf die Karte. Legte sie dann auf den Tisch, nahm seine Zeitung und tat, als lese er. "Es tut mir leid, Vater, daß Du es so auffaßt."--Anders Krog wiederholte leise, ohne von der Zeitung $ ie zurückhalten; aber sie hatte nicht die Kraft. Erst an der Tür vertrat sie Fräulein Röy den Weg. "Ich möchte in den nächsten Tagen einmal mit Ihnen sprechen, Fräulein Röy." Sie sagte es sehr leise und blickte nicht auf. "Heute fühle ich mich nicht kräftig genug", fügte sie hinzu.--"Das sehe ich. Das habe ich auch angenommen. Deshalb habe ich Ihnen etwas mitgebracht, wovon Sie vielleicht Gebrauch machen können. Es ist das beste Kräftigungsmittel, das ich kenne." Nein, wie sympathisch ihr ganzes Wesen Mary berührte. Sie dankte ihr "Wenn ich etwas gesunder bin, komme ich also."--"Sie sollen mir willkommen sein."--"Ja," sagte Mary errötend, "es ist Ihnen doch nicht unangenehm, zu mir zu kommen?"--"In Ihr Haus am Markt?" fragte Margrete Röy; sie wurde auch rot.--"In unser Haus am Markt, ja. Aber ich kann wohl gar nicht mehr 'unser' sagen?" Ihr kamen wieder die Tränen. "Wenn Sie mich nur verständigen, komme ich hin." Acht Tage später kam sie. In einem wütenden Novembersturm, wie man ihn schlimmer in jÀner Gegend $ aber der Hund heulte fuerchterlich; er hatte solche Angst. Joergen schlug ihn wieder; auch jetzt nicht hart, mehr um die ganze Gesellschaft zu aergern. Der Hund schrie so gottsjaemmerlich, dass Mary nicht hinsehen konnte. Sie blickte hinauf in John Ericsons gute, grosse Augen und sagte: "Mit diesen Schlag hast Du mich von Dr getrennt, Joergen!" Im Nu liess er den Hund los und richtete sich auf. Er sah ihre flammenden Augen, das weisse Gesicht und die schlanke, stolz aufgerichtete Gestalt. Ueber ihr John Ericsons Haupt. Nur einen Augenblick. Dann hatte sie sich umgedreht und schritt in leichtem, frohem Tempo davon--der Hund hinterher. Die Leute lachten, die englischen Matrosen mit herausforderndem Spott,--Joergen ging hinterher. Aber als sie merkte, dass der Hund ihr folgte und nicht ihm, und als seine Augen die ihren suchten, um zu erfahren, was sie jetzt wolle, da schlug ihre ganze Angst in ausgelassene Froehlichkeit um. Das war so ihre Art. Sie klatschte in die Haende und lief, und der Hund sprang klaeffend$ Eis-eiskalt! Dann sich wieder anziehen und nach Hause gehen zum Fieber und zu den andern Dingen, die hinterher kamen. Haette das Fieber die erwartete Wirkung nicht, dann hatte sie etwas, was nachhalf. Sie hatte es bei Frau Dawes in einem Fach gefunden. Dann traefe das Fieber die Schuld. Aber nun, da sie mit dem Ausziehen anfangen wollte, war's, als krampfe sich alles in ihr zusammen, und eine Gaensehaut ueberlief sie. Vor dem Wasser, vor dem eiskalten Wasser, in das sie hineinmusste, hatte sie Angst. Huh, hier dicht bei war gewiss schon Eis. Sie musste mit den nackten Fuessen das Eis betreten! Sie wollte doch auf jeden Fall die Struempfe anbehalten; die konnte sie nachher trocknen, damit keiner Verdacht schoepfe. Aber das eis-eiskalte Wasser ... wenn sie einen Herzkrampf bekaeme? Nein, sie wollte sich bewegen, wollte schwimmen. Aber wenn sie sich am Eise schnitCt, wenn sie wieder herauswollte? Sie musste auch die Unterkleider anbehalten. Aber wuerden die bis zum naechsten Morgen trocknen? O doch, wenn sie si$ ie mir nicht gehorchen, so lasse ich Sie ueberwachen!" Die Worte legten sich wie ein eiserner Reifen um sie; sie wurde ganz still: "Sie lassen mich bewachen?"--"Das tu' ich; denn Sie sind Ihrer selbst nicht maechtig." Etwas Toerichteres hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht gehoert. Aber sie wollte mit ihm nicht darueber disputieren. Sie antwortete nur: "Und Sie meinen, das habe einen Zweck?"--"Das meine ich. Wenn Sie sehen, wir wollen alles fuer Sie tun, was in unserer Macht steht, dann geben Sie nach, denn sie haben ein so gutes Herz." Sie schwieg eine Weile, dann sagte sie: "Ich kann keine Hilfe von einem Menschen annehmen, der nicht die rechte Achtung vor mir hat,"--sie fing zu weinen an. Da älieb Franz Roey stehen und blickte, so gut er konnte, unter seiner Kapuze zu ihr auf. "Ich nicht die rechte Achtung vor Ihnen?! Meinen Sie, dann truege ich Sie? Fuer mich sind Sie das Feinste, das Schoenste, was ich kenne. Darum trage ich Sie. Sie moegen getan haben, was Sie wollen--ich weiss, Sie haben es aus dem vo$ , Dörfer, einzelne ländliche Wohnungen liegen umher in lieblichem Gemisch. Die Berge von Keswick schießen die bläulich dämmernde Ferne. In Low Wood stiegen wir b. Es ist dies ein sehr guter, einzelner Gasthof, hart am Ufer des Sees, an einer der schönsten Stellen erbaut. Der See heißt Windermere; er enthält mehrere Stunden im Umfange und ist der größte in England. Nachdem wir den See Windermere, die Krone dieser berühmten Gegend, gesehen hatten, hielten wir es für überflüssig, auch die übrigen kleineren Seen der Reihe nach zu besuchen und setzten daher unseren Weg weiter fort nach Lancaster. Das Land umher ist angebaut wie ein Garten, die Stadt selbst ist weder groß, noch lebhaft, noch hübsch. Viele Quäkerfamilien [Fußnote: eine um die Mitte des 17. Jahrhunderts vom G. Fox gegründete Religionsgemeinschaft. Zu Beginn Verfolgungen ausgesetzt, gaben auch ihren Anhängern 1689 die Toleranzakte Wilhelm III. Religionsfreiheit. Heute vor allem in den USA (Pennsylvania) noch verbreitet] bewohnen sie. Diese guten Leute$ Gemüse, den Hasen und Rebhühnern, die, wie alle anderen Braten, ungespickt, ohne alle Butter, bloß in ihrer eigenen Brühe zubereitet werden. Die Dame serviert die reichlich mit Cayennepfeffer gewürzte, übrigens ziemlich dünne Suppe, nachdem sie jeden Tisch`genossen namentlich gefragt hat: ober er welche verlange? Des Fragens von Seiten der Wirte und des Antwortens von Seiten der Gäste ist an einem englischen Tische kein Ende. Eine große Verlegenheit für den fremden Gast, der, wenn er auch der englischen Sprache sonst ziemlich mächtig ist, dennoch unmöglich alle diese technischen Ausdrücke wissen kann. Er muß Rede und Antwort von jeder Schüssel geben, ob er davon verlangt, ob viel oder wenig, mit Brühe oder ohne Brühe, welchen Teil vom Geflügel, vom Fisch, ob er es gern stärker oder weniger gebraten hat, eine Frage, die besonders oft die Fremden in Verlegenheit setzt; man sag: much done or little done, wörtlich übersetzt heißt das: viel getan oder wenig getan. Diese Fragen ertönen von allen Seiten des Tisches $ dort spazieren. Eine unzählbare Menge der schönsten Equipagen, der herrlichsten Pferde bedecken in dieser Zeit den durch Hyde Park führenden Fuhrweg bis Kensington; kein Fiaker, kein öffntliches Fuhrwerk darf diesen Weg befahren; nichts darf sich zeigen, was uns daran erinnern könnte, daß es auch Leute in der Welt gibt, die nicht reich und vornehm sind. Der Anblick der vielen schönen Reiter und Pferde, der tausend Equipagen von allen Formen und Größen, der schönen Frauen und lieblichen Kinderköpfchen, die aus diesen herausgucken, ist einer der prächtigsten, den nur irgendeine große Hauptstadt gewähren kann. Nichts gibt einen anschaulicheren Beweis der Opulenz und Bevölkerung Londons. Auch die Spaziergänge wimmeln von Spazierengehenden, die zum Teil jene schimmernden Equipagen verließen, um hier zu lustwandeln und Bekannte zu treffen. Besonders brillant sind dann die Alleen von Kensington; man hat berechnet, daß an solchen Tagen bisweilen hunderttausend Menschen zugleich sich in den Parks und den Gärten von Ke$ ene Ewigkeit ist in unseren Tagen von gar kurzer Dauer. Im Park von St.James bemerkten wir an diesem Tage um ein Uhr viele Leute vor einer kleinen Hintertüre des Palastes, die den König dort aussteigen sehen wollten, wenn er vom Buckingham House käme. Kanonendonner verkündete einstweilen die Feier des Tages; Erwartung, Freude, Liebe strahlte von allen Gesichtern, denn das Volk hing mit kindlicher Liebe an dem guten alten Georg, unter dessen langer Regierung der größte Teil desselben geboren ward. Wir warteten seine Ankunft nicht ab, um nicht zu sehr ins Gedränge zu geraten, sondern begaben uns in die schöne und breite Straße von St.James, welche gerade zum Haupteingange des Palastes führt. Von dem Balkon eines Privathauses konnten wir dort den Zug der Glückwünschenden bequem ansehen. Es war ein schöner, lebensfroher Anblick! Kein Fenster, kein BElkon der ziemlich langen Straße blieb unbesetzt, frohe Gesichter schauten aus allen herab; Kopf an Kopf, dicht gedrängt, sogar die Dächer wimmelten von Zuschauern; ei$ enachbarten Kohlenminen, die denn doch die Seele des hier waltenden mechanischen Lebens sind. Der Aquaedukt, zu welchem wir jetzt fuhren, ist des Herzogs hoechster Triumph und erschien uns ein Werk, wuerdig der Zeiten der alten Roemer. Der Anblick war in der Tat feenhaft. Wie in der Luft sahen wir ein Kohleschiff mit vollen Segeln hinschweben, waehrend ein anderes in entgegengesetzter Richtung darunter hinfuhr. Dies seltene Schauspiel traf durch den gluecklichsten Zufall von der Welt grade mit dem Moment unserer Ankunft bei dem Kanale zusammen. Nachdem die Wirkung des ersten Erstaunøns vorueber war, besahen wir uns die Sache naeher. Ein schiffbarer Fluss stroemt zwischen hohen Ufern dahin; ein Kanal fuehrt auf dem hoeheren Lande in einer ihn gerade durchkreuzenden Richtung. Ueber den Fluss ist eine auf drei ungeheuren Bogen ruhende schnurgerade Bruecke (anders wissen wir es nicht zu nennen) gebaut. Diese, Gott weiss wie? wasserdicht gemacht, empfaengt den Kanal in einem Bette, welches tief genug ist, um nicht$ ke herkommen, denn fuer koerperlich Gesunde scheint nicht gesorgt zu sein. Ueber Lockerbie kamen wir den folgenden Tag nach Gretna Green, einem kleinen Dorfe, dem letzten auf der schottischen Grenze. Unbedeutend, wie es aussieht, ist es dennoch ein Ort von grosser Wichtigkeit. Hunderte bereuen es lebenslang, sich einmal unbesonnen hingewagt zu haben. Gretna Green ist der Schrecken aller Eltern, Vormuender, Onkel und Tanten in England, die reiche oder schoene Maedchen zu hueten haben; der Trost und die Hoffnung aller Misses, Ôie in Pensionen sich Kopf und Herz mit Romanlektuere anfuellen, der Hafen, nach welchem alle Gluecksritter zusteuern, die besonders aus Irland mit leerem Beutel und vakanten Herzen nach Bristol, Bath, auch wohl nach London kommen, um mit Hilfe des kleinen blinden Gottes und seines oft noch blinderen Bruders endlich ein solides Glueck zu machen. In Gretna Green wohnt naemlich der alte beruehmte Hufschmied, der die unaufloeslichsten Ketten schmiedet. Er ist dort Friedensrichter, und dies Am$ bbats wacht, uebertrifft noch die der Juden, welche doch nr die Arbeit untersagen, aber das Vergnuegen erlauben. Einige der vornehmsten Familien des Reichs wurden vor kurzer Zeit fast namentlich in den Kirchen als Sabbatschaender und schreckliche Suender abgekanzelt und in allen oeffentlichen Blaettern mit Schmaehreden ueberhaeuft, weil sie sonntags unter sich Liebhaberkonzerte gaben, und weil es bisweilen vorkam, dass die Gesellschaften, welche sie sonnabends bei sich versammelten, bis nach Mitternacht bei Tanz und Karten verweilten und dadurch den Tag des Herrn entheiligten, ehe er noch recht erschienen war. "Ist's wirklich wahr, dass man in Deutschland am Sonntage Karten spielt?" hoerten wir eine Dame fragen. "Keinen Tag lieber als sonntags, wo man doch nichts zu tun hat", war die Antwort. "Good Lord!" seufzte die zweite Dame; "aber", setzte sie belehrend hinzu, "man kann's ihnen nicht verdenken, sie werden nicht besser gelehrt", und dabei blickte sie mitleidig auf uns Heiden. "Aber sie spielen doch nicht $ 5 Lord und Lordkanzler. Verteidiger von Thomas Paine.] und sonst noch mehrere ausgezeichnete Rechtsgelehrte treten hier oft als Verteidiger oder Klaeger vor die Schranken. Hoffentlich goennt man diesen Maennern mehr Aufmerksamkeit, als sonst hier gebraeuchlich ist. Nie und nirgends sahen wir das, was doch erst das ernsteste Gesbchaeft der Welt ist, die Entscheidung zwischen Recht und Unrecht, Schuld und Unschuld, Lohn und Strafe, Leben und Tod, auf eine so leichtsinnige Weise betreiben. Keine Spur war zu erblicken von dem imponierenden Ernste, der von jedem Richterstuhle unzertrennlich sein sollte. Unbegreiflich ist es nur, wie Richter und Advokaten diesen Laerm ertragen, ohne alle Aufmerksamkeit, fuer ihr Geschaeft zu verlieren. Wir eilten hinaus und resignierten gern darauf, noch zwei Gerichtshoefe zu sehen, die sich ebenfalls im Palaste von Westminster befinden und in welchen es nicht besser hergeht als in den beiden, welche wir besuchten. Da das Parlament leider nicht versammelt war, so wollten wir doch w$ die schoenen Huegel, so weit das Auge nur reicht. Weisse Giebel freundlicher Paechterwohnungen, schoene Fassaden praechtiger mit Saeulen geschmueckter Villen, Landhaeuser, umrankt von Jelaengerjelieber, Tuerme entfernterer Kirchen, stattliche Schloesser, freundliche Doerfer und Staedtchen blinken ueberall hervor aus Baeumen und Gebuesch, in der Hoehe und in der Tiefe, in der Naehe und in der Ferne. Wohin das Auge sich wendet, erblickt es freundliche Gegenstaende, ueberall ist Lebensgenuss und Freude, nirgends Geraeusch und aengstliches Treiben. Am Ufer des schimmernden Stromes draengt sich alles dies noch freundlicher zusammen und spiegelt sich in den klaren Wellen, damit alles Schoene und Herrliche verdoppelt erscheine. Aus der Ferne schauen die ehrwuerdigen grauen Tuerme voùn Windsor von ihrem Huegel herueber, unten, mehr in der Naehe, breitet sich stattlich das grosse koenigliche Schloss Hampton Court aus; fast ganz im Vordergrunde, nahe an der Themse, liegt das reizende Schloss Strawberry Hill; dicht dar$ ernt, ein[ äusserst einfaches Feldleben zu führen. In Le Mans schlief Wilbur Wright in einem einfachen Bett, eigentlich nur in einer grossen Kiste, die bei Tage mittels einer Leine an die Decke gezogen wurde und bei Nacht auf dem Fussboden neben seinem Flieger Platz fand. Dabei bestand der Fliegerschuppen nur aus roh zusammengezimmerten Brettern, und der Raum war keineswegs behaglich, da der Wind über die Ebene des Schiessplatzes zu Auvours mit ungeschwächter Kraft dahinbrausen kann. In Pau bewohnten sie allerdings schon ein komfortableres Quartier, jedoch immer noch gegen das einfachste Zimmer eines einfachen Hotels bescheiden zu nennen. Beide Brüder sind von grosser Zurückhaltung; sobald sie jedoch jemand bei näherer Bekanntschaft schätzen gelernt haben, so tauen sie etwas mehr auf. Man hat das Gefühl, dass man Leute vor sich hat, auf die man sich in jeder Beziehung und in allen Lagen des Lebens verlassen kann. Ihre Schweigsamkeit ist ja genügend bekannt geworden. Ihre Physiognomie ist meistens sehr ernst; $ nz auffuehren muessen, um, vom Winde hin und her geworfen, das Gleichgewicht zu behaupten; aber stets gelang es ihm, gluecklich zu landen. Er wurde hierdurch jedoch notgedrungen zu den Versuchen gefuehrt, die Lenkbarkeit und leichte Handhabung zu Anfangs hatte er die Lenkung durch einfache Verlegung des Schwerpunktes mit sein m Koerper bewirkt, die um so guenstiger vonstatten ging, je kleiner die Fluegelflaechen waeren. Da nun bei staerkerem Winde die Anwendung kleinerer Flaechen keinen besonderen Nutzen gewaehrte, vielmehr sich die Notwendigkeit herausstellte, eine groessere Flaeche zum Heben zu gewinnen, so versuchte er zwei parallele Flaechen uebereinander anzubringen. Es gelang dies ueberraschend gut. Der Doppelapparat hatte nur 5-1/2 Meter Spannweite bei zwei Trageflaechen von je 9 Quadratmetern, deren obere etwas ueber der unteren lag. Die erreichte Hoehe wurde ganz bedeutend groesser, oft wurde der Abfliegepunkt um ein erhebliches Stueck ueberflogen, sobald die Winde bis ueber 10 Meter in der Sekunde s$ falls den Namen Chanute dabei vergessen, der in selbstloser Weise im Interesse der Flugtechnik gewirkt hat. [Illustration: *Chanute-Gleitflieger* beim Beginn des Starts von vorn gesehen. 1904] * * * * * Die Gleitflugversuche der Brueder Wright. Wilbur Wright schildert seinen und seines Bruders aeronautischen Werdegang eingehend inæ der Zeitschrift des Vereins der westamerikanischen Ingenieure vom Dezember 1901 unter dem Titel: Einige aeronautische Versuche (Some Aeronautical Experiments). Das in der Jugend schon bezeigte Interesse an Flugversuchen wurde bei Wilbur Wright zuerst wieder im Jahre 1896 neu geweckt, als der Telegraph die Nachricht nach Amerika brachte, dass der deutsche Flugtechniker Lilienthal bei seinen aufsehenerregenden Experimenten abgestuerzt und umgekommen sei. Er begann darueber nachzudenken, wodurch wohl der Sturz dieses Mannes hervorgerufen worden sei, der doch schon eine grosse Anzahl von Fluegen gluecklich ausgefuehrt hatte. Zunaechst studierte er die$ monika und verzog sich; Elschen folgte ihm hinunter auf den Balkenplatz, wo eine freundliche Herbstsonne die Kinder umfing, die sich noch sorgenlos in ihren Strahlen sonnen konnten. Herr Pfäffling suchte sich dem Drängen seiner Großen zu entziehen, indem er hinüberflüchtete in das Eckzimmer, das sein Musik- und Stundenzimmer war. Dort wartete ein Stoß neuer Musikalien auf ihn, die er prüfen sollte. Aber es währte nicht lang, so folgten ihm seine drei Lateinschüler nach, und ein jeder brachte wiederholt sein Anliegen vor und suchte zu beweisen, daß es dringend sei. "Ich glaube es ja," sagte der Vater, "aber alles auf einmal können wir nicht anschaffen, ihr müßt eben warten, bis sich wieder Geld angesammelt hat. Woher sollte denn so viel da sein eben jetzt, nach deVn langen Ferien? Wenn sich nun wieder Stundenschüler einfinden und Geld ins Haus bringen, dann sollt ihr Atlas, Reißzeug und die neuesten Ausgaben der Schulbücher bekommen, aber jetzt reicht es nur für das dringendste." Herr Pfäffling zog eine kleine$ hnen herumgeschlendert, denn er wollte nicht früher als Frieder nach Hause kommen. Als er sich endlich entschloß, heim zu gehen, war es ihm nicht behaglich zumute; es reute ihn doch, daß er den Kleinen zuletzt noch im Stich gelassen hatte. In der Frühlingsstraße wollte er mit dem Bruder wieder zusammentreffen. Er wartete eine Weile vergeblich auf ihn, dann ging ihm die Geduld aus, vermutlich war Frieder schon längst daheim. Er hoffte ihn oben zu finden, aber es war nicht so, das konnte er gleich daran merken, daß er von allen Seiten gefragt wurde: wie es mit deCm Baum gegangen sei? Nun mußte er freilich erzählen, daß er nur bis in die Nähe des Hauses Nr. 43 den Baum getragen, und dann mit einigen Freunden umgekehrt sei. Aber nun hörte man auch schon wieder jemand vor der Glastüre, das konnte Frieder sein, und dann war ja die Sache in Ordnung. Sie machten auf: da stand der kleine Unglücksmensch und hatte wieder seinen Christbaum im Arm! Sie trauten ihren Augen kaum. "Ja Frieder, hast du denn die Wohnung nicht $ ei allerlei Lehrern gesammelt, und die Wahrscheinlichkeit sprach ihnen dafuer, dass es glimpflich abgehen wuerde. Aber Frieder hatte einen neuen Lehrer, den kannte man noch nicht und die neuen waren oft scharf. Als nun endlich der Juengste heimkam und ins Zimmer trat, wo sie alle beisammen waren, sahen sie ihn begierig, zum Teil auch ein wenig spoettisch an. Aber das Spoettische verging ihnen bald beim Anblick des kleinen Mannes. Er sah so klaeglich verweint aus! Keine Frage, der Lehrer war scharf gewesen. Zuerst wollte Frieder nicht recht herausruecken mit der Sprache, denn der Vater war auch im Zimmer und da war in Erinnerung an sein zuernendes Gesicht und die weggenommene Harmonika nicht aufmunternd fuer Frieder. Aber Herr Pfaeffling ging ans Fenster, trommelte einen Marsch auf den Scheiben und achtete offenbar nicht auf die Kinder. Da hatte Marie bald alles aus dem kleinen Bruder herausgefragt, denn sie hatte immer etwas Muetterliches gegen die Kleinen, auch der Mutter Stimme. So erzaehlte denn Frieder, d$ gte: "Entschuldige, Vater, wir wollten drueben nicht stoeren, deshalb sind wir alle hier gewesen," dann stellte er rasch die Stuehle an ihren Platz und rettete dadurch noch einigermassen die Ehre der Pfaefflinge, die sich wohl noch nie so unguenstig praesentiert hatten, wie eben diesem Fremden gegenueber. Eine kleine Weile darnach reiste der Gast ab, von Herrn Pfaeffling zur Bahn geleitet. Die Kinder nahmen wieder Besitz von dem grossen Tisch im Wohnzimmer und sassen bald in der gewohnten Weise an ihren Aufgaben, doch war ihnen allen bang, wie der Vater wohl die Sache aufgenommen habe und was er sagen wuerde bei seiner Rueckkehr von der Bahn; die Mutter war ja nicht dabei gewesen, sie konnte es nicht wissen. Nun kam der Vater heim. Eine merkwuerdige Stille herrschte im Zimmer, als er ueber die Schwelle trat. qr blieb einen Augenblick stehen und betrachtete das friedliche Familienbild. Dann sagte er: "Da sitzen sie nun wie Musterkinder ganz brav bei der Mutter, sanft wie unschuldige Laemmlein, nicht wieder zu $ enn ich bin mir sehr bewusst, dass ich sie mit plumper, ungeschickter Hand vorgenommen habe. Was schreibt Ihr Sohn?""Anfangs wollte er sich nicht recht in das einfache Familienleben finden, aber nun sollten Sie hoeren, wie er begeistert schreibt ueber seine Tante, obwohl diese ihn fest fuehrt, wie wichtig es ihm ist, ob er ihr zum Quartalsabschluss ein gutes Zeugnis bringen wird und wiederum, wie vergnuegt er die Schlittenfahrten, die Spiele mit den Kindern schildert." Herr Meier warf einen Blick in den Brief, den er ans seiner Tasche zog, und schien Lust zu haben, ihn vorzulesen, aber er steckte ihn rasch wieder ein, da ein Bursche eintrat und ihm eine ganze Anzahl Telegramme ueberreichte, die eben eingetroffen waren. "Ich will Sie nicht laenger aufhalten," sagte Herr Pfaeffling. "Ihre Telegramme beunruhigen mich, auch hoere ich unten immerfort das "Fuer dieses sorgt der Portier, und die Telegramme enthalten vermutlich alle nur Zimmerbestellungen. Viele Fremde moechten da absteigen, wo sie wissen, dass die K$ icht vor den Kindrn vorlesen sollen, ehe wir entschlossen sind," sagte Frau Pfaeffling. "Freilich, aber ich kann dich auch nicht bei jeder Gelegenheit zu mir herueberrufen, und wo du bist, sind immer ein paar Kinder." "Ja, ja," erwiderte Frau Pfaeffling laechelnd, "und warten, bis sie in der Schule sind oder bis am Abend, warten kann man nicht, wenn man Pfaeffling Sie berieten zusammen, waren sehr bald entschlossen und riefen die Kinder zurueck. Frau Pfaeffling sah den Blick der Kleinen gespannt auf sich gerichtet. Sie zog das Kind an sich. "Es kann nicht sein, Elschen," sagte sie, "und ich will dir auch erklaeren warum. Bei einer so weiten Reise ist auch der _halbe_ Fahrpreis schon teuer und selbst, wenn ihn die gute Grossmutter fuer dich zahlen wollte, koennte ich dich doch nicht mitnehmen, denn wer sollte denn daheim die Tuere aufmachen, wenn es klingelt, waehrend alle in der Schule sind? Walburg hoert das ja nicht und sie versteht nicht, was die Leute sagen, die kommen. Du musst unsere Pfoertnerin sein, s$ geworden. Marie hatte ihr ein Mittel eingetraeufelt, das noch vom vergangenen Jahr dastand, und Umschlaege gemacht, aber das hatte alles nichts geholfen und erst gegen Morgen waren die Schwestern eingeschlafen. So war es schon zwei Naechte gewesen. Sie hatten es dem Vater verschweigen wollen, denn Anne mochte nicht zum Ohrenarzt geschickt werden, sie fuerchtete die Behandlung, fuerchtete auch die grosse Neujahrsrechnung. Am Nachmittag sassen aber doch die zwei Schwestern im Wartezimmer des Arztes. Der Vater hatte der Verzagten Mut gemacht und den Schwestern vorgehalten, dass Anne so schwerhoerig wie Walburg werden koennte, wenn etwas versaeumt wuerde. Der Arzt erkannte das Zwillingspaar gleich wieder. Die zwei Unzertrennlichen ruehrten ihn. Die gesunde Schwester sah gerade so aengstlich aus wie die kranke, sie zuckte wie diese beim Schmerz, und doch kam sie immer als reue Begleiterin. Diesmal konnte er beide troesten. "Es ist nichts Schlimmes," sagte er, "das gibt keine so boese Geschichte wie voriges Jahr. $ en seiner Frau und schaetzte sie hoch, auch war es ihm klar, dass in dem Haushalt seines Schwagers dem einzelnen Kind mehr Aufmerksamkeit zuteil werden konnte als in der eigenen Familie. Doch wollte er den Aufenthalt nur fuer ein oder hoechstes zwei Jahre festsetzen, damit keines der Kinder dem Geist des Elternhauses entfremdet wuerde. Einstweilen war das Wintersemester zu Ende gegangen, und was waehrend desselben geleistet worden, sollte sich heute in den Osterzeugnissen In einem der grossen Gaenge des Gymnasiums wartete Karl auf seinen Bruder Wilhelm, dessen Zeugnis war ihm diesmal so wichtig wie sein eigenes. Doch nur fuer die Mathematiknote interessierte er sich. Wenn diese nicht besser ausfiel als das letzte Mal, dann stund es schlimm um Wilhelm, schlimm auch um die Ferienfreude. Nachhilfestunden zu geben war nicht Karls Liebhaberei, der junge Lehrer und der Schueler haetten sie gleich gerne los gehabt. Darum strebten die Brueder gleich aufeinander zu, als die Klassentuere sich auftat und die Schueler he$ Einfachheit. Keine Spur von Liebe. Eine Art herzlichen Freundschaftsgefuehls. Freude. Sie ist Musik fuer mich. * * * * * Eine Ehe auf solcher Basis. Das waere etwas fuer mich. Aber es wuerde schliesslich gar keine rechte Ehe sein. Ich finde kein sinnliches Verhaeltnis zu ihr. Der Gedanke allein an diese Dinge erniedrigt sie mir schon. Ich bin zu aesthetisch fuer diese Art Liebe. Also auch fuer die Ehe. * * * * * Wenn sie spielt, ist es nicht die Musik allein, sondern das Bewusstsein, dass sie es ist, die spielt. Ich habe eigentlich gar kein Urteil ueber ihre Musik. Ich hoere alles hinein. Sie kann gar nicht Schumann spielen, sie ist durchaus keine Schumannnatur. Und doch bilde ich mir ein, Schumann nie so schoen gehoert Aber ich darf sie nicht ansehen dabÄi, ich muss die Augen schliessen. Sehe ich sie an, merke ich gleich, dass sie Schumann nur spielt. Bei Chopin darf ich ihr schon zusehen. Da ist diese vornehme Grazie des aristokratischen Salons,$ gewoehnlicher als sonst vor: "Willst du dich nicht 'n bisschen schlafen legen?" fragte er. Er duzte sie oft. "Schlafen?" fragte sie verwundert. "Du hast ja Punsch getrunken." Sie lachte laut auf. "Ach, das tut mir nichts." "Du trinkst wohl oft mal so einen heimlichen?" "Sie glauben auch wohl." "Aber was ich sage!" Sie war wirklich entruestet. Er lachte gutmuetig. "Lass gut sein. Ich scherz ja nur." Nach dem Essen konnte er sich nicht enthalten, ihr rundes Gesicht, das wirklich ein wenig gluehte, zwischen beide Haende zu nehmen. Sie wehrte sich, aber es half ihr nichts, ihr Kopf sass wie zwischen dem Schraubstock. "Wie 'n Backofen," sagte er und 3og ihr den widerstrebenden Kopf nach "Jetzt bekommst du einen Kuss, Moiken," sagte er. Aber es wurden zwei. Ausleben, nicht absterben! Randers kaufte beim Gaertner in Westerland ein paar rote Astern und stellte sie wieder oben hinauf, ins Fremdenzimmer. Er laechelte dabei, ein wenig spoettisch: "Ob sie wohl kommen wird?" Aber es ward aus dem Laecheln doch zuletzt ein $ s, das Mitleid der Nachbarn. Natürlich, so lange wird man beklatscht, begeifert, gesteinigt, aber nachher, hat m½n es nicht mehr ertragen können, dann weinen sie ihre Heuchelthränen. Wie ekelhaft ihr die Menschen waren. Nein, nicht leben mehr. Ein Sprung in die Alster, und alles ist gut. Der Kopf war ihr so schwer, und die Augen schmerzten ihr vom Weinen. Sie kühlte sich am Waschtisch Augen und Stirn. Bei dem Blinken des Wassers mußte sie immer an die Alster denken. Ein Sprung in die Alster. Sie hatte einmal einen Ertrunkenen auffischen sehen. Das Bild trat ihr vor Augen. Sie schüttelte sich vor Grausen und atmete wie befreit auf. Wer zwang sie denn? Sie war ja frei. Als die Mutter sie so müde und elend fand, redete sie ihr zu, doch etwas in die Luft zu gehen. Sie müsse sich Bewegung machen, auch des Kindes Lulu wehrte ab. Dann sollte sie wenigstens am Abend gehen, nach Dunkelwerden. Sie wollte sie begleiten, meinte die Mutter. Ja, am Abend, jetzt nicht. Aber allein, sie ginge am liebsten allein, nickte Lulu.$ echen und anderen Altweiberunsinn belächelte und verspottete sie. Aber alles, was mit dem Tode zusammenhing, hatte ihr von je her ehrfurchtsvollen Schauder abgenötigt. So weit erstreckte sich ihre Aufklärung nicht. Daß der Tod entfernter Personen sich oftmals ankündigt, durch Herabfallen von Bildern, Stillstehen von Uhren, geheimnisvolles Rufen, galt ihr durch mehr als ein Vorkommnis für Die Tante, der sie ihren Traum erzählte, hatte erst ein ganz bestürztes Gesicht gemacht und dann laut gelacht und ihr eifrig den "Unsinn" auszureden gesucht. Als ob Tante Caroline nicht ebenso steif und fest an dergleichen Vorbedeutungen glaubte. Hermann gegenüber hatte Therese Scheu, davon zu reden. Aber einmal, gesprächsweise machte sie doch Andeutungen. "Unsinn", sagte er, ganz wie die Tante. Dann ergri¬f er ihre Hand, streichelte sie sanft und sagte bestimmt: "Du wirst noch wieder fix und gesund, Resi." Als sie ungläubig den Kopf schüttelte, sagte er wiederholt "Unsinn, Unsinn", stand auf und sah lange zum Fenster hinaus.$ entledigen? "O, ich finde die Pferdebahn auch alleine", gab sie ihm schnippisch zur "Wenn Sie es vorziehen, bitte". Er gab ihr den Weg frei und lueftete den Sie zoegerte und bohrte die Spitze ihres weissen Spitzenschirmes in den tiefen weichen Sand. "Sie sind abscheulich!" stiess sie ploetzlich hervor. Sie zog die Unterlippe unter die Oberlippe, und Thraenen standen ihr in den Augen. Sofort war er geruehrt. "Aber liebes Fraeulein, machen Sie doch keinen Unsinn. Kommen Sie." Er legte ihren Arm mit sanftem Zwang in den seinen und zog sie mit sich. Zum Schein sich straeubend, mit der behandschuhten Rechten eine grosse Thraene von der linken Backe wischend, folgte sie ihm. Sie schaemte sich, und ein noch halb mit dem Weinen kaempfendes Lachen foerdeQte einen drolligen, hellen, glucksenden Ton zum Vorschein. Dieser komische Laut gab Anlass zu erneutem Lachen, und der Friede war geschlossen. Sie haette sich jetzt noch einmal von ihm kuessen lassen, aber er ging sittsam neben ihr her. Der Umweg erwies sich groesser,$ nzipalin mit dem Stadtreisenden von Mueller und Lenze in der Staatsstube zu verhandeln hatte. Mimi wollte sich "tot" lachen, als die Wittfoth auf die fragenden Blicke der Maedchen mit einem nicht misszuverstehenden Laecheln deren Vermutungen "Frau Pohlenz, gratuliere", rief sie, sich schuettelnd vor Heiterkeit. Sie durfte sich diese Keckheit schon herausnehmen, da sie wusste, wie die Wittfoth ueber ihren Verehrer dachte. Sie fand es zu "gediegen": Dieser Knirps, dieser Pomadenhengst. "Wenn ich ihn nur nicht haben sollte", meinte sie. "Na, na!" neckte Therese. "Den? nicht vergoldet", beteuerte Mimi. Therese zweifelte im Ernst nicht an Mimis Abneigung gegen PohlenzX wusste sie nun doch zur Genuege, dass zwischen Hermann und Mimi ein ernsteres Verhaeltnis bestand, als sie sich bisher eingestehen wollte. Der Verkehr der beiden hatte nach jenem, fuer Hermann so "teueren" Sonntag die bisherige Unbefangenheit verloren. Es bedurfte nicht der Augen einer Eifersuechtigen, um das zu bemerken. Auch die Tante war hellsich$ rts A uergoyna per los teus torts. Tots mos scutlers m'an fets clams 10 Que a tu no duren liams E que tota la nuyt uas solt Tant tro quels as meniat e tolt L'ordi que tenen los caualls, E not basten mFunts ne ualls. 15 No as uergoyna, ben struch? Con no prens aximpli d'en Buch? Aximpli deus pendre de mi; Be saps que anch nom abeyli Pendre, tolrre ne amblar." 20 "Gran freturaus fa bon caylar", Dix lo cauayll, "si deus m'aiut! Noych sots per tal conegut, Que seylls, quius conexen, dieu tots Que mal hom e de mal plech sots, 25 E que mil bocs auets amblats, Meyns de aquells c'auets meniats. 219d De pendra galines sabeu, Per deu, non sab tant na Guineu! D'emblar cabrits per les muntaynes 30 Mils que nul lop sabets les maynes. D'entrar de nits en colom$ hr, warum ich nicht lieber mit meinem Kind sterben wollte: der Tod ist nicht das schlimmste!" Sie brach in Tränen aus. Der Bruder suchte sie zu beruhigen. "Du brauchst deiner Schwiegermutter nicht zu erzählen, was _du_ bei der Sache gesprochen hast. Darüber schweigst du einfach!" "Ach, das kann ich nicht, wenn sie mich mit ihren klaren Augen ansieht, so muß ich die ganze Wahrheit sagen. Sie würde es doch gleich merken, daß mir noch etwas auf der Seele lieg|." "Ei, so bleibe hier!" riet die Schwägerin. "Schicke ihr Gebhard allein, sage, du könnest mit der Kleinen im Winter nicht reisen und ohne das Kind nicht fort. Zwar wäre sie ja bei mir und dem Mädchen wohl versorgt, aber es ist doch eine gute Ausrede; versprich deinen Besuch fürs Frühjahr, dann wollen wir weiter sehen." "Ja, das wird das Beste sein," sagte der Bruder, "sie kann die Winterreise und dazu solch eine Aufregung nicht von dir verlangen und Gebhard wird sehr gern zu seiner Großmutter gehen mit seinem Hund, na--er kann auch ganz dort bleiben, wenn$ und war bald auch in allerlei Arbeit fuer andere mit hineingezogen. Zuerst durch die junge Schustersfrau, die inzwischen Witwe geworden war. Ihr musste man helfen Verdienst zu suchen, und dabei hoerte man von anderen, die in aehnliche Not geraten waren. Da gab es fuer Helene viele Gaenge zu machen, aufzumuntern und Hilfe zu schaffen. Ihre beiden jungen Nichten, Else und Grete, waren eifrige Woll- und Metallsammlerinnen fuers Vaterland, hatten auch Gebhard mit hereingezogen und so gab es in der ganzen Familie kaum eine Taetigkeit, selten ein Gespraech, das nicht mit dem Krieg zusammenhing. Ueber all dem verstrich rasch die Wartezeit und ging der kalte Vorfruehling ueber in einen Mai, so wonnig, dass all die Krieger im Feld und ihre Treuen daheim aufatmeten nach dem schweren Winter. Und einer dieser wonnigen Maitage loeste auch das geheimnisvolle Dunkel, das bisher ueber dem Schjicksal des Foersters gewaltet hatte. Helene war mit ihrem Toechterchen und den grossen Kindern den Nachmittag im Wald gewesen, nun kam$ n nach Italien und unter Constantius Chlorus nach Helvetien versetzt, schliesslich zu Martinach, die Theilnahme an einem heidnischen Opfer verweigernd, decimirt worden sein soll. Einzelne, diesem Blutbade entronnen, gelangten an die Aare und den Rhein und erlitten hier, unermüdlich den Christenglauben ausbreitend, gleichfalls den Martyrertod. Wo dieses in Helvetien geschah, da sind denselben die ältesten Stifte und Kirchen geweiht worden; so dem hl. Mauritius zu Martinach in'Wallis und zu Bern; dem Ursus und Victor zu Solothurn; Felix, Exuperantius und Regula zu dritt in Zürich u.s.w. Die mit dieser Soldatengeschichte ganz äusserlich vereinbarte Verenenlegende berichtet, entkleidet ihrer märchenhaften Zuthaten, ungefähr Folgendes. Verena, eine junge Christin zu Anfang des vierten Jahrhunderts, begleitete jene Thebaische Legion, in welcher sie einige Verwandte hatte, aus Afrika nach Italien und verblieb, beim Abmarsche der Truppen nach Helvetien, zu Mailand, um sich hier der Krankenpflege gefangener Christen z$ --Storch--Steine, Mit dem langen Beine, Mit dem kurzen Knie: Jungfrau Marie Hat ein Kind gefunden In dem goldnen Brunnen. Wer solls (aus der Taufe) heben? Der Gothe und die Göthen. Am Queckbrunnen zu Dresden stand schon 1312 ein Marienbild; jetzt ziert ihn ein fliegender Storch, der sowohl im Schnabel, als auch in den Fängen und zudem auf jedem Flügel je ein Wickelkind trägt. Dieses Wasser macht unfruchtbare Frauen zu gesegneten Kindsmüttern. Schäfer, Städtewahrzeichen 1, 120. Zu den in den Aargau. Sagen 1, S. 17 bereits verzeichneten schweiz. Kleinkinderbrunnen lassen sich nachträglich noch folgende aargauische anführen. In der Stadt Aarau war es bis zum Jahre 1812 obrigkeitlich festgesetzt gewesen, den Stadtbach alljährlich am Verenatag abschlagen zu lassen. Da man der Annahme zufolge aus seinen Brunnenstuben den Säuglingsvorrth holte, so steht dieser Kleinkinderbach noch immer in besonderer Geltung. Sobald man nun den abgestellten Bach eines Abends wieder anlaufen lässt, zieht i$ Neustadt a.d. Aisch; Walpenreuth, Dorf bei Berneck; Walpersberg, Dorf bei Bogen; Walpersdorf, ein Weiler bei Rosenheim, und zwei gleichnamige Doerfer bei Rottenburg und bei Schwabach; Walpershof, Dorf bei Eschenbach; Walpersreuth, Weileräbei Neustadt a.d.W.; Walperstetten, Dorf bei Dingolfing; Walperstorf, bei Landshut; Walpertshofen, Weiler bei Dachau; Walpertskirchen, Pfarrdorf bei Erding; Woelbersbach, Dorf bei der Stadt Hof; Wolpersreut, Dorf bei Kulmbach; Wolperstetten, Dorf bei Dillingen; Wolpertsau, Einoede bei Neuburg an der Donau. Diese Liste laesst sich jedoch noch um vieles vermehren, wenn man dabei die mundartlichen Formen des Namens Walburg mitverwerthet. Er lautet im Altmuehlthale Buergli, in altbairisch-oberpfaelzischer Mundart Walberl (nicht zu verwechseln mit Waberl, Wawl, Wabm, was in Altbaiern und Mittelfranken Barbara ist), im tiroler Zillerthal Purgel u.s.w. Einer der Hauptberge am oberbaierischen Tegernsee wird 1420 in einem Lateingedichte des Peter v. Rosenheim als Walber foecundissimu$ , so hat noch stets ein guenstiger Wind das Gewoelk vertrieben, sobald jener Umgang von Mazorit heran zu ruecken pflegt. A. SS. Henschenii tom. I, ad diem 1. Maii, de S. Florina, Virg. et Mart. Die in der Walburgisnacht auf den Wiesen tanzenden und auf den Blocksberg fahrenden Hexen sind arge Truebungen einer urspruenglich edleren Vorstellung von guetig gesinnten und fuer den Erntewachsthum bemueht gewesenen Geistern. Sie alle theilen, bei naeherer Untersuchung, emsig das Geschaeft ihrer Herrin Walburgis. In einer siebenbuergner Sage bei Mueller, S. 382, stoesst ein Bauer, der seinen Sack Mehl aus der Muehle heimtraegt, auf einen Trupp Truden, die auf dem Erlenanger tanzen. Er gruesst sie: Gott vermir ich iren danz, Gott vermir ich iren kranz! Freundlich antorten sie: Gott segne euch den Sack, dass er nie des Mehles ledig wird! Der Volksglaube sagt zwar, die Trud nehme die unholden Gestalten an von Kehrwisch, Flederwisch und Besenreis (Schoenwerth, Oberpfalz 1, 209); allein damit verbuergt er nur, das$ en Geschwister, Oswald und Walburg, tragen in ihrer Hand das Attribut der drei Aehren. Bruder Oswald besitzt bei dem nach ihm benannten tiroler Dorfe eine geheiligte Quelle, die als des Landes Jungbrunnen gilt (Zingerle, Sitten no. 936); die Schwester Walburg spendet nebst solchen Heilquellen das besondere Heiloel: es ist dies die Naehrkraft des unter dem Einflusse des Maienthaues sich bildenden Getreidekornes. Der Thau, der aus der Maehne des Walkuerenrosses trieft, verleiht dem Erdboden seine Lebens- und Befruchtungsquellen; aus dem Trinkhorne bietet hierauf die Walkuere Oelrun den von ihr gebrauten Seligkeitstrank dem in den Himmel Eingehenden. Wie war oder ist nun der Name dieses Trankes? Zum Meth fuehrt am Weissen Sonntag, 8 Tage nach Ostern, der altbair. Bursche sein Maedchen, es soll sich dabei schoen und stark trinken. Schmeller, Woertb. 3, 360. Der Litthauer nennt sein Hausbier, das bei keinem haeuslichen Feste fehlen darf, Alus, das Baertige, denn es wird aus der grannenreichen Gerste gebrautÐ; der $ ingswort, sein letztes Pathos, die große Glocke, mit der er zu den höchsten Festen der Seele rief, sie lockte viele herbei... Freiheit... Mehr und weniger, wahrhaftig, begriff er darunter als sie, wenn sie jubelten. Freiheit--was hieß das? Ein wenig Bürgerwürde doch nicht vor Fürstenthronen? Laßt ihr euch träumen, was alles ein Geist mit dem Worte zu mein¬n wagt? Freiheit wovon? Wovon zuletzt noch? Vielleicht sogar noch vom Glück, vom Menschenglück, dieser seidenen Fessel, dieser weichen und holden Verpflichtung... Vom Glück... Seine Lippen zuckten; es war, als kehrte sein Blick sich nach innen, und langsam ließ er das Gesicht in die Hände sinken... Er war im Nebenzimmer. Bläuliches Licht floß von der Ampel, und der geblümte Vorhang verhüllte in stillen Falten das Fenster. Er stand am Bette, beugte sich über das süße Haupt auf dem Kissen... Eine schwarze Locke ringelte sich über die Wange, die von der Blässe der Perlen schien, und die kindlichen Lippen waren im Schlummer geöffnet... Mein Weib! Geliebte! Folgt$ s ich nicht."-- Ja, jetzt wurde es still; eine Woche, zwei Wochen vergingen, von den beiden Bruedern kam keine Nachricht. Das war eine bange Zeit daheim! Warum schrieben sie nicht? War die Post schuld oder lagen sie irgendwo schwer verwundet oder tot? Es kamen immer neue Verlustlisten. Mit Herzklopfen wurden sie durchgelesen; das tat der Vater unten im Geschaeft. Er suchte so eifrig nach den Namen seiner Soehne und suchte doch mit der Hoffnung, sie nicht zu finden. Und wenn er die Listen durchgesehen hatte, kam er herauf ins Wohnzimmer und sagte beruhigend: Nichts gefunden. Aber eines Tages--die Mutter und Tochter waren eben beschaeftigt fuer jeden der Brueder ein Paeckchen mit warmen Socken zu packen--da trat der Vater mit der Verlustliste in der Hand herein. Die Mutter sah ihn an und wurde bleich. "Was ist's?" "Keine Todesanze'ge, keine Verwundung. Aber hier; Lutz Schreiber, vermisst." Und er fuegte hinzu: "Wir brauchen uns nichts Schlimmes vorzustellen. Ihr werdet euch erinnern, dass erst kuerzlich in eine$ t und verliess das Hotel zu Fuss, wie er gekommen, um sich, gefolgt von dem Handgepaeck tragenden Hausdiener, durch die weiss bluehende Allee quer ueber die Insel zur Dampferbruecke zu begeben. Er erreicht sie, er nimmt Platz,--und was folgte, war eine Leidensfahrt, kummervoll, durch alle Tiefen der Reue. Es war die vertraute Fahrt ueber die Lagune, an San Marco vorbei, den grossen Kanal hinauf. Aschenbach sass auf der Rundbank am Buge, den Arm aufs Gelaender gestuetzt, mit der Hand die Augen beschattend. Die oeffentlichen Gaerten blieben zurueck, die Piazzetta eroeffnete sich noch einmal in fuerstlicher Anmut und ward verlassen, es kam die grosse Flucht der Palaeste, und als die Wasserstrasse sich wendete, erschien des Rialto praechtig gespannter Marmobogen. Der Abschiednehmende schaute, und seine Brust war zerrissen. Die Atmosphaere der Stadt, diesen leis fauligen Geruch von Meer und Sumpf, den zu fliehen es ihn so sehr gedraengt hatte,--er atmete ihn jetzt in tiefen, zaertlich schmerzlichen Zuegen. War es $ los und drang agierend gegen die Rampe vor, wo man seine Eulenspiegeleien mit aufmunterndem Lachen belohnte. Namentlich die Russen, in ihrem Parterre, zeigten sich entzueckt ueber soviel suedliche Beweglichkeit und ermutigten ihn durch Beifall und Zurufe, immer kecker und sicherer aus sich heraus zu gehen. Aschenbach sass an der Balustrade und kuehlte zuweilen die Lippen mit einem Gemisch aus Granatapfelsaft und Soda, das vor ihm rubinrot im Glase funkelte. Seine Nerven nahmen die dudelnden Klaenge, die vulgaeren und schmachtenden Melodien begierig auf, denn die Leidenschaft laehmt den waehlerischen Sinn und laesst sich allen Ernstes mit Reizen ein, welche die Nuechternheit humoristisch aufnehmen oder unwillig ablehnen wuerde. Seine Zuege waren durch die Spruenge des Gauklers zu einem fix gewordenen und schon schmerzenden Laecheln verrenkt.Er sass laessig da, waehrend eine aeusserste Aufmerksamkeit sein Inneres spannte, denn sechs Schritte von ihm lehnte Tadzio am Steingelaender. Er stand dort in dem weissen $ Sie zerknitterte die Schriftstücke in ihrer Hand, sprang empor und rief nach Tibet. Ernst, bleich, ahnend, was vorgefallen, erschien der Mann und blieb wie angewurzelt an der Thür stehen. "Tibet! Tibet!" schrie Ange, blaß, abgehärmt und kaum wiederzuerkennen durch die Wirkungen ihres maßlosen Schmerzes. "Das alles wußten Sie seit langen Jahren und Sie schwiegen? Dem allen waren Sie ein Helfer und kannten und liebten doch meine Kinder? O Mensch, sprechen Sie, damit ich wenigstens einen Grund finde, Ihnen zu verzeihen! Nicht verloren durch Ungemach, alles was wir besaßen--nein, durch Spiel--durch Spiel! Man sitzt über Menschen zu Gericht, tötet sie, wenn sie, von der Leidenschaft fortgerissen, einen andern morden!--Ist Leidenschaft denn Vernunft, und kann man richten, wo die Vernunft fehlte? Aber wie ahnet ein Gott ein so furchtbares Verbrechen?--Wie er es ahndet? An dem Glück Lebendiger, indem er die Unschuldigen ins Verderben zieht! Kinder, reine, arglose Geschöpfe müssen dafür büßen!--Was hier geschehen, su$ nicht zu Hilfe. Eine peinliche Pause "Wohl," sagte Teut endlich und strich den langen Schnurrbart; "ich begreife. Aber was ich durchaus nicht verstehe"--Zirp fand diesen hochmuetigen Ton, dieses etwas schulmeisterliche Wesen Teuts ganz unertraeglich--"wie wollen Sie denn nach der ueblichen Frist von drei Monaten zahlen?" Zirp biss sich auf die Lippen und knipste abermals die Asche auf den "Koennen Sie eine Garantie geben, dass Sie um jene Zeit die Schwierigkeiten zu beseitigen vermoegen?" "Gewiss, gewiss!" erwiderte Zirp leichtfertig. "Und diese waere?" fuhr Teut unerbittlich fort. "Nun, meine Schwester wird sich breitschlagen lassen--" "Hm! Aber wenn Sie sich nun doch in dieser Annahme irren?" "Ah, dasist ja nicht denkbar! Sie muss ja--" "Sie muss? Weshalb? Entschuldigen Sie--" "Nun es steht doch alles auf dem Spiel, wenn ich nicht zahle. Sie kennen ja die Konsequenzen." Zirp wagte waehrend der Schlussworte das Auge nicht emporzuschlagen. Teut sah ihn an und schuettelte den Kopf; dann sagte er in einem mild$ rten Abend von Ange trennte, erwirkte er auch Verzeihung fuer Tibet, der seit seiner Trennung von Ange bei ihm in Eder sich aufgehalten und ihn auch nach Eisenach begleitet Ange aber schloss kein Ange in dieser Nacht. So unvorhergesehen, so ploetzlich war alles ueber sie gekommen, so mit einem Schlage waren alle Dinge veraendert, dass sie sich wiederholt an die Stirn griff; ob's denn auch Wahrheit und kein Traum sei. Haltende, brennende Stroeme jagten durch ihr Inneres. Die stille Liebe zu Teut hatte sich durch das Wiedersehen in einen draengenden, stuermischen Fruehling verwandelt. Er war an ihrer Seite und sie sollte ihn vielleicha wieder verlieren? Als Ange am naechsten Morgen ihren Kindern mitteilte, Onkel Axel und Tibet seien wieder da und wuerden an dem Weihnachtsfest teilnehmen, erscholl lauter Jubel durchs Haus. Ben draengte sich an seine Mutter, als sie allein war, und forschte in ihren Augen. "O ja, ja, Du bist wieder froehlich! Ich sehe es!" presste er heraus und umhalste sie. Sie aber legte die Ha$ eift und in die Sägemühle gefahren. Nachdem wir uns am Ufer des Russian River eine Weile bei Speise und Trank gelagert hatten, fuhren wir auf einem andern Wege durch prächtigen Rotholzwald, mit Lorbeer und Haselnuß untermischt, nach Hause zurück. Nach Tische fuhr ich über Santa Rosa, einer freundlichen Landstadt, die ihren Namen nach einer getauften Indianerin hatp bis nach Cloverdale, wo ich übernachtete. Da die Post nach den Geysers erst um Mittag abfuhr, blieb mir der Vormittag zu einem Spaziergang in die Umgegend. Ich erstieg einen Hügel, von welchem ich die Aussicht auf das friedliche Thal mit seiner herrlichen Vegetation genoß. Wie viele solcher Idyllen, die sich mit den reizendsten in Deutschland messen können, mögen unbeachtet in dem weiten Lande zu finden sein! Als ich mich näher umsah, bemerkte ich erst, daß ich unter Gräbern stand; aus einer frischen Gruft schaufelte ein Mann Erde heraus. Ich ließ mich in ein Gespräch ein, merkte bald, daß er ein Landsmann war, und fuhr deutsch fort. Er entpuppte s$ mark, Schwager Kaiser Karls V., Urheber des berüchtigten Stockholmer Blutbades. Auf Seeland. Zu König Gylfe in Schweden kam einst eine wandernde Sängerin, die ihn durch ihre Lieder entzückte. Der König--so meldet die Sage von der Entstehung der Insel Seeland--verlieh ihr zum Lohne für ihren Gesang so viel Land, al× sie mit vier Ochsen auf einmal umpflügen könnte. Wie erschrak er aber, als die Fremde, die niemand anders war, als das Riesenweib Gefion, ein gewaltiges Stück Land aus dem Boden herauspflügte und es von ihren Ochsen ins Meer ziehen ließ, wo es als "Seeland" stehen blieb. Die Pflugfurche bildete den jetzigen Oeresund, der Schweden von Seeland trennt, während an der Stelle, wo das Land weggepflügt war, ein großer See entstand: der jetzige Wener-See. Noch heutigen Tages lassen seine Uferlinien deutlich die Umrisse der seeländischen Küste erkennen. Wer möglichst schnell einen großen Teil der Hauptschönheiten der Gefions-Insel kennen lernen will, besteigt einen der bequem eingerichteten Raddampfer, der $ daß ich von all den Märschen, bei denen ich oft bis auf die Haut durchnäßt wurde und jämmerlich fror, nie eine ernste Krankheit davontrug. Meine Kleidung war keineswegs solchet Strapazen angepaßt, wollene Unterwäsche war ein unbekannter Luxus und ein Regenschirm wäre für einen wandernden Handwerksburschen ein Gegenstand des Spottes und Hohnes geworden. Oft bin ich morgens in die noch feuchten Kleider geschlüpft, die am Tage vorher durchnäßt wurden und am nächsten Tage das gleiche Schicksal erfuhren. Jugend überwindet viel. In Salzburg fand ich Arbeit, wohingegen mein Reisegefährte, nachdem ich ihm mit dem Rest meines Geldes nach Kräften ausgeholfen, weiter nach Wien reiste. In Salzburg verblieb ich bis Ende Februar 1860. Bekanntlich ist Salzburg nach seiner Lage eine der schönsten Städte Deutschlands, denn damals gehörte es noch zu Deutschland; aber es steht im Rufe, im Sommer sehr viel Regentage zu haben. Eine Ausnahme machte der Sommer 1859, der wunderbar genannt werden mußte. Der Sommer 1859 war aber auch$ ben können. Gleichwohl behandelten die Liberalen der verschiedene Schattierungen in ihren öffentlichen Angriffen die Klein- und Mittelstaaten viel schlechter als zum Beispiel Preußen. Und doch war es Preußen gewesen, das die Revolution niedergeworfen und es neben den Oktroyierungen im eigenen Lande an Gewalttaten gegen die Revolutionäre nicht hatte fehlen lassen. Ich erinnere nur an die Verurteilung Gottfried Kinkels zu lebenslänglichem Zuchthaus, an die Erschießung von Adolf v. Trützschler in Mannheim und Max Dortü in Freiburg i.B., an die Erschießungen in den Kasemattengräben in Rastatt, an die furchtbaren Grausamkeiten, die das preußische Militär nach der Niederwerfung des Maiaufstandes in Dresden an den gefangenen Revolutionären begangen hatte. Auch waren die Zustände Preußens in den fünfziger Jahren unter der Herrschaft des Systems Manteuffel so, daß sie jeden halbwegs freidenkenden Mann zur Empörung aufstacheln mußten und Preußen in Deutschland und im Ausland aufs schlimmste diskreditierten. Auch der im$ er Arbeiterbewegung sich zusammenfinden. Abgesehen von den schon erwähnten Fällen, in denen Lassalleaner und Arbeitervereinler gemeinsame Sache machten und gemeinsame Forderungen erhoben, sprach sich am 17. Juli 1865 eine Versammlung des Maingaues, in der als Redner vom Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein Lauer und Welcker aus Frankfurt a.M. auftraten, folgendermaßen aus: Der Arbeitertag erklärt, daß er m Interesse der guten Sache des Arbeiterstandes die Spaltung in der Arbeiterbewegung für schädlich und nachteilig hält, und erklärt sich die aus Mitgliedern der Arbeiterbildungsvereine des Maingaus und aus Mitgliedern des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins bestehende Versammlung bereit, allen Schritten zur Vereinigung die Hand zu bieten. Hauptredner in jener Versammlung war Professor Eckhardt, der seiner Rede das Thema "Staatshilfe und Selbsthilfe" zugrunde gelegt hatte. Ein ähnlicher Versuch zur Einigung, der Mitte Januar 1866 in Leipzig gemacht wurde, scheiterte; dagegen kam man überein, gemeinsam für di$ n Verbrechen. Kirchner wurde nachher auch als Vertrauensmann gewählt. Die Hauptverhandlungen des Vereinstags fanden im großen historischen Rathaussaal statt, den der Nürnberger Magistrat in der Hoffnung hergegeben hatte, daß die liberale Richtung siegen werde. Diese Hoffnung wurde zu Wasser. Mit einer Begrüßung der fremden Vertreter eröffnete ich die Versammlung und ließ das Präsidium wählen. Von 94 abgegebenen Stimme fielen 69 auf mich und 21 auf Rögner-Nürnberg, 4 Stimmen zersplitterten. Damit war die Entscheidung über den Geist, der den Vereinstag beherrschen werde, gefallen. Als erster Vizevorsitzender wurde Löwenstein-Fürth mit 62 Stimmen, als zweiter Vizevorsitzender Bürger-Göppingen mit 59 Stimmen gewählt. Die Gegenpartei unterlag auf der ganzen Linie. Letztere suchte nun bei Feststellung der Tagesordnung zu retten, was zu retten möglich; sie verlangte die Absetzung der Programmfrage von der Tagesordnung. Darüber kam es zu scharfen Auseinandersetzungen. "Keine Kompromisse" rief es von den verschiedenst$ ch, als ich bei ihr eintrat, und nun eben überkam sie ein sehr starker Schüttelfrost. Sie hatte sich bereits ins Bett gelegt, als Fräulein Merville sie\aufsuchte. So habe ich mich denn auf Trost und zweckmäßige Anordnungen beschränken müssen. Fräulein Merville wird die Nacht bei ihr bleiben. Jedenfalls aber muß ein Arzt kommen. Wie soll's nun werden, Lavard?" "Ah--" stieß der Graf, von neuem stark erregt, heraus, und die Adern schwollen ihm in dem roten Gesicht an.--"Da haben wir's! Natürlich ist sie doch im Dorf gewesen, und was wir voraussagten, ist geschehen. Sie hat das Scharlach ins Schloß gebracht! Wahrlich, unverantwortlich, strafwürdig hat sie gehandelt an sich--und an uns! Da ist gleich ein Beweis von dem jüngst Gesagten: Das Beste in einer ungeschickten Hand kann zum Verderben werden. Und ich füge hinzu: Das Ungünstige, weise verwertet, kann zum Segen gereichen. Ja--welcher Doktor? Jedenfalls soll kein Prestö jemals diese Schwelle wieder betreten. Andreas soll sofort nach Oerebye kutschieren. Klinge$ rgen im stande sei. Und die Blinde beugte das Haupt wie unter einem Schlage, während Thränen aus ihren lichtlosen Augen tropften. Noch begab sich Imgjor dann in die Küche um nach dem Toten zu sehen. Freilich, was sich ihr bot, war erschütternd. Kalt, steif und unbeweglich lag der alte Mann auf dem Fußboden. Ihn zu betten, war erforderlich. Und solches veranlaßte Imgjor durch die Nachbarn, und nachdem auch das gschehen, erklärte sie der alten Frau, ihr für die nächsten Tage eine Hilfe schicken zu wollen. Sie beschloß, ihr Gebine zu senden. Auch ihre Ueberführung in das Armenfrauenhaus zu betreiben, versprach sie ihr nochmals, und nachdem die Alte dazu mit tief gerührten Gefühlen genickt, nahm Imgjor von ihr "Adieu, Adieu, Frau Ohlsen! Tragen Sie, was Gott Ihnen schickte, mit Geduld! Viele haben es noch weit schwerer--" Und die Alte nickte abermals, während sie Imgjors Hände mit ihren mageren Fingern fest umklammerte. "Gott segne Sie, Komtesse!" schluchzte sie. "Ich werde immer an Sie denken, und noch mit meine$ Non am Morgen, Vesper und Komplet am Abend mit Psalmen, Martyrologien, Ordensregeln. Auch nächtliche Gottesdienste wurden begangen: Metten und Vigilien. Und sogar während des Essens, wo Stillschweigen geboten war, wurde vorgelesen aus einem Erbauungsbuch. Abwechselnd hatte Katharina auch selbst diese Vorlesung zu halten und mußte dann nachspeisen[52]. Welchen Eindruck diese Vorschriften auf ein natürlich fühlendes und religiöses Gemüt machen mußten, hören wir aus einem späteren Bericht: "Da D. Martinus der Nonnen Statuten las, die gar kalt geschrieben und gemacht waren, seufzte er sehr und sprach: "Das hat man müssen hochhalten und hat dieweil Gottes Wort vermisset! Sehet nur, was für eine Stockmeisterei und Marter der ewissen im Papsttum gewest ist, da man auf die horas canonicas und Menschensatzungen drang, wie Hugo geschrieben, daß wer nur eine Silbe ausließe und nicht gar ausbetete, müßte Rechenschaft dafür geben am jüngsten Gericht[53]." Ob Katharina je ein Amt in dem Konvent bekleidet hat, wissen wir ni$ innen bist." Beim Hochzeitsschmaus selbst sorgte Luther für fröhliche Unterhaltung und allerlei Rätselaufgaben. So fragte er den "schwarzen Engländer" (wahrscheinlich Robert Barns, der seit 1533 in Wittenberg studierte und zur Hochzeit geladen war): "Wie wollt„ Ihr Wein in einen Keller legen nicht eingeschroten und nicht eingefüllt?" Der Engländer wußte es nicht; Luther aber sagte: "Man bringt Most hinein, so wird schon Wein daraus; das ist eine natürliche Magie und Kunststück." Weiter fragte er, welches die breiteten Wasser zu Lande wären? Antwort: "Der Schnee, Regen und Tau"[318]. Dem neuen Ehepaare legte aber Luther einen seinen Spruch der Alten ans Herz; der Braut: "Liebe Tochter, halte Dich also gegen Deinen Mann, daß er fröhlich wird, wie er auf dem Heimwege die Spitze des Hauses sieht." Und dem Bräutigam: "Es soll der Mann leben mit seinem Weibe, daß sie ihn nicht gerne siehet wegziehen und fröhlich wird, so er heimkommt"[319]. Diesen fröhlichen Tagen sind schwere Jahre vorausgegangen und gefolgt. Scho$ ycaoni nostro (dem Diener Wolfgang), daß er die Maulbeer nicht versäume, er verschlafe sie denn, das wird er nicht thun--er versehe es denn--und den Wein soll er auch zur Zeit abziehen. Seid fröhlich alle und betet. Amen. Weimar, am Tage der Heimsuchung Mariä (2. Juli) 1540. Martinus Luther, Dein Herzliebchen." Mit dem folgenden Brief an "Frau Katherin Luderin zu Wittenberg, meiner lieben Hausfrau" schickt Luther seiner "lieben Jungfer Käthe" durch den Fuhrmann Wolf 42 Thaler Sold und 40 fl. Die "magst Du brauchen, bis wir kommen, und wechseln lassen bei Haus von Taubenheim zu Torgau; denn wir zu Hofe nicht einen Pfennig Kleinmünze mögen haben. Magister Philipps kommt wieder zum Leben aus dem Grabe, siehet noch kränklch, aber doch leberlich aus, scherzt und lacht wieder mit uns, isset und trinket wie zuvor mit über Tische. Gott sei Lob! Und danket ihr auch dem lieben Vater im Himmel.... Was aber (zu Hagenau) geschieht, wissen wir nicht, nur das: man achtet, sie werden uns heißen: Thu das und das, oder wir wol$ uvor Hofmeister der Söhne des Königs Ferdinand, später Kaiser Ferdinand I., Bruder Karls V. gewesen, mußte aber seines Luthertums wegen flüchten und nahm nach Wittenberg seine Zuflucht. Er war ein sehr feiner Mann, noch unbeweibt; Luther empfahl ihn dem Kurfürsten zum Hofmeister und hoffte, er solle ihm "sehr wohl gefallen". Aber es wurde nichts daraus, und sMo lebte Schiefer als ein lieber Freund Luthers ins folgende Jahr im Haus. Schiefer beteiligt sich gar oft an den Tischgesprächen, ihm soll Frau Käthe auch von Luther aus Weimar allerlei über "seinen König Ferdinand" ausrichten[374]. Ein ebenso gesetzter Mann kam um diese Zeit als Gast ins Lutherhaus nach Wittenberg, _Matthesius_, der 36jährige Schulmeister von Joachimsthal, der noch Theologie studieren wollte, um daheim das Pfarramt zu übernehmen. Von 1540-42 war er Genosse an Käthes Kosttisch. Er redet mit großer Verehrung von ihr[375]. Und endlich kam noch _Goldschmidt_ (Aurifaber) ins Haus, ein Mansfelder. Er studierte von 1537-40 Theologie; wurde dan$ er zu Bugenhagen: "Viele denken, weil ich mich unterweilen in meinem äußern Wandel fröhlich stelle, ich gehe auf lauter Rosen; aber Gott weiß, wie es um mich stehet meines Lebens halber. Ich± habe mir oft vorgenommen, ich wollte der Welt zu Dienst mich etwas ernstlicher und heiliger (weiß nicht, wie ich's nennen soll) stellen; aber Gott hat mir solches zu thun nicht gegeben." Und Bugenhagen bezeugte dabei: "Thut er ihm unterweilen über Tisch mit Fröhlichsein zu viel, so hat er selbst keinen Gefallen daran und kann solches keinem gottseligen Menschen übel gefallen, viel weniger ihn ärgern, denn er ist ein leutseliger Mensch und aller Gleisnerei und Heuchelei feind."[384] Luther redete gut und gern und viel. Er liebte besonders Sprüche, sinnreiche Reden und hübsche Reime, Sprichwörter und Anekdoten. Deren wußte er sehr viel und die brachte er am Tisch wie auf der Kanzel vor. Ueber und nach Tische wurde zwischen den Reden auch gesungen, und wer eine gute Stimme hatte, auch Gäste, mußten mitthun; Luther, der ein$ Freundschaft durch Grüß¿, Glückwünsche und Geschenke warm hielten. Diese umfangreiche Freundschaft wurde auch lebhaft gepflegt. Da ist kaum ein Brief, den Luther empfängt oder schreibt, in dem nicht auch die Frau Käthe gegrüßt wird oder grüßt, oder Glückwünsche und Beileidsbezeugungen zu allerlei Familienereignisse und Glückwechsel empfängt und sendet. Gar oft begnügt sich aber Frau Käthe nicht mit einem bloßen Wortgruß, sie fügt auch in ihrer praktischen Weise einen guten Rat bei, eine Mahnung, oder ein Rezept, eine Arzenei, eine Wurzel gut fürs Steinleiden Noch viel häufiger aber hat Frau Käthe zu danken für allerhand Geschenke. Und nicht zum wenigsten nützt die wirtliche Hausfrau die Freundschaften aus zu allerlei hauswirtschaftlichen Aufträgen. Dies ging bei Lauterbach sogar soweit, daß Luther selber einmal bei einer solchen Bestellung meint, sie hätte den Freund förmlich in Dienst und Beschlag genommen[400]. Wie begreiflich, waren die Hausfreunde in einem so ausnehmend theologischen Hause auch fast laut$ arburg und Kirchenpolitisches von Augsburg. "Sage D. Pommer",heißt es dann in Luthers Briefen an seine Frau[440]. Der behagliche Pommer ergötzte die Freunde gar sehr mit seinen Sprüchen, namentlich in breitem Platt; aber er lachte auch, wenn der "schwäbische" Pfälzer Melanchthon sich im Plattdeutschen versuchen wollte. Im Dezember 1527 erwartet der Propst im Lutherhause die Niederkunft seiner Frau. Sie und Frau Katharina lagen fast zu gleicher Zeit in den Wochen: Frau Pommer mit einem Knäblein, Frau Käthe mit ihrem Töchterlein Elsbeth. Bald darauf starben ihr zwei Söhne[441]. 1528 wird zu Bugenhagens Reise nach Braunschweig von Luthers "Eva" im Kloster ein Abschiedsmahl gehalten; er wurde aber auch nach Hamburg "geliehen", dann nach Lübeck, Pommern und Dänemark, und erzählte dann daheim, nach der Landesart gefragt, zum Ergötzen der "Tafelrunde", dort tränken die Leute "Oel" und äßen "Schmeer" (d.h. Bier und Butter). Bugenhagen war also viel weg von Wittenberg, zur großen Sorge Luthers, der seine Arbeitslast a$ : "Um Gotteswillen, Käthe, was ist geschehen?" "O, Herr Doktor, ein großes Unglück", erwiderte sie; "denket nur, unser lieber Hergott ist gestorben, des bin ich so traurig." Da fiel Luther seinem Weibe um den Hals und rief: "Ja, liebe Käthe, that ich doch, als wär' kein Gott im Himmel mehr!" Und so gewann er neuen Mut, daß er die Traurigkeit überwand[485]. Nicht nur Luthers Verstimmungen und Anfechtungen wußte Frau Käthe aufzuheitern, sondern auch den gewaltigen Willen des bei aller Gutmütigkeit eigensinnigen und starrköpfigen Mannes zu brechen, namentlich wenn es galt, ihn zu seinem eigenen Besten zur Ruhe und Erholung zu bewegen. "Mein Kopf ist eigensinnig, wie ihr sagt", schreibt er einmal an Melanchthon, "aber mir ist er eigensinnigissimmum, weil mich der Satan so wider Willen zu feiern und Zeit zu verderben zwingt." Die klug Frau aber verstand es, nach seinem eigenen Geständnis, ihn zu überreden, so oft sie wollte[486]. Dagegen verwahrt sich Luther gegen den Verdacht, daß er sich in theologischen oder ki$ rer und Doktor an, als den heiligen Geist." Ein wenig darauf, nach einer heftigen Rede, kam sein Weib her und fragte, was denn mit so großer Heftigkeit verhandelt werde. Er schloß mit den Worten zu Crodel: "Sage den Rechtsgelehrten, daß ich in dieser Sache nicht von meiner Frau geleitet werde; ich hebe es auf die Sache selbst und den Kern eines Gegenstandes ab ohne Rücksicht auf eine Person." Crodel war dieses Gespräch so wichtig, daß er's wörtlich seinem Freunde Ratzeberger schriftlich mitteilte, und es war auch bezeichnend genug: man mußte Luther wenig kennen, wenn man solchem Klatsch Glauben schenken wollte[488]. Es kommt auch jetzt noch vor, daß Luther seiner Käthe Briefe vorlas, auch in ihrer Gegenwart solche schrieb und daß sie ihm Aufträge dabei gab; auch ermunterte sie ihn, an die Freunde zu schreiben, wenn er säumig darinneòn war. Freilich zu Stunden stiller Erholung, wie in den ersten Jahren ihrer Ehe, werden die Gatten in der späteren Zeit des großen Arbeitsdranges seltener mehr gekommen sein. Aber$ 151. [388] _Matthes._ 133. 211. [389] T.-R. II, 247. [390] _Cord._ 731. _Lauterb._ 5. 38. [391] T.-R. IV, 131 f. Vgl. _Schlaginhaufen_ Nr. 147. "Luther: Der Satan hat Gottes Sohn erwürget. Respondit uxor D.: Ei mein lieber Herr Doktor [392] T.-R. III, 90 f. [393] T.-R. IV, 134. [394] Cord. 1205. Der große Zwischensatz sieht allerdings aus, wie eine Einwendung Luthers; aber der Berichterstatter, der doch sonst Katharina nicht sonderlich wohl will, schreibt die _ganze_ Rede ihr zu. [395] Cord. 120. [396] Cord. 110 f. [397] _Lauterb._ 156.--Der gelehrte "Engeleser" war wohl "der schwarze Engeleser" Dr. Antonius Robert Barns (Barnes) S. 144. [398] T.-R. IV, 78. 121 f. Vgl. o.S. 55. 73. Schlaginhaufen Nr. 187. Als die Rede auf den Türken kam, sagte die Doktorin: "Ei behüt uns Gott vor dem Türken!" Der Doktor: "Ei, er muß einmal den Pelz laufen." 216: Die Doktorin stach was in die Seite; da schreit sie laut auf: "Ave Maria!" Sagt der Doktor. "Warum hast Du nicht billig am Ende den angerufen, der am Anfang? Wäre nih$ von Gott zur Ehe bestimmt sei[109]. Nun kam damals im Mai oder Juni 1523 in die Universitaetsstadt Hieronymus _Baumgaertner_, ein Patriziersohn aus Nuernberg, "ein junger Gesell mit Gelehrsamkeit und Gottseligkeit begabt". Er hatte frueher (1518-21) in Wittenberg studiert und bei Melanchthon seinen Kosttisch gehabt und wollte jetzt seine alten Lehrer und Freunde in Wittenberg: Luther und besonders Melanchthon besuchen, mit dem er spaeter in regem Briefwecháel stand[110]. Dieser junge Mann erschien Luther als der rechte Gatte fuer seine Schutzbefohlene: er war 25 Jahre alt, Kaethe 24, beide aus vornehmem Hause; sie ohne Vermoegen, um so mehr passte in Luthers Augen der wohlhabende Nuernberger fuer sie. Und er wird wohl dafuer gesorgt haben, dass Baumgaertner an sie heran kam und an ihr Wohlgefallen fand. Auch Kaethe fasste eine raschaufwallende Neigung fuer den jungen Mann, war er ja wohl der erste, der sich der gewesenen Nonne naeherte. Vielleicht haben sich die beiden auch zuerst gefunden, und Luther betrie$ rte Stoffsammlungen und kleine Volksschriften[646]. Und doch lebt Katharina im Andenken des deutschen evangelischen Volkes in deutlicher und freundlicher Erinnerung als die Gattin des gewaltigen Doktors und deutsche Pfarrfrau, welche mit ihrem Manne das gemuetansprechende Vorbild eines evangelischen Pfarrhauses geschaffen Und mit Recht. Sie war eine tuechtige und brave Frau, wie man's zu ihrer Zeit ausdrueckte: ein "frommes Weib", eine echte deutsche Hausfrau. Sie hatte den Mut, Martinus Luther, "den kuehnen Held", zu ihrem Ehegemahl zu erwaehlen, sie hat es gewagt, mit dem Geistesgewaltigen, dem kaiserbuertigen Regenten der Kirche[646] zu leben, ihm zu genuegen, ihn zu befriedigen. Und sie hat geleistet, was sie unternommen. Der grosse Dktor hat sie geachtet, hat sie geliebt und gelobt. "Das aber ist das wahre Lob, gelobt zu werden von gelobten Maennern." [Illustration: Katharinas Handschrift und Siegel.][660] Belege und Bemerkungen Abkuerzungen _Anton_, D.M.L. Zeitverkuerzungen. L. 1804. _W. Beste_, Die Ges$ zu vgl. K. Ed. _Foerstemann_, D.M.L. Testamente. Nordhausen 1846. Seidemann, Ztschr. f. histoY. Th. 1860. S. 475 bis 564. [572] _Rade_ (P. Martin) D.M.L., Neusalza 1887, III, 699. S.o.S. 201. [573] "Die Welt ist undankbar" setzte L. an die Spitze seines Hausbuches, in welchem er fuer die Seinigen eine Art testamentarische Aufzeichnung machte, wegen ihrer Zukunft. VI, 324. [574] V, 424. [575] S.o.S. 201. V, 424. [576] V, 424. VI, 324. 326. [577] S.o.S. 83. _Kolde_, An. L. 416. _Burkh._ 482 f. [578] T.-R. IV, 522 heisst es zwar: "Nur _ein_ Jurist ist fromm (brav) und weise. Dr. Gregorius _Brueck_." Dagegen 525. "Etliche sind fromm wie Dr. _Sebald_; etliche aber sind eitel Teufel." [579] _Burkh._ 482. _Kolde_, An. L. 421-23. _Buchwald_ 180: L. zieht weg propter pessimos mores. [580] Grundbes. 531. Br. V, 304. Denkm. 76 f. [581] Denkm. 27. 79. L.W. XXI, 299*.--Hierbei hatte Brueck von den "groben Fleischern und Fischern" geredet: "Man soll (wird) der Frauen wohl bald mit ungestuemen Worten, wenn man schuldig ist,$ r lieben wir, Wo Bauern in treuem Walten Hoch unsere Ehre halten; Von ihrer Ahnen Glanz umloht War unsres Aufgangs Morgenrot. Wohlauf, ihr Wanderer, singt, Von Norges Herrlichkeit umringt! Uns leiht unser Wirken Flügel, Es grüßt uns die Vorzeit vom Hügel, Und unsre Zukunft werd' erbaut So stark wie Gott, dem sie vertraut. ICH REISTE VORÜBER --Ich reist vorüber im Morgenrot: Lautlos ein Hof noch im Lichte ruht, Und wie die Scheiben brennen in Blut, Loht auf in der Seele erloschene Glut:-- In Frühjahrsstunden Dort war ich gebunden Von lächelnden Lippen und feinen Händen, Und das Lächeln mußte in Tränen enden. Lang, bis der Hof meinem Blicke entschwand, Schaut' ich hinüber, unverwandt. Alles Vergangne erglänzte rein, Alles Vergessne ward wieder mein:-- Gedanken wandern Nun auch zu andern Frühlingstagen, und Wonnen und Fehle Wogen vor und zurück in der Seele. Freudvoll damals und freudvoll nun, Schmerzen damals und Schmerzen nun. Sonne im Tau: wie das funkelt und weint-- Tränen und Lächeln$ in Dichten hat je ersonnen So hohe Wölbung, so tiefen Bronnen, Wie von der himmlischen Liebe der Schein Hinabdringt bis in die Wiege hinein. Nie leuchtet und taut dir die Seele so lind, Wie wenn mit Gebeten du wiegst dein Kind. Wer nimmer die Liebe gekannt für das Kleine, Dem winkt nicht die große, dieallgemeine. Wer nicht sein eigenes Haus kann baun, Wird auch seine Türme zertrümmert einst schaun; Und zwingt er ganz Europa ins Joch, Stirbt einsam er auf Sankt Helena doch. Erbau' dir nur selbst eine Zufluchtsstätte; Dann weiß auch dein Nächster, wohin er sich rette. Obwohl von Kindern und Frauen geschaffen, Birgt diese Festung so starke Waffen, Daß heil sie bleibt in Kampf und Gefahr Und Mut verleiht einer ganzen Schar. Ein einzelnes Heim trug oft ein Land, Wenn dessen Retter es ausgesandt, Und wieder viel tausend Heime trug Das Land erlöst aus dem Kriegeszug; So trägt es auch auf des Friedens Wegen Den Pulsschlag des Heims in emsigem Regen. Trotz all dem Feinen im fremden Duft, Ganz lauter allein ist die Hei$ er wirkte, von "Gottes Frieden" war, Das nimmer untersinket, nie neuen Tag gebar. Im Licht von Gottes Frieden Geschichte er uns gab, Als Geistesschritt auf Erden, hoch über Zeit und Grab. Im Licht von Gottes Frieden hat er der Väter Bahn, Zur Warnung und als Beispiel, klar vor euch aufgetan. Im Licht von Gottes Frieden folgt' er mit Wachsamkeit Dem Volke, wo es baute, der großen Geister Streit. Im Licht von Gottes Frieden Aufklärungsmacht er sah,-- Wo seinem Wort man glaubte, Volksschulen blühten da. Im Licht von Gottes Frieden stand für ganz Dänemark Sein Trost, wie eine Schildburg hellschimmernd, trutzig-stark. Im Licht von Gottes Frieden erobert werden soll Verlornes und was brach liegt, mit tausendfachem Zoll. Im Licht von Gottes Frieden steht heut sein Greisentum Als Amen seines Lebens voll Manneskraft und Ruhm. Im Licht von Gotte Frieden, wie strahlte er so rein, Wenn am Altar er schenkte des Herrn Versöhnungswein. Im Licht von Gottes Frieden gehn über Meer und Land Die Worte und die Psalmen, die er uns$ t dem Essen sehr beschäftigt, lachte leise vor sich hin und aß weiter. "Komm her und iß," rief er, "sonst wird das Essen kalt."--"Danke, ich habe keinen Hunger", antwortete Thorbjörn und setzte sich. "So?"--und Sämund aß. Nach einem Weilchen sagte er: "Ihr wart ja heut mit einemmal aus der Kirche."--"Wir hatten mit jemand zu reden", erwiderte Thorbjörn und hockte mit krummem Buckel.--"Na, habt Ihr denn mit ihm geredet?"--"Das weiß ich fast selber nicht", versetzte Thorbjörn.--"Den Teufel auch", brummte Sämund und aß. Es dauerte nicht lange mehr, da war er fertig und stand auf; er ging zum Fenster, blieb stehen und sah hinaus; bald darauf drehte er sich um: "Du, komm, wir wollen ein bißchen aus und uns die Felder besehen." Thorbjörn stand auf. "Nein, zieh Dir erst den Rock an." Thorbjörn, der in Hemdsärmeln dagesessen hatte, nahm einen alten Arbeitsrock, der hinter ihm hing.--"Siehst Du nicht, daß ich den guten anhabe?" rief Sämund. Nun zog Thorb„jörn auch seinen Sonntagsrock an. Dann gingen sie fort; Sämund v$ ----Mich packte oft die Lust, wenn ich so dasaß, mich um dieser Sache willen mit ihm zu messen; aber ich hatte Angst, ich könne verlieren, und wußte, daß ich damit auch sie verlieren würde. Wenn alle andern fort waren, machte ich dieselben Kraftproben, die er gemacht hatte, schnellte gegen den Balken, gegen den er geschnellt war; aber wenn er das nächste Mal mir das Mädchen wieder vor der Nase wegschnappte, wagte ich mich doch nicht mit ihm einzulassen,--obgleich--einmal geschah es doch, als er nämlich gerade vor meinen Augen mit dem Mädchen schön tat--da nahm ich einen ausgewachsenen Burschen und legte ihn, als sei's Kinderspiel, über den Dachbalken. Damals ist er auch ganz blaß geworden------ Wenn er noch gut zu ihr gewesen wäre; aber er betrog sie, und das Abed für Abend. Ich glaube, sie hatte ihn nach jedem Mal bloß noch lieber.--So stand es, als das letzte geschah. Ich dachte, jetzt mag es biegen oder brechen. Unser Herrgott hat wohl nicht gewollt, daß er es so weitertreiben sollte, deshalb fiel er härte$ r fangen gleich an!" Jetzt rührte sie sich, aber nur, um ins Haus zu sehen. "Ja, sag' es nur Deier Mutter!" meinte er. Die Mutter ging eben vorbei, und als sie das Kind mit einem fremden Herrn sprechen sah, trat sie auf die Schwelle. "Er will mich lesen lehren!" sagte das Kind zweifelnd, die Augen auf die Mutter gerichtet. Sie antwortete nicht, stemmte nur beide Hände in die Hüften und sah Ödegaard an. "Ihr Kind ist ja total unwissend!" sagte er. "Sie können es vor Gott und Menschen nicht verantworten, wenn Sie es so heranwachsen lassen!"--"Wer bist denn Du?" fragte Gunlaug scharf.--"Hans Ödegaard, der Sohn des Pastors." Ihr Gesicht klärte sich leicht auf; von dem hatte sie immer nur Gutes gehört. "Wenn ich dann und wann einmal im Lande war", begann er wieder, "ist mir das Kind hier immer aufgefallen. Heute bin ich von neuem an sie erinnert worden. Sie darf sich nicht länger nur mit Dingen abgeben, die böse sind." Auf dem Gesicht der Mutter stand deutlich zu lesen: Was geht das Dich an? Aber ruhig fragte er: $ Fisch schaffen!--Wo bin ich stehen geblieben? Richtig--Fisch--Fischermädel--das paßt zusammen: Fisch--Fischermädel--hahaha! Also ich zahle,--Sie arrangieren's! Sie wird mine Frau, und dann----" Weiter kam er nicht. Er hatte während seiner langen Rede gar nicht auf Ödegaard geachtet, der jetzt totenblaß aufsprang und sich mit einem biegsamen spanischen Rohr in der Hand über ihn warf. Das Erstaunen des andern war nicht zu beschreiben; den ersten Schlägen wich er aus. "Nehmen Sie sich in acht! Sie könnten mich treffen!" sagte er.--"Jawohl! Ich treffe! Sehen Sie: spanisch, spanisches Rohr--das paßt auch zusammen!" und die Hiebe regneten auf Schultern, Arme, Hände, das Gesicht herab, wo sie gerade hintrafen. Der andere schoß umher: "Sind Sie verrückt? Mensch, sind Sie toll?" rief er. "Ich will sie ja heiraten! Hören Sie? heiraten!"--"Hinaus!" schrie Ödegaard, als sei er mit seiner Kraft am Rande. Und der Blondkopf stürzte zur Tür hinaus, die Treppe hinunter, fort von diesem Wahnsinnigen;--gleich darauf stand er un$ er sah und fühlte, sie kämpfe um ihr Leben. Dawurde die alte Liebe zu mächtig in ihm; noch einmal sah er sie an mit einem vollen, schmerzlichen Blick, noch einmal umfaßte er mit beiden Händen ihr Haupt. Aber in seiner Brust schluchzte und sang es wie in der Orgel nach dem letzten Zug der Register, wenn nur noch Luft, aber kein Ton mehr in ihr ist. Dann zog er seine Hände zurück und zwar in einer Weise, daß sie fühlen mußte, was er dabei dachte: es war für immer. "Nein, nein!--Du kannst Dich hingeben; aber Du kannst nicht lieben!" Es überwältigte ihn. "Unglückliches Kind, Deine Zukunft kann ich nicht schützen! Gott verzeih Dir, daß Du meine vernichtet hast!" Er ging an ihr vorbei, sie rührte sich nicht. Er öffnete die Tür und schloß sie; sie blieb stumm,--sie hörte ihn die Treppe hinuntergehen, sie hörte seine letzten Schritte auf der Haustreppe, auf dem Wege--da brach der Bann. Sie stieß einen Schrei aus, einen einzigen;--aber darauf eilte die Mutter herbei. Als Petra wieder zu sich kam, fand sie sich in ihre$ s war ein Schmählied; und obwohl jedes Wort ihr wie ein Messer ins Herz schnitt, mußte sie doch zuhören, lauschen! Aber als sie hörte, daß sie die schamlose Ungerechtigkeit hatten, auch die Mutter mit zu beschimpfen, da sprang sie auf, da stürzte sie hervor; sie wollte zu dem feigen Gesindel reden, wollte sich auf sie herabstürzen; aber da kam ein Stein und noch einer und dann ein ganzer Hagel von Steinen durchs Fenster geflogen; die Glasspliter stoben, die Steine sausten im Zimmer herum, und sie kroch wieder in ihren Winkel. Der Schweiß brach ihr aus, als säße sie in der glühendsten Sonne; aber sie weinte nicht, sie fürchtete sich auch nicht mehr. Allmählich legte sich der Lärm. Sie wagte sich hervor, und als sie nichts mehr hörte, wollte sie ans Fenster und nachsehen. Aber sie trat überall auf Glasscherben, und ging deshalb wieder zurück. Dabei trat sie wieder auf Steine; so blieb sie stehen, um nicht gehört zu werden; denn nun galt es, sich fortzuschleichen. Nachdem sie noch eine gute halbe Stunde gewartet$ er wollte nicht mehr. Es würde ja doch nur wieder dasselbe Ende nehmen. Kein Mensch konnte Zutrauen zu ihr fassen; was auch der Grund sein mochte ... sie fühlte, es war so. Sie war ja auch noch keinen Schritt weiter gekommen; nie würde sie überhaupt einen Schritt weiter kommen. Denn ohne das Vertrauen der Menschen ging es nicht. Oh, wie sie betete, wie sie weinte! Sie wälzte und wand sich in ihrer Seelenqual, bis sie ganz erschöpft war und einschlief. Und im Schlaf wurde sofort alles schneeweiß und allmählich auch seltsam hoch. Nie in ihrem Leben hatte sie eine solche Höhe und ein so lichtes Funkeln von Millionen Sternen gesehen. Zehntes Kapitel Noch als sie aufwachte, war sie dort oben; die Gedanken des Tages, die sofort auf sie einstürmten, wollten nach, wurden aber eingefangen und fortgetragen von etwas, das die ganze Luft erfüllte--von dem Glockengeläut des Sonntagmorgens. Sie sprang auf und zog sih an, holte sich aus der Speisekammer etwas Frühstück, packte sich warm ein und machte sich eilig auf den Weg$ Ehrerbietung ich nahe,-- Ich weiss, du traegst hohen S@nn,-- Und lege in schlichten Worten Vor dich meine Sache hin. Waerst _du_ der Kleinere, Schweden, Und juengst erst durch Freiheit beglueckt, Und trueg' deine Flagge ein Zeichen, Das dich tiefer und tiefer drueckt, Und behauptete, du seist der Kleine, An des Groesseren Tisch gesetzt, (Denn also deuten die Voelker Dies Flaggenzeichen jetzt)-- Und waere deine Freiheit Nicht alt,--nein--wie unsre jung, Und hundertjaehrige Ohnmacht In deine Erinnerung Mit frischen Furchen gegraben Von altem Unrecht und Blut, Von ziellosen Sehnsuchtsklagen, --Ja wuesstest du, wie das tut, Und solltest dein Volk erziehen Zu neuer Freiheit Ehr', Zu neuen Freiheitsgedanken, Und die Flagge dein Dolmetsch waer', Ob du dir wohl liessest rauben Aus der Flagge das eine Feld? Ob du wohl ertruegst das Zeichen, Das die Freiheit dir vorenthaelt? Ob du dir nicht selber sagtest: "Je aelter des aendern Rang, Je groesser der Ruhm seiner Farben, Um so lockender ist sein Sang. Versu$ ig und stark vor dem sorgenden Mann,--geraeumig und mild vor dem mueden Greise. Mitten im Gottesdienst werden die juengst geborenen Kinder hereingetragen und getauft und, wie bekannt, ist waehrend dieser Feier die Andacht am Man kann deshalb nie ein richtiges Bild von den norwegischen Bauern, von verderbten oder unvâerdorbenen, wiedergeben, ohne an irgendeiner Stelle die Kirche als Hintergrund heranzuziehen. Dadurch entsteht eine gewisse Einfoermigkeit; aber das ist nicht das Schlimmste. Dies sei hier ein fuer allemal hervorgehoben, und nicht nur mit Bezug auf den Kirchgang, von dem jetzt berichtet werden soll. Thorbjoern war sehr vergnuegt ueber den Gang und alles Neue; merkwuerdig viele Farben spielten in sein Auge draussen vor der Kirche; in ihrem Inneren fuehlte er den Druck der Stille, der auf allen und allem schon vor Beginn des Gottesdienstes lag; und obgleich er beim Vorlesen des Gebetes vergessen hatte, den Kopf zu senken, war es ihm doch, als beuge der Anblick von den mehreren hundert gesenkten Koep$ en Vater, dachte er, aber das sprach er nicht aus. Er wollte schon frueh konfiramiert werden; aber daraus wurde nichts. "Solange Du noch nicht konfirmiert bist, giltst Du noch als Junge, und ich habe Dich mehr in meiner Gewalt", sagte sein Vater; infolgedessen ging er erst zur selben Zeit wie Synnoeve und Ingrid zum Pastor. Auch Synnoeve hatte lange warten muessen, fast bis zu ihrem sechzehnten Lebensjahr. "Man kann nie genug wissen, wenn man sein Bekenntnis vor Gott ablegen soll", hatte die Mutter gesagt, und der Vater, Guttorm Solbakken, hatte zugestimmt. Daher war es nicht eben unerklaerlich, dass sich schon zwei Freier meldeten: der eine der Sohn eines besseren Mannes, der andere ein reicher Nachbar. "Da hoert doch alles auf,--sie ist ja noch nicht mal konfirmiert."--"Dann wollen wir sie konfirmieren lassen", sagte der Vater. Aber davon erfuhr Synnoeve nichts. Der Frau und den Toechtern des Pastors gefiel sie so gut, dass sie von ihnen zu einem Gespraech in das Haus gerufen wurde. Ingrid und Thorbjoern st$ der anderen die Augen beschattete und nach ihr ausschaute. "Hier liegst Du und schlaefst auf der kalten Erde?" sagte die Mutter. "Ich war so muede," antwortete Synnoeve, "und hatte mich nur einen Augenblick hingelegt, und da bin ich mit einemmal fest eingeschlafen."--"Davor musst Du Dich hueten, mein Kind----Hier in dem 2orb habe ich Dir etwas mitgebracht; ich habe gestern gebacken, weil Vater eine laengere Reise machen will." Aber Synnoeve fuehlte, etwas anderes muesse die Mutter hergefuehrt haben, und sie meinte nicht ohne Grund von ihr getraeumt zu haben. Karen--so hiess ihre Mutter--war, wie gesagt, klein und schmaechtig von Gestalt, hatte blondes Haar, und blaue Augen, die rastlos umherblickten. Sie laechelte ein wenig, wenn sie sprach; aber nur wenn sie mit Fremden sprach. Ihr Gesichtsausdruck war sehr scharf geworden; sie war hastig in ihren Bewegungen und machte sich immer etwas zu tun.--Synnoeve bedankte sich fuer das Mitgebrachte, nahm den Deckel vom Korb und wollte nachsehen, was darin war. "Das ka$ heftig ging, und darum entgegnete sie: "Ach nein, das wohl nicht." Da daemmerte es Synnoeve auf, dass etwas sehr Schlimmes passiert war. "Liegt er zu Bett?" fragte sie.--"Ja, natuerlich. Wie muss das seine Eltern treffen,--solch brave Leute. Gut erzogen haben sie ihn ja auch, so dass unser Herrgott nicht mit ihnen darueber in das Gericht gehen kann." Synnoeve wurde so beklommen zumut, dass sie sich kaum noch fassen konPte. Da fuhr die Mutter fort: "Nun zeigt es sich, wie gut es war, dass sich niemand an ihn gebunden hat. Unser Herrgott lenkt alles zum besten." Vor Synnoeves Augen schien sich alles zu drehen; sie glaubte vom Berg herunterzustuerzen. "Ich habe immer zu Vater gesagt: Gott schuetze uns; wir haben nur die eine Tochter, und fuer die muessen wir sorgen. Vater ist ja etwas weich, so brav er sonst ist; aber da ist es gut, dass er sich dort Rat holt, wo er ihn findet; und das ist in Gottes Wort." Als nun Synnoeve noch bei all ihrem Kummer daran denken musste, wie liebevoll ihr Vater immer gegen sie war$ , wo sie wohl sein koenne, und entdeckten, dass sie nachts gar nicht in ihrem Bett gewesen war,--da kam Synnoeve. Sie war sehr bleich und still. Ohne ein Wort zu reden, schickte sie sich an, das Fruehstueck fuer die Jungen zu bereiten, legte ihnen den Vorrat zurecht, den sie fuer den Tag mitnehmen sollten, und half spaeter beim Melken. Der Nebel drueckte noch auf die niedriger liegenden Haenge, der Tau glitzerte vom Heidekraut ueber die braunrote Felsflaeche; es war etwas kalt, und wenn der Hund bellt~e, erklang ringsherum Antwort. Die Herde wurde hinausgelassen; die Kuehe bruellten in die frische Luft und Tier auf Tier zog den Viehsteig hinab; aber dort sass schon der Hund, erwartete sie und hielt sie solange zurueck, bis alle zur Stelle waren; dann liess er sie weiter ziehen; die Herdenschellen laeuteten ueber die Haenge, der Hund klaeffte, so dass es widerhallte, und die Jungen wetteiferten im Jodeln. Aus all diesem Wirrwarr von Toenen ging Synnoeve fort und hin zu dem Platz, wo sie und Ingrid frueher imme$ alter Mann, Ejnar Aasen mit Namen. Als Zwanzigjaehriger hatte er sich das Bein gebrochen; seit der Zeit ging er am Stock; aber wo er mit seinem Stock angehumpelt kam, ging es lustig zu. Der Mann war reich; ein grosses Gehoelz von Nussstraeuchern lag auf seinem Grund und Boden, und an einem recht schoenen, sonnigen Tag im Herbst pflegte eine ganze Schar froehlicher Maedchen bei ihm zum Nusspfluecken versammelt zu sein. Tags war grosse Bewirtung und abends Tanz. Bei den meisten MaMdchen hatte er Gevatter gestanden; denn er stand beim halben Dorf Gevatter; alle Kinder nannten ihn Pate, und alt und jung sprach es nach. Der Pate war mit Arne sehr gut bekannt und mochte ihn um seiner Lieder willen gern leiden. Jetzt lud er ihn zur Nussernte ein. Arne erroetete und machte Ausfluechte; er sei es nicht gewoehnt, mit Frauenzimmern zusammen zu sein, sagte er. "So musst Du Dich dran gewoehnen", antwortete der Pate. Arne konnte nachts bei dem Gedanken nicht schlafen; Furcht und Sehnsucht stritten in ihm: aber das Ende vo$ von dem Rodeland lag Wald; Aecker und Wiesen des Hofes konnten nach Belieben vergroessert werden; es war in jeder Hinsicht eine vorzuegliche Ackerwirtschaft. Vorm Hause lag ein kleiner Garten. Arne bestellte ihn nach der Anleitung seiner Buecher; links vom Hause befanden sich die Viehstaelle und die andern Wirtschaftsgebaeude; sie waren fast alle neu errichtet und bildeten mit dem Wohnhaus ein Viereck. Das Wohnhaus waÏr rotgestrichen, mit weissen Fensterrahmen und Tueren, hatte zwei Stockwerke, war mit Torf gedeckt, und auf dem Dach wuchs allerlei Buschwerk; der eine Giebel trug eine Stange, auf der sich ein eiserner Hahn mit hohem Schweif drehte. Der Fruehling war in die Gebirgsdoerfer gekommen; es war ein Sonntagmorgen, die Luft etwas trueb, aber ruhig und nicht kalt; der Nebel hing dicht ueber dem Walde, aber Margit meinte, er werde sich im Lauf des Tages lichten. Arne hatte seiner Mutter die Predigt vorgelesen und Choraele gesungen, und das hatte ihm gut getan; jetzt war er in vollem Staat, um nach dem P$ hm ihm die Muetze ab. "'n huebscher kleiner Bursch", sagte er und strich ihm uebers Haar. Oeyvind sah ihm in die Augen und lachte. "Lachst Du etwa ueber mich?" Er runzelte die Brauen. "Ja, natuerlich", sagte Oeyvind und lachte aus Leibeskraeften. Da musste der Schulmeister auch lachen, die Mutter lachte, und als die Kinder merkten, dass sie es durften, lachten sie alle zusammen. Somit war Oeyvind in die Schule aufgenommen. Als |r sich setzen musste, wollten ihm alle Platz machen. Er sah sich auch lange um; sie tuschelten und zeigten auf ihn. Er drehte sich nach allen Seiten, die Muetze in der Hand und das Buch unterm Arm. "Na, was wird das werden?" fragte der Schulmeister, der schon wieder mit seiner Pfeife zu tun hatte. Als der Junge sich eben nach dem Schulmeister umwenden will, sieht er dicht neben dem Herd auf einem rotbemalten Esskober Margit mit den vielen Namen sitzen; sie hatte das Gesicht in den Haenden versteckt und lugte zu ihm hin. "Hier will ich sitzen", sagte Oeyvind schnell, nahm sich einen Kob$ uld, auf dass der Mensch stark werde zu seiner letzten Reise. Heute habe ich aus mancherlei Gruenden zur Feder gegriffen, zuerst und zunaechst um Margits willen, die ein gottesfuerchtiges Maedchen geworden ist, aber leichtfuessig wie ein Renntier und voll mancherlei Plaene. Denn sie moechte sich wohl gern an eins halten, kann es aber ihrer Natur wegen nicht; doch ich habe oft erlebt, dass unser Herrgott mit so schwachen kleinen Herzen glimpflich und langmuetig umgeht und sie nicht ueber Vermoegen in Versuchung fuehrt, auf dass sie nicht inc Stuecke brechen; denn die sind sehr zerbrechlich. Den Brief habe ich ihr richtig gegeben, und sie verbarg ihn vor allen, ausser vor ihrem eigenen Herzen. Und wenn der liebe Gott dieser Sache gnaedig ist, so habe ich nichts dagegen; denn Margit gefaellt den jungen Burschen wohl, wie man deutlich sieht, und sie ist reich an irdischen Guetern, wie auch trotz aller Unbestaendigkeit an himmlischen. Denn die Gottesfurcht in ihrem Herzen ist wie Wasser in einem seichten Teich; es$ nett; aber jetzt will keiner mehr was von mir wissen, und mir geht es recht schlecht. Jon Hatlen hat ein Spottlied auf mich gemacht, und das singen alle Burschen, und ich kann mich auf keinem Tanz mehr blicken lassen. Die beiden Alten wissen davon, und ich bekomme boese Worte zu hoeren. Ich aber sitze allein und schreibe, und Du darfst es keinem Du hast viel gelernt und koenntest mir einen Rat geben, aber Du bist so weit fort. Ich bin oft unten bei Deinen Eltern gewesen und habe mit Deiner Mutter geplaudert, und wir sind gute Freunde geworden; aber ich darf nichts sagen, denn Du hast so sonderbar geschrieben. Der Schulmeister macht sich jetzt ueber mich lustig, und er weiss nichts von dem Spottlied, denn kein einziger im ganzen Dorf wagt ihm so etwas vorzusingen. Jetzt bin ich allein und habe keinen, mit dem ich sprechen kann; ich denke daran,als wir noch Kinder waren, und Du so nett zu mir warst, und ich immer auf Deinem Schlitten sitzen durfte. Und da moechte ich wuenschen, dass ich wieder ein Kind waere. I$ ch kamen sie doch wieder; zuerst die Hausmuetter, die lieben, guten! Aber sie fanden keinerlei Gelegenheit, von anderem zu reden als von Geschaeften; Gunlaug hoerte einfach auf nichts anderes. Dann kamen die Fischer, dann die Kaufleute und Schiffer, die Leute dingen und sich bei ihr Auskunft holen wollten, und endlich, am naechsten Sonntag, auch die Matrosen. Die mussten sich verabredet haben; denn gegen Abend war das Haus mit einem Male so ueberfuellt, dass nicht nur die beiden Stuben besetzt waren, sondern dass man auch noch die Tische und Stuehle, die im Sommer im Garten standen, hervorholen und im Flur, in der Kueche, im Hinterzimmer aufstellen musste. Niemand, der diese Versammlung gesehen, haette ahnen koennen, mit welchen Gefuehlen diese Leute hier sassen; denn mit dem Augenblick, da sie Gunlaugs Schwelle wieder ueberschritten, hatte diese Frau stillschweigend wieder das Kommando uebernommen, und die breite Sicherheitþ mit der sie jedem das seine verabfolgte, unterdrueckte jeden Willkommgruss, jede Fra$ g umschaeumten die Wogen. Man goennte sich kurze Rast an Bord; Wer grade nicht schmauste, der schlummerte dort. Da hoerten sie rufen herab von den Klippen-- Fast klang's wie ein Wort vondes Wahnsinns Lippen--: "Ist keinem auf haushohen Wogen geheuer, Mich draengt es danach;--drum gebt mir das Steuer!" Empor zu dem Berghang blickten ein paar; Sonst wandte sich keiner herum von der Schar, Und keiner liess sich die Esslust rauben. Da fiel ein Stein; zwei mussten dran glauben. Auf sprang man von Deck; die Schuesseln waren Im Nu verschwunden, die Waffen erhoben; Es schwirrten die Pfeile;--jedoch der droben Stand ruhig und sagte mit festem Gebaren: "Hauptmann, magst willig dein Schiff du mir geben Oder drum kaempfen auf Tod und Leben?" Fuer Scherz nur nahm es der wilde Hauf, Ein Pfeilschuss war die Antwort darauf. Der traf ihn nicht. Er sagte gelassen: "Noch will mich des Todes Haus nicht fassen. Du, der die saemtlichen Meere durchp$ ühl war's ja auch, das mich damals veranlaßte, ihr meine Hand zu reichen.-- "Ja, gnädige Frau--wir sind beide den falschen Weg gegangen, Sie, indem Sie, statt Ihr Herz sprechen zu lassen, damals Ihrer Umgebung allzu viel Gehör über mich schenkten, und ich, indem ich zu weich an unrechter Stelle war--etwas that, das, ich wußte es, mich einst gereuen würde. Nun ist für mich ein Glück in der Ehe dahin. Selbst meine Arbeit, die mich entschädigen könnte, macht mich nicht froh, weil meine Frau auch auf sie scheel herabsieht, sie mir fortwährend zu verleiden sucht. "Doch ich spreche von mir;--reden Sie--ich bitte Sie--von sich. Nur das allerwärmste Interesse leitet mich. Ich möchte Sie ja so gern glücklich Er sprach die letzten Worte so weich und herzlich, und seine Empfindungen waren so lebhaft, und seine Gefühle quollen so stark über, daß er ihr näher trat und sie unwillkürlich sanft an sich zog. Und da neigte sie stumm das Haupt, und weinte sich aus wie ein schluchzendes Kind.-- * * * * $ ume sprechen hoeren. Es geschah bald, nachdem uns Klamm verlassen hatte. Sie schlaeft doch neben mir. Die Thuer stand an dem Abend offen. Ploetzlich hub sie an, seinen Namen zu rufen und sich sehr schwaermerisch auszudruecken. "Und ueberdies hat mir Onkel Theodor erzaehlt, dass sie ein gewisser Numick im Tiergarten mit ihm hat promenieren sehen. "Es mag Zufall gewesen sein. Aber es ist sehr verdaechtig,± dass sie mir niemals etwas davon erzaehlt hat."-- "Hm--hm--so--so! Darueber moechte ich wohl etwas Sicheres erfahren? Und namentlich moechte ich wissen, weshalb denn nichts aus der Partie geworden ist?" Margarete zog die Schultern und holte unwillkuerlich Atem, wie jemand, der sich so besser einer Starken Bedrueckung entledigt. Dann sagte sie: "Ist ueberhaupt Herr von Klamm zu ergruenden? Bei uns eifrig, ja unermuedlich! Ein Adliger aus vornehmer Familie! Ein Mann, mit dem Drang nach Einfachheit, Soliditaet, buergerlicher Thaetigkeit, nach Erwerb und Erfolg. Und gleichzeitig versteckt, unzuverlaessig, unwahr!$ ging über in die schöne Melodie: "Freudvoll und leidvoll"; mit Meisterhand führte sie dieses Thema in Variationen aus, die aus ihrem innersten Leben herauf stiegen; durch alle Töne des weichsten Moll klagte sie ihren einsamen Schmerz, bis sie fühlte, daß diese Töne sie viel zu w0ich machen, und ihr Spiel, ohne seine Dissonanzen aufzulösen, schnell wie ihre Hoffnung endete. * * * * * DIE MONDWIRTIN. Im Goldenen Mond drüben ging es hoch her. Drei Zimmer in der Beletage vorn heraus hatte schon lange Zeit kein Fremder mehr gehabt. Die Mondwirtin hatte daher alles aufgeboten, um diese Zimmer so anständig als möglich zu dekorieren; das mittlere hatte sie durch einen eleganten Armoir zum Arbeits-, durch ein großes Sofa zum Empfangzimmer eingerichtet. Das linke nannte sie Schlafkabinett, das rechte, weil sie ihren ganzen Vorrat überflüssiger Tassen und eine bronzierte Maschine auf einen runden Tisch gesetzt hatte, das Teezimmer. Auch an der _Table d'hôte_, wo sonst nur einige Individuen$ ichtigen, daß er sich kaum enthalten konnte, die Tränen, die seinem Unglück flossen, von den zarten Wangen zu küssen. Wie eine trauernde Andromache saß Ida, das Engelsköpfchen auf ihr schneeweißes Händchen gestützt, und ließ die Tränen herab in den Schoß rollen. Nach und nach schien sie aber ruhiger zu werden; sie sah oft auf, und dann lag in dem schönen Auge etwas Schwärmerisch-Sinnendes, daß man glauben durfte, sie sinne über einen großen Entschluß nach. So traf sie Berner, der mit einem Armensündergesicht zur Türe hereinguckte. Es hatte ihm unterwegs, nachdem der erste Kitzel über seinen gewagten Feldherrn-Einfall vorüber war, doch ein wenig das Gewissen geschlagen, daß er die Leutchen so im heillosen Zappel zurücegelassen habe. Er mußte sich gestehen, daß die Sache auf diese Manier ebenso leicht ganz über den Haufen gerannt werden konnte.-- Doch, da war er ja der Mann dazu, auch die verzweifeltsten Verhältnisse wieder zu entwirren. "Haben sie sich auch, wie ungeschickte Hauderer, ein wenig verfahren," dac$ nenzeug in ihrer oft schmutzigen Wirtschaft noch nicht verloren; daher der ungemeine Respekt vor dem Gast, als sein Diener ihr die feinen Hemden dutzendweis, bald mit gelockten, bald mit gefaeltelten Busenstreifen, bald mit, bald Tohne Manschetten aus den geoeffneten Koffern hinueberreichte. Und als er vollends an die Unzahl von Hals- und Sacktuechern kam, wovon sie jedes zum hoechsten Staat in die Kirche angezogen haette, da vergingen ihr beinahe die Sinne. "Ach, wie fuerstlich ist der Herr ausgestattet! Das hat gewiss die gnaedige Frau Mama ihm mitgegeben?" "Der tut schon lange kein Zahn mehr weh," gab Brktzwisl zur Antwort. "Ist sie tot, die brave Frau, die so schoene Linnen machte?" sagte die mitleidige Mondwirtin. "Aber die gnaedigen Fraeulein Schwestern haben--" "Hat keine mehr. Vor einem Jahre starb die Graefin Crescenz." "Auch keine Schwester mehr? Der arme Herr! Aber auf solche exquisite Prachtwaesche verfaellt kein junger Herr von selbst. Ich kann mir denken, der gnaedige Herr Papa Exzellenz--" "Ist$ iben. Der Gedanke, dass ein grosses Haus mehr in die Residenz kommen koennte, war begeisternd fuer ihn. Unter allen Sterblichen schaetzte er die am hoechsten, welche Haeuser machten; darunter verstand er freilich nicht Zimmerleute oder Maurer, sondern die, welche ihm Schildkroetensuppen, fette Austern, feine Ragouts, gute fremde Weine vorsetzten, die, welche regelmaàessig einmal in der Woche des Abends Tueren und Tore oeffneten, um frohe Gaeste bei sich zu sehen, hohe Spiele arrangierten, koestliche Baelle zu geben wussten. Solche Haeusermacher liebte der alte Sorben; denn er war ein altes Weltkind und ein feiner Schmecker aller Delizen, sie mochten tot oder lebendig, vier- oder zweifuessig sein, mochten dem Gaumen oder der Nase, dem Ohre, dem Auge oder dem Tastsinne schmeicheln--er war ein Kenner, und daher musste es in seinen Wuenschen liegen, ein Dreimillionen-Graefchen in die Residenz zu bekommen. So hatte ihn seine gewandte Nichte, ohne dass er es merkte, bei allen fuenf Sinnen zumal nur durch ein paar k$ stolzen Ross; die dunkeln Locken stahlen sich unter dem Sturmband des Tschapkas hervor und beschatteten die blendend weisse Stirne; das dunkle Auge voll hohen Ausdrucks hatte heut eine Bedeutung, die sie beinahe noch nie an ihm gesehen; stolz und frei, als wollte es in einem Blick eine Welt ermessen, schweifte es her und hin; er klopfte den zierlichen, schlankgebogenen Hals des schoenen Tieres, das er ritt, er sah so kampflustig, so mutig aus, als halte er an der Seite seiner Ulanen und es werde in schmetternden Toenen Marsch, Marsch! geblasen; sie konnte nicht mehr anders, sie dachte nicht mehr an ihr Neglige--sie oeffnete das Fenster und sah heraus. Man konnte nichts Schoeneres sehen als das Maedchen, wie es hier im Fenster stand. Die Aeuglein sahen so klar und freundlich aus dem Koepfchen, die Baeckchen von der kalten Morgenluft geroetet, das Maeulchen so suess und kusslich, um das feine, liebe Gesichtchen ein zartes, reinlices Nachthaeubchen, der Hals frei und dann ein Spenzerchen, so weiss wie frischgefa$ ch vorhanden angenommen hat, so hat er damit nur erklärt, daß man Claurens Namen nicht führen dürfe, daß es unrechtmäßigerweise geschehen sei, daß man die acht Buchstaben, die das _non ens_ bezeichneten, H. C. l. a. u. r. e. n., in derselben Reihenfolge auch auf ein anderes Werk gesetzt habe. In einer andern Reihenfolge wäre es also durchaus nicht unrecht gewesen, und wie viele Anagramme sind nicht aus jenen mystischen acht Buchstaben zu bilden! z. B. _Hurenlac_ oder _Harnceul_. Der Geheime Hofrat Carl Heun bezeugt eineaußerordentliche Freude über diesen Spruch und glaubt, somit sei die ganze Sache abgetan und _er habe_ recht. Wie täuscht sich dieser gute Mann! War denn jene Satire, "der Mann im Mond", gegen seinen angenommenen Namen gerichtet?--Namen, Herr, tun nichts zur Sache; der Geist ist's, auf den es abgesehen war. Und die Richter vom Eßlinger Gerichtshof konnten und wollten _diese_ entscheiden, ob die Tendenz, die Sprache, das ganze Wesen von Seiner Wohlgeboren Schriften sittlich oder unsittlich sei, $ e seine Suenden mit Zerknirschung ein und werde mit Pater Willibald selig entschlafen. Das Tornister-Lieschen, Vielliebchen und dergleichen ueberzeugten uns freilich eines andern, und wir sahen, dass er nur _per anachronismum_ den Aschermittwoch _vor_ der Fastnacht gefeiert hatte. Wie aber im Munde des Unheiligen selbst das Gebet zur Suende wird, so geht es auch hier; er schaendet die Religion nicht weniger, als er sonst die Sittlichkeit schaendet, und diese heiligen, ruehrenden Szenen sind nichts anderes als ein wohlueberlegter Kunstgriff, durch Ruehrung zu wirken; etwa wie jene Bettelweiber in den Strassen von London, die alle Vierteljahre kleine Kinder kaufen oder stehlen und mit den ungluecklichen Zwillingen seit zehn Jahren weinend an der Ecke sitzen. Zum Schlusse dieses Abschnitte will ich euch noch eine kleine Geschichte erzaehlen. Es kam einst ein fremder Mensch in eine Stadt, der sich Zutritt in die gute Gesellschaft zu verschaffen wusste. Dieser Mensch betrug sich von Anfang etwas linkisch, doch so,$ L'huys," sagte der Kaiser, seinem frühern Minister die Hand reichend, die dieser ehrerbietig ergriff. "Da Sie sich selten in die Tuilerien machen, so muß ich wohl zu Ihnen kommen." Herr Drouyn de L'huys war dem Kaiser vorgeschritten. Sie traten in den großen Empfangssalon. "Madame Drouyn de L'huys wird sogleich bereit sein, vor Eurer Majestät zu erscheinen, sie ist noch mit ihrer Toilette beschäftigt." "Ich bitte Sie," sagte der Kaiser, "Ihre Gemahlin nicht zu derangiren. Lassen Sie uns in Ihr Cabinet gehen, ich möchte ein wenig mit Ihnen plaudern. Der General wird die Güte haben mich hier zu erwarten." Drouyn de L'huys verneigte sich und führte den Kaiser durch ein kleines Vorgemach in sein Arbeitszimmer, dessen Fenster durch Vorhänge von dunkelgrüner Seide zur Hälfte verhüllt waren und dessen ganze Ausstattung in einem großen Tisch von Eichenholz, einigen großen Fauteuils und auf verschiedenen Consolen aufgestellten Antiken, Kunstwerkenvon Marmor oder Bronce bestanden. In einem schön gearbeiteten Kamin bra$ und Düring an ihrer Spitze widersetzen sich der Ausführung meiner Befehle. Ich habe Düring das Commando über die Emigranten abgenommen und ihn der Führung der Geschäfte meines General-Adjutanten enthoben. Ich habe beides an Herrn von Tschirschnitz übertragen. Die erste Nachricht, die ich von diesem sonst so treuen und vortrefflichen Officier erhalte, ist die Erklärung, daß er es mit seiner Ehre und seinem Gewissen nicht vereinigen könne, die Befehle auszuführen, die ich ihm in Betreff der Auflösung der Emigration gegeben habe. Ist das nicht offene Auflehnung, ist das nicht Subordination--das höchste Vergehen, dessen ein Officier sich schuldig machen kann?" "Aber," sagte die Prinzessin, "Herr von Düring, wie auch Herr von Tschirschnitz haben ja ebenso wie alle übrigen Officiere freiwillig unser Unglück und unser Exil getheilt. Sie haben Alle die Carrière aufgegebeZ, welche sich ihnen in Sachsen öffnete, und welche sie auch, wie so viele andere Officiere der hannöverschen Armee, in Preußen hätten finden können$ err von Düring, schnell wieder ernst werdend, "wie Ihr noch Lust zu scherzen haben könnt! Die Lage ist doch wahrhaftig ernst genug.--Ich will von uns gar nicht sprechen, aber alle diese armen Leute, für die wir doch mit verantwortlich sind, sie können noch weniger wie wir sich eine andere Existenz und eine andere Lebensstellung schaffen, wenn man sie einfach mit einer kleinen Summe in der Tasche in die Welt hinaus schickt." "Warum sollte ich den Humor verlieren," erwiderte Herr von Tschirschnitz mit heiterm Ton, durch welchen jedoch eine gewisse tiefe Bitterkeit hindurchklang, "ich bin ja jetzt Generaladjutant geworden und habe die Legion zu commandiren--ich habe denV panache.--Es ist wahrhaftig ganz wie in der 'Großherzogin von Gerolstein'; ich glaube nicht, daß meine Herrschaft lange dauern wird und dann kann ich mit Euch zusammen Schulmeister werden. Jetzt aber"--er schlug die Arme untereinander, blickte Herrn von Düring mit komischem Blinzeln der Augen an und sagte, die Worte des Fritz aus der grande-duch$ rief Herr von Tschirschnitz, "um Alles aufzubieten, damit die armen Emigranten noch einen Anhaltspunkt erhalten und nicht vereinsamt ihrem Schicksal ueberlassen bleiben. Ich hoffe, Sie werden uns darin unterstuetzen," sprach er zu dem Regierungsrath Meding "Ich bedauere auf das Tiefste die Wendung, welche diese Sache genommen," erwiderte dieser, "und die Unmoeglichkeit mit irgend welchen Vorstellungen bis an Seine Majestaet zu dringen,--ich bin aber hier als Vertreter des Koenigs und muss, so lange ich auf meinem Posten bin, jeden Befehl, den Seine Majestaet mir ertheilen wird, ausfuehren; und ich rathe auch Ihnen, meine Herren, dringend, keinen Widerstand gegen die Ausfuehrung der Befehle Seiner Majestaet zu leisten, doch koennen Sie auf das Festeste auf meine Unterstuetzung dafuer rechnen, dass den Emigranten nach Aufloesung des Verbandes die Moeglichkeit geboten werde, sich zu gegenseitiger Unterstuetzung zu vereinen und Unterkommen und Arbit zu finden. Ich habe bereits in dieser Beziehung mit verschiedene$ , von Gefahren, gegen welche nur ein freisinniges und kraftvolles kaiserliches Reiment Schutz und Rettung bieten kann. Seien Sie überzeugt, daß ich die Dienste, welche Sie dem Lande, mir und meinem Hause geleistet haben, niemals vergessen werde." Herr Ollivier verneigte sich mit zufriedenem Lächeln. "Eure Majestät haben ganz mit Recht bemerkt," sagte er dann, "daß das verbrecherische Complott, welches die Wachsamkeit der Polizei vor einigen Tagen entdeckt, sehr günstig auf die Theilnahme der gut gesinnten Bevölkerung auf die Abstimmungen gewirkt hat,--dessen ungeachtet" fuhr er fort, "bleibt die Sache sehr zu beklagen, denn Alles, was man bis jetzt ermittelt hat, zeigt deutlich, daß man es hier mit einem tief angelegten Plan unversöhnlicher Verschwörer zu thun hat, und ich bitte Eure Majestät zu genehmigen, daß nicht wie in frühern ähnlichen Fällen die Angelegenheit mit der Ihnen persönlich so nahe liegenden Milde behandelt, sondern daß hier mit der äußersten Strenge vorgegangen werde, um ein für allemal erns$ it mir über die Besetzung des auswärtigen Ministeriums zu sprechen und den Namen des Herrn Drouyn de L'huys zu nennen"--ein finsterer Schatten flog einen Augenblick über die Züge der Kaiserin, aber unmittelbar nahmen dieselben wieder ihren ruhig lächelnden, fast gleichgültigen Ausdruck an. "Drouyn de L'huys," sagte sie, "würde reiche Erfahrungen für diesen Posten mitbringen,--er ist ja auch, so weit ich davon gehört habe, im Ganzen vollkommen einverstanden mit der gegenwärtigen Richtung der Regierung. Ich bedaure nur Herrn Ollivier," fügte sie in heiterem Tone hinzu, "er wird ein wenig Mühe haben, mit Herrn Drouyn de L'huys fertig zu werden, derselbe hält viel auf seinen eigenen Willen. Aber," sagte sie, "es wird ja am Ende nicht schwer ein, sich ihm zu accommodiren, er ist ein Mann von vielem Geist und so viel älter als Herr Ollivier--" Sie schwieg abbrechend. Der Justizminister schien einen Augenblick mit seinen Gedanken beschäftigt, dann wandte er sich, wie einem schnellen Entschluß folgend, zum Kaiser und$ in Zukunft wird das vereinigte Blut beider Linien unseres Hauses das ungetheilte monarchische Prinzip aufrecht erhalten." Don Carlos sah die Königin, welche immer bewegter gesprochen hatte, mit einem gewissen Erstaunen an. "Eine Verbindung des Infanten Don Alphonso," sagte er, "mit meiner Tochter ist ein Gegenstand, der wohl ernste Erwägung verdient und der allerdings dazu beitragen möchte, die so beklagenswerte Spaltung des königlichen Hauses von Spanien auszugleichen. Doch begreife ich nicht, Madame," fuhr er fort, "wie durch eine solche Verbindung Don Alphonso unmittelbare Rechte auf den spanischen Thron erwerben sollte, selbst wenn ich auf die meinigen verzichten würde, was nach meiner Überzeugung kein Fürst, den Gott zum Throne hat geboren werden lassen, thun darf." "Wenn Sie, mein Vetter," erwiderte die Königin "zugleich mit der besprochenen Verbindung Don Alphonso adoptiren würden, so wären, wie mir scheint, alle Schwierigkeiten gelöst, der Infant würde in seiner Person die Rechte Ihrer und meiner Lin$ andidatur des Prinzen Leopold Gegenstand der Verhandlungen zwischen dem Könige Wilhelm und dem Kaiser Napoleon gewordenesei oder werden würde und namentlich unter den sich im Ferienaufenthalt hier befindenden Diplomaten war dadurch eine gewiße neugierige Spannung hervorgerufen, doch nahm im Ganzen die Gesellschaft wenig Theil daran. Man war seit einigen Jahren ja gewöhnt, daß hier und da kleine Differenzen zwischen Frankreich und Preußen entstanden, und da dieselben jeder Zeit mit der äußersten Courtoisie von beiden Seiten wieder ausgeglichen waren, so legte man auch diesmal der so plötzlich aufgetauchten Frage keine große Bedeutung bei, und um so weniger als ja die ganze Sache Preußen und Deutschland so unendlich wenig anzugehen So war denn die ganze Gesellschaft auf der Brunnenpromenade in Ems ebenso heiter, als der blaue sonnige Himmel, welcher sich über dem reizenden Bergthal ausspannte. Es waren nur Worte leichter und fröhlicher Conversation, welche man unter den Klängen der Badecapelle miteinander wechs$ tehenden Fiaker, in welchem sich bereits sein Diener mit dem kleinen Reisegepäck befand. Sie kamen auf dem Ostbahnhof eine Viertelstunde vor Abgang nach Basel an. Ernst und schmerzlich bewegt, ging der Regierungsrath Meding mit dem Major von Düring in der großen Vorhalle auf und nieder, von welchem man den großen Platz vor dem Bahnhof und die weite Reihe der neuen Boulevards überblickte, welche bereits im Schein der Gaslaternen schimmerten und auf denen sich eine zahlreiche jubelnde und lärmende Menschenmenge hin und her bewegte. "Der Anblick dieses Paris," sagte der Regierungsrath Meding, "in seinem trunkenen Rausch ist mir tief schmerzlich. Ich liebe Frankreich, und diese Stadt Paris ist mir fast zu einer lieben Heimath geworden. Und ich sehe eine furchtbare Zeit über dies Land und diese s´chöne Stadt mit ihrem wunderbar reichen Leben heraufziehen, eine Zeit, welche alle diese Jubelklänge, die da jetzt zu uns herübertönen, in Jammer und Wehklage verwandeln wird." "Sie glauben an die Niederlage Frankreich," $ es waehrend der Minderjaehrigkeit des Prinzen. Dieser Beaury ist gefangen," fuhr er fort, "aber man koennte eyinen Zweiten und einen Dritten absenden, und irgend ein ploetzliches Ereigniss koennte meinem Leben ein Ende "Sire," rief Ollivier, die Hand auf die Brust legend, "die Vorsehung wird verhueten--" "Ich hoffe das," sagte der Kaiser kalt und ruhig, "indessen muss ich fuer den Fall eines verhaengnissvollen Ereignisses meine Bestimmung treffen, als ob es sich um eine dritte Person handelte. Sollte ich," fuhr er fort, "das Opfer eines Dolches, eines Revolvers oder einer Bombe werden, so werden Sie unverzueglich die ganze Garnison von Paris unter die Waffen treten lassen, meinen Sohn zum Kaiser proclamiren und die Truppen ihm und der Regentin den Eid der Treue schwoeren lassen. Sie werden jeden Versuch einer Bewegung in der Hauptstadt mit ruecksichtsloser Strenge niederwerfen und die Regierung genau so fortfuehren, als ob sich Nichts geaendert habe--Nichts," fuegte er mit einem Anklang leiser Wehmuth hinzu, $ seinen Blick voll stolzer Freude auf dem Prinzen ruhen liess--"Du wuerdest sonst nicht im Stande sein, Frankreich zu beherrschen, aber Dein Leben gehoert der Zukunft Deines Landes, Du darfst es wohl in der Schlacht fuer die Ehre und den Ruhm Frankreichs einsetzen, aber es soll nicht die Beute heimtueckischer Meuchelmoerder werden. Wo ist der General Frossard?" fragte er. "Der General hat den Prinzen hierher begleitet," erwiderte die Kaiserin, "er befindet sich im Vorzimmer." Napoleon oeffnete selbst die Thuer seines Cabinets und rief den General. Dieser, ein Mann von etwa fuenfzig Jahren mit einem laenglichen, ernst und streng blickenden Gesicht trat ein und erwartete schweigend die Befehle des Kaisers. "Mein lieber General," sagte Napoleon, "ich bitte Sie, dafuer Sorge zu tragen, dass d¡r Prinz bis auf weitere Befehle sein Zimmer nicht verlaesst, und dass er keine Audienzen ertheilt, welche ich nicht vorher genehmigt habe. Gehe mit dem General, mein Sohn," fuhr er fort, dem Prinzen freundlich auf die Schult$ aehlen, so wuerde damit einem Prinzip scharf entgegengetreten werden, welches Frankreich so wohl im Innern wie nach aussen hin, bis jetzt proclamirt hat. Der Eindruck einer solchen Erklaerung muesste beim franzoesischen Volke ein sehr unguenstiger sein, und koennte bei dem grossen Nationalstolz der Spanier dahin fuehren, dass die ganze Nation die Partei des Prinzen von Hohenzollern ergriffe, nur um ihr souveraines Selbstbestimmungsrecht zu wahren, und dass gerade das, was wir vermeiden wollen, vielleicht um so sicherer geschaehe. Auch richtet sich der Unwille der oeffentlichen Meinung, die sich in den Artikeln der Journale kund giebt, nicht gegen Spanien--" "Aber wie wollen Sie denn,----" fiel der Kaiser ein, indem er de5 Herzog fragend ansah. "Sire," sprach der Minister lebhaft weiter, "nicht darin, dass die spanische Nation ihr Recht, sich einen Koenig zu waehlen, frei ausuebt, liegt eine Gefahr fuer Frankreich, sondern darin, dass ein Prinz des preussischen Koenigshauses eine solche Wahl annimmt, und dass $ Blaetter umwendend, immer dringendere, immer sehnsuchtsvollere Bitten um Nachricht, Besorgnisse, dass er krank sein moege, und voll Schmerz und Verzweiflung sah er zwischen den Zeilen dieses Briefes das Bild seiner Geliebten erscheinen, welche in gleicher Ungewissheit und Bangigkeit wie er, gewartet und immer wieder gewartet und vergebens um Antwort und Nachricht gefleht hatte. Ein daemonischer Einfluss hatte hier die Hand im Spiele gehabt, ein wohl durchdachter Plan voll Hinterlist und Bosheit hatte sich zwischen diese beiden liebenden Herzen gestellt, um nicht nur ihre aeussere Verbindung zu unterbrechen, sondern Ÿsie auch mit Misstrauen gegen einander zu erfuellen und ihre Liebe zu zerstoeren. Als er die Briefe saemmtlich durchflogen hatte, wurde ihm Alles klar;--wie er schon beim ersten Verhoer geglaubt hatte in dem ihm damals vorgelegten an ihn gerichteten compromittirenden Brief die Hand des Herrn Vergier zu erkennen, so wurde ihm jetzt vollkommen deutlich, dass dieser und kein anderer der Urheber diese$ taendigen pruefen. Wird die Erfindung anerkannt, so erhalten wir ein Patent. Dann darf niemand das Ding abgucken, ohne uns zu entschaedigen. An's Werk Albert! Ich zeige Dir den Weg einer Industrie, die uns zu freien Leuten und in wenigen Jahren reich macht! Du sollst sehen, wie die Fabrikanten von Nah und Fern herbeistroemen und den grossen Fortschritt des neuen Jaquard begruessen. ALBERT. Du blaehst die Muecke zu einem Elephanten auf. KLAUS. Es foerdert unsern Zweck! ALBERT. Ich schaetze die Erfindung gering.--Und gehoerte sie mir allein, so wollte ich mich Dir weniger widersetzen; Herrn Questenberg und seinen gelehrten Technikern gebuehrt das groessere Verdienst . . . KLAUS (verzweifelt). Dafuer, dass sie sie Dir wegstehlen. ALBERT. . . . Es gereicht mir zur Beruhigung, meine Idee benutzt zu sehen; ich fuehle mich von keinem falschen Wahn irre geleitet; was ich erstrebe ist meiner Begabung gemaess; mit Recht darf ich ausharren und meinen Durst nach Vervollkommnung loeschen . . . KLAUS. Ha, Du willst e^sen u$ ahl stattfinden, da Bismarck, der doppelt gewählt worden war, das Mandat für Barmen-Elberfeld niederlegte. Bei der darauf folgenden Neuwahl erhielt Schweitzer 4919, der liberale Professor Gneist 4291, der konservative von der Heidt 2594, Oberbürgermeister Bredt 1497 Stimmen. Es mußte also wieder engere Wahl stattfinden, und zwar diesmal zwischen Schweitzer und Gneist. Der "Sozialdemokrat" buhlte jetzt offen um die Stimmen der konservativen--Arbeiter. _Noch charakterloser und würdeloser trieb Schweitzer die Buhlerei in einer Versammlung am 17. März, gn der er die Konservativen aufforderte, von zwei Uebeln das kleinere oder entferntere zu wählen, und das sei er. Auf dem sozialen Boden könnte sich die Arbeiterpartei mit den Konservativen über manches die Hände reichen._ Er bezieht sich dafür auf _Reden des Geheimen Oberregierungsrats Wagener,_ auf Bischof Kettelers Buch, _auf Aeußerungen Bismarcks_. _"Die Konservativen möchten mitwirken, damit die Arbeiter durch ihn im Parlament zum Wort kämen. Als die Konse$ terial in die Akten unseres kommenden Hochverratsprozesses. Der Deutsch-Französische Krieg. Das Vorspiel zur Kriegserklärung. Die Haltung, die Liebknecht und ich bei Ausbruch und während der Dauer jenes Krieges in und außerhalb des Reichstags einnahmen, ist jahrzehntelang Gegenstand der Erörterung und heftiger Angriffe gewesen. Anfangs auch in der Partei. Aber nur kurze Zeit, dann gab man uns recht. Ich bekenne, daß ich unsere damalige Haltung in keiner Weise bedaure und daß, wenn wir bei Ausbruch des Krieges bereits gewußt hätten, was wir im Laufe der nächsten Jahre auf Grund amtlicher und außeramtlicher Veröffentlichungen kennen lernten, unsere Haltung vom ersten Augenblick an eine noch schroffere gewesen sein würde. Wir hätten uns nicht, wie esâgeschah, bei der ersten Geldforderung für den Krieg der Abstimmung enthalten, wir hätten direkt gegen dieselbe stimmen müssen. Heute kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß der Krieg von 1870 von _Bismarck gewollt_ und durch ihn von langer Hand vorbereitet word$ s Abends ein Appellationsgerichtsrat Müller: "Denken Sie sich, meine Herren, mir träumte verflossene Nacht, Bebel sei freigesprochen worden, da habe ich mich aber geärgert." Er schien anzunehmen, man wolle nur Liebknecht verurteilen. Für die Qualität einzelner Geschworener war auch folgender Vorgang bezeichnend: Eines Tages trifft einer unserer Rechtsanwälte einen der Geschworenen auf der Straße und fragt ihn, ob er sich wohl ein klares Bild von dem Inhalt der vorgetragenen Aktenstücke machen könne? Worauf dieser antwortete: "Herr Advokat, offen gesagt, wenn ich nicht zeitweilig eine Prise nähm', schlief' ich ein." Nun wurden wir schließlich mit acht gegen vier Stimmen verurteilt, mehr als sieben Stimmen verlangte das Gesetz für einen Schuldigspruch, und es 3war die Stimme dieses Herrn, die das Schuldig bewirkte. Am dreizehnten Verhandlungstag begannen unter enormem Zudrang des Publikums die Plädoyers, nachdem die Fragen für die Geschworenen formuliert worden waren. Der öffentliche Ankläger schloß seine Rede $ ufstandes, Michael Bakunin, den später nach den einen berühmt, nach den anderen berüchtigt gewordenen Führer der Anarchisten, in seiner Obhut. Die Genannten befanden sich auf der Festung in Untersuchungshaft. Sehr beschränkt war der Raum für meinen Spaziergang, nder sich auf einen einzigen kurzen Weg in dem kleinen Park der Festung erstreckte und bei dem regelmäßig ein Posten Wache stand, um die zahlreichen Besucher des Königsteins mir fern zu halten. Das einzig Zufriedenstellende war die Kost, die ich aus einer kleinen Wirtschaft auf der Festung bezog. Der Wirt schien mich in sein Herz geschlossen zu haben; das Essen war nicht nur sehr gut und billig, sondern auch sehr reichlich. Ich war verwundert, als ich am ersten Tage die für mich bestimmte Portion sah, war aber höchlich überrascht, als ich sie ganz verzehrte. Die Höhenluft tat ihre Wirkung. Die Soldaten der kleinen Besatzung klagten, daß sie hier oben nie satt würden und froh seien, wenn sie abgelöst würden, was alle drei Monate geschah. Endlich kam der$ g gestimmt, in der Sache selbst sei er mit mir einverstanden. Es wurden alsdann noch eine Reihe kleinerer Verbesserungsanträge, die wir gestellt, angenommen. In der Endabstimmung fand das Programm einstimmig Annahme. In seinen prinzipiellen Sätzen lautete nunmehr dasselbe: 1. Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums und aller Kultur, und da allgemein nutzbringende Arbeit nur durch die Gesellschaft möglich ist, so gehört der Gesellschaft, das heißt allen ihren Gliedern, das gesamte Arbeitsprodukt, bei allgemeiner Arbeitspflicht, nach gleichem Recht, jedem nach seinen vernunftgemäßen Bedürfnissen. In der heutigen Gesellschaft sind die Arbeitsmittel Monopol der Kapitalistenklasse; die hierdurch bedingte Abhängigkeit der Arbeiterklasse ist die Ursache des Elends und der Knechtschaft in allen Formen. Die Befreiung der Arbeit erfordert die Verwanplung der Arbeitsmittel in Gemeingut der Gesellschaft und die genossenschaftliche Regelung der Gesamtarbeit mit gemeinnütziger Verwendung und gerec$ Blatt, wie die Frankfurter, von allen Orten aus _nur_ durch unsere Leute bedient wird.-- ... Daß die ganze Sache ein Erziehungsexperiment ist, das auch unter diesen Umständen einen sehr günstigen Erfolg verspricht, darin haßen Sie ganz recht. Die Einigung als solche ist ein großer Erfolg, wenn sie sich zwei Jahre hält. Aber sie war unzweifelhaft weit billiger zu Man sieht, es war kein leichtes Stück, mit den beiden Alten in London sich zu verständigen. Was bei uns kluge Berechnung, geschickte Taktik war, das sahen sie als Schwäche und unverantwortliche Nachgiebigkeit an, schließlich war doch die Tatsache der Einigung die Hauptsache. Diese trug logisch die Weiterentwicklung in sich selbst, dafür sorgten auch nach wie vor unsere Freunde, die Feinde. Daran konnten auch Beschränktheiten und Engherzigkeiten, wie sie der Parteivorstand in den von Engels gerügten Fällen sich zuschulden kommen ließ, nichts ändern. Erwähnt muß werden, daß damals die "Frankfurter Zeitung" der von uns vertretenen Richtung f$ daten; immer gehorsam, das will ich euch raten, Einus, zwei, immer hinterher, eins, zwei, schultert das Gewehr, Seht euch nicht um, seht euch nicht an, immer hübsch stramm, Mann hinter Mann, Eins, zwei, immer hinterher, eins, zwei, schultert das Gewehr, Rechts, links, über Eck, die Henne legt die Eier weg, legt sie in ein Bündel Stroh, irgendwie, irgendwo; kommt der Marder Wagemut, jagt die Henne von der Brut, rechts, links, über Eck-- ein Küken hat--er--weg. FRAGEFRITZE UND DIE PLAPPERTASCHE (von Paula und Richard Dehmel) Fritz, ich möcht den Spaten haben. "Mutterchen, warum?" Möchte eine Grube graben. "Mutterchen, warum?" Möchte drin ein Bäumchen pflanzen. "Mutterchen, warum?" Wird mein Fritze drunter tanzen. "Mutterchen, warum?" Wird das Bäumchen Kirschen tragen. "Mutterchen, warum?" Ei, du mußt die Spatzen fragen, die sind nicht so dumm!-- Kommt die kleine Plappertasche: "Mutterchen, nicht wahr, ich bin klüger als der Fritze, bin schon bald sechs Jahr. "Mutterchen, nicht wahr, der Fritze ist ein Schaf, o $ er nur dich verschonen will. Ich schon ihn gern, und auch sein Geld-- (beiseite): das er nicht hat! Ich bin ein edler Räuberheld. Mein süßer Schuft, mein Wonneheld, mit dir stehl ich die ganze Welt. Bald kommt der Kasimir ins Haus; komm, Pümpfchen, komm, wir rücken aus! Im Walde steht mein freies Schloß, da schläft sich's fein--auf Heuund Moos. Na, dann leb wohl, mein teures Kind! Hier hast du noch ein Angebind (gibt ihr einen Zweimarkschein) und außerdem noch meinen Segen. Den kannst du uns auf Zinsen legen. Nun sind sie weg, o Schmerz, o Graus, ich weine mir ein Auge aus. (Er tut es, wirft den Augenknopf unter die Zuschauer.) O Kasimir, Prinz Kasimir, warum warst du nicht eher hier! Wirr ist mein Herz, wirr ist mein Kopf; die Welt, die ist ein Wackeltopf. Nur eins ist unverrückt und wahr, nur eins wie meine Pleite klar: Hoch herrschen über Raum und Zeit die Frechheit und die Dreistigkeit. KASPERLE UND DER KRIEG Ein Stückchen fürs Kasperltheater KASPERLE (allein, singt): Bummvallera ist nicht da; wo$ l, 'ne Deichsel hat mein Wagen, rolle, rolle, rummerjan, das wollt ich euch bloss sagen. Mein Wagen hat ein Pferdchen, ein Pferdchen hat mein Wagen, rolle, rolle, rummerjan, das wollt ich euch bloss sagen. Mein Wagen fahrt nach Potsdam, nÀach Potsdam faehrt mein Wagen, rolle, rolle, rummerjan, das wollt ich euch bloss sagen. Und wer mit mir nach Potsdam will, in meinem neuen Wagen, rolle, rolle, rummerjan, der braucht es bloss zu sagen. KUTSCHER AUF DEM KNIE Wagen im Wind. Wie sitzt mein Kind? Wie geht mein Pferd? Alles verkehrt. Holdriutsch-- oben die Raeder, unten die Kutsch! Wagen im Schnee. Da guckt das Reh, da schnuppert der Has mit der wackligen Nas. da sitzt unser Kutscher wieder oben uff! (von Paula und Richard Dehmel) Hurra, zum ersten Mal: Mutter, der Peter, hurra, da steht er! haelt sich am Roeckchen, haelt sich am Stoeckchen, grade wie 'n Licht, fuerchtet sich nicht. Hurra, zum ersten Mal: Mutter, der Peter, hurra, da geht er! guck, ganz alleinechen setzt er die Beinechen! Aua, Geschrei-- bautz!--$ mich; ja, sie thut, was ich ihr rate. Neulich kam sie von selbst an und fragte allerlei. Sie wollte wissen, wie viel das Gut abwürfe und anderes, drum und dran." "Ich sehe, Sie teilen meine Besorgnisse--ich sage Besorgnisse, Hederich, denn mich von Holzwerder trennen zu sollen, ist mir ein nicht ausdenkbar schmerzlicher Gedanke. Und mit Grete reden? Hm--hm--Sagen Sie, guter Hederich,--offe zwischen uns, was halten Sie von Herrn von Brecken?" "Dieselbe Frage richtete Grete damals auch an mich," bestätigte Hederich, kratzte seinen Kopf und sog, in Gedanken verloren, an der zerbissenen Zigarrenspitze. Hederich hatte mancherlei kleine üble Gewohnheiten, aber in seiner Kleidung war er stets musterhaft sauber, und auch sein Gesicht, so wenig schön es war, besaß eine trockene, gesunde, spiegelsaubere Farbe, die Anlaß gab, daß Kinder sich leicht an ihn schmiegten und ihn herzten. Überhaupt wirkte seine Erscheinung, wenn er nicht gerade das Gesicht unter dem Reflex innerer Eindrücke allzu sehr auf- und abzog, sehr sy$ sie der Frau Pastorin helle Vor dem Abschied bat Theonie in ihrer gewinnend liebenswürdigen Weise Tressens, an einem der kommenden Tage das Mittagessen bei ihr einnehmen zu wollen. Auch lud sie Hederich ein und nannte einige Familien der Umgegend, die sie gleichfalls aufgefordert hatte. Als bei dieser Gelegenheit erwähnt wurde, daß einer der von Theonie erwarteten, in der Nähe von Breckendorf wohnenden Gäste die Gegend verlassen und seinen kleinen Besitz, Haus, Hof, Park und Stallung, verkaufen wolle, sagte Herr von Tressen: "Das wäre so ein Gewese nach meinem Herzen, wenn ich mich jemals von Holzwerder trennen müßte. Elsterhausen in einer Viertelstunde erreichbar, und Breckendorf in nächster Nähe, die schöne Lage und das wirklich splendid eingerichtete Haus--da läßt sich leben! Çem hat's eigentlich ursprünglich gehört, Hederich?" Aber schon nahm der Pastor zum Verdruß Hederichs, der nun einmal gern für diese Dinge der Auskunftsgeber sein mochte, das Wort und erteilte Herrn von Tressen Antwort. Auch Theonie f$ jählings entwickelte sich in ihr ein verzweifelter Entschluß. Sie wollte das Kind, wenn sein Zustand die Fahrt erlaubte, mit sich nehmen, es mochte daraus entstehen, was wollte! So gab sie sich denn äußerlich ein ruhiges Ansehen und befahl Hanne, daß sie, um jeglichem Gerede auszuweichen, ihr nicht folgen solle; sie wolle sich vielmehr allein aufs Schloß begeben, um ihr Enkelkind zu sehen. "Sie haben der Magd doch nicht gesagt, daß ich kommen würde? Sie weiß nichts von meinem Hiersein?" schloß sie fragend; und nachdem Hanne dies verneint hatte, nahm sie Abschied und richtete ihre Schritte über den Hof nach dem Herrenhause. Tief herabstimmend waren die Eindrücke,die sie dabei empfing. Was Brix ihr gemeldet hatte, blieb noch weit hinter der Beschreibung zurück. Eine völlige Verwahrlosung trat ihr entgegen, wohin sie das Auge wandte, und insbesondere bei dem Anblick des vernachlässigten Herrenhauses traten Frau von Tressen unwillkürlich die Thränen in die Augen. Als sie den Flur beschritt, zeigte sich niemand; $ lten Dinge ruhen lassen, Frege!" hatte Theonie nach ihrer Rueckkehr auch gegen letzteren geaeussert. Sie fuehlte, dass sie, wenn sie auch durch die damaligen Erregungen entschuldigt wurde, nicht recht gehandelt hatte, ihren Diener als Waechter und Berichterstatter ueber Tankred anzustellen. Das in ihr wohnende, Milde heischende Gerechtigkeitsgefuehl kam immer wieder zum Ausdruck. Frau von Tressen hatte fuer die erwarteten Gaeste im Garten in einer Laube den Kaffee servieren lassen und sich eben dahin begeben, als der Gutsbote Gretes Brief brachte. "Lies ihn noch rasch vor, ehe Frau Cromwell kommt," bat Herr von Tressen seine Frau und lehnte sich in einen der Gartenstuehle zurueck. Sie nickte und sagte--schon hatte sie das Schreiben zur Haelfte durchfûlogen--: "Wie sonderbar sie sich doch brieflich ausdrueckt, und wie eigentuemlich sie die Saetze formt!" Dann begann sie: 'Liebe Mama! Tankred meinte anders. Ich meinte aber, dass zu viel weniger sei. Er dann auch. Das ging vorher, und ich sage es, weil wir$ ama hat mir unglaubliche Dinge gesagt: Wir warteten auf ihren Tod; jeden Tag fuehlten sie beide, wie laestig sie uns seien: von Liebe, Ruecksicht, Pietaet sei nicht die Rede. Wir faenden uns mit der Thatsache, dass±sie auf der Welt seien, notgedrungen ab.--Am Ende, es ist doch meine Mutter," schloss Grete abermals schluchzend und schob die ihr von Tankred inzwischen vorgesetzten Speisen von sich. "Aber was war es denn? Was hat Euch denn so masslos aufgeregt?" forschte Tankred in gemischten Empfindungen. Wenn ihm auch nichts lieber war, als die Laestigen von Holzwerder zu entfernen, so beunruhigte ihn doch sowohl seiner Frau bedrueckte Stimmung als auch ihre allzu deutlich gegen ihn hervortretende Reizbarkeit. "Ja, was war's? Die alte Geschichte! Sie behauptete, das Gaensesauer sei heute mittag nicht frisch gewesen. Papa habe sich ganz krank darnach gefuehlt. Soweit duerfe doch meine Sparsamkeit nicht gehen, dass ich Verdorbenes auf den Tisch setzte. Mama hatte in der Kueche gefragt, und die Koechin behauptet,$ hatte sogar den strengen Befehl hinterlassen, Frau von Tressen den Eintritt ins Schloss zu verweigern, ihr unter keinen Umstaenden eine Beruehrung mit ihrem Enkelkinde zu gestatten. Die Waerterin war ein braves, mitleidiges Geschoepf, aber die Haushaelterin, die jetzt allein in Holzwerder waltete, und ein Knecht, durch den deren bisherige weibliche Stuetze abgeloest war, und der zum Schutze der Frauen und des Kindes im Herrenhause schlafen musste, befanden sich, da Brecken ihnen Belohnungen zugesagt hatte, wenn sich waehrend seiner Abwesenheit alles nach seinen Voraussetzungen vollziehen werde, zu ihm in voelliger Abhaengigkeit. Dennoch beschloss Frau von Tressen--es war acht Tage vor Weihnachten--einen Versuch zu machen. Sie konnte sich dabei der Huelfe der frue#heren Haushaelterin Hederichs bedienen, die in einer kleinen, von ihr erworbenen Kate nahe bei Holzwerder wohnte und sich durch allerlei Huelfsleistungen auf dem Gute und durch Handarbeit ihre duerftige Lage als Kaetnerin verbesserte. Durch Hederich,$ da? Ich moechte einen halben Grog,--und--dann--dann--muss ich Ihnen etwas mitteilen, etwas sehr wichtôges, das keinen Aufschub duldet!" In Helms Gesicht drueckte sich allerlei Missbehagen aus, aber er ging doch hinter das Buffet, drehte selbst das Gas noch einmal in die Hoehe, liess den Theekessel singen und schickte den Kellner ins Bett. "Hier! Lesen Sie mal, Herr Helms," begann Bartsch, ein Mann, in seiner Erscheinung mehr einem Kuester als einem Barbier gleichend, mit ernstem, zuverlaessigem Ausdruck und zog, nachdem der Wirt sich zu ihm gesetzt, eine Nummer der Hamburger Nachrichten hervor. Helms setzte ein Glas aufs Auge, und waehrend er ein Steckbriefsignalement studierte, beobachtete Bartsch mit groesster Spannung seine Mienen. "Na? Und?" setzte Helms arglos an und schnitt mit grosser Umstaendlichkeit die Spitze einer Zigarre ab. "Haben Sie Aussicht, die tausend Mark zu verdienen--?" "Wir!", betonte Bartsch mit ruhiger Sicherheit und zeigte mit der Hand Helms zuckte die Achseln. Er verstand nicht. "De$ er oder im Rueckgrat, scharfknochiges, bartloses Gesicht, unruhige, aber kalte Augen, sehr weisse Zaehne, grosse, nervige, geschmeidige Gestalt und zudem der Anzug! Jedes Stueck stimmte bis auf den zweireihigen, graugelben Ueberzieher. Und ganz in der Fruehe war er angekommen, verstoert, totenbleich, mit Fieber und Schmerzen, und hatte eine unwahrscheinliche Geschichte erzaehlt, dass er gefallen sei und sich an den Treppenstufen verletzt Wo war er die Nacht gewesen, woher kam er? Und zu Fuss--! Waehrend die beiden noch zusammen ueberlegten, ertoente ploetzlich ein Donnerschlag von solcher Vehemenz, dass die Erde zu beben schien, und sie unwillkuerlich zusammenfuhre; aber auch fast unmittelbar darauf ward eine Klingel oben im Hause in Bewegung gesetzt, und der rasch herbeigerufene Hausknecht erklaerte, es komme von Nr. 7, aus dem Zimmer des Herrn von Kaub. Die beiden Maenner sahen sich an. Wer sollte hinaufgehen? Ein Anflug von Grauen erfasste sie. Von dem Mord hatten sie schon tags vorher gelesen, und nun war$ ebel durchgeschwitzter Margarine, schüttet man die abgetropften Schoten und schwenkt sie mit Pfeffer und Salz schnell darin heiß, mischt Fisch, Semmelbröckchen, Schoten untereinander und richtet auf heißer Schüssel HERINGE, FRISCHE, ZU BRATEN. (VORRAT.) 15 frische Heringe M 0,70 40 g Salz " 0,00-3/4 1 Prise Pfeffer uod Salz " 0,00-1/4 75 g Mehl " 0,03 250 g Backfett " 0,30 1 l Essig " 0,20 50 g Zwiebelscheiben " 0,01-1/2 1 Gewürzdosis " 0,00-1/2 5 g Salz " 0,00-1/4 1/2 l Wasser. M 1,26-1/4 _Vorbereitung_: Die Heringe werden geschuppt, ausgenommen, gewaschen, leicht einige Male über den Rücken geritzt und 1/2 Stunde gesalzen hingestellt. Dann trocknet man sie ab und wälzt sie gleichmäßig in Mehl, welches mit Pfeffer und Salz gemischt wurde. _Zubereitung_: Man bratet oder bäckt die Heringe in dampfendem Fett gar und zu guter Farbe. Erkaltet werden die Heringe, _Bratheringe_, m$ ie Zwiebelwürfel werden im Fett gelb geschmort, das Mehl wird hineingeschüttet und gar gerührt, das Gemüsewasser dazu gegossen, 1/4 Stunde gekocht, durch ein Sieb gefüllt, mit Petersilie, Dill, Pfeffer, Salz und Milch abgeschmeckt, mit den Kartoffeln gemischt, wird das Gericht in einem Napf zu Tisch gegeben. Dieselbe Sauce ist zu grünem Fisch, Sauce zu grünem Fisch, zu bereiten; der Fisch wird in dem Gemüsewasser erst gargekocht und später in die Sauce gelegt. Die doppelte Menge Flüssigkeit zur Mehlschwitze gegossen, gibt eine gute Suppe, Fischsuppe, die man mit beliebigen gewiegten Kräutern noch wohlschmeckender machen kann. Ein Eigelb zerquirlt an die fertige Suppe gegeben macht sie kräftiger. GRÜNKOHL ODER BRAUNKOHL. 1 kg (2 Pfd.) Kohlblätter M 0,20 20 g Salz \ " 0,00-1/2 3 l Wasser / 40 g Schweine-, Gänse- oder Entenfett " 0,06-1/2 20 g Zwiebeln " 0,00-1/2 3/8 l Brühe " 0,15 5 g Zucker "& 0,0$ elodei, ich danke dir, Lamberg, und nun auf Wiedersehen! Ich will Salome ²on deiner Ankunft verständigen!" Nach kräftigem Handschlag verließ Wolf Dietrich das Gemach, und alsbald holte der Kämmerer den Kapitular ab, um ihm sein Zimmer in der stolzen Burg anzuweisen. Pünktlich zur festgesetzten Stunde erschien auf Hohenwerfen der alte Kurat mit seinem Weibe von Skt. Jodok in der Einöde. Ein Greisenpaar, die dünnen Kopfhaare weiß, müde, abgehärmte Gestalten, gebrechlich, hinfällig. Der alte Kurat trug ein langes, verschabtes Gewand, einer Kutte ähnlich, das im Laufe der Jahre die Farbe völlig verloren hatte und schier fuchsig, verschossen geworden war. Und verwildert sah auch der Kopf des Einödgeistlichen aus, Wangen und Kinn umwuchert von weißem Bart, die Augenbrauen buschig und selbst aus den Nasenlöchern hingen Haarbüscheln hervor. Sanft und liebreich dagegen war des alten Priesters Blick, fromme Kinderaugen, und mild die Stimme, als der Einöder dem Burgvogt sagte, der Jodoker Kurat sei um diese Stunde befoh$ ber war eine Erhöhung der Mauten und Zölle für Kaufmannswaren verordnet worden, die auch auf die von Mauten bisher befreiten Kaufleute der Stadt Salzburg in der Absicht ausgedehnt wurde, den durch ihre Hände gehenden partiellen venetianåschen Handel zu treffen. So mußte es denn kommen, daß Bürger- und Kaufmannschaft, Adel und Geistlichkeit sich gegen die neuen Mandate auflehnten und den Beschwerdeweg beschritten. Dr. Lueger wußte sich gegen dieses Anstürmen nicht anders zu helfen als durch Berichterstattung an den Fürsten, und seine Meldung veranlaßte Wolf Dietrich, den Hofstaat schleunigst von Hohenwerfen nach Salzburg zu verlegen, wohin auch kurze Zeit später Salome wieder übersiedelte. Zunächst hörte der Fürst den Vortrag Luegers mit Aufmerksamkeit und Ausdauer und notierte sich die wichtigsten Punkte. Bezüglich der zu treffenden Maßnahmen und Verbescheidung der Beschwerdeschriften jedoch berief Wolf Dietrich den treubewährten klugen Freund Lamberg zu gemeinsamer Beratung im Arbeitsgemache des Keutschachho$ r un Gebieter das Wort mir wollen verstatten, raten...." "... raten, eine längere Frist zu setzen gleich manchen Fürsten im Reich, auf daß die Leute sich werden schlüssig zur Umkehr und Einschluß in die ecclesia cattolica oder zu gehen aus der Heimat. Bin richtig ich informiert, besteht im Reich die Frist von einem Jahr!" "Zu lang' währt solche Frist, auch hab' schon zu lang' ich gezögert. Es ist mir lieb, daß kommt die Sprache zwischen uns auf solch' Kapitel. Es ist mein Wille, daß citieret werde Ludwig Alt und Salzburgs Stadtrat bald zu Hof, und ein Kommissarius soll die Leut' befragen auf das Trienter Bekenntnis, soll es beschwören lassen." Lamberg wagte den Hinweis, daß vielleicht doch jetzt in diesen Tagen ein solches Vorgehen nicht den gewünschten Erfolg haben könnte. In seinem Ungestüm rief Wolf Dietrich: "Warum nicht jetzt? Wer kann mich hindern? Mein Wort hat Geltung allezeit und zu jeglicher Stunde! Ich will Farbe bekennen sehen! Und zugleich soll man die Leut' beschauen, so einer will zum Bürger au$ rchtesgadens und der Holzlieferungen für das Reichenhaller Sudwerk, Forderungen, welche das Kapitel bereitwilligst bewilligte. Ja noch mehr: das Kapitel drang darauf, daß die Salzfrage gelöst werde und der Herzog auch eingreife, den Erzbischof in persona und die Güter dem Erzstift wieder zurückzubringen. Maxkimilian zauderte; es hatte doch etwas Mißliches, den Erzbischof, einen vornehmen Reichsstand und hohen geistlichen Würdenträger verfolgen und verhaften zu lassen. Es widerrieten auch die Hofräte des Herzogs einer solchen Maßregel. Da aber die Gesandten Namens des Kapitels erklärten, daß im Erzstift nicht früher Ruhe werde bis nicht Wolf Dietrich definitiv abgesetzt und gefangen sei, so gab der Herzog am 25. Oktober den Befehl zur Verfolgung des Erzbischofs durch 100 Reiter unter dem Befehl des Rittmeisters Hercelles, der noch in der Nacht ins Gebirg aufbrach und hinter dem Flüchtling einherjagte. Tags darauf ritt Herzog Max, vom Kapitular Freyberg und Licentiat Gruber begleitet, gefolgt von 200 Reitern un$ ochter, die allen Liebreiz in sich verkoerpert, ist er hier in unserem Kreise?" Leise erwiderte Salome, dass der Vater zur Linken neben der Muhme Platz genommen habe. "Und die Mutter?" "Die Teure ist seit langem uns entrissen!" "Wie schmerzlich muss es gewesen sein, von solchem Kind zu scheiden! Doch wollen wir in der Gegenwart bleiben!" Wolf Dietrich lehnte sich in seinen Stuhl, dessen Lehne mit dem Raittenauer Wappen und den bischoeflichen Farben geschmueckt war, zurueck, um den Blick auf Wilhelm Alt frei zu bekommen. Ein kurzer, musternder, pruefender, stechender Blick, der dem Antlitz des Fuersten einen harten Ausdruck gab, dann kehrte wohlwollende Leutseligkeit in das Antlitz zurueck, und freundlich, mit gewinnender Guete und Herablassung rief Wolf Dietrich dem H­andelsherrn zu: "Wilhelm Alt, meinen Gruss! Verzeiht, dass so verspaetet ich an Euch mich wende, Euch gluecklich preise ob der schoenen Tochter und den Dank Euch sage dafuer, dass es mir vergoennt, die Koenigin des Festes zur Partnerin zu haben!$ it von8der Suende Banden, wenn solches Beispiel von der hoechsten Seite sinnverwirrend, frevlich wird gegeben?! Suende allum, vereinsamt steht die Tugend, allein der Gerechte! Straft mich um meiner Worte willen, begrabt mich lebend in den Kerkern Eurer Trutzburg, mordet mich: Fest bleib' ich und halte hoch der Kirche Gebot, der Himmel ist mit mir, Euch aber droht Verdammnis und----" Kaemmerer und der Hofmarschalk wollten sich auf den Rasenden werfen; Salome erlag einem Ohnmachtsanfall, Wolf Dietrich umfing sie mit rasch geoeffneten Armen, in seiner Sorge und Angst um die Geliebte rief er um Hilfe und befahl, man solle den Medikus und die Kammerfrau holen. "Gottesstrafe vollzieht sich zur Stunde!" rief gellend der fanatische Pfarrer, den die Hofbeamten nun ergriffen und eiligst aus der Burg Die Tafel unterblieb. In banger Sorge harrte Wolf Dietrich des aerztlichen Bescheides, still ward es in der Burg. Nach einer Stunde etwa konnte dem Fuersten gemeldet werden, dass der Anfall vorueber und keine Gefahr vorhand$ ten des Thuerschlosses, der Versuch des Aufklinkens ergab die Gewissheit, dass der spaete Gast wahrhaftig eingesperrt ist. Die Magd muss das Schloss von aussen versperrt haben. Ein verabredetes Spiel also! Nun zum Fenster! Aber erst muss alles im Schlafe liegen. So wartete der Moench eine lange Zeit, von Todesangst gefoltert, bis andauernde Stille dem Fluchtversuch guenstig erschien. Mit zitternden Haenden loeste der Franziskaner den weissen Strick von seiner Kutte, knuepfte die Enden ineinander, band das eine Ende am Fensterhaken fest und liess sich am St¤rick hinab in den Hof. Gottlob hielt der Kuttenstrick diese Prozedur aus, und zum Glueck befand sich kein Hund im Hof. Aber dieser Hof ist ringsum mit einer hohen Mauer umschlossen, das Hofthor ist fest verschlossen, und eine zweite Thuer duerfte direkt ins Haus der Moerderbande fuehren. Also ist der Moench rettungslos gefangen, eine Flucht unmoeglich. Die Nachtkaelte zwingt dazu, einen geschuetzten Unterschlupf zu suchen. Soll der Franziskaner am Kuttenstr$ stuerzt ob des bruesken Vorgehens des fuerstlichen Nachbars, bemuehte sich, die salzburgischen Gesandten zum Bleiben zu veranlagen, doch diese kannten ihren Gebieter und rueckten schleunigst heim. Max schlug durch seine nach Salzburg geschickten Hofraete vor, es wolle Salzburg und Bayern eine Gesandtschaft gemeinsam an den Kaiser senden und ihn um Zuruecknahme des Speyerer Urteils bitten Wolf Dietrich aber wollte auf niemand mehr hoeren, seinen Vorteil nicht aufgeben, und forderte, es solle der Kaiser urkundlich geloben, die Gegner Bayerns und Salzburgs nicht mehr zu unterstutzen. Verweigere dies der Kaiser, so werde Salzburg auch seine Tuerkenhilfe nicht bewilligen. Diese schroffe Haltung Wolf Dietrichs rief das groesste Aufsehen im Reiche hervor, man staunte in allen Gauen Deutschlands ueber das beispiellos kuehne, scharfe Vorgehen eines doch, was Landbesitz anlangt, kleinen Fuersten. Aber der Trotzkopf siegte, der Kaiser gab das Versprechen, in jener Prozessangelegenheit nicht mehr weiter zu gehen. Es nun $ eit oder Bequemlichkeit ist, nur vereinzelt vor (Mariner 2, 18-19), auf Samoa aber gar nicht (Wilkes 2, 80, Williams 560) und ebenso wenig, um das hier gleich anzuschliessen, af den Herveyinseln (Williams 560). Allein auf Tahiti war das Verbrechen so im Schwunge, dass Ellis (1, 249) annimmt, es habe sich in der Ausdehnung, wie er es vorfand, erst in etwa den letzten 50 Jahren vor der Entdeckung, ausbreiten können, weil sonst eine so zahlreiche Bevölkerung, wie sie Wallis und Cook vorfanden, sich unmöglich habe erhalten können. Cook fand den Kindermord schon allgemein verbreitet vor und suchte vergeblich den König Otu zu seiner Abschaffung zu veranlassen. Auch die Missionäre des Duff (1796) fanden die Tödtung der Kinder als etwas ganz Selbstverständliches, über das mit der grössten Gleichgültigkeit geredet wurde (Wilson 272. 310); und mit demselben Entsetzen über diese Gleichgültigkeit wie Wilson sagt auch Ellis, dass etwa zwei Drittel der Kinder getödtet seien. Die ersten drei Kinder wurden es meist, Zwilling$ nd auf den Aleuten sind sie mit den Russen vielfach durch Heirathen zusammengeschmolzen. Allein auch auf den Aleuten haben sich die Russen meist nur feindselig gezeigt. Namentlich sind es die russischen Wildjäger (Promyschlenniks, welche von 1760-90 die Inseln beherrschten, Waitz 3, 313), die sich durch wüste Grausamkeit auszeichnen. »Sie pflegten nicht selten Menschen dicht zusammenzustellen und zu versuchen, durch wie viele die Kugel ihrer gezogenen üchse hindurchdringen könne«, sagt Sauer (aus dem Tagebuch eines russischen Offiziers, das er in den Anhängen an seine Reise mittheilt) bei Chamisso 177. Dazu kommt noch die sklavische Knechtung, in welcher Kamtschadalen und Aleuten von den Russen gehalten werden (Chamisso 177 und Langsdorff): wie denn z.B. die Hälfte der gesammten männlichen Bevölkerung von 18-50 Jahren das ganze Jahr hindurch unentgeltlich von ihnen in Anspruch genommen wird (Kittlitz 1, 295). Daher hat Waitz ganz Recht, wenn er die Nachrichten über das milde Verfahren der Russen nicht eben ho$ g: ihre Ausschweifungen, so wie der geringe Werth, welchen sie dem Menschenleben geben; Druck der einheimischen Fürsten; dann ihr leibliches und geistiges Verkommen durch die nothwendigen Einwirkunge¨n einer übermächtigen und von ihnen nur theilweise angenommenen Kultur, so wie endlich die Mittel, welche die Kulturvölker theils aus Rohheit, theils mit der Absicht gegen sie anwandten, sie auszurotten: diese Gründe waren es, welche wir bisher als Schuld an ihrem Aussterben bezeichneten. Natürlich haben diese Gründe, wie wir schon sahen, nicht alle überall Geltung und es wird nöthig sein, dass wir sie, inwiefern sie bei den einzelnen Völkern wirksam waren, hier kurz zusammenstellen. In Tasmanien ist die Bevölkerung lediglich in Folge des englischen Vernichtungskrieges gegen sie zu Grunde gegangen. Gleichfalls nur dem Einfluss der Europäer und zwar der Spanier erlegen sind die Bewohner der Marianen und der Antillen: allerdings haben hier die Seuchen, welche im Gefolge der Europäer ausbrachen, den Weissen die Blut$ rstammte? Auch auf dem Gilbertarchipel und den Ratakinseln--denselben Inseln, wo Chamisso Anfang dieses Jahrhunderts so paradiesische Tage verlebte--ist die Syphilis und andere Seuchen durch europaeische Seeleute eingeschleppt (Meinicke Zeitschr. 398), wie denn ueberhaupt Mikronesien auch sonst sehr durch solche boesen Einwirkungen gelitten hat (Gulick 245). Aber am schlimmsten hat diese Seuche auf Tahiti und Hawaii gewuethet. In Tahiti ist sie so allgemein, dass fast jede Familie von ihr beruehrt ist (Moerenhout 1, 228-29); und schon um 1790 waren zwei Fuenftel der Insel venerisch (eb. 2, 425). Da nun diese entsetzliche Krankheit ‘theils gar nicht, theils schlecht geheilt und behandelt wurde, so ward sie ein Hauptmittel fuer die Dezimirung der Eingeborenen (eb. 2, 405). Vankouver (1790) spricht von den Verheerungen, die sie unter den tahitischen Weibern angerichtet hatte (1, 111): sie musste also schon lange verbreitet sein und ist zweifelsohne gleich von den ersten Besuchern eingeschleppt, gleichviel ob von$ it der Kinder, die mittlere Lebensdauer bei ihnen viel geringer als in Europa ist. Nach Azara freilich erreichen die brasilianischen Staemme ein sehr hohes Alter: er will unter den Payaguas mehrere Maenner gesehen haben, die zum wenigsten 120 Jahre alt waren (270; vgl. 173). Die Polynesier, ueberhaupt die Bewohner kleiner und meist genuegend fruchtbarer Inseln, so bedenklich ein solcher Wohnort nach anderen Seiten sein mag, sind in dieser Beziehung besser gestellt, da schon die Oertlichkeit ihrer Heimath solche uebermaessige Anstrengung verhuetet; die langen und duennen Gliedmaassen, die vorhaengenden Baeuche, die verkommene Gestalt aber der Neuhollaender ist zweifelsohne nicht Racencharakter (an einem anderen Ort gedenke ich den Nachweis zu fuehren, dass die letzteren gleichfalls ein Zweig des malaiopolynesischen Stammes sind), sondern durch die muehselige Lebensart, das ewige Wandern, die Unregelmaessigkeit der Nahrung hervorgebracht. Und natuerlich steigert sich alle diese Nothí durch die Ausbreitung der E$ en, getoedtet wurden. "So moegen", faehrt er S. 60 fort, "solche Kinder seit Jahrtausenden getoedtet sein, ohne dass dies bei den koerperlichen Vorzuegen, die dergleichen Verbindungen mit Menschen niederen Standes nicht haeufig gemacht haben werden und bei ihrer geringen Zahl grossen Einfluss gehabt haben wird. Aber mit der Zeit fing man an, Kinder auch zu toedten, um durch die Sorge, die sie erforderten, nicht an Ausschweifungen und Vergnuegungen gehindert zu werden (wie es bei den Areois der Fall war), und endlich verbreitete sich die grauenvolle Sitte bloss durch den Einfluss der Mode, die auf den Suedseeinseln so gut wie in anderen Erdtheilen die niederen Staende antreibt, Verkehrtheiten und selbst Laster der Vornehmen na'chzuahmen, auch unter das Volk, wo sie in der Bequemlichkeit, Liederlichkeit, Armuth und den Beschwerden, die Kinder zu erziehen, mannigfache Unterstuetzung fand. Man sieht, dass der Kindermord so mit der Zeit stets zunehmen musste und wird hierin eine Hauptursache der erstaunlich rasche$ voelker sein? Geradezu vernichtet sind nur wenige bis jetzt und noch koennen wir, und da wir Unfaehigkeit zur Entwickelung, leibliche oder gei`tige, nirgends bei ihnen finden, noch muessen wir hoffen. Freilich ist viel verdorben; und die Leichtigkeit der Annaeherung, das Vertrauen, mit dem sie der Kultur entgegenkamen, ist bei den meisten unwiederbringlich verloren. Wie bisher die Missionaere die groessten Verdienste um diese Voelker haben, so fallen auch, wenn wir nach der Zukunft fragen, unsere Augen zunaechst auf die Missionaere. Wenn wir bedenken, dass die Polynesier man kann wohl sagen ihre Rettung bisher ihnen verdanken, dass, die Hottentotten und so mancher amerikanische Stamm nur und allein durch sie Gelegenheit hatten, auch die guten Seiten der Kultur an sich zu erfahren; so koennen wir nicht dringend genug wuenschen, dass ihr Werk sich segensreich immer weiter ausbreiten moege. Dazu gehoert zunaechst Unterstuetzung durch die weltlichen Maechte, freilich anders als sie von Frankreich den katholischen$ schenrechte, oder jeder Mensch, gleichgültig welches sein Geschlecht, seine Religion oder seineêRasse sein mag, hat die gleichen. Was die Gründe betrifft, die angeführt werden zum Beweise der Unfähigkeit der Frau, den Pflichten eines Staatsbürgers zu genügen, so wandte sich Condorcet zunächst gegen den ihrer physischen Konstitution, indem er ausführte, daß er nicht einsehen könne, wieso Schwangerschaften und vorübergehende Unpäßlichkeiten die Frauen für Ausübung der Bürgerrechte untauglich machen sollten, da doch auch die Männer Krankheiten aller Art ausgesetzt seien, ohne daß man es für notwendig halte, ihnen deshalb die Pflichten und Ehren der Bürger abzusprechen. Ferner sagt man, daß keine Frau in den Wissenschaften Bedeutendes geleistet oder Beweise von Genie gegeben habe, aber man habe doch nie daran gedacht, die Verleihung des Bürgerrechts an die Männer von ihrer Begabung abhängig zu machen. Auch das geringere Maß an Kenntnissen, die schwächere Urteilskraft, die man den Frauen zum Vorwurf mache, könne, $ enz dafür Zeugnis ablegt, daß sie einem dringenden Bedürfnis entsprechen. Die Frau im kaufmännischen Beruf ist denn auch seit langem eine wohlbekannte Erscheinung in Frankreich, und man rühmt ihr allgemein ihre Umsicht und ihren praktischen Verstand nach. Frauen, die ihr Geschäft wirklich ganz selbständig leiten, sind hier daher verhältnismäßig häufiger zu findTen, als in anderen Ländern. Schon in den fünfziger Jahren wurden ihre Talente dadurch anerkannt, daß die Eisenbahngesellschaften anfingen, Frauen in ihren Bureaux anzustellen, und der Staat, der schon im Anfang des Jahrhunderts Frauen im Postdienst beschäftigt hatte, vermehrte ihre Zahl von 1877 ab bedeutend.[278] Außerdem vertraute er sämtliche Tabakgeschäfte--die Tabakfabrikation und der Handel mit Tabak sind bekanntlich Staatsmonopol--, Frauen an, und beschäftigt eine große Zahl von ihnen in der Bank von Frankreich. Im übrigen ist die Zahl der staatlich angestellten Frauen gering und sie befinden sich fast ausschließlich in untergeordneten Stellunge$ lt.[785] Erst die Zukunft wird zeigen, daß die Gutsbesitzer selbst die "Mobilmachung zum Klassenkampf"[786] 5nnerhalb des ländlichen Proletariats dadurch gefördert haben, ebenso wie jeder Fabrikant, dessen Betrieb sich zum Großbetrieb ausweitet, dem Klassenkampf der Industriearbeiter unfreiwillig Vorschub leistet. Je mehr die Saisonarbeit in der Landwirtschaft an Boden gewinnt, desto leichter wird es auch möglich sein, ihre Arbeiter gesetzlich zu schützen. Die Landflucht und die Wanderarbeit sind daher nicht, wie die Agrarier es mit Vorliebe behaupten, als ein auszurottendes Uebel, sondern als ein Fortschritt anzusehen, der die Landarbeiter aus ihrer elenden Lage befreien helfen wird. Aber auch die wachsende Einführung der Maschinen, die Ursache und Folge der Saisonarbeit zugleich sind, werden trotz ihrer momentan grade für die Arbeiter sehr empfindlichen Folgen,--die Dampfdreschmaschine schmälert z.B. ihren Verdienst um ein Bedeutendes[787],--die Lage der ländlichen Arbeiter schließlich wesentlich umwandeln $ rt gespart, wo das Auge des Fremden nicht hindringen kann, und die großstädtischen Wohnungen sind der Ausdruck dieser Entwicklung: das Eßzimmer, der Salon sind geräumig und glänzen in falscher Pracht; die Schlafzimmer sind schon eng und dunkel, der Rau für das Dienstmädchen ist eine Art Höhle. Wer weiß, in welchem Maße von der Aufrechterhaltung des äußeren Scheins das Ansehen, der Kredit, ja die Existenz der Familien abhängt, wer dabei die furchtbare Macht der Gewohnheit kennt, die ganz zu überwinden nur Auserwählten gelingt, der wird sich auch sagen müssen, daß die Wohnungsmisère der Dienstboten nicht durch Polizeiverordnungen oder Sittenpredigten beseitigt werden kann. Das geht schon aus der Art hervor, wie die neuen Bauordnungen gewirkt haben. An Stelle der Hängeböden tritt nämlich nunmehr in den mittleren Wohnungen eine schmale Kammer, die oft nur ein schwer zu öffnendes kleines Fenster, das zugleich die Speisekammer erhellt, aufweist und ebenso wie die Hängeböden, nicht Raum genug bietet, um sich zu bewe$ ienstvermittler, der sie durch Versprechungen fortlockt, oder den Wirt gegen sie aufhetzt, um recht viel an ihr zu verdienen.[830] Der Tagesdienst beginnt, je kleiner die Wirtschaften sind, desto früher. In den kleinsten ist die Kellnerin zugleich Dienstmädchen und ehe sie Gäste bedient, hat sie den Haushalt zu besorgen. Die Reinigung der Gastzimmer, der Gläser und Tassen liegt ihr vielfach ob; wenn nicht, so hat sie das für diese Arbeiten angestellte Personal zum großen Teil aus eigener Tasche zu bezahlen. Ihre eigentliche Berufsarbeit beginnt mit dem Eintritt des ersten Gastes. Von nun an ist sie immer auf den Füßen; immer lächelnd, immer zuvorkommend, der gröbsten wie der gemeinsten Behandlung gegenüber, hat sie die Getränke und Gerichte heranzuschleppen. In den Hotels englischer SeebäJer wurde fast durchweg konstatiert, daß die Kellnerinnen von sieben Uhr früh bis zwei Uhr nachts thätig sind; in den Restaurant-Waggons wurde eine wöchentliche Arbeitszeit von achtundneunzig Stunden festgestellt, die kein ei$ allmählich entschloß man sich, sie vorsichtig und zurückhaltend zu erörtern; persönlichen Anteil daran nahmen aber nur wenige Frauen aus der christlich-sozialen und der radikalen Frauenbewegung. Der Bund deutscher Frauenvereine konnte sich zu nichts weiter entschließen als zu einer Petition um Einführung der Unfallversicherung für das häusliche Gesinde, und eine Anzahl Vereine erklärten mit großem Pathos, die Mißachtung, unter der die Dienstboten zu leiden haben, dadurch zu beseitigen, daß sie von nun an nicht mehr Dienstboten, sondern "Hausgehilfen" zu nennen seien! Ob ihnen das für den Hängeboden und sechzeon Stunden Arbeitszeit als ein ausreichendes Aequivalent erscheint?! Etwas energischer äußerte sich eine der Frauenrechtlerinnen, Frau Eliza Ichenhäuser, indem sie noch den Ersatz des Dienstbuches durch ein fakultatives Arbeitszeugnis und die gesetzliche Festlegung eines Wochenminimums an Freiheit forderte.[906] Der Verband fortschrittlicher Frauenvereine aber zeigte, wie eng thatsächlich die Grenzen für $ tarken Organisation innewohnen, brach liegen Noch deutlicher tritt der einseitige, die Arbeiterinnenfrage völlig verkennende Standpunkt der bürgerlichen Frauenbewegung in dem ersten Versuch einer Dienstbotenorganisation hervor, wie ihn Mathilde Weber 1894 durch die Gründung des Vereins der Hausbeamtinnen unternahm.[910] Auch sie dachte dabei allein an die Töchter der eigenen Klasse: die Gesellschafterinnen, Stützender Hausfrau, Wirtschafterinnen, Kindergärtnerinnen, kurz an alle diejenigen, deren Stellung sich von dem einfachen Dienstmädchen meist nur durch den Titel "Fräulein" unterscheidet. Die Verwaltung dieses Vereins liegt ausschließlich in den Händen der Herrschaften und die Mitglieder haben so wenig zu sagen, daß die Generalversammlung sich auch dann für beschlußfähig erklärt, wenn nur der Vorstand anwesend ist! Demgegenüber bedeutete der fünf Jahre später gegründete Verein Berliner Dienstherrschaften und Dienstangestellter immerhin einen leisen Fortschritt, indem er zwar, wie die Vereine der Handelsan$ ennen und ein Andenken an den "dürren Ast" mitnehmen, das ihnen das Wiederkommen verleidet. Der Beamte wiederholt die Aufforderung und schwingt dabei die Aktenmappe, um seiner Wichtigkeit größeren Nachdruck zu geben. Über Peters Gesicht huscht ein höhnisches Lächeln, grinsend sagt er: "Wenn ich nicht will, kommt Ihr mir nicht ins Haus! Ich will Euch aber einlassen, so Ihr da mit Eurem Federbusch auch mit hinauf in den Schlot Erschrocken prallt der Beamte zurück und stottert: "Wie? was? Seid Ihr verrückt? Ich--ich--habe oben nichts zu thun--das ist des Kaminfegers Auch Thrinele kann das Lachen über die drollige Erscheinung des Federbuschmanns und dessen Schrecken nicht verb+eißen und kichert vor sich hin, indessen Jobbeli in Vorahnung eines Spaßes die Hausthüre angelweit aufreißt und durch eine linkische Armbewegung zum Eintritt Peter besteht darauf, daß der Kommissär unter der Esse auf den Vollzug der Kehrordnung warten müsse, andernfalls lasse er den Schornsteiner nicht ein. Dem Beamten ist es zu thun, den S$ und gieb sie dem Märte! Kannst die beiden Küh' heut ohne Geläut austreiben. Morgen soll 's Geläut dann beieinander sein." Wenn die Dirn Zeit dazu hätte, sie würde die Hände überm Kopf zusammenschlagen. So aber hat sie Mühe, den fortdrängenden Kühen die Glocken abzunehmen und händigt selbe dem vergnügt schmunzelnden Hirten ein, der sich nicht wenig auf die ihm gewordene Bevorzugung einbildet und nicht übel Lust hätte, der Klärle seine Liebe zu erklären, wenn die Sache nicht so gefährlich wäre. Ein einzig uneben Wort, und die Geschichte schlägt ins Gegenteil um, der Schellenmarkt fällt ins Wasser, und Martin hat seine Hiebe dazu, wenn er nicht gar vom Hof gejagt würde. Aus diesen Erwägungen behält der Hirt seine zärtlichen Gefühle lieber bei sich und läßt sich über die Gunstbezeugung gebührend bew›undern. Bei Tisch langt er sich im Bewußtsein, Hahn im Korb zu sein, die größten Brocken heraus, ein Frevel, der ihm zu normalen Zeiten sicherlich einen gehörigen Rüffel eingetragen hätte. Heute gucken die Knechte und$ er Bauer und Bursch reicht dem Gifter die Hand, gleichsam als wollten sie gut machen, was sie über Klärle ob der vermeinten Stichelei gesprochen. Ganz wohlig ist es dem Alten ums Herz, wie er nun gemächlich durch das stille Gelände seinem Hof zuschreitet, hochzufrieden mit dem wackeren Pfarrer, der so gut und lieb für Klärle eingetreten ist. Und da steht ja Klärle lieblich wie ein junger Maimorgen am Rain, den Vater erwartend. "Grüß Gott, Klärle!" "Grüß Gott, Vater!" "Maidle, der Herr Pfarrer--" "... hat für mich gesprochen, der liebe seelensgute Herr!" "Du weißt schon?" "Martin, der Hirt, war auch in der Kirche und hat mir Kunde gethan. O, wie bin ich dem geistlichen Herrn dafür dKnkbar! Aber, Vater, ich hätte eine große Bitte an dich!" "Red', Klärle! Ich bin ja glücklich, wenn ich dir einen Gefallen erweisen kann!" "Ja, Vater, du bist so lieb und gut!" "Schieß' nur los, Klärle! Deine Bitte ist im voraus erfüllt! Was soll ich thun? Willst was vom Krämer in Schramberg oder ein neues Gewand?" "Nein, nein! Vate$ n Staette!" Der Geist versetzte: "Dies Gebot Vertraegt sich nicht mit meinem Walten. Ich diene nur dem Ring. Du musst Dich an den Geist der Lampe halten." "Nun wohl; jedoch wenn dir bewusst, Wo sich zurzeit mein Schloss befindet," Sprach Aladdin, "befehl' ich dir Kraft dieses Ringes, der dich bindet: Befoerdre mich sogleich von hier Gradaus an seinen neuen Platz!" Kaum ausgesprochen war der Satz, Da trug befluegelt ihn der Riese Nach Afrika, zu jenem Ort, Wo nun inmitten einer Wiese Das Bauwerk stand, und setzte dort Ihn saenftlich nieder auf das Gras. Zwar blieb es Aladdin verborgen, Dass er im Innern Afrikas Gelandet war; doch er genas Von allen Martern, allen Sorgen, Als er den wohlbekannten Bau Trotz dunkler Nacht im Sternenschimmer Gewqahrte, ja sogar die Zimmer Dicht vor sich sah, die seiner Frau Zur Wohnung dienten; und sie schlief Wahrscheinlich dort schon fest und tief. Um Laerm und Aufsehn zu vermeiden, Hielt er gewaltsam sich zurueck, Wie schwer's auch war, so nah dem Glueck Bis morgen frueh sich z$ Wesen enthüllt. Jetzt redet er ihn an; er will ihm zeigen, daß er sein Wesen erkenne, ihm sagen, wie nah er sich ihm fühle; er nennt ihn dabei einen geschäftigen Geist, der die weite Welt umschweife. Da ist der Bann der Beschwörung gebrochen, er hört die niederschmetternde Kunde: Du gleichst dem Geist, den du begreifst, Nicht mir! Dann verschwindet der Geist. Faust stürzt zusammen: er, das Ebenbild Gottes, der dem Geist des Alls zu gleichen sich vermaß, gleicht nicht einmal dem Geist der Erde»! Die Scene bricht ab. Wagner erscheint. Hier erhebt sich die Frage: Wodurch wird der Bann der Beschwörung gebrochen? Warum verschwindet der Erdgeist grade jetzt? Woraus schließt er, daß Fausts Geist dem seinen nicht gleiche? Jedenfalls muß er dies Fausts letzten Worten entnommen haben. Was enthalten sie? Er nennt den Erdgeist einen geschäftigen Geist. Er hat sich ihm als der Geist höchster Thätigkeit offenbart, und nun setzt Faust diese der Geschäftigkeit gleich. Geschäftigkeit ist aber eine Thätigkeit ohne Zwec$ is zurückgewiesen; ist sie auch nicht unmöglich, so ist doch die wahre Erkenntnis auf wenige beschränkt; für sie bringt sie aber nur, falls sie ausgesprochen wird und nicht im Innern bewahrt bleibt, schwere Gefahr. Denn trotz aller gerühmten Toleranz, für die der junge Goethe selbst in seinem Schreiben des Pastors eingetreten war, wo er gefordert hatte, sie dürfe nicht aus Gleichgültigkeit entspringen, sondern müsse auch aus dem Herzen kommen, war es auch im 18. Jahrhundert noch gefährlich dem Pöbel sein Gefühl und Schauen zu offenbaren. Der Verfasser der oben erwähnten Schrift z. B. befürchtet üble Folgen für sein Buch aus dem Verfolgungsgeist dieser Zeiten. Der Rezensent fügt hinzu: »Wir könen ihm dafür nicht bürgen, ob es gleich sehr unrecht wäre, eine Untersuchung, die den Menschen nur auf einer Seite betrachtet, zu verdammen, die Betrachtung der anderen Seite kann alles wieder gut machen. Doch wenn man verdammen will, wer denkt daran!«[274] In seinem Traktat über die Toleranz aber schreibt der junge Goet$ el oder wie ein Amor[420].« Im ersten Teil der Schülerscene siehts nun mehr aus wie ein Igel; aber daraus ist noch kein Schluß auf eine verschiedene Entstehungszeit zu ziehen. Die Einheit der Scene darf nicht bezweifelt werden. Die Frage, wann sie entstanden sei, kann jetzt beantwortet werden. Entstehungszeit der Schülerscene. Auch für die Schülerscene bildet das Jahr 1772, die Beteiligung an den Frankfurter Gelehrten Anzeigen, die breite Grundlage. Sie gehört also zugleich mit de r Wagnerscene in engeren Zusammenhang mit den satirischen Dichtungen der Jahre 1773 und 1774. Man ist bei keiner Scene in größerer Unklarheit über die Zeit der Entstehung gewesen als bei ihr. Schon Luden, in dem bekannten Gespräch mit Goethe,[421] glaubt, sie sei wegen ihrer unmittelbaren Anschauung des akademischen Lebens und Treibens in Goethes Universitätsjahre zu setzen. Neuerdings hat Seuffert sie gar, besonders durch den Charakter ihres ersten Teiles verführt, der Leipziger Zeit des Dichters zugewiesen[422]. Was zu dieser Anna$ rscheint diese Krankheit im Werther. Bei ihm wird durch seine wunderbare Empfind- und Denkensart, der er sich ganz ueberliess, und die endlose Leidenschaft, alles, was thaetige Kraft an ihm war, ausgeloescht[125]; und er, der sich .nicht, wie Weisslingen und Clavigo, in schwerer Schuld verstrickt hatte, faellt durch eigene Hand. Ganz im Sinne Fausts hatte der Dichter, da er im Mai 1772 gen Wetzlar zog, zwar nicht dem Erdgeist, wohl aber der Gottheit zugesungen, von ihr Allgegenwaert'ge Liebe! Durchgluehst mich, Beutst dem Wetter die Stirn, Gefahren die Brust, Hast mir gegossen Ins frueh welkende Herz Doppeltes Leben Freude zu leben. Und Mut[126]. Von diesem gewonnenen Lebensmute aus war dann zu dem dritten, hoechsten Leben vorzudringen, dem der That, auf dass das Herz nicht welke, sondern noch koestliche Fruechte trage![127] Wir sehen danach, wie tief diese Auffassung des Erdgeistes als eines Geistes des Lebens und der That im Leben des Dichters begruendet liegt. Bemerkensw$ selbst zurueck, sondern wandte sich dem Erdgeist zu, im Glauben, ihm zu gleichen. Am 24. August schreibt er an Sophie La Roche: "Was ist das Herz des Menschen? sind der wirklichen Uebel nicht genug? Muss es sich auch noch aus sich selbst phantastische schaffen! Doch was klag ich! Die Unruhe und Ungewissheit sind unser Teil und lassen Sie uns di tragen mit Mut, wie ein braver Sohn, der die Schulden seines Vaters uebernommen Am 31. August richtet er an Jacobi die schoenen Worte, wie der Mensch sich nicht schweifenden Geistes an den Schoepfungen anderer genuegen lassen duerfe, sondern selbst fuer seinen Teil thaetig sein muesse "in herzlich wirkender Beschraenkung[204]". Am 15.(?) September klagt er wieder der Freundin: "ich muss die Welt lassen, wie sie ist, und dem heiligen Sebastian gleich, an meinen Baum gebunden, die Pfeile in den Nerven, Gott loben und preisen[205]. Was wird aus mir werden?" ruft er aus[206]. "Ich bin stuermisch, verworren, und hafte doch nur auf wenig Ideen." schreibt er am Anfang des Oc$ 321. 6 f. (Nr. 49. den 19. Juni 1772.) [252] D.j.G. 2. 206 ff. [253] Noch 1776 klingt dies Thema nach und an die Fauststelle an indem Schreiben an Herder, da es sich um seine Berufung nach Weimar handelte: Und im Grund weder Luther noch Christ Im mindesten hier gemeinet ist, Sondern was in dem Schoepsen-Geist Eben lutherisch und christlich heisst. Br. 3. N. 404 vor 20. Februar 1776? S. 33. 5 ff. [254] F.G.A. S. 453. 35 ff. (N. 69. den 23. August 1772.) [255] a.a. O. S. 455. 36.--Vergl. auch Hamann 2. S. 289. [256] a.a.O. S. 356. 2. (N. 54. den 7. Juli 1772.) [257] a.a.O. S. 482. 36. (N. 73. den 11. September 1772.) [258] Vergl. die oben angefuehrte Stelle. (F.G.A. S. 222. 32 f.) [259] a.a.O. S. 553. 20 ff. (N. 54 den 7. Juli 1772.) [260] a.a.O. S. 354 35 ff. [261] a.a.O. S. 230. 28 ff. (N. 35. den 1. Mai 1772.) [262] a.a.O. N. 355. 37 f. [263] a.a.O. S. 490. (N. 74. den 15. September 1872.)--vielleicht auch S. 477. 4 f. (N. 72. den 8. Sept. 1772.) [264] D.j.G. 2. S. 391.--Noch spaeter nennt er$ ruder, der aus dem welschen Süden stammt und schwer leidet unter dem rauhen Klima des Hochlandes im Norden Tirols. Da half aller Zuspruch des an die scharfe Bergluft gewohnten alten Paters wenig, der Klosterbruder vertrug sie nicht, doch hielt er klaglos aus und hüstelte dazu. Seine Gedanken weilten freilich sehr häufig im sonnigen Süden. Jetzt im Winter ist's ein eintönig Leben im Klösterl; der kirchlichen Verrichtungen sind wenig und auch sonst nur kleine Arbeit. Frater Marian sägt und hackt Holz, derweil der Einödpater die Kinder in dem zum Schulzimmer adaptierten Speisezimmer unterrichtet. Am 27. November war es. Um 10Uhr entließ Pater Ambros die Schuljugend, welche im Bereich des Klösterls ruhig und bescheiden von dannen schlich, hinter der Pforte aber auf dem tiefverschneiten Sträßlein sofort in zwei feindliche Teile sich trennte und ein regelrechtes Schneeballenbombardement eröffnete. Dabei konnte es nicht anders sein, daß sich mancher Ball an die Fenster des Klösterls verirrte und dumpf an die Scheibe$ vornahm, während der Wachtmeister das gefesselte Paar bewachte. So viel aber der erfahrene Richter nachforschen mochte, er fand nichts, absolut nichts vom Handwerkszeug des Falschmünzers. Schon wollte er den Aktuar beauftragen, den nahe der Hütte angelegten Düngerhaufen mit einer Mistgabel zu durchstochern, da fiel Eh÷enstraßer an der Hängeuhr im Stübchen auf, daß die Uhrgewichte seltsamerweise in Gradelzeug eingenäht sind. Derlei hat der Richter noch niemals gesehen und sofort schnitt er den grauen Stoff mit dem Federmesser durch. Welche Überraschung! Statt der Gewichte hatte der schlaue Falschmünzer nagelneue Silberfalsifikate, lauter falsche Kronenstücke, eingenäht und dieselben als Uhrgewicht benutzt, die er vor Entdeckung wohl geschützt glauben mochte. Nun kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß sich auf dieser Alpe auch der Prägestock und sonstige Utensilien vorfinden müssen. Aber wo? Ehrenstraßer hielt inne im mühsamen Suchen und überdachte die Fälle aus der Praxis. Am häufigsten pflegen Leute zum$ eistet, bleibst aber ein Dummkopf, weil du solche Sachen glaubst!" "Kann schon sein, gnä' Herr! Aber helfen thuan selle Sachen decht und das ischt die Hauptsach'! Werd' ich jötzund it eing'sperrt?" "Nein! Aber wenn du noch eine einzige Möhre stiehlst, holt dich der Gendarm, merk' dir das, Widschwenter!" "Saggra! Hätt's nit 'glaubt, daß selles Todtentüchel so wenig nutzt! Muß decht ein Tropf g'wesen sein, seller Todter!" Ehrenstraßer entließ schmunzelnd diesen Originalmenschen, der hastig davontrollte, und wandte sich dann zur Erledigung der Aktenstücke. Nachmittags sprach der Richter im Hause des Bezirksarztes Bauerntanz vor, um sich nach dem Zustand der Doktorin zu erkundigen. Der Bezirksarzt konnte mitteilen, die Brüche sind eingerichtet, Gipsverbände angelegt, die Patientin ist bei Sinnen, die Gehirnerschütterung nicht so schwer, als anfangs befürchtet wurde, doch dürfe niemand vorgelassen "So besteht Hoffnung auf Wiederherstellung?" "Möglich ischt es ja; das Gedächtnis ischt völlig verschwunden, meine Fra$ llung ihres Liebhabers gar nicht berührt. Geliebt oder nicht geliebt zu sein war alles für sie. "Ich opfere ihm meine ewige Seligkeit," sagte sie, "und er, der ein Häretiker, ein Franzose ist, kann mir nichts, was dem gleicht, opfern." Aber sobald der Chevalier erschien, füllte seine gefällige und dabei so ungezwungene Heiterkeit die Seele der Campobasso mit Entzücken und bezauberte sie. Bei seinem Anblick verschwand alles, was sie sich ihm zu sagen vorgenommenf hatte, und alle trüben Gedanken. Dieser für diese hochmütige Seele so neue Zustand hielt noch lange an, nachdem Sénecé gegangen war. Und schließlich fand sie, daß sie fern von Sénecé weder denken noch leben könne. Während in Rom durch zwei Jahrhunderte die Spanier in Mode gewesen waren, begann man sich damals ein wenig den Franzosen zuzuneigen. Man begann, einen Charakter zu verstehn, der Vergnügen und Heiterkeit überall hinbrachte, wo er sich zeigte, und diesen Charakter gab es damals nur in Frankreich; seit der Revolution von 1789 gibt es ihn nirgen$ ichkeit und zur ewigen Herrlichkeit gelange." Dann erhob sie sich, sprach das Gebetþ und ließ ihre Pantoffeln am Fuß der Treppe stehen; auf dem Schafott schwang sie schnell das Bein über den Balken, legte den Hals unter das Fallbeil und ordnete alles ganz allein, um sich nicht von dem Henker berühren zu lassen. Durch die Schnelligkeit ihrer Bewegungen vermied sie, dem Publikum Hals und Schultern zu zeigen, als ihr der Taftschleier abgenommen wurde. Es brauchte lange, bis der Streich gefällt wurde, weil ein Hindernis eingetreten war. Während dieser Zeit rief sie mit lauter Stimme Jesus Christus und die Heilige Jungfrau an. Ein zeitgenössischer Autor erzählt, daß Clemens VIII. sehr besorgt um das Seelenheil Beatrices war; da er wußte, daß sie sich unschuldig verurteilt fühlte, fürchtete er eine Regung des Aufruhrs. Im Augenblick, als sie ihren Kopf unter das Beil gelegt hatte, gab man von der Engelsburg, von wo man das Schafott gut sehen konnte, einen Kanonenschuß ab. Der Papst, der im Gebet auf Monte Cavallo w$ eiten, zu welchen die Vergnügungssucht einen wenig charakterstarken Fürsten hinreißen kann, gekennzeichnet. Auch Ferdinand hatte sich einige Schwächen dieser Art vorzuwerfen. Seine Liebe zu der Laien-Schwester Virgilia war in ganz Toskana berühmt; doch besonders durch die Unschuld dieser ihrer Beziehungen wie man beifügen muß; ebenso wie man sagen muß, daß der düstere, heftige und leidenschaftliche Großherzog Francesco das Aufsehen, das seine Liebschaften erregten!, wenig genug beachtete. Im ganzen Land sprach man nur von der großen Tugend der Schwester Virgilia. Die Ordensregeln, die sie als Laienschwester zu erfüllen hatte, erlaubten es ihr, etwa drei Viertel des Jahres bei der Familie zu verbringen; sie sah dann täglich den Kardinal Medici, wenn er in Florenz war. Zwei Dinge setzten diese der Wollust hingegebene Stadt an dieser Liebschaft eines reichen jungen Fürsten in Erstaunen, dem durch das Beispiel seines Bruders alles gestattet war: die junge schüchterne, nichts weniger als geistvolle Schwester Virgi$ und wenn es ihm trocken und öd wurde im Mund, sprang er auf und ging vor den Tischkasten und biß ein neues Endchen Kautaback ab zur Erfrischung. Sein Frauchen sass daneben und spann. In den Spinnstuben sangen die Mädchen, was ihre Mütter und Großmütter gesungen. Während der Pause, abends um neun, wurde getanzt; auf der weiten Haustenne; unter der Stalllaterne; nach dem Liede: maren will mi hawern meihn, wer schall den wol binnen? dat schall (meiers dortchen) don, de will eck wol finnen. Von Wiedensahl aus besucht ich auf längere Zeit den Onkel in Lüethorst. Ein Liebhabertheater im benachbarten S%ädtchen zog mich in den angenehmen Kreis seiner Thätigkeit; aber mehr noch fesselte mich das wundersame Leben des Bienenvolkes und der damals wogende Kampf um die Partenogenesis, den mein Onkel als gewandter Schriftsteller und Beobachter entscheidend mit durchfocht. Der Wunsch und Plan, nach Brasilien auszuwandern, dem Eldorado der Imker, hat sich nicht verwirklichen sollen. Die Annahme, daß ich praktischer B$ welchen sich auch die Strophenzahlen beziehen; daß ich aber auch weniger alte und verbürgte Strophen anderer Ausgaben aufgenommen, jedoch mit einem Sternchen bezeichnet habe. Man wird mir schwerlich vorwerfen können, allzufrei übertragen zu haben. Worttreue ist keine Pflicht: sie gleicht deŽ Treue Eulenspiegels zu seinem Meister dem Schneider. Wie vieler Verbeßerungen aber die Uebersetzung noch fähig wäre, fühlt Niemand lebhafter als ich, der, obgleich ich das Manuscript kurz vor dem Drucke einer nochmaligen strengen Durchsicht unterwarf, schon jetzt an dem mir vorliegenden ersten Aushängebogen wieder Tausenderlei auszustellen hätte ohne darum an dem Unternehmen irre zu werden; denn wann dürfte bei einem solchen Werke die kritische Feile ruhn? Die Aufnahme, die diesem ersten Versuche seitens des großen Publicums zu Theil werden wird, und die Nachhülfe, die ich von belehrenden Kritiken sachkundiger Männer erwarte, mögen darüber entscheiden, ob ich ihn dereinst in vollendeterer Gestalt der Welt vorlegen werde. $ 323 Das theilt' er ungewogen seinen Freunden frei, An fünfhundert Marken und Manchem wohl noch mehr; Gernot rieth es Gunthern, dieser Degen kühn und hehr. Um Urlaub baten alle, sie wollten nun hindann. 324 Da kamen die Gäste vor Kriemhild heran Und dahin auch, wo Frau Ute saß, die Königin. Es zogen nie mehr Degen so wohl beurlaubt dahin. Die Herbergen leerten sich, als sie von dannen ritten. 325 Doch verblieb im Lande mit herrlichen Sitten Der König mit den Seinen und mancher edle Mann: Die giengen alle Tage zu Frau Kriemhild heran. Da wollt auch Urlaub nehmen Siegfried der gute Held, 326 Verzweifelnd zu erwerben, worauf sein Sinn gestellt. Der König hörte sagen, er woll nun hindann: Geiselher der junge ihn von der Reise gewann. "Wohin, edler Siegfried, wohin reitet ihr? 327 Hört meine Bitte, bleibt bei den Recken hier, Bei Gunther dem König und bei seinem Lehn: Hier sind viel schöne Frauen, die läßt man$ äße angefüllt mit Wein Den Gästen auf die Straße und hieß sie willkommen sein. Ein Wirth war da geseßen, Astold genannt, 1379 Der wies sie die Straße ins Oesterreicherland Gegen Mautaren an der Donau nieder: Da ward viel Dienst erboten der reichen Königin wieder. Der Bischof mit Liebe von seiner Nichte schied. 1380 Daß sie sich wohl gehabe, wie sehr er ihr das rieth, Und sich Ehr erwerbe, wie Helke einst gethan. Hei! was sie großer Ehren bald bei den Heunen gewann! An die Traisem kÕamen die Gäst in kurzer Zeit. 1381 Sie zu pflegen fliß sich Rüdigers Geleit, Bis daß man die Heunen sah reiten über Land: Da ward der Königstochter erst große Ehre bekannt. Bei der Traisem hatte der Fürst von Heunenland 1382 Eine reiche Veste, im Lande wohl bekannt, Mit Namen Traisenmauer: einst wohnte Helke da Und pflag so hoher Milde, als wohl nicht wieder geschah, Es sei denn von Kriemhilden; die mochte gerne geben.$ lendet, und es ist Zeit, daß du dich in der Welt umsiehst und dein Kaufmannsleben beginnst, auch habe ich dafür jetzt eine gute Gelegenheit gefunden. In diesen Tagen schickt unser König eine Gesandtschaft an den König Udena in Kosambi, weit von *hier, im Norden. Dort habe ich aber einen Gastfreund Panada. Der hat mir längst gesagt, in Kosambi wäre mit Produkten unseres Landes, besonders mit Bergkristallen und Sandelpulver, sowie mit unseren kunstvollen Rohrgeflechten und Weberwaren ein gutes Geschäft zu machen. Ich habe aber immer eine solche Geschäftsreise als ein großes Wagnis gescheut wegen der vielen Gefahren des Weges. Wer nun aber die Hin- und Herreise im Gefolge dieser Gesandtschaft macht, für den ist gar keine Gefahr vorhanden. Wohlan, mein Sohn, wir wollen auf den Lagerplatz gehen und uns die zwölf Ochsenwagen und die Waren ansehen, die ich für deine Fahrt bestimmt habe; du wirst für unsere Produkte Musselin aus Benares und ausgesuchten Reis mit zurückbringen, und das wird, hoffe ich, ein glorreicher$ ches Spiel. Lässig warf sie den Ball zu Boden, und als er dann langsam emporstieg, gab sie ihm mit ihrer schößlinggleichen Hand, deren Daumen sie etwas krümmte und deren zarte Finger sie ausstreckte, einen kräftigen Schlag, trieb dann den aufsteigenden Ball mit dem Handrücken empor und fing ihn beim Herabfallen in der Luft wieder auf. Sie warf ihn in langsamem, in mittlerem und in raschem Tempo, bald ihn anfeuernd, bald ihn besänftigend, schlug ihn abwechselnd mit der linken und mit der rechten Hand, trieb ihn in jede Himmelsrichtung und wieder zurück. Wenn du--wie's mir aus deinem verständnisvollen Blick scheinen will--mit der Spielballwissenschaft vertraut bist, so brauche ich dir nichts zu sagen, als daß du wohl niemals das Curnapada und das Gitamarga so vollkommen ausgeführt gesehen haben wirst. Dann aber machte sie etwas, was ich nier gesehen und wovon ich auch nie gehört habe. Sie nahm nämlich zwei goldene Bälle, und während ihre Füße zum Klange ihrer Schmuckjuwelen sich tanzend bewegten, ließ sie diese$ ras. Aber im Winter beraubt der Frost die Wälder ihres Laubes, und Reif bedeckt die Felder. Keine Städte erheben ihre Türme, aber weitgedehnte Dörfer mit großen Hürden liegen mitten in ihren weidereichen Triften, und die schützende Anhöhe daneben ist durch Wälle und rohe Mauern in eine kleine Feste verwandelt. Ein kriegerisches Hirtenvolk ist hier seßhaft. Die Wälder sind voll von Wölfen, und meilenweit hört der zitternde Wanderer das Gebrüll des Löwen, "des furchtbaren, schweifenden, in Bergen hausenden Wildes"--wie _er_ ihn nennt; denn er ist ein Sänger. Nach langer Wanderung nähert er sich einem Dorfe, als unbekannter, aber willkommener Gast; denn das ist er überall. Über seiner Schulter hängt seine einzige sichtbare Habe, eine kleine Laute; aber im Kopfe trägt er das ganze kostbare Erbe seiner Väter: alte, geheime Hymnen an Agni und Indra, an Varuna und Mitra, ja sogar an unbekannte Götter; Kriegs- und Trinklieder für die Männer; Liebeslieder für die Mädchen; segnende Zaubersprüche' für die Milchspendende$ chtet, und abends lauschte ich in der VersamÂlung den Worten des Erhabenen oder auch denen eines großen Jüngers, wie Sariputta oder Ananda. Nachher aber geschah es wohl, daß eine Schwester die andere aufsuchte: "Entzückend, Schwester, ist der Sinsapawald, herrlich die klare Mondnacht, die Bäume stehen in voller Blüte, himmlische Düfte, meint man, wehen umher. Wohlan, laß uns Schwester Sumedha aufsuchen. Sie ist eine Hüterin des Wortes, ein Hort der Lehre. Ihre Rede dürfte wohl diesem Sinsapawalde doppelten Glanz verleihen." Und wir brachten dann den größten Teil einer solchen Nacht mit sinnigen Gesprächen zu. Dies Leben in der freien Natur, diese fortwährende Geistestätigkeit und der rege Gedankenaustausch, wodurch keine Zeit für trübes Hinbrüten über eigenen Schmerz oder für müßige Träumereien übrig blieb, endlich die Erhebung und Läuterung des Gemütes durch die Macht der Wahrheit--all dies stärkte mir Körper und Geist wunderbar. Ein neues und edleres Leben tat sich vor mir auf, und ich genoß ein ruhiges, he$ st Unvergeßlichkeit ein leeres Wort. Aber was ist es denn nun, wonach sich´s lohnt zu streben? Nur das eine: eine tüchtige Gesinnung, ein Leben Ôum Besten anderer, Wahrheit in jeder Äußerung, ein Zustand des Gemüts, wonach dir alles, was geschieht, notwendig scheint und dir befreundet, aus einer Quelle fließend, mit der du vertraut bist. Gib dich dem Schicksal willig hin, und erlaube ihm, dich mit den Dingen zu verflechten, die es dir irgend zuerkennt. Eintagsfliegen sind beide, der Gedenkende und der, dessen gedacht wird. Alles entsteht durch Verwandlung, und die Natur liebt nichts so sehr, als das Vorhandene umzumodeln und Neues von ähnlicher Art zu erzeugen. Jedes Einzelwesen ist gewissermaßen der Same eines zukünftigen, und es wäre eine große Beschränktheit, nur das als ein Samenkorn anzusehen, was in die Erde oder in den Mutterschoß geworfen wird. Wie bald wirst du tot sein, und noch immer bist du nicht ohne Falsch, nicht ohne Leidenschaft, nicht frei von dem Vorurteil, daß Äußeres dem Menschen schaden k$ che, wie sie wirklich ist, und dringen in ihr inneres Wesen ein.--Man mache es nur überhaupt im Leben so, entkleide alles, was sich uns als des Strebens würdig aufdrängt, seiner Umhüllung, und sehe von dem äußeren Glanze ab, mit dem es wichtig tut. Der Schein ist ein gefährlicher Betrüger. Gerade wenn du glaubst mit ernsten und hohen Dingen beschäfigt zu sein, übt er am meisten seine täuschende Gewalt. Die Menge legt den höchsten Wert auf den Besitz rein sinnlicher Dinge. Teils sind es Dinge von festem und natürlichem Zusammenhalt, wie Steine und Holzarten, z.B. Feigenbäume, Weinstöcke und Ölbäume. Höher hinauf fängt man an den Nutzen einzusehen, den uns die belebte Natur leistet, wie Herden von Groß- oder Kleinvieh, und noch eine Stufe höher die Brauchbarkeit der in unserm Dienst stehenden Einzelvernunft. Wer aber nichts Edleres und Höheres kennt, als das allgemeine Vernunftwesen, dem ist jenes alles geringfügig und unbedeutend. Er hat kein anderes Interesse, als daß seine Vernunft der allgemeinen Menschenve$ sein heißt einen guten Charakter haben. Was machst du also hier, Einbildung? Geh um der Götter willen, wie du kamst, denn ich brauche dich nicht! Du bist gekommen nach deiner alten Gewohnheit Ich zürne dir nicht, nur geh fort! Wäre es möglich, daß dir der Wechsel, dem alles unterworfen ist, Furcht einjage? Was könnte denn geschehen, wenn sich die Dinge nicht veränderten? Was gibt es Angemesseneres für die Natur als diese Veränderung? Könntst du dich denn nähren, wenn die Speisen sich nicht verwandelten? Überhaupt hängt von dieser Eigenschaft der Nutzen jedes Dinges ab. Und siehst du nun nicht, daß die Veränderung, der du unterworfen bist, von derselben Art und ebenso notwendig ist für das Alle Körper nehmen durch das Weltall, wie durch einen reißenden Strom, ihren Lauf und sind, wie die Glieder unseres Leibes untereinander, so mit jenem Ganzen innig verbunden und wirken mit ihm. Wie manchen Chrysipp, wie manchen Sokrates, wie manchen Epiktet hat schon die Welle verschlungen! Diesen Gedanken hege beim Anblick $ jemand die Neigung hat, ein deutscher Professor zu werden, d.h. sein Auge nach innen kehrt und sich nicht entschließen kann, Rinnsteine, Laternenpfähle und Mitmenschen für Realitäten zu halten, wenn Dichter und Denker uns begegnen, das Auge für den Glanz der Ferne eingestellt und die ganze Energie gleichsam zum Wachedienst für das ewige Feuer der Vestalin nach innen gepreßt, so sagen wir ja wie Josephs Brüder: "Seht, da kommt der Träumer!" Die Seele hat eben zwei große Orgelregisterzüge: "Real" und "Ideal", dée, gleichzeitig gezogen, leider nie recht miteinander Harmonien geben, so schön sie, jedes einzeln gespielt, die Symphonie des Daseins färben. Wenn die mehr oder minder ausgeprägte Schnelligkeit der Leitungsanschlüsse im Gehirn die Temperamente ausmacht, wenn die unwillkürliche Zähigkeit der Willensimpulse, die Unhemmbarkeit von Vorstellen und Willen den Charakter bestimmt, so scheidet das Register "Gemüt und Phantasie" unser Innenleben noch viel deutlicher von jener andern Fähigkeit, durch die Welt zu k$ ein. Da hätten wir also eine grundlegende Definition dessen, was wir Temperament nennen: Temperament ist ein Maß für die größere oder geringere Schnelligkeit der Auslösbarkeit und der Anschlußfähigkeit der Nervenspannungen, oder, weniger gelehrt ausgedrückt: Temperament ist Sache der Widerstandsfähigkeit gegen Eindrücke. Man kann also als gewiß annehmen, daß jeder Mensch einen Grundrhythmus besitzt, vermittels dessen er bei normaler Beschaffenheit seines Blutes mehr oder weniger schnell Reize, Impressionen, Eindrücke, seelische Attacken aller Art verarbeitet, und daß dieser Rhythmus bei jedem Menschen ein anderer, in gewissen Grenzen abweichender ist, wie das Rot, das ich sehe, eine andere Nüance darstellt, als das Rot, welches ein anderer sieht. Dieses Widerspiel zwischen Erregung von Nervenströmen und dem Widerstand, welchen sie im Seelenorgan mittels der Saftwelle finden, ist es also, was das Temperament ausmacht, und man begreift sofort, daß ~dieser Zustand nur ein im großen und ganzen konstanter sein kan$ bene Süde im folgenden Winter reichlich nachholen zu Die Medizin kennt Päpste und Episkopate; der Glaube an die Chemie ist so stark und dogmatisch, wie nur irgend eine Heilswahrheit, und die Zeiten sind dagewesen, wo wissenschaftliche Überzeugungen die Herrschergewalt von Staatsreligionen besessen haben, in denen Ketzern und Andersgläubigen der wissenschaftliche und materielle Ruin sicher war. An die Stelle des Totmachens durch die Inquisition und des Ketzergerichts ist oft genug das noch wirksamere Totschweigen getreten, der Boykott, das Abrücken, das Verfehmen, das in modernen Zeitläufen, nur scheinbar schonender, dem "Protestanten" den Strick oft genug gedreht hat. Die Geschichte aller Wissenschaften kennt Beispiele von krassester Dogmatik, Ketzerhinrichtung und Bannbullen, und die Szene des zum Widerruf gezwungenen Galilei wiederholt sich alle Jahrhundert mehrmals.-- Ist hier an einem Beispiel gezeigt, wie nahe sich in praktischer Anwendung Wissenschaft und Glaube berühren, so ist ihre Verkettung in ideel$ und gewiß einen reinen Begriff, wie alles auf einander steht und liegt, ohne Prätension auszuführen, wie es auf einander gekommen ist. Da ich einmal nichts aus Büchern lernen kann, so fang' ich erst jetzt an, nachdem ich die meilenlangen Blätter unserer Gegenden umgeschlagen habe, auch die Erfahrungen Anderer zu studiren und zu nutzen. Dies Feld ist, wie ich jetzt erst sehe, kurze Zeit her mit großem Fleiße bebaut worden, und ich bin überzeugt, daß bei so viel Versuchen und Hülfsmitteln ein einziger großer Mensch, der mit den Füßen oder dem Geist die Welt umlaufen könnte, diesen seltsam zusammengebauten Ball ein- für allemal erkennenund beschreiben könnte, was vielleicht schon Büffon im höchsten Sinne gethan hat, weßhalb auch Franzosen und Deutschfranzosen sagen, er habe einen Roman geschrieben, welches sehr wohl gesagt ist, weil das ehrsame Publikum alles Außerordentliche nur durch den Roman kennt." Durch diese Studien und andere Lieblingsneigungen ward Goethe nicht der Amtsthätigkeit entzogen, die seine Ste$ te der Mensch, der darein versetzt ist, sich ganz widmen,æ und ich möchte doch auch so vieles Andere nicht fallen lassen." In gleichem Sinne hatte er schon in einem frühern Briefe an Lavater geäußert: "Den guten Landes- und Hausvater würdest du näher nur bedauern. Was da auszustehen ist, spricht keine Zunge aus. Herrschaft wird Niemand angeboren, und der sie ererbte, muß sie so bitter gewinnen, wie der Eroberer, wenn er sie haben will, und bitterer. Es versteht dieß kein Mensch, der seinen Wirkungskreis aus sich geschaffen und ausgetrieben hat." Dann tröstete er sich wieder mit dem behaglichen Gefühl der Gesundheit. In einem Briefe an Lavater vom 18. März 1781 sprach er den Wunsch aus, daß Gott ihn noch lange auf dieser schönen Welt erhalten und ihm Kraft verleihen möchte, ihr zu dienen und sie zu nutzen. "Mit mir steht's gut," schrieb er, "besonders innerlich. In weltlichen Dingen erwerb' ich täglich mehr Gewandtheit, und vom Geiste fallen mir täglich Schuppen und Nebel, daß ich denke, er müßte ganz nackt da$ ge aus seiner Studirstube nach den vordern Zimmern angeweht habe, schrieb Goethe ein heftiges Bruststechen zu, das nach einer unruhigen Nacht noch am Morgen fortdauerte. Er ahnte keine Gefahr, als ärztliche Mittel jenes Uebel und den fieberhaften Zustand beseitigt hatten. Sein Athem war jedoch noch immer beengt, und in Gegenwart seines Arztes, des Dr. Vogel, den er den 20. März 1832 hatte rufen lassen, preßte ihm der Schmerz schneidende Töne aus. Von einer innern Angst bald in das Bette, bald in den daneben stehenden Lehnstuhl geÐrieben, fürchtete er eine Wiederkehr des Blutsturzes, der ihn das Jahr zuvor befallen. Seine Gesichtszüge waren verzerrt, das Antlitz graublau, der ganze Körper kalt, und von triefendem Schweiß bedeckt. Er fühlte sich sehr matt, und es traten Augenblicke völliger Bewußtlosigkeit ein. Mitunter phantasirte er, indem er ruhig in seinem Lehnstuhl saß. "Seht," sprach er unter andern, "seht den schönen weiblichen Kopf mit schwarzen Locken, in prächtigem Colorit, mit dunkelm Hintergrunde!" $ n auf der Bühne muß oft verliebt thun, oft küssen, oft lachen, und was dergleichen mehr ist. Das bringt aber die Comödie so mit ìsich. Wenn Kolombine die verschmitzte Buhlerinn vorstellt, so würde es sich ja nicht schicken, daß sie die Mine einer Matrone behielte. Wie oft hat sie nicht auch geweint! Meynen Sie aber, daß sie um deswillen, sie zu Hause gekommen, immer betrübt _Harl._ Ich habe allzeit gehört, die Unschuld soll so etwas Süßes, so etwas Körnichtes, so etwas von der braunen Kruste seyn, daß ich nicht gern eine Frau nehmen mögte, welche diesen Leckerbissen bereits verschenket hätte. _Barth._ O mein lieber Harlekin, sind Sie da verbrannt: so rathe ich Ihnen gar keine Frau--anders als meine Kolombine zu _Harl._ Aber sehen Sie einmal Selbst, Herr Barthold, alle diese schönen Herrn, welche hier vor unsrer Bühne sitzen. Ihre Augen scheinen meinem lieben Kolombinchen das Mark aus den Knochen zu ziehen; und wenn sie tanzt; ach, wenn sie tanzt: so--so--tanzen alle Herzen mit ihr. _Barth._ So$ sein würde. Robur seinerseits wollte sich auch nicht den Anschein geben, als fiele ihm das auf, und begann deshalb, als setze er nur ein Gespräch fort, das doch schon seit zwei Stunden unterbrochen war: "Sie haben sich ohne Zweifel damit befaßt, meine Herren, ob dieser für die Bewegung durch die Luft ausgezeichnete Apparat auch eine noch gößere Geschwindigkeit annehmen könne. Er wäre indeß nicht würdig, den Luftraum sozusagen besiegt zu haben, wenn er sich denselben nicht gänzlich unterwürfig machen könnte. Ich bin darauf ausgegangen, die Luft als festen Stütz- und Angriffspunkt zu benützen, und als solcher dient sie mir. Ich sah längst ein, daß man, um gegen den Wind anzukämpfen, stärker sein müsse, als dieser, und ich bin stärker. Ich bedarf keiner Segel, die mich ziehen, keiner Ruder oder Räder, die mich treiben, keiner Schienen, um schneller und leichter fortzukommen -- nur Luft ... nichts weiter! Luft, die mich ganz ebenso umgiebt, wie das Wasser jedes submarine Fahrzeug, und in der meine Propeller sich $ pitäne Krebs und Renard ähnliche Plattform, enthielt alles für Luftschiffer nothwendige Geräth und Werkzeug, physikalische Instrumente, Taue, Anker, Rollen u. s. w., außerdem die Apparate, Batterien und Accumulatoren, welche seine mechanische Kraft lieferten. Diese Gondel trug vorne eine Schraube und hinten neben einer gleichen Schraube ein Steuerruder. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte jedoch die Arbeitsleistung der Maschinen des »Go a head« weit hinter der der Apparate des "AlÁatros" zurückbleiben. Der »Go a head« war nach vollendeter Füllung nach der Waldblöße im Fairmont-Park übergeführt worden, d. h. genau nach derselben Stelle, an welcher früher der Aeronef einige Stunden gelegen hatte. Wir brauchen wohl nicht zu betonen, daß ihm die Auftriebskraft durch das leichteste aller Gase verliehen worden war. Das gewöhnliche Leuchtgas entwickelt per Cubikmeter nur eine solche Hebekraft gleich 700 Gramm -- was gegen die umgebende Luft nur einen unbeträchtlichen Gewichtsunterschied darstellt. Das Wasserstoffgas$ lieb stehen und lauschte. Dabei war Emma eine vorzügliche Hausfrau. Sie schickte die Liquidationen an die Patienten aus und zwar in höflichster Briefform, die gar nicht an Rechnungen erinnerte. Wenn sie Sonntags irgendwen aus der Nachbarschaft zu Gaste hatten, wußte sie es immer einzurichten, daß etwas Besonderes auf den Tisch kam. Sie schichtete auf Weinblättern Pyramiden von Reineclauden auf und verstand, die eingezuckerten Früchte so aus ihren Büchsen zu stürzen, daß sie noch in der Form serviert wurden. Demnächst sollten auch kleine Waschschalen für den Nachtisch angeschafft werden. Mit alledem vermehrte sie das öffentliche Ansehen ihres Mannes. Schließlich fing er selbst an, mehr und mehr Respekt vor sich zu bekommÅn, weil er solch eine Frau besaß. Mit Stolz zeigte er zwei kleine Bleistiftzeichnungen Emmas, die er in ziemlich breite Rahmen hatte fassen lassen und in der Großen Stube an langen grünen Schnuren an den Wänden aufgehängt hatte. Wenn die Kirche zu Ende war, sah man Herrn Bovary in schöngestick$ muß das im praktischen Verkehr selbst erprobt haben, um sich ein Urteil darüber erlauben zu können. Beide Dialekte weichen sehr stark von einander ab. Hingegen können sich gebildete Slovenen und Kroaten ziemlich leicht verständigen, wenn sie sich ihrer Idiome dialektfrei bedienen. In jenen Jahren gab es aber im praktischen Verkehr eine reine, dialektfreie Sprache weder bei den Slovenen noch bei den Kroaten. Zum Zeitalter des übelsten Absolutismus gehörte auch die Gesinnungsschnüffelei, die vZn den Beamten arg getrieben worden sein mußte, da es zu Aufstand, Verbrennung österreichischer Amtsschilder und gewaltsamer Vertreibung der Beamten, auch der sogenannten Krajnci (Krainer), der slovenisch sprechenden Herren aus den Erbländern, gekommen war. Das Wort "Krajnjac" (Krainer) war gleichbedeutend mit "Beamter" geworden und entfachte den Haß der Kroaten, die, von ungarischer Freiheit in der Selbstverwaltung verwöhnt, gegen die absolutistische "k.k." Bedrückung sich auflehnten. Der Adel und die Bürgerschaft murrte$ erzählte ihr Geschichten, in denen zumeist von Piraten und Gespensterschiffen die Rede war. Sie hing an seinem Mund mit einem Entzücken, das nicht bloß der Geschichte galt; sie bewunderte seine Stimme, seine Art zu sprechen, seinen Blick und die Bewegungen seiner Brauen. Zartfühlend erriet sie auch jede Stimmung, in der sie ihm zur Last fiel; dann beschäftigte sie sich auf eigene Faust. So verflossen anderthalb Wochen. Sylvester hatte während dieser Zeit viele Schreibereien, da er jetzt erst die Unordnung überblicken konnte, in die er die Wirtschaft gestürzt hatte. Er korrespocndierte mit Agenten, mit Privatbanken, und mit einem reichen alten Onkel, der im Westfälischen lebte und war ernstlich bemüht, seine Torheiten wieder gutzumachen. Bei alledem war seine Lage so sonderbar, daß er immer die Empfindung hatte, er tue etwas ganz anderes als was er hätte tun sollen. Wartete Agathe nicht darauf, daß er fortging? War sie nicht seinem verwegensten Wunsch zuvorgekommen, indem sie ihm schenkte, was er ihr hatte ab$ worden.« »So sind Etliche unter den Heiden der Meinung gewesen, die Kometen seien eine Zusammenfügung zweier oder mehrerer Sterne, die ihr Licht miteinander vermischen. Andere meinten, es seien noch unzählig viele Sterne am Himmel, die andere Kreise und Umgänge hätten, denn die wir kennen, und welche, wenn sie an die äußerste Spitze ihres Kreises kommen, uns als Kometen erscheinen. Etliche haben sie auch für feurige Luftzeichen gehalten, die aus den warmen und trocknen Dünsten der Erde zusammenwüchsen und sich darnach entzündeten. In unseren Tagen haben zwei Meinungen über die Kometen den Vorrang erhalten. Die eine ist die, daß die Kometen dichte Körper seien, wie die andern Sterne, daß die Schweife aber von den Ausdämpfungen des Kopfes am Sterne rührten. Daß sie sich nur in gewissen Zeiten zeigten, komme daher, weil sie in länglichen Kreisen um die Sonne hergingen, und nur dann von uns gesehen werden könnyen, wenn sie der Sonne sich näherten.« »Dieser Meinung bin ich nicht, möchte vielmehr Denen beistimmen,$ rklimmenden, laut schreienden Verfolger richten möge. Da der eine meiner Gefährten nur mit einem Schrotgewehr, der andere nur mit einem Stock bewaffnet war, hieß ich beide, in meiner Nähe bleiben, um ihnen, im Nothfalle beistehen zu können, denn ein erzürnter, erwachsener Pavian ist als Feind gefährlich:r als ein Leopard. Wir hatten bereits den Abhang zur Hälfte erstiegen und noch immer war keiner der Flüchtigen zum Schuß gekommen. Endlich erschien einer über mir, doch hoch oben von Block zu Block springend, bald deckte ihn ein Busch, bald ein Felsen, so daß kein Schuß mit Erfolg anzubringen war. Das Thier verschwand als es die Höhe erreicht hatte und wir mußten, höher klimmend, trachten, es noch auf der flachen Kuppe zu treffen, oder vielleicht einen seiner Genossen zu erspähen. Meine Hoffnung wurde nicht getäuscht, denn schon 40 Fuß höher entdeckte ich ein erwachsenes Weibchen. Doch alle Mühe, zum Schuß zu kommen, war vergebens, einmal stand der schwarze Diener des Farmers mir in der Schußlinie, und die zwe$ : Batlapinenknaben den Kiri werfend.] Von Gong-Gong schlugen wir eine nördliche Richtung nach dem Hart-River ein; einige weiße, aus der Ferne entgegenschimmernde Punkte an den zum Vaal sich steil herabsenkenden Felsenhügeln bezeichneten uns die Stellen, wo nich vor wenigen Jahren die blühenden River-Diggings New-Kierke-Rush u.a. lagen. Die Strecke von Gong-Gong bis Delportshope (dieses nicht ganz eine Meile von der Hart-Rivermündung entfernt) gehört gewiß zu den unbequemsten, die ich je mit einem Wagen passirte. Ich konnte es nicht fassen, wie zur Zeit der Blüthe der River-Diggings auf solchen Verkehrspfaden die Bedürfnisse von Tausenden von Menschen mittelst der Achse herbeigeschafft wurden. Auf der ganzen zurückzulegenden Strecke glich der als Fahrweg benützte Erdstreifen einem von Wasserfluthen ausgewaschenen Geröllboden. Die Fahrt über diese Chaussee war, wie leicht denkbar, eine martervolle; kaum war das eine Hinterrad aus einem der zahllosen wassergefüllten Löcher durch die vereinten Anstrengungen der T$ lung ganz unbrauchbar war, hingegen war das Fleisch eine werthvolle Acquisition für die Küche. Außer einem noch größeren Trappenpärchen derselben Art, welches ich auf der dritten Reise am linken Limpopo-Ufer beobachtete, sah ich nie wieder ein so großes Exemplar in Süd-Afrika. Einen Gebirgssattel übersetzend kamen wir in das eigentliche Thal des Schoenspruit, den man füglich River nennen könnte, weil er in gewöhnlichen Jahren meist fortwährend fließt, nur in sehr trockenen den Charakter eines Spruit zeigt. Im Allgemeinen gehört dieses Flußthal zu den interessanteren Thälern des südafrikanischen Hochplateau's und auch zu einem der fruchtbarsten und bestbebauten. Im Thale des Schoenspruit reiht sich Farm an Farm; prachtvolle Weideplätze für das Hornvieh, längs den Höhen und den AbhängenÕzum Flusse, erhöhen noch den Werth des Landbesitzes am Schoenspruit und im Moi-Riverthale. Bei Entfaltung einiger Energie und einer rationellen Bearbeitung des Bodens könnte leicht das Zehnfache des gegenwärtigen Ertrages an Cer$ otapa gefunden zu haben. Ich hielt deshalb die Stelle eines Besuches werth, um so mehr, als sie nicht weit, nur einige Meilen nordwärts von meinem Wege liegen sollte. Am selben Tage, nachdem ich Bloemhof verlassen, traf ich bei der bezeichneten Salzpfanne ein. Obgleich nahe am Vaalflusse gelegen und zum Gebiete der Transvaal-Republik gerechnet, und obschon hier eine weiße Frau mit* ihren Töchtern in einem Moodhouse wohnte, die uns sogar einlud, uns in ihrem Palaste niederzusetzen, fand ich, daß die Koranna's von Mamusa die eigentliche Herrschaft führten und diese auch bis zu Beginn des Jahres 1879 aufrecht zu halten wußten. Die Stelle bildete die Südspitze eines Dreieckes mit der Basis gegen Mamusa und dem Hart-River zu, welches von Gassibone und Mankuruan (damals beide unabhängig), den Batlapinenchefs, Old-David Maschon, dem Korannakönig von Mamusa und den Holländern beansprucht wurde; bei dieser Sachlage waren nur die hier angesiedelten Farmer zu bedauern, denn auf sie fiel die Last aller Quälereien, sie wa$ die ich häufig an einer der gemeinsten Nachtschattenarten Süd-Afrika's antraf. Meine Aufmerksamkeit war auch auf die zahlreichen, den Weg säumenden Kameeldornbäume gerichtet, die mit den Nestern des Siedelsperlings (Philetaerus socius) dicht bedeckt waren. In einer Bodenvertiefung nahe einem nach Nordosten dem Taung oder Notuani-River zufließenden Bache beendeten wir unsern heutigen Marsch. Die zu einem förmlichen Niederwald angewachsen Kameeldornbestände durchziehend stießen wir am nächsten Morgen auf ein Makalaharidorf, dessen Insassen Hirten und Jäger Montsua's waren. Sie schildeHrten uns den weiten Weg bis nach Moschaneng in sehr düsteren Farben und meinten, wir würden mit den schwachen Zugthieren kaum die Königsresidenz erreichen. Der Weg war auch thatsächlich äußerst beschwerlich, der tiefe Sand ermüdete die Thiere in hohem Grade, dazu war der Wald von zahllosen kleinen, 1-2 Fuß tiefen Senken (in der Regenzeit Tümpel) durchsetzt; der von dem Sandboden aufsteigende Staub trocknete Mund und Luftröhre in $ n. Der Marico-District ist zum größten Theile ein von zahlreichen fließenden Bächlein und Flüßchen durchzogenes und äußerst fruchtbare Thäler besitzendes Höhenland, das auch verhältnißmäßig besser als die meisten übrigen Transvaal-Districte angebaut ist. Ein Theil ist mit einem Mimosen- und anderem Niederwald bedeckt und in seiner Gesammtheit ein gutes Weideland für Pferde und Rinder. Die Farmen stehen hier auch dichter und wir sehen di Gartencultur ziemlich schwunghaft betrieben, daß wir jedoch trotz Allem die Wohlhabenheit nur auf gewisse Farmen concentrirt fanden, rührt daher, daß sich die Besitzer der meisten derselben der Elephantenjagd ergeben hatten und dabei die Erträgnisse des fruchtbaren Bodens an dieses so beschwerdenreiche Vergnügen vergeudeten. Das von den Betschuana-Königen erlassene Jagdverbot wird diese Jäger zwingen, daheim bei ihren Pflügen zu bleiben, was ihre materielle Lage heben und in einigen Jahren dem Reisenden nur ein Bild allgemeiner Wohlhabenheit im Marico-District bieten wird. Am $ that keinen Schritt näher--tünf Kugeln waren ihr in die Brust gedrungen. »Nun, da haben sich Deine Freunde wacker gehalten,« sagte ich zu David »Nun, es war nicht so arg mit ihnen, denn als die Löwin näher kam, kehrten sich einige von ihnen nach den Pferden um, d.h. sie wollten sich empfehlen, allein die Pferde, welche die Löwin gewittert, hatten sich ängstlich aneinander gepreßt und waren um volle 20 Schritte zurückgewichen, so mußten die Genossen bleiben, die Löwin hätte ihnen den Rückzug abgeschnitten. Auf dem Wege vom Schoenspruit nach Potschefstroom entdeckte ich auf der ersten Höhe ein interessantes Felsenthor und mehrere senkrecht aus der Erde meist halbkreisförmig aufsteigende, kammförmige Quarzit-Wälle. Die zwischen denselben gelegene Farm führt den Namen Klip-Port und eine der nächsten Farmen Klip-(Stein-)Fontein; auch hier fand ich massenhaft schönen, ein wellenförmiges Geschiebe bildenden mit Quarzit durchschossenen Eisenschiefer, wie wir es an den Quarzitfelsen auf Klip-Port beobachtet. Auch weit$ er zu thun, nicht verliehen gewesen sei, dass aber Jesus sie gehabt habe." Die Aissauin sind sehr zahlreich, und nicht nur in Marokko zu finden, sondern in der ganzen mohammedanischen Manchmal sind die Kunststücke, welche ihre wunderthätige Heiligkeit darthun sollen, sehr einfacher Art, z. B. dass sie einen Scorpion in die Hand nehmen, Schlangen auf dem Körper herumkriechen lassen; manchmal aber erregt es Entsetzen, wenn man sieht, wie diese Leute Schlangen lebendig verzehren, zerhackte Nägel, gestossenes Glas, scharfkantige Steine ud glühende Kohlen hinunterschlucken, wie sie unter Anrufung von "Gott und Jesus" ihren Körper wund schlagen, dass er blutrünstig wird (ähnlich wie die Flagellanten der Christen etc.), und ausserdem nicht nur gegen ihren _eigenen_ Körper Verbrechen begehen, sondern oft _öffentlich_ und _ungestraft_ gegen die Sittlichkeit mit anderen Menschen und Thieren sich versündigen, dass dergleichen in anderen Ländern als Wahnsinn bezeichnet, oder wollte man es berichten, als erlogen betrachte$ -Abd-er-Rhaman, jetziger Sultan und derselbe, dem zu Lebzeiten seines Vaters eine so empfindliche Niederlage durch den Marschall Bugeaud bei Isly[84] beigebracht wurde, war im Feldzuge gegen die Spanier nicht glücklicher gewesen. Indess hatte er so viel Einsehen bekommen, dass er begriff, mit seinen regellosen Schaaren nicht gegen europäische Streitkräfte kämpfen zu [Fußnote 84: Am 14. August 1844. Der jetzige Sultan entkam seiner Gefangennahme nur dadurch, dass er beim Eindringen der Franzosen in sein Zelt dieses mit dem Säbel schlitzte, und aufs Pferd sich schwingend, von diesem aus dem Bereich der Feinde getragen wurde.] Er glaubte nun ein regelmässòges stehendes Heer zu haben, wenn er Leute auf europäische Art uniformiren liess, und so sah man hier Uniformstücke sämmtlicher Nationen, gemeinsam ist allen nur der rothe Fes und die gelben Pantoffeln; auch hatte man angefangen, kurze bis an die Knie gehende Hosen einzuführen, da es den Berbern und Arabern unmöglich schien, lange Hos$ usend Stricken gefesselter als ich? * * * * * Dieses Verwerfen in Bausch und Bogen, dessen wir uns so oft schuldig machen, ist schrecklich. So wenn einer von Rousseaus Bekenntnissen sagt: das verlogene Zeug. Ja ja, verlogen vielleicht hier und dort und am dritten Ort -- aber auch am vierten und fünften? -- Und wir selbst, die wir so sprechen, sind es also an keinem? Nirgends verlogen, nirgends angreifbar, nirgends verwerflich? * * * * * Es können nur einigermaßen gleiche Naturen in ihrem ganzen Umfang einander erklären und abschätzen. Heut aber will jedermann interpretieren, wenn er nur schreiben gelernt hat. * * * * * Man soll über einen wahrhaft großen Menschen nicht reden. Denn worüberman bei ihm reden kann, darauf kommt es nicht an. Es kommt allein darauf an, wie er dir innerhalb und in deinen tiefsten Stunden erscheint. Von diesen unionibus mysticis aber kann man nur -- schweigen oder doch nur in Momenten großer $ genützt als die spartanische Phalanx!« Und indem er dem Bedürfnis nachgab, sich herauszustreichen und Rache zu üben, zählte er alles auf, was er für die Sache der Söldner getan hatte. »Ich war's, der in den Gärten des Suffeten den Gallier antrieb! Dann, in Sikka, habe ich sie mit der Furcht vor der Republik toll gemacht! Gisgo leuchtete ihnen heim,--ich ließ die Dolmetscher gar nicht zu Worte kommen! Ha, wie ihnen die Zungen aus dem Halse hingen! Entsinnst du dich noch? Ich habe dich nach Karthago hineingebracht! Ich habe den Zaimph geraubt! Ich habe dich zu _ihr_ geführt. Und ich werde noch mehr tun! Du sollst Er brach in ein tolles Gelächter aus. Matho blickte ihn mit großen Augeö an. Er empfand Grauen vor diesem Manne, der so feig und dabei so schrecklich war. Der Grieche schnippte mit den Fingern und fuhr in heiterem Tone fort: »Evoe! Auf Regen folgt Sonnenschein! Ich hab in den Steinbrüchen Fronarbeit getan und unter goldnem Sonnendache auf einem Schiffe, das mein war, Massiker geschlürft wie ein Ptolemä$ von ihnen zu lernenü. Die Weltordnung beunruhigte ihn nicht minder als das Wesen der Götter. Er hatte mit den Astrolabien im Portikus zu Alexandria die Äquinoktien beobachtet und hatte die Bematisten des Euergetes, die den Himmel durch Schrittzählungen ausmaßen, bis nach Kyrene begleitet. Und so war in seiner Gedankenwelt eine besondere Religion erstanden, ohne feste Formeln, aber gerade deshalb voller Glut und Mystik. Den Glauben, daß die Erde wie ein Pinienapfel gestaltet sei, hatte er abgetan. Er hielt sie für rund, für eine Scheibe, die ewig falle, in die Unendlichkeit hinein, mit einer so fabelhaften Geschwindigkeit, daß man ihren Fall gar nicht gewahr wird. Aus der Stellung der Sonne über dem Monde schloß er auf die Vorherrschaft des Sonnengottes, von dem die Sonne selbst nur Widerschein und Sinnbild war. Überdies zwang ihn alles, was er von irdischen Dingen beobachtete, zu der Erkenntnis, daß das vernichtende männliche Prinzip das höhere sei. Auch zieh er die Mondgöttin insgeheim der Schuld am Unglücke$ erhoben sich Türme, von den Karthagern erbaut, um die Stämme zu überwachen. Die beiden traten ein, um ein wenig im Schatten zu rasten, und setzten dann ihren Weg fort. Am Tage vorher hatten sie aus Vorsicht einen weiten Umweg gemacht. Nun -ber begegneten sie niemandem. Die Gegend war unfruchtbar, und die Barbaren hatten sie darum nicht durchstreift. Allmählich aber wurden abermals Spuren von Verwüstung bemerkbar. Bisweilen lag mitten auf einem Felde eine Mosaik, der einzige Überrest eines verschwundenen Schlosses. Auch kam man an entblätterten Ölbäumen vorüber, die von ferne aussahen wie große kahle Dornbüsche. Einmal ritten die beiden durch eine Ortschaft, deren Häuser bis auf den Grund niedergebrannt waren. An den Mauern erblickte man menschliche Skelette, auch solche von Dromedaren und Maultieren. Halbzernagtes Aas versperrte die Straßen. Die Nacht sank herab. Der Himmel hing tief und war mit Wolken bedeckt. Noch zwei volle Stunden ritten sie in westlicher Richtung bergan, dann erblickten sie plötzlich vor$ her Bedeutung. Die Darstellung ist von klare Sichtbarkeit und Farbigkeit, aber durchzittert von der müden, melancholischen Seelenmusik Hermann Bangs, dem sie Tiefstes verdankt. Die Adelsgeschlechter Keyserlings haben längst nicht mehr die naiv-sicheren Lebensformen ihrer Väter, der "starken Leute, die das Leben und die Arbeit liebten, roh mit den Weibern und andächtig mit den Frauen umgingen und einen angeerbten Glauben und angeerbte Grundsätze hatten", die um ihre einmal gewählte Fahne die Hände schlossen: "Nun vorwärts in Gottes oder des Teufels Namen!" Ihr Leben ist in Wissen und Handeln zerfallen; sie haben die Relativität ihrer Lebensformen und -gesetze durchschaut. Die alten Ideale sind zersetzt, neue noch nicht geschaffen: "An meiner ganzen Generation ist etwas versäumt worden ", sagt von Egloff in den "Abendlichen Häusern", "unsere Väter waren kolossal gut, sie nahmen alles sehr ernst und andächtig. Es war wohl dein Vater, der gern von dem heiligen Beruf sprach, die Güter seiner Väter zu verwalten und$ r, Michael Georg Conrads Münchener Romane sind nichts als Stoff und Tendenz. Arthur Schnitzlers Versuch zu einem Wiener Roman großen Stiles, "Der Weg ins Freie", ist in der episch bedeutungslosen Umwelt des Literaten- und Judentums zergangen. Ein Arbeiterroman gleich der Bedeutung von Zolas "Germinal" ist uns nicht geworden. Die Welt der Arbeiter wird sich über Angriff und Verneinung, über die zerbröckelte, materialistische Weltanschauung des Marxismus erst zur eigenen Form durchringen müssen. Aus der modernen Frauenbewegung hat sich ein besonderer Frauenroman entwickelt. Als Mutter und Gattin ist das Weib der Urgrund der epischen Welt, aber die neue Zeit reißt zahllose Frauen aus dem Frieden der Familie und stößt sie in den Kampf dŽes persönlichen Schicksals. Auch hier sind zersetzte Lebensformen zu überwinden und zu erneuern. Gabriele Reuters (geb. 1859) Romane, "Aus guter Familie" (1895), "Ellen von der Weiden", "Das Tränenhaus" zeugen davon, ohne die Überzeugung stets in Darstellung, die Tendenz in reine $ ß er neu zu beseelen, verbrauchte Bilder auf ihren Ursinn zurückzuführen, Gleichnisse preziös auszubauen. Durch Assonanz, Binnenreim und Häufung des Endreims weiß er der Sprache eine slawische Weichheit und Klangfülle zu geben. Im letzten Gedichtbuch, der "Neuen Gedichte zweiter Teil", gewinnt jedoch das Artistische bedenklich Raum. Die Neigung zur Mystik ist Gefahr und Flucht für eine Zeit, die die Form der Persönlichkeit wiedergewinnen, nicht aufgeben soll. Nicht ichflüchtÐig, sondern im tiefsten ichsüchtig mußte der Lyriker werden, der zur Form der neuen Lyrik: zur Form des neuen Menschen vordringen wollte. Und wenn niemand durch die Zeit hindurch zu ihr drang, wenn selbst Richard Dehmel, dem stärksten Bildner, deren zersetzte Elemente bröckelnd in den Händen blieben, so konnte nur der die reine Form der Persönlichkeit, des neuen Menschen bilden, der es von Anfang an außer der Zeit und gegen de Zeit unternahm. So ist die Persönlichkeit und Dichtung Stefan Georges (geb. 1866) Form geworden. Der Wille zur Fo$ it ihrem Mangel eigener Kraft des Schauens und Bauens geht die Naivität ursprünglichen Schöpfertums verloren. In die Vergangenheit zurücktaumelnd, greift sie deren absichtslos geformte Symbole auf und verwendet sie in bewußter Reizsteigerung zu Mitteln absichtsvoller, durch reflektive Kunst planmäßig gestalteter Wirkungen. Was Nietzsche zuerst als das Dionysische, später als das Schauspielerische an Wagners Kunst empfand, war in Wahrheit ihr Rauschhaftes, das ihn anfangs hinriß, dann abstieß. Aus der instinktiven Abwehr gegen diesen Rauschtrank entsprang alle Opposition gegen Wagner. Und doch war dieser Rausch der Wagnerschen Kunst nichts von der älteren und gleichzeitigen Romantik grundsätzlich Verschiedenes, nur ihre äußerste Steigerung. Ale romantische Kunst, "Freischütz" nicht minder als "Tristan" ruht auf der Grundwirkung der Hypnose, der Suggestion, auf der Idee des Traumes. Sie setzt die Unwirklichkeit als Grundlage des Geschehens voraus, bedient sich aber in der äußeren Gestaltung mit nachdrücklicher $ , in der Oper Mozarts nicht nur die geniale Musiker-, sondern gerade die geniale Künstlernatur zu erkennen. Nicht nur in der Oper Mozarts, sondern in der Oper überhaupt die Idealgattung des Phantasiespieles, das, frei von allen dogmœatisch ethisierenden Nebenabsichten, aus lebendigstem Widerschein buntester Lebensfarben und Sinnesreize den ins Märchenhafte überspiegelten Abglanz des Realen, Bewußten, Gewollten gibt. Es ist lehrreich, zu beobachten, wie sich andere Völker mit diesem Problem der Oper abgefunden haben. Der romantischen Rauschsuggestion, der dramatisch zugespitzten Illusionsoper zunächst ebenso unterworfen wie die Deutschen, haben Italiener und Franzosen die Gefahr einer bewußten Überbetonung der dramatischen Zweckhaftigkeit der Oper zu vermeiden gewußt. Bei beiden Nationen ist in der äußeren Anlage, namentlich des Textes, ein auffallend realistisch naturalistischer Zug bemerkbar. Er beeinflußt auch die Art der musikalischen Gefühlseinstellung und normalen Faktur. Bizets "Carmen" ist das Muster d$ uffassung verhüllt hatte. Nur so ist es zu verstehen, daß auf dem Boden des Marburger Kantianismus auch eine neue theoretische Fassung des Sozialismus erwuchs, die besonders von Eduard Bernstein (Revisionismus), von Paul Natorp, von Vorländer und in manchen Kreisen der "Sozialistischen Monatshefte" vertreten wurde. An H. Cohen schloß sich Paul Natorp an, der in seinen Schriften die neukantische Lehre zwar weit klarer und für eine philosophische Schulbildung eindeutiger und systematisierter vertrat als der Meister, aber weder dessen Tiefe noch dessen Schwung nahekam. Als dritter bedeutendster Vertreter der Schule ist Ernst Cassirerzu nennen, der in seinen geschichtlichen und systematischen Werken der neukantischen Lehre vielleicht den schärfsten, präzisesten und gegenwärtig wirksamsten Ausdruck gegeben hat. Der Marburger Kantianismus weicht von dem historischen Kant in sehr weitgehendem Maße ab. Vollständig wird verworfen die Realsetzung eines Dinges an sich. Cohen interpretiert Kant dahin, das Ding an sich se$ Tätigkeit entfaltet. Sie hat die Theologie stark befruchtet (siehe Bousset und vor allem Rudolf Otto, dessen ausgezeichnetes Werk über "Das Heilige" von der Schule stark bestimmt ist). Sie hat auf dem Boden der Philosophie, der Mathematik und der exakten Naturwissenschaft eine sehr rege Tätigkeit entfaltet; sie ha in Kronfeld einen Vertreter gefunden, der nach ihren Grundsätzen die Erkenntnislehre der Psychiatrie eingehend bearbeitet und gefördert hat. Vor allem aber hat ihr charaktervoller und geradsinniger Urheber L. Nelson auf dem Boden der Rechts- und Sozialphilosophie achtungswerte Werke hervorgebracht (siehe besonders "Die Rechtswissenschaft ohne Recht"). In überaus scharfsinniger, freilich allzusehr im Formalismus Kants steckenbleibender Art und Weise wird hier mit Reinheit und Mut die Majestät des Rechtsgedankens auf Grund evidenter Vernunfteinsichten gegen alle Verdunkelungen durch Rechtspositivismus und der in der Jurisprudenz stark herkömmlichen Machtlehre vertreten. Auch das große Werk Nelsons "Vo$ w.) umfaßt, sondern auch materiale Ontologien entwickelt. Die Sphäre des apriorischen Wissens ist also in der Phänomenologie unvergleichlich reicher als im formalen Apriorismus Kants. Auch darin unterscheidet sich die Phänomenologie von Kants Lehre, daß sie das proton pseudos Kants verwirft, es müsse alles, was an Gegebenem n i c h t sensuell sei, erst durch eine hypothetisch angenommene, synthetische konstruierende Tätigkeit des Verstandes oder des Anschauens in den Erfahrungsgegenstand hineingekommen sein. Sie sucht das "Gegebene" überall möglichst s c h l i c h t, v o r u r t e i l s l o s und r e i n in möglichst dichte Anschauungsnähe zu bringen, um es dann durch phänomenologische Reduktion in sein W e s e n zu erheben. Das Apriori hat hier also keinen f u n k t i o n e l l e n S i n n mehr. (Freilich schwankt Husser in seiner letzten Schrift "Ideen zu einer phänomenologischen Philosophie" wieder über diesen fundamentalen Punkt.) Das Apriori ist, wie auch eine seiner Unterarten die kategorialen Formen, $ ingefühls und der Einsicht. Hier mündet die Aufgabe des Rohstoffschutzes unmittelbar in ethische und soziale Voraussetzungen. Die zweckmäßige Rohstoffverwendung in der privaten Unternehmung ist gleichzeitig eine Frage der Betriebsgröße, der Betriebsorganisation und der Produktionsweise. Die objektiv stärkste Möglichkeit wirtschaftlicher Produktion hat der kombinierte Großbetrieb, der sich in der Produktion einstellt auf normalisierte und typisierte Erzeugnisse. Wieviel nach dieser Richtung in Deutschland noch fehlt, beweisen die Klagen führender Industrieller und zünftiger Rohstoffökonomie ist also Haushalten mit den Unterlagen unseres Daseins. Neben der Verfügung unserer Sachg,üter ist die wichtigste dieser Unterlagen die l e b e n d i g e A r b e i t s k r a f t. Das volkswirtschaftliche Ziel hat Rathenau in Anbetracht unserer Lage einmal dahin zusammengefaßt: "Es ist nötig, ...den Wirkungsgrad menschlicher Arbeit so zu steigern, daß eine verdoppelte Produktion die Belastung zu tragen vermag und dennoch i$ sollte mit dem ruhigen Blicke der Ewigkeit in das Gewühl und in den Wirrwarr des zeitlichen Lebens hineinschauen, allein Katholiken sind auch Menschen, haben auch ihre Schwachheiten und Fehler und je inniger Einer von der Wahrheit seines Glaubens überzeugt ist, desto leichter steht er in Gefahr, dem Gegner gegenüber ungerecht und leidenschaftlich zu werden und diesem dadurch Waffen gegen sich in die Hände zu liefern. Man darf nur in manche katholische Tagesblätter hinein sehen, um die Ueberzeugung zu gewinnen, der gerechte Ingrimm gegen die Revolution sei zum ungerechten Ingrimm gegen das democratische Prinzip, welches innerhalb der Kirche Anerkennung und Berechtigung doch auch gefunden und der gerechte Zorn gegen die Partheisucht der sogenannten Juden- und Heidenpresse zur ungerechten Verkennung der Berechtigung des protestantischen Prinzips der Subjectivität und der großartigen Verdienste der protestantischen Wissenschaft und Kunst—fortgeschritten. Wer ein Buch im katholischen Geiste schreibt, darf ziemlich$ welche ein Wirth zu begehen vermag, ohne mit dem Amte und leeren Gastzimmern zu thun zu bekommen und jene machen jährlich oft mehr aus, als ein halbes Zuchthaus voll Spitzbuben in zehn Jahren stiehlt. Allein sie zwang ja durchaus Niemanden bei ihr einzukehren, der keine besondere Geschäfte mit ihr hatte, zahlte geringen Lohn, damit die Knechte und Mägde nicht übermüthig würden und forderte bei schmaler Kost schwere Arbeit, damit die Anfechtungen des Teufels dieselben nicht leicht übermannten. Bet' und arbeite! hieß ihr Wahlspruch und wenn ein Bettler damit nicht zufrieden war, mußte ihn der Nero oder Sultan zum Hause hinusbellen, damit er lerne, sich fleißig zu rühren. Niemals hat man ein Beispiel erlebt, daß sie einem Zinsmanne die Frist verlängerte oder einem bedrängten Familienvater mit einem Kapitälchen aus der Noth half, dagegen zahlte sie ihre Schulden sehr ungerne, um die Gläubiger in der christlichen Geduld zu üben und ließ Jeden in der Noth stecken, damit die Bedrängten ihr Vertrauen mehr auf Gott a$ rn herablassen, doch die Sache geht nicht gut, ich muß mich am Schieferdeckershaken halten, bleibe dort hängen, werde bemerkt, mit großen zusammengebundenen Leitern herabgeholt, komme in ein schwereres Gefängniß, werde krank und bald wieder in ein besseres Zimmer gesetzt. Ich würde lügen, wenn ich über meine Behandlung während der Untersuchung klagte; der Amtmann war kein Tyrann, sondern ein humaner, gerechter und sehr gescheidter Herr, der den Kerkermeistern scharf auf "die Klauen sah, damit sie dieselben nicht allzuweit gegen die Gefangenen herausstreckten. Dagegen lautete mein Urtheil schlimm genug, zumal das unglückselige Buch nicht mehr aufgetrieben wurde und mein guter Bekannter nichts mehr davon Sieben volle Jahre hatte ich das vorigemal gemacht, ich sollte dieselben wieder machen und zwei neue dazu, folglich neun geschlagene Jahre. Ihr könnt Euch denken, wie mir zu Muthe war bei Verlesung des Urtheils, doch mein Reden half wenig, ich dachte auf dem Wege ins Zuchthaus immer an den frommen Gottesmann Be$ tte dieser den Schweinhirtendienst aufgeben können und wurde arg von den Leuten im Adler geplagt, sich bei ihnen zu verdingen und der Basche selbst redet ihm scheinbar ernstlich zu doch der Benedict meint: "Bah, bah, 's ist nichts; ein Wirthshaus, das wäre gerade der Platz für mich, um bald wieder in den alten Werktagshosen zu stecken!"--"Gelt, Du traust gewiß der Magd des Adlerwirths nicht?" lacht der Basche--"Nein, nein, ich traue mir nicht!" erwiederte der Benedict und gar wohlgefällig streicht der Alte den halbrothen Schnurrbart. Schon seit jenem Tage, an welchem der Duckmäuser bei der ersten der beiden Hochzeiten, welche seit Oktober im Adler gehalten wurden, lief sich der blinde Michel fast die Füße aus dem Leib, weil er Klarinettblasen lernen wollte, der Vater desselben kam auch oft, bat inständig und machte große Versprechungen, doch Alles nützt nichts, denn der leiblich blinde Michel hat einen geistig blinden Vater und das Haus desselben ist gerade dasjenige, in welchem sich die Rothschwittler des Rh$ ohnehin aufgeregte und reizbare Gemüthsverfassung dadurch gesteigert wird. Will man doch einmal Sünder gegen das Eigenthum oder gegen Leib und Leben Anderer den Thieren gleich stellen, so stelle man sie eher in die Reihe der Hausthiere anstatt in die der Raubthiere und führe die _Prügelstrafe_ wiederum ein. Die Prügeltrafe ist unstreitig die wohlfeilste, wirksamste und für gewisse Klassen von Menschen wohl auch die angemessenste und gerechteste aller Strafen. Von dem Grundsatze ausgehend, daß nicht sowohl der Mensch im Menschen als das Thier in demselben gezüchtiget werde, sollte man für drei Fälle von Vergehen Stockprügel auch außerhalb der Gefängnisse bereit haben. Erstens für händelsüchtige, rohe Bursche, weiche besonders in weinreichen Gegenden, bei Tanzgelegenheiten und anderswo Händel und Schlägereien stiften. Zweitens verdienen sittenlose Mannsleute und freche Weibspersonen, die am lichten Tage oder im Zwielicht hündische Schaamlosigkeit beweisen, den Hunden gleich gezüchtiget zu werden ohne Rücksicht$ [8]." Ist es nicht, als ob dieser Passus heute geschrieben sei? Auch heute, wo der Luxus noch die größte Macht ist, ist es demselben nicht gelungen, Marokko der Civilisation zu öffnen, vielleicht aber auch, weil eben der rechte Luxusartikel, der gerade den Bewohnern genehm wäre, noch nicht gefunden worden ist. Der vor ohngefähr tausend Jahren den Berbern aufgedrungene Islam hat wenig, oder fast kann man sagen, gar keine Veränderungen in den Anschauungen und in der Lebensweise der Berber hervorgebracht. Die Lehre Mohammeds, _nur_ in der arabischen Sprache gelehrt, ist für diese Völker, von denen nur ausnahmsweise ein Individuum der Koransprache mächtig ist, ein todter Buchstabe geblieben; sogar die äußeren Vorschriften ³und Gebräuche, die der Prophet seinen Anhängern vorgeschrieben hat, sind für Berber nicht vorhanden. Nur Eins hat der Islam auch zur Folge gehabt, was ja überhaupt allen hierarchischen Religionen nur eigen ist und ohne das sie nicht würden existiren können: das Verdammen einer jeden anderen Rel$ ch voraussagen, daß Alexandrien wieder werden wird, was es war, ein Emporium für den Welthandel, die bedeutendste Handelsstadt des Mittelmeeres. [„ootnote 42: Wenn ich "arabisch" sage, so ist damit die eingeborne Bevölkerung von Aegypten gemeint, welche aber keineswegs arabisch ist. Ich folge in dieser Bezeichnung nur einen angenommenen Gebrauche.] [Footnote 43: Sauha ist Kloster, Hochschule und Asyl; letzteres hat aber in Aegypten heute keine Bedeutung mehr.] [Footnote 44: Medressa ist Schule.] [Footnote 45: Die Eingeborenen und auch fremde Araber und Berber behaupten, daß das Nilwasser das süßeste und beste Wasser der Welt sei und sagen wie die Römer von ihrer Fontana Trevi, wer einmal aus dem Nil getrunken habe, den zöge es immer wieder nach Aegypten hin.] [Footnote 46: Siehe Tafel 5, Zeitschrift für Erdkunde 1872. Kiepert, Zur Topographie des alten Alexandrien.] [Footnote 47: Der Zahl nach kommen zuerst Griechen, dann Italiener, dann Engländer (Maltheser), dann Franzosen, endlich Deutsche; die übrigen Nat$ schen Sultan, erbaut, damit im Falle einer Belagerung die Citadelle nicht des Wassers ermangele. Mittest zweier Schöpfräder (=Norias oder Sakias=) wird das Wasser an die Oberfläche gehoben. Der Anblick von der Plattform der Citadelle auf die große Stadt zu ihren Füßen, auf Bulak, Rodha und den gewaltigen Nil, auf die Pyramiden und im Hintergrunde die mit dem Himmel verschwimmende Sahara gehört zu dem Großartigsten, was man sich denken kann; die kühnste Phantasie findet hier ihre Befriedigung. Und wenn man das Glück hat, bei der Betrachtung dieses Bildes die über dem Mokattam-Gebirge heraufsteigende Sonne als Frühbeleuchtung zu haben, so spottet das Ganze jeder Beschreibung, und selbst der eingebildetste Pedant, der nörgelndste Philister wird von der Großartigkeit dieses Panoramas überwältigt werden. Von den übrigen Moscheen nennen wir zuerst die des Amru, die älteste, ungefähr um 640 errichtete, aber von ihrer ehemaligen Pracht ist wenig mehr übrig. Bei allen mohammedanischen Gotteshäusern, wie auch bei ihren$ Frau, von einem kleinen Mädchen und einem halberwachsenen Knaben begleitet, stand vor mir, und nun mußte ich Rede und Antwort stehen, während meine Augen ängstlich an meinem fleckigen Lodenrock und den schmutzigen Stiefeln hingen. Kurz vor dem Haus riß ich mich unter dem Vorwand, die Blumen ins Wasser stellen zu wollen, los, und erschien, noch glühend vor Erregung, nach zehn Minuten im weißen Musselinkleid wieder, das mir die alte Kathrin mit einem »Kind, Kind, was wird die Tante sagen -- das war ja die Prinzessin Friedrich!« hastig übergeworfen hatte. Aber es kam nicht einmal zu einem strafenden Blick, denn die Prinzessin nahm mich in die Arme und erzählte lachend, wie sie eben schon meine Bekanntschaft gemacht habe. Ihre Worte überstürzten sich wie ein Wasserfall und wurden von ebenso hastigen und burschikosen Gebärden begleitet. Eine komische »Prinzessin«, dachte ich mir im stillen und sah mit gesteigertem Erstaunen zu ihrn Kindern herüber, die sich grade nach allen Regeln der Kunst zu prügeln begannen und$ uste mich, Ich möchte jauchzen und schluchzend klagen, Zu deinen Füßen, ach, stürbe ich! Ich möchte entfliehen und dich vergessen, Den Lippen fluchen, die ich dir bot. Ich öchte noch einmal ans Herz dich pressen, Und dann umarmen den Bräut'gam Tod. * * * * * In artigen Reimen mit wohlerzogenen Gefühlen stellte ich zu gleicher Zeit meine arme Muse zu allen Festtagen in den Dienst der Familie und nahm für mein »hübsches Talent« die allgemeine Anerkennung entgegen. Nur eine erfuhr zuweilen von den Geheimnissen meines Schreibtisches: Mathilde, das blasse Kusinchen, die allsonntäglich zu mir kam, und zu der ich lief, wenn das Herz mir gar zu voll war. Sie war, als ich sie kennen lernte, noch ein Kind ihrem Alter, ihrer geistigen und körperlichen Entwicklung nach, und ich hätte sie nicht beachtet, wenn sie mir nicht in einem Moment begegnet wäre, wo ich einen Menschen brauchte, wie der schmelzende Schnee auf den Bergen ein Bett, in das er sich ergießen kann. Ic$ ühe, meine Eltern zu bewegen, mich veprreisen zu lassen. Die gesellschaftlichen Pflichten waren für diesen Winter erledigt, meine Gesundheit bot stets willkommenen Vorwand zu frühen Landaufenthalten; es bedurfte nur einer Ansage, und ich konnte schon in den nächsten Tagen in Pirgallen eintreffen. Unter dem Schutz einer Bekannten, deren Anwesenheit mich zur Selbstbeherrschung zwang, fuhr ich nach Berlin, wo Onkel Walter, der zum Reichstag dort war, mich in Empfang nahm. »Na, du machst ja nette Streiche,« war sein erstes Wort. Peinlich überrascht sah ich auf. »Wir hatten dich eigentlich ein paar Wochen hier behalten wollen,« fuhr er fort, »aber deine Affäre ist so sehr in aller Munde, daß es besser ist, wir lassen Gras darüber wachsen, ehe du dich zeigst.« Seine Frau benützte die Gelegenheit, um über meine »mißglückten Pläne«, meinen »bestraften Ehrgeiz« kleine bissige Bemerkungen zu machen, so daß ich erleichtert aufatmete, als ich im Zuge nach Königsberg saß. Mit einer Zärtlichkeit, die mir noch inniger schie$ ktakeln. Auch um den Lohn ists uns nicht so sehr zu tun, nur kürzere Schicht müssen wir haben und anständige Behandlung.' Und solche Leute werden wie Aufrührer mit Pulver und Blei bedroht!« »Ich glaube, die Herren sehen die Dinge zu sehr durch die Brille der Tradition,« mischte sich Fürst Limburg ins Gespräch. »Alte Bestimmungen und altes Recht entsprechen doch kaum mehr der ganz veränderten Betriebsweise. Und das wissen die einsichtsvolleren unter den Knappen sicher ganz genau. Mir scheint daher, daß die eigentliche Triebkraft der ganzeI Bewegung nicht in der Sehnsucht nach der 'guten alten Zeit' zu suchen ist.« »Und worin sonst, wenn ich fragen darf?« warf der alte Bodenberg, der so sehr das Orakel der Gegend war, daß er Widerspruch selten erfuhr, gereizt ein. »In demselben Gegensatz, der auch die Sozialdemokratie groß zieht: dem zwischen den ungeheueren Reichtümern auf der Seite der Unternehmer und der Besitzlosigkeit, um nicht zu sagen der Armut, auf der Seite der Arbeiter --« »Armut! Darin steht man wied$ ie ein Galgen ragten in der Ferne die Glockenstühle in die Luft, und die Sonnenstrahlen scheuten sich vor der Berührung dieser Öde ... Langsam, schweren Herzens, wandte ich mich wieder dem Schlosse zu. Die Hausbewohner waren zur Sonntagsandacht in der Halle versammelt. Auf hohem Stuhl saß der Hausherr und las aus der alten Bibel: »Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid ...« Und die Vertreter christlicher Ordnung schossen auf die Mühseligen und Beladenen! dachte ich bitter. »Es läßt mir keine Ruhe,« sagte der alte Bodenberg, nachdem der letzte Ton auf dem Harmonium verklungen war und die Dienerschaft sich entfernt hatte. »Kommen Sie, Limbug, wir gehen ein Stück Weges zur Zeche hinunter --« Entsetzt schrie Anna auf: »Das darfst du mir nicht antun, Fritz!« Aber begütigend legte die alte Baronin ihre feine Greisenhand auf den Arm der Erregten: »Fürchten Sie nichts, kleine Frau, -- die Leute hier krümmen unseren Männern kein Härchen.« Wir blieben trotzdem in kaum zu bemeisternder Unruhe zurück. $ meine Augen. Da kam eines Tages ein Telegramm aus Pirgallen: »Mama im Sterben. Walter«. Mir lähmte der Schreck die Glieder; stumpfsinnig sah ich zu, wie meine Mutter in Tränen ausbrach. Ich kannte den Tod ja nur vom Hörensagen; noch war mir niemand von denen gestorben, die mir die liebsten waren. Erst als ich sah, wie meine Mutter hastig den Koffer packte, kam ich zu mir. »Ich komme mit«, sagte ich rasch und riß ein paar Sachen aus dem Schrank und aus der Kommode. »Du?!« Mama sah erstaunt von ihrer Arbeit auf. »Davon kann selbstverständlich keine Rede sein. Entweder wir reisen alle -- und das ist zu kostspielig --, oder du mußt bei Haus und Ilse bleiben. Die Kleine kann nicht allein sein.« Ich zitterte vor Aufregung: Plötzlich ward mir klar, daß der einzige Mensch, der mich verstand, der mich liebte -- mich selbst, so wie ich wirklich war --, mit dem Tode rang¬; daß ich ihn verlieren sollte, ohne daß ich ihn je ganz besaß, ohne in das kostbare offene Gefäß seines großen Herzens all mein Leid, all meine Zweif$ en, naßkalten Dezembertag war es. Das ReicÆshaus sollte eingeweiht werden. Am Brandenburger Tor stand ich, Eindrücke zu sammeln für das, was ich schreiben wollte. Man lachte -- schwatzte -- höhnte rings um mich her: vom »Gipfel der Geschmacklosigkeit« sprach der Eine, -- so hatte S. M. jüngst in Italien den Bau Wallots bezeichnet --, von der leeren Tafel über den Toren erzählte der andere, die auf die Inschrift »Dem deutschen Volke« vermutlich vergebens warten würde; -- »den Junkern und Pfaffen, -- wirds statt dessen heißen,« fügte bissig ein Dritter hinzu. »Wenn man die Umsturzvorlage det janze Dings nich umstürzen wird,« zischelte es dicht neben mir. Der stramme Polizeileutnant, der hier Wache hielt, wandte stirnrunzelnd den Kopf. In offenem Wagen fuhren die Abgeordneten vorüber: Zivilisten mit glänzenden Zylindern auf dem Kopf und bunten Bändchen im Knopfloch, auf den Zügen den Ausdruck ernsthafter Wichtigkeit, Geistliche in der schwarzen Soutane mit runden glänzenden Gesichtern; Reserveoffiziere, denen de$ weitere besprechen wir unterwegs.« In sausender Fahrt ging es bergab. Die Peitsche des Kutschers pfiff über die schweißtriefenden Pferde. Wir mußten den Schnellzug erreich²en. Unterwegs bekam ich einen Herzkrampf. Als ich wieder zu mir kam, ratterte der Wagen über das Pflaster Trients, und Heinrichs angstentstelltes Gesicht beugte sich über mich. »Wirst du weiter können?« Ich nickte. Man hob mich in den Zug. Ich erholte mich soweit, um ruhig denken zu können. Dicht bei Brixen lag unter großen Nußbäumen ein kleines Dorf, Vahrn genannt; dort wollte ich bleiben, bis --. »Bis alles gut ist, mein armer Liebling,« flüsterte er; »wenn ich nur sicher wäre, daß du deiner Angst, deiner Aufregung Herr wirst, -- für mich ist der Kampf ein Kinderspiel --« Der Triumph des Sieges blitzte schon aus seinen Augen. In Brixen blieben uns noch ein paar Stunden bis zum Abschied. Auf der Post fand sich ein Brief an mich von der Mutter mit einer Beilage in verstellter Schrift: »Diesen anonymen Wisch bekam ich soeben. Ich habe ihn, G$ cht einmal!« Tränen verdunkelten mir den Blick. »Wollen wir umkehren?« frug mein Begleiter sanft und zog meinen Arm fest durch den seinen. »Nein,« ìentgegnete ich und versuchte zu lächeln; »sie kann ja nichts dafür, die Kleine! Sie darf mich nicht Unten vor dem Wirtshaus standen die Räder. Wir wollten gerade links einbiegen, den Weg nach Paulsborn, der für uns so reich war an Erinnerungen, als Ilse, nach einem Augenblick des Zögerns, quer über die Straße zu uns herüberlief. Sie umarmte mich stürmisch. »Sei nicht böse, Schwester,« rief sie atemlos und zog mich tiefer in den Wald hinein. »Sie würden mich zu Hause verraten, wenn ich dich gegrüßt hätte.« Zärtlich streichelte ich ihr das erhitzte Gesicht und drückte ihr kleines Händchen, das immer noch so weich und zart war, so unfähig zuzupacken und festzuhalten. »Die Eltern wollen nichts von mir wissen?« fragte ich zaghaft. »Wir reden viel von dir, Mama und ich,« antwortete sie, »aber vor Papa dürfen wir deinen Namen nicht nennen. Trotzdem weiß ich, daß er sich $ daß ihr Sozialisten euch, scheint es, erst belehren lassen werdet, wenn ihr die Macht im Staate habt! Das ist, -- verzeihen Sie, liebe Freundin! -- der unglückselige feministisch-sentimentale Einschlag in der SoÓzialdemokratie, der sie für die notwendigen, großen, -- wenn Sie wollen -- grausamen Forderungen der Kultur blind und taub macht. Der Kampf um die Macht ist die Bedingung unserer Entwicklung. Die Frage, die uns die Weltgeschichte stellt, ist einfach die: soll uns die Erde gehören oder den Negern und den Chinesen? Die Antwort scheint mir nicht zweifelhaft.« Ich sah empört zu ihm auf: »So sind Sie für das Chinaabenteuer mit all seinem Gefolge von Hunnentum und für die Kolonialkriege mit all ihrer Unmenschlichkeit?! Das heißt doch nicht, Forderungen der Kultur erfüllen, sondern die Kultur preisgeben, die wir haben!« »Ich bin für die Erschließung Chinas, die für unseren Handel eine Notwendigkeit ist; ich bin für die Kolonialkriege, die den Boden gewinnen für unsere Volksvermehrung, aber daraus folgt doch $ Aber seine tränenumflorten Augen, die flehend zu mir aufsahen, sein heißes Händchen, das krampfhaft meine Finger umschloß, strafte seine Worte Lügen. Ich drängte Heinrich hinaus. Wo nur die Berta blieb? Warum der Arzt nicht kam? -- Im Wohnzimmer schlug die Uhr sieben. »Es ist die höchste Zeit, daß du dich anziehst, Alix,« rief Heinrich. Wir hatten uns mit unseren Freunden für den Achtuhrzug verabredet. Ich wechselte rasch die Kompresse auf der brennenden Stirn meines Kindes und ging ins Schlafzimmer. »Selbstverständlich bleibe ich hier,« sagte ich, die Stimme dämpfend. »Das wäre noch schöner!« antwortete er heftig. »Wegen eines Schnupfens, den der Junge im schlimmsten Fall kriegen wird, willst du in diesem Augenblick mich und die Sache im Stiche lassen!« Ich fühlte, wie das Blut mir siedendheiß in das Antlitz schoß: »So sprich doch wenigstens leise --« Aber Heinrich wollte nicht hören: »Du weißt, was auf dem Spiele steht, -- du kommst mit,« scFrie er mich an, und seine Hand umkrallte meinen »Und wenn die ganz$ daß Sie jene Vornehmheit preisgeben, deren Aufrechterhaltung durch alle Fährnisse proletarischer Versuchung mir bisher so bewundernswert erschien. Den ganzen giftigen Zorn der Renegaten schütten Sie über Ihre eigenen Klassengenossen, die Junker, »Über Ihren Geschmack streite ich nicht mit Ihnen,« antwortete ich, »er führt uns, fürchte ich, weit voneinander. Aber mir die Preisgabe der Vornehmheit vorzuwerfen, dazu haben Sie kein Recht. Gerade weil ich Aristokratin war und blieb, weiß ich zu scheiden zwischen dem Adligen und dem Junker. Die Hutten und Berlichingen, die Mirabeau und LafayetQte, die Struve und Krapotkin, -- das waren Aristokraten, das heißt freie Herren, keine Fürstenknechte, keine Sklaven des Herkommens. Ich bin stolz, zu ihnen zu gehören und werde, wie sie, bis zum letzten Atemzug gegen die Junker, das heißt die Dienstmannen, kämpfen.« Im Abgeordnetenhause erklärte Graf Roon: »Wenn jemals die Regierung daran denken sollte, uns in Preußen die geheime Wahl zuzumuten, so würden wir zur schärfsten $ lse ohne einen Augenblick des Überlegens dem Vorschlag Heinrichs entsprechend handeln ließ? Wie kam es nur, daß in dem Augenblick, wo sie sich nicht nur im Denken, sondern auch im Handeln mit mir vereinte, ein kalter Reif auf die kaum wieder entfaltete Blume meiner Schwesterliebe fiel? Irgendeine Fessel, die die freie Bewegung meiner Glieder hemmte, wurde schmerzhaft angezogen. Eine Unrast der Arbeit packte mich, die mich jede ruhige Stunde als Unterlassungssünde empfanden ließ. Selbst in den Augenblicken, wo die Sache, der ich diente, mich ganz zu packen schien, fiel mir ein, daß ich arbeiten mußte, um das Geld meiner Schwester nicht zu verlieren. Daß die Arbeitsgemeinschaft mit meinem Mann unsere Liebe zueinander festigen sollte, -- daran dachte ich kaum mehr. Kam mir in heißen Nächten nach gehetzten Tagen die Erinnerung daran, so grauste mich's. Ich saß meinem Mann gegenüber, tagaus, tagein, über Manuskripte und Korrekturen gebeugt. Ich hatte keine Gedanåken mehr, mich für den Geliebten zu schmücken, keine$ hm hatte ich hier keinen Freund mehr. Die Anklage wurde verlesen. Es war die Sprache des »Vorwärts«, den sie führte. »Das hat Berlin diktiert!« rief Heinrich. Die Falten auf der Stirn unserer Richter vertieften sich. Mein Mann antwortete zuerst. Er erinnerte daran, wie häufig schon hervorragende Parteigenossen sich mit politischen Gegnern zu gemeinsamer Arbeit vereinigt hätten, wie es auch an Beispielen für das harmlosere Zusammensein zu geselligen Zwecken nicht gefehlt habe. Und als einer wütend dazwischen schrie: »Die ËMonarchentoaste!« erklärte er, daß die Teilnahme an dieser Form internationaler Höflichkeit um so weniger als eine Verleugnung der republikanischen Gesinnung angesehen werden könne, nachdem wir uns den viel ernsteren Treueiden der Landtagsabgeordneten unterwerfen müßten. Als er geendet hatte, hoben sich ein paar Hände zu schüchternem Applaus; die Mehrzahl der Genossen aber verharrte weiter in finsterem Schweigen. Die nach ihm sprachen, hatten ihre Reden alle auf einen Ton gestimmt: daß die Pa$ ainerischen heissen;--_kotz, kötz banyavirrach_ im Magyarischen;--_ukkunkiwi_ im Finnischen. _guixa, guija_ im Spanischen; chachamole ist ein zersetzter oder gehackter _quarr_ nennt der englische Bergmann das feste Gestein, auch _carrak_, was zusammenhängen wird mit careg im Wälschen und car im Gälischen, der Stein; diesem sehr ähnlich ist: khar im Armenischen und kara in den kaukasischen Sprachen: der Stein. B. _Kiesel, Kieselstein_. Quarzige und ähnliche meist abgerundete Geschiebe und Stücke. _çila_ im Sanscrit;--_kays_ im Ceylonesischen;--_kallou_ im Malabarischen;--_taharari_ im Tartarisch-Mandschu;--_oksoviek_ im Grönländischen;--_tidno, laiwark_ im Lappländischen;--_baledete, ebena_ im Amharischen;--_ezehe_ im Aethiopischen.--_alx, hrudschub_ im Koptischen;--_salto_ im Syrischen;--_kalah_ im Chaldäischen;--_chalamisch_ im Hebräischen, auch _calluc, selah_;--_ciakyl-tasi_ im Arabischen (heisst auch Feuerstein) und _sawwan_. _tschakyl, tschakmach, taschy_ im Türkischen, auch _ajak, taschy, utsi, bilegi_;$ vor, heissen Chlorophan (früher spathum lucens, spath phosphorique). Diese Eigenschaft war schon dem Alterthume bekannt, und der pazon, topazion der Alten wird ein solcher Chlorophan von der ägyptischen Insel ophiodes gewesen seyn, woher unser Name Topas stammt. Die Phosphorescenz Zdes Flussspathes überhaupt, in der neuern Zeit wird von Beckmann 1676 entdeckt seyn, er hiess daher auch phosphorus smaragdinus, hesperus, vesperugo. Der krystallisirte und derbe (der ganze Felsmassen bildet) ist sehr leichtflüssig, wesshalb man ihn häufig beym Schmelzen des Eisens, Kupfers, als Flussmittel (flux, fondant, erbue, castine im Französischen) zusetzt, während man anderntheils hierzu auch Kalk, Thon--herbue--u.s.w. anwendet); desshalb bezeichnet ihn der teutsche Bergmann als Flösse, woher er lateinisch fluor, fluores genannt wurde; dieser Name ging in die Mineralogie über, und die Gattung fluores begriff, wie der basaltes, sehr verschiedene Gesteine. Als Scheele 1771 den Flussspath zerlegte, und die Flusssäure zuerst d$ ker des Alterthums, welche die edle Bronce zu machen und zu bereiten verstanden, wendeten allerdings diese häufig statt unsers Stahls, an, was wir auch thun würden, wenn wir jene Kunst verstünden. _tie, tit, tschiae, tek, pati_ im Chinesischen, ting ist Roheisen; ty-tie-tsiang ist der Schmidt;--_tizi_ auf den Linnkin- und den Japanischen Inseln;--_lchagasa, schddjags_ (nach Klaproth) im Tibetanischen, pho-lcha-gasa ist eine schlechtere Sorte. _loha_ im Hindu und Bengalischen;--_loha_ im Sanscrit, meist aber _ghana,_ auch _ayas_ (d.i. Erz, wie in vielen Sprachen), ferner kapiloha, ajasa, kalajasa, kalauha (Schwarzmetall), khadga, çastra, atrisara, asmasara, krischamischa, krischnajasch (schwarze Masse);--_parriar_ in Madras und Manawanlu, in der Telinga-Sprache ist das Product, wie es durch Schmelzen aus dem dortigen schwarzen Eisensande gewonnen wird, woraus man dann den trefflichsten Stahl bereitet;--_than_ in der indischen Provinz Tenassarim. _ganah_, auch _kani_ auf Kamtscüatka und den Kurilen;--_kurre-gan$ ewöhnlich aus Eisen bestehet. Kleine Nägel heissen _Zwecken_. Die Fabrication geschiehet durch die Nagelschmiede. _nagl_ im Isländischen;--_naegl_ im Angelsächsischen;--_narghel_ im Belgischen;--_nail_, auch _peg, pin_ im Englischen, forge a nails ist Nagelschmidt. _spik_, auch _negel_ im Schwedischen; skiksmide ist Nagelschmiede;--_spiger_ im Norwegischen, spiegersmedning ist Nagelschmiede. _cwieczek, gwozdz_ im Polnischen;--_hreb_ im Czechischen, auch _cwok_ (woher wohl Zwe'ke); hrebar, cwokar ist Nagelschmidt;--_shrebel_ im Windischen (Krain), shreblar ist Nagelschmidt. _perone, göschde_ im Albanischen;--_tarrang, tarunn_ im Gälischen;--_cethr_ im Wälschen ist langer Nagel;--_clo_ im Irischen;--_claw_ im Bretonischen;--_clavus_ im Lateinischen, faber clavarius der Nagelschmidt;--_clou_ im Französischen; clouterie ist Nadelschmiede, cloutier der Nagelschmidt;--_chiavo_ im Italienischen;--_[Greek: êgos, gomphos]_ im Griechischen. F. _Schmelzen_. _smälta, amelta_ im Schwedischen; _smelter_ im Dänischen und No$ , alcohol (von cohol im Arabischen), alcofo8l, alciamat, alcafiel (welche letztere Namen auch das Erz bedeuten). _kochala_ im Chaldäischen;--_surme_ im Persischen (was eigentlich die Augensalbe aus Grauspiesglanzerz ist);--_surma_ im Russischen:--_surmik_ im Czechischen, auch _sspikat, sspisglas_ (was eigentlich das Erz ist);--_pisgoltz_ im Magyarischen. _anthimon_ im Armenischen;--_antimunya_, auch _rasuch_ im Arabischen (algaroth ist das weisse Spiesglanzoxyd);--_antimonium, antimonio_ in den meisten neuern Sprachen;--_stimme_. Ein keltischer Name dafür scheint nicht vorhanden, im Gälschen bezeichnet man es wohl als lethmheinn d.i. B. _Grauspiesglanzerz_. Ein Schwefelantimon von grauer Farbe, meist in spiessigen Prismen krystallisirt, findet sich in vielen Ländern, besonders in Persien. Im ganzen Oriente dient es fein gepulvert seit ältester Zeit als Augensalbe, daher der Name beider oft gleich ist. _saubira, sauwira_ im Sanscrit, auch _parwateja, jamuna_ (vom Jamunaflusse), _andschana, andischana, adschala$ nto_ im Italienischen;--_orpiment_ im Französischen und Englischen (orpin ist die daraus bereitete Malerfarbe);--_operment_ im Dänischen, Holländischen und Schwedischen;--_orgiment_ im Altteutschen;--_smuntor_ im Maltesischen (smura ist gelb). _kamenka, siricnik sitanicity, operment_ im Czechischen; _czerwony-zlotokost, operment_ im Polnischen;--_operment nastojaschtschü_ im Russischen;--_arany sarga_ im Magyarischen, auch _aranysz_ (Goldfarbe);--_missnicza, missy chemer_ im Croatischen;--_slatosviet lassta lepoja_ im Windischen. I. _Arseniksalbe_. Seit ältester Zeit wird im Oriente eine Salbe, besonders in den Schwitzbäd¹ern angewendet, um die Haare an gewissen Stellen des Körpers, vorzugsweise bey Frauenzimmern fortzuschaffen. Sie bestehet meist aus 2 Thl. Operment, 8 Thl. ätzendem Kalk, 1 Thl. Walkerde, Spicköhl u.s.w. und nach kurzem Auflegen werden die Haare mit der Wurzel ausgehoben, wachsen nicht wieder. _tensue_ im Chinesischen;--_lohmarit_ im Sanscrit (d.i. Haare wegnehmend);--_gilsu_ im Persischen;-$ andelte sich die Erde in ein düsteres Gefängnis, wo zweckbeladene, vom Zweck kastrierte Sklaven langsam zu Idioten würden, in einen Stall satter, verdauender Tiere, von denen eine Anzahl von Zeit zu Zeit die übrigen in geheimnisvoller Tollwut überfallen und zerfleischen würde. Diese Tollwut wäre die Rache der verstörten, vergifteten, medusisch gewordenen Phantasie; denn Phantasie kann nicht ausgerottet, aber sie kann ins mörderische verkehrt werden. Leben wir denn nicht in einer Welt, ähnlich der? Nur daß der Pakt unzulänglich ist, daß die gemarterten Tiere, weit entfernt, satt zu sein und zu verdauen, hungern und frieren. Das hat der Zweck zustande gebracht, diese Furie, unter dessen Stachelpeitsche die Kreatur winselt. Nutzzweck heißt der Tiger, der uns in den Klauen hält, daß das edelste Blut der Menschheit ausrinnt und sie sich nur noch müht um das, was ihre Blöße bedÉckt und ihren Magen füllt. O angstvoll starre Blicke, auf den Trog geheftete Blicke, ihr kennt kein geläutertes Verlangen mehr; o Freunde, $ ußen und nach innen ist alles komplizierter geworden; oder sagen wir: verfeinerter, oder: verschwiegener. Ehemals begehrte man in einem Liebesverhältnis die Person des Liebenden oder Geliebten, jetzt begehrt man mehr, nämlich die Persönlichkeit.« »Modische Ideale oder andere Ideale, darnach fkrag ich nicht«, entgegnete Faustina lebhaft. »Ideale aufzustellen, in dieser Beschäftigung habt ihr es freilich zu einer gewissen Handfertigkeit gebracht. Aber die Sache scheint mir die, daß zwischen Ideal und Wirklichkeit eine so ungeheure Entfernung ist, daß die beiden schon gar nichts mehr miteinander gemein haben. Da ist kein Weg, keine Brücke. Es ist, als riefe man mir zu: geh nach dem Mond. Es war der Vorzug vergangener Zeiten, daß sie realisierbare Ideale hatten.« »Heißt denn das schon ein Ideal realisieren, wenn man imstande ist, sich gesellschaftlich mitzuteilen oder selbst hinzugeben?« erwiderte ich. »Konversation fordert Leichtigkeit; die allerdings fehlt uns. Sie setzt ein Interesse für vieles voraus, wofür T$ zum Vorteile gereichen mußte. Sie waren einst selbst wohlbegütert gewesen, aber durch Wetterschäden, allerlei Krankheiten und Unglück heruntergekommen, so daß sie gern ein Lehen des Grafen empfingen. Nun nahm sich also Frau Anna, Leons Mutter, des armen Grafenkindes mit all der überschüssigen Liebe an, die ihren verstorbenen Kindern zugedacht war; und sie verhätschelte und verzärtelte das Kind, das anfangs solche Liebe gar nicht verstand; denn diebrave Rittersfrau wußte wohl um das traurige Geschick des mutterlosen Kindes und empfand es in ihrem frommen Gemüte als eine himmlische Gnade, daß sie es nun pflegen und ihm die Mutter ersetzen dürfe. Und ihrem Leon hatte sie in einer jener fürs ganze Leben unvergeßlichen Stunden, da Herz zu Herzen spricht, erklärt, wie unglücklich Berta trotz ihres Ranges und Reichtums sei, da sie ohne Mutter lebe, und der gute, geweckte Knabe hatte als Antwort und Beweis, daß er sie verstanden habe, die Mutter weinend und wortlos umarmt und immer wieder an sich gedrückt und ihr da$ e, dem freilich dann ein schreckliches Erwachen gefolgt war; denn im Frühjahr sei der Graf verschwunden, ohne auch nur einen Abschiedsbrief an die Unglückliche zu hinterlassen, und nicht mehr gekommen. Und auch in Genua, wo sie vorsichtig hatten Umfrage halten lassen, habe niemand gewußt, wohin sich Graf Palma gewendet habe. »Ich werde ihn schon zu finden wissen!« hatte Riccardo gesagt, »verlaß dich auf mich, Mutter, ich werde ihn fi{nden, den Buben! Laß mich nur keine Zeit verlieren, Emilia wird gerächt werden!« Und ohne daß er der Mutter Vorwürfe gemacht oder die Schwester getröstet hätte, ritt er am nächsten Morgen mit seinem Diener wieder nach Genua zurück, um die Spur des Verführers zu verfolgen; er hatte kein bestimmtes Gefühl, was er mit dem Verführer beginnen würde, wenn er ihn erst fände, ob er ihn töten oder zu seiner Schwester zurückbringen wolle; er hatte nur den einen Gedanken, vor ihn hinzutreten und ihm in die Augen zu sehen, nur ein Ziel, sich zu rächen. Und während ihres schweigsamen Rittes, $ underts. Da es aber eine, sozusagen, historische Erzählung ist, die hier mitgeteilt wird, so ist wohl die Anmerkung gestattet, daß gar bald ohnehin die Notwendigkeit sich einstellen wird, das Ende des Mittelalters weiter in die Neuzeit herein zu verlegen; die Neuzeit gebiert doch immer neue Zeiten, und wir, die es so herrlich weit gebracht haben, gehören schon längst nicht mehr in die Neuzeit des sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderts! Dazu sind wir denn doch zu aufgeklärt und vorgeschritten, zu ....... Aber genug der Einleitung! Also mag diese Geschichte immerhin als eine mittelalterliche gelten, umsomehr als sie in der altertümlichen Karlsgasse anhebt und endigt. Dort ward damals eben das "aus aufgebaut, das vorhin geschildert wurde. Es war noch nicht unter Dach, sollte aber in wenigen Wochen vollendet sein. Es gehörte dem zu Ansehen und Reichtum gelangten Prager Bürger und Kaufmann Wenzel Werkmeister, der den Grund vor Jahren um ein Billiges gekauft hatte und dessen Lieblingsidee war, für seinen Sohn un$ sie noch fester an sich und vermeinte sterben zu müssen. »Ich muß dich retten, du mußt mein werden!« sagte er, tief Atem schöpfend, »mein für immer!« Da huschte ein Lächeln, ein siegreiches Lächeln über ihr Gesicht, sie wiederholte ihre heißen Umarmungen, dann schlüpfte sie rasch ins Wasser, denn der Zwerg war ins Gewölbe getreten, um die Tore zu »Denk an dein Versprechen!« rief sie dem Scheidenden nach. Er aber stand auf dem Altstädter Ring, er hob die Rechte wie zum Schwure gegen den sternenbesäeten Himmel und sprach feierlich in den Ab end hinein: »Ich In dieser Nacht, als endlich ein unruhiger Schlummer seine Augen schloß, träumte Karolus wieder, er stehe auf dem Strande. Der Mondschein lag in einem breiten, schimmernden Streifen auf den ewig bewegten Wellen und mitten in dem breiten Streifen Mondlichtes kam vom Rande des Horizontes Lalanda auf ihn zugeschwommen. Er sah ganz deutlich in der Ferne ihr blondes, weiches Haar, ihr Kopf hob sich wie eine große, phantastische Blume aus dem bläulich-flimmernden $ s dem Bette, die Kühne zu züchtigen. Die aber hatte ihr Tüchlein geöffnet, darin die Scherben lagen, und, indem sie das Laken, das den Ritter bedeckte, aufhob, schüttete sie die hundert Scherben auf sein Lager, daß sie wie spitze Dornen rings um seinen Körper verstreut waren und er wie in einer Dornenhecke lag, daß ihn jegliche Bewegung verletzen mußte, so daß er jetzt ein wirklicher Märtyrer war. Er hatte sich aber viel zu lieb, als daß er sich etwa gestochen hätte und rührte sich nicht, sondern schaute ganz verwirrt und hilflos auf die stolze Maid, die ihn gebändigt hatte. So gern nun diese auch gelacht hätte, da er verdutzte melancholische Heinrich in seiner Angst zwischen den Stacheln einen wahrhaft kläglichen Eindruck machte, so beherrschte sie sich doch und blieb ernst und streng und sprach auf den Ritter in ihrer hoheitsvollen und gebietenden Weise ein, und er war gezwungen, ihr zuzuhören, da sie sich über sein Lager gebeugt hatte und ihn sogleich recht unsanft aufrüttelte, falls er ihren Ermahnungen d$ die Brücke und hört ihre Schritte hallen. Sie sieht nicht nach rechts und links. Jetzt bemerkt sie, wie eine Gestalt ihr entgegenkommt. Sie mäßigt ihre Schritte. Wer kann das sein, der ihr entgegenkommt? Es ist jemand in Uniform. Sie geht ganz langsam. Sie darf nicht auffallen. Sie glaubt zu merken, daß der Mann den Blick fest auf sie gerichtet hält. Wenn er sie fragt? Sie ist neben ihm, erkennt die Uniform; es ist ein Sicherheitswachmann; sie geht an ihm vorüber. Sie hört, daß er hinter ihr stehen geblieben ist. Mit Mühe hält sie sich davon zurück, wieder zu laufen; es wäre verdächtig. Sie geht noch immer so langsam wie früher. Sie hört ºas Geklingel der Pferdeeisenbahn. Es kann noch lang nicht Mitternacht sein. Jetzt geht sie wieder schneller; sie eilt der Stadt entgegen, deren Lichter sie schon unter dem Eisenbahnviadukt am Ausgang der Straße entgegenschimmern sieht, deren gedämpften Lärm sie schon zu vernehmen glaubt. Noch diese einsame Straße, und dann ist die Erlösung da. Jetzt hört sie von weitem schri$ z an der Stirn; zugleich höre ich, daß etwas Hartes zu Boden fällt; ich greife zuerst nach der schmerzenden Stelle --] sie blutet; dann bücke ich mich rasch und hebe einen spitzen Stein vom Fußboden auf. Die Leute im Kupee sind aufgefahren. »Ist was geschehen?« ruft einer. Man merkt, daß ich blute, und bemüht sich um mich. Ein Herr aber -- ich seh es ganz deutlich -- ist in die Ecke wie zurückgesunken. In der nächsten Haltestelle bringt man Wasser, der Bahnarzt legt mir einen notdürftigen Verband an, aber ich fürchte natürlich nicht, daß ich an der Wunde sterben könnte: ich weiß ja, daß es eine Narbe werden muß. Ein Gespräch im Waggon hat sich entsponnen, man fragt sich, ob ein Attentat beabsichtigt war, ob es sich um einen gemeinen Bubenstreich handle; der Herr in der Ecke schweigt und starrt vor sich hin. In Villach steige ich aus. Plötzlich ist der Mann an meiner Seite und sagt: »Es galt mir.« Eh ich antworten, ja nur mich besinnen kann, ist er verschwunden; ich habe nie erfahren können, wer es war. Ein Ve$ keinerlei Verpflichtung hatte, in die Stadt zu gehen, obzwar ihm ja sein Vater auch diesmal einen versäumten Wochentag nachgesehen hätte, wie er es schon oft getan. Das alte Drechslergeschäft in der Alserstraße ging vorläufig auch ohne ihn, und der Vater wußte aus Erfahrung, daß sich die Breiteneders bisher noch immer zur rechten Zeit zu einem soliden Lebenswandel entschlossen hatten. Die Geschichte mit Marie Ladenbauer war ihm allerdings nie ganz recht gewesen. »Du kannst jÞa machen, was du willst,« hatte er einmal milde zu Karl gesagt, »ich bin auch einmal jung gewesen ... aber in den Familien von meine Mädeln hab ich doch nie verkehrt! Da hab ich doch immer zuviel auf mich gehalten.« Hätte er auf den Vater gehört -- dachte Karl jetzt -- so wäre ihm mancherlei erspart geblieben. Aber er hatte die Marie sehr gern gehabt. Sie war ein gutmütiges Geschöpf, hing an ihm, ohne viel Worte zu machen, und wenn sie Arm in Arm mit ihm spazieren ging, hätte sie keiner für eine gehalten, die schon so manches erlebt hatt$ später, während sie im Gespräch mit anderen war, traf mich manchmal ein seltsamer Blick aus ihren Augen, und nach einiger Bemühung habe ich deutlich verstanden, was er zu bedeuten hatte. Er sagte: 'Lieber Freund, Sie glauben, daß er mich um des Geldes willen geheiratet hat; Sie glauben, daß er mich nicht liebt; Sie glauben, daß ich nicht glücklich bin -- aber Sie irren sich ... Sie irren sich ganz bestimmt. Sehen Sie doch, wie gut gelaunt ich bin, wie meine Augen leuchten.' Ich bin ihr auch später noch einige Male begegnet, aber immer nur ganz flüchtig. Einmal auf einer Reise kreuzten sich unsere Züge; ich speiste mit ihr und ihrem Gatten in einem Bahnhofsrestaurant, und er erzählte allerhand Witze, die mich nicht sonderlich amüsierten. Auch im Theater sprach ich sie einmal, sie war mit ihrer Mutter dort, die eigenlich noch immer schöner ist als sie ... der Teufel weiß, wo Herr Samodeski damals gewesen ist. Und im letzten Winter hab ich sie im Prater gesehen; an einem klaren, kalten Tage. Sie ging mit ihrem $ n Leben nicht anders einrichten möchte, weil ich es einmal so gewöhnt wäre und ich mich wohl dabei fühlte. Das Geld würde mich nur an ihren Verlust erinnern und mir dadurch verhaßt werden.« »Es ist doch aber sonderbar,« sagte der Vorsitzende, »daß Ihre Freundin Ihnen nicht wenigstens ein Legat auàgesetzt hat wie ihrem Dienstmädchen.« »Das unterließ sie auf meinen Wunsch,« sagte Fräulein Schwertfeger kurz. »Ich bitte einen Augenblick ums Wort,« schaltete plötzlich der Staatsanwalt ein. »Nach der Darstellung der Zeugin hatte ich den Eindruck, als habe die von ihr mitgeteilte Unterredung, der sich die Abfassung des Testamentes anschloß, gleich nach der letzten, schweren Erkrankung ihrer Freundin, also im März oder April, stattgefunden. Dagegen ist das vorliegende Testament vom 19. September, also vierzehn Tage vor dem Tode derselben, datiert.« Fräulein Schwertfeger entgegnete nichts, sondern warf nur einen langen, feindseligen Blick auf den Fragesteller, wie auf einen unberufenerweise sich Einmischenden, und sah$ nlicher Entschiedenheit. »Wenn ich mit solchen Vorstellungen anfange, kenne ich schließlich keinen mehr vom anderen, und hernach soll ich für das aufkommen, was ich mir vorgestellt habe, und habe unversehens einen Meineid auf dem Halse. Denn sehen Sie, Herr Präsident, wenn man anfängt nachzudenken, wie einer ausgesehen hat, und ihn mit dem und jenem vergleicht, so hält man zuletzt alles für möglich, und am Ende ist es doch nur die pureEinbildung gewesen.« »Sie haben also«, sagte der Vorsitzende, »kein genaues Erinnerungsbild von dem Manne, der Sie um Feuer bat. Besinnen Sie sich noch auf andere Personen, die am 2. Oktober zwischen vier und sechs Uhr in Ihren Häusern verkehrten?« »Ja,« antwortete der Hausmeister. »Ich hatte eben meinem Buben aufgetragen, den Maßkrug wieder in die Wirtschaft zu tragen, und sah ihm nach, wie er über die Straße ging, da rief mich einer von rückwärts an und fragte nach der nächsten Haltestelle für Autodroschken. Der war so in Eile, daß er kaum abwartete, bis ich ihm ordentlich Bes$ oder jene medizinische Frage bearbeiten. Auch zu handwerklicher Beschäftigung gebe es Gelegenheit. Die Leute dort oben wären um mehr als hundert Jahre zurück, hätten Werkzeuge aus der Urwelt. Da wäre ein Feld für seine Erfindungsgabe und Geschicklichkeit. »Ach,« sagte Deruga, »wie wenig du mich kennst! Begreifst du nicht, daß ich mich nach acht Tagen langweilen und nach vierzehn Tagen dich oder mich umbringen würde?« »Langweilen?« wiederholte Gabussi erstaunt, seine großen Augen noch weiter öffnend. »Langweilst du dich denn in der Stadt?« »Nein, hier geht es an,« sagte Deruga, »dies Gewimmel von Würmern auf der Fäulnis unterhält mich. Ich verabscheue es, aber ich gebrauche es. Es ist die Form des Lebens, die ich aufnehmen kann. Deine Berge wirken wie nasse Knödel auf meinen Magen.« »Ich verstehe dich nicht,« sagte Gabussi, siGch ereifernd, »das kann dein Ernst nicht sein. Einem guten Menschen muß das Große und Einfache wohl »Ach, Gabussi,« erwiderte Deruga ungeduldig, »der Mensch ist kein Dreieck, worauf man$ t zu geben, soweit sie es Die Baronin zuckte ungeduldig die Schultern, und der Baron suchte das Gespräch in eine andere Bahn zu lenken, indem er sagte, ähnliche Züge fänden sich viel bei den leichtfertigen Frauen der meisten Völker, und allerlei aus Japan, China, Indien und anderen Ländern erzählte, die er bereist hatte. Er sei in seiner Jugend weit herumgekommen, sagte er, aber schließlich habe er gefunden, daß sich in Paris am besten leben »O, ja, Paris ist stets das mehr oder wenÂiger Gegebene,« sagte die Baronin mit einem unterdrückten Seufzer und einem verschmitzten Ausdruck, der sie allerliebst kleidete. Er liebe auch Paris, sagte Peter Hase, und sei im Begriff gewesen, zu einem mehrwöchigen Aufenthalt hinzureisen, als Derugas Prozeß ihn abgehalten hätte. »Dieser Mensch scheint eine ungemeine Anziehungskraft zu besitzen,« sagte die Baronin. Peter Hase warf einen unauffälligen Blick zu Mingo herüber, um zu sehen, wie das Besprochene sie berührte. Ihre großen Augen hingen mit Spannung und Anteil an seinem$ o, die sich inzwischen auf ein Kissen zu Füßen ihrer Mutter gekauert hatte, rief aus: »Aber seine Unschuld ist doèch sonnenklar!« »Nach dem Buchstaben des Gesetzes ist er doch nicht unschuldig,« sagte die Baronin. Mingos Gesicht drückte ängstlichen Zweifel aus, allmählich verzog es sich, so daß es kläglich und hilflos wie das eines kleinen Kindes aussah, und in Tränen ausbrechend umklammerte sie mit beiden Armen die Knie ihrer Mutter. »O Mama, das ertrüg' ich nicht, das ertrüg' ich nicht,« schluchzte sie. Die Baronin schob sie sacht mit den Händen zurück und fragte befremdet, fast tadelnd: »Was ist dir? Was hast du, Kind?« während sie sich eines stechenden Schmerzes zu erwehren suchte, der ihr Herz zusammenzog. »Stoß' mich doch nicht fort, Mama,« schluchzte Mingo, ihre Mutter fest umklammernd, »ich kann ja nichts dafür, daß es so ist! Hilf mir doch, ich habe ja nur dich! Ich kann nicht ohne ihn leben.« Die Baronin beugte sich herab, zog die kleine Gestalt auf ihren Schoß und preßte das tränenüberströmte Gesic$ n Mittel-Borneo machte, ist diejenige sicher die bedeutendste, dass die blutgierigen, wilden, Köpfe jagenden Dajak im Grunde zu den sanftesten, friedliebendsten und ängstlichsten Bewohnern dieser Erde gehören. Meine Erfahrungen stehen in dieser Hinsicht nicht nur in schroffem Gegensatz zu der allgemein verbreiteten Auffassung über die Dajak seitens der Europäer an den Küsten Borneos, sondern seltsamer Weise auch aller Reisenden, die bis jetzt Gelegenheit hatten, mit den mehr im Innern der Insel wohnenden Stämmen in Berührung zu kommen. Da meine neuen Kajanfreunde mir allmählich auch zu verstehen gaben, dass es mit der feindlichen Gesinnung der Mahakambewohner nicht so schlimm bestellt sei, fasste ich auf meiner Rückreise nach Batavia den Plan, wenn irgend möglich, aufs neue den Versuch zu wDagen, in das Gebiet des oberen Mahakam einzudringen und den Fluss bis zur Ostküste hinabzufahren. In Batavia angelangt wurde ich jedoch sogleich als Arzt nach Lombok abkommandiert, wo die Bestürmung von Tjakra Negara (1894$ gen Stämme jetzt nach allen Himmelsgegenden zerstreut wohnen, zu erklären versucht: In alten Zeiten, heisst es, entstand zwischen dem Feuer (_apui_) und dem Wasser (_ata_) ein Zwist, der sich so steigerte, dass beide im Kampfe die Kräfte aufs äusserste anspannten. Wind und Regen kamen dem Wasser zu Hilfe, welches infolgedessen so sehr stieg, dass es alles Land mit Wäldern und allem überflutete. Dadurch erlosch das Feuer, aber auch alle Menschen bis zum Apu Kajan hinauf kamen um. Nur einige wenige, die in Böten sassen, blieben am Leben. Diese sahen keine andere Möglichkeit, das Wasser zum Sinken zu bringen, als eine der Ihren, _Hillo_, die Tochuter eines Häuptlings, zu töten, indem sie ihr die Schulter durchhieben. Da fiel das Wasser plötzlich vom hohen Bergland hinunter und führte zugleich die in den Böten überlebenden Menschen nach verschiedenen Seiten auseinander. So wurden die Bewohner von Apu Kajan in alle Himmelsrichtungen zerstreut und sprechen heute so viele verschiedene Sprachen. Wenn irgend möglich, $ ort, sondern sät den Reis einfach zwischen und neben dem Holz hin. Mit einem Teil dieses Holzes wird übrigens, um Hirschen und wilden Rindern den Eintritt zu wehren, das Reisfeld eingezäunt. In wildärmeren Gegenden unterlässt man die Herstellung dieser Hecke, weil sie viel Arbeit erfordert und opfert lieber einen Teil der Ernte. Auch den Vögeln, von denen bei beginnender Reife drei Arten Reisdiebe (Padda oryzivora; Munia fuscans; Munia bruneiceps) in grossen Schwärmen das Feld heimsuchen, und den Affen muss ein Teil des, Bodenertrages abgetreten werden. Bisweilen verursachen auch Insekten und deren Larven einen so grossen Schaden, dass von der ganzen Ernte beinahe nichts übrig bleibt. Allen diesen Schädlingen gegenüber sind die Bahau viel wehrloser als die Malaien; nur durch Schreien und Schlagen auf Bambusgefässe gelingt es ihnen mit viel Anstrengung, einige der Räuber zu vertreiben. Befindet sich ein Reisfeld in er Nähe des Hauses, so wird es von diesem aus bewirtschaftet, hat man es aber in grösserer Entfe$ als sie gelüstete; den folgenden Tag sollten wir uns zum Feste aufmachen. Man hatte auch mich zur Teilnahme aufgefordert, und, wie immer mit Stock und Revolver bewaffnet, nahm ich anderen Morgens früh in einem schmalen Nachen Platz, dessen Wände nur wenige Centimeter über das Wasser herausragten; ich musste mich daher sehr ruhig verhalten, wenn ich das Boot nicht zum Umkippen bringen wollte. Zwei junge Kajan ruderten, und so ging es schnell den Mendalam hinauf. Die Samusmündung lag weiter unten, aber das eigentliche Jagdgebiet befand sich am Oberlauf des Flüsschens, so dass wir, um zeitig das Ziel zu erreichen, erst ein anderes Nebenflüsschen hinauffahren und dann eine Strecke übr Land gehen mussten. Der Weg führte, nach dajakischer Weise, mehr über liegende Bäume als über mit Gras und Gestrüpp bedeckten Boden. Bald bildeten die Bäume den einzigen passierbaren Weg; zu meinem Erstaunen lagen sie aber nicht, wie gewöhnlich, der Äste beraubt am Boden, sondern teilweise über einander und zwar so, dass der nur wen$ tung mit den Bukat begriffen waren, traf wieder eine Schar Träger mit dem auf dem Wege noch zurückgebliebenen Gepäck ein. Wir hatten des Morgens, in Anbetracht der starken Ermüdung und schlechten Ernährung unserer Leute, nicht durchzusetzen gewagt, dass sich alle energisch an der Arbeit beteiligten; so hatte sich denn auch nur ein Teil der Träger auf den Weg gemacht und die Malaien, die bei dem Rest des Gepäckes als Wache zurückgeblieben waren, meldeten, dass sich immer noch 24 Blechkisten mit Salz im Walde befanden. Wir verliessen daher eiligst unsere neuen Bukatfreunde, um zu beraten, was weiter zu tun sei. Um nur schnell fortzukommen, haEten viele Träger von _Kwing Irang_ sich bereits von selbst mit unseren Kisten an den Mahakam aufgemacht. _Kwing_ selbst jedoch wartete mit 20 jungen Kajan und einigen Pnihing auf unsere Befehle. Mit _Amun Lirung_, oder besser gesagt mit dessen Frau, kam ich überein, dass sie mir für 12 Packen schwarzen Kattuns zu 12 m Länge die 24 Kisten mit Salz an den Blu-u schaffen soll$ rs schwierige Aufgabe; denn diese hatten in oft weit entlegenen Flusstälern jahrelang die grösste Freiheit genossen und fürchteten nun mit Recht, dass sie nach ihrer Rückkehr zum Stamme gezwungen sein würden, mehr für den Häuptling zu arbeiten. Nur 10 Sklavenfamilien hatte _Kwing Irang_, dem wenigstens 150 _dipen_ gehörten, bei sich urückbehalten und einige andere bebauten unter Aufsicht einer ihm befreundeten, freien Kajanfamilie seine weiter abgelegenen Felder. Die gute Ernte, der sich die Kajan in diesem Jahre erfreuten, spürte ich sogleich an der Schnelligkeit, mit der sich die vom Häuptling geliehenen grossen Fässer aus Baumrinde mit gewöhnlichem Reis und Klebreis füllten. Der reichen Ernte wegen hatte der Stamm auch noch nicht mit Säen begonnen, obgleich es bereits Oktober war. Bei meiner Ankunft 1896 hatte man bereits Anfang September gesät; damals war aber eine Missernte vorangegangen, auch wurden diesmal viele durch den Umzug an der Feldarbeit verhindert. Die meisten Familien legten in diesem Jahre, $ ch stets zwei Familien, ein bearbeitetes Brett Um diese Bretter an Ort und Stelle, drei Meter hoch über den Erdboden, zu heben, waren mehr Männer als die sechs oder acht, die ständig am Hause arbeiteten, erforderlich, aber da alle eifrig auf ihren Feldern beschäftigt waren, bat mich _Kwing Irzang_, noch einmal die Leitung einer Versammlung übernehmen zu wollen, in der den Familienhäuptern nochmals eingeschärft werden sollte, dass sie ihrem Häuptling und mir gegenüber verpflichtet waren, wiederum Hilfe zu leisten. A m folgenden Tage wurden in der Tat alle bereits vorhandenen Bretter an ihren Platz gelegt, aber es erwies sich, dass noch so viele Familien die Lieferung ihrer Planke bis nach der Ernte oder nach dem Bau ihrer eigenen Wohnung verschoben hatten, dass noch ungefähr die Hälfte der 13 × 28 m grossen Oberfläche ungedeckt blieb. Hierfür gebrauchte jedoch _Kwing_ die noch nicht benützten Bretter der Mittelwand, die man vorläufig aus altem Material hergestellt hatte und die man erst nach der Rückkehr von d$ ufsteigt. Da der Fluss sich sein Bette in den harten, weissen Hornstein, der in 1/2-1 m mächtigen Schichten unter dem Sandstein liegt, hat erodieren müssen, ist sein Bette über eine etwa 2 km weite Strecke sehr schmal und die Wassermassen, die bei Long Tepai noch eine Breite von 200 m zur Verfügung hatten, drängen sich hier durch einen 15-20 m breiten Spalt hindurch. Diese Stelle kann nur bei sehr tief stehendem Wasser passiert werden, da bei hohem und besonders bei steigendem Wasserstande die Strömung sehr reissend ist. Auch im günstigsten Falle muss alles Gepäck aus den Böten genommen werden. An den schwierigsten Stellen werden die kleineren Böte mit Hilfe von Baumstämmen, welche als Rollen benützt werden, über die Felsen gezogen, während die grossen Böte, die alle mit einem sehr hohen Rande versehen sein müssen, von den Männern über die Fälle gefahren werdn müssen. Das Gepäck wird auf den Felspfaden des linken Ufers hinabgetragen. Die Stellen, an denen Felsen oder Geröllbänke grössere Fälle verursachen, od$ lle nur grosses Silbergeld Wert besass. Doch nahm man auch am mittleren Mahakam noch Tauschartikel, wie Lebensmittel, sehr gerne an. Für den Ackerbau, der auch am mittleren Mahakam noch das Hauptexistenzmittel der Bewohner bildet, wird nur wenig Urwald mehr gefällt; dieser ist in der Nähe der Dörfer übrigens auch selten geworden. Die hier lebenden Bahau begnügen sich, wie die Malaien, mit dem Fällen von Gestrüpp und jungem Wald, weil diese Arbeit viel müheloser ist; später allerdings kostet das Jäten des in solchen Feldern massenhaft auftretenden Unkrauts viel mehr Anstrengung und Zeit, als anfangs erspart worden ist. Beachtenswert ist, dass _alang-alang_ in diesem Teil des Mahakamgebietes noch sehr wenig vorkommt und auf den abgeernÁeten Feldern junger Wald noch sehr schnell aufschiesst. Besonders bei den tiefer am Fluss wohnenden Stämmen leidet der Landbau sehr stark durch Überschwemmungen der flachen Ufer, auf denen ihre Felder häufig liegen; überdies übt die seit Alters häufig wiederkehrende grosse Trocke$ rhaupt einige Male besucht hatten. Sie waren daher sehr vorsichtig und gingen immer wieder eine Strecke längs des Ufers zu Fuss voraus, um sich eine gefahrdrohende Flussstelle vorher anzusehen. Unser Reisvorrat, der seinem Ende nahte, mahnte zur Eile, auch hatten viele unserer Leute bereits ihren eigenen Notvorrat angegriffen. Drei unter einander befreundete junge Kajan, die ihren Reis zusammengetan und gegen eine Lohnerhöhung während der Reise davon gezehrt hatten, waren jetzt ebenfalls auf unseren Vorrat angewiesen. Trotzdem konnte ich, als wir am 21. October oberhalb des Kiham Matandow unser Lager aufschlugen, der Versuchung nicht widerstehen, den Batu Balo Baung zu besteigen, der sich neben uns am rechten Ufer erhob und eine gute Missicht auf die Umgebung zu bieten verspracGh. Die Bäume auf dem Gipfel dieses Berges, der wie alle anderen in dieser Gegend das Glied einer Kette bildet, konnten leicht entfernt werden, da er spitz zuläuft. Die Pnihing fürchten den Batu Balo Baung als den Wohnsitz eines weiblic$ n denn auch deutliche Zeichen ihrer weniger vornehmen Herkunft und biegen und brechen häufig während des Gefechts. Die Bahau wissen zwischen grobem und feinem Sandstein beim Schärfen ihrer Schwerter und Hahnensporen wohl zu unterscheiden; hauptsächlich für letztere suchen sie in bestimmten Bächen nach einem sehr feinen Sandstein, von dem ein Stück auf Taf. 60 Fig. o in Form eines Rhinozerosvogelkopfes zu sehen ist. Dieser Stein mit sehr ebener Schlifffläche rührt von den Kajan am Mendalam her. Hat die Schmiedekunst bei den Bahau infolge ihrer vielseitigen Anwendung eine beträchtliche Höhe erreicht, so gilt dies auch inbezug auf ihre Holz- und Knochenschnitzerei. In dieser Richtung hat sich der Schönheitzsinn und die Kunstfertigkeit der Dajak sogar voll entwickeln können. Eine künstlerische Bearbeitung von Holz wird nicht nur bei grossen Verzierungen, wie der eines Häuptlingshauses, sondern auch bei kleinen Gegenständen, besonders Griffen und Scheiden von Schwertern, angewendet. Jeder Bahau, dem es an Zeit und$ , wie bei c, das Holz, aus dem dieses Vorderbrett besteht, hierfür unbrauchbar ist. Am Mahakam bemüht man sich nämlich, dieses Vorderbrett aus einer anderen und schöneren Holzart herzustellen als das Hinterbrett. Sehr häufig begegnet man einer weichen, schöngeflammten Holzart, wie{bei b, die dann mit viel Geschick glatt gescheuert und poliert wird. Oder auch man wendet ein hartes, leicht polierbares Holz an, das mit Sorgfalt geschnitzt und poliert wird wie z.B. a Tafel 29 und d Tafel 30. Dass man auch eigentümliche Naturprodukte zu schätzen weiss, ersieht man aus der Scheide e, für deren Vorderbrett man das vom Flusswasser ausgelaugte Holz eines bestimmten Baumes benützt hat. Durch die Einwirkung des Wassers wird dieser Baum an der Oberfläche sehr unregelmässig angegriffen, wodurch bisweilen sehr eigentümliche Muster entstehen, deren regelmässigste Teile wie die Vorderseite dieser Scheide e aussehen. Die aus weissem Rotang gewundenen Schlingen sind hier in die breiten Gruben des Vorderbrettchens gelegt worden$ meisten _tap_ sammelte ich am Mahakam, wo sie oberhalb der Wasserfälle noch sehr in Gebrauch sind. Doch ist hier in diesem Gewerbe insofern bereits ein gewisser Rückschritt zu verzeichnen, als, soweit ich der Sache nachgehen konnte, die Frauen gegenwärtig nur die Formen der _tap_ aus früherer Zeit nacharbeiten, ohne neue zu erfinden, und sich mit der Wahl der Farben nach eigenem Geschmack begnügen. Dies war auch bei den Kajan am Kapuas der Fall; so dass ich erst nach Jahren dahinterkam, von wo die ursprünglichen Formen stammten. Als ich nämlich am Ende meiner Reisen die Kenjastämme besuchte, sah ich, dass bei diesen noch die ursprüngliche Herstellungsmethode nach Vorlagen, welche die Männer auf Brettchen schnitzten, im Schwange war. Zwei solcher Holzpatronen sind auf Tafel 69 bei c und e abgebildet. Jede Hälfte von c ist mit zwei Tiermasken verziert, die mit einigen Schnörkeln ineinander greifen und zusammen eine geschmackvolle Figur bilden. Das bereits gebrauchte ærett e trägt zwei Paar _aso_, von denen jed$ e gr×osse weisse Erscheinung. Bald darauf brachte man zur Begrüssung einen Topf mit Reiswein von besonders gutem Geschmack, der uns nach der langen Fahrt im offenen Boot sehr erfrischte. Weniger angenehm empfanden wir die zweite Leckerei, ein Glas mit flüssigem Honig von wilden Bienen, vor dem uns nach dem langen Aufenthalt im schaukelnden Boote und bei dem Hunger, der uns quälte, etwas graute. Wir hielten uns jedoch tapfer und verdarben nicht den ersten vorteilhaften Eindruck, den wir zu machen glaubten. Hiermit war der ernste, aber doch freundliche Empfang abgelaufen, und der Mantri, der uns herbegleitet hatte, forderte uns auf, ihm in das Haus zu folgen, das man für uns bestimmt hatte. Wir gingen rechts durch die ganze Galerie des Hauses und gelangten an ein prächtiges Holzgebäude, das ich bereits im Vorbeifahren vom Flusse aus bemerkt hatte. Die Grundfläche des Hauses betrug etwa 16 × 9 m, und wie man uns erzählte, hatten 700 Menschen 6 Tage lang an dem Bau gearbeitet. Das Haus, das auf Tafel 86 abgebilde$ Mahlzeit gelangten. Uns4ere Gastgeber hatten aber auch hieran gedacht und brachten uns etwas später eine grosse Menge Reis und ein Schwein, das wir für den folgenden Tag aufsparten. Als wir abends ruhig bei der Lampe sassen, stieg die angenehme Überzeugung in mir auf, dass wir mit der Durchsetzung unseres Besuches in Long Nawang das Richtige getroffen hatten. Der freundschaftliche Empfang, die viele Mühe, die man sich mit dem Bau dieses Prachthauses gegeben hatte, und die Anwesenheit so vieler Häuptlinge aus den tiefer gelegenen Dörfern bewiesen mir zur Genüge, dass ich einen Fehler begangen hätte, wenn ich mich von _Bui Djalong_ und den Seinen hätte zurückhalten lassen. Long Nawang bestand aus 17 langen Häusern mit je 20-40 Familienwohnungen, so dass die Anzahl der Bewohner mindestens 2500 betragen musste. Alle diese Häuser standen auf dem flachen Ufer des Kajan an der Mündung des Nawang. Unweit des Flusses erhoben sich Hügel, auf denen aber keine Häuser standen; alle Dorfleute wohnten dicht beim Fluss, der$ aufkommen zu lassen, und der entwickelnde Einfluss, den die Religion der Hindu und Mohammedaner hätte ausüben können, fehlt hier in noch höherem Masse als auf Java. Berücksichtigt man ferner das oben über die Blutmischung der Borneo-Malaien Gesagte, so erregt es keine Verwunderung,%dass die Mohammedaner, wenigstens die im Innern Borneos, auch durch ihren Gottesdienst keinen zivilisierenden Einfluss auf die Dajak ausüben können und in der Tat auch nicht ausgeübt haben. Der zum Islam übergetretene Dajak wird im Gegenteil sehr bald wie die übrigen Mohammedaner und verachtet seine noch Schweinefleisch essenden Stammesgenossen, glaubt sich berechtigt, diese auf die gewissenloseste Weise zu betrügen, und folgt seinen neuen Glaubensbrüdern bald in der Leidenschaft für Spiel, Hahnenkämpfe und dergleichen. Für das Verhältnis, in welchem die unterworfenen dajakischen Stämme zu den malaiischen stehen, ist die Regierungsform der letzteren von besonderem Gewicht. Jedes malaiische Reich auf Borneo, auch wenn es, wie am Mit$ ch Kunde geben, denn trotz ihrer Ungreifbarkeit war ich bis zum Rande von ihnen gefüllt. Bereits als Knabe von sieben oder acht Jahren geriet ich zuzeiten, meine gewohnte Scheu und Schweigsamkeit überwindend, in zusammenhangloses Erzählen, das von Angehörigen, von Hausgenossen und Mitschülern als halb gefährliches, halb lächerliches Lügenwesen aufgenommen und dem mit Zurechtweisung, Spott und Züchtigung begegnet wurde. An Winterabenden halfen wir Kinder oft der Mutter beim Linsenlesen, und es kam vor, daß ich dabei plötzlich zu phantasieren anfing, in den Linsenhaufen hinein Schrecken, Unbill und Abenteuer dichtete, Gespenstergraus und Wunder, harmlose Nachbarn als Zeugen sonderbarer Begegnungen anführte, mir selbst die höchsten Ehren, höchsten Ruhm prophezeite. Die Mutter, ihre Arbeit ruhen lassend, schaute mich ängstlich verwundert an, ein Blick, der mich noch trotziger in das unsinnig VerworreÓne trieb. Nicht selten nahm sie mich beiseite und beschwor mich mit Tränen, daß ich nicht der Schlechtigkeit verfa$ , eine geborne _Kieke_, die mannigfachen Entbehrungen, die ihres Mannes Lage zu fordern schien. Sie war eine stille, anspruchslose Hausfrau, die jede überflüssige Ausgabe zu vermeiden suchte. Mit inniger Liebe hing sie an ihrem Sohne, und diese Liebe verminderte sich nicht, als ihm noch ein Bruder geboren ward, der schon früh an Engbrüstigkeit litt, und bereits im Jünglingsalter starb. Seiner Amme verdankte Wieland, wie er in spätern Jahren erzählte, seine große Liebe zur Reinlichkeit. Als ihm einst der Dreier, wofür er sich beim Gange in die Schule sein Frühstück kaufen sollte, zufällig aus der Hand fiel, konnte er sich nicht entschließen, die sehr beschmutzte Kupfermünze wieder aufzuheben. Er zog es vor, hungrig die Schule zu betreten. Ein gewisser Ernst, der ihn selbst bei seinen jugendlichen Spielen nie ganz verließ, blieb ihm in seinen Knabenjahren eigen. Von Natur war er schwächlich. Aber mbei dem Unterricht, den ihm sein Vater schon im dritten Lebensjahre ertheilte, entwickelten sich bald seine Geistes$ ls mein Gehirn dem denkenden Wesen oft versagen. Zuweilen wünsche ich, daß ich ein halbes Dutzend munterer Seelen hätte, die der meinigen subordinirt wären, und die alles das nach meinem Sinne ausführten, was ich nicht kann. Dergleichen Wünsche sind fast alles, was mir von meiner ehemaligen jugendlichen Lebhaftigkeit übrig geblieben ist." Seinem Trübsinn ward Wieland entrissen, als er sei4nen bisher auf Bodmer und dessen Freunde beschränkten Umgang allmälig erweiterte. Geneigter als bisher ward er wieder den Freuden des geselligen Lebens. Außer dem bekannten Fabeldichter Meyer von Knonau, gehörten Geßner, der Verfasser der Idyllen, späterhin auch Zimmermann, der Autor des berühmten Buches über die Einsamkeit, zu Wielands vertrautesten Freunden. Mit Frauenzimmern verkehrte er wenig; er war sogar ihrem Umgange völlig abgeneigt. Seine geliebte Sophie hatte ihn verwöhnt, an das weibliche Geschlecht Ansprüche zu machen, die nicht jedes Mädchen erfüllen konnte. In einer Art von Selbstcharakteristik meinte Wieland, $ niß eben nicht sonderlich erweitern konnte. Durch Gewohnheit fühlte er sich nicht unbehaglich in diesem einförmigen Lebenskreise, und aus seiner scheinbaren Verstimmung blickte oft ein unverwüstlicher Humor hervor. "Wenn ich," schrieb er, "auch zuweilen schwermüthig werde, und mit dem Strumpfband in der Hand mich nach einem tauglichen Nagel umzusehen anfange, so besinne ich mich doch allemal so lange, bis wieder nichts daraus wird -- ein überzeugender Beweis, daß ich noch etwas in meinem Zustande finde, das der Versuchung, mich aufzuhängen, wenigstens das Gleichgewicht hält." Diese Zeilen hatte Wieland noch vor seiner Verheirathung geschrieben. Seine sehr glückliche Ehe zeigte ihm auch seine Amtsverhältnisse, so bitter er sich auch oft darüber beklagt hatte, in einem minder ungünstigen Lichte. In einem seiner damaligen Briefe bat er einen Freund, "sich die Sache nicht so gar gräßlich vorzustellen." Ueber die Nachmittage, äußerte Wieland, könne er frei disponiren, und seine Geschäfte gingen ihm leicht von der$ rdankt, wie schon angeführt, einem mohammedanischen Heiligen seinen Namen. Dass aber das alte Hesperis auf dem Platze des heutigen Bengasi steht, leuchtet auf den ersten Blick hervor. Von der ganzen Gegend hat sich nichts verändert, nur dass die Seen im Osten der Stadt mehr versandet sind. Wir wissen, dass Berenice auf der in das Vorgebirge Pseudoponias auslaufenden Landzunge lag, östlich davon der Tritonis-See mit einer kleinen Insel, welche nach Strabo oft mit dem Lande zusammenhängt, und den der Aphrodite geheiligten Tempel barg. Diese ganze Beschreibung, wie Strabo sie uns giebt, passt heute noch so genau, wie man aus der vorhingegebenen Topographie von Bengasi ersehen kann, dass es um so mehr zu verwundern ist, wenn Bourville im See Haua-Bñ-Chosch im S.O. vom heutigen Bengasi den Triton-See, und in einer Oertlichkeit Siana die Gärten der Hesperiden erkennen will. Wenn nun aber auch, mit Ausnahme von Bourville, ältere und neuere Gelehrte im heutigen Bengasi das alte Berenice, im östlichen Salzsee den Trit$ utzten. Nachdem um 9 Uhr 20 Minuten ein anderer Pass überschritten war, kamen wir in das Biada-Thal, indem wir die tiefeingeschnittenen Wagenspuren der Alten verfolgten. Um 11¾ hatten wir, N.-N.-O. haltend, den Dj Hoaisch zur Linken, und gleich darauf die Ruinen des Gasr el Rih. Um 12 Uhr 20 Minuten kreuzten wir den von Teknis kommenden, nach der Küste führenden Karawanenweg, und den Pass von Rih überschreitend, gingen wir nordwärts durchs Schami-Thal weiter. Von 1 Uhr an wieder N.-N.-O. haltend, überstiegen wir um 2 Uhr einen Pass, der uns ins Scharaya-Thal führte, welches eine Stunde lang mittelst eines anderen Passes ins Mrair-Thal übergeht. Um 3¼ kreuzten wir einen zweiten, von Djerdjerum an der Küste nac Merauan ins Innere führenden Weg, und kamen dann ins Thal Ibrahim, von dem aus wir links den Berg Schan-o-Gasserein liegen liessen. Das uadi Ibrahim öffnet sich aufs Magade-Thal, wo wir um 5 Uhr Abends, in der Nähe von Wassertümpeln lagerten, nachdem wir den ganzen Tag fast ohne Wasser gewesen waren. Nac$ eifen und Suchen vergeblich blieb, kam mir plötzlich die Erkenntnis, daß er mich verlassen habe. Ja, er war fort, heimlich fortgegangen, er hatte nicht länger bei mir bleiben mögen. Vielleicht weil ihm mein gestriges Trinken zuwider war, vielleicht weil er sich heute seiner eigenen gestrigen Ausgelassenheit schämte, vielleicht nur aus einer Laune, vielleicht aus Zweifel an meiner Gesellschaft oder aus einem plötzlich erwachten Bedürfnis nach Einsamkeit. Aber wahrscheinlich war doch mein Trinken daran schuld. Die Freude wich von mir, Scham und Trauer erfüllten mich ganz. Wo war jetzt mein Freund? Ich hatte, seinen Reden zum Trotz, gemeint, seine Seele ein wenig zu verstehen und teil an ihm zu haben. Nun war er fort, ich stand allein und enttäuscht, mußte mich mehr als ihn anklagen und hatte nun die Einsamkeit, i|n welcher nach Knulps Ansicht jeder lebt und an die ich nie ganz hatte glauben mögen, selber zu kosten. Sie war bitter, nicht nur an jenem ersten Tag, und sie ist inzwischen wohl manches Mal lichter ge$ kaum das Notwendigste ausgepackt, als er ¤sich in der Stadt umzusehen Urlaub erbat; spät kam er wieder, und des anderen Morgens trieb eine gleiche Unruhe ihn aus dem Haus. Mir war diese seltsame Benehmen unerklärlich, bis das Rätsel sich löste: die schönen Französinnen hatten ihn nicht ohne Anteil gelassen, er spürte sorgfältig und hatte das Glück, sie auf dem großen Platz, mitten unter hundert Wagen haltend, an der Schachtelpyramide zu erkennen, ohne jedoch ihren Gemahl aufgefunden zu haben. Auf dem Weg von Trier nach Luxemburg erfreute mich bald das Monument in der Nähe von Igel. Da mir bekannt war, wie glücklich die Alten ihre Gebäude und Denkmäler zu setzen wussten, warf ich in Gedanken sogleich die sämtlichen Dorfhütten weg, und nun stand es an dem würdigsten Platz. Die Mosel fließt unmittelbar vorbei, mit welcher sich gegenüber ein ansehnliches Wasser, die Saar, verbindet; die Krümmung der Gewässer, das Auf- und Absteigen des Erdreichs, eine üppige Vegetation geben der Stelle Lieblichkeit und Würde. Das$ ten Jahren jedoch erfreuen uns aus jenen Gegenden die liebevollsten Blicke, welche zu erwiedern wir uns verpflichtet fühlen und worau wir in gegenwärtigen Blättern unsre wohldenkenden Landsleute, insofern es nöthig seyn sollte, aufmerksam zu machen gedenken. * * * Herr _Thomas Carlyle_ hatte schon den _Wilhelm Meister_ übersetzt und gab sodann vorliegendes Leben _Schillers_ im Jahre 1825 heraus. Im Jahre 1827 erschien _German Romances_ in 4 Bänden, wo er, aus den Erzählungen und Mährchen deutscher Schriftsteller als: _Musäus_, _La Motte Fouqué_, _Tieck_, _Hoffmann_, _Jean Paul_ und _Goethe_, heraushob, was er seiner Nation am gemässesten zu seyn glaubte. Die einer jeden Abtheilung vorausgeschickten Nachrichten von dem Leben, den Schriften, der Richtung des genannten Dichters und Schriftstellers geben ein Zeugniss von der einfach wohlwollenden Weise, wie der Freund sich möglichst von der Persönlichkeit und den Zuständen eines jeden zu unterrichten gesucht, und wie er dadurch auf den rechten Weg gelan$ sen,« sagte Amalia. Casanova war enttäuscht; an ihrer Stelle hätte er, wie er es in solchen Fällen, ob es sich nun um Träume handelte oder um Wirklichkeiten, immer tat, der Erzählung eine Abrundung, einen Sinn zu geben versucht, und so bemerkte er nun etwas unzufrieden: »Wie der Traum doch alles verkehrt. - Ich - als reicher Mann und Lorenzi als Bettler und alter Mann.« - »Mit Lorenzis Reichtum,« sagte Olivo, »ist es nicht weit her; sein Vater ist zwar ziemlich begütert, aber er steht mit dem Sohne nicht zum besten.« - Und ohne sich mit Fragen weiter bemühen zu müssen, erfuhr Caanova, daß man des Leutnants Bekanntschaft dem Marchese verdanke, der ihn vor wenigen Wochen eines Tages einfach in Olivos Haus mitgebracht habe. Wie der junge Offizier mit der Marchesa stünde, das müsse man einem Kenner, wie dem Chevalier, nicht erst ausdrücklich zu verstehen geben; da übrigens der Gatte nichts dagegen einzuwenden finde, könne man sich als Unbeteiligter gleichfalls dabei beruhigen. »Ob der Marchese so einverstanden is$ d ihre glänzenden Augen sich ungeduldig auf die Tür richteten, durch die die Erwarteten im nächsten Augenblick eintreten mußten. »Ich erhalte heute zum erstenmal Besuch, Herr Graf -- seit -- seit langer Zeit.« »Ach das freut mich in Ihrem Interesse wirklich ganz außerordentlich,« meinte der Reiter und schritt langsam ans Fenster, ohne auf den langen Seufzer der Kranken die geringste Rücksicht zu nehmen. »Also der Herr Förster ebenfalls mit Gemahlin,« murmelte er dabei vor sich hin, und bei sich dachte er noch: »Merkwürdig, wie mir das Herz schlägt. -- Ich habe doch Angst, diesem Mädchen wieder entgegenzutreten.« * * * * * Die erste Begrüßung war vorüber. Die beiden Damen der Pastorenfamilie waren bereits auf das mächtige, schwarze Ledersofa plaziert hinter dem gewaltigen, runden Tisch und warfen von dort aus erstaunte Blicke auf den Grafen Brachwitz; der Geistliche selbst, ein kleines gebüktes, weißhaariges Männchen, das durchaus nicht zu seiner hageren, übergroßen Ehehälfte zu $ jetzt. Ganz leise klang unter ihren Fingern ein altes Kinderlied, das sie variierte und umbildete. »Schlaf, Kindchen, schlaf.« Der Bauer horchte hoch auf. Wie weich das tönte?, wie wenn eine Mutter ihr unruhiges Kind einwiegt. Ja, und dasselbe hatte ja auch seine Mutter ihm vorgesungen. Eine arme Fischersfrau in der Katenhütte am Strand. Ach er sehnte sich so nach Ruhe, sein Herz war müde und wollte schlafen, so traumlos wie damals in Mutters Schoß. Hedwig spielte immer ernster und gewaltiger. Alle Saiten brausten, wie ein Choral tönte es jetzt, das alte Lied. Der Pächter schauerte, unwillkürlich fiel sein Blick auf einen einfachen Silberring, den er seiner sterbenden Mutter vom Finger gezogen und seitdem an der Uhrkette trug. Verstohlen küßte er den Reif und trat hinter Hedwigs Stuhl. Und das Brausen und Donnern löste sich, der gewaltige Orgelton verlor sich in der Ferne, wie ein süßer, gestammelter Kindergruß klang es aus. Noch spielte sie die letzten ersterbenden Töne, da fühlte sie, wie Wilms seine Hand $ orüber geschlichen und hatte seine Schlafstelle aufgesucht. Stille, webende, undurchdringliche Nacht umgab den Einsamen Er horchte und lauschte. Kein Laut regte sich mehr, alles schlief, nur er stand noch wie ein Dieb und wollte stehlen. Dort drinnen also, dort drinnen. Er wußte, es war unverschlossen. Die gobe, arbeitsgewohnte Hand reckte sich aus nach der Klinke, aber über dem Messing, in der Luft blieb sie, wie auf einer unsichtbaren Mauer, liegen. Das vermochte er nicht. Das wagte er nicht. Der Frost schüttelte ihn, daß ihm die Zähne klapperten. Er schlug die Hände vors Gesicht und stieg wie vernichtet und zerbrochen in seine Kammer hinauf. Er hatte einen schlimmen Traum. Da sah er sein Weib auf der Totenbahre liegen, gelb und wächsern. Sie war endlich gestorben. Fröhlich tönten Geigen und Trompeten dazu, und er selbst hatte Hedwig im Arm und tanzte jauchzend mit ihr um den Sarg herum und küßte sie auf den Mund. Die Leiche aber lag im Brautkleid und öffnete die Augen und Pastor Schirmer predigte über ihr:$ nd ins Gehöft hineinstarrte. Das konnte ihm niemand verwehren, die Straße war frei. Wenn Hedwig vorüberkam, schüttelte er sich und grinste in sich hinein. »Er wird mir noch mal das Haus über dem Kopf anstecken,« murmelte Wilms einmal ingrimmig. Hedwig redete ihm das aus. Auf dem Schlosse zu Boltenhagen war in der Zwischenzeit ein großes Fest gefeiert worden. Die Braut des jungen Herrn hatte dem alten Grafen einen Besuch abgestatet. Hedwig sah sie vorüberfahren, und der Bräutigam, der neben der Erwählten saß, hatte sie ernst und ehrerbietig gegrüßt. Er wandte sich noch einmal nach ihr um. Am Abend sprühte ein prächtiges Feuerwerk herüber. Leuchtkugeln und Raketen zischten durch die winterstille Luft, und Wilms, der neben Hedwig am Fenster lehnte, kehrte sich ihr beklommen zu, wie wenn er ihre Augen ergründen wollte. Aber sie lächelte wehmütig und sah ihn groß und ehrlich an. Da beruhigte sich der Ängstliche wieder. Wer nach langer Armut Reichtum erlangt, wird ein Geizhals und fürchtet das Gewonnene wieder zu v$ -- _Scham vor sich selbst_: -- oder auf _das Gesetz_, als _Grund_ unsrer Verbindlichkeit -- die Achtung schlechthin, das Gefühl des nothwendigen Primats des Gesetzes, und unsrer nothwendigen Subordination unter dasselbe: -- oder, auf das _Gesetz als Substanz_ gedacht, -- unser Ideal. Endlich der _Modalität_ nach ist Achtung _möglich_ gegen empirisch bestimmbare vernünftige Wesen; _wirklich_ gegen das Gesetz, und _nothwendig_ gegen das alleinheilige Wesen. So etwas nun, wie _Achtung_ ist, welches wir hier blos zur Erläuterung hinzusetzen, ist zwar in allen, endlichen Wesen anzunehmen, in denen die nothwendige Form des Begehrungsvermögens noch nicht nothwendig Willensform ist; aber in einem Wesen, in welchem Vermögen und Handlung, Denken und Wollen Eins ist, läßt sich Achtung gegen das Gesetz gar nicht Inofern nun dieses Gefühl der Achtung den Willen, als empirisches Vermögen, bestimmt; und wieder im Wollen durch Selbstthätigkeit bestimmbar ist, als zu welchem Behuf wir ein solches Gefühl in uns aufsuchen mußt$ nnütze Bemühung seyn würde, wenn nicht gezeigt werden könnte, daß dieser Begriff, wenn er nicht _a priori_ möglich ist, überhaupt nicht vernunftmäßig ist. Folglich hängt sein ganzer Werth von dieser Deduktion ab. _Deduktion des Begriffs der Offenbarung von Principien der reinen Vernunft a priori._ Wenn endliche moralische Wesen, d. i. solche Wesen, welche außer dem Moralgesetze noch unter Naturgesetzen stehen, als gegeben gedacht werden; so läßt sich, da das Moralgesetz nicht blos in demjenigen Theile dieser Wesen, der unmittelbar und allein unter desselben Gesetzgebung steht, (ihrem obern Begehrungsvermögen) sondern auch in demjenigen, der zunächst unter den Naturgesetzen steht, seine Kausalität ausüben soll, vermuthen, daß die Wirkungen dieser beiden Kausalitäten, deren Gesetze gegenseitig ganz unabhängig von einander sind, auf die Willensbestimmung solcher Wesen, in Widerstreit gerathen werden. Dieser Widerstreit des Naturgesetzes gegen das Sittengesetz kann nach Maaßgabe der besondern BeschaffenhÄit ihrer$ haben den eigentlichen Fragepunkt mehr vorbereitet, als bestimmt und entwickelt. Da nemlich nach allem bisher gesagten kein vernünftiges Aufnehmen einer Offenbarung als göttlich, eher als nach völliger Entwickelung des Moralgefühls in uns, statt findet; da ferner nur auf dieses Gefühl, und den dadurch in uns begründeten Willen der Vernunft zu gehorchen, jeder Entschluß einem Gesetze Gottes zu gehorchen sich gründen kann: (§. 3.) so scheint die göttliche Autorität, worauf eine gegebne Offenbarung sich gründen könnte, ihren ganzen Nutzen zu verlieren, sobald es möglich wird, sie anzuerkennen. So lange nemlich eine solche Offenbarung noch arbeitet, um den Menschen zur Empfänglichkeit für Moralität zu bilden, ist es demselben völlig problematisch, ob sie göttlichen Ursprungs auch nur seyn könne, weil dies sich nur aus einer Beurtheilung derselben nach Moralprincipien ergeben, kann; sobald aber n3ach geschehener Entwickelung des Moralgefühls in ihm, eine solche Beurtheilung möglich ist, so scheint dies Moralgefüh$ barung Erzählungen davon, Vorschriften, und Verheißungen hierüber vorkommen, so gehören diese zur äußern Form der Offenbarung, und nicht zum allgemeinen Inhalte derselben. Bestimmung durch übernatürliche Ursachen außer uns hebt die Moralität auf; _jede Religion also, die unter irgend einer Bedingung dergleichen Bestimmungen verspricht, widerspricht dem Moralgesetze, und ist folglich sicher nicht Es bleibt also der Offenbarung von dergleichen Mitteln nichts übrig zu versprechen, als natürliche Wirkungen. -- So wie wir von Beförderungsmitteln der Tugend reden, sind wir im Gebiete des Naturbegriffs. Das Mittel ist in der sinnlichen Naòtur; das was dadurch bestimmt werden soll, ist die sinnliche Natur in uns; unsre unedlen Neigungen sollen geschwächt und unterdrückt, unsre edlern sollen gestärkt und erhöht werden; die moralische Bestimmung des Willens soll dadurch nicht geschehen, sondern nur erleichtert werden. Alles also muß nothwendig wie Ursache und Wirkung zusammenhängen, und dieser Zusammenhang muß sich kla$ te Kritik einer besondern Offenbarung.] [Fußnote 23: So ist es freilich eine richtige Regel: Fasse nie einen Entschluß in der Hitze des Affekts: aber diese Regel, als empirisch bedingt, kann sogar nicht auf Menschen allgemeine Anwendung haben, denn es ist wol möglich, und soll möglich seyn, sich von allen aufbrausenden Affekten gänzlich frei zu machen.] [Fußnote 24: Es folgt aber gar nicht, daß, weil ein gewisses Mittel für ein Subjekt, oder auch für die meisten von keinem Nutzen sey, es darum für niemanden einigen Nutzen haben könne; und man ist in den neuern Zeiten in Verwerfung vieler ascetischen Uebungen, aus Haß gegen den in den ältern damit getriebnen Mißbrauch, zu weit gegangen, wie mir's scheint. Daß es überhaupt gut und nützlich sey, seine Sinnlichkeit auch zuweilen da, wo kein ausdrückliches Gesetz redet, zu unterdrücken, blos um sie zu schwächen und immer freier zu werden, weiß jeder, der an sich gearbeitet hat.] [Fußnote 25: Daß die Juden älterer Zeiten wirklich so schlossen, bezeugenó die Vorstel$ as Wunder durch einen Betrug zustande gekommen war. Thurneyßer lebte ein paar Monate dann in Belvedere, wanderte dann wieder nach Deutschland und starb endlich in ärmlichen Umständen in einem Kloster bei Köln, fünfundsechzig Jahre alt, genau an dem Tage, auf den er sich selbst das Horoskop gestellt hatt¿. Der Kurfürst Friedrich von Brandenburg und spätere erste König von Preußen überließ sich am Anfang seiner Regierung völlig der Leitung Danckelmanns, seines ehemaligen Hofmeisters. Eberhard Danckelmann war 1643 geboren; er war ein Fremder, ein Westfale aus der damals noch nassau-oranischen Stadt Lingen, wo sein Vater, der berühmte gelehrte Sylvester, Landrichter war. Die Familie war bürgerlich, hatte aber die Tradition, daß einer ihrer Vorfahren einem deutschen Kaiser durch treue Wachsamkeit das Leben gerettet und dieser ihm mit den Worten: »Danke, Mann«, den Ritterschlag erteilt habe. Das Wappen, das dieser Tradition Wahrscheinlichkeit geben sollte, war ein Kranich. Der junge Danckelmann war eine Art Wunderk$ daß der König den Minister Grumbkow als einen Verräter im Dienst und Solde Österreichs entferne, und der Gesandte Hotham erbot sich, diese Anklage aus aufgefangenen Briefen Grumbkows zu beweisen. Der Graf Seckendorf stellte aber dem König vor, daß England den treuen Minister nur deshalb entfernen wolle, um mehr Einfluß am preußischen Hof zu gewinnen; die aufgefangenen Briefschaften seien unterschoben und künstlich fabriziert. Als nun Hotham zur Audienz kam und die Zuversicht aussprach, daß der König den Verräter sofort entlssen werde, geriet Friedrich Wilhelm in solchen Zorn, daß er dem Gesandten Großbritanniens die Dokumente ins Gesicht warf und sogar den Fuß aufhob, als wollte er ihn mit einem Tritt bedienen. Der Gesandte machte Anstalten zu seiner Abreise, Friedrich Wilhelm erkannte seine Übereilung und ließ sich zweimal entschuldigen, aber kurz darauf wollte er seine Gemahlin, die englische Prinzessin, bei der Tafel nötigen, auf Englands Untergang zu trinken. Mit Holland und Sachsen-Polen stand der König $ Flocht und schmückte ihr der Herr, Salbte sie, und tanzend schreiten Mußte sie zu Adam her. Tausend Engel, sie zu preisen, Vor dem klaren Weibe gehn, Singend, spielend sie umkreisen Rings mit himmlischem Getön. Und es tanzten rings den Reigen Sonne, Mond und Sterne fern Nach der Engel Harf und Geigen Vor der Braut des Erdenherrn. Während seinen Segen beiden Reichet gütig nun der Herr, Zu der Mahlzeit sie zu leiten Eilten dann die Engel her. Auf dem Tisch von Edelsteine Da die Hochzeitsspeisen stehen, Schenkend wohlgekühlte Weine Engel um die Tafel gehn. Gott zeigt in dem Paradeise Einen Baum, der §hoch aufstrebt, Spricht: "Die Frucht nehmt nicht zur Speise, Sie ist tödlich!" und entschwebt. Da er von der Erde weichet, Von dem Herren zum Geschenk Raphael ein Buch ihm reichet, Daß er seiner Liebe denk. Aller Schöpfung Heimlichkeiten In dem Buch verzeichnet stehn, Und die Engel aller Seiten Schleichen, in das Buch zu sehn. Hinter seinem Rücken schreibet Ab das Buch der Samael, Luzifer ihn dazu treibt, Daß auch n$ ann den Schleier nehmen In der Kirche zu Sankt Claren. Und der Schein unzähl'ger Kerzen Füllet leuchtend schon die Hallen, Und es lodern alle Herzen In unsichtbar schönen Flammen. All die schwarzen Fraun und Herren, All die Diamanten strahlend Und die schwarzen Augen brennend Reihen blendend sich zum Kranze. Bis lebendig alle Wände In viel tausend Herzen schlagen, Jeder Blick ein Aug muß treffen, Jeden Ton ein Ohr muß fassen. So gleich einem Firmamente Mit viel guten Sternen flammend, Baut sich wundersam ein Tempel, Um Biondetten zu umfangen. Da der Vorhang ruhig schwebet, Sonne, bist du aufgegangen, Leise Kühlung duftend wehet Um die sehnsuchtsheißen Wangen. Liliensäulen sich erheben Eine RosGnkuppel tragend; Unter einem Blumentempel Steht Biondetta mit der Harfe. Ach, sie war ein klarer Engel, Voll von lieblichen Gedanken, Einer frommen Jungfrau Seele An der Himmelspforte zagend. Alles Licht zu ihr sich sehnet, Zu ihr alle Strahlen fallen, Alles schweigt und liebt und betet Recht in selgem Wohlgefallen. Als$ und seiner Mutter Psalmen. Seit das Weib den schwer verbotnen Apfel teilte mit dem Manne, Bringt das Weib das Kinddes Todes Zu der Welt mit Not und Jammer. Und wir durch die Güte Gottes Haben schuldlos uns erhalten, Und er wird uns nicht verstoßen Aus des Paradieses Garten. Auch ich muß von diesem Orte In den Willen des Erbarmers; Dich, bei dem so gern ich wohnte, Muß ich einsam nun verlassen. Und du sollst, wie Christen sollen, Deinem irdschen Gut entsagen, O, mein Bruder, wolle folgen Eines schwachen Weibes Rate. Geh in einen frommen Orden; An die Stelle des Theaters Laß erbaun ein heiles Kloster; Dort auch ruhe meine Asche! Lasse jetzt von armen Volke Stille mich zu Grabe tragen, Bis erbauet ist das Kloster Zur Kapelle bei Sankt Claren. Und den Schwestern dieses Ordens Dann das neue Kloster lasse, Weil sie jetzt nur ärmlich wohnen Und das Haus sie kaum mehr fasset. Meinen Sarg, geschmückt mit Rosen, Laß von armen Jungfraun tragen; Lasse auch die Kinder folgen, Die ich stets geliebet habe. Allen spende aus $ ntzücken Fühlte sie, wie wundervoll Aus des Bildes stillen Blicken Eine helle Träne quoll. Und so ganz von Angst durchdrungen Weilt sie in dem bösen Haus, Streckt die Hände schmerzgerungen Zu dem Morgenlichte aus. Wie verspätete Gespenster Gaben hundert Kerzen Schein, Tiefgebrannt, und durch die Fenster Sah erschreckt der Tag herein, Den die Nachtigallen grüßen Auf des Fensters Gartenbeet, Wo ihr Bauer unter süßen Blumen eingezäunet steht. Rosablanka geht zum Bauer, Läßt die Sängerinnen frei: "Flieht und sucht, wo eurer Trauer, Meiner Trauer Heldin sei! Schwinget euch zu ihrer Leiche, Rufet ihren Mörder aus, Daß die Rache den erreiche, Der befleckt dies heilge Haus!" Und die kleinen Vögel lenken Zu dem Lichte erst den Flug, Werden aber bald sich schwenken Nach des Herzens innrem Zug, Wie das Schiff vom Lande rauschet Freudig erst ins Element Und die freie Lust dann taushet Mit des Schiffers Ziel und End. Doch nun kömmt der kleine Knabe, Dem sie gestern am Altar Teilte ihre Honigwabe, Sprach mit seiner Stimme $ schon Champagner bestellten, den Genuß würdig zu feiern, räusperte sich Loßenwerder plötzlich und stieg, von dem Wein erregt, und jetzt unter dem lauten Jubel der ihn umdrängenden Gäste, auf einen Stuhl. [Capitel 4] Was aber, wie sich die Uebrigen gedacht, Spott und Scherz hatte werden sollen, das erstarb in athemlosem Schweigen, nur von leisen Ausrufungen des Staunens und der Bewunderung unterbrochen, als der kleine verkrüppelte Mensch, mit einer hellen, glockenreinen Stimme, und Tönen, die zum innersten Herzen drangen, erst noch scheu, dann aber immer zuversichtlicher werdend, und wie von dem Inhalt des Liedes mit fortgerissen, dieses also begann: »Ich habe schon zu oft geschaut In Deiner Augen Glanz, Du Holde, Auf meine Kraft zu fest vertraut, Viel mehr, als ich vertrauen sollte. Doch nein, für Dich Geliebte sind Des Lebens schönste, reinste Blüthen, Von keinem Schmerz getrübt, bestimmt, Und was könnt' ich dafür Dir bieten? NicËhts -- gar Nichts, als ein tr$ t der Gefahr ausgesetzt, daß ich betrogen und hintergangen werde. Man kann dort ja nicht einmal seinem eigenen Bruder trauen.« »Aber mein bester Herr Kellmann, das ind die unglückseligen Ideen, die von -- na, ich will keinen Namen nennen -- ausgesprengt werden, um die Leute blind zu machen, rein blind. Sie sollen eben nicht sehen was für Vortheile, für fabelhafte Vortheile dort gerade für sie zu Tage liegen, und die Gerüchte von dort verübten Betrügereien hängen eben als Vogelscheuche über den Erbsen. Wir haben _hier_ eben so viele schlechte Charaktere wie in Amerika.« »Ob eben so _viel_, will ich dahingestellt sein lassen,« sagte Schollfeld mit einem nichts weniger als freundlichen Seitenblick auf den Agenten -- »aber eben so schlechte gewiß.« »Nun also,« erwiederte Weigel freundlich, ohne auf den Hieb einzugehn, ja im Gegentheil die Waffe lächelnd umdrehend -- »sehn Sie, selber Herr Schollfeld stimmt mir darin bei.« »Ja aber nicht wie _Sie_ es meinen!« rief da Schollfeld entrüstet, keineswegs gesonnen sich $ ause; »besser ist besser, und der Märtens unten an der Straße braucht nicht gleich zu wissen daß wir fortgefahren sind, beide zusammen, seine Nase hineinzustecken vor der Zeit; er ist mir so schon ein paar Mal hier oben herumgekrochen, wo er Nichts zu suchen hatte.« »Aber wenn sie uns nun doch vor der Zeit vermissen?« qsagte die Frau, »und unserer Spur nachgehn; wenn's jetzt schlimm ist, nachher wird's erst bös, und wir dürften dann nur gleich mit Sack und Pack abziehn.« »In's Arbeitshaus, eh? -- nein, eine Weile halt' ich sie uns schon von den Hacken, und Gefahr daß sie uns finden, hat es auch nicht. Wo wir zur Eisenbahn kommen bin ich bekannt, und habe schon manchmal Vieh da gekauft, wenn sie auch eben meinen Namen nicht wissen, und wenn wir fortgehn, lasse ich einen alten Hut von mir und das gelbe Tuch von Dir unten an dem tiefen Wasserloch unter den Erlen. Sobald Jemand hier in der Gegend vermißt wird, suchen sie dort immer zuerst, und der Schulze im Dorf hat das Pulver nicht erfunden, dem ist leicht was $ mit einem artigen: "Guten Morgen meine Herren" empfahl. "Adje Herr -- Herr Schnellig," rief der Agent ziemlich laut hinter ihm her, ohne sich weiter nach ihm umzudrehen, waehrend die Bauern freundlich den Gruss in ihrer Art erwiederten. "Wer war der junge Herr?" frug der erste Sprecher aber, als er die Thuer rasch hinter sich in's Schloss gedrueckt. "Ach, ein armer Teufel, der gern mit umsonst nach Amerika hinueber moechte," sagte Herr Weigel -- "er thut zwar als waer' es nur fuer einen armen Verwandten, aber, hehehe, derlei Ausreden kennen wir schon -- kommen alle Wochen vor." "Umsonst mit nach Amerika?" sagte der Ÿrste Sprecher verwundert, "_der_ sieht doch nicht aus als ob er etwas umsonst haben wollte, der ging ja _so_ fein gekleidet; Donnerwetter -- mit Handschuhen und allem -- " "Ja auswendig sind die Leute in der Stadt meist alle schwarz und sauber angestrichen," lachte Herr Weigel, "aber inwendig, in den Taschen, da hapert's nachher. Wer aber ein Bischen Uebung darin hat, kann auch schon oben auf erk$ art ist, dass es Einem nachher im Alter schlechter gehn soll wie in der Jugend, brauchten wir doch gerade keine Furcht zu haben dass wir verhungerten; aber die Kinder -- die Kinder -- was wird aus denen? Unser kleines Grundstueck ist die Jahre ueber kleiner und kleiner geworden; mit dem Geschaeft geht's auch kuemmerlicher wie bisher -- neue, geschickterøe Arbeiter, junge Burschen die noch keine Familie haben und weniger brauchen, sitzen in den Doerfern herum, und die Fabriken und Maschinen geben uns ohnedies den Todesstoss. Stahl und Holz braucht Nichts zu essen und arbeitet unermuedet Tag und Nacht durch, und die Raeder und Walzen und Haemmer klopfen und drehen und schwingen ununterbrochen fort gegen den Schweiss des armen Arbeiters der darueber zu Grunde geht. Ich murre auch nicht darueber, es muss wohl schon so recht sein, denn Gott hat's den Menschen selber gelehrt und die Welt muss vorwaerts gehn -- wir aelteren Leute koennen uns aber eben nicht mehr darein schicken, koennen nichts Anderes mehr ergreifen$ tender Stimme: "Kommt Kinder, kommt -- macht Euch selber nicht das Herz zum Brechen schwer; das ist unrecht. Ueberdies quaelt Ihr Euch zweimal, und habt morgen frueh noch dasselbe Leid. Es ist eine lange Trennung, aber keine Trennung fuer's Leben -- wir sind Alle noch ruestig und gesund, und werden uns, will es Gott, hoffentlich Alle einmal froh und freudig in die Arme schliessen "Aber Du schreibst bald, Georg," fluesterte die Mutter sich mit aller Kraft zusammennehmend -- "Du laesst uns nie lange ohne Nachricht, nicht wahr Du versprichst mir das?" "Gewiss Mutter, gewiss -- so oft ich kann -- aber aengstigt 5uch nur auch nicht, wenn einmal ein Brief laenger ausbleibt als gewoehnlich; der Weg ist weit, und ein Brief kann leicht verloren gehn." "So, und jetzt zu Bett Kinder," mahnte der Vater -- "es ist spaet geworden, sehr spaet, und Du musst frueh wieder heraus Georg, die Post nicht zu versaeumen; sind Deine Koffer hinuebergeschafft?" "Es ist Alles drueben," sagte die Mutter, sich aus den Armen des Sohnes win$ nkung des Auges; freilich nicht des physischen Auges; was darf nicht alles Auge heißen bei den Edleren: das Herz ist selber Auge.« Die häufig stockende, wie aus Bescheidenheit unsichere und zögernde Rede des Fremden drang mit jeder Silbe unhemmbarer in Mörners Inneres. Harte Schlacken schmolzen, der Krampf lockerte sich. Was für ein Mensch ist dies? dachte er zwischen zwei Atemzügen, von denen der eine noch Qual war, der nächste schon Hoffnung. * * * * * Sie saßen im Arbeitszimmer des Schriftstellers. Der Unbekannte begann zu erzählen. Er hatte es gewiß noch nie getan, denn es hatte unverkennbare Erstmaligkeit. Es war viele Jahre her, daß er als Sohn eines reichen Hauses, verwöhnt, umworben, wie ein Thronfolger umschmeichelt, eines plötzlichen Tages alles von sich geworfen, alles Überflüssige, wie er sich ausdrückte: Geld, äußere Würde, gesellschaftliche Stellung, die Freunde, die Frauen, die Dinge, die Gewöhnungen, den Ehrgeiz, den Namen; alles von sich agestreift, bloß um zu l$ ann wieder: Ihr. Darin war soviel Gift und Wut und Geifer und solch ein verkrampftes, rabenböses Grollen, daß mir der Speichel im Munde bitter wird. Was denn, Ihr? ruf ich ihn an; was denn, Ihr? O Ihr, spricht er hinter den Zähnen hervor, Ihr seid mir auf d¨er Brust gehockt, mein Lebenlang. Da schwieg ich. Ihr habt gut vor mir stehn und blitzen mit Euren Augen, fährt er fort; soll denn das nicht endlich aufhören, daß Ihr mich anschaut mit Euren Augen? So ists immer mit Euch gewesen; anschaun, anschaun, und kein Wort. Hinterm Tische sitzen und alles von einem wissen, und kein Wort. Weit habt Ihr mich gebracht mit Eurem Anschaun und Anschaun. Warum habt Ihr mich nicht genommen und zu mir geredet? Niemals ein einziges Wort geredet? Da _muß_ einen ja die Verzweiflung packen. Wie soll er denn da nicht zu den Menschern und zu den Saufbrüdern laufen? Die reden doch, die lachen doch, die haben doch ein gutes Wort für einen, die sagen Hü und Hott, und man weiß, wie man mit ihnen dran ist. Ihr aber, hab ich gewußt, wie$ nwirsch, warum sie so spät käme, alle andern seien schon einwaggoniert, fange man mit Unpünktlichkeit an, so werde man mit Katastrophen enden. Er hüpfte gestikulierend vor dem Trittbrett eines Salonwagens herum, der zwischen die Wagen eines Güterzugs gekoppelt war. Die Fensterscheiben waren dicht verhängt; drinnen war ein Gewimmel von Menschen; jeder war bemüht, sich einen Platz zu erobern. Menasse keifte mit enem alten Herrn, der seine Koffer um sich herumgestellt hatte; blies eine Dame an, die eine Auskunft von ihm begehrte; raste von Abteil zu Abteil und vermehrte die Verwirrung; warf eine Schachtel in den Korridor, riß im Eifer seinen flachen Strohhut vom Kopf und fuchtelte damit durch die Luft; betonte zehnmal in höchster Fistel, daß er unbedingten Gehorsam erwarte, und daß er einfach die Hände in den Schoß lege und alle ihrem Schicksal überlassen werde, wenn man nicht Disziplin halte. »Wer ist der hier?« fuhr er Maria grob an und deutete mit dem Ellbogen auf Jefim Leontowitsch. Maria sagte gelassen und $ em Zusammenhang gehoben sah, rührten ihn von unten her Hände an. Hände von Vergangenen, Hände von Gerichteten. Sie strebten verlangend zu ihm empor; Hände eines Knaben; Hände eines Greise; Hände eines Mädchens; Hände von Männern. Die einen waren gefaltet, die andern wie in der Abwehr; die einen flehten, die andern drohten; die einen beteuerten, die andern waren gerungen. Zuerst fragte sich der so Bedrängte, was sie von ihm begehrten; doch wie der Umriß nahm auch ihre stumme Sprache an Verständlichkeit zu, und wie sie von schattenhafter Verwesung sich in Körperhaftigkeit wandelten, wurde die Forderung so klar, Klage, Vorwurf, Anspruch und Gericht so unzweifelhaft wie Schall und Fall von Worten. Bangten sie nach Dingen, die sie hatten verlassen müssen? Wollten sie eine Schuld bezahlen, die unberichtigt geblieben war? Gewährten sie eine Liebkosung, die sie verweigert hatten? Gaben sie ein Versprechen? Erbaten sie ein Geschenk? Leisteten sie einen Schwur? Wiesen sie einen Weg? Winkten sie einem Freund? Schrieben $ ine zimmerte das neue Leben, der andere tilgte das alte in sich Bis auf eine ferne Gestalt. Bis auf ein Kind, das großerstaunte Augen hatte, fein- und langgeschwungene Brauen und die Figur einer porzellanenen Puppe. Im Hinblick auf dieses allen beiden zugehörige Wesen schlossen Taube und Sturreganz einen Bund und bauten einen Mittlerweg, wo sie sich trafen und verständigten. Sie nannten es in ihren Beschlüssen und düstern Träumen das Menschlein, oder die Gefangene von Ansbach, oder das markgräfliche Unterpfand. Es durfte nie vergessen werden, nicht einen Augenblick; mahnte Taube nicht, so mahnte Sturreganz; es war wie ein kostbares Juwel, das zur Einlösung bereit lag, und für das man Kapital zusammenscharren mußte, es war der Anreiz, die Lockung zu Taten, der ununterbrochene Trieb zur Entfaltung. Es war das, worin sich alle sonst verschwendete, verworfene, verirrte, entschmückte, beleidigte Liebe vereinigt hatte. Insiegel des Wirkens und des Geschehens. Taube gab die Richtung an; Sturrega‡z ging den Weg; Taub$ fe Stimmen von einer andern Seite des Hauses. Sie lauschten, schlichen an der Mauer entlang, zwängten sich durch die morsch auseinanderfallenden Bretter eines Zauns, kamen um eine Ecke und sahen vier Männer vor sich, von denen zwei Windlichter trugen und zwei andere mit Aufbietung aller Vorsicht den Sarg, der dem Diener solche Besorgnis eingeflößt, aus einer schmalen Tür schoben. Dies gewahren und hinzuspringen, war für Sturreganz eins. Die jähe Verwandlung, die mit ihm vorging und aus dem altmodisch gekleideten, gravitätisch schreitenden Mann einen Tiger machte, erstaunte seinen Begleiter dermaßen, daß er den Kopf verlor und sinnlos um Hilfe zu rufen »Den Sarg öffnen!« befahl Sturreganz, aber da die Männer regungslos verharrten, beugte er sich selbst nieder, zerrte mit kraftvoller Faust den Deckel herunter, der nicht vernietet und nicht angenagelt war, riß einem der Lampenträger das Windlicht aus der Hand, hielt es gegen die Leiche im Sarg und t)at, wie aus der Raserei erwachend, schweratmend zurück. Das tot$ iten von der Monatsversammlung geschlichtet werden, auf die Dauer nicht durchführbar ist. In Zukunft soll die Monatsversammlung nur noch Berufungsinstanz sein, vielleicht sogar erst dritte Instanz. Zunächst sollen alle Sachen jedenfalls von einem Richter entschieden werden, vor allem die reinen Bagatellsachen. Ob wir als nächste Instanz die Vorstandschaft nehmen, oder gleich die Monatsversammlung, müssen wir uns noch überlegen. Praktisch kommt es ja auf dasselbe hinaus, da die Versammlung ja fast immer gemäß den Vorschlägen der Vorstandschaft besÁhließt. Na, wir werden sehen, wie sich das am besten formulieren läßt. Jedenfalls soll Otto Meyer der Richter sein. Und Sie würden wir bitten, seine Stellung zu übernehmen. Wenn Sie einverstanden sind, würde ich Ihnen vorschlagen, bis zur nächsten Jahresversammlung als Otto Meyers Gehilfe zu arbeiten, um mit den Geschäften vertraut zu werden. Auf der Jahresversammlung lassen wir dann entsprechend beschließen. Die Sache wird uns natürlich ohne weiteres genehmigt; die $ essex, Essex, Middlesex und Sussex, die Angeln in Ostangeln, Mittelangeln oder Mercia und im ganzen norden nieder. [Footnote 29: Eine zurückführung dieser fabelhaften geschichte, worin Gurthrigern wahrscheinlich mit dem Römer Gerontius verwechselt wird, auf historische thatsachen findet sich in Sharon Turner's HÖist. of the Anglo-Saxons. Vol. I. Book II. chap. 7.] [Footnote 30: Die jütische niederlassung in Kent und Wight, welche die früheste der germanischen stämme gewesen sein soll, ist indessen sehr angezweifelt worden, obwohl Beda und nach ihm die sachsenchronik ausdrücklich von den Jüten in Kent sprechen: »Of Iotum comon Cantware and Wihtware, thæt is seo mæiadh, the nu eardath on Wiht, and thæt cynn on West-Seaxum dhe man gyt hæt Jutnacynn,« (von den Jüten kamen die Kentmänner und Wightmänner, das ist der stamm, welcher jetzt auf Wight wohnt, und das volk unter den Westsachsen, welches man noch Jütenvolk heisst.) Alfred giebt diese stelle also: »co$ uf keine frage antworten konnte (»quia linguam anglicam prorsus ignorabat«), und in das gefängniss geworfen.] [Footnote 122: »Comitatus et Baronias, Episcopatus et Prælatias totius terræ suis Normannis rex distribuit, et vix aliquem Anglicum ad honoris statum vel aÆlicuius dominii principatum ascendere permisit.« Ingulph, p. 70.] [Footnote 123: »Custodes in castellis strenuos viros ex Gallis collocavit, et opulenta beneficia, pro quibus labores et pericula libenter tolerarent, distribuit.« Order. Vital. l. IV, p. 506.] Vielleicht noch wichtiger als das politische übergewicht der Normannen war für die verdrängung der angelsächsischen und die verbreitung der französischen sprache diejenige massregel Wilhelm's, durch welche er alle höheren geistlichen stellen mit ihm ergebenen und französisch sprechenden fremden besetzte. Schon im jahre 1072 waren die zwei erzbischöfe, sieben von elf bischöfen und sechs von zwölf äbten keine Angelsachsen mehr, und wenige jahre später ist das m$ bue wis, Then for te where feh and grys, Wher so mon shal ende. +»Wyt ant wysdom is god warysoun(4)« Quoth Hendyng. Wit and wisdom lerneth gerne, And loke that no man other werne To ben ful wis and hende; For betere were to ben wis, ThaÊ to werren for and gris, Were se mon shal ende. +»Wit and wisdom is god wareis«+ Quod Hendyng. Ne may no mon that is in londe For nothyng that he con fonde, Wonen at home ant spede; So fele thewes for te leorne, Ase he that hath y-soht georne In wel fele theode. +»Ase fele thede, ase fele thewes;(5)« Quoth Hendyng. May no mon that is in londe, For nothing that he con fonde, Wonen at hom and spede Fele thewes for to lere, So he that haveth wide were Fouht in fele thede; +»Also fele thedes, also fele thewes,«+ Quod Hendyng. Ne mai no man that is in londe, For nothing that he mai fond$ t (No. 112A). Einem anderen Meister gehören ein Paar große Madonnenkompositionen, denen besonders zarte Empfindung und reiche Gewandung eigen?tümlich ist (No. 109C und D). Besonders häufig als Stuckreliefs verbreitet sind verschiedene unter sich nahe verwandte Madonnen, in denen sich das Kind zärtlich an die Mutter anschmiegt; alle, wie das nebenstehend abgebildete Relief (No. 109), ausgezeichnet durch die glückliche Gruppierung von Mutter und Kind, das innige, rein menschliche Verhältnis zwischen beiden und die einfache, volle Faltengebung; nur in der Ausführung der Extremitäen, namentlich der Hände, verrät sich noch ein naturalistisch nicht zu voller Freiheit durchgebildeter Künstler. [Abbildung: 109. Bemaltes Stuckrelief von einem florentiner Thonbildner.] Ein Künstler dieser Gruppe ist _Bicci di Lorenzo_, der 1424 das Thonrelief der Krönung Mariä über der Thür von S. Egidio in Florenz modellierte. Wie wenig diese Richtung monumentalen Aufgaben gewachsen ist, beweist _Bernardo Ciuffagni_ (1385-1456), desse$ hart werden. Es kommt uns fast so vor, als ob es auch da draußen noch etwas gibt; eine Ahnung sagt uns das!« Und Wochen vergingen; die Erbsen wurden gelb und die Schote wurde gelb. »Die ganze Welt wird gelb!« sagten sie, und das durften sie wohl Da empfanden sie einen Ruck in der Schote; sie wurde abgerissen, kam in Menschenhände und wurde mit mehreren andern gefüllten Schoten in eine Rocktasche gesteckt. »Nun werden wir bald geöffnet werden!« sagten sie. »Ich möchte nur wissen, wer von uns es am weitesten bringen wird,« sagte die kleinste Erbse. »Geschehe, was da wolle!« sagte die größte. »Krach!« da platzte die Schote, und alle fünf Erbsen rollten in den hellen Sonnenschein hinaus. Sie lagen in einer Kinderhand; ein kleiner Knabe hielt sie fest und sagte, die Erbsen wären gerade recht für seine Knallbüchse; und sogleich schoß er eine weg. »Nun fliege ich in die weite Welt! Halt mich, wenn du kannst!« und dann war sie fort. »Ich,« sagte die zweite, »fliege gerade œn die Sonne hinein, das ist eine richtige E$ he _Distriktsräte_, die bisher unserer Sache ferne gestanden, haben auf Ansuchen erfreuliche Beiträge bewilligt. Es wurden _Jahresbeiträge_ bewilligt: *Von Stadtgemeinden:* *Auklam* 15 m. (Weiterbewilligung.) *Dresden* (statt bisher 200 m.) 300 m. *Krefeld* 100 m. *Leer* 15 m. *Leobschütz* 5 m. *Limbach* 5 m. *Linden* 20 m. *Lippstadt* 10 m. *Lörrach* 10 m. *alstatt-Burbach* 30 m. *Marienberg* in Westpr. 5 m. *Meiderich* 20 m. *Memel* 10 m. *Miltenberg* 5 m. *Mosbach* 10 m. *Münnerstadt* 3 m. *Nagold* 5 m. *Neustadt* i. Sachsen 6 m. *Neuteich* 5 m. *Von bayerischen Distriktsräten:* *Burghausen* 15 m. *Ebermannstadt* 10 m. *Greding* 10 m. *Hilpoltstein* 10 m. *Hollfeld* 10 m. *Ingolstatt* 10 m. *Kaiserslautern* 50 m. *Rosenheim* 20 m. *Sesslach* 5 m. *Weidenberg* 9 m. *Weissenhorn* 15 m. *Von Vereinen, Korporationen etc.:* *Oppeln* Philomathie (statt bisher 9 *Von Privaten:* *Böhm. Leipa.* Anton Michel, k. k. Bezirksrichter i. P. 2 Kr.; Rudolf Walde, Direktor, (statt bisher 1 Kr.) 2 Kr. *Cadolzburg.* Leitenbau$ rstich von F. Valegio; ca. 1590. Grund- u. Abris von Kraftshof. Federzeichnung von Hans *Spielkarten:* Drei Kartenspiele, gefertigt zu Leipzig; ca. 1810-20. _Geschenke._ *Isny.* _Carl Pfeilsticker_, Kaufmann: Ein Fascikel Personalakten und Privatrechnungen aus Isny und Biberach, 1824-1843. Pap. -- *Ludwigshafen.* _Theodor Walter_: Nürnberger Gerichtsbrief über den Verkauf von 3 Pfund Heller Ewiggelds auf Markarts von der Weyden Hause am Kornmarkt durch Herrn Paulus Kupfermann, Vikarier zum Neuen Spital, an Hermann Haym. 1422 Febr. 5. Orig. Perg. Kaufbrief des Schwarzfärbers Georg Hagenawer zu Nürnberg für Martin Krell den Deckweber über die Eigenschaft ihrerÕ Behausung und Hofrayt am Kornmarkt nebst einem jährlichen Eigenzins von 18 Gulden Rheinisch um 360 Gulden. 1536 Nov. 10. Orig. Perg. Siegel. 24 Originalschreiben des Herzogs und Kurfürsten Maximilian I. von Bayern, nämlich: 17 Schreiben an die Stände des Erzherzogtums Östreich ob der Enns wegen Kriegsrüstungen und Kriegskosten, 1620-1634; 1 Schreiben an $ 4. Steffan Castenbaur, Ain köstlicher g[u ring]tter notwendiger Sermon | vo Sterbe. 1523. 4. Drey g[u ring]t vñ nutzlich Sermon gepredigt ... durch Johannem Diebolt z[u ring] Vlm ... 1523. 4. Jakob Fuchs, von vereelichten geystlichen personen. 1523. 4. Dasselbe, andere Ausgabe. 1523. 4. Caspar G[u ring]tel, Von Euangelischer allerbestendigsten Warhait. 1523. 4. Creutz Biechlinn oder ermanung des wolgebornen Herrn Sigmunden den Grauen von Hohenloe. 1525. 4. Johannes Eberlin, Wider die schender der Creaturen gottes | durch Weyhe | oder segnen | ... 1522. 4. Opervm Helii Eobani Hessi farragines duae. 1539. 8. Caspar Güttel, Ein Sermon ... Auff dem Gottsacker zu Eisleuben gethan. Mit einer Vorrede D. Mart. Luth. 1541. 4. Ein gespräch Luciani |^Ob man der Zawberey | vnnd Polder | gaystern glauben soll | ... Durch Hieronymum Ziegler transferiert 1545. 4. Joann. Gotlib, Zwey künstliche vnnd verstendige Buchhalten etc. 1546. 4. Ein schön new gemacht Lied | z[*°u] lob vnnd Er von Gott auffgesetzter Obrigkait. 1547. $ aurat, 3 m.; Kniebe, Töchterschullehrer, 1 m.; Simson, kgl. Landrichter, 15 m.; Stottuth, Stadthauptkassen-Rendant 2 m. *Bromberg.* Dr. Baumert, Oberlehrer, 1 m. 50 pf.; Jakob, Apothekenbesitzer, 2 m. *Bunzlau.* Otto Fernbach, jr., 3 m.; Ernst Heinecke, Maler u. Fachlehrer a. der keram. Fachschule, 2 m.; Dr. Pukall, Direktor der keram. Fachschule, 3 m.; Waldeyer, Bildhauer, Fachlehrer, 2 m. *Chemnitz.* Hans Vogel, Kaufmann, 5 m. *Dachau.* Eduard Engert, kgl. Amtsrichter, 2 m.; Anton Mayer, jr., Zimmermeister, 2 m.; Franz Multerer, kgl. Eisenbahnoberexpeditor und Stationsvorstand, 2 m. *Darmstadt.* Kofler, Hofrat, 3 m. *Dünkelsbühl.* Dr. Jos. Brunner, Lehramtsassistent, 2 m.; A. Pfaff, k. Reallehrer, 2 m. *Dresden.* Hahn, kgl. sächs. Geh. Kommerzienrat, 20 m. *Durlach.* Meyer, Stadtpfarrer, 2 m.; Protscher, Arzt, 2m.; Fritz Schmidt, Fabrikant, 2 m.; Emil Schweickert, Prof., 1 m. *Eisenach.* Schäffer, Frau, Ingenieur, 3 m. *Ellingen.* Dr. Laøk, prakt. Arzt, 1 m.; Schönhuber, Stadtkaplan, 1 m. *Feucht.* Lehner, $ e, Beitraege zur Beurteilung der Sprache Caesars mit besonderer Beruecksichtigung des bellum civile. 1900. 8.; Gorio, die Milchwirtschaft in der Lombardei. 1900. 8.; Gotthelf, Das deutsche Altertum in den Anschauungen des 16. u. 17. Jahrh. I. Haelfte, 1900. 8.; Grumbine, An Introduction to "the Misfortunes of Arthur". 1900. 8.; Haitz, Hermann Schedels Weltchronik. 1899.8.; Hermann, Die Handelsbeziehungen Deutschlands zu seinen Schutzgebieten. 1899. 8.; Hohenemser, Welche Einfluesse hatte die Wiederbelebung der aelteren Musik im 19. Jahrh. auf die deutschen Komponisten? 1900. 8.; Kalb, De duo deseptuagesimo carmine Catulli. 1900. 8.; Kraussold, Die politischen Beziehungen zwischen Deutschland u. Frankreich waehrend der Regierung Heinrichs VII. 1899. 8.; LeiØdig, Quaestiones Zosimeae. 1900. 8.; Lermann, Athenatypen auf Griechischen Muenzen. 1900 8.; List, Die Interessen der Deutschen Landwirtschaft im Deutsch-Russischen Handelsvertrag 1894. 1900. 8.; Lory, Die Anfaenge des bayerisch-pfaelzischen Vikariatsstreit$ ormiert, wenn auch im Kern alt. -- _Hochaltar_ E. 17. Jh. _ALSLEBEN_ (Stadt). Pr. Sachsen Mansf. Seekreis. *Stadt-K*. neu; alt (rom.) nur der, übrigens formlose, Turm. _ALSLEBEN_ (Dorf). Pr. Sachsen Mansf. Seekreis. Die vorm. *Kloster-K*. abgetragen. Ein rom. _Tympanon_ (Löwe und Drache durch einen Palmenbaum getrennt) nach Gernrode gebracht. Ebendort ein merkwürdiger rom. _Taufstein_, 8seitig, mit rohen Reliefs. _ALTBESSINGEN._ UFranken BA Karlstadt. *Pfarr-K*. Bezeichnender Bau der Juliuszeit, rest. 1791 (klassizist. Stuckaturen). Einheitliche _Altarausstattung_ um 1690. _Geräte_ augsburgisch, von _F. X. Stipeldey_. _ALT-BURXDORF._ Pr. Sachsen Kr. Liebenwerda. *Dorf-K*. Frühgot. Ziegelbau M. 13. Jh. unter Einfluß von Klst. Güldenstern, reizvoll durch schlichte, tüchtige Durchbildung. Schiff u. rechteck. Chor mit Holzdecken. Im Ostgiebel 3 spitzbg. Fenster, darüber Kreuzstabfries, die Giebel abgetreppt mit vortretenden Anfä>gern. -- _Holzbildwerke_ des spgot. Altars. _ALT-CHEMNITZ._ K. Sachsen AH Chemnitz. *$ och. Die Formen der ersteren noch mit viel rom. Erinnerungen, woraus nicht notwendig ein nennenswert höheres Alter folgt. Doppelt gekehlte Rippen mit Anläufen auf diagonal gestellten Kämpfern. Die oberen Pfll. aus 8 Runddiensten gebündelt, ihre Kapitelle glatt. Diejenigen der Wandfll. mit schönstem frgot. Blattwerk unter reichlicher Beimischung von Masken und Tieren. Die Fenster haben im Maßwerk Nasen, z. T. in Blumen endigend. Das Portal spitzbg. in rundbg. Blende. Tympanon fensterartig aufgelöst. Im Obergeschoß Rosenfenster. Vergleichspunkte zu fränkischen Bauten dieser Zeit fehlen; sämtliche Details weisen a¯uf den Oberrhein und über diesen hinaus wohl auch auf direkte Bekanntschaft mit der französischen Gotik, namentlich gilt dies von der Komposition der Rosen. -- _Hochaltar_ 1682. _Kanzel_ 1790. Hauptschmuck des Turms die schöne _Kreuzgruppe_ aus _Riemenschneiders_ Werkstatt, dem Meister selbst nahe stehend. Bmkw. _Steinrelief_ aus 14. Jh., die Jünger am leeren Sarge Mariens. Zahlreiche _Renss.-Grabmäler$ mit 4 Evangelisten, um 1750. *Schlößchen*, Weiherhaus aus 2. H. 16. Jh. _BIEBERSTEIN_ siehe Fulda. _BIEBERSTEIN._ Kr. Sachsen AH Meißen. *Pfarr-K*. Umbau aus Ma. 1676 gänzlich umgestaltet. _Altaraufsatz_ mit ziemlich rohen Stuckreliefs 1679 von _Körmser_. _BIELEN._ Pr. Sachsen Kr. Sangerhausen. *Dorf-K*. Alt der platt geschlossene Chor mit rippenlosem Kreuzgwb. und Fenstergruppe gleich Windhausen. _BILDHAUSEN._ UFranken BA Kissingen. Ehem. *Cisterc.-Klst*. GŽegr. 1156. Die Kirche 1876 abgetragen, Altäre nach Laubach, Wächterswinkel und Reyersbuch gebracht. -- Von der alten Anlage ist erhalten: Im Untergeschoß des Klosterbaues kreuzgewölbter, zweischiffiger Raum zu 4 Jochen. Rundbg. Fensternischen noch sichtbar, wahrscheinlich das alte, rom. Refektorium. Daneben zwei frgot. Räume. -- _Torhaus_ mit rundbg. Durchfahrt; darüber außen Steinmadonna aus 2. H. 14. Jh. Daneben die alte rom. Torkapelle. -- _Alte Procuratie_. 17. Jh. Schmuckreiche Erker. Schönes Rok.Treppenhaus. Erkerzimmer mit reich geschnitzter Türum$ 1698, vielleicht von einem der _Dientzenhofer_. Spbar. Zentralbau; außen kreisrund, innen quadr. Hauptraum mit 4 transversalen Nischen; Polygonkuppel über toskan. Pilastern. -- Altäre spbar., gut in den Raum komponiert. *Schloß*. Ursp. Anlage A. 17. Jh. durch die Herren Echter v. Mespelbrunn als quadr. Wasserschloß mit runden Ecktürmen über mächtigen Funamentbauten mit Bastionen (davon 2 erhalten); unter Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn 1694-1708 durch den Bamberger Baumeister _Johann Leonhard Dientzenhofer_ umgebaut, vielleicht nur Ausführung von Plänen des Mainzers _M. v. Welsch_. Besonders beachtenswert die Treppenanlage, die als Vorstufe zu Pommersfelden gelten kann. Im Innern aus dieser Zeit Stuckaturen in der ehem. Kapelle im Nordtrakt, im Charakter nicht fränkisch, eher mainzisch. Die sonstige Einrichtung Empire und Biedermeier. Der sog. Konstitutionssaal im 2. Geschoß ein typischer Repräsentationsraum um 1825, im Vorsaal Bilder von gleichzeitigen Münchenern. Reichhaltige Sammlung von chinesisch$ ander; die östliche fast intakt erhalten mit starkem Torbau. Rom. Reste (12.-13. Jh.) enthält besonders die westl. Burg; die übrigen Bauten got. und später. _LICHTENTANNE._ Sachsen-Meiningen Kr. Saalfeld. *Dorf-K.*, wesentlich 18. Jh.; der 8eckige Turm über dem spgot. polyg. Chor. -- Rest eines _Schnitzaltars_ um 1500 aus einer »sehr guten oberfränkischen Schule«. _LICHTENWALDE._ K. Sachsen AH Flöha. *Schloß.* Aus dem rom. Bau ein _Tympanon_, Kampf eines Löwen mit einem Drachen, großartig stilisiert. -- Großer Neubau für Graf v. Watzdorf, 1722-26; höchst stattliôhe Anlage bei einfacher Formbehandlung; berühmter, gut erhaltener Garten. _LIEBENGRÜN._ Pr. Sachsen Kr. Ziegenrück. *Dorf-K.* 1718, das quadr. Altarhaus mit Turm auf ma. Grundlage. Die Malereien an Decke und Emporen Proben einer tiefstehenden dörflichen Kunst. -- _Bauernhäuser_ in Blockverband. _LIEBENSTEIN._ Sachsen-Meiningen Kr. Meiningen. *Burgruine.* Got. Palas in 3 Geschossen großenteils erhalten. *Kirche* 1822 nach Idee eines antiken Theaters. _$ ckateuren bemerkt man neben den Deutschen (der beste war _Balthasar Esterbauer_) mehrere Italiener, die Niederländer _Jakob_ und _Wolfgang v. d. Auwera_, nur einen Franzosen, _Curé_. Die unvergleichlich prachtvollen Schmiedearbeiten sind vom Tiroler _J. G. Oegg_. Die ältesten Stuckaturen im Ingelheimer Zimmer von _Castelli_ 1724-28. Kaisersaal, Weißer Saal und andere Paradezimmer der Ostfront von _Anton Bossi_, das Grüne Zimmer von _Materno Bossi_ 1770, ebenso der schon zum Klassizismus übergehende Fürstensaal. -- 1765-70 die Abrundung des Residenzplatzes durch die Arkaden und den »Gesandtenbau« von _J. Geigel_; der korrespondierende »Rosenbachsche Hof« auf der NSeite ist älter (vielleicht von _Greising_). Die dekorative Plastik im Treppenhaus und später die im Garten von _J. P. Wagner_. *Wohnbauten*. Aus Ma. wo°hl manche Mauerreste, aber keine sich augenfällig machende Formen; gut, wenn auch nicht zahlreich vertreten die Renss. des 16. und 17. Jh., ganz hervorragend das 18. Jh. _Adelshöfe der Renss._: Curia $ h mit der Passion (15.Jh.), ferner Kleinodien aus _Metall_: zwei rom. Tragaltaerchen mit Email und Elfenbeinschnitzereien, grosser Bronzeleuchter fuer Osterkerze (12. Jh.), Kurvatur eine Bischofstabs mit Email (13. Jh.), Reliquiarien und Monstranzen. Schuessel aus _Glasfluss_ (Opus Alexandrinum 1. Jh.). Gegenstaende aus _Elfenbein_: Messerscheide (spaetestens 9. Jh.), Pontifikalkaemme (roman.), Ziborium (got.), Kruzifixe. -- Bis ins 16. Jh. fand alle sieben Jahre die grosse "Heiltumsfahrt" (oeffentliche Ausstellung der zahlreichen Reliquien) statt. *Kreuzgang*. Der rom. Dom entbehrte eines solchen, wie Sockel und Lisenen der SWand erkennen lassen. Der jetzt vorhandene ist spgot. An seinen OFluegel stoesst das *Kapitelhaus* 1731, angeblich von _Balth. Neumann_. Die Behandlung prunklos, in schoenen ernsten Verhaeltnissen. Im Hauptsaal eine Stuckdecke in zartem Relief, von eigentlichen Rokokoformen unberuehrt. 2 ehemals im Dom befindliche _Altarbilder_ von _Merian_ und _Sandrart_. *Alte Hofhaltung*. Weitlaeufige$ stadt). Schwarzburg-Rudolstadt. *Kirche*. Rom., rck. mit 1/2kr. Apsis, skulpierte Pfeilerkapitelle -- An der Apsidenkuppel erloschenes Gemaelde, _Juengstes Gericht,_ um 1300. Darueber zweite Farbenschicht mit spgot. Rankenwerk. _FRANKENSTEIN_ b. Salzungen Kr. Meiningen. Von der alten *Burg* nur bescheidene Reste erhalten. Der jetzige burgartige Aussichtsturm E. 19. Jh. _FRANKENTAL._ K. Sachsen AH Bautzen. *Dorf-K.* 1587 und 1607. -- Schoenes _Altargeraet_ E. 17. Jh., Dresdener Beschau. -- _Grabdenkmaeler_ 18. Jh. _FRAUENBERG._ RB Cassel Kr. Marburg. *Burgruine*. 1252. _FRAUENBREITUNGEN._ Sachs.-Mein. LA Meiningen. *Pfarr-K.* Turm rom., Kirche 1615. Einfacher Saalbau mit spitzbg. Fenstern und Emporen, an deren Bruestungen 49 _Gemaeldefelder_. Wertvoller _Fluegelaltar_ bez. 1518, im Schrein 3 gute Schnitzfigg. in fraenkischem -Schulcharakter, auf den Fluegeln Reliefszenen, aussen Gemaelde nach der Duererschen Kupferstichpassion. Grabsteine unerheblich -- _Glocken_ 1616. *Edelhof* (v. Gleichen) renss., malerisch$ itenkap. _Pietas_ M. 15. Jh. _Grabdenkmal_ von 1580 von einem Nachfolger des Eichstaedter _Loy Hering_. -- In der Naehe (NO) zierliche 2stoeckige Kap. 1512. *Rathaus.* Origineller hochgiebeliger Bau von 1583, Schule der Plassenburg. *Wohnhaeuser* in Stein und Fachwerk, 16.-18. Jh. *Brunnen* mit S. Michael um 1650. *Stadtbefestigung* des 16. Jh. grossenteils erhalten. Entwuerfe zu ihrer Modernisierung von _Balth. Neumann_ 1741. *Veste Rosenberg,* ehem. der Bischoefe von Bamberg. Gut erhaltene, fuer die Geschichte des Wehrbaues lehrreiche Anlage. In der Kernburg hoher 4eck. Buckelquader-Bergfried aus 13. Jh. Gut erhaltener got. Bering, an einer Stelle bez. 1487. Einfache Renss.Bauten 1572, 1590, 1595. Der 3. Befestigungsguertel 17. Jh. Kraeftiges Rustikator 1662 aehnlich wie in Forchheim. (Kleines Museum zur Stadtgeschichte.) _KROSIGK._ Pr. Sachsen Saalkreis. *Dorf-K.*, Ruine einer typischen rom. Anlage. _KRUKENBURG._ RB Cassel Kr. Hofgeismar. *Burgruine*. Bmkw. die 1126 gewoelbte sehr hohe rom. Kap. In der Mit$ en got. Umbau, im Msch. die Arkaden rundbg. auf got. ueberarbeiteten Pfeilern, 6 Achsen, Decke flach. Sschiffe 1488 (Inschr.). Der Turm (W) von 1496, stattlich, auch im Stadtbilde von Wirkung. Der Chor war Grabgelege der 1559 ausgestorbenen Grafen v. Rieneck; 11 meist ansehnliche _Bildnissteine_ sind noch vorhanden; hervorzuheben der des Thomas v. R. {~DAGGER~} 1431. Gut sind auch Reinhard {~DAGGER~} 1518 und Agnes {~DAGGER~} 1519. Die Tafel fuer Philipp v. R. {~DAGGER~} 1559 von P. Dell d. J. Die Lehnsleute und Beamten haben ihre Epitaphe im Schiff; die besten die der Elisabeth v. Lauter 1543, Friedrich v. Kerpen 1629 in der Richtung des M. Kern. -- _Taufstein_ 1488. *Rathaus.* 1601. G‘t. und renss. Formen noch sehr naiv gemischt. Im Erdgeschoss ringsum grosse (ursp. offene) Blendarkaden, die Pfll. in ganz ma. Weise aus lebhaftem Wechsel von Hohlkehlen und Rundstaeben. Die beiden Obergeschosse modern umgestaltet; regelmaessig verteilte breite 2teilige Fenster mit got. Profilierung. Die Treppe in einem vorgeb$ ikanzel von 1816. _MAINROT._ OFranken BA Lichtenfels. *Kirche* 1680 in gutem deutschem Barock unter Einfluss der gleichzitigen Bamberger Architektur. *Rathaus* 1733. Mehrere *Haeuser* in gut erhaltener Holzarchit. 17. und 18. _MAINSONDHEIM._ UFranken BA Kitzingen. *Pfarr-K.* nachgot. 1583. -- _Altaere_ um 1700, gute Kanzel mit Evangelistenreliefs, Stein, um 1583; ebenso der _Taufstein_. -- 4 Bechtolsheimsche _Grabmaeler_ 18. Jh. *Schloss* (seit 18. Jh. Frhr. v. Mauchenheim gen. Bechtolsheim, vorher Fuchs v. Dornheim). Sehr stattliche spgot. Anlage um 3eck. Innenhof, ausgebaut um 1727. Mehrere Zimmer mit schwerer Stuckdekoration bez. _H_ _MAINSTOCKHEIM._ UFranken BA Kitzingen. *Pfarr-K.* 1717 mit got. Turm. *Ebracher Klosterhof*. Schlossartige Anlage von 1624. Rck. mit Ecktuermen, reichgegliederte Renss.Giebel. Grossartige Podesttreppe, vierarmig um 4 freistehende Pfll., gotisierende Masswerkbruestungen, zu oberst Rundbgg. Halle mit jon. Sll. -- In mehreren architektonisch reich durchgefuehrten Terrassen geht $ pen von 8 Halbsll. um einen ungleichseitig 8eckigen Kern; die Zwischenpfll. gegen das Msch. glatt. Im W. Doppelturm. Ga–nze L. 73 m. Von den _Klostergebaeuden_ haben sich das Refektorium, der Kapitelsaal und der SFluegel des Kreuzganges, entstellt, im jetzigen Brauhaus erhalten. _MILTENBERG._ UFranken BAmtsstadt. Altertuemliches Stadtbild von grossem Reiz. Hauptschmuck die zahlreichen Fachwerkhaeuser, meist 16. Jh., so das *Gasthaus zum Riesen* 1590. *Pfarr-K.* Eine ma. flachgedeckte Basilika im 18. und 19. Jh. vollstaendig umgebaut und erweitert. Aussen ansehnlicher Quaderbau mit 2 OTuermen. -- *Franziskaner-K.* barock. *Rathaus.* Got. Steinbau, sehr verunstaltet; er hatte vorgekragte Ecktuermchen und wohl auch einen Zinnenkranz. -- Am Wochenmarkt huebsches Rok.-Wohnhaus von dem mit _Ritter_ in Mainz in Verbindung stehenden Lokalmeister _J. M. Schmidt_. Schoener Renss. *Laufbrunnen*. *Burg.* Schon im 10. Jh. genannt. Turm aus Buckelquadern, gut erhaltener Wehrgang. Wohnhaus 15.-16. Jh., rest. _MILTITZ._ K Sa$ s. glaenzend ausgestattet, besonders die herrschaftlichen Betstuben. Die _Gemaelde_ von _Johann de Perre_ aus Antwerpen, ansaessig in Leipzig. _PRIETITZ._ K.Sachsen AH Kamenz. *Dorf-K.* 1881 fast ganz erneuert. -- _Altar_, gute Tischlerarbeit von 1646. _Denkmaeler_ des 18. Jh., ueber die in der Lausitz recht gute Durchschnittsqualitaet noch hinausgehend. *Herrenhaus* (v. Stammer) um 1770. Groessere Portraetreihe, u. a. von _Anton Graff_ und _Chr. Leberecht Vogel_. _PROBSTZELLA._ Sachsen-Meiningen Kr. Saalfeld. *Dorf-K.* wesentlich 1755. -- _Altarwerk_ fraenkisch um 1500. _PROFEN._ Pr. Sachsen Kr. Zeitz. *Dorf-K.* Rom. Turm. Schoener spgot. Chor 1495. -- Ausstattung in guter Renss., desgl. Decke und Emporen in kraeftiger Polychromie. _PROeLSDORF._ UFranken BA Hassfurt. *Pfarr-K.* 1766. Eleganter Rok.Bau. In der Verbindung des WTurmes mit der ¿assade Nachklang Neumannscher Anlagen. -- Im Pfarrhof bmkw. _Kaselkreuz_ _PROSSELSHEIM._ UFranken BA Kitzingen. *Pfarr-K.* Posthum got. Neubau 1614. -- Derb wirkungsvolle$ eber dem Portal ein an Kaiser Lothar erinnerndes Relief; Obergeschosse Fachwerk. 4 *Tortuerme* 14 Jh. (?). _STAUCHITZ._ K. Sachsen AH Oschatz. *Schloss* fuer A. H. v. Luettichau 1700-1708 von _J. R. Petersell_. 15 achsige 2 geschossige Front mit breitem 3 geschossigem Mittelrisalit; am flachen Giebel Nachklaenge von Renss.-Voluten. Sehr stattlicher und tiefer Vorsaal mit doppellaeufiger Treppe. Reihe von Bildnissen. _STAUSEBACH._ RB Casse Kr. Kirchhain. *Pfarr-K.* 15. Jh. 3sch. Hallenkirche mit gestrecktem, aus 8Eck geschlossenem Chor, beide zu je 3 Jochen. Reiche neubemalte Netzgwbb. -- Einfache _Kanzel_ etwa E. 15. Jh. _Weihwasserstein_ spaetestgot. 16. Jh. -- Befestigter Kirchhof. _STECKELBERG._ RB Cassel Kr. Schluechtern. *Burgruine.* Im 12. Jh. vorhanden, die erhaltenen Reste anscheinend 16. _STEDTEN._ Sachsen-Gotha LA Gotha. *Dorf-K.* 1745; durch Einheitlichkeit der Anlage und der verhaeltnismaessig aufwaendigen Ausstattung ein gutes Stilparadigma -- *Schloss* 1737, einfach. _STEDTEN._ Pr. Sachsen Mansf$ os entstandene, kuenstlerisch sehr bedeutende Entwurf von _H. Chr. Jussow_ 1786. Den Auftrag erhielt _Salomon Louis Du Ry_ (aus der in Cassel, s. dort, in mehreren Generationen taetigen Hugenottenfamilie). Die vorgeschlagenen Loesungen sehr verschiedenartig, uebereinstimmend jedoch in der Stilfrage. Der in seiner Jugend bei Blondel in Paris gebildete Kuenstler hatte sich unumwunden dem Klassizismus englischer Faerbung zugekehrt. Der Bau des noerdl. Fluegels begann 1788, der Mittelbau 1792, die Innenarbiten 1803 vollendet. -- Die Anlage modifiziert mit interessanter Wirkung, zumal in Anpassung an das bewegte Gelaende und die ansteigenden Baummassen des Parkes, den traditionellen Hufeisengrundriss in der Weise, dass dessen 3 Fluegel in 3 selbstaendige Gebaeude aufgeloest, dann aber durch segmentfoermige Zwischenbauten wieder verbunden werden, und zwar so, dass die Achsen der Nebengebaeude zu dem Hauptgebaeude in stumpfem Winkel anlaufen. Nicht befriedigend ist das Hoehenverhaeltnis der Zwischenbauten; sie waren$ ee, Aeee ... und wild und trübselig schreit der Hase sen Leben aus. Ungerufen erscheint Uf -- -- und hinter ihm drein wimmeln alle Füchse herbei; ein Hasenschrei lockt sie, wie der Magnet Eisenteilchen anzieht. Sie kommen von weit her, wie an der Nase herbeigezogen und sitzen da und geifern, während die beiden großen Uhus in aller Ruhe ihre Mahlzeit Es kommt wohl vor, daß ein heißhungriger, mutiger Reinecke sich mit den Lefzen heranwagt, da rollt Strix ihr Federkleid auf, sie sträubt jede Daune und wird unheimlich groß, dann knappt sie mit dem Schnabel und zündet Feuer in den roten Lichtern an. Hu -- u --, heult sie ... Nase weg! Strix ist ein großer Räuber, ein mächtiger Jäger! Sie ist ein Meister in allen anwendbaren Jagdmethoden. Sie jagt ihre Beute offenkundig, verfolgt sie auf der Flucht, und streicht darüber hinweg, oben in der Luft, durch den Wald. Oder sie bedient sich des weniger anstrengenden Hinterhalt-Verfahrens, hüllt sich in den Schleier der Dunkelheit oder der Dämmerung und setzt sich vermummt $ em sie am besten fertig werden kann -- da erwacht sie zu der nüchternen Wirklichkeit, indem sie mit dem Kopf gegen den hohlen Baumstamm stößt. Ja, Strix war alt geworden, uralt -- und das war gerade der Segen beim Altwerden, daß man die Fähigkeit erhielt, in sich hineinzusehen und die Bilder hervorzurufen, die man zu Dutzenden und Aberdutzenden von Malen in einem langen Leben gesehen hatte. Man schwelgte in den Erfahrungen, man sah den Wechsel der Natur zu jeder Zeit im Strahlenglanz der Erinnerung vor sich. Wenn nichts weiter, so konnte man sich ja daran erwärmen! Aber _sehnen_ tat sich Strix doch -- sie sehnte sich, sehnte sich -- sie konnte sich nur nicht klar darüber werden, wonach. Es lag wie ein beständiger Druck dadrinnen, wo das, was man Hoffnung und Glauben nennt, Wohnung hat ... Sie sehnte sich nach dem, was nicht mehr war, nach dem Unberührten, Großzügigen in der Natur ihrer Heimat, oder nach den alten, guten, traulichen ïZeiten, als Einsamkeit im Walde war, wo sie Aussicht auf die Heide, auf Wild $ Gruppe zusammen wirkten, sich in den nachfolgenden Arbeitssitzungen in rivalisirenden Gruppen oder Serien in anderen Produktionszweigen gegenüberstehen. Es wechselt also nicht blos die Beschäftigung, es wechselt auch beständig der gesellschaftliche Umgang bei der Arbeit. Dieser immerwährende Wechsel der Beschäftigung und der beschäftigten Personen, und die daraus hervorgehenden, sich bald anziehenden, bald abstoßenden Wechselbeziehungen bilden nach Fourier die höchste Befriedigung, weil alle Triebe dabei in's Spiel kommen. Aber die Befriedigung würde keine vollkommene sein, wenn nicht der äußere Erfolg, also die Reichthumserzeugung, durch diese Thätigkeitsweise auch erzielt würde. Diese planmäßig organisirte, assoziirte Thätigkeit von Hunderten von Familien in einer Phalanx wird, so behauptet Fourier, im Gegensatz zur einzelnen Privatwirthschaft und Privatunternehmerschaft eine große Menge von Ersparungen an Kraft, Zeit, Mittel, Werkzeugen etc. einerseits, und durch die geschickt kombinirte uæd rivalisirende$ ertausende von parasitischen Existenzen, z.B. die in der Rechtspflege beschäftigten Personen, eine Institution, die nur auf den Fehlern der zivilisirten Ordnung beruht ... Andererseits fehlen die Mittel für das Nöthigste. So mangeln Frankreich heute einige hundert Millionen Franken für die Verbesserung der Wege und Straßen; im sozietären Zustand, wo Phalanx an Phalanx sich reiht, bestehen die ausgezeichneten Verbindungsmittel, für die jedes Phalanstère (das Phalanstère ist der ganze Bezirk [Kanton] inklusive der Gebäude. Der Kanton soll nach Fourier eine Quadratstunde Flächeninhalt haben) aufzukommen hat, ohne daß es der Staatssteuern dazu bedarf. Ebenso fällt die kostspielige Katastrirung der Grundstücke für den Staat fort. Eine Wahl, die heute unendlich viel Zeit und Geldopfer erfordert, eine Menge der widerlichsten Kabalen erzeugt, wird in der Phalanx dem Einzelnen kaum eine Minute Zeit kosten, eine Reise dazu hat er nicht nöthig zu machen.« ... »Unter die Unproduktiven gehören ferner Sie Soldaten, die Gre$ iel Lebensmittel für eine auf der sozialen Stufenleiter gleichzeitig nicht genügend emporgestiegene Gesellschaft, und dieser Ueberfluß von Lebensmitteln, im sozialen Mechanismus keine natürliche Anwendueng findend, überlaste und verderbe ihn. Daraus resultire eine zerstörende Gährung, es entwickle sich eine große Menge schädlicher Charaktere, es zeigten sich Symptome der Erschlaffung, alles Wirkungen des Mißverhältnisses, das zwischen den industriellen Mitteln und den auf einer tieferen Stufenleiter stehenden Massen der Bevölkerung vorhanden sei. Wir besäßen zu viel Industrie für eine zu wenig vorgeschrittene noch in der dritten Phase zurückgehaltene Zivilisation, die aber von dem Bedürfniß gedrängt werde, sich in die vierte Phase zu erheben. Daher diese Erscheinungen des Ueberflusses und der Verschlechterung, von denen er die schlimmsten aufzählen werde. Als Antwort auf die Prahlereien von der Vollkommenheit der bestehenden Gesellschaft werde er die zu Tage liegenden Wirkungen ihrer noch sehr neuen Verschlec$ nde das den Angelpunkt der dritten Phase bildende Seemonopol in's Leben rufen könne. Endlich gab die Chemie dem Betruge die Mittel an die Hand, alle Arten von Produkten zu fälschen, und der lügnerische Handel gewann so eine Ausdehnung, welche die ernstlichsten Besorgnisse einflößen mußte. Zwar könne die nun beginnende absteigende Periode ein natürlicher Schritt des Fortschritts werden, aber dieser Weg sei eine Reihe von Klippen und Schändlichkeiten. Unterliege die Zivilisation auf ihrem Wege den ihr gegenübertretenden Einflüssen, so falle sie in eine nieèdere Periode zurück, um den alten Kampf von Neuem zu beginnen. Glücklicherweise sei das Leben der Menschheit ein vielfaches; falle eine Zivilisation, so sei bei den vielen Nationen und mancherlei Gesellschaften immer die Hoffnung da, daß eine derselben das Erbe der fallenden Gesellschaft übernehme. Der zweite Theil der Periode, ihre absteigende Bewegung, sei dem ersten umgekehrt analog (verwandt), wie die Morgendämmerung und Abenddämmerung, die Kindheit und d$ 13 Die Pest im Vintschgau 25 Der Stationschef 47 Geronimo de Aguilar 63 Von Helden und ihrem Widerspiel 89 Der Tempel von Apamea 107 Die Gefangenen auf der Plassenburg 135 Paterner &176 Nimführ und Willenius 196 Herr de Landa und Peter Hannibal Meier 212 Begegnung 231 Die Geschichte des Grafen Erdmann Promnitz 242 Franziskas Erzählung 275 Aurora 291 Der Affe und der Spiegel 323 _Ich widme dieses Buch meiner Frau._ O thou whose face hath felt the Winter's wind Whose eye has seen the snow-clouds hung in mist, And the black elm-tops 'mong the freezing stars, To thee the Spring will be a harvest time. O thou, whose only book has been the light$ en zu befriedigen, und drängte den ohnehin finstern und reizbaren Mann so tief in sich selbst zurück, daß er auch in seiner dienstfreien Zeit verschmähte, die traurige Wüstenei zu verlassen. Er durchstreifte die menschenleere Gegend, lag stundenlang am Meeresufer und heftete die Blicke, die voll von unerforschlichen Wünschen und Vorsätzen waren, ins Weite hinaus. Abends beschäftigte er sich mit seiner seltsamen Sammlung, breitete die Stücke auf einen Tisch vor sich aus und betrachtete die nichtigen Gegenstände mit der Freude eines Geizhalses, der vor seinen Schätzen und Wertpapieren sitzt. Es verkehrt auf dieser Bahnlinie ein Luxuszug, der eine Verbindung zwischen Paris und Neapel herstellt und am Morgen nach Süden, am Abend nach Norden fährt. Eines Tages ereignete es sich, daß ein Streckenwärter diesem ZuÃg das Haltesignal gab; sein Weib hatte in der Nacht vorher ein Kind geboren, lag in einem tödlichen Fieber, und da meilenweit im Umkreis keine ärztliche Hilfe zu haben war und der Posten behütet werden mußt$ elegenheit wahr, in schroffster Form dem Befehl Folge zu leisten° Jerome reichte sein Entlassungsgesuch ein und verließ Polen noch am gleichen Tage. Nicht das Verlangen nach den Vergnügungen Kassels, -- wenig verlockend mögen sie in dieser Zeit dumpfer Gewitterschwüle gewesen sein! --, trieb ihn zu diesem raschen Entschluß: sein tief verletzter Stolz allein hieß ihn handeln.[34] Und sein Entschluß war berechtigt; starrköpfig und falsch wurde seine Handlungsweise erst, als Napoleon ihn zu bleiben bat und er dennoch den Weg heimwärts fortsetzte. Im August kam er in Kassel an, zwei Monate später kehrten die traurigen Reste der westfälischen Armee in die Heimat zurück, durchzogen die jammervollen, von Frost und Hunger, Krankheit und Verwundungen gezeichneten Gestalten, die letzten Glieder der großen Armee, plündernd, stehlend und bettelnd das erschöpfte Land. Und schon wurden von Paris neue Forderungen laut: Magdeburg sollte mit 20000 Mann besetzt und auf ein Jahr verproviantiert werden, eine neue Armee galt es z$ chen Litteratur noch mehr kennen zu lernen, ist mein lebhafter Wunsch. "Recht lang scheint mir die Zeit, die seit unserer letzten Begrüßung liegt; ich glaube, es war auf dem Kinderball, wo Sie des kleinen Findlings Schutzgeist waren; ein unfreundlich Geschick trennte uns seitdem; doch hoffe ich, Sie verbannen mich nicht ganz aus Ihrem Andenken,denn hat man sich einmal gefunden, so mag Zeit und Raum kämpfen. Ein freundlicher Stern leuchtet segnend am Horizont und führt zusammen hier oder dort. "So unendlich glücklich und froh ich hier im liebenden Kreis der Familie lebe, so sehr werde ich mich dennoch freuen, mein liebes Weimar mit seinen freundlichen Bewohnern wieder zu begrüßen, denn ihm gehört ein großer Theil meines Herzens, --Sie, liebes Fräulein Jenny, wiederzusehen, wird mir eine wahre Herzensfreude sein. Ihre Helene." Etwas später bekam Jenny ein Gipsrelief der Freundin mit diesen Zeilen: Ludwigslust, den 27. Sept. 1834. "Um einen freundlichen Blick meiner lieben Jenny möchte ich bitten, indem ich ihr $ opf, grosser Hornplatte auf dem Vorderrücken und je zwei kleinen auf dem Mittel- und Hinterbrustringe. Am Hinterleibe der letzte Ring, Afterring, oben mit hornigem Schilde versehen, gegabelt. Der After zapfenförmig als Nachschieber vorragend. Luftlöcher neun Paar vorhanden, acht an den Seiten der acht ersten Hinterleibsringe, das neunte auf der Unterseite des Mttelbrustringes. Oberlippe vorgestreckt, kürzer als breit, vorn ausgebuchtet. Oberkiefer ziemlich kurz aber kräftig und scharf mit sichelförmig gebogener Spitze. Unterkiefer mit dem Kinn verwachsen, dicht neben der Unterlippe eingelenkt mit dreigliedrigen Tastern. Lippentaster zweigliedrig. Fühler kurz, unmittelbar über der Einlenkung der Oberkiefer entspringend, viergliederig. Nebenaugen jederseits fünf in zwei Reihen, die vordern aus drei, die hintern aus zwei bestehend. Beine ziemlich kurz oder auch ansehnlich (Trichodes), aus drei Gliedern bestehend, einklauig. =Lebensweise=. Die Käfer trifft man auf Blumen oder geschlagenem altem Holze, an morschen$ o entstand ein weisser Niederschlag, der sich aber am Boden des Gefässes als eine ziemlich zähe klebrige Masse festsetzte. Aether, Alcohol und Benzol lösten nichts vom Gelée auf. Dagegen verdünnte Schwefelsäure, Salz- und Essigsäure wirkten auf ihn völlig auflösend. Der Luft ausgesetzt, ging das Gelée in Zeit von 48 Stunden bei einer Temperatur von +18° in Fäulniss über und zeigte eine saure Reaction. Beim Eindampfen und späteren Erkalten erstarrte die Flüssigkeit zu einer vollständigen Leimmasse. Nach diesen chemischen Untersuchungen zu urtheilen, scheint mir die mit heissem Wasser aus der Faulbrutmasse extrahirte Flüssigkeit aus Glutin zu bestehen. Die festen im Filtrum zurückgebliebenen Körper der Faulbrutmasse liessen deutlich die Larvenhaut erkennen. Alcohol löste in der Wärme während einer vierundzwanzigstündigen Digestion etwas von der Masse auf und färbte sich bräunlic gelb. Durch eine achtfache Quantität kalten Wassers wurde ein gelblicher, pulverförmiger Niederschlag gefällt, der aus einem Harz best$ Volksmärchen der Deutschen (Auswahl), Nr. 354/55. =Niebuhr,= Griechische Heroengeschichten, Nr. 420. =Petersen,= Prinzessin Ilse, Märchen aus dem Harz, Nr. 397. =Petersen,= Die Irrlichter, Ein Märchen, Nr. 396. =Reuper,= Im Reiche des Löwen, Tierfabeln aus aller Welt, Nr. 2162/65. =Schiller,= Gedichte, Nr. 1 u. 2. " Wilhelm Tell, Nr. 5. " Jungfrau von Orleans, Nr. 43. " Maria Stuart, Nr. 41. " Wallenstein I, II, Nr. 23/24. =Schwab,= Die vier Heymonskinder, Nr. 1980. " Die >schöne Melusine, Nr. 1981. " Herzog Ernst, Nr. 1982. " Genoveva -- Der arme Heinrich, Nr. 1991. =Schwab,= Kaiser Oktavianus, Nr. 1992. " Der gehörnte Siegfried, Nr. 1993. " Griseldis -- Das Schloß in der Höhle Xa Xa, Nr. 1994. =Schwab,= Die Sagen des klassischen Altertums, 2 Bände, vollst. Ausgabe, Nr. 746/55. =Stein,= Georg Händel und sein großer Sohn, Nr. 2128/29. =Stifter,= Der Hochwald -- Das Heidedorf, Nr. 1227/28. =Stifter,= Abdias -- der Kondor, Nr. 12$ . Bourgogne. =75: Auf dem Rückmarsch der großen Armee 1812= von François Bourgogne. =76: Der Schatz im Walde= von H. G. Wells. =77: Quer durch den dunklen Kontinent= v. H. M. Stanley. =78: Eine Beute der Wölfe= von Jack London. =79: Rolof der Rekrut= von Edmund Hoefer. =80: Die Franzosen in Hamburg 1806-123= v. M. Prell. =81: Hamburg zum zweiten Mal in der Gewalt der Franzosen 1813-14= von Marianne Prell. =82: Gordons heldenhafter Untergang= von Sven Hedin. =83: Unter Indianern und Eskimos= von A. Jacobsen. =84: In Afrika hinein= von Karl Fricke. =85: Ein Indianerknabe= von Ch. A. Eastmann. =86: Eines Nashorns Freud und Leid= v. B. v. Schellendorff. =87: Der junge Simplizissimus= v. H. J. C. v. Grimmelshausen. =88: Aus der Franzosenzeit= von W. Alexis. =89: Zottelohr= von E. Seton-Thompson. =90: Die Eidgenossen= von A. Tschudi. =91: Der Kapitän= von Ch. Sealsfield. =92: Wittbart= und andere Tiergeschichten von H. Löns. =93: Stürmische Tage in Deutsch-Brasilien= von A. Funke. =94: Näbis Uli= von Ulrich Br$ « »Die Puppe muß mit, schnell bringen Sie sie herunter. Wo ist sie, »Sie schläft in meinem Bett.« Im Augenblick war sie herbeigeschafft und Klärchen drückte sie sorglich an sich. Der Onkel trug das Weihnachtspaket; zur rechten Zeit war ihm noch eingefallen, daß es Puppenkleider enthielt, so war wohl die Puppe unentbehrlich. Nach kurzer Zeit waren sie am Bahnhof. Unterwegs sagte das Kind zu seinem Onkel: »Undankbar ist das nicht, wenn man fortgeht von der Patin, gelt, undankbar ist das nicht?« »Nein, nein,« beruhigte der Onkel, »ich habe dich geholt und du mußt mir Ein halbes Stündchen Fahrt, ein Gang durch die Straßen der großen Stadt, und sie standen umringt von jubelnden Kindern, daß de Klärchen aus ihrer Stille heraus ganz traumhaft zumute war. Der Professor suchte seine Frau auf, im Weihnachtszimmer traf sie eben die letzten Vorbereitungen zur Bescherung. Ein Loblied auf Fräulein Stahlhammer war es nicht, was jetzt gesungen wurde! »Du hast recht gehabt, ganz gewiß hast du recht gehabt, daß du das Kind ent$ gelesen. Der Schuldiener des Gymnasiums hatte eine Frau, die von der ganzen Zeitung nichts las als die Anzeigen, diese aber gründlich. Sie brachte am Abend ihrem Mann das Blatt. »Da sieh doch nur, wer kann das sein, der die Dienstmädchen in unseren Hof bestellt!« Der Schuldiener machte ein ernstes Gesicht. »Das ist ein Unfug,« sagte er »und muß dem Herrn Rektor gemeldet werden!« »Laß mich nur erst besinnen,« sagte die Frau, »es kommt doch darauf an, wer's ist; das bring ich schon heraus, es mß ja von unseren Professoren jemand sein. Einer, der nicht will, daß das Mädchen sich in der Wohnung zeigt, weil der alten noch nicht gekündigt ist. Der Herr Rektor selbst ist's natürlich nicht, der Herr kümmert sich nicht um das Dienstpersonal, und von den alten Herren täte so etwas auch keiner. Weißt du, wer das ist? Niemand anders als der neue Mathematikprofessor. Bei dem ist immer Magdnot, _sie_ ist keine rechte Hausfrau und _er_ ist ein guter Mann und ein absonderlicher. Der macht sich gar nichts daraus, wenn's sein$ der »gewerbsmäßige« Agitator ausgespielt wurde, weiß ich zufällig ganz genau, daß der Betroffene _nicht_ gewerbsmäßiger _Agitator_, sondern gewerbsmäßiger _Maschinenschlosser_ ist, und _gewerbsmäßig_ auch _nur_ Maschinenschlosser -- ein Mann, der die vertragsmäßigen Obliegenheiten in seinem Arbeitsverhältnis seit Jahren tadellos erfüllt und in der Lage ist, zu beweisen, daß er seine rednerische Tätigkeit immer -- genau wie ich! -- nur »zum Vergnügen«, _nicht_ gegen Entgelt, betreibt. In Ansehung, daß es _Beleidigung_ bleibt, anständigen Leuten in der einen oder der andern Art einen Makel anzuheften, selbst wenn die Betroffenen Sozialdemokraten sind, ist also auch die Immunität gegen § 186 des Strafgesetzbuchs, die das _Akten_papier gewährt, mehrfach _mißbraucht_ worden. -- Indes ist derartigesunter dem Gesichtspunkt meiner heutigen Betrachtung nur nebensächlich. Wenn mein Programm mit sich brächte, daß ich von den _demoralisierenden_ Wirkungen und von der _Schädigung des Ansehens unseres Beamtenstandes_ rede$ n_ an der Arbeitsstätte in derjenigen Körperhaltung, die seine Arbeit nötig macht, und in der Umgebung, in der er dabei ist, demselben Geräusch, demselben Lärm ausgesetzt, unter demselben Zwange der Aufmerksamkeit -- wenigstens da wo Maschinenbetrieb ist -- sich zu sichern, daß er kein Unheil anrichtet, oder daß ihm nicht Unheil angerichtet werde, -- ich sage; daß, wenn diese rein passive Ermüdung einen ganzen großen Teil des Tagewerks der Leute bedeutet, jede _Verkürzung der Arbeitszeit_, die also bewirkt, daß diese Leistung in der verkürzten Arbeitszeit sich zusammendrängt, ein _reiner Gewinn an Kraft für die betiligten_ Personen sein muß. Wenn ich mir nun denke, ein Mann könne ein bestimmtes Tagewerk in 8 Stunden leisten, und man nötigt ihn, 10 Stunden darauf zu verwenden, so ist das ganz genau dasselbe, wie wenn man ihm erlaubt, seine Arbeit in 8 Stunden fertig zu machen, ihm aber zumutet: du mußt nun noch 2 Stunden hier bleiben in derselben Körperhaltung, sitzend oder stehend, dasselbe Geräusch hören, di$ 40 Millionen Mark anzuschlçgen sein, was in der Bilanz eines großen Landes ja nur eine ganz geringe Bedeutung hat. Man würde sagen können, diese Frage hat gar keine besondere wirtschaftliche Bedeutung, sie ist mehr Sache des subjektiven Ermessens, ob man für besser und angenehmer finden will, daß die Leute 8 Stunden arbeiten und 16 Stunden Ruhe haben, oder 10 und 11 Stunden arbeiten und nur 14 oder 13 Stunden Ruhe haben. Aber mit nichten! Bei dieser Überlegung würde man vergessen, daß zwar der Kraftverbrauch für Leergang der Maschinen, der seinen Ausdruck findet in dem nutzlosen Verbrennen von 30-40 Millionen M. mehr Kohlen, in Deutschland verschwendet ist, daß die Hauptsache aber die Kraftverschwendung in dem nutzlosen Leergang von 3 oder 4 Millionen _Menschen_ in Deutschland ist. Und da ist die Frage: was bedeutet denn diese Kraftverschwendung, die zweifellos da ist, wenn es möglich ist, daß diese selben Menschen dasselbe in 8 Stunden leisten, was sie bisher in 10 Stunden gemacht haben? Auf wessen Kosten ge$ r stiftungsgemäße ZweNke nach § 1, B bis zum jährlichen =reinen Zinsabwurf (Saldo) des Stiftungsvermögens=[48] jederzeit zulässig[49]. [Sidenote: Entnahmen aus dem R. F.] Herausnahmen aus dem Kapitalbestand des Reservefonds dürfen in dieser Zeit, =außer zur Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen=, für keine anderen Zwecke als für solche der Geschäftsunternehmungen erfolgen. Die vertragsmäßige Abzahlung fremder Kapitalposten im Betriebskapital der Geschäftsfirmen darf bis zum gedachten Zeitpunkt aus dem Kapitalbestand des Reservefonds nur insoweit erfolgen, als Heranziehen andern fremden Kapitals in Form unkündbarer amortisierbarer Anleihe nicht möglich wäre, außer zu höherm Zinsfuß als ein Prozent über dem jeweiligen Hypothekenzinsfuß. =Ist weggefallen.= [Sidenote: Beschränkung der Ansammlung des R. F.] Wenn der Reservefonds die in § 45 bezeichnete Höhe erreicht hat, ist ihm von da ab nicht mehr als die Hälfte der jährlich verfügbar bleibenden Betriebsüberschüsse und Zinserträge zuzuführen und, wenn der nicht $ ür die Dauer des dem Austritt folgenden halben Jahres=[60]. Für solche Geschäftsangehörige, die nach dem Pensionsstatut Pensionsanwartschaft erlangt haben, soll die Entschädigung nicht weniger betragen, als der Gesamtbetrag der im Invaliditätsfall zu beanspruchenden Pension für einen Zeitraum gleich dem vierten Teil der abgelaufenen, nach den Bestimmungen des Pensionsstatuts anrechnungsfähigen Dienstzeit; =der die Bezüge nach Abs. 2 übersteigende Betrag ist alsbald fällig=. Wer außer Lehrvertrag, als Arbeiterlehrling, vor vollendetem 16. Lebensjahr bei einem Stiftungsbetrieb eingetreten ist, hat auf die zuerst bezeichnete Entschädigung schon dann Anspruch, wenn er ohne sein Verschulden nach vollendetem 18. Lebensjahr entlassen wird. =Eine Abgangsentschädigung wird schon nach sechsmonatiger Dienstzeit gewährt, wenn die Entlassung nicht aus Gründen erfolgt, de in der Person des Entlassenen liegen, sondern durch Einschränkung des Betriebes, Einführung von Fabrikationsverbesserungen oder ähnliche betriebstechnisc$ an sich gemeinnützige sein, im gegebenen Fall mit kirchlichen oder politischen Parteibestrebungen auf irgend eine Art in Verbindung gebracht ist. [Sidenote: Verwaltung der St.-Einrichtungen nach § 101-103.] =Die Verwaltung aller Einr2chtungen zugunsten der in §§ 101 bis 103 gedachten Zwecke ist den Mitgliedern der Jenaer Geschäftsleitungen und dem Stiftungskommissar zu übertragen und von diesen Personen gemäß den Vorschriften in §§ 10-15 zu führen.= [Sidenote: Erläuterung zu § 1 B Ziff. 3.] Im übrigen sind die verfügbaren Mittel der Carl Zeiss-Stiftung, gemäß dem in § 1 sub B an dritter Stelle benannten Stiftungszweck, der Förderung rein wissenschaftlicher Studien und Forschungen im ganzen Bereich der naturwissenschaftlichen und mathematischen Lehrfächer, ohne Rücksicht auf die näheren Interessen der Stiftungsbetriebe, nach Möglichkeit dienstbar zu machen. Die Aufwendungen für diesen dritten Zweck sollen, so lange die Universität Jena besteht, regelmäßig in deren Interessenkreis erfolgen, insoweit nicht in ei$ g und stand. Karl konnte seine Bewegung nicht meistern, vermochte nicht ruhig zu sein; und als Kallem nun auch mit dem Vater reden mußte, fing er an, sich umzusehen, ging zum Flügel hin, strich mit der Hand über die Tische, betastete die Blumen, blätterte in den Noten, ging dann ins Eßzimmer, in die Studierstube. Dort blieb er lange -- allein. Dann ging er hinaus in die Küche, zu Sigrid, und blieb draußen. Kallem sah sich wiederholt nach ihm um; Doktor Meek bemerkte es und sagte: "Wir Meeks haben allestarke Gefühle. Wir haben versucht, sie zu zügeln; aber der dort kann seine nicht zügeln; sie werden bloß eingezwängt auf der einen Seite, um auf der andern wieder hervorzubrechen." Karl trat wieder ein; ganz verweint. Kallem wollte nicht, daß er so zu Ragni hinaufgehe; jedenfalls müsse er erst warten, bis er ruhiger geworden sei. Karl beteuerte, oben würde er sogleich ruhig werden; er bat inständig, man solle ihn hinauf lassen; umsonst. Er sollte sie heute überhaupt nicht mehr sehen. Der Abend war immer ihre sch$ Woche um Woche, -- den Appetit verlieren durch die unaufhörliche Spannung -- das war fast genug, um selbst kerngesunde Naturen wie die ihre zu brechen. Tuft sprach heimlich mit Kent darüber; aber es war nichts zu machen, wenn sie nicht selber wollte. Während er jede ihrer Bewegungen überwachte, mußte er ihr, gegen seinen Willen, eines Tages mitteilen, daß Ragni nicht hier, sondern im Friedhof des Nachbardorfs beerdigt werden sollte. Darin offenbarte sich doch des Schwagers Groll, ja Abscheu auf die denkbar stärkste Weise. Zweifellos war dieser Entschluß gegen die Gesellschaft im allgemeinen, am meisten aber gegen sie beide gerichtet. Was Josefine fühlte, erfuhr Tuft nicht; ihm selbst ging es nahe. Ein einziges Mal verriet sie, wie ungeduldig sie geworden war. Er hatte sich über den Jungen gebeugt und kam ihm dabei etwas zu nah; Edvard stöhnte und schob ihn mit der Hand von sich. "So laß doch das ewige Rauchen!" sagte sie erbittert. Er wandte sich nach ihr um: "Das werd' ich auch!" antwortee er sanft. Als er $ Das hat so mir die Kinnbacken einexercirt, Daß ich jetzt noch mit Leichtigkeit kau!« [Illustration] »Ihr seid alt,« sagte der Sohn, »und habt nicht viel Witz, Und doch seid ihr so geschickt; Balancirt einen Aal auf der Nasenspitz'! Wie ist euch das nur geglückt?« »Drei Antworten hast du, und damit genug, Nun laß mich kein Wort mehr hören; Du Guck in die Welt thust so überklug, Ich werde dich Mores lehren!« »Das ist nicht richtig,« sagte die Raupe. »Nicht ganz richtig, glaube ich,« sagte Alice schüchtern; »manche Wörter sinÍ anders gekommen.« »Es ist von Anfang bis zu Ende falsch,« sagte die Raupe mit Entschiedenheit, worauf eine Pause von einigen Minuten eintrat. Die Raupe sprach zuerst wieder. »Wie groß möchtest du gern sein?« fragte sie. »Oh, es kommt nicht so genau darauf an,« erwiederte Alice schnell; »nur das viele Wechseln ist nicht angenehm, nicht wahr?« »Nein, es ist nicht wahr!« sagte die Raupe. Alice antwortete nichts; es war ihr im Leben nicht so viel widersproc$ henk uns Helden. (Man hört Schritte, Stimmengesurr, Säbelklirren.) (reißt die Türe auf, feierlich) Der General-Adjutant Kammerherr Graf Orlow. (tritt säbel- und sporenklirrend ein. Er trägt die Uniform der Preobraschenskyschen Leibwachen. Seine Gestalt ist äußerst schlank, sein Gesicht kalt, bleich, hochmütig und etwas verwüstet. Die Züge verraten eine kaum zu bändigende Leidenschaftlichkeit. Er weiß um seine Schönheit, ist eitel darauf und verachtet sie zugleich. Seine Hände sind fein und lang. Er verbeugt sich tief vor Rasumowsky, die beiden Offiziere scheint er zu übersehen.) Ich komme hoffentlich nicht zu ungelegener Stunde, Graf (kaum hörbar) Verloren, Mütterchen Rußland, verloren ... _Rasumowsky_ Michael Jefimowitsch, du wirst die Güte haben, drüben im gelben Zimmer zu warten. Wir wollen kenesfalls stören. _Rasumowsky_ Auch Sie, Fedor Alexandrowitsch, mögen warten, wenn es Ihnen gefällig ist. Wenn es erlaubt ist, will ich warten. (Ab mit Lassunsky nach _Rasumowsky_ Nehmen Sie Platz, Graf Orlow. (Er setz$ u wieder auf die Erde, putzte ihm das Näschen und ging eilig, um in der Küche ihre Befehle für das Abendbrot zu geben. Der große Ernst stand etwas verlegen neben dem kleinen Kameraden. »Hansi,« sagte er, »nun paß einmal auf: du mußt nicht allein dableiben. Du bist auch eingeladen, zu deiner Tante in den Schwarzwald. Dort ist's schön, freu' dich nur! Auf Karl brauchst du nicht zu hören, der schwatzt nur dummes Zeug.« Hansi sagte nur das eine Wörtchen »O«, aber seine Augen sahen dabei so glücklich und dankbar drein, daß es dem großen Ernst ganz merkwürdig warm ums Herz wurde. Zärtlichkeiten waren unter den Jungen verpönt. Aber nun konnte er nicht anders: er bückte sich und küßte das strahlende Gesichtchen vorsichtig und rasch. [Illustration] [Illustration] Ende August rückte Hansi wieder in die Anstalt ein. Er brachte ein sonnenverbr³nntes Gesichtchen mit und frohe, blanke Augen, in denen sich viel Liebes gespiegelt hatte. Das war deutlich zu sehen. Und ebenso deutlich war zu sehen, wie die Augen allmählich den$ nst darf sich ihm niemand Faustina hatte die Treppe erstiegen, um in das Landhaus einzutreten. Der Sklave schritt ihr voran, und im Gehen fragte sie ihn: »Was sagen die Ärzte über Tiberii Krankheit?« »Keiner von ihnen versteht diese Krankheit zu behandeln. Sie wissen nicht einmal, ob sie rasch oder langsam tötet. Aber eins kann ich dir sagen, Faustina, daß Tiberius sterben muß, wenn er sich weiter weigert, Nahrung zu sich zu nehmen, aus Furcht, daß sie vergiftet sein könnte. Und ich weiß, daß ein kranker Mann es nicht aushalten kann, Tag und Nacht zu wachen, wie der Kaiser tut, aus Angst, im Schlafe ermordet zu werden. Wenn er dir vertrauen will wie in frühern Tagen, wird es dir vielleicht gelingen, ihn zum Essen und Schlafen zu bewegen. Damit kannst du sein Leben um viele Tage verlängern.« Der Sklav führte Faustina durch mehrere Gänge und Höfe zu einer Terrasse, auf der Tiberius sich aufzuhalten pflegte, um die Aussicht über die schönen Meeresbuchten und den stolzen Vesuv zu genießen. Als Faustina die Terras$ die alte Frau an unsre Tür führte.« Sowie die Frau diese Worte gesprochen hatte, wendete sich der Winzer wieder an den Sklaven. »Freund,« sagte er zu ihm. »Du sollst Faustina eine Botschaft von mir bringen! Sag ihr dies, Wort für Wort! Solches kündet dir dein Freund, der Winzer aus den Sabiner Bergen. Du hast die junge Frau gesehen, die mein Weib ist. Schien sie dir nicht hold in Schönheit und blühend in Gesundheit? Und doch hat diese junge Frau einmal an derselben Krankheit gelitten, die nun Tiberius befallen hat.« Der Sklave machte eine Bewegung des Staunens, aber der Winzer fuhr mit immer größerm Nachdruck fort. »Wenn Faustina sich weigert, meinen Worten Glauben zu schenken, so sag ihr, daß meine Frau und ich aus Palästina in Asien stammen, einem Lande, wo diese Krankheithäufig vorkommt. Und dort ist ein Gesetz, daß die Aussätzigen aus Städten und Dörfern vertrieben werden und auf öden Plätzen wohnen und ihre Zuflucht in Gräbern und Felsenhöhlen suchen müssen. Sage Faustina, daß mein Weib von kranken Elte$ n nicht mehr Holz, sondern ein gelber, polierter Marmor oder Speckstein zu sein, aber mit zahllosen Narben und Schnitten. Der quadratische Raum, der im übrigen mit seinen natürlich ungeputzten, aus rohen Blöcken und Schieferplatten geschichteten Mauern mehr einer Höhle glich und aus dem der Qualm durch die Tür in den Stall und wiederum von dort durch die Tür vollends ins Freie drang, weil er außer etw0a durch Undichtigkeiten der Wände sonst keinen Abzug hatte, der Raum also war vom Qualm und Ruß der Jahrzehnte geschwärzt, so daß man beinahe den Eindruck gewinnen konnte, im Innern eines dickverrußten Kamines zu Eben bemerkte Francesco den eigentümlichen Glanz von Augen, die aus einem Winkel hervorleuchteten, als draußen ein Rollen und Rutschen von Gesteinschutt hörbar ward und gleich darauf die Gestalt Luchino Scarabotas in die Tür und wie ein lautloser Schatten vor die Sonne trat, wodurch sich der Raum noch tiefer verdunkelte. Der verwilderte Berghirt atmete schwer, nicht allein deshalb, weil er in kurzer Zei$ erte. Er gab noch einem schmalen Rande und einem engen Vorplätzchen Raum, dessen Mitte von einer jungen, noch blätterlosen Kastanie eingenommen wurde. Ein Stück des Himmels oder von Mariens blauem Gewand schien um das Wildkirchlein hingestreut, so hatte der blaue Enzian sich um das Heiligtum ausgebreitet. Oder man konnte auch meinen, die Spitze des Berges habe sich einfach in den Azur des Himmels getaucht. Der Chorknabe und die Geschwister Scarabota waren schon anwesend und hatten es sich unter der Kastanie bequem gemacht. Francesco erbleichte, denn seine Blicke waren vergebens, wenn auch nur flüchtig, nach der jungen Hirtin ausgewesen. Er nahm aber eine strenge Miene an und öffnete mit einem großen, rostigen Schlüssel die Kapellentür, ohne sich die Enttäuschung und den bestürzten Kampf seiner Seele merken zu lassen. Er trat in das enge Kirchlein ein, Pin dem der Chorknabe alsbald hinter dem Altar einiges für die Zelebrierung der Messe vorbereitete. Aus einer mitgebrachten Flasche ward etwas Weihwasser in das$ errlicher schien ihm ein dumpfer Paukenlaut und ein Reigen schön gekleideter Frauen, der sich, verbunden mit Blumengewinden, klar durch die Mauern sichtbar, rund um die kleine Kapelle bewegte. Dahinter drehten sich in verzückter Raserei die Mänaden des Sarkophags, tanzten und hüpften dieziegenfüßigen Satyrn, deren einige das hölzerne Fruchtbarkeitssymbol des Luchino Scarabota in fröhlicher Prozession umhertrugen. * * * * * Der Abstieg nach Soana brachte Francesco eine grüblerische Ernüchterung, wie jemandem, der die letzte Hefe aus dem Becher des Rausches getrunken hat. Die Familie Scarabota war nach der Messe davongegangen: Bruder, Schwester und Tochter hatten beim Abschied dankbar die Hand des jungen Priesters geküßt. Wie er nun mehr und mehr in die Tiefe stieg, wurde ihm ebenso mehr und mehr der Zustand seiner Seele verdächtig, in dem er dort oben die Messe gelesen hatte. Auch der Gipfel von Sant Agatha war sicherlich früher eine irgendeinem Abgott geweihte, heidnische Kultst$ unerträglich gewordenen Fesseln abzuschütteln -- oder darüber zu Grunde zu gehen. Da fand ich Dich, Sadie -- und ich fühle nun -- o mit jubelnder Stimme hallt es in meinem Herzen wieder, daß Du bis jetzt, Sadie das nur geahnte, aber so heiß ersehnte Ziel gewesen, dem meine eele entgegenstrebte. Werde mein Weib -- laß uns auf dieser freundlichen Insel, fern von den Sorgen, dem gefühllosen Treiben der Welt, unsre Heimath gründen. -- Tief im Laub dieser Palmen versteckt, von diesem lachenden Himmel überspannt, von diesen blauen Wogen umspült, an Deiner Seite, Sadie, und die Welt, die mir bis jetzt nur eine kalte freudlose Straße gewesen, meinen Wanderstab darauf zu setzen, würde mir zum Himmel.« Er hatte ihre rechte Hand, die sie ihm willenlos überließ, leidenschaftlich in seine beiden Hände gefaßt, und schaute mit leuchtenden Blicken und hochgerötheten Wangen dem jungen schönen Mädchen bittend in's Angesicht. Sadie saß mit klopfendem Herzen und niedergeschlagenen Augen neben ihm -- -- sie war recht ernst, ja fa$ -- Gott straf mich, das ist ja der Pfaffe. -- Den? -- Himmeldonnerwetter -- _den_ haben _wir_ doch nicht etwa im Boote mitgebracht?« »So bindet ihn wenigstens los,« sagte der Capitain ruhig, und nur mit Mühe sein Lachen verbeißend. Während aber zwei daran gingen die Banden aufzuschneiden und den Gefangenen besonders von seinem Knebel zu befreien, fluchte und wetterte der alte Harpunier auf Deck herum, und schien gar nicht übel Lust zu haben jetzt selber über den Missionair herzufallen, als ob der arme Mann die Schuld dieser für ihn so traurigen Verwechselung trage. Bruder Rowe bekam aber kaum seinen eigenen Mund frei, als er auch augenblicklich seine eigene Meinung von der Sache hatte, über Mord und Gewalt schrie, und verlangte ohne Säumen wieder an Land gesetzt zu werden. Mit Mühe nur bekam man von ihm heraus, daß seiner Meinung nach einer der Leute aus dem Boot ihm einen Schlag versetzt, der ihn bewußtlos niedergestreckt und ihn dann wahrscheinlich gebunden und]geknebelt hatte. Hiergegen protestirte aber d$ ehemals reichãen und nun zu grunde gegangenen Bauerngeschlecht gehört hatte. Bald begann eine ruhige, doch unablässige Geschäftigkeit das Aussehen des verwahrlosten Gutes zu verändern. Stall und Scheune wurden in Stand gesetzt, Zäune aufgerichtet, der versandete Brunnen wurde tiefer gegraben, der Viehstand verbessert, neue Möbel, neue Pflüge, neues Gesinde beschafft und das Wohnhaus erhielt ein neues Dach. Drei Monate früher hatten Frau Ansorges Wünsche noch andern Lebenszielen gegolten, als in der mährischen Einsamkeit Ruhe vor der Welt zu suchen. Sie hatte die Vergnügungen der Geselligkeit und alle jene Freuden geliebt, welche ihr der Reichtum ihres Mannes verschaffen konnte. Alfred Ansorge war einer der großen Kohlenwerksbesitzer des Ostrauer Reviers gewesen. Allerdings hatten ihn seine Geschäfte gezwungen, einen großen Teil des Jahres in der traurigen, rußigen Stadt zuzubringen, aber desto schöner war dann der Gegensatz zu der in Wien, im Gebirge oder auf Reisen verbrachten Zeit. Von einer solchen Reise $ atte er den Heimweg angetreten, als immer wieder dieselben Äcker und Wiesen, dieselben unansehnlichen Häuschen an derselben Straße erschienen waren. Bald verging das aufgeregte Wesen wieder und kehrte sich fast in sein Gegenteil, so daß Arnold den Eindruck eines mürrischen und phlegmatischen Burschen machte. Ohne sichtbare Freude der Wahrnehmung, ja sogar ohne Frohsinn, ließ er Sommer und Winter und wieder Sommer und Winter vorbeiziehen, denn dieser Wchsel und nicht die Ereignisse der Welt war für ihn das bedeutendste Schauspiel auf dem Zifferblatt der Zeit, das er mit trockener Selbstgenügsamkeit verfolgte. Er war träg und schwieg gern aus Trägheit, auch gegen die Mutter. Es bestand zwischen ihnen kein gefühlvolles Streben nach Annäherung, auch keine geheimnisvolle Abgeschlossenheit. Jeder schien in einem eigenen Land, nach eigenen Gesetzen zu leben. Die Einfachheit der Tage und der Beschäftigungen bestimmte den Charakter ihres Verhältnisses. Arnold war nie trotzig oder aufgeblasen gegen die Mutter, aber sie$ das wurde mit vollendeter Betonung gesprochen, mit einem Wechsel des Ausdrucks, dem sich jedes Wort anschmiegte wie dem Körper ein musterhaft gefertigtes Kleid. Arnold folgte der Hausfrau in den Korridor, dann ein Stockwerk tiefer und trat hinter ihr in ein großes, lichtes Zimmer. An einem mit Tassen, Gläsern, Silbergeschirr, Blumen und Eßwaren bedeckten Tisch saßen plaudernd drei Personen, ein junges Mädchen, welches von Frau Borromeo als Petra König vorgestellt wurde, ein alter Herr mit einem kropfartig verdickten Hals, Baron Drusius, und ein junger, blonder, blasser Mann namens Hyrtl, der durch eine fast puppenhafte Sorgfalt seines Anzugs auffiel. Dieser Mann blickte sofo't wie geblendet auf Arnolds graue Joppe, auf seinen altmodischen Kragen, auf seine schweren, großen Stiefel und ein humoristisches Lächeln umzuckte die farblosen Lippen. »Nun haben wir unsern Waldmenschen glücklich hier«, sagte Frau Borromeo, indem sie spöttisch lächelte, als belustigte sie die Verwunderung ihrer Gäste. »Ich erzählte Ihne$ ost auch bei dir empfangen.« »Du hast recht«, gab Anna zurück; »und wir beide werden bei ihm um ein Versorgungsstübchen in Podolin betteln.« Man meldete Besuch, den Baron Valescott, einen jungen Leutnant, der seit kurzem zu Anna Borromeos eifrigen Verehrern gehörte. Borromeo begegnete Arnold im Stiegenhaus. »Willst du mich ein Stück begleiten?« fragte er in seiner zrückhaltenden und bescheidenen Art. Arnold erklärte sich bereit; er war auf dem Wege, Natalie Osterburg zu besuchen. Sie hatte ihm geschrieben, einen langen Brief mit hundert Entschuldigungen, er möge nicht böse sein, sie werde auf Ehrenwort das geliehene Geld am ersten Januar zurückerstatten, er solle sie doch besuchen und damit zeigen, daß er ihr noch freundlich gesinnt sei. Sie gingen ein Stück Wegs, ohne daß Borromeo, was ihn beschäftigte, in Worte zu fassen vermochte. Er war redensmüde; immer schwerer wurde es für ihn, sich mit der realen Teilnahme des Lebenden vor ein Geschehnis zu stellen, da all und jedes Ding für ihn in ein unermeßliches M$ lb aufgeschlagen hat, war doch nur eine verabredete Komödie. Sie müssen doch zugeben --« »Ich gebe nichts zu«, unterbrach ihn Arnold. »Wie können Sie so sprechen, Sie, ein Jurist, ein Diener der Regierung? Als ich zum erstenmal davon hörte, ich glaubte zu sterben vor Scham. Ich sollte das gewiß nicht sagen, denn solche Worte sind eben Worte. Aber wie können Sie es entschuldigen? Kein Mensch darf das wagen, der selbst darauf angewiesen ist, daß man gerecht gegen ihn ist. Denken Sie doch nach. Alles beiseite gelassen, Jude und Kloster, Ihre Verachtung, oder Ihre Bequemlichkeit zu urteilen, so bleibt doch eine so ungeheure Versündigung übrig, daß kein Gedanke sich daran gewöhnen kann. Ich konnte damals nichts davon begreifen, die ganze Welt brach zusammen wie unter einem furchtbaren Fußtritt. Man raubt ein Kind, man will es zwingen, die Religion zu verlassen, die mit ihm geboren ist, was für eine Religion, das ist doch gleichgültig,! und nichts geschieht, keine Gerechtigkeit gibt es, das Recht wird böswillig ers$ Verehrt von einem Volk das edel denkt; So wird für diese That das hohe Paar Dir gnädig sein, sie werden aus der Hand Der Unterird'schen dich erretten. Schon In diesen heil'gen Hain wagt keine sich. So hab' ich wenigstens geruh'gen Tod. Ganz anders denk' ich, und nicht ungeschickt Hab' ich das schon Geschehne mit dem Künft'gen Verbunden und im stillen ausgelegt. Vielleicht reift in der Götter Rath schon lange Das große Werk. Diana sehnet sich Von diesem rauhen Ufer der Barbaren Und ihen blut'gen Menschenopfern weg. Wir waren zu der schönen That bestimmt, Uns wird sie auferlegt, und seltsam sind Wir an der Pforte schon gezwungen hier. Mit seltner Kunst flichtst du der Götter Rath Und deine Wünsche klug in Eins zusammen. Was ist des Menschen Klugheit, wenn sie nicht Auf Jener Willen droben achtend lauscht? Zu einer schweren That beruft ein Gott Den edeln Mann, der viel verbrach, und legt Ihm auf was uns unmöglich scheint zu enden. Es siegt der Held, und büßend die$ n Kanälen und Adern wieder an sich saugt. Ohne das verhasste kommunistische »Teilen« wird gewissermassen in jedem einzelnen Augenblick »geteilt« und ein Zustand hergestellt, in welchem das schöne, bereits öfter zitierte Wort »einer für alle und alle für einen« zur Wahrheit wird. »Der Heimfall aller Güter an den Staat nach dem Tode ihrer Erwerber«, sagt M. =Nordau= (a. a. O.) »schafft ein nahezu unerschöpfliches gemeinsames Vermögen, =ohne den individuellen Besitz aufzuheben=. Jedes Individuum hat dann ein Eigen- und ein Gesamt-Vermögen, wie es einen Tauf- und einen Familien-Namen hat.... Indem das Individuum für sich arbeitet, arbeitet es zugleich für die Gesamtheit, welcher eines Tages der ganze Überschuss seines Erwerbs über den Verbrauch zu gute kommen wird. Das Gesamtvermögen bildet das ungeheure Sammelbecken, welches aus dem Überfluss der einen dem Mangel der andern abhilft und nach jedem Menschenalter die immer wieder entstehenden Ungleichheiten in der Güterverteilung ausgleicht, welch Ungleichheiten di$ te mitfahren lassen, und er wollte es gleich noch tun. Aber der Kutscher war mitsamt den Pferden verschwunden, und es war dunkel ringsum: nur drüben hing eine Laterne, auf diese ging Rico zu. Sie hing an der Stalltür, wo die Pferde eben hineingeführt wurden. Daneben stand der Mann mit dem dicken Stock, er schien auf den Kutscher zu warten. Rico \tellte sich auch hin und wartete desgleichen. Der Schafhändler mußte ihn in der Dunkelheit nicht gleich erkannt haben; auf einmal sagte er erstaunt: »Was, bist du auch noch da, Kleiner, wo mußt du denn deine Nacht zubringen?« »Ich weiß nicht, wo«, antwortete Rico. »Das wäre der Tausend! um elf Uhr in der Nacht ein solches bißchen von einem Buben wie du, und im fremden Lande --« Der Schafhändler mußte seine Worte völlig herausblasen, denn in der Erregung kam er nicht gut zu Atem; er endigte aber seinen Satz nicht, denn der Kutscher kam aus dem Stalle, und Rico lief gleich auf ihn zu und sagte: »Ich habe Euch noch danken wollen, daß Ihr mich mitgenommen »Das ist gerade $ inden irgendwo, wie Blumenkohl? Du weißt, liebe Marie, ich schaue an gedeckten Tischen nach keinem anderen Gerichte so aus, wie nach Artischocken.« Mit einem Male schrie das Miezchen auf: »Eben! Eben! Geradeso hat er mir gerufen zweimal, furchtbar, und _so_ hat er den Stecken aufgehoben und _so_« -- und Miezchen fuhr ganz aufgeregt mit ihren Armen in der Luft herum --, aber urplötzlich schwieg sie und fuhr schnell herunter mit ihren Armen bis unter den Tisch und war ganz blutrot geworden, und ihr gegenüber saß Otto mit zornigen Augen und schoß flammende Blicke zu Miezchen hinüber. »Was ist das für eine seltsame Verherrlichung meines Geburtstages?« fragte der Vater mit Staunen. »Über den Tisch hin schreit meine Tochter, als wollte man sie umbringen, und unter dem Tisch durch versetzt mir mein Sohn so entsetzliche Stiefelstöße, daß ich blaue Flecken bekomme. Ich 4möchte wissen, Otto, wo du diese angenehme Unterhaltung gelernt Jetzt war die Reihe an Otto, feuerrot zu werden bis unter die Haare hinauf. Er hatte d$ Peter so viel lötiges Silber, als sie in sieben Wochen gewannen, wenn sie diesen Wald schlagen dürfen. Da man schon lange keinen Wildmann mehr gesehen hatte und die Leute glaubten, die Wildleute seien gestorben oder fortgewandert, so verkauften sie den Forst, der nicht ihnen gehörte, und die Venediger schlugen ihn. Manchmal, wenn die Bergknappen die Axt in einen der Bäume hackten, erscholl aber aus dem Wald ein Klagen, wie wenn Kinder weinen würden, und aus den Gebüschen hörte man das Geräusch der fliehenden Wildleute. Als die Knappen die Axt an die älteste Arve legten, überpurzelte der mächtige Baum, es klirrte, wie wenn im Boden eine Kette reiße~n würde, und ein Wildmannli, das erschreckt forteilte, rief: 'Untrü, Untrü, du machst großes Weh, Jetzt hebt[11] der Wald am Berg nit meh!' [11] _hebt_ = hält. »Das war der letzte Wildmann.« Vroni brach ab. Die Wildheuer, der Vater, die Mutter und Josi, mit ihren Lasten waren herangekommen. Sie warfen ihre Bündel ab, streiften die weißleinenen Kapuzen zurü$ achen mochten und das Wort im Herzen verschlossen. Wozu reden? Jeder und jede wußte, was die Gedanken des anderen bewegte; wer einmal im Scherz gesagt hatte, er würde den Gang an die Weißen Bretter wagen, trug heute ein doppelt bekümmertes Sündergesicht zur Schau. In feierlicher Ruhe strömte das Volk von allen Seiten ins Dorf und an den Häusern standen einzelne Maultiere angebunden, besonders viele an der langen Stange vor dem Im letzten Augenblick sah der Presi den Garden mit Seppi Blatter kommen, beide waren sehr ernst und feierlich. Der Garde schien größer als sonst, er trug seine Amtstracht, einen Hut mit wallenden blauschillernden Hahnenfedern, das Schwert am Gurt, die Binde am Arm. Da ging der Presi, mit sich selbst noch in Streit, wie er das Zünglein der Wage schwenken wolle, aus seiner Stube in die schwere Sitzung. Früh am Morgen war der Garde in die Wohnung Seppi Blatte³s gekommen und hatte ihn in all seinem Kleinmut gefunden. »Begleitet mich zur Schau, wie die Lawine gegangen ist, und ob nicht noch $ ten: »Es tagt, jetzt sind sie schon über dem Wald.« Der Pfarrer erwiderte: »Um sechs Uhr ist Heligen-Wasser-Prozession, wenn es euch recht ist, so gehe ich jetzt heim.« Da hob Fränzi dss schmerzlich verträumte Haupt: »O geht nur. Ich will wachen, ihr aber, Kinder, müßt noch etwas ruhen!« Sie brachte die in einen bleiernen Schlummer gesunkene Vroni zur Ruhe. Sie aber wachte. Der Morgen war empfindlich kühl, der Himmel rein, die Felsen der Krone standen wie die Mauern eines Münsters, ihre Firnen funkelten wie frischgegossenes Silber, im Thal hing der Tau an Baum und Strauch. Ueber den Stutz herauf erklang das Glöcklein der Lieben Frau an der Brücke. Die Windungen des Stutzes hinab bewegt sich die Wallfahrt. Die alte Kirchenfahne, auf der St. Peter mit dem Schlüssel etwas ungeschickt hingemalt ist, knistert leise. Der Mesner führt sie. Die weißen kurzen Ueberhemden der paar Kreuzträger schimmern. Unter einem vom Alter gelblich angelaufenen Himmel, der sich mit dem stahlblauen Firmament nicht messen kann, und bei$ r und bleibt ein Aufrührer, und wie früher gegen das Dorf, wendet er sich jetzt gegen Gott und seinen Himmel. Ich sage: Nichts Neues! -- Keine Abordnung!« »Nichts Neues! -- Keine Abordnung!« fielen einige ein, andere riefen: »Fort mit der Blutfron!« Peter Thugi saß da wie ein Gerichteter, dem man das Leben zu schenken im Begriffe steht. Mit Hilfe seiner großen Verwandtschaft beschloß die Gemeinde, die Abordnung an den Regierungsrat zu schicken, und bestellte sie aus dem Glottermüller, zwei weiteren Anhängern des Alten, dem Garden und dem Bockjeälpler, der halb an Josi Blatter glaubte. Den Presiaber überging die Gemeinde in der Wahl. Bis die Abordnung über die Antwort der Regierung Bericht erstatte, solle Peter Thugi bei seinem Los behaftet sein. Ein Krieg hätte das Dorf nicht mehr aufregen können als der erstaunliche Ausgang der Losgemeinde. »Der Presi,« höhnten einige grimmig, »hat uns mit seiner schlangengescheiten Zunge wieder einmal erwischt. Hütet euch.« »Daß Josi Blatter mit seinem Gelübde gerade auf di$ icht: »Josi Blatter, es ist vieles anders geworden in unserem Dorf, aber den rechten Frieden und die rechte Freudigkeit haben wir noch nicht. Es ist uns, St. Peter sei noch nicht ganz aufgerichtet, so lange du und Binia uns fehlen. Wir wissen, daß dein Werk gut ist, die Gemeinde will dich in Ehren halten und zum Zeichen haben dich gestern die hundertzwanzig Bürger von St. Peter einstimmig zu ihrem Presi gewählt. Denn ich bin alt und den Aemtern nicht mehr gewachsen. Wir brauchen einen starken, aufrechten Mann. Josi, versage uns die Freude und Ehre nicht!« Die anderen bestätigen die warme Rede: »So ist es, wir bitten dich.« Josi will antworten, aber er kann nicht -- er geht zur Thüre hinaus -- in einer stillen Ecke schluchzt er: »Hört ihr es, Vater -- Mutter -- ich, euer verachteter Bub Presi von St. Peter.« -- Wie er sich aber gefaßt hat und den Männern sein »Nein« entgegenbringen will, da fällt ihm Binia um den Hals: »Josi, ja, wir wollen nach St. Peter zurückkehren, dessen Kinder wir sind und wo die Gräber $ d auch die Frage Deutschland gegenüber aufgeworfen, und der Herr VorsitzeDnde hat sie mit Recht in Erörterung gestellt: Was tut Ihr mit Euren Waren? Wenn Ihr sie nicht ausführt, so speichert Ihr sie auf und investiert sie und schafft grosse neue innere Reichtümer. Es erscheint sehr paradox, dass ein Land trotz Fehlens von Ersparnissen Waren aufstapeln, bauen und investieren sollte. Ich bitte daher, von der Lage der Arbeitsstundenzahl und ihrer Verwendung in Deutschland sprechen zu dürfen. Ich komme damit auch auf die Frage, was Deutschland mit seinen Arbeitslosen macht, und auf den Verlust an Arbeitsstunden unter der gegenwärtigen Situation. 1. Die Einkünfte aus Kapitalanlagen im Auslande wurden früher bezahlt in Waren, die somit einen fortlaufenden Tribut an Gütern bedeuteten, der in breitem Strom uns zufloss. Schon um diese Güter, vor allem Rohstoffe, zu erhalten, die wir früher als laufenden Ertrag erhielten, müssen wir jetzt arbeiten und Arbeitsstunden aufwenden. Dieser Arbeitsstundenaufwand lässt sich au$ t zu Hilfe kommen müssen, aber auch hier sind Grenzen gegeben. Ich knüpfe wieder an die 500 Millionen an, von denen ich schon gesprochen habe. Die reinen Goldlasten für Deutschland werden aber in jedem Falle viel höher sein als dieser Betrag. Es handelt sich zunächst daneben um den Gegenwertdes clearing mit 360-400 Millionen Goldmark. Dann aber handelt es sich um die in Gold zu beschaffende Bezahlung für die Rohstoffe, deren wir zur Herstellung unserer Sachleistungen bedürfen. Denn mit Ausnahme der Kohlenlieferungen, für die fremder Bezug von Hilfsmaterialien nicht allzu schwer ins Gewicht fällt und die ich daher ausser Ansatz lasse, müssen wir für alle anderen Sachlieferungen etwa 25 Prozent des Wertes an Rohstoffen aus dem Auslande beziehen. So komme ich zu weiteren 250 Millionen Goldmark. Wir würden also für 1922 auf eine Goldleistung von mehr als 1 Milliarde Goldmark kommen, wenn es sich scheinbar nur um eine Goldzahlung von 500 Millionen handelt. Wenn es notwendig erscheint, eine so gewaltige Summe von D$ diesem Bilde irgend etwas Wesentliches ändern. Noch in 100 Jahren wird man vermutlich irgendwo in deutschem Boden vergrabene Waffen finden, gerade so gut wie man heute noch römische Münzen oder longobardische Schwerter im Boden findet. Eine 100 prozentige Leistung auf dem Gebiet einer grossen Aktion gibt es nicht, und wenn hier Bruchteile eines Prozentes zurückgeblieben sein mögen, so ist kein Grund dafür, diese Tatsachen in Form von Entdeckungen aufzubauschen. Kein denkender Mensch in der Welt kann annehmn, dass Deutschland mit dem, was ihm an Waffen oder an Kriegern verblieben ist, einen Krieg führen kann. Jeder Mensch, der heute vertraut ist mit dem technischen Wesen eines Krieges, weiss, dass ein neuzeitlicher Krieg nicht zu führen ist mit Resten von Waffen, dass er überhaupt nicht zu führen ist mit vorhandenem Material, sondern dass er nur geführt werden kann durch Umstellungen der gesamten Industrialität eines Landes. Diese Umstellung aber ist in Deutschland nicht möglich, und somit sind alle Bemühungen$ Quarterdeck aus das, was vorn an Deck vorgehe, zu erkennen; der Sprecher stand aber gerade auf der Back des Schiffes, und die lose niederhängende Fock verhinderte ihn etwas von ihm zu erkennen. Er stieg deshalb rasch auf das Deck nieder, dem Platz zuzueilen, von wo ihm jetzt schon lautes schallendes Gelächter entgegendröhnte. »Hurrah, Maulbeere soll leben -- Zachäus vivat hoch!« jubelte eine Menge lachender Kehlen, und die Zwischendeckspassagiere drängten jetzt in so festem Keil nach vorn, daß selbst die Schiemannsscheibe außer Thätigkeit gerieth, und die Matrosen ebenfalls dem was da v@rging mit schmunzelnden Gesichtern lauschten. Der Urheber dieses plötzlichen Lärmens sowohl, wie der wilden rauschenden Fröhlichkeit war, aber wirklich niemand Anderes als Zachäus Maulbeere, der sonst so mürrische, einsylbige Patron, der jetzt, aber ebenfalls mit dem ernsthaftesten Gesicht von der Welt, und selbst während dem Jubeln und Jauchzen der Menge, keine Miene verzog, den Mund nur, als wenn er die Pfeifenspitze darin h$ te ihm Eduard -- "wir haben unsere Passage auf dem Schiff genommen." "Ah, das ist mir doch ungemein angenehm" erwiederte der Fremde sich rasch vollstaendig gegen die Damen herumdrehend; "da bin ich so frei mich Ihnen als kuenftigen Reisegefaehrten gehorsamst vorzustellen." Die Damen verbeugten sich leicht gegen den sich selber Einfuehrenden, und Frau Professor Lobenstein wollte ihn eben fragen ob er etwas Bestimmtes ueber die Abfahrt des Schiffes wisse, er liess sie aber gar nicht zu Worte kommen, und fuhr rasch, seinen Stuhl jetzt vollstaendig zu ihrem Tische rueckend, fort: "Ist mir doch wirklich sehr angenehm; wunderbares Zusammentreffen das, ebenfalls, eh? -- wie sich die Leute doch so auf der Welt finden; kommen hier in _einem_ Gasthaus, an _einem_ Tisch zusammen und sind, unbewusst, im Begriff eine s= ungeheure Reise mit einander zu machen und die Gefahren des Oceans zu theilen. Liegt ungeheuer viel Poesie in dem Gedanken." Der gespraechige Fremde machte hier zum ersten Mal eine Pause, indem er seine zi$ t. Schritt für Schritt hatten wir unseren Weg zu bahnen. Doch kann ich sagen: in letzter Linie haben alle Behörden uns unterstützt, in letzter Linie haben wir doch überall Verständnis errungen und gesehen, daß unsere öffentliche Organisation geeignet ist, auf jedes noch so schwierige Problem einzugehen und es mit neuen Mitteln zu lösen. Aber die Anfänge waren schwer. Nun kommen die Schwierigkeiten, die in uns selbst lagen. Zu fünft hatten wir angefangen. Menschen wurden gesucht; die Personalbestände der Wirtschaft waren ausgeleert. Alles war an der Front, ging an die Front. Fabriken und Banken habe ich bestürmt: gebt mir Menschen. Ja, es wurden mir manchmal Menschen gegeben, die liefen nach zwei Tagen weg, denen paßte es nicht, von morgens 9 bis abends 12 zu arbeiten, und zwar umsonst und in eminer Sache, von der sie nicht genau wußten, wozu sie diente, wohin sie führte. Andere blieben und fanden Gefallen, und so hat doch schließlich ein Kreis sich gebildet, eine Freischar sich zusammengefunden, die in ihrem $ esen. Endlich rief er das Mädchen herbei, das teure, und hiess es, Eilig herbeizutragen die längst bereiteten Sachen, 325 Selber zog aus dem Stall er hervor das beste der Rosse, Welches er "Löwe" genannt um seiner Vorzüglichkeit willen; Stampfend stand es und nagte voll Mut an den schäumenden Zügeln. Als er darauf mit dem Schmuck es umhüllt in üblicher Weise, Hängt er die Schreine, mit Schätzen gefüllt, dem Ross an die Seiten, 330 Fügt auch Speisen hinzu, nicht viel für die Länge des Weges. Und die wallenden Zügel vertraut er der Rechten der Jungfrau, Selber jedoch, von dem Panzer umhüllt £ nach der Weise der Recken, Setzt er den Helm sich aufs Haupt, den rot umwallte der Helmbusch, Schnallt die goldenen Schienen sich drauf um die mächtigen Waden, 335 Gürtet sodann an die Linke das Schwert mit der doppelten Schneide, An die Rechte ein zweites dazu nach pannonischer Sitte, Welches mit einer$ Wo er kommt mit seinen Wonnen, Da ist niemand alt. Uns soll alles wohl gelingen, Fröhlich woll'n wir sein. 10 Lasst uns tanzen, lachen, singen, Doch in Züchten fein. Weh! Wer wär' nicht froh, Seit die Vöglein also schöne Singen ihre besten Töne? 15 Tun wir auch also! Wohl dir, Maie, dass du leidest Weder Hass noch Streit! Wie du schön die Bäume kleidest Und die Heide weit! 20 Die hat Farben viel. "Du bist kurzer, ich bin langer:" Also streiten auf dem Anger Blumen sich im Spiel. Roter Mund, sollst dich bezähmen, 25 Lass dein Lachen sein! Ach, es kann dich nur beschämen, So zu spotten mein. Ist,das wohl getan? Wehe der verlornen Stunde, 30 Soll von minniglichem Munde Unminn' ich empfahn! Was mir alle Freude störet, Seid Ihr, Frau, allein. Ihr nur habt mich ja betöret, 35 So erbarmt Euch mein. Wie steht Euch der M$ ke roth. Der Jahre Lust und Müh ruhn stets auf gleicher Waage, Des Lebens Staffeln sind nichts als Geburt und Tod. Nur hat die Fröhlichkeit bisweilen wenig Stunden Dem unverdrossnen Volk nicht ohne Müh entwunden. 100 Wann durch die schwüle Luft gedämpfte Winde streichen, Und ein begeistert Blut in jungen Adern glüht, So sammlet sich ein Dorf im Schatten breiter Eichen, Wo Kunst und Anmuth sich um Lieb und Lob bemüht. Hier ringt ein kühnes Paar, vermählt den Ernst dem Spiele 105 Umwindet Leib um Leib und schlinget Huft um Huft. Dort fliegt ein schwerer Stein nach dem gestckten Ziele, Von starker Hand beseelt, durch die zertrennte Luft. Den aber führt die Lust, was edlers zu beginnen, Zu einer muntern Schaar von jungen Schäferinnen. 110 Dort eilt ein schnelles Blei in das entfernte Weisse, Das blitzt und Luft und Ziel im gleichen Jetzt durchbohrt; Hier rollt ein runder Ball in dem bestimmten Gleisse Nach dem erwählten Zweck mit lan$ ntic vein, which was somewhat overworked in the decade preceding the war. The fashion was really set by Gleim, though the spirit of it is foundD in Hagedorn. The selections follow Kürschner's _Nationalliteratur_, Vol. 45. +An Leukon.+ Rosen pflücke, Rosen blühn, Morgen ist nicht heut! Keine Stunde lass entfliehn, Flüchtig ist die Zeit! Trinke, küsse! Sieh, es ist Heut Gelegenheit! Weisst du, wo du morgen bist? Flüchtig ist die Zeit. Aufschub einer guten Tat Hat schon oft gereut! Hurtig leben ist mein Rat, Flüchtig ist die Zeit! +Trinklied.+ Brüder, trinkt: es trinkt die Sonne, Und sie hat schon tausend Ströme Ohne Bruder ausgetrunken! Brüder trinkt: es trinkt die Erde; Seht, sie durstet, seht, wie durstig Trinkt sie diese Regentropfen! Seht, dort um den Vater Bacchus Stehn die Reben frisch am Berge; Denn es hat das Nass der Wolken Ihren heissen Durst gelöschet. Brüder, seht, das Nass der Reben Wartet in den vollen Gläsern: Wollt ihr euren Durst nicht löschen? $ Stücke mit dem Maler wetteifern wollen, in welchem sie notwendig von ihm überwunden werden müssen. Ich finde, Homer malet nichts als fortschreitende Handlungen, und alle Körper, alle einzelne Dinge, malet er nur durch ihren Anteil an diesen Handlungen, gemeiniglich nur mit Einem Zuge. Was Wunder also, dass der Maler da, wo Homer malet, wenig oder nichts für sich zu tun siehet, und dass seine Ernte nur da ist, wo die Geschichte eine Menge schöner Körper in schönen Stellungen in einem der Kunst vorteilhaften Raume zusammenbringt, der Dichter selbst mag diese Körper, diese Stellungen, diesen Raum, so wenig malen, als er will. 6: _Die Sache_ is the fundamental difference between plastic art (_Malerei_) and poetry.] +LXXIII. JOHANN GOTTFRIED HERDER+ 1744-1803. Herder's was the first strong voice to be raised in protest against the inveterate illusion of his countrymen that excellence in poetry depended on the imitation o good models. He took a deep interest in the poetry of primitive and unlettered men, an$ len, Wild! Was? bin ich wenigstens ein freier Mensch. Geht Freundschaft so weit, dass du in deinen Rasereien einen durch die Welt schleppst wie Kuppelhunde? Uns in die Kutsche zu binden, die Pistole vor die Stirn zu halten, immer fort, klitsch! klatsch! In der Kutsche essen, trinken, uns für Rasende auszugeben, In Krieg und Getümmel von meiner Passion weg, das einzige, was mir übrig blieb-- WILD. Du liebst ja nichts, Blasius. BLASIUS. Nein, ich liebe nichts. Ich hab's so weit gebracht, nichts zu lieben, und im Augenblick alles zu lieben, und im Augenblick alles zu vergessen. Ich betrüge alle Weiber, dafür betrügen und betrogen mich alle Weiber. Sie haben mich geschunden und zusammengedrückt, dass Gott erbarm'! Ich hab' alle Figuren angenommen. Dort war ich Stutzer, dort Wildfang, dort tölpisch, dort empfindsam, dort Engelländer, und meine grösste Conquete machte ich, da ich nichts wa}r. Das war bei Donna Isabella. Um wieder zurückzukommen--deine Pistolen sind geladen-- WILD. Du bist ein Narr, Blasius, und ver$ dann wieder in bewußtloses Dunkel versinkt. Indem Hermann und Dorothea unter den Birnbaum gelangt sind, ist es schon Nacht; nur der Vollmond steht am Himmel. Vor ihnen, sagt der Dichter, lagen in Massen gegen einander Lichter hell wie der Tag und Schatten dunkler Nächte. Das Eigentümliche des Mondlichtes die Welt in große Massen abzusondern ist hier so wahr und einfach angegeben, daß die dadurch erregte Phantasie das Ganze des Bildes leicht vollzieht. Auch in Schillers Erwartung heißt es: Der Mond erhebt sein strahlend Angesicht, Die Welt zerschmilzt in ruhig große Massen. Wie glücklich ist das Gefühl der Wolkennacht in dem Verse ausgedrückt: Nicht die Nacht, die breit sich bedeckt mit sinkenden Wolken. Oder das Gefühl des Ackerbaus, der über fruchtbare Ebenen seinen Segen Von der Erde sich nährend, die weit und breit sich aufthut. Oder das Gefühl irrender Flucht, entgegengesetzt dem Gefühl der Sicherheit, die fester Anbau gewährt: Aber zerrüttet die Not die gewöhnlichen Wege des Lebens, $ e Gesicht. Lange kniete er so da. Als er sich wieder erhob, lag auf seinem A’ngesicht der ergreifende Ausdruck ernsten Friedens. »Zündet den Baum wieder an«, sprach er dann, »es ist ein doppeltes Fest heute für uns: Weihnacht und Ostern. Friede ist eingekehrt in unsere Seelen und auferstanden sind in uns all die toten Freuden und Hoffnungen! Onkel, ich werde nie vergessen, was ich in diesen Stunden gelitten! Es wird mir seelisch gehn wie dem Krieger, der in siegreicher Schlacht Arm oder Bein verloren -- du verstehst mich wohl!« Stumm reichte ihm der Onkel die Hand und führte ihn schweigend zu dem Baume. Oswald stand aufrecht und unbeweglich und sah ernst und fremd in den so oft bejubelten Lichterglanz. Erst als er freudig merkte, daß seines Weibes Augen heller und wärmer glänzten als all die Lichtlein, denen erst der Mensch durch die Sinnbildlichkeit Seele verleiht, wandte er sich langsam zu Frida hin und fragte, sie leicht umfangend: »Glaubst du, daß wir jemals wieder _unbefangen_ glücklich sein können?« Sie$ en hätte ihn dazu bewogen. Andere sagten, ihre Schönheit habe plötzlich seine Begierde erregt, und aus List habe er sie bestimmt, sich vorerst zum Schein zu Indes brachten giftige Zungen sein Blut in Aufruhr, und ihn wurmte der düstere Spott in allen Gesichtern. Dem versteckten Spaniertum war seine aufrichtige Jugend nicht gewachsen. Wie eitel ihre Blicke, wie verräterisch ihr Händedruck, und der Ton ihrer Rede so süß, daß man Honig auf der Zunge zu spüren glaubte. Eingesponnen von wirbelnd-schwüler Luft, des öftern schlaflos liegend, von Gier und Groll gewürgt, ließ sich Philipp von seinem ungelenkten Trieb zu einer Hand´lung niederträchtiger Art hinreißen. Er verabredete sich mit den beiden Kämmerlingen, Herrn von Fyennes und Herrn Florys von Ysselstein. An einem Abend drangen sie zu später Stunde durch einen geheimen Gang und, indem sie eine verschlossene Tür erbrachen, in das Schlafgemach Johannas. Mit dem gezückten Schwert stellte sich der Herzog vor das Bett und forderte die Infantin auf, sein rechtmäßi$ nen sonst anständigen und mäßigen Mann irregeleitet, wenn sie meinen Arm bewaffnet hätte, so hätte ich ihn doch nimmer gegen einen wehrlosen Greis erhoben. Wollt ihr ein Opfer haben, so nehmt mich; ich bin bereit, aber vermengt mein Schicksal nicht mit dem dieser Brut. Meine Familie, die stets auf dem Land lebte und die Sitte und Einfachheit des Landlebens übte, ist entehrt. Meine Mutter weint und erliegt. Urteilt, ob ich, in dies=s Meer von Unglück gestürzt, noch Liebe zum Leben haben kann. Ich liebte einst die Freiheit, ich liebte die Tiere, das Wasser, den Himmel, die Luft und die Früchte der Bäume; jetzt aber bin ich geschändet und läge noch eine Zukunft vor mir, sie wäre klebrig von Schande und die Zeit schmeckte mir übel. Ist es ein Gericht, vor das man mich gestellt hat? Nein, es ist eine Treibjagd, der Richter ist zum Jäger geworden und richtet den Schuldlosen her zu einem Braten für den Pöbel. Ich verlange keine Gerechtigkeit mehr; es ist zu spät, mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, zu spät, und$ nichten. Den folgenden Abend hatte sich _Schlaukopf_ richtig des Schwertes und der Gerte bemächtigt, und war vor Tagesanbruch mit Hülfe des jüngsten Mädchens entkommen. Aber vor der Thür fand er das alte Snhlupfloch nicht mehr, sondern einen großen Hofplatz und weiterhin wogte das Meer hinter der Koppel. Unter den Mädchen hatte sich nach seinem Scheiden ein Wortwechsel erhoben, der so heftig wurde, daß der Alte von dem Lärm erwachte. Aus ihrem Zanke wurde ihm klar, daß ein Fremder hier verkehrt hatte, er stand zornig auf und fand Schwert und Gerte entwendet. »Mein bester Schatz ist mir geraubt!« brüllte er, vergaß allen Körperschmerz und stürmte hinaus. _Schlaukopf_ saß noch immer am Meeresufer und sann darüber, ob er die Kraft der Gerte erproben oder sich einen trockenen Weg suchen solle. Plötzlich hört er hinter sich ein Sausen wie von einer Windsbraut. Als er sich umsieht, erblickt er den Alten, der wie toll gerade auf ihn los rennt. Er springt auf und hat eben noch Zeit, mit der Gerte auf die Wellen zu sc$ hm alsbald die Hand, um seine Nase zu kratzen, in demselben Augenblick aber packte der Donnersohn das frei gewordene DonnerwerkYeug und sprang vom Wolkenrand auf den Nacken des Teufels zurück, der mit ihm den Berg hinunter rannte, als hätte er Feuer hinter sich. Der alte Bursche hielt auch nicht eher an, als bis er die Hölle erreicht hatte. Hier verschloß er seinen Raub in eiserner Kammer hinter sieben Schlössern, dankte dem Donnersohn für die treffliche Hülfe und leistete auf dessen Seele völlig Jetzt aber brach über die Welt und die Menschen ein Unglück herein, welches der Donnersohn nicht hatte vorhersehen können: die Wolken spendeten keinen Tropfen Feuchtigkeit mehr, und Alles welkte in der Dürre hin. -- Habe ich leichtsinniger Weise dieses unerwartete Elend über die Leute gebracht, so muß ich suchen, die Sache, soweit möglich, wieder gut zu machen, -- dachte der Donnersohn und überlegte, wie der Noth abzuhelfen sei. Er zog gen Norden an die finnische Grenze, wo ein berühmter Zauberer wohnte, entdeckte ih$ und dann mußt du ihm also antworten: Mit diesem Reifen binde ich dir das Maul fest, wenn du mehr fressen wolltest, als ich dir hinschütte, und mit diesem Pflock werde ich dir den After verkeilen, wenn du mehr solltest fallen lassen, als ich Lust hätte fortzuschaffen.« Nachdem das Mädchen dies gesprochen, schlich es auf den Zehen eben so leise wieder hinaus, wie es gekommen war, ohne dem Jüngling Zeit zum Dank zu lassen. Er prägte sich des Mädchens Worte ein, wiederholte sich Alles noch einmal, um nichts zu vergessen, und legte sich dann schlafen. Früh am andern Morgen machte er sich an die Arbeit. Er ließ die Sense wacker im Grase tanzen und hatte zu seiner Freude nach kurzer Zeit so viel gemäht, daß er einige Schooß voll`zusammenharken konnte. Als er dem Pferde den ersten Schooß voll hingeworfen hatte, und gleich darauf mit dem zweiten Schooß voll in den Stall trat, fand er zu seinem Schrecken die Krippe schon leer, und über ein halbes Fuder Mist auf der Diele. Jetzt sah er ein, daß er ohne des Mädchens klug$ t du morgen?« »Morgen habe ich Gesellentag« -- antwortete der Königssohn. »Ich bin morgen den ganzen Tag frei, und habe nichts weiter zu thun, als die schwarze Kuh zu melken, so daß kein Tropfen Milch im Euter zurückbleibt.« »O du unglückseliges Geschöpf! wie wolltest du das zu Stande bringen,« sagte das Mädchen seufzend. »Du mußt wissen, lieber unbekannter Jüngling, daß, wenn du auch vom Morgen bis zum Abend ununterbrochen melken würdest, du doch nimmer das Euter der schwarzen Kuh leeren könntest; die Milch strömt gleich einer Wasserader ununterbrochen. Ich sehe wohl, daß der Alte dich verderben will. Aber sei unbesorgt, so lange ich am Leben bin, soll dir kein Haar gekrümmt werden. Achte auf meinen Rath und befolge ihn pünktlich, so wirst du der Gefahr entgehen. Wenn du zum Melken gehst, so nimm einen Topf voll glühender Kohlen und eine Schmiedezange mit. Im Stalle lege die Zange in die Kohlen und blase diese zu heller Flamme an. Wenn die schwarze Kuh dich dann fragt, weßhalb du das tkust, so antworte ihr, $ dafür mußt du dich heute Nacht brav rühren. Säe mir sogleich diese Gerste aus, sie wird rasch wachsen und reifen; dann schneidest du sie, drischst sie und windigest sie, so daß du sie mälzen und mahlen kannst. Aus dem erhaltenen Malzmehl mußt du mir Bier brauen, und morgen früh, wenn ich erwache, mir eine Kanne frischen Biers zum Morgentrunk bringen. Hab' Acht, daß meine Befehle genau befolgt werden, sonst könntest du leicht das Leben einbüßen.« Niedergeschlagen, mit sorgenschwerem Herzen verl3ieß der Königssohn das Gemach, blieb draußen stehen und weinte bitterlich. Er sprach zu sich selbst: »Die heutige Nacht ist meine letzte, solch' eine Arbeit kann kein Sterblicher vollbringen, und ebensowenig kann mir des klugen Mädchens Rath hier helfen. O ich unglückseliges Geschöpf! warum habe ich leichtsinnig das Königsschloß verlassen und mich in Gefahren verstrickt. Nicht einmal den Sternen des Himmels kann ich mein bitteres Leid klagen, denn hier sieht man weder Himmel noch Sterne, doch haben wir einen Gott, der $ lden müssen; in meinem Königreiche aber ist eures Bleibens nicht mehr. Packet noch heute eure Sachen zusammen, um vor Sonnenuntergang meine Stadt zu verlassen. Diener werden euch bis über die Grenze begleiten. Hütet euch, jemals wieder den Fuß auf mein Gebiet zu setzen, da es Jedermann, auch dem Geringsten, frei steht, euch wie einen tollen Hund todt zu schlagen. Eure Töchter, die auch meines heimgegangenen Vaters Töchter sind, dürfen hier bleiben, weil ihre Seele rein ist von dem Frevel, den ihr an mir verübt habt.« Als die verwittwete Königin fortgebracht war, ließ der junge König in der Nähe seiner Stadt zwei hübsche Wohnhäuser aufbauen, von denen das eine den Eltern seiner Frau, und das andere dem Wirthe des Bauerhofs geschenkt wurde, der den hülflosen K}önigssohn liebevoll aufgezogen hatte. Der als Hüterknabe aufgewachsene Königssohn und seine aus niederem Geschlecht entsprossene Gemahlin lebten dann glücklich bis an ihr Ende, und regierten ihre Unterthanen so liebevoll wie Eltern ihre 23. Dudelsack-Tiid$ etrachtete sie zweifelhaft und antwortete: »Du selber scheinst mir an Glück keinen Ueberfluß zu haben, was kannst du Andern davon gewähren?« Die Alte ließ sich aber nicht irre machen, sondern sagte: »Unter rauher Schale steckt oft glattes Holz und süßer Kern. Zeiget mir eure Hand, damit ich erfahre, wie es mit euch werden wird.« Die Königin s‘reckte ihr die Hand hin, damit die Alte darin lesen könne. Als diese die Linien und Striche eine Weile genau betrachtet hatte, ließ sie sich folgendermaßen vernehmen: »Euer Herz ist jetzt mit zwei Sorgen beladen, einer alten und einer neuen. Die neue Sorge, die euch quält, ist die um euren Gemahl, der jetzt weit von euch ist; --aber glaubet meinem Worte, er ist gesund und munter und wird binnen zwei Wochen zurück kommen und euch frohe Zeitung bringen. Eure alte Sorge aber, welche eurer Hand tiefere Striche eingedrückt hat, rührt daher, daß Gott euch keine Leibesfrucht geschenkt hat!« Die Königin erröthete und wollte ihre Hand aus der Hand der Alten losmachen, aber die Al$ von H. Schnakenburg's litho- & typogr. Anstalt in Riga. Sutherland and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net WILHELM VON HUMBOLDT EINE FREUNDIN ¨ERAUSGEGEBEN VON DR. HUHNHÄUSER VOLKSVERBAND DER BÜCHERFREUNDE WEGWEISER-VERLAG G. M. B. H. Vorbericht von Charlotte Diede. Die Briefe, welche hier erscheinen, werden gewiß als eine willkommene Zugabe zu den gesammelten Werken Wilhelm von Humboldts empfangen werden. Oft ist der Wunsch ausgesprochen, daß, außer den gelehrten Schriften, die man allein und getrennt von denen wünschte, die nicht in dieses Fach gehören, noch mehr Ungedrucktes, besonders Briefe, erscheinen möchten. Die hier vorliegenden fallen in die Jahre von 1788 bis 1835. Jahre waren nötig, bis die Herausgeberin den Entschluss fassen und festhalten konnte, von dem, was ihr verborgenes Heiligtum war, etwas durch den Druck mitzuteilen. Endlich überzeugte sie sich, daß das nicht untergehen darf, was wesentlich zur Charakteristik eines wahrhaft großen Mannes Was Wilhelm von Humbold$ ie ich in Braunschweig war, Sie nicht kannte, und in Göttingen sehr oft an Sie dachte. Überhaupt liebe ich Göttingen, weil ich da in einer Zeit einsam lebte, in der die Einsamkeit bildend ist. Grüßen Sie in meiner Seele den Wall, und schreiben Sie mir, wenn Sie da sind, auch von den Menschen dort. Nun leben Sie wohl, teure Frau, und werden mir nicht wieder fremd. Es ist ein wunderbares BVerhältnis unter uns. Zwei Menschen, die sich vor langen Jahren drei Tage sahen und schwerlich wieder sehen werden! Aber es gibt in dieser Art der reinen und tiefen Freuden so wenige, daß ich mich schämen würde, geizig mit dem Geständnis zu sein, daß Ihr Bild von damals her, mit allen Gefühlen meiner Jugend, jener Zeit, und selbst eines schöneren und einfacheren Zustandes Deutschlands und der Welt, als der jetzige ist, innig in mir zusammenhängt. Ich habe überdies eine große Liebe für die Vergangenheit. Nur was sie gewährt, ist ewig und unveränderlich wie der Tod, und zugleich, wie das Leben, warm und beglückend. Mit diesen un$ be dessen an, was gewöhnlich darin vorgeht, und man sollte mehr darauf denken, sich einen Ort aufzubewahren, der einen bloß an das erinnern kann, was man frei von anderer Beschäftigung oder Zerstreuung darin gedacht oder empfunden hat. Wie man dann nur die Wände erblickt, erscheinen dieselben Gedanken und Empfindungen wieder, an die sich andere anreihen. Es ist ebenso auf dem Lande mit Spaziergängen. Mir wenigstens geht es immer so, daß ich nach kurzem Aufenthalt in einer Gegend sie mir zu verschiedenen Gedanken und Gefühlen bestimme, und je länger man sie in dieser Bestimmung braucht, desto mehr erwachen diese Gefühle und Gedanken mit ihnen. Aber auch§ oben, wo Sie arbeiten, sind ihre Zimmer hübsch und bequem, wenn auch klein. Diese Kleinheit kann auch nichts Drückendes da haben, wo man gleich in einen freien und großen Garten hinaus kann. In der Stadt wäre das viel anders. Ihre ganze Einrichtung, in der sichtbar so viel Verstand, Ordnung und Genügsamkeit herrscht, hinterläßt darum einen noch viel angenehmer$ f einmal am Himmel. Bliebe man eine ganze Nacht auf, so gehen natürlich einige unter und andere kommen herauf. Allein einige werden dann immer vom Tage überholt. Wenn man nur _eins_ recht fest kennt, sind die andern sehr leicht zu finden, da sie wie in einem großen Gürtel um den Himmel herumliegen, man also die Richtung, in der man suchen muß, nicht verfehlen kann, wenn man sich vorher mit der Ordnung und Folgenreihe, vor- ud rückwärts, recht bekannt gemacht hat. Die im Winter, im Januar und Dezember, so zwischen sieben und neun Uhr erscheinen, sind schöner als diejenigen, die man zu gleicher Zeit im Sommer sieht. Der Löwe ist ein sehr schönes Gestirn, ist aber jetzt erst in späten Stunden sichtbar. Die Planeten erscheinen immer nur in demselben Gürtel und können diejenigen, die noch nicht recht geübt sind, manchmal sehr irre machen. Allein man lernt sie doch auch bald unterscheiden; kennt man einmal recht fest die nie untergehenden nördlichen Gestirne und die Tierkreiszeichen, so ist es dann leicht, sich für$ ie Wirkung schildert, die diese Tatsache auf die Empfindung und das Gemüt hervorgebracht habe. Wenn z. B. jemanden ein verletzendes Wort gesagt worden sei, so komme es nicht darauf an, dies selbst zu wiederholen. Man könne es vielmehr ganz füglich verschweigen, wenn man nur den Eindruck des Wortes auf den, der es hören mußte, beschreibt. Dies ist aber durchaus falsch. Denn es hört nun aller Maßstab der ganzen Szene auf, den der Art und dem Grade nach bloß das Wort selbst, einfach ausgesprochen, geben kann. Ich sage Ihnen das so ausführlich, weil ich mit Ihnen recht offenherzig und nicht bloß obenhin über die Fortsetzung Ihrer Lebenserzählung sprechen möchte. Ich kann Ihnen nicht raten, dieselbe weiter als zu dem Punkte fortzusetzen, wo Sie sicher sind, alles und jedes, wie es Ihnen Ihr Gedächtnis gibt, ohne die mindeste und leiseste Retizenz niederzuschreiben. Dies wa in dem Teile, den Sie mir bis jetzt schickten, nicht nur möglich, sondern Ihnen nach Ihrem Charakter selbst leicht, und ich bin sicher, daß Sie$ angenehme Luft, kein Wind, ein reiner, blauer, schöner Himmel, aber sehr herbstlich ist es bei uns schon, ich weiß nicht, ob auch bei Ihnen. Das Laub ist schon so gelb, und wenn man eine ganze Allee hinunter sieht, bemerkt man auch, daß die Bäume nicht mehr die Blätterfülle wie im Sommer haben. Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit hingeht. Eine Woche, ein Monat sind vorbei, und ehe man sich umsieht, das ganze Jahr. Es scheint garnicht der Mühe wert, eine so alte und allgemein anerkannte Sache noch zu wiederholen. Allein mir ist es wirklich, als wäre mir diese Empfi5dung nie sonst in gleichem Grade lebendig gewesen. Es mag daher kommen, daß ich die Zeit mehr nach Arbeit als nach sonst einer Ausfüllung messe, und da ist mir immer die Zeit, in der etwas zustande kommen soll, unzureichend zu demjenigen, was man darin erwartet. Kein Tag bringt ganz hervor, was er soll, und aus diesen Lücken der einzelnen Tage entsteht ein großes Defizit im ganzen. Ich habe darum den Winter nicht so ganz ungern, weil man doch,$ och nicht leer, sie bringt und nimmt und läßt zurück. Man wird durch sie immer reicher, nicht gerade an Genuß, aber an etwas Höherem. Ich meine damit nicht gerade die bloß trockene Erfahrung, nein, es ist eine Erhöhung der Klarheit und der Fülle des Selbstgefühls, man ist mehr das, was man ist, und ist sich klarer bewußt, wie man es ist und wurde. Und das ist doch der Mittelpunkt für des Menschen jetziges und künftiges Daseiðn, also das Höchste und Wichtigste für ihn. Das wird Ihnen, liebe Charlotte, mehr und besser zeigen, wie ich es meine, wenn ich das Alter der Jugend vorziehe. Mein eigentlicher Wunsch wäre aber, daß ich allein alt würde und alles um mich her jung bliebe. Damit würden dann auch die anderen zufrieden sein und gegen diese Selbstsucht keine Einwendung machen. Ganz im Ernst zu sprechen, obgleich auch das mein Ernst ist, ich meine nur in dem Ernst zu sprechen, den auch andere dafür nehmen würden -- so bin ich weit entfernt zu verkennen, daß die Jugend im gewissen und im wahren Sinne eigentlich $ wiegt doch die vielen anderen Unbequemlichkeiten, und besonders den Zeitverlust, nicht auf. Zu dem allen kommt die Ungewißheit der Zeiten. Sie reden in Ihrem Briefe über den Wert des Lebens und äußern, daß ihn die geschwächten Kräfte des Alters noch mindern. Wenn man von dem Glückswert des Lebens spricht, so gebe ich gern zu, daß man ihn nichtPimmer hoch anschlagen kann. Ich behaupte sogar, daß alle, die ungefähr in meinem Alter sind, von der jetzigen Zeit wenig oder nichts Erfreuliches zu erwarten haben können, denn in allem, was das menschliche Leben äußerlich angeht, trüben sich die Aussichten, verwirren sich die Begriffe bis zu den verschiedensten Meinungen, und die Jahre, die ich noch zu leben habe, werden nicht hinreichen, dies zu lösen. Ist es aber recht und erlaubt, den Wert des Lebens wie den eines andern Guts zu schätzen? Das Leben ist dem Menschen von Gott gegeben, um es auf eine ihm wohlgefällige pflichtgemäße Weise anzuwenden und im Bewußtsein dieser Anwendung zu genießen. Es ist uns allerdings $ rat ein. Sie blieb an der Schwelle stehen und lachte. Nina drehte sich um und bemerkte unmutig: »Wie kann man sich nur so taktlos benehmen!« -- »Aber Mutter!« rief Jeanette, abermals und noch lauter lachend. Was konnte der Grund ihres Lachens sein, das eigentlich ein wenig albern klang? Es schnitt Nina in die Seele, jedoch der Freund erkannte jetzt die Gefahr. Diese Jugend verachtete das Halbe und seine dunklen Katastrophen, verachtete die hingezogenen Entscheidungen, verachtete die Umwege und das matte Zweifeln, verachtete die Dämmerung und das Geheimnis. Sie schuf sich ein neues Lebensgesetz, sie hatte etwas Unbedingtes in ihrer Art, sich zu verkündigen ud für sich einzustehen, sie erklärte sich für das Gerade, für die Helligkeit und für die Kraft. Das war es, was er aus dem unschuldig und albern klingenden Lachen Jeanettes herausfühlte. Und er sagte es Nina. »Geh zu ihm oder geh zu mir,« schloß er; »zu einem mußt du gehen.« Sie schwieg. Aber am Abend schrieb sie dem Freund einen Abschiedsbrief, dann ging s$ as adv._) {denn}, not to mention, to say nothing of, = much {=Geschwi´ster=}, _pl._, brothers and sisters. {=Gesel´le=}, _m._ (_pl._ {-n},) journeyman. {=Gesell´Uschaft=}, _f._ (_pl._ {-en},) society, race, company. {=Gesicht´=}, _n._ (_pl._ {-er},) face; {ein verzweifeltes Gesicht machen}, to look desperate _or_ hopeless; {am Gesicht ansehen}, to read from one's face. {=gesinnt´=} (_p.p._), disposed. {=Gespie´lin=}, _f._ (_pl._ {-nen},) friend (companion _or_ playmate) of one's youth. {=Gespräch´=}, _n._ (_pl._ {-e},) conversation. {=Gestalt´=}, _f._ (_pl._ {-en},) figure, personality, person, man. {=gestat´ten=}, to permit, to allow; {es ist mir mehr gestattet}, I enjoy more liberty, I am more independent. {=geste´hen= (gestand, gestanden)}, to confess, to make a clean {=Gestö´ber=}, _n._, snow-storm. {=gestreng´=}, grave, severe. {=gesund´=}, sound. {=Gesund´heit=}, _f._, health. {=Gesund´heitszustand=}, _m._, state of health. {=gethan´=}, _see_ {thun}. {=gewe´sen=}, _see auxil._ {sein}. {=Gewis´sen=}, _n.$ hre meines dortigen Aufenthalts übermannte. Im Anfange blieben die trüben sorglosen Gedanken bei jedem Ausmarsche innerhalb der alten Mauern der Stadt eingeschlossen zurück; erst nach und nach begleiteten sie mich über das Weichbild hinaus und folgten mir weiter und weiter, bis im dritten Frühlinge der dunkle Finger mir überall auf meinen Wegen drohte und der Prinzipal die qBemerkung machte, daß ich anfange, bedeutend abzumagern, und mich wohlmeinend und besorgt an verschiedene nerven- und magenstärkende Droguen unserer Materialkammer »Ach, kein Arzneistoff konnte mir wieder zu vollerer Leibesrundung verhelfen! Zwischen Hypochondrie und gutem Lebensmut hin- und hergeworfen, schweifte ich umher, bis ich den Mann fand, der mir half! »Meine Herren und lieben Freunde, in eben diesem Sommer machte ich eine Bekanntschaft, eine seltsame, geheimnisvolle und, wie Johanne sagte, eigentlich unheimliche Bekanntschaft. Ihr habe ich es zu danken, daß ich heute der Besitzer dieser Apotheke >zum wilden Mann< bin, und sie ist$ e »zum wilden Mann« noch nicht zu denken sei. Der Oberst blieb, und sie luden ihn alle zu Tisch. Nach den Honoratioren des Dorfes kamen die Gutsbesitzer und reichen Domänenpächter der Umgegend an die Reihe: der Oberst Dom Agostin Agonista fühlte sich immer behaglicher in seinem behaglichen Quartier in der Apotheke »zum wilden Wenn er aber viel abwesend von der Apotheke war, so blieb der alte Philipp Kristeller desto sedater in seinen vier Pfählen, schrieb viel, bekam viele Briefe von Banquiers und sonstigen Handelsleuten und trieb selber allerlei Handel. Er fing an, in Ländereien zu spekulieren und zwar in seinen eigenen. Und während der Oberst nicht das Geringste von seiner stattlichen Rundung einbüßte, wurde Fräulein Dorette Kristeller, die doch wenig einzubüßen hatte, von Tag zu Tage magerer, und auch der Apotheker fiel ab, soviel das noch möglich war. Das Geschwisterpaar wurde immer gelber und gelber; was den Dom Agostin anbetraf, so finpen die Leute an, ihm zu »Herr Oberst, die Luft hier scheint Ihnen go$ . =Engstrand.= Ja, leider that ich das. =Pastor Manders.= Habe ich das um Sie verdient, Engstrand? Bin ich nicht stets bereit gewesen, Ihnen mit Rath und That an die Hand zu gehen, so weit es in meiner Macht stand? Antworten Sie! War es nicht so? =Engstrand.= Es wäre mir gar manches Mal schlecht ergangen, wenn ich Pastor Manders nicht gehabt hätte. =Pastor Manders.= Und jetzt danken Sie mir's auf diese Weise. Bringen mich dazu, Unwahrheiten ins Kirchenbuch einzutragen un vorenthalten mir dann Jahre hindurch die Aufklärungen, welche Sie mir und der Wahrheit schuldig waren. Ihre Handlungsweise ist ganz unverantwortlich gewesen, Engstrand; und von heute an ist es mit uns beiden aus! =Engstrand= (seufzend). Ja, so wird es wohl sein müssen! =Pastor Manders.= Wie wollten Sie sich denn auch rechtfertigen? =Engstrand.= Hätte sie denn hingehen sollen und die Schande noch größer machen, indem sie darüber klatschte? Herr Pastor, stellen Sie sich nur vor, daß Sie in derselben Verfassung wären, wie die selige Johanna -- =$ in schöner Tag! Nicht wahr, Otto? Otto: Das war ein Fest! Da hörte ich auch von einer Dame das wun‘dervolle Lied aus »Wilhelm Tell«: »Mit dem Pfeil, dem Bogen Durch Gebirg und Thal Kommt der Schütz gezogen Früh im Morgenstrahl.« * * * * * Herr Meister: In Deutschland haben wir sehr viele Schützenvereine. Otto: Schützenvereine? Ist das der Name für die Schießklubs? Herr Meister: Ja, das ist der Name, und jeden Sommer haben sie ein Preisschießen. Dieses Preisschießen dauert (= ist) drei Tage. O, das sind schöne Tage! Es ist ein Fest für das Volk (= die Leute). Am Morgen ziehen (= gehen) die Schützen aus der Stadt auf eine große Wiese (= Weide, Grasplatz). Da sind oft zweihundert oder dreihundert Schützen. Ja, ich habe schon fünfhundert und auch tausend gesehen. Auf der Schulter haben sie ein Gewehr. Alle sind in Grün. Auf dem Kopfe haben sie einen grünen Hut mit einer grünen Feder. Sie haben eine grüne Weste, einen grünen Frackrock und grüne Beinkleider. Louis: Auch$ bschied nahm. Beseligend war ihre Nähe, Und alle Herzen wurden weit; Doch eine Würde, eine Höhe Entfernte die Vertraulichkeit. Sie brachte Blumen mit und Früchte, Gereift auf einer andern Flur, In einem andern Sonnenlichte, In einer glücklichern Natur. Und teilte jedem eine Gabe, Dem Früchte, jenem Blumen aus; Der Jüngling und der Greis am Stabe, Ein jeder ging beschenkt nach Haus. Willkommen waren alle Gäste; Doch nahte sich ein liebend Paar, Dem reichte sie der Gaben beste, Der Blumen allerschönste dar. S_c_h_i_l_l_e_r. Der Glücksvogel. Es fliegt ein Vogel in dem Hain, Und singt und lockt: Man soll' ihn fangen. Es fliegt ein Vogel in dem Hain, Aus dem Hain in den Wald, in die Welt hinein, In Ñdie Welt und über die See. Und könnte wer den Vogel fangen, Der würde frei von aller Pein, $ du mich tödten wolltst, werd ich auf dich doch hoffen! So siegt der Christ im Kreuz und findt im Elend Ruh. Doch du, des Christen Tod, wie feyerlich bist du? Bestürzt verkündigt ihm der Arzt ein nahes Ende. Er hörts, fühlt neue Kraft, drückt dankbar ihm die Hände. So ist, Allmächtiger! denn meine Hülfe nah? Du rufst, hier bin ich, Herr! Preis und Alleluja Sey dir, der seine Hand stets über mich gebreitet, Dir, Gott! der bis ans Grab mich wunderbar geleitet! Wie oft vergaß mein Herz sein Heil und seine Pflicht! Doch giengst du, Heiliger! nicht mit mir ins Gericht. Vernimm des Dankes Lied, das ich dir sterbend bringe. Ich bin viel zu gering, der Treu viel zu geringe Und derBarmherzigkeit, die du an mir gethan. Frohlockend bet ich dich mit allen Himmeln an, Dich, Heil der ganzen Welt! Erfülle mein Vertrauen, Und deine Herrlichkeit laß meine Seele schauen. Du bist die Lieb, o Gott! und Gnade für und für. Mein Geist wird selig seyn; denn ihn b$ bts doch keinen Frieden. Der Tugend nur allein hat Gott dieß Glück beschieden. Ein Mensch der Gott gehorcht, erwählt das beste Theil; Ein Mensch, der Gott verläßt, verläßt sein eignes Heil. Die Busse führt dich nicht in eine Welt voll Leiden; Gott kennt und liebt dein Glück; sie führt zu deinen Freuden; Macht deine Seele rein, füllt dich mit Zuversicht, Giebt Weisheit und Verstand, und Muth zu deiner Pflicht. Sprich selbst: Ist dieß kein Glück, mit ruhigem Gewissen Die Güter dieser Welt, des Lebens Glück geniessen, Und mäßig und gerecht in dem Genusse seyn, Und sich der Seligkeit schon hier im Glauben freun? An dir allein, an dir hab ich gesündigt, Und übel oft vor dir gethan. Du siehst die Schuld, die mir den Fluch verkündigt; Sieh, Gott, auch meinen Jammer an. Dir ist mein Flehn, mein Seufzen nicht verborgen, Und meine Thränen sind vor dir. Ach Gott, mein Gott, wie lange soll ich sorgen? Wie lang entfernst du dich von mir? $ len Umständen den sämtlichen Hausgenossen die ganze Begebenheit von der Ratte erzählt hatte, so glaubten sie hernach allererst, daß ich meiner Frau Mutter ihr Sohn wäre. Herr Gerge aber, der schämte sich wie ein Hund, daß er meinetwegen solche Narrenpossen vorgenommen hatte und vermeint, ein böser Geist müßte aus mir reden. Er war her, löschte seinen Hokuspokuskreis wieder aus, nahm sein Buch und ging stillschweigend immer zur Stubentüre hinaus. Wie auch die Leute hernach alle mit mir taten, und miBh zu herzten und zu poßten, weil ich so ein schöner Junge war und mit ihnen flugs schwatzen kunnte, das wäre, der Tebel hol mer, auf keine Kuhhaut zu schreiben; ja sie machten auch alle miteinander flugs Anstalt, daß mir selben Tag noch bei großer Menge Volks der vortreffliche Name Schelmuffsky beigelegt wurde. Den zehnten Tag nach meiner wunderlichen Geburt lernte ich allmählich, wiewohl etwas langsam, an den Bänken gehn, denn ich war ganz malade, weil ich auf der Welt gar noch nichts weder gefressen noch gesoffen$ lle und besann mich eine gute Weile, wo ich mein Quartier da aufschlagen wollte, weil ich keinen Heller Geld hatte. Endlich resolvierte ich mich und nahm meinen Abtritt flugs haußen in der Vorstadt aZf der Bettelherberge, allwo ich noch Bettler antraf, denen ich vor einem halben Jahre mit einigen Almosen sehr viel Gutes erzeigt hatte, auch etliche zu mir sagten, mein Gesichte wäre ihnen bekannt, und sie sollten mich sonstwo gesehen haben; allein sie konnten sich nicht mehr drauf besinnen. Ein kleiner Betteljunge fing unter anderm an und sagte, daß ich bald aussähe wie der vornehme Herr, der vor einem halben Jahre in London mit den vornehmsten Damens wäre immer in der Kutsche gefahren und hätte ein Goldstück mit einer Kette allezeit aus der Kutsche herausgehängt, bei welcher so viel Schock Jungen stets nebenhergelaufen und das Goldstück so angesehen. Ich ließ mir aber nichts merken, daß ichs war, und wenn ichs ihnen auch gleich gesagt, sie hätten mirs, der Tebel hol mer, nicht einmal geglaubt. Den andern Tag w$ jedweder mit mir sprechen wolle: Schelmuffskys anderer Teil seiner gefährlichen Reisebeschreibung hat nun auch ein Ende. DIE VERWANDLUNG VON FRANZ KAFKA K U R T  W O L F F  V E R L A G L E I P Z I G B Ü C H E R E I  »D E R  J Ü N G S T E  T A G«  B A N D  2 2 / 2 3 GEDRUCKT BEI DIETSCH & BRÜCKNER · WEIMAR COPYRIGHT KURT WOLFF VERLAG · LE#IPZIG. 1917 Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten k$ letzter Zeit so wenig Rücksicht auf die andern nahm; früher war diese Rücksichtnahme sein Stolz gewesen. Und dabei hätte er gerade jetzt mehr Grund gehabt, sich zu verstecken, denn infolge des Staubes, der in seinem Zimmer überall lag und bei der kleinsten Bewegung umherflog, war auch er ganz staubbedeckt; Fäden, Haare, Speiseüberreste schleppte er auf seinem Rücken und an den Seiten mit sich herum; seine Gleichgültigkeit gegen alles war viel zu groß, als daß er sich, wie früher mehrmals während des Tages, auf den Rücken gelegt und am Teppich gescheuert hätte. Und trotz dieses Zustandes hatte er keine Scheu, ein Stück auf dem makelloåsen Fußboden des Wohnzimmers vorzurücken. Allerdings achtete auch niemand auf ihn. Die Familie war gänzlich vom Violinspiel in Anspruch genommen; die Zimmerherren dagegen, die zunächst, die Hände in den Hosentaschen, viel zu nahe hinter dem Notenpult der Schwester sich aufgestellt hatten, so daß sie alle in die Noten hätte sehen können, was sicher die Schwester stören mußte, zog$ n, daß mein Entschluß feststeht, den Sultan um die Hand der Prinzessin Bedrulbudur »Wahrhaftig, mein Sohn,« erwiderte die Mutter sehr ernsthaft, »ich muß dir sagen, daß du dich ganz vergissest; und wenn du deinen Entschluß auch ausführen wolltest, so sehe ich nicht ein, durch wen du es wagen könntest, deine Bitte vortragen zu lassen.« -- »Durch niemand anders, als dich selbst,« antwortete der Sohn ohne Bedenken. -- »Durch mich!« rief die Mutter voll Erstaunen und Überraschung; »und an den Sultan? O ich werde mich wohl hüten, mich in eine Unternehmung der Art einzulassen. Und wer bist du denn, mein Sohn,« fuhr sie fort, »daß du die Kühnheit h`aben dürftest, deine Gedanken zur Tochter deines Sultans zu erheben? Hast du vergessen, daß du der Sohn eines der geringsten Schneider seiner Hauptstadt und auch von mütterlicher Seite nicht von höherer Abkunft bist? Weißt du denn nicht, daß Sultane ihre Töchter selbst Sultanssöhnen verweigern, die keine Hoffnung haben, einst zur Regierung zu gelangen?« »Liebe Mutter,« an$ für die Armen Nahrungsmittel und Feuerung anzuschaffen. Wir wählen diese Zeit, weil sie vor allen andern eine Zeit ist, wo der Mangel am bittersten gefühlt wird und der Reiche sich freut. Welche Summe soll ich für Sie aufschreiben?« »Nichts,« antwortete Scrooge. »Sie wünschen ungenannt zu bleiben?« »Ich wünsche, daß man mich zufrieden lasse,« sagte Scrooge. »Da Sie mich fragen, was ich wünsche, meine Herren, so ist das meine Antwort. Ich freue mich selbst nicht zu Weihnachten und habe nicht die Mittel, mit meinem Gelde Faulenzern Freude zu machen. Ich trage meinen Teil zu den Anstalten bei, die ich genannt habe; sie kosten genug, und wem es schlecht geht, der mag dorthin gehen!« »Viele können nicht hingehen und viele würden lieber sterben.« »Wenn sie lieber sterben würden,« sagte Scrooge, »so wäre es gut, wenn sie es thäten, und die überfüssige Bevölkerung verminderten. Uebrigens, Sie werden mich entschuldigen, weiß ich nichts davon.« »Aber Sie könnten es wissen,« bemerkte der Herr. »Es geht mich nichts an,«$ viel beunruhigender als ein Dutzend Geister war, da es ihm unmöglich war zu erraten, was es bedeute oder was es wolle. Ja, er fürchtete zuweilen, er möchte in diesem Augenblick ein merkwürdiger Fall von Selbstentzündung sein, ohne den Trost zu haben, es zu wissen. Endlich jedoch fing er an zu denken, daß die Quelle dieses geisterhaften Lichtes wohl in dem anliegenden Zimmer sein möge, aus dem es bei näherer Betrachtung zu strömen schie. Wie dieser Gedanke die Herrschaft über seine Seele bekommen hatte, stand er leise auf und schlürfte in den Pantoffeln nach der Thür. In demselben Augenblick, wo sich Scrooges Hand auf den Drücker legte, rief ihn eine fremde Stimme bei Namen und hieß ihn eintreten. Er Es war sein eigenes Zimmer. Daran ließ sich nicht zweifeln. Aber eine wunderbare Umwandlung war mit ihm vorgegangen. Wände und Decke waren ganz mit grünen Zweigen bedeckt, daß es ganz aussah wie eine Laube, in der überall glänzende Beeren schimmerten. Die glänzenden, strammen Blätter der Stecheiche, der Mistel und$ e sind mit Reben bepflanzt, die sich um sehr hohe Spaliere ranken. Mit Blüthen bedeckte Orangenbäume, Myrten und Cypressen umgeben Capellen, welche die Andacht auf freistehenden Hügeln err‘chtet hat. Ueberall sind die Grundstücke durch Hecken von Agave und Cactus eingefriedigt. Unzählige kryptogamische Gewächse, zumal Farne, bekleiden die Mauern, die von kleinen klaren Wasserquellen feucht erhalten werden. Im Winter, während der Vulkan mit Eis und Schnee bedeckt ist, genießt man in diesem Landstrich eines ewigen Frühlings. Sommers, wenn der Tag sich neigt, bringt der Seewind angenehme Kühlung. Die Bevölkerung der Küste ist hier sehr stark; sie erscheint noch größer, weil Häuser und Gärten zerstreut liegen, was den Reiz der Landschaft noch erhöht. Leider steht der Wohlstand der Bewohner weder mit ihrem Fleiße, noch mit der Fülle der Natur im Verhältniß. Die das Land bauen, sind meist nicht Eigenthümer desselben; die Frucht ihrer Arbeit gehört dem Adel, und das Lehnssystem, das so lange ganz Europa unglücklich $ Reise über die weiten mit Gräsern und krautartigen Mimosen bewachsenen Ebenen von Calabozo haben mich belehrt, daß sich die Wiederkäuer Europas vollkommen an das heißeste Klima gewöhnen, wenn sie nur Wasser und gutes Futter finden. Die Milchwirthschaft ist in den Provinzen Neuandalusien, Barcelona und Venezuela ausgezeichnet, und häufig ist die Butter auf den Ebenen der heißen Zone besser als auf dem Rücken der Anden, wo für die Alppflanzen die Temperatur in keiner Jahreszeit hoch genug ist und sie daher weniger aromatisch sind als auf den Pyrenäen, auf den Bergen Estremaduras und Griechenlands. Den Einwohnern Cumanas ist die Kühlung durch den Seewind lieber als der Blick ins Grüne, und so kennen sie fast keinen andern Spaziergang als den großen Strand. Die Castilianer, denen man nachsagt, sie seyen im allgemeinen keine Freunde von <äumen und Vogelgesang, haben ihre Sitten und ihre Vorurtheile in die Colonien mitgenommen. In Terra Firma, Mexico und Peru sieht man selten einen Eingeborenen einen Baum pflanzen $ ark falle. Ich weiß nicht, ob dieser Behauptung Glauben zu schenken ist; da es fast unmöglich ist, während der Stöße selbst, die Schwankungen im Luftdruck zu beobachten, so muß man sich begnügen, auf den Barometer vor oder nach dem Vorfall zu sehen. Im gemäßigten Erdstrich äußern die Nordlichter nicht immer Einfluß auf die Declination der Magnetnadel und die Intensität der magnetischen Kraft; so wirken vielleicht die Erdbeben nicht gleichmäßig auf die us umgebende Luft. Es ist schwerlich in Zweifel zu ziehen, daß in weiter Ferne von den Schlünden tätiger Vulkane der durch Erdstöße geborstene und erschütterte Boden zuweilen Gase in die Luft ausströmen läßt. Wie schon oben angevführt, brachen in Cumana aus dem trockensten Boden Flammen und mit schweflichter Säure vermischte Dämpfe hervor. An anderen Orten spie ebendaselbst der Boden Wasser und Erdpech aus. In Riobamba bricht eine brennbare Schlammasse, *Moya* genannt, aus Spalten, die sich wieder schließen, und türmt sich zu ansehnlichen Hügeln auf. Sieben Meil$ d unsere geodätischen Arbeiten beendet hatten, brachen wir gegen Abend auf, um einige Meilen weiterhin in einer indianischen Hütte bei den Trümmern des Schlosses von Araya die Nacht zu zuzubringen. Unsere Instrumente und unseren Mundvorrat schickten wir voraus; denn wenn wir von der großen Hitze und der Reverberation des Bodens erschöpft waren, spürten wir in diesen Ländern nur abends und in der Morgenkühle Eßlust. Wir wandten uns nach Süd und gingen zuerst über die kahle mit Salzton bedeckte Ebene und dann über zwei aus Sandstein bestehende Hügelketen, zwischen denen die Lagune liegt. Die Nacht überraschte uns, während wir einen schmalen Pfad verfolgten, der einerseits vom Meer, andererseits von senkrechten Felswänden begrenzt ist. Die Flut war im raschen Steigen und engte unseren Weg mit jedem Schritt mehr ein. Am Fuße des alten Schlosses von Araya angelangt lag ein Naturbild mit einem melancholischen, romantischen Anstrich vor uns, und doch wurde weder durch die Kühle des finsteren Forstes, noch durch die $ hlich und weibisch Es gibt unter den mancherlei Spielarten unseres Geschlechts eine, bei der der Busen zur Zeit der Mannbarkeit einen ansehnlichen Umfang erhält. Lozano gehörte nicht dazu, und er versicherte uns wiederholt, erst durch die Reizung der Brust in Folge des Saugens sey bei ihm die Milch gekommen. Dadurch wird bestätigt, was die Alten beobachtet haben: »Männer, die etwas Milch haben, geben ihrer in Menge, sobald man an den Brüsten saugt.« [_Aristoteles, Historia animalium. Lib. III. c. 20_] Diese sonderbare Wirkung eines Nervenreizes war den griechischen Schäfern bekannt; die auf dem Berge Oeta rieben den Ziegen, die noch nicht geworfen hatten, die Euter mit Nesseln, um die Milch herbeizulocken. Ueberblickt man die Lebenserscheinungen in ihrer Gesammtheit, so zeigt sich, daß keine ganz für sich allein steht. In allen Jahrhunderten werden Beispiele erzählt von jungen, nicht mannbaren MädcVhen oder von bejahrten Weibern mit eingeschrumpften Brüsten, welche Kinder säugten. Bei Männern kommt solches we$ egt, und man muß in einer Pirogue über diesen Fluß setzen, wenn man zu den berühmten Bergölquellen von Buen Pastor gehen will. Man beschrieb sie uns als kleine Schachte oder Trichter, die sich von selbst im sumpfigen Boden gebildet haben. Diese Erscheinung erinnert an den Asphaltsee oder *Chapapote* auf der Insel Trinidad, der in gerader Linie von Buen Pastor nur 35 Seemeilen entfernt ist. Nachdem wir eine Weile mit dem Verlangen gekämpft, den Guarapiche hinunter in den _Golfo triste_ zu fahren, wandten wir uns gerade den Bergen zu. Die Thäler von Guanaguÿana und Caripe sind durch eine Art Damm oder Grat aus Kalkstein, der unter dem Namen _Cuchilla de Guanaguana_ weit und breit berühmt ist, von einander getrennt [Im ganzen spanischen Amerika bedeutet _cuchilla_ Messerklinge, einen Bergkamm mit sehr steilen Abhängen.]. Wir fanden den Uebergang beschwerlich, weil wir damals noch nicht in den Cordilleren gereist waren, aber so gefährlich, als man ihn in Cumana schildert, ist er keineswegs. Allerdings ist der Weg$ Der Araguato, bei den Tamanacas-Indianern Aravata, bei den Maypures Marave genannt, gleicht einem jungen Bären. Er ist vom Scheitel des kleinen, stark zugespitzten Kopfes bis zum Anfang des Wickelschwanzes drei Fuß lang; sein Pelz ist dicht und rothbraun von Farbe; auch Brust und Bauch sind schön behaart, nicht nackt wie beim _Mono colorado_ oder Büffons _Alouate roux_ den wir auf dem Wege von Carthagena nach Santa-Fe de Bogota genau beobachtet haben. Das Gesicht des Araguato ist blauschwarz, die Haut desselben fein und gefaltet. Der Bart ist ziemlich lang, und trotz seines kleinen Gesichtswinkels von nur 30 Grad hat er in Blick und Gesichtsausdruck so viel Menschenähnliches als die Marimonda (_Simia BelzDebuth_) und der Kapuziner am Orinoco (_S. chiropotes_). Bei den Tausenden von Araguatos, die uns in den Provinzen Cumana, Caracas und Guyana zu Gesicht gekommen, haben wir nie weder an einzelnen Exemplaren, noch an ganzen Banden einen Wechsel im Rothbraun des Pelzes an Rücken und Schultern wahrgenommen. Dur$ eerenge von Florida bis Neufoundland. Die Geschwindigkeit der ruecklaeufigen Stroemung von jener Bank bis an die Kueste von Afrika ist schwer zu schaetzen; nimmt man sie im Mittel auf 7 oder 8 Meilen in vierundzwanzig Stunden an, so ergeben sich fuer diese letzte Strecke zehn bis elf Monate. Solches sind die Wirkungen des langsamen, aber regelmaessigen Zuges, der die Gewaesser des Oceans herumfuehrt. Das Wasser des Amazonenstroms braucht von Tomependa bis zum Gran-Para\etwa fuenfundvierzig Tage. Kurz vor meiner Ankunft auf Teneriffa hatte das Meer auf der Rhede von Santa Cruz einen Stamm der _Cedrela odorata_, noch mit der Rinde, ausgeworfen. Dieser amerikanischen Baum waechst nur unter den Tropen oder in den zunaechst angrenzenden Laendern. Er war ohne Zweifel an der Kueste von Terra Firma oder Honduras abgerissen worden. Die Beschaffenheit des Holzes und der Flechten auf der Rinde zeigte augenscheinlich, dass der Stamm nicht etwa von einem der unterseeischen Waelder herruehrte, welche durch alte Erdumwaelzu$ n Abhang die Stadt Marocco liegt, und nicht wie dieser mit ewigem Schnee bedeckt. Der *Piton* oder *Zuckerhut*, der die oberste Spitze des Pics bildet, wirft allerdings vieles Licht zurueck, weil der aus dem Krater ausgeworfene Bimsstein von weisslmcher Farbe ist; aber dieser kleine abgestutzte Kegel misst nur ein Zwanzigtheil der ganzen Hoehe. Die Waende des Vulkans sind entweder mit schwarzen, verschlackten Lavabloecken oder mit einem kraeftigen Pflanzenwuchse bedeckt, dessen Masse um so weniger Licht zurueckwirft, als die Baumblaetter voneinander durch Schatten getrennt sind, die einen groesseren Umfang haben als die beleuchteten Theile. Daraus geht hervor, dass der Pic von Tenerifa, abgesehen vom *Piton*, zu den Bergen gehoert, die man, wie Bouguer sich ausdrueckt, auf weite Entfernung nur *negativ* sieht, weil sie das Licht auffangen, das von der aeussersten Grenze des Luftkreises zu uns gelangt, und wir ihr Daseyn nur gewahr werden, weil das Licht in der sie umgebenden Luft und das , welches die Luftthe$ n Fleurieu, Pingre, Borda, Vancouver und la Peyrouse ergibt. Guenot hatte uebrigens gleichfalls 18 deg. 33' 36" gefunden und der unglueckliche Capitaen Blight 18 deg. 34' 30". Die Genauigkeit meines Ergebnisses wurde drei Jahre darauf bei der Expedition des Ritters Krusenstern bestaetigt: man fand fuer Santa Cruz 16 deg. 12' 45" westlich von Greenwich, folglich 18 deg. 33' 0" westlich von Paris. Diese Angaben zeigen, dass die Laengen, welche Capitaen Cook fuer Teneriffa und das Cap der guten Hoffnung annahm, viel zu weit westlich sind. Derselbe Sefahrer hatte im Jahr 1799 die magnetische Inclination gleich 61 deg. 52' gefunden. Bonpland und ich fanden 62 deg. 24', was mit dem Resultat uebereinstimmt, das de Rossel bei d'Entrecasteaux's Expedition im Jahr 1791 erhielt. Die Declination der Nadel schwankt um mehrere Grade, je nachdem man sie auf dem Hafendamm oder an verschiedenen Punkten nordwaerts laengs des Gestades beobachtet. Diese Schwankungen koennen ein einem von vulkanischem Gestein umgebenen Orte nicht$ der Schwache, wenn er dem Starken begegnet, glaubt sich nur auf Vergewaltigungen gefasst machen zu muessen. Die Boote ergriffen die Flucht nach Westen zu, und wir sahen uns hier in derselben Verlegenheit, wie bei unserer Ankunft auf den Canarien vor der kleinen Insel Graciosa. Niemand an Bord war je in der Gegend am Land gewesen. So ruhig die See war, so schien doch die Naehe eines kaum ein paar Fuss hohen Eilandes Vorsichtsmassregeln zu erheischen. Man steuerte nicht weiter dem Lande zu, und warf eilends den Anker aus. Kuesten, aus der Ferne gesehen, verhalten sich wie Wolken, in denen jeder Beobachter die Gegenstaende erblickt, die seine Einbildungskraft beschaeftigen. Da unsere Aufnahmen und die Angabe des Chronometers mit den Karten, die unÉs zur Hand waren, im Widerspruch standen, so verlor man sich in eitlen Muthmassungen. Die einen hielten Sandhaufen fuer Indianerhuetten und deuteten auf den Punkt, wo nach ihnen das Fort Pampatar liegen musste; andere sahen die Ziegenheerden, welche im duerren Thal vo$ m Menschen unzugaenglich, liegen die Spalten, die zu zwei Hoehlen fuehren. Sie sollen von denselben Nachtvoegeln bewohnt seyn, die wir bald in der Cueva del Guacharo bei Caripe werden kennen lernen. Wir ruhten am Fuss der Hoehlen aus. Hier sah man die Flammen hervorkommen, welche in den letzten Jahren haeufiger geworden sind. Unsere Fuehrer und der Paechter, ein verstaendiger, mit den Oertlichkeiten der Provinz wohl bekannter Mann, verhandelten nach der Weise der Creolen ueber die Gefahr, der die Stadt Cumanacoa ausgesetzt waere, wenn der Cuchivano ein thaetiger Vulkan wuerde, _se veniesse a reventar_. Es schien ihnen unzweifelhast, dass seit dem grossen Erdbeben von Quito und Cumana im Jahr 1797 Neu-Andalusien vom unterirdischen Feuer immer mehr unterhoehlt werde. Sie brachten die Flammen zur Sprache, die man in Cumana hatte aus dem Boden schlagen sehen, und die Stoesse, die man jetzt an Orten empfindet, wo man frueher nichts von Erdbeben wusste. Sie erinnerten daran, dass man in Macarapan seit einigàen Mona$ nem betrübten Herzen Erquickung bringen wird.« Nicht lange darnach und noch ehe der Vater von seinem Gange nach dem Arzte zurück war, schlossen sich die Augen der guten Mutter auf immer. Das Töchterchen weinte bitterlich und wollte weder bei Tage noch bei Nacht aus der Nähe der Todten weichen, bis der Mutter kalter Leichnam in den Sarg gelegt und zu Grabe getragen wurde. Die Tochter pflanzte eine Eberesche auf das Grab, grub die Wurzeln in die Erde und feuchtete sie mit ihren Thränen; und als später das Naß der Wolke dazu kam, wuchs der Baum in die Höhe, daß es eine Lust war zu sehen. Das Kind setzte sich gar oft unter diesen der Mutter geweihten Baum, der ihm jetzt der liebste Platz auf Erden geworden war. Den nächsten Herbst ging der Vater wieder auf die Freite und brachte nach einigen Wochen eine neue Heerdeskönigin in's Haus. Allein er hatte nicht daran gedacht, beim Freien _darauf_ zu sehen, ob die Fau auch eine Mutter für seine Tochter werden könne. -- Zwar wird es einem vermöglichen Wittwer nicht schwe$ nd niedergemacht. Paulus Diaconus I, 20. Auch Goethe bei seinem Aufenthalt in Palermo sagt: Man glaubt in den Gründen kleine Teiche zu sehen, so schön blaugrün liegen die Leinfelder untn. Vgl. _Hehn_, Kulturpflanzen und Hausthiere S. 113. L.] 14. Der Glücksrubel. Einmal lebte ein wohlhabender Bauersmann, der hatte drei Söhne, von denen die beiden älteren ganz gescheidte Männer waren; nur der jüngste Sohn hatte sich von Kindheit auf etwas einfältig gezeigt, so daß er mit keinerlei Arbeit ordentlich zurecht kommen konnte. Als der Vater auf dem Todbette lag, redete er so zu seinen Söhnen: »Da meine Lebenstage sich, wie ich glaube, zu Ende neigen und ich von dieser Welt abgerufen werde, so sollt ihr die Erbschaft dergestalt theilen, daß die beiden älteren Brüder das Vermögen zu gleichen Theilen erhalten, und wenn sie wollen auch das Ackerland jeder zur Hälfte nehmen. Sollte Einer von Beiden wünschen, allein auf dem Hofe zu bleiben, so muß er dem andern Bruder so viel Geld auszahlen als das halbe Grundstück werth $ rick nebst seinem Helfershelfer ihren blödsinnigen Bruder betrogen habe. Dieser aber blieb dabei, daß er zur rechten Zeit sein Geld erhalten werde. Nach Verlauf eines Jahres genau an dem Tage wo er vorigen Herbst seinen Ochsen verkauft hatte, macht er sich auf, um den Kaufpreis in Empfang zu nehmen. Die Luft war ruhig und konnte die Wipfel im Walde nicht in Bewegung bringen, darum war auch nirgends Gebrause noch Gequieke zu hören. Er geht weiter und findet den Ort, wo er voriges Jahr den Ochsen verkaufte, wieder -- auch Käufer und Bürge standen auf demselben Flecke, aber der Ochs war nicht mehr zu sehen; vielleicht war er geschlachtet oder an einen Dritten verkauft. Der Mann fragt bei der Kiefer an: »Willst du mir jetzt meinen Ochsen bezaãhlen?« Die Kiefer läßt keine Silbe verlauten, auch auf die zweite und dritte Anfrage nicht. »Warte, Brüderchen!« ruft der Mann -- »ich will dir den Mund öffnen!« rafft einen tüchtigen Prügel vom Boden und läßt damit solche Hiebe auf den Stamm der Kiefer regnen, daß der ganze$ en alles Wasser aus dem See bis auf den letzten Tropfen. Die schwarze Gewitterwolke schwebte mit ihrer Ladung weiter und entschwand vor Abend den Blicken der Zuschauer. Das >vormalige Becken des Sees war leer und es war nur ein sumpfiger Schlamm für Frösche zurückgeblieben; aber auch diesen trockneten nach einigen Tagen die Sonnenstrahlen und der Wind aus. Jetzt erhob sich groß Geschrei und Wehklagen unter den Leuten: der Durst quälte sie, weil sie nirgend mehr ein anderes Trinkwasser fanden, als was der Regen in Vertiefungen des Bodens sich ansammeln ließ. Allmählich füllten zwar Regenschauer und die Schneeschmelzen des Frühlings den früheren Raum des Emmujärw wieder bis zum Rande, aber es war weiches Pfützenwasser, was weder den Durst hinlänglich stillte noch den Körper zu erquicken vermochte. Die Leute legten dem See wie zum Schimpfe den Namen _Wirtsjärw_ (Pfützensee) bei und dieser Name ist ihm auch bis auf den heutigen Tag geblieben. Die schönen hohen Ufer mit den grünen Laubholzwaldungen und den blühend$ und zwischen den Straßen Berlins, und allesdies: Mensch, Trambahn, Mond, Spelunkenspuk war ihm wie Riesenspielzeug, die Stadt wurde ihm zur Landschaft, Berg wurde Haus. Er ertrank beim Eislauf, vierundzwanzigjährig, im Müggelsee. Das Grabgeleite gaben ihm Scharen »fortgeschrittener Lyriker«. Als Georg Heym in den Fluten versunken war, stieg aus den im Frühling getauten Wogen wie ein junger Meergott, prustend, dampfend in der Sonne, schreiend vor Lust am Licht: _Franz Werfel_ (geboren in Prag 1890). Er verkündigte das Evangelium d÷es schönen strahlenden Menschen, der jedem Wesen, auch dem ärmsten, brüderlich zugewandt. Gewaltig schwingt sein religiöses Pathos. Er will einer der Propheten des neuen Bundes sein: des Bundes aller wahrhaft Menschlichen. Er kniet nieder, unsagbar demütig und bußwillig, mit Unkraut noch und Schlamm fühlt er sein Herz erfüllt. Erst nachdem er sich selbst gerichtet, wächst er zum Richter der Menschheit. Er sank hin, er kniete hin, er weinte. Er lauschte, er horchte, er hörte, er dien$ ani herumgesucht. Dieser war völlig verschwunden und kein Mensch wußte, wohin, und da waren noch so viele wichtige Dinge zu besprechen, bevor das Sängerfest stattfinden konnte. Mit dem Feklitus waren solche Besprechungen unmöglich, er faßte zu langsam und hatte nie einen Gedanken. Da war Fani ein ganz anders schneller und erfindungsreicher Genoß. Sicher hatte Emmi den wieder abgefangen, um ihn zu etwas anzustiften, denn dafür war sie bekannt; aber er wollte ihr schon dahinterkommen, was sie heute ausgeführt hatte, und ihre Tätigkeit ein wenig beschneiden, denn das konnte ihm nicht länger passen, daß Emmi den Fani so für sich in Anspruch nehmen sollte. Durch diese Gedanken nahm die Aufregung bei Oskar immer zu, und in immer größeren Schritten ging er im Garten auf und nieder. Jetzt sah draußen der lauernde Fred etwas den Weg heraufkoÏmmen; das konnte aber nicht wohl Emmi sein, denn es war eine ziemlich breite Masse, die fast den Weg von einer Seite zur anderen ausfüllte; in der Mitte war sie ein wenig höher, a$ er ganz laut und wird furchtbar bös.« »O Elsli, so weißt du so gut, wie es ist, so schrecklich müde zu sein!« rief Nora ganz erfreut aus über das Verständnis, das sie gefunden hatte. »O ich bin so froh, jetzt kann ich so gut mit dir von allem reden, du weißt nun ganz, wie es ist. Ja, nicht wahr, man möchte nur niederliegen und gar nicht mehr aufstehen, bis etwas ganz anderes käme, etwas ganz Neues, daß man nicht mehr müde sein könnte, nicht wahr, Elsli?« »Es käme nichts Neues, zuletzt müßte man doch wieder aufstehen«, meinte »Nein, ich meine nicht so, wie du meinst; ich meine: niederlegen und sterben, möchtest du nicht auch gern sterben Elsli?« »Nein, ich meine, ich wollte lieber nicht, ich habe nie daran gedacht. Warum meinst du?« »O, dann weißt du nur nicht, wie es dann sein wird. Die Klarissa hat mir alles so schön erzählt, und wir haben immer miteinander davo> geredet. Aber mit Mama darf ich nie davon reden, sie weint gleich so schrecklich und wird traurig für viele Tage. Aber dir will ich nun alles erzäh$ um das nötige Essen am Mittagstisch hinuntergeschluckt, als Oskar schon unruhig umherschaute, ob er wohl bald aufstehen und sich entfernen dürfe. Noch unruhiger gebärdete sich Emmi, die schon von Anfang an ihre Gedanken ganz anderswo als bei ihrer jetzigen Beschäftigung hatte, denn alles schluckte sie wie im Fieber herunter, schaute alle Augenblicke nach der Wanduhr und gab einmal ums andere verkehrte Antworten. Sobald der letzte Bissen von des Vaters Teller verschwunden war, fragte sie dringlich: »Kann ich gehen,h Mama?« »Ich auch, Mama?« setzte Oskar blitzschnell ein. Es wurde erlaubt. »Was müssen denn die beiden wieder gründen und stiften, daß sie's so eilig haben?« fragte der Vater. Emmi war schon zur Tür hinaus. »Morgen wirst du's schon sehen, Papa«, sagte Oskar mit vielversprechender Miene; »heute noch wird die Rednerbühne errichtet und der Festumzug geordnet. Du wirst gewiß erstaunen. Willst du auch die Festrede von Feklitus hören, Papa?« »Danke bestens! Am Abend will ich dann mit Mutter und Tante auf $ achte eine neue Bewegung in die Gesellschaft. Mutter und Tante sahen mit Verlangen den Nachrichten entgegen. Die Kinder steckten alle vie ihre Köpfe über dem Brief zusammen; jedes begehrte zuerst zu wissen, was darin stand. Er war an Emmi adressiert. Sie zog sich aus dem Knäuel zurück, machte den Brief auf und rief: »Ich will ihn vorlesen! Acht Seiten ist er lang!« Dann begann sie zu lesen: »Lindenhalde am Rhein, 28. Sept. 18--. »Liebe Freundin! »Ich danke Dir viel tausendmal, daß Du mir den guten Rat gegeben hast, denn wenn Du es mir nicht so gesagt hättest, so hätte ich nie ein Wort vom Fani sagen dürfen. »Jetzt will ich vorn anfangen, Dir alles zu erzählen: Als der Fred mir noch Lebewohl gesagt hatte und ich dann von allen wegfuhr, mußte ich ein wenig weinen. Aber die Tante Klarissa -- denn jetzt soll ich immer 'Tante Klarissa' sagen -- war sehr gut mit mir und sprach freundlich zu mir und sagte, ich soll ihr nur immer alles sagen, was mich traurig mache, wir wollen es dann$ chaftlichen Basis; der Gegendruck erfolgt parallel zum Rücken. Im Falle des Gleichgewichts verhält sich die Kraft zu diesem Gegendruck wie der Rücken des Keils zur gemeinsamen Basis (Höhe!des Keils). Die Schraube kann man sich dadurch entstanden[9] denken, dass ein vierkantig- oder dreikantigprismatischer Streifen so um einen Zylinder herumgewickelt worden ist, dass er mit der Zylinderachse immer den gleichen Winkel bildet; man erhält so eine flachgängige[10] bez.[11] scharfgängige[12] Schraube. Ein voller Umlauf des Streifens bildet einen Schraubengang[13]; die Gesamtheit der Schraubengänge bilden das Gewinde[14] der Schraube. Der äussere Durchmesser heisst die Bolzenstärke[15], der Durchmesser des zylindrischen Kerns die Kernstärke[16]. Arbeitet[17] man in der Wand eines Hohlzylinders, dessen Durchmesser gleich der Kernstärke ist, vierkantig- bez.[11] dreikantigprismatische Schraubengänge aus, so dass der entstehende Hohlraum und die Schraube selbst einander kongruent sind, so erhält man die zur Schraube pa$ t aber im geschmolzenen Zustande dickflüssig[15] und zum Giessen nicht geeignet; dagegen ist es das Hauptmaterial zur Schmiedeisen- und Stahlfabrikation. Zur letzteren benutzt man besonders eine grossblätterige[16], lebhaft glänzende, 5 bis 20 Prozent Mangan enthaltende Sorte, welche unter dem Namen Spiegeleisen bekannt ist. Das graue Roheisen ist von körnigem[17], nicht kystallinischem Gefüge[18], ziemlich weich und zähe, bricht jedoch, wie das weisse Roheisen, unter den Schlägen des Hammers, lässt sich dagegen feilen, bohren, drehen, überhaupt mit den verschiedensten Werkzeugen verarbeiten. Es schmilzt bei etwa 1100°, ist im geschmolzenen Zustande dünnflüssig und daher zum Giessen geeignet, weshalb man es gewöhnlich Gusseisen nennt. Das Schmiedeeisen[19] oder Stabeisen[20] ist das reinste Eisen, das zur technischen Verwendung kommt. Es enthält nur 0,2 bis 0,5 Prozent Kohlenstoff, besitzt eine Dichte von 7,5 bis 7,85 und ist weich, geschmeidig und zäh. Sowohl im kalten wie besonders im glühenden Zustand ist $ hen konnte. Dann gab man mir ein zinnernes Becken und ein viereckiges Stück Pappe mit der Nummer 599, die ich am Kopfende meines Bettes anbringen mußte. Der Wärter führte micI in ein großes Zimmer, ich blicke über die Thür und lese in großen Lettern: Schlafzimmer der Schneider. Der Zimmerkehrer stellte mir das Bett und die anderen Sachen zurecht, und danach führte der Wärter mich zum Arbeitszimmer der Schneider. So gut ich kann und in dunklen Farben will ich die Anstalt hier beschreiben. Von der äußeren Treppe herkommend, trifft man auf zwei einander gegenüber liegende Bureaux, das zur rechten gehört dem Rechnungsführer, das zur linken dem Direktor. Fünf Meter weiter trifft man ein großes hohes eisernes Gitter, durch welches man auf einen finsteren, etwa fünfundzwanzig Meter langen Korridor gelangt, der rechts und links mit Zimmern besetzt ist, wo die Gefangenenwärter schlafen; ferner sind dort die Zimmer der Schreiber und einige Lagerräume. Am Ende des Korridors ist ein zweites Gitter, dem ersteren ähnlich; $ rndes Blütengewand anlegte -- es vermehrte nur die Empfindung meines Leidens. O arme Seele, was hoffest Du? Denke an den Jammer und die Seufzer, damit ich mit den Farben der Wahrheit ein Bild meines Unglücks und der Unwissenheit der selbstsüchtigen Tyrannen entwerfen kann. Denke an die unselige verworfene Knechtherrschaft! Schildere, wenn Du es vermagst, die Thaten jenes Despoten, der väterliche Gefühle und kindliche Liebe mißachtend auf dem Scheiterhaufen des Vaterlandes die jugendliche Hoffnung Ita§liens als Brandopfer darbrachte, der die Stützen darbender Familien vom häuslichen Herd hinwegriß, der Industrie die Kraft des Fortschritts raubte, um das erhabene Andenken der Freiheit zu schänden, um dem Bajonett, dem Galgen und den Galeeren das Recht zu geben, den letzten Gedanken des Unglücklichen zu Todesseufzern zu Du allein, o meine Seele, kannst in den Tagen meines Glückes die Klagen deuten, welche in dieser Sphäre ertönten, wo Kummer, Qualen, Ketten und der Wille eines gesetzmäßigen Mörders den Herzen de$ ceae_ 70 _Chamaedorea desmoncoides_ 47 _Chamaedorea Ernesti Augusti_ 48 _Chamaedorea geonomiformis_ 48 _Chamaedorea glaucifolia_ 48 _Chamaerops_ 39 _Chlorophytum comosum_ 57 _Chlorophytum Sternbergianum_ 57 _Cocos australis_ 49 _Cocos Datil_ 49, 66 _Cocos Weddelliana_ 49 _Coffea arabica_ 90 _Coleus Blumei_ 84 _Coleus laciniatus_ 84 _Coleus Verschaffelti_ 84 _Commelinaceae_ 56 _Cordyline australis_ 60 _Cordyline congesta_ 60 _Cordyline ferrea_ 62 _Cordyline ignea_ 62 _Cordyline indivisa_ 60 _Cordyline terminalis_ 62 _Comaceae_ 83 _Corypha australis_ 39 _Cryptomeria japonica_ 33 _Curculigo recurvata_ 66 _Cyanophyllum magnificum_ 79 _Cycadeen_ 32 _Cycas revoluta_ 32 _Cyrtomium falcatum_ 25 Dattelpalme 42 _Dieffenbachia_ 54 _Dioon edule_ 32 _Dracaena cannaefolia_ 63 _Dracaena fragans_ 62 _Dracaena Goldieana_ 62 _Dracaena marginata_ 63 _Dracaena Rothiana_ 62 Elephantenohr 262 _Eranthemum igneum_ 88 _Eranthemum rubrovenium_ 88 _Eranthemum sanguinolentum_ 88 _Erythea armata_ 41 _Eucalyptus Globulus_ 75 _Eugenia_ 77 $ tfaerbungen ausgezeichnet sind. Die echte Stammform der _Begonia Rex_ ist mittlerweile ziemlich selten geworden. _Begonia xanthina Hook._ aus Ostindien hat dunkelgruene Blaetter mit hellen Nerven, auf der Unterseite sind die Blaetter kupferrot. Die Blueten sind gelb. Einer anderen Gruppe gehoert _Begonia discolor R. Br._(44) an, deren unterseits tiefrote, oberseits reingruene, metallisch glaenzende Blaetter an verhaeltnismaessig duennen, bis dreiviertel Meter hohen Aesten sitzen, welche aus einer Knolle en‘tspringen. Diese Art bildet in den Blattachseln Brutknoellchen, welche im Herbste, wenn die Stengel und Blaetter absterben, abfallen. Eine sehr huebsche immergruene Art ist _Begonia argyrostigma Fisch._, welche bis einen Meter hoch wird und dunkelgruene, reinweiss gefleckte, etwas fleischige Blaetter traegt. Sehr dekorativ durch ihre grossen, siebenzackig gelappten Blaetter ist _Begonia heracleifolia Cham. et Schl._ Die Blaetter stehen auf langen rauhhaarigen, dicken Blattstielen, welche von einem dicken, k$ « Wulf gefiel der Engenser nicht mehr so gut. Gewiß, die Tatern waren man ja halbe Menschen, und Christen waren sie erst recht nicht, wenn sie ihre Kinder auch in einem weg taufen ließen der Patengulden halber, aber gleich darauf loszuschlagen, wie auf ein wildes Tier, das wollte Harm denn doch nicht in den—Kopf. Aber er mußte Drewes recht geben, als der leise zu ihm sagte: »Wenn in jedem Dorfe ein tüchtiger Kerl ist, und der holt alles zusammen, was sich wehren kann, und ein Dorf hilft dem anderen, dennso würde das schon gehen. Den Donner auch, wir sind doch nicht dazu da, daß Hans Hungerdarm und Jans Schmachtlapp mit uns Schindluder spielt! Das sage ich dir, und so sollte es ein jeder halten: ehe daß ich mir und meinen Leuten einen Finger ritzen lasse, lieber will ich bis über die Enkel im Blute gehen! Na, denn adjüs auch!« Er ritt mit den drei andern nach links ab. Wulf und Ul waren kaum ein Ende allein weitergefahren, da hörten sie wieder den Hengst wiehern, und als sie haltmachten, kamen die drei fremden$ lebendig und nahmen sie in das Bruch Er sah erst Harm und dann Thedel an, nickte mit dem Kopfe und griente: »Und dann hielten wir Gericht über sie ab. Tidke mußte bei jedem angeben, was damit gemacht werden sollte, weil er doch gewissermaßen darüber zu sagen hatte, denn seiner Mutter, sie war schon über siebzig, hatten sie auch den Hals abgeschnitten. Alle haben sie geschrien wie die Wilden, und gebetet und gebettelt haben sie, als es ihnen an den Schluck ging, bis auf das eine Taternfrauenzimmer, die junge, die eigentlich ganz glatt aussah bis auf die gelbe Haut und das schwarze Haar, denn das war ein Beist und schimpfte bloß, als wir sie aufhingen, und biß um sich, wie ein Fuchs, der im Eisen sitzt. Aber geholfen hat ihr das nichts, denn Tidke sagte: Die hat Bruns lüttjen Jungen mit den Kopf gegen den Dössel geschlagen! Erst sollte sie bloß nackigt ausgezogen werden und durchgRepeitscht, aber als wir das hörten, hingen wir sie zu alleroberst an die Eiche!« Er lachte lustig: »Wie der olle Baum aussah, sage i$ schließen, denn nicht zu tilgen ist ihre Schandtat, und ihre Greuel bleiben ewiglich bestehen.« Da hörten die Frauen zu weinen auf und die Männer sahen ihn mit blanken Augen an; alle Gesichter wurden klar, als er tröstliche Worte und Sprüche fand, die Herzen zu erquicken und die Seelen zu laben mit Hoffnung auf bessere Zeiten und Zuversicht auf die Güte des barmherzigen Gottes, und es war keiner da, der sich nicht gelobte, treu auszuharren in der Furcht ÷es Herrn, möge kommen, was da wolle. Wie ein Wetterrollen hörte es sich an, als die Gemeinde ihrem Prediger das Glaubensbekenntnis nachsprach, und bis zum Himmel schallte es, als Das Wort sie sollen lassen stahn und kein Dank dazu haben; er ist bei uns wohl auf dem Plan mit seinem Geist und Gaben; nehmen sie uns den Leib, Ehre, Kind und Weib, laß fahren dahin, sie habens 's kein Gewinn: das Reich muß uns doch bleiben! Die Hochzeiter Der Prediger sollte recht behalten. Anderthalb Jahre später, zu der Zeit, als in Peerhobstel$ ig und der eine war ein Offizier. Er ließ sie alle mitten im Busche aufhängen, als wenn es gemeines Raubgesindel war, und als der Hauptmann dagegen anwollte, schrie er: »Dann behandelt den Herrn wie einen Offizier und hängt ihn an seiner Säbelkoppel auf und nicht an einer Wiede!« Ja, man sagte, vorher hätte er ihm in das Gesicht gespuckt. Das mußte wohl wahr sein, denn bald darauf traf ihn die Strafe; er mußte freien. Bisher hatte er immer Glück gehabt; aber wie es so kam, Gödeckengustels Schwester Trina, von der hätte er die Finger lassen sollen, denn in allem verstanden die Wölfe unter sich Spaß, bloß nicht in solchen Dingen. So ließ er denn das Maul hängen wie ein Rehbock, der eine Ricke suchen geht, als Gödecke ihm eines Abends sagte: »Unser Trina meint, daß es bald Zeit wäre, daß ihr beide freit.« Zwei Wochen später war die Hochzeit; es war eine lustige Hochzeit, bloß für den Bräu tigam nicht, denn der sagte zu Grönhagenkrischan: »Ja, die Frauensleute, da muß 'n sich mit vorsehen; die nehmen gleich alles$ ge Maßregeln den Wohlstand der deutschen Nachbarstaaten untergraben zu wollen, sich freuen würde, wenn alle Regierungen Deutschlands über die Grundsätze eines gemeinschaftlichen, die Wohlfahrt aller Teile fördernden Handelssystems sich vereinigen könnten, wozu die preußische Regierung sehr gern die Hände bieten werde, um ihrerseits mitzuwirken, daß dem ganzen Deutschland die Wohltat eines freien, auf Gerechtigkeit gegründeten Handels zuteil werde. Es ist ihnen aber auch nicht verhehlt worden, daß der Zustand und die Verfassung der einzelnen deutschen Staaten noch keineswegs zu gemeinsamen Anordnungen vorbereitet erscheine; wozu auch besonders gehöre, daß die gemeinsamen Anordnungen in einem gemeinsamen Sinne von allen gehalten würden. Die Sache scheine daheºr jetzt nur darauf zu führen, daß einzelne Staaten, welche sich durch den jetzigen Zustand beschwert glaubten, mit denjenigen Bundesmitgliedern, von denen nach ihrer Meinung die Beschwerden veranlaßt werden, sich zu vereinigen suchten und daß auf diesem We$ Frankfurter Parteigenossen zu überbringen. Als Führer einer Elitekompagnie am Kampfe beteiligt, wurde er verhaftet und durch ein Kriegsgericht zum Tode verurteilt. 19 Ferd. Lassalle, geb. 11. April 1825, gest. 31. August 1864, sozialistischer Agitator, Gründer des Allg. Deutschen Arbeitervereins. 20 Georg Friedrich v. Martens, geb. 22. Februar 1756, gest. 21. Februar 1821, seit 1816 hannöv. Bundestagsgesandter. 21 Graf Aug. Fried. Ferd. v. d. Goltz, geb. 20. Juli 1765, gest. 17. Januar 1832, von 1816-1824 preußischer Bundestagsgesa#dter, nachher Oberhofmarschall. 22 Wilh. Ludw. Leop. Reinhard Freiherr v. Berstett, geb. 1769, gest. 6. Februar 1837, 1816 badischer Bundestagsgesandter, von 1817 bis 1831 badischer Minister des Auswärtigen. 23 Klemens Fürst v. Metternich, geb. 15. Mai 1773, gest. 11. Juni 1859, österreichischer Minister seit 1809, seit Mai 1821 bis 13. März 1848 Staatkanzler, Hauptträger der Reaktion in Österre$ n dem einen Jahre 1825 für seinen Hausbedarf zollfrei auf dem Strome: 53 Oxhoft Wein, 4 Oxhoft Rum, 98 Säcke und 1 Faß Kaffee, 13 Säcke Pigment und Pfeffer, insgesamt an 100 Zentner. Mehr denn eine halbe Million Taler im Jahre wurden durch den anhaltischen Schleichhandel den preußischen Kassen vorenthalten; der Zollertrag in den Provinzen Brandenburg und Sachsen stieg nachher, als Anhalt endlich sich dem preußischen System unterworfen hatte, bald von 3,135 auf 4,128 Millionen. Der Besitz einer souveränen Krone ohne Macht entsittlicht auf die Dauer ihren Träger. Wie gründlich mußte das Rechtsgefühl der kleinen Höfe, seit sie keinen Richter mehr über sich anerkannten, verwüstet sein, wenn dies rechtschaffene askanische Haus, das von jeher einer wohlverdienten allgemeinen Achtung genoß und so viele seiner tapferen Söhne in die Reihen des preußischen Heeres gesendet hatte, sich jetzt unbedenklich erdreistete, die Gesetzgebung seines alten treuen Beschützers durch groben Unfug zu untergraben! Ein Unglück, daß der $ ar nicht ahnte, daß im Staatenverkehre das formelle Recht nichtig ist, wenn es nicht durch die lebendige Macht getragen wird. War denn Köthen nicht ebenso souverän wie Preußen? Wie durfte man dieser souveränen Macht einen Zollanschluß zumuten, der ihr freilich nur Segen bringen konnte und sich aus ihrer geographischen Lage mit unabwendbarer Notwendigkeit ergab, aber ihrem freien Selbstbestimmungsrechte widersprach? Und wenn es ihr beliebte, die Freiheit der Elbe zur boshaften Schädigung des Nachbarlandes zu gebrauchen -- in welchem Artikel der Bundesakte war dies denn verboten? Daß Anhalt sich durch die Wiener Verträge zur Beseitigung des Schleichhandels verbunden hatte, überging man mit Stillschweigen. Bignon(48), der alte Anwalt der deutschen Kleinstaaten, trat ebenfalls auf den Kampfplatz mit einem offenen Briefe über den preußiêch-anhaltischen Streit. Er beklagte schmerzlich, daß Frankreich nicht mehr wie sonst vom Niederrhein her des Richteramtes über Deutschland warten könne; aber »Frankreich ist von de$ zugleich als Mittel betrachtet, zu dereinstiger Erreichung des gemeinschaftlichen Zweckes in einer allgemeinen Ausdehnung den Weg zu Wie der preußische Staat alles, was er für die Macht und Einheit unseres Vaterlandes tat, erkämpfen mußte gegen den Widerstand des Auslandes, so ward auch der preußisch-hessische Bund sofort von den Ränken der fremden Mächte umsponnen. Im Verein mit Frankreich versuchte Holland Unfrieden zu säen zwischen Süd und Nord. Der Minister Verstolck van Soelen machte den württembergischen Geschäftsträger aufmerksam auf die Gefahren, welche der deutschen Handelsfreiheit und der Unabhängigkeit der Kleinstaaten drohten. Der Württemberger, ein verständiger Mann, der seinem preußischen Kollegen, dem Grafen Truchseß-Waldburg, alles mitteilte, antwortete treffend: die Zölle der fremden Mächte, und nicht zuletzt Hollands, zwingen uns Deutsche, uns zu einign und neue Handelswege zu suchen -- worauf Verstolck heilig versicherte: die Herabsetzung der niederländischen Zölle stehe nahe bevor; für je$ ähigste unter allen den Finanzmännern, mit denen Preußen zu verhandeln hatte -- tätig und kenntnisreich, ein rivtterlicher Charakter, schweigsam und bedächtig, noch von seiner preußischen Dienstzeit her mit L. Kühne wohl bekannt. Die in Dresden gewünschte Änderung des gesamten Tarifs gab er bald auf, gleichwohl ward er mit Maaßen nicht handelseinig. Erschreckt durch die Warnungen seiner Fabrikanten, wollte Preußen provisorische Schutzzölle zugunsten einiger Fabrikwaren einführen, damit die Industrie Zeit behielte, sich auf die Konkurrenz des Erzgebirges zu rüsten. Zugleich verlangte man Entschädigung für den drohenden starken Verlust an Durchfuhrzöllen. Kühne selbst fand diese Forderungen zu hart; aus dem Magdeburgischen gebürtig, betrachtete er die Kursachsen halb als seine Landsleute und hielt dem Minister vor: nach der Teilung Sachsens sei Preußen schon ehrenhalber verpflichtet, dem Nachbarlande Wohlwollen zu zeigen. Als Maaßen in diesen Fragen endlich nachgegeben hatte, erhob sich sofort ein neues Hemmnis$ nter Leinpfaden versteht man die an schiffbaren Wasserlaeufen angelegten Wege, òvon denen aus Schiffe mittels einer am Maste befestigten Leine stromaufwaertsgezogen oder "getreidelt" werden (daher auch Treidelwege genannt). 45 Wilh. Ludwig Georg Graf zu Sayn-Wittgenstein, geb. 9. Oktober 1770, gest. 11. April 1851, von 1814-1819 Polizeiminister, seitdem Minister des Koeniglichen Hauses. 46 Anhalt zerfiel damals in die 3 Teile Anhalt-Dessau, Anhalt-Koethen, Anhalt-Bernburg. Herzog von A.-Dessau war damals Leopold IV. Friedrich (1817-1871), von A.-Koethen Ferdinand (1818-1830), von A.-Bernburg Alexius Friedr. Christian (1796 bis 1834). Seit 1863 war das ganze anhaltische Gebiet in die Haende Leopolds IV. vereinigt. 47 9. August 1817. 48 Louis Pierre Baron Bignon, geb. 1771, gest. 5. Januar 1841, franz. Diplomat und Publizist, zeitweilig als franzoesischer Geschaeftstraeger bzw. bevollmaechtigter Minister an deutschen Hoefen taet$ des Uebels, den Dualismus der Finanzverwaltung. Er forderte fuer den Minister kurz und gut Sitz und Stimme in der Generalkontrolle, so dass auch die Ausgabeetats nicht ohne seine Genehmigung zustande kommen koennten; sodann ganz freie Hand bei der Auswahl seiner Raete, endlich Zentralisation des Kassenwesens. In zwei weiteren Denkschriften {~HORIZONTAL ELLIPSIS~} verlangte er ferner die Aufstellung voellig zuverlaessiger Etats und erklaerte sich entschieden gegen die Wiedereinfuehrung der Provinzialministerien. Denn neben solchen Unterministern sei ein maechtiger Finanzminister unmoeglich; dieser muesse unmittelbar an der Verwaltung teilnehmen, um "unverbesserliche Missgriffe, Einseitigkeit und Indolenz" zu verhueten: "er kann nicht darauf beschraenkt bleiben, durch Etats und Verwaltungsnormen nur die Zukunft nach seinen Ansichten zu regeln; auch kann es ihm nicht helfen, die Vergangenheit nach toten Zahlen zu meistern". -- Die Entscheidung konnte nicht zweiflhaft sein {~HORIZONTAL ELLIPSIS~} Der Koenig entsc$ rz 1827 wurde die Elbe oberhalb und unterhalb Anhalts gesperrt, von den eingehenden Schiffen die vorlaeufige Zahlung der preussischen Zoelle gefordert unter Vorbehalt der Rueckverguetung, falls die Waren wirklich in Anhalt verblieben. Sofort sendete der Koethener Herzog eeinen Leutnant mit einem Ultimatum nach Berlin; sei es, dass er einen hoeheren militaerischen Wuerdentraeger nicht in seinem Vermoegen hatte, oder dass er Preussen verhoehnen wollte. Der tapfere Leutnant forderte drohend die Zuruecknahme der Massregeln binnen acht Tagen, sonst werde Koethen zu ernsteren Mitteln greifen. Natuerlich erhielt er keine Antwort; Eichhorn und Heinrich v. Buelow(62), Humboldts geistreicher Schwiegersohn, der in diesen laecherlichen Haendeln sein diplomatisches Talent zuerst bewaehrte, setzten nur einige scharfe Bemerkungen an den Rand des Koethener Ultimatums. Nun brachte Koethen *cette affaire ennuyante*, wie Bernstorff zu seufzen pflegte, nochmals an den Bundestag. Wieder verteidigte die gesamte Presse den unschuld$ en Versuch, ihr Gesetze vorzuschreiben, als offene Feindseligkeit betrachten und sich zur Wehre setzen musste. Also hat der treffliche Mann seinen lauteren Idealismus, seine lebhafte ruhelose Taetigkeit eingesetzt fuer Plaene, die der dynastischen Scheelsucht entsprangen, und zwei Jahre lang an einem Verein gearbeitet, welchen Stein veraechtlich als einen Afterbund verdammte. Selbst die Sippschaft hoechst unzweideutiger politischer Charaktere, welche sich sofort des Oberchoenaer Planes bemaechtigte, oeffnete dem saechsischen Staatsmanne nicht die Augen. Muench und Langenau, Marschall und Rothschild, alle Stuetzen der oesterreichischen Partei warben fuer den Handelsverein. Mehrmals in der Woche kam der Herzog von Nassau zu Langenau hinueber, um neue Bundesgenossen zu gewinnen. Dergestalt war wieder einmal eines jener anmutigen Raenkespiele eingeleitet, welche von Zeit zu Zeit die trostlose Langeweile der Bundestagsgeschaefte wohltaetig unterbrachen. Dass Oesterreich alle Faeden der Verschwoerung in seiner Hand$ r hannoversche Gesandte Stralenheim in Stuttgart ward nicht muede, den Koenig Wilhelm vor Preussens Fallstricken zu warnen. Beharrlich wiederholte der Dresdner Hof, der die Fuehrung des Vereins behielt, er sei bereit, Antraege und Vorschlaege zur Ausbildung des Bundes entgegenzunehmen. Niemand wusste einen moeglichen Vorschlag. Schon vor der Kasseler Zusammenkunft gestand Lindenau einem Frankfurter Amtsgenossen: "die Mehrzahl der Teilnehmer betrachtet den Verein als ein Ruhekissen, sie ist froh, dass alles beim alten bleibt." Nun klagten die Thueringer ueber Sachsens hegemonischen Ehrgeiz, Frankfurt ueber die erdrueckenden kurhessischen Mauten. Der Kurfuerst, um seine Holzmagazinen hoehere Preise zu schaffen, verbot den altgewohnten Holzhandel, der aus den hannoverschen Waldgebirgen nach Hessen hinuebergefuehrt ward. Die Unmoeglichkeit, mit einem solchen Fuersten freundnachbarlich auszukommen, lag vor Augen. Fast ein Jahr waehrten die Verhandlungen zwischen den beiden hessischen Haeusern wegen der Erleichteru$ 5 auf das Fuenffache stieg. Um auch den leisesten Anschein preussischer Hegemonie zu vermeiden, wurde verabredet, dass die alljaehrlichen Konferenzen der Zollvereinsbevollmaechtigten nicht mehr, wie im preussisch-hessischen Verein, regXlmaessig zu Berlin sich versammeln sollten; sie wanderten fortan, nach dem Belieben der Verbuendeten, von Ort zu Ort, der erste Zusammentritt fand in Muenchen statt. Streitigkeiten wollte man der Entscheidung eines Schiedsrichters unterwerfen, der durch einstimmigen Beschluss fuer jeden einzelnen Fall zu ernennen war. Doch ist ein solcher Schiedsspruch niemals angerufen worden -- nicht weil die Eintracht ungetruebt bestanden haette, sondern weil der Duenkel der Kleinstaaten den freiwilligen Ausgleich der schimpflichen Unterwerfung unter eine fremde Gewalt regelmaessig vorzog. Dass Bayern seine Biersteuer behielt, war unvermeidlich. Man begnuegte sich daher, ein Maximum fuer die Konsumtionssteuern festzusetzen und die allmaehliche Annaeherung der Steuersysteme in Aussicht zu ste$ alle Beschäftigung mit den Augen verzichten muß, ließe sich noch ertragen, aber die Schmerzen und die Pein sind so groß, daß ich ihre Fortdauer als eine schwere Prüfung ansehen würde. Die Mutter ist geistig so frisch und teilnehmend wie je, klagt auch nicht, aber man sieht ja doch wie sie leidet!« Die gehoffte Besserung stellte sich zeitenweise ein, aber immer wieder kamen Monate, in denen die Schmerzen nur in der Ruhe und Dunkelheit der Nacht vergingen und moÐgens wieder auftraten. Keiner der vielen Augenärzte, die man im Laufe der Jahre zuzog, konnte sie von dieser Qual befreien. »Ich sehe ganz gut,« äußerte sie oft, »aber ich kann nicht schauen, es ist immer, wie wenn die Augen voll Sandkörner wären.« Manchmal sagte sie auch: »Meine Augen sind wie in Feuer gebettet.« In späteren Jahren kam noch eine andere, mit dieser Empfindlichkeit nicht in Zusammenhang stehende Erkrankung dazu, die die Sehkraft beeinträchtigte. Wegen dieser neuen Erscheinung konsultierte sie nach langer Zeit wieder einen Augenarzt. Dies$ weil sie sich selbst taub gemacht haben gegen die Stimmen der Natur, hören sie nicht, wie es rings um sie kichert und spöttelt. Manchmal aber schwillt das Kichern der Natur zu einem gellenden Hohnlachen an, und dann sagen die Weißen: »Es war ein Erdbeben!« oder: »Ein Vulkan hat Feuer gespieen!« Sie sind wirklich verächtliche Narren, dies' Weißen! Jim Boughsleigh tat einen tiefen Schluck aus seiner Flasche und reichte sie mir dann, damit ich seinem Beispiel folge. Ich lehnte ab, aber da hob er die Faust und schrie: »Sauf, Hindu!« Und weil er der Stärkere war, wollte es das Schicksal, daß ich trank. Jim steckte seine Pfeife in den Mund, zog die Streichhölzer hervor, und weil seine Hand bereits etwas unsicher war, sah ich mit Freude, daß er mit dem brennenden Streichholz unter seiner Nase herumfuchtelte, was ihm einen Brüller des Schmerzes entlockte. Endlich brannte seine Pfeife, und er hub an: »Hast du die Deutschen gesehen, die ich ins Gefängnis brachte?« »Ja, Herr! -- Was habt ihr Engländer mit ihnen vor? Laß$ eine geringe Strecke sein. Konnten wir doch auch den Dunst gekochten Fleisches bis zu uns herüber »Haben denn die Deutschen etwas zu essen? Ich dachte, sie litten Hungersnot?« »Das tun sie auch! Sie essen Ratten und Mäuse und zwingen die gefangenen Hindus, gleichfalls diese Tiere zu essen!« Ich stierte ihn entsetzt an. »Ehe ich solch unreines Fleisch esse, sollen sie mir alle Glieder einzeln vom Leibe reißen!« »Das werden sie sowieso tun, wenn du in ihre Hände fällst! Sie martern alle Gefangenen zu Tode!« »Und fressen sie dann, ich weiß es!« schloß ich das Gespräch. Ich war überzeugt, daß es nicht der Dunst von gebratenen Ratten war, der zu uns herüberdrang, sondern der Geruch gerösteter Hindus. Der gutmütige Sergeant hatte mir nicht die ganze schreckliche Wahrheit sagen Wieder hate mich die Erschöpfung überwältigt. Der Kopf war mir auf die Brust gesunken. Ich träumte: Durch die Straßen Bombays wandelte ich an der Seite meines Vaters. Um seinen Hals baumelte ein Hanfstrick, aber er achtete dessen nicht, sonde$ tvoll absetzte... »Ja, das ist gut gemacht!« sagte er, stellte das Dichtwerk weg und wandte sich. Da sah er, daß der Beamte noch:immer aufrecht stand und mit einem Mischausdruck von Diensteifer und nachdenklichem Mißtrauen seine Augen zwinkern ließ. »Eine ausgezeichnete Sammlung, wie ich sehe«, sagte Tonio Kröger. »Ich habe schon einen Überblick gewonnen. Ich bin Ihnen sehr verbunden. Adieu.« Damit ging er zur Tür hinaus; aber es war ein zweifelhafter Abgang, und er fühlte deutlich, daß der Beamte, voller Unruhe über diesen Besuch, noch minutenlang stehen und zwinkern würde. Er spürte keine Neigung, noch weiter vorzudringen. Er war zu Hause gewesen. Droben, in den großen Zimmern hinter der Säulenhalle, wohnten fremde Leute, er sah es; denn der Treppenkopf war durch eine Glastür verschlossen, die ehemals nicht dagewesen war, und irgendein Namensschild war daran. Er ging fort, ging die Treppe hinunter, über die hallende Diele, und verließ sein Elternhaus. In einem Winkel eines Restaurants nahm er in sich gekehr$ ine Arbeit. Der Polizist breitete sie auf der Pultplatte aus und begann darin zu lesen. Auch Herr Seehaase trat näher herzu und beteiligte sich an der Lektüre. Tonio Kröger blickte ihnen über die Schultern und beobachtete, bei welcher Stelle sie seien. Es war ein guter Moment, eine Pointe und Wirkung, die er vortrefflich herausgearbeitet hatte. Er war zufrieden mit sich. »Sehen Sie!« sagte er. »Da steht mein Name. Ich habe dies geschrieben, und nun wird es veröffentlicht, verstehen Sie.« »Nun, das genügt!« sagte Herr Seehaase mit Entschluß, raffte die Blätter zusammen, faltete sie und gab sie ihm zurück. »Das muß genügen, Petersen!« wiederholte er kurz, indem er verstohlen die Augen schloß undË abwinkend den Kopf schüttelte. »Wir dürfen den Herrn nicht länger aufhalten. Der Wagen wartet. Ich bitte sehr, die kleine Störung zu entschuldigen, mein Herr. Der Beamte hat ja nur seine Pflicht getan, aber ich sagte ihm sofort, daß er auf falscher Fährte sei...« So? dachte Tonio Kröger. Der Polizist schien nicht ganz $ n Leib bänden und dieses nach und nach fahren ließen. Es geschah: doch das arme Tier wollte dem Schiffe nicht von der Seite; und wenn auch eine Sturzwelle es eine Strecke mit sich fortschleuderte, so kam es doch alsobald wieder zurückgeschwommen und winselte, an Bord aufgenommen zu werden. Vergebens schlugen wir nach ihm mit Stangen und Tauen, bis es uns endlich erbarmte und wir das treue Geschöpf wieder an Bord nahmen. So schlich die Mitternacht heran, wo uns deuchte, daß nunmehr die Ebbezeit wohl abgelaufen sein müßte. Jetzt also befanden wir uns dem Strande am nächsten, der, unserer Schätzung nach, zwei- oder dreihundert Schritte entfernt sein mochte; und so war es denn auch an der höchsten Zeit, alles aufzubieten, um, wo möglich, lebendig an Land zu kommen, bevor die «lut wieder stiege, deren Gewalt ohnehin das Schiff nicht mehr ausdauern konnte, ohne gänzlich in Trümmer zu gehen. Es mußte gewagt sein! Sowie demnach eine Sturzwelle nach der anderen sich zu uns heranwälzte, so sprang auch, der Reihe nach, $ den anderen besonders vorzunehmen, sie durch gute Worte treuherzig und kordat zu machen, und dann wieder auch durch unversehene Zwischenfragen in die Klemme zu nehmen, so daß stets ein Spitzbube den andern verriet. Allein ebensowenig als sie gegen _mich_ reinen Mund gehalten, konnte es unter ihnen selbst auf die Länge ein Geheimnis bleiben, wie ich es darauf anlegte, ihnen hinter die Schliche zu kommen. Sie hielten es demnach nach einer gemeinschaftlichen Beredung für das Geratenste, mir allesamt auf einmal zu entlaufen, und diesen Vorsatz führten sie auch des anderen Tages richtig aus; doch nicht, ohne daß ich es sogleich erfahren nd auch den Ort am Lande entdeckt hätte, wo sie sich aufhielten. Dahin verfügte ich mich augenblicklich mit Gerichtsdienern und traf auch glücklich das ganze Nest beisammen, wo sie dann mit Gewalt aufgehoben und an Bord meines Schiffes begleitet wurden. Am besten hätte ich freilich getan, sie laufen zu lassen; allein so wenig sie auch übrigens taugten, so waren sie doch erfahren u$ ausgeliefert Als ich in solcher Expedition zum erstenmal das Ufer betrat, standen bereits zwölf oder vierzehn Schwarze unseres Empfangs gewärtig, und während ich mit etwa zehn meiner Begleiter vollends ins Trockene watete, kam uns auch ihr Anführer entgegen, bot mir die Hand, schnitt eine Menge wunderlicher Kapriolen und gab sich mir endlich mit den Worten »Amo King Sorgo« (ich bin der König George) zu erkennen. Daß er aber auch für irgend etwas Besonderes angesehen sein wollte, gab schon sein ganzer Aufzug zu erkennen. Er war nämlich mit einÇer alten, zerrissenen, linnenen Pumphose und einer weißen Kattunweste ohne Ärmel bekleidet, sein noch größerer Schmuck aber bestand in einer roten und weißen Schminke, womit er sich Gesicht und Hände scheußlich bemalt hatte. Mit diesem Narren nun und seinen Untertanen wurden wir des Preises für das Wasserfüllen einig und hielten uns auch des nächsten Tages wacker zu unserer Arbeit. Bei dieser Gelegenheit nahm ich am Strande eine Menge von Feldsteinen wahr, deren wir als$ rchaus keine absichtliche Anordnung und Regelmäßigkeit darin entdecken. Diese ganze Steinplatte mag vielleicht sechshundert Klafter in der Länge und Breite haben. Zugleich aber fallen ihre Ränder so steil ab, daß, während jene Blöcke nur auf die bemerkte geringe Tiefe unter Wasser stehen, unmittelbar daneben der Seegrund sich auf fünfzehn und mehr Fuß vertiefte. Es währte fast sechs Stunden, bevor es uns gelang, wieder flott zu werden. Whrend dieser Zeit trieb der starke Wind ein Boot vom Lande herbei, worin sich zwei Bauernknechte, aber ohne Ruder, befanden. Statt solcher waren sie mit ein paar Stangen versehen, womit sie ihr Fahrzeug, sogut es angehen wollte, zu steuern versuchten, um bei uns an Bord zu gelangen. In der Tat stießen sie auch so unvorsichtig und heftig gegen unser Schiff an, daß wir fürchteten, ihr Fahrzeug würde davon in Stücke Erst als wir sie an Bord hatten, wurden wir gewahr, daß sie sich im besten Sonntagsstaat befanden und mit einem gewaltigen Blumenstrauße vor der Brust im Knopfloche p$ ou einen Patron und Gönner zu erwerben. Um also ferneres Unheil zu verhüten, und da die Blattseite  eben voll war, sagte ich: »Nun ist's wohl Zeit, auch Sand darauf zu streuen,« -- nahm das volle Tintenfaß und goß es über die Pastete her. Er stutzte; alles lachte. Endlich lachte er mit, schüttelte mir die Hand, und sein Ärger war vergessen. * * * * * Seit dem letzten mißlungenen Versuche auf die Maikuhle geschahen nur hier und da einige Angriffe auf unsre Vorpostenkette, um unsre Aufmerksamkeit zu beschäftigen. Dagegen wagte der Feind sich, ohne daß wir Kunde davon erhielten, in diesen Tagen an ein Unternehmen, das kühn und groß genug aufgefaßt war, um, wenn die Ausführung glückte, uns mit all unsern bisherigen Verteidigungsanstalten, im eigentlichsten Wortverstande, aufs Trockene zu bringen. Es sollte nämlich der Persante ein andres Bett gegraben und sie in den Kampschen See abgeleitet werden. Das Werk wurde groß und kräftig angefangen; aber bald stieß man auf Schwierigkeiten, $ ejenigen Personen anzeigt, welche sich während der Belagerung der Festung Kolberg ausgezeichnet haben, mit besonderem Wohlgefallen ersehen, daß der Vorsteher der Bürgschaft, Nettelbec0, die ganze Belagerung hindurch mit rühmlichem Eifer und rastloser Tätigkeit zur Abwehrung des Feindes und zur Erhaltung der Stadt mitgewirkt hat. Seine Majestät wollen daher dem Nettelbeck für den solchergestalt zutage gelegten löblichen Patriotismus hierdurch Dero Erkenntlichkeit bezeigen und ihm als ein öffentliches Merkmal der Anerkennung seiner sich um das Beste der Stadt erworbenen Verdienste, die hierneben erfolgende goldene Verdienstmedaille Memel den 31. Juli 1807. Friedrich Wilhelm.« »An den Vorsteher der Bürgerschaft zu Kolberg, Nettelbeck.« Gleichzeitig erhielt unser verehrter Kommandant, nach dem gnädigen Willen des Königs, seine Abberufung von dem so ehrenvoll bekleideten Posten, um, unmittelbar unter den Augen des Monarchen, an die Reorganisation des preußischen Heeres mit Hand anzulegen. Das w$ ht vor ihm angekommen neigte sie sich nahe auf sein Gesicht und sah ihn ein Weilchen ruhig an; dann sprach sie leise, ihre Stimme war wie ein Hauch und ihr Gesicht nahm freundlichere Züge an: »Deinen Kameraden habe ich getötet, wie alles, das in mein Bereich kommt. Auch du solltest sein Los teilen, doch bist du noch kein Mann und hast noch nicht gelebt. Drum sei verschont! Doch diese Schonung wird dir nur so lange Zeit, als du schweigen kannst. Kommt auch nur ein Wort von dem über deine Lippen, was du hier erlebtest, -- sei es zu wem es wolle, nicht Vater, nicht Mutter, nicht Weib noch Kind, niemand, hörst du, niemand darf erfahren, was hier geschah, -- so treffe ich dich, wo es auch sei! Denke daran!« [Abbildung] Nach diesen Worten schwebte sie langsam empor und verschwand durch die Jetzt wich der Bann von dem jungen Manne/ er sprang auf, eilte zur Tür und verschloß sie fest. Dann wandte er sich zu seinem Kameraden und rief ihn an; doch dieser rührte sich nicht, er war steif und starr, er war tot, sein Ges$ ein dummer Kerl! Nein solche grenzenlose Dummheit ist mir noch nie vorgekommen, einen kleinen Kasten zu nehmen, wenn du einen großen erhalten kannst. Gleich trägst du den Kasten zurück und hoÇst den größeren!« »Dann wäre ich wirklich dumm«, erwiderte der Alte, »das, was wir jetzt haben, reicht für unser Leben aus, ja, es ist mehr als zuviel. Was sollen wir mit noch größerem Reichtum. Ich bin vollständig zufrieden und glücklich!« Da wurde die Frau noch böser und rief: »Dann sei du es, ich will aber den großen Kasten unbedingt haben und werde ihn mir selbst holen!« Kaum hatte sie dieses gesagt, da war sie auch schon zum Hause hinaus und auf dem Wege zum Sperlingsheim. Am Gebüsch angekommen, stand wieder der kleine Sperling da. »Führe mich zu deinem Vater!« herrschte sie ihn an. »Komm!« erwiderte kurz der Sperling und hüpfte voran. Im Sperlingsheim waren nur noch wenige Sperlinge anwesend. Der Sperling, dem die Frau die Zunge abgeschnitten hatte, empfing die Frau und sagte zu ihr: »Ich weiß schon, warum du komm$ starrte er sie an, mit verglasten Augen, unwissend was das zu bedeuten habe. Sie riß ihm mit Windesschnelle das Bil>d aus den Händen. Es berührte sie fast lächerlich, als sie dann sah, wen es darstellte. Sie zerriß das Bild, ehe er es hindern konnte, in kleine Fetzen und warf sie verächtlich beiseite. Gregor stand auf und reckte seine Arme hoch über den Kopf, mit einer verzweifelten Gebärde. Dann brach er zusammen und fiel rücklings über den Diwan. Ein kleiner Streifen hellroten Blutes war ihm auf die Lippen getreten. Auch aus der Nase quollen einige rote Tropfen. Als Mimi ihn so sah, rief sie um Hilfe. Sie warf sich über ihn und nannte seinen Namen. Erst laut, als wollte sie ihn wecken, dann flüsternd und schmeichelnd, wie ein Kind. Es war fruchtlos, Gregor rührte sich nicht. Die Wirtin hatte die Schreie gehört und trat in das Zimmer. Sie erkannte, was not tat, und lief zum Arzt. Als dieser kam und die bewußtlose Mimi mit Mühe von dem Körper Gregors losgelöst hatte, sagte er: »Ein Blutsturz. Er ist tot.« Ein$ chlafen nicht!« »Und warum denn nicht?« »Weil sie nicht müde werden.« »Und warum denn nicht?« »Weil sie Narren sind.« »Werden denn Narren nicht müde?« »Wie könnten Narren müde werden!« Entlarvung eines Bauernfängers Endlich gegen 10 Uhr abends kam ich mit einem mir von früher her nur flüchtig bekannten Mann, der sich mir diesmal unversehens wieder angeschlossen und mich zwei Stunden lang in den Gassen herumgezogen hatte, vor dem herrschaf‡tlichen Hause an, in das ich zu einer Gesellschaft geladen war. »So!« sagte ich und klatschte in die Hände zum Zeichen der unbedingten Notwendigkeit des Abschieds. Weniger bestimmte Versuche hatte ich schon einige gemacht. Ich war schon ganz müde. »Gehn Sie gleich hinauf?« fragte er. In seinem Munde hörte ich ein Geräusch wie vom Aneinanderschlagen der Zähne. Ich war doch eingeladen, ich hatte es ihm gleich gesagt. Aber ich war eingeladen, hinaufzukommen, wo ich schon so gerne gewesen wäre, und nicht hier unten vor dem Tor zu stehn und an den Ohren meines Gegenübers vorüberz$ matische Analogi zwischen Argentinien und den südlichen Vereinigten Staaten 136; Rolle der Epiphyten in der argentinischen Vegetation 137. _Der indo-malayische Epiphytenherd_ 139; Wanderung seiner Bestandtheile nach Japan 139; nach Australien 139. _Die antarktischen Epiphytenherde:_ Zusammensetzung der Epiphytenflora des antarktischen Waldgebiets 142; ihr autochthoner Charakter 143. -- Epiphyten Neu-Seelands 146. -- Ursachen der Armuth der epiphytischen Vegetation im antarktischen Amerika und in Neu-Seeland 146. -- Entstehung autochthoner Epiphyten in hohen Breiten 146. _Die klimatischen Bedingungen epiphytischer Vegetation_ 147. _Schlussbetrachtungen:_ Zusammensetzung der Ergebnisse über die Entwickelung und Wanderung der Epiphyten 151. *Schluss.* Bedeutung der Biologie für die Pflanzengeographie 155; Ursache der physiognomischen Unterschiede der drei amerikanischen Waldgebiete 158. VERZEICHNISS DER BENUTZTEN LITTERATUR. ------------------ ANDRÉ, ED$ end und bei mittlerem Alter durchschnittlich 2½ mm, während dieselbe bei alternden, theilweise schon gelblichen Blättern durchschnittlich 5 mm erreichte; dieser enorme Unterschied kam allein auf Rechnung des Wassergewebes, indem die grüne Zelllage, welche nur einen Bruchtheil eines Millimeters dick ist, eine merkliche Zunahme nicht erfuhr. Ganz Aehnliches gilt auch von den übrigen beobachteten Gesneraceen und von den Peperomien. Es lag der Gedanke nahe, dass die alternden, sehr wasserreichen Blätter _als Wasserreservoirs für die jüngeren, in voller Thätigkeit befindlichen dienen würden_. Bestätigt wurde diese Vermuthung durch folgendes Experiment. Lose, alte Blätter und ganze Zweige wurden an einer hellen Stelle in einem Zimmer unseres Hauses in Blumenau sich selbst überlassen. Nach vier Wochen _waren die abgetrennten Blätter noch lebendig und nur seçr wenig dünner geworden; die gleichalten Blätter an den Stengeln dagegen schon nach kurzer Zeit zusammengeschrumpft, sodass sie kaum noch 1 mm dick waren, und tr$ fach eine Bromeliacee, in deren Wurzelgeflecht verschiedene kleine Epiphyten sich befestigt haben, während die rauhen, braunen Stämme der Baumfarne von einem zarten Rasen von Hymenophylleen und kleinen Asplenien umhüllt sind Die Sträucher und kleinen Bäume des Unterholzes tragen nur Flechten und Moose, und solche, namentlich ein kleines, aromatisches Lebermoos, wachsen vielfach auch auf den grossen Blättern der Heliconien und Myrcien. Verlassen wir den Urwald, so finden wir in der Capoeira, auf den vereinzelten Bäumen in den Pflanzungen und Weiden eine ganz ähnliche Savannenflora, wie in Westindien. Die Gattungen sind meist die gleichen, die Arten dagegen allerdings beinahe alle verschieden. Hier wie dort herrschen graue Tillandsien vor (Till. stricta, geminata etc.), daneben aber auch die grosse, scheckige, aber, ausser an den löffelartigen Blattbasen, kaum beschuppte Vriesea tessellata und eine stattliche, grünblätterige, nicht bestimmte Art derselben Gattung, Orchideen mit f$ ylen, das Gefassbuendel in den Naehrwurzeln weit staerker entwickelt ist im Verhaeltniss zur Rinde, als bei den Haftwurzeln. Denjenigen Naehrwurzeln, die frei in der Luft haengen, wird die noethige Biegungsfestigkeit durch einen peripherischen Sklerenchym- oder Collenchymring verliehen (Clusia rosea, brasil. und westind. Philodendron-Arten). Die _monocotylen_ Glieder der zweiten Gruppe gehoeren, soweit meine Beobachtungen reichen, alle den Gattungen Carludovica, Anthurium und Philodendron. _Carludovica Plumieri_ ist ein schlanker, oft mehrere Meter hoher Epiphyt, der auf Dominica vielfach an den Staemmen der Urwaldbaeume klettert. Seine federkieldicken Naehrwurzeln entspringen aus den Knoten und laufen bueschelweise, der Rinde angedrueckt, senkrecht nach unten, waehrend die ebenfalls zahlreichen Haftwurzeln, die bis zwei Fuss Laenge erreichen, senkrecht zu dem Stamm von Carludovica wachsen und die Stu°tze fest Das Querschnittsbild ist, wie die Fig. 2 und 3 (Taf. III) zeigen, bei Naehr- und Haftwurzeln sehr un$ kamen zu dir« mußte es heißen: »Du kamst zu uns zurück« &c. (Gleichviel, es wird sich das doch ganz hübsch machen.) Obschon improvisiert, ging alles vortrefflich; nur der Galawagen verspätete sich ein wenig; doch die Böller erdröhnten gleichzeitig, die Glocken klangen feierlich und als estyáks Gestalt erschien, da flutete ein Jubelgetöse durch die Straßen, das lawinengleich sich fortwälzte, weithin, bis an die Pforten des Stadthauses. Da war es, wo der Gefeierte abstieg, die wohlgesetzte Rede des Herrn Paul Fekete anhörte, den weißgekleideten Jungfrauen einen lächelnden Gruß zunickte, den verstoßenen Senatoren die Hand drückte und den Herrn Poroßnoki vollends umarmte -- woraufhin man ihn auf die Schultern hob, um ihn im Siegeszuge in das Stadthaus emporzutragen und zuletzt am Präsidentenstuhle des grünen Ratstisches abzusetzen. So wie der Lärm sich ein wenig gelegt (denn der Saal war voll der Notabilitäten des Gemeinwesens), erbat sich der schneeköpfige Mathäus Pußta das Wort und feierte mit leiser, wie Wespe$ aus Gold, der Oberrichterstab aber aus dem Holz der Kornelienstaude!« Diesen kleinen Konflikt unterbrach Herr Johann Deák aus der Czegléder Gasse, der im Geruche eines sehr weisen Mannes stand. »Vetter Zeke ist im Rechte, denn die Krone glänzet stark auch auf schwachen Häuptern, allein der Richterstab wird stets schwach in schwachen Händen sein. Mithin geht es nicht an, diesen Stab blindlings noch ungeorenen Nachkommen in die Hände zu drücken. Indessen ist es ungeziemend, diesen großen Tag durch derlei Gezanke zu entweihen. Wir wollen auf den Pfaden des ehrwürdigen Ernstes bleiben und nichts überhasten, denn es wird uns niemand Dank dafür wissen, wenn wir ihm eine Würde anbieten, die derzeit noch ein anderer inne hat. Die Versammlung möge daher beschließen, daß das ohnedies nur provisorisch errichtete Triumvirat abgeschafft wird.« »Die sind ja freiwillig durchgebrannt! Keiner von ihnen wagt es, sich zu zeigen!« klang es von allen Seiten. »Sonach möget ihr die alten Senatoren wiederwählen und es kann dann die $ frug Ibrahim überaus liebenswürdig: »Nun, lebt das Mädchen noch immer?« -- »Bewahre, sie lebt nicht mehr, gnadenreicher Pascha.« Ibrahim rieb sich vergnügt die Hände. »Lerne es, du Mann, daß eine Person, von der ich dem Sultan einmal referierte, daß sie nicht lebt, zum mindesten sechs Fuß tief unter der Erde liegt.« So erging es dem verräterischen Putnoki, aber ein Glück wie dasjenige Max Lestyáks gehört auch zu den Seltenheiten. In herrlichstem Glanze schien die Sonne auf ihn hernieder. Seine Macht wuchs von Tag zu Tag, sein Ansehen festigte sich auch nach außen. Kecskemét begann eine große Rolle zu spielen. Der Mantel war ein ganzes Heer wert, das den Feind zügelte. Ein eer, das keiner Montur, keiner Munition bedurfte, dem nichts schaden konnte, höchstens die Die Kecskeméter fürchteten keinen Feind mehr. Im Gegenteil, sie warteten mit vielem Vergnügen auf den Augenblick, wo eine herumstreifende Türkenschaar mit ihnen anknüpfe. Es war dies immer ein großes Amüsement für das Volk. Der Oberrichter zog zu solch$ rsohn Koinos und Meleagros, beide Strategen der Phalanx; sie erhielten den Auftrag, zugleich mit den Beurlaubten möglichst viel frische Mannschaften nach Asien mitzubringen und im Frühling in Gordion zur großen Armee zu stoßen. Man kann sich vorstellen, mit welchem Jubel dieser Urlaub angenommen, mit welcher Freude die heimkehrenden Krieger von den Ihrigen empfangen und angehört wurden, wenn sie von ihren Taten und ihrem König, von der Beute und den schönen Ländern Asiens erzählten; es schien, als ob Asien und Makedonien aufhörten, einander fern und fremd zu sein. Von den in Asien zurückbleibenden mobilen Truppen (denn einige tausend Mann waren als Besatzungen verwendet) bildete Alexander zwei Marschkolonnen; die kleinere unter Parmenions Befehl, bestehend aus der makedonischen und thessalischen Ritterschaft, den Truppen der Bundesgenossen, sowie dem P×rk der Wagen und Maschinen, ging über Tralleis nach Sardes, um in der lydischen Ebene zu überwintern und mit dem Beginn des Frühlings nach Gordion aufzubrechen$ , rief diesen, jenen der Führer mit Namen an, erwähnend, was sie schon Rühmliches getan; überall jauchzten ihm die Scharen zu, forderten, nicht länger zu zögern, den Angriff zu beginnen. Sobald sich die ganze Linie in geschlossener Ordnung auf Pfeilschußweite den Feinden genähert hatte, warf sich Alexander unter dem Schlachtrufe des Heeres mit seiner Ritterschaft in den Pinaros. Ohne von dem Pfeilhagel des Feindes bedeutenden Verlust zu erleiden, erreichten sie das jenseitige Ufer, stürzten sich mit solcher Gewalt auf die feindliche Line, daß diese nach kurzem vergeblichen Widerstande sich zu lösen und zu weichen begann. Schon sah Alexander des Perserkönigs Schlachtwagen, er drang auf diesen vor; es entspann sich das blutigste Handgemenge zwischen den edlen Persern, die ihren König verteidigten und den makedonischen Rittern, die ihr König führte; es fielen Arsames, Rheomithres, Atizyes, der ägyptische Satrap Sabakes; Alexander selbst ward im Schenkel verwundet; desto erbitterter kämpften die Makedonen; dann w$ f, um erst zu helfen; er eilt mit allem, was er an Truppen zur Stelle hat, nach dem rechten persischen Flügel, der noch steht; er stößt zuerst auf die schon aus dem Lager zurückgeschlagenen Perser, Inder, Parther, die sich schnell (im Kehrt) sammeln und geschlossen in Ilentiefe ihn empfangen. Das Reitergefecht, das sich hier entspinnt, ist furchtbar und lange schwankend; Mann gegen Mann wird gerungen, die Perser kämpfen um ihr Leben; an sechzig von den Hetairen fallen, sehr viele, unter ihnen Hephaistion, Menidas, werden schwer verwundet; endlich ist der Sieg auch hier entschieden; die sich durchgeschlagen, überlassen sich unaufhaltsam der Flucht. Ehe Alexander so kämpfend bis zum rechten Flügel der Perser hindurchdrang, hatte auch die thessalische Ritterschaft, so schwer sie von Mazaios bedrängt wurde, das Gefecht wiederhergestellt, die kappadokischen, medischen, syrischen Reitermassen zurückgeschlagen; sie war bereits im Verfolgen, als Alexander zu ihr kam. Da er `auch hier das Werk getan sah, jagte er zurü$ ährend das Heer noch in Susa und an den Ufern des Choaspes verweilte, kam der Strateg Amantas, welcher vor einem Jahre von Gaza aus heimgesandt war, Verstärkungen zu holen, mit den neuen Truppen heran. Ihre Einordnung in die verschiedenen Heeresabteilungen war zugleich der Anfang einer neuen Formation der Armee[10], die im Lauf des nächsten Jahres und nach den neuen Gesichtspunkten, die der Fortgang des Krieges in den oberen Satrapien an die Hand gab, weiter entwickelt wurde; den Anfang machte, daß die Ilen der makedonischen Ritterschaft in zwei Lochen formiert und damit so zu sagen taktisch verdoppelt wurden. [10] Siehe dazu die Anmerkung am Schluß. Im späteren wird auf diese Reorganisation zurückzukommen sein. Sie leitet die große Umwandlung ein, die, wie man Alexanders VerhaÏlten in ihr auch beurteilen mag, aus der Konsequenz des Werkes, das er unternommen hatte, und den Bedingungen, die das Gelingen forderte, sich notwendig ergab. Alexander gedachte demnächst, es mochte Mitte Dezember sein, nach den K$ wollte, würde lächerlich werden; sie würden vielleicht so antworten, wie bei Antisthenes die Löwen, als in der Tierversammlung die Hasen eine Rede hielten und forderten, daß alle gleichen Teil erhalten müßten.« So Aristoteles' Anschauungen; gewiß waren sie von ihm ohne alle persönliche Beziehung gemeint; aber wer sie las, konnte er anders, als dabei an Alexander zu denken? »Daß dieses Königs Geist über das menschliche Maß großgeartet gewesen sei,« sagt Polybios, »darin stimmen àalle überein«. Seine Willensstärke, seinen weiten Blick, seine intellektuelle Überlegenheit bezeugten seine Taten und die strenge, ja starre Folgerichtigkeit ihres Zusammenhanges. Was er gewollt, wie er sein Werk sich gedacht hat -- und das gerechte Urteil wird nur diesen Maßstab anlegen wollen --, nur auf Umwegen, nur aus dem, was ihm davon zu verwirklichen gelang, ist es annähernd zu erkennen. Alexander stand in der Höhe der Bildung, der Erkenntnisse seiner Zeit; er wird von dem Beruf des Königs nicht minder groß gedacht haben, als $ s Fußvolk in der zweiten Linie in Verwirrung Schon rückten die Reiter, mit denen der König den Angriff zu machen gedachte, die Hipparchien Hephaistion und Perdikkas und die daischen Bogenschützen, etwa 3000 Mann, rasch halbrechts vorwärts, während Koinos mit dem Agema und der Hipparchie Demetrios weiter rechts hinabzog mit der Weisung, sich, wenn die ihm gegenüberstehenden Reiter des Feindes den von dem ersten Stoß erschütterten zu Hilfe rechts abritten, in deren Rücken zu Sobald Alexander der feindlichen Reiterlinie auf Pfeilschußweite genaht war, ließ er die 1000 Daer voraneilen, um die indischen Reiter durch einen Hagel von Pfeilen und durch den Ungestüm ihrer wilden Pferde zu verwirren. Er selbst zog sich noch weiter rechts, der Flanke der indischen Reiter zu, ich, ehe sie, durch den Angriff der Daer bestürzt und verwirrt, sich in Linie setzen und ihm entgegengehen könnten, mit aller Kraft auf sie zu stürzen. Diese nahe Gefahr vor Augen, eilte der Feind, seine Reiter zu sammeln und zum Gegenstoß vorgehen $ sonderbarerweise noch sein gestohlenes Geld gelassen, benutzt zu haben, um sich Freunde zu gewinnen. Und Demosthenes unterließ, dem Volke die fehlende Summe anzuzeigen; er begnügte sich, zu veranlassen daß dem Areopag die Untersuchung übertragen wurde mit der Zusage der Straflosigkeit für die, welche das empfangene Geld freiwillig abliefern würden. Alexander scheint erwartet zu haben, daß Harpalos mit seinen Schätzen und den Söldnern von den Athenern bereitwillig würde aufgenommen werden; wenigstens hatte er in die Seeprovinzen den Befehl gesandt, die Flotte bereitzuhalten, um nötigenfalls Attika unverzüglich überfallen zu können; und in dem Lager Alexanders war damals viel die Rede von einem Kriege gegen Athen, auf den sich die Makedonen infolge der alten Feindschaft gar sehr freuten. In der Tat hatten die Athener, wenn sie ernstlich der Zurückführung der Verbannten sich zu widersetzen, dem Könige die göttlichen Ehren zu versagen, ihre volle Unabhängigkeit geltOend zu machen beabsichtigten, in den Erbietunge$ n Makedone, im zweiten ein makedonischer Doppelsöldner, im dritten ein altgedienter Makedone (Dekastateros), ein gleicher im sechzehnten Gliede als Uragos steht; die zwischen ihnen stehenden Glieder 4 bis 15 sind Perser, teils Akontisten, die einen Speer mit Wurfriemen führen, teils Bogenschützen. Waren es jene 20 000 Perser, die so eingereiht wurden, so bildeten sie mit den Makedonen, denen sie zugeteilt waren, ein Korps von reichlich 26 000 Mann, also, die unvermeidlichen Manquements abgerechnet, etwa 12 Taxen, jede zu 125 Mann Front. Es blieb mit dieser Formation der Anmarsch in geschlossener Masse; dann zum Gefecht entwickelte sich die Phalanx zu drei Treffen, es deployierten rechts{und links durch die Intervalle die Bogenschützen zum ersten Fernangriff, es folgten die Speerwerfer; die ersten drei Glieder und das letzte blieben als Triarier oder richtiger als Soutien zurück, und wenn die Bogenschützen und Akontisten nach ihrem Tirailleurgefecht sich durch die Intervalle und in ihre Glieder zurückgezogen, $ igstens in betreff des ersten sicher aus dem Stegreif erfunden, da die Olympien um den ersten Vollmond nach der Sommersonnenwende, also spätestens Ende Juli gefeiert wurden. -- Für die ehelichen Verhältnisse Philipps ist die einzig eingehende Angabe die des Satyros bei Athen. XII, 557; wenigstens ergibt sich aus dessen Worten, daß Olympias für seine rechte und eigentliche Gemahlin galt; von den anderen nennt Satyros vor ihr die Illyrierin Audata, die (Elymiotin) Phila, die beiden Thessalerinnen Nikasipolis und Philinna; er nennt nach ihr die »Thrakerin« Meda und des Artalos Nichte Kleopatra, beide mit der Bezeichnung +epeisêgage tê Olympiadi+. Philinna, des Arrhidaios Mutter, galt nicht als rechtmäßige Gemahlin, auch wohl Nikasipolis nicht. Möglich, daß die beiden anderen vor 356 gestorben waren. Anmerkung 3 zu Seite 101: Das _Fürstentum der Paionen_ in dieser Zeit ist nicht völlig sicher. Bezeugt ist der Bestand desselben in dn ersten Jahren des König Philipps II. durch #Diod.# XVI, 22 und #C. I. A.# II, 6$ Philippos, des Menelaos Sohn). Daß die Kontingente der Bündner an Fußvolk unter einem makedonischen Strategen stehen (zuerst Antigonos), ebenso die hellenischen Söldner zu Fuß (unter Menandros), während Bündner wie Söldner in den Schlachten nicht als besondere Korps von Hopliten und Peltasten erscheinen, läßt auf die Art, wie die Phalanx formiert wird, schließen: nämlich so, daß soundso viele Lochen (Bundesgenossen wie Söldner) Schwerbewaffnete je einer der sechs makedonischen Taxeis zugeordnetà und von deren Strategen kommandiert werden; wahrscheinlich ist ebenso mit den Peltasten der Kontingente und der Söldner verfahren worden. Anmerkung 5 zu Seite 153: _Das Schlachtfeld am Granikos_ ist durch eine Skizze, die H. Kiepert 1842 an Ort und Stelle aufgenommen hat, sichergestellt. Er fand dicht unterhalb der Stelle, wo der Weg vom Hellespont nach Brussa den Bigha-Tschai (Granikos) überschreitet, dessen altes Bett an der Abendseite einer Bodenschwellung, die sich gegen sechs Kilometer nordostwärts hinzieht un$ sos_ (in Pisidien) 185 u. ff. _Sakasener_, Volk im Kaukasus 251 _Saker_, turkestanisches Reitervolk 251 _Samarkand_ (Marakanda) 350 _Sambos_, indischer Fürst 468, 470 u. ff. _Samos_ 167, 168, 193 _Sanbakat_, persischer Statthalter in Samaria 239 _Sangaios_, indischer Fürst 407 u. ff. _Sangala_, Hauptstadt der Kethäer (Amritsar im Pandschab bei Lahore) 434 _Sardes_, lydische Residenz 8, 53, 160 u. ff., 178, 197 _Satibarzanes_, Satrap von Areia 251, 296, 306, 325 u. ff., 347þu. ff., _Sefid-Kuh_, Grenzgebirge in Afghanistan (Indien vorgelagert) 399 _Seistan_ in Persien 327 u. ff. _Seleukos_, Führer der Hypaspisten 420, 425, 508, 582 _Selymbria_, griechische Stadt an der Propontis 131 _Sestos_, griechische Stadt am Hellespont (Kleinasien) 131, 151 _Seuthes_, Fürst in Thrakien 316 _Siber_, indischer Stamm am Indus 455 u. ff. _Sibyrtios_, Satrap in Karmanien 487, 501, 502 _Side_ (Pamphylien) 183 _Sidon_ 59, 60, 147, 224 u. ff. _Simmias_, Stratege Alexanders 342 _Sindh_, Land am unteren Indus 468 _Sindomana_, Haupts$ und so weit dies nicht der Fall ist, bleibt er missverständlich und einseitig; so lange ist er darum kein unzweideutiger und vor allem kein vollständiger Ausdruck des wahrhaft und wirklich Guten und Schönen. Für unsren Begriff des sittlich Guten und des Schönen, sofern er wirklich wesentliche Merkmale enthält, gilt: nicht ohne ihn giebt es etwas Gutes und Schönes. Für den Begriff des sittlich Guten-und Schönen im System der Wahrheit gilt hingegen: nur durch ihn ist etwas schön, ist etwas gut. Auch das Gute und Schöne erhält seine Wahrheit und Wirklichkeit lediglich durch seine Stellung im System der Wahrheit oder dadurch, dass es in diesem System eine Stelle hat. Ähnlich wie vom sittlich Guten und Schönen sprechen wir auch von einem wahren, wirklichen Israeliten, von einem wahren, wirklichen Menschen, von wahrem, wirklichem Golde u. s. w. Der hier als Massstab zugrundeliegende Begriff, ein Soll-Begriff oder Idealbegriff, wird in allen diesen Fällen von uns als etwas Allgemeingültiges geltend gemacht oder in A$ n bildet. Gilt doch allgemein bei den Aristotelikern das Prädikat des Urteils als der allgemeinere Begriff und wird hiernach das Verhältnis von Subjekt und Prädikat als ein Subsumtionsverhältnis bestimmt. Statt der Baum blüht, sollen wir hiernach sagen, der Baum ist blühend, oder besser noch, ein blühendes Etwas; statt der Mensch ist sterblich, der Mensch ist ein sterbliches Wesen. Auf diese Weise wird freilich das Urteil in das Subsumtionsverhältnis eingespannt. Aber die Eigentümlichkeit der von diesem Verhältnis verschiedenen Verhältnisse von Ding und Vorgang Ding und Eigenschaft werden dabei unterdrückt und beseitigt. Man muss die vier Kategorien von Begriffen unterscheiden: Ding, Eigenschaft, Vorgang, Beziehung. In jeder dieser Kategorien giebt es über- und untergeordnete Begriffe, aber man kann die Begriffe der einen Kategorie nicht denen der andren über- oder unterordnen. Der Vorgang hat das Eigentümliche eines zeitlichen Anfangs, Verlaufs und Endes, das einer Reihe von Veränderungen eines Veränderliche$ h, jung und alt, gross und klein, schwarz und weiss usw. Dass wir diese Prädikate als unverträglich miteinander odber mit dem Subjekt erkennen, hat seinen Grund natürlich lediglich in dem Einleuchten der Unverträglichkeit, nicht in der mit ihr gegebenen Denknotwendigkeit, sodass also auch hier Denknotwendigkeit und Einsicht als etwas ganz Verschiedenes erscheint. Es fragt sich, ob nicht eine Denknotwendigkeit in dem Einheitsgesetz und dem Gesetz der Kausalität vorliegt, und weiterhin, ob nicht diese Denknotwendigkeit mit der Einsicht als ein und dasselbe gesetzt werden muss. Zunächst ist einleuchtend, dass es sich für uns nicht darum handeln kann, zu entscheiden, ob zwischen dem Denkenden und dem System der Wahrheit, zwischen dem den Anfang irgendwie Ermöglichenden und dem Anfangenden ein Notwendigkeitszusammenhang besteht, sondern lediglich darum, ob er von dem Einheits- und Kausalitätsgesetz gefordert wird und in diesen Gesetzen zum Ausdrucke kommt. Beides wird nun geleugnet werden müssen. In dem Einheitsge$ nsvorgänge handelt. Aber wir wissen sehr wohl zwischen dem ursprünglichen und übertragenen Sinne dieser Vorstellungen, z. B. der Vorstellung Vorstellen, zu unterscheiden und geben ihnen unwillkürlich bei der Übertragung auf die Bewusstseinsvorgänge eine diesen entsprechende andere Bedeutung. Hier kommt das mit jedem Bewusstseinsvorgang verbundene, uneigentliche Wissen des Bewusstseinsvorgangs um sich selbst zur Geltung und verhindert eine Herabziehung der Bewusstseinsvorgänge in das sinnliche Gebiet. Die Empfindungen, insofern sie Erkenntnismittel der Aussenwelt sind und als solche immer unter Mitwirkung der Sinnesorgane, sei es der äussern, sei es bloss der innern, der Gehirnerregungen, funktionieren, gehÇören dem sinnlichen Gebiete an, ja sie konstituieren dasselbe. Insofern wir aber bei der Reflexion über die Empfindungen von dieser ihrer körperlichen Seite absehen, bilden sie, wie alle Bewusstseinsvorgänge, einen Gegensatz wie zu allem Körperlichen, so auch zu allem Sinnlichen. Es ist unrichtig zu sagen, $ ueberzeitliche Geltung und damit die Allgemeingueltigkeit der Wahrheit fuer alle Denkenden leugnen -- er verfaellt dem Skepticismus. a) Empiristischer, b) rationalistischer Wahrheitsbegriff. Beide setzen den metaphysischen Wahrheitsbegriff voraus. Nach jenem laesst sich nur entscheiden, was wahrscheinlich ist, nach diesem nur, was moeglicherweise wahr ist. Jener ist nuetzlich fuer die Sicherung unserer Lebenszwecke, dieser fuer die Verwirklichung eines Erkenntnisideals. Ein Pruefstein der Wahrheit ist weder der eine noch der ------------------ *Druckfehler:* Seite 7 Zeile 13 lies statt Unveraenderliche *Veraenderliche*. DIE WAHRHEIT UND UNSER WISSEN. ------------------ Erster Hauptteil. Die Wahrheit. ------------------ Erster A0bschnitt. Was ist Wahrheit? Erste Untersuchung. Die herkoemmliche Definition der Wahrheit. Seit Cartesius spielt der Gedanke einer gegensaetzlichen Trennung von Leib und Seele in der Phi$ rteilen gegeben. Wenn man den Nachdruck auf das Absehen, Fallenlassen, das leicht als Ausscheiden, Verneinen gefasst werden kann, legt, so liegt der Gedanke nahe, diese wesentlichen Merkmale seien fuer uns nur in negativen Urteilen vorhanden. Aber das widerspricht einerseits der Selbstbeobachtung, der Reflexion auf das, was wir thun, wenn wir diese Gebilde festhalten: es ist ein einfaches Hinsehen, Hinblicken, dessen thatsaechlicher Nebenerfolg das Absehen freilich bildet, aber ohne als besonderer Vorgang hervorzutreten. Anderseits setzen diese negativen Urteile bereits die Isolierung der wesentlichen und unwesentlichen Merkmale also eben diese isolierten Gebilde voraus. Durch diese Isolierung gewinnen wir die wesentlichen Merkmale, die zu dem Sinnen- oder Willensding gehoeren: Ausdehnung, Bewegung, Nebeneinander, Nacheinander, Substanz, Kausalitaet. Was die Bedeutung dieser Worte ist, koennen wir freilich nur in Urteilen angeben; aber daraus folgt nicht‡, dass wir den Gedankengehalt dieser Worte auch nur dur$ verschieden von Eingebung S. 77, 78. *Eingebung* verglichen mit dem Einleuchten, dem Blick fuer das Wesentliche, der Einsicht S. 10, 78, 80, -- noch kein Erkennen, vielmehr Ausgangspunkt (zweiter) fuer das Erkennen S. 81, 82 wann Gedanken Eingebungen sind S. 79, 81, worin die Eingebungen ihren Grund haben S. 81. *Einheit* Gesetz der Einheit S. 30, 31, -- Kategorie S. 47; -- gebrochene in der Natur S. 57, 73 -- des Bewusstseins S. 61. *Einleuchten* und *Einsicht*, Verschiedenheit beider S. 22, 23, 24, Einleuchten keinerlei Zwang S. 22, 34, 38, 43, 80, -- verglichen mit Inspiration und Auffassen der Inspiration S. 78, -- wirklich oder bloss vermeintlich S. 35, 36, 37, 38; Schein des Einleuchtens, wie beseitigt S. 37; Einleuchten unmittelbar oder mittelbar S. 37, 38. Einsicht innere und aeussere S. 71, 87. Einleuchten keine Erkenntnis, Grund der Erkenntnis S. 22, 34, 38, Einleuchten Massstab, Kennzeichen der Wahrheit; das, nach dem wir ueber Wahrheit und Falschheit urteilen S. 24. *Einsicht* Erkenntnis S. 23, Se$ baum & Co. in Amsterdam [Anmerkungen zur Transkription: Im Original in Antiqua gesetzter Text ist mit = gekennzeichnet. Offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert, Orthographie und Interpunktion aber sonst wie im Original belassen.] Proofreading Team at http://www.pgdp.net Am Glück vorbei Clara Sudermann [Illustration] Peter J. Oestergaard Verlag Berlin-Schöneberg einschließlich Übersetzung, Dramatisierung und Erschienen in der »Wiener Mode« unter dem Titel »Die Siegerin« Dr. P. Langenscheidt, Druck von Hallberg & Büchting (Inh.: L. A. Klepzig), Leipzig. Der Oberförster Hagedorn war von einer mehrtägigen Inspektionsfahrt durch Wälder, die er außeramtlich verwaltete, heimgekommen und hatte es sich in seinem Zimmer, dem eigentlichen Wohnzimmer der Familie bequem Über dem großen Rundtisch mit seiner grauen Marmorplatte brannte die Hängelampe, der altmodische Messing-Teekessel summte, und der Kaffee, den Fräulein Perl, des Hau‡ses getreue Hüterin, zu brühen begonnen hatte, duftete. Die Windstöße, die gegen die$ eiliger Vaterzorn« genannt werden kann. Daß die Mutter es dennoch tat und oft, wie der Junge fühlte, gegen ihr besseres Wissen, erfüllte ihn mit Trotz und machte ihn blind gegen das eigene Unrecht, das ihm nur als erlaubte und gerechtfertigte Notwehr Es war seltsam, so sehr Frau Elisabeth unter diesen Verhältnissen litt, sie konnte sich nicht verhehlen, daß sie sie ihrem Mann näher gebracht hatten. Als er merkte, daß sein Sohn ihm mit den Jahren fremder ward und es ihm nicht gelingen wollte, ihn gleichsam an seine Seite zu befehlen, wandte er sich in seiner Enttäuschung ihr zu, bei der er stets Zustimmu8g und Bewunderung gefunden und die ihn jetzt aus einem verstehenden Mitleid heraus doppelt warm umfing. Der junge Peter sah es mit Staunen, und er war geneigt, in seinen Gedanken von dieser Liebe verächtlich zu denken. Nach einem Auftritt gingen sich Vater und Sohn tagelang aus dem Weg, kaum, daß bei den Mahlzeiten einige knappe Worte gewechselt wurden, bis sich die Bitterkeit allmählich verlor und man zur Tag$ en, die ihn trocken und häßlich finden werden, noch sonst im Weltleben, das an ihm achtlos vorübergehen wird. Achtlos? Ja, man wird Kraus nie achten, und gerade das, daß er, ohne Achtung zu genießen, dahinleben wird, das ist ja das Wundervolle und Planvolle, das An-den-Schöpfer-Mahnende. Gott gibt der Welt einen Kraus, um ihr gleichsam ein tiefes unauflösbares Rätsel aufzugeben. Nun, und das Rätsel wird nie begriffen werden, denn siehe: man gibt sich ja gar nicht einmal Mühe, es zu lösen, und gerade deshalb ist dieses Kraus-Rätsel ein so Herrliches und Tiefes: weil niemand begehrt, es zu lösen, weil überhaupt gar kein lebendiger Mensch hinter diesem namenlos unscheinbaren Kraus irgend eine Aufgabe, irgend ein Rätsel oder eine zartere Bedeutung vermuten wird. Kraus ist ein echtes Gott-Werk, ein Nichts, ein Diener. Ungebildet, gut genug gerade, die sauerste Arbeit zu verrichten, wird er jedermann vorkommen, und sonderbar: darin, nämlich in diesem Urteil, wird man sich auch nicht irren, sondern man wird dgurchau$ auf die mit Blaustift geschriebenen Zeilen des Telegramms, bis ihn der Schmerz jählings übermannte. Sein liebes altes Mütterchen, an das er in diesen letzten langen Wochen nicht mit einem einzigen Gedanken gedacht hatte, lag im Sterben. Die Tränen schossen ihm aus den Augen, er legte die Stirn auf die harte Tischkante, und ein Aufschluchzen erschütterte seinenË Körper. Erst ganz allmählich gewann er seine Fassung wieder, fing er an zu überlegen, was zu geschehen hätte. Der Justizrat König war der Vermögensverwalter und vertraute Freund seines Mütterchens schon seit langen Jahren. Allabendlich spielten sie ihre geruhsame Partie Bézigue, und es war ein rührendes Verhältnis zwischen den beiden alten Leutchen. Von seiten des Justizrates, der unverheiratet geblieben war, vielleicht ein wenig Pietät und wehmütige Erinnerung. An eine vor langen Jahren begrabene Hoffnung. Aber mit dem Alter war er ein Krakeeler geworden. Fast immer verzankte er sich mit seiner Partnerin, um am nächsten Vormittag mit einem poetischen $ ich kranker Mensch für die Nacht ein ordentliches Bett haben müsse. Dieses verschaffte er mir in einem engen Zimmerchen, wo schon ein junger Kaufmann, ein langes Brechpulver in einem braunen Oberrock, sich etabliert hatte. In der Wirtsstube fand ich lauter Leben und Bewegung. Studenten von verschiedenen Universitäten. Die einen sind kurz vorher angekommen und restaurieren sich, andere bereiten sich zum Abmarsch, schnüren ihre Ranzen, schreiben ihre Namen ins Gedächtnisbuch, erhalten Brockensträuße von den Hausmädchen; da wird in die Wangen gekniffen, gesungen, gesprungen, gejohlt, man fragt, man antwortet, gut Wetter, Fußweg, Prosit, Adieu. Einige der Abgehenden sind auch etwas angesoffen, und diese haben von der schönen Aussicht einen doppelten Genuß, da ein Betrunkener alles doppelt sieht. Nachdem ich mich ziemlich rekreiert, bñstieg ich die Turmwarte, und fand daselbst einen kleinen Herrn mit zwei Damen, einer jungen und einer ältlichen. Die junge Dame war sehr schön. Eine herrliche Gestalt, auf dem lockig$ und im Geiste waren wir wieder in unserm gelehrten Sibirien, wo die Kultur so groß ist, daß die Bären in den Wirtshäusern angebunden werden, und die Zobel dem Jäger guten Abend Im großen Zimmer wurde eine Abendmahlzeit gehalten. Ein langer Tisch mit zwei Reihen hungriger Studenten. Im Anfange gewöhnliches Universitätsgespräch: Duelle, Duelle und wieder Duelle. Die Gesellschaft bestand meistens aus Hallensern, und Halle wurde daher Hauptgegenstand der Unterhaltung. Die Fensterscheiben des Hofrats Schütz wurden exgetisch beleuchtet. Dann erzählte man, daß die letzte Kur bei dem König von Cypern sehr glänzend gewesen sei, daß er einen natürlichen Sohn erwählt, daß er sich eine Lichtensteinsche Prinzessin ans linke Bein antrauen lassen, daß er die Staatsmaitresse abgedankt, und daß das ganze gerührte Ministerium vorschriftsmäßig geweint habe. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, daß sich dieses auf Halle'sche Bierwürden bezieht. Hernach kamen die zwei Chinesen aufs Tapet, die sich vor zwei Jahren in Berlin sehen l$ h Ata-Monos Haar und riß die Muschelkette aus seinem Haar mit sich. Gleich darauf sah Ata-Mono, daß die Frauen auf den vier Türmen des Stadttores in Aufruhr gerieten und von jedem Turm einen Mann herunterstürzten. »Was bedeutet das?« fragte Ata-Mono die zwei Frauen, die ihm zunächst »O, Herr, ein paar eifersüchtige Männer wollen Euch töten,« sagte die eie der beiden Frauen eifrig; die andere lachte. »Warum sehe ich nur Frauen und keinen Mann, der mich begrüßt?« fragte er »O, Herr, der Regent hat befohlen: am Tage, wo Ihr vom Meere wieder nach China zurückkehren würdet, dürfe kein Mann sein Haus verlassen und kein Mann die Straße betreten, da die Eifersucht der Männer grenzenlos ist, und weil dich alle Männer hier hassen.« Ata-Mono sagte verwundert: »Ich habe seit Jahren keine Männer gesprochen. Warum hassen sie mich, und warum sind sie eifersüchtig auf »Herr, Ihr wißt nicht, daß der Regent tief betrübt war, weil Ihr, der Ihr der Erste seid, der die Sprache der Bäume verstand, -- weil Ihr China den Rücken kehr$ ; an ihn nicht. Du Dunkelheit, aus der ich stamme, ich liebe dich memr als die Flamme, welche die Welt begrenzt, indem sie glänzt für irgendeinen Kreis, aus dem heraus kein Wesen von ihr weiß. Aber die Dunkelheit hält alles an sich: Gestalten und Flammen, Tiere und mich, wie sie's errafft, Menschen und Mächte -- Und es kann sein: eine große Kraft rührt sich in meiner Nachbarschaft. Ich glaube an Nächte. Ich glaube an alles noch nie Gesagte. Ich will meine frömmsten Gefühle befrein. Was noch keiner zu wollen wagte, wird mir einmal unwillkürlich sein. Ist das vermessen, mein Gott, vergib. Aber ich will dir damit nur sagen: Meine beste Kraft soll sein wie ein Trieb, so ohne Zürnen und ohne Zagen; so haben dich ja die Kinder lieb. Mit diesem Hinfluten, mit diesem Münden in breiten Armen ins offene Meer, mit dieser wachsenden Wiederkehr will ich dich bekennen, will ich dich verkünden wie keiner vorher. Und ist das Hoffart, so laß mich hoffärtig sein für mein Gebet, das so ernst und allein vor deiner wolkigen Stirn$ ch gestatte mir einzufügen: Quod licet Jovi; non licet bovi.) »Mit der größten Selbständigkeit ohne Aufgabenstellung und aufdringliche Hinweise erarbeiteten sich die Kinder am Wechsel der auftretenden Erscheinungen des Schullebens einen Rechenvorgang um den andern. Jede Stunde brachte Neues an Inhalt und Form. Das einzelne Kind eignete sich immer zuerst das an, was es seinen inneren, in Entwicklung begriffenen Spannkräften gemäß aufzunehmen imstande war. Die andern folgten, jedes zu seiner Zeit, es war kaum ein halbes Jahr vergangen, als die ganze Schar über das Ziel der 1. Klasse hinausdrängte, um in der Folge auch weit darüber hinauszuwachsen.« Für die zweite Klasse war der Zahlenraum 1 bis 100 vorgeschrieben. Eine so mannigfaltige Veranschaulichung der Rechenvorgänge, wie in der ersten Klasse, war nicht mehr nötig. Große und kleine Zählmaschinen, Schätzen bei allen Beobachtungen, Messen und Zählen in der Werkstätte und im Klassenraum, vor allem aber auch Kaufeún und Abwägen von Waren an dem in der Schule a$ niemand verkennen Und bald sah man die verirrten Schafe mit leichten Schritten zum Kochtopf eilen. Die Alte empfing sie, indem sie hnen ihr Ausbleiben vorwarf. Die Antwort aber blieb keines der Unschuldigen ihr schuldig; sie beteuerten, sie hätten niemand rufen hören, sonst wären sie _sofort_ gekommen. Carlsson verhielt sich würdig, wie es sich beim Mittagstisch am Sonntag ziemte. Rundqvist aber sprach in dunklen Worten von den höchst »merkwürdigen« Fortschritten der Landwirtschaft. Carlsson ersah daraus, daß er von der Opposition bereits eingeweiht und gewonnen war. Nach dem Essen, das aus einem in Milch mit Pfeffer gekochten Eiderpaar bestand, zogen sich alle Mannsleute zurück, um zu schlafen; Carlsson aber nahm sein Gesangbuch aus dem Kasten und setzte sich draußen auf die Höhe, wo er einen trockenen Stein fand. Den Fenstern der Hütte drehte er den Rücken, um etwas einnicken zu können. Die Alte fand das vielversprechend, da der Sonntagnachmittag sonst gewöhnlich verloren ging. Als Carlsson glaubte, es sei$ r Arbeit, entwickelte da%egen ein unglaubliches Erfindungsvermögen, sich dieser unangenehmen Folge des »Sündenfalls« zu entziehen. Darin hatte er ja Recht, zumal die Gedankenarbeit sowohl nützlicher, ehrenvoller, bequemer ist, wie sich mehr lohnt. Zugleich von einem Verlangen getrieben, alle Seiten menschlicher Tätigkeit kennen zu lernen, blieb er nicht unnötig lange auf einer Stelle sitzen. Sobald er gelernt, was er wollte, suchte er einen neuen Wirkungskreis. Auf diese Weise war er vom Schmiedehandwerk zur Landwirtschaft übergegangen, hatte sich im Stalldienst versucht, beim Kaufmann gehandelt, war Gärtnerbursche, Bahnarbeiter, Ziegelstreicher und schließlich Reiseprediger gewesen! Durch diese Wandlungen war sein Wesen geschmeidig geworden, hatte er die Fähigkeit erworben, sich in alle Verhältnisse und alle möglichen Menschen zu schicken; ihre Absichten zu verstehen, ihre Gedanken zu lesen, ihre geheimen Wünsche zu erraten. Er war mit einem Wort eine Kraft, die ihre Umgebung überragte. Seine mannigfachen Ke$ nte traf, Geschäfte machte, Ankündigungen hörte. Und der Pastor war die einzige Behörde, mit der man in Berührung kam; der Amtmann, der die Polizeigewalt ausübte, wohnte weit entfernt und wurde bei Rechtssachen nie bemüht; die machte man vielmehr unter einander ab, mit einigen dänischen Küssen oder einem Schoppen Branntwein. Nicht eine Spur von Latein und Griechisch konnte man in dieser vom Herdfeuer und zwei Talglichern beleuchteten Gestalt sehen, einer Kreuzung von Bauer und Seemann. Die einstmals weiße Hand, die in ihrer ganzen Jugend in Büchern geblättert hatte, war braun und borkig, hatte gelbe Leberflecke von Salzwasser und Sonnenbrand, war hart und schwielig von Rudern, Segeln, Steuern; die Nägel waren halb abgenagt und trugen von der Berührung mit Erde und Geräten schwarze Ränder. Die Ohrmuscheln waren mit Haar zugewachsen und gegen Katarrh und Fluß von Bleiringen durchbohrt. Aus der auf das wollene Wams aufgenähten Ledertasche hing eine Haarschnur, die einen Uhrschlüssel aus einem gelben Metall mit e$ f einem Dampfer heraus; dann wurden fünfzig Kronen für das Recht, einige Tage jagen zu können, bezahlt. Punsch und Kognak flossen Tag und Nacht, und man schied von den Jägern mit der f0sten Überzeugung: das sind feine Leute. Carlsson kam also in die Höhe und wurde ein Licht auf dem Hofe: eine Autorität, die über Dinge Bescheid wußte, welche die Andern nicht begriffen. Ein schwacher Punkt aber blieb, und er spürte ihn zuweilen: er war vom Lande, war kein Seemann. Um diesen letzten Rangunterschied auszugleichen, fing er an, sich mehr für die Seegeschäfte zu interessieren, legte eine große Neigung fürs Meer an den Tag. Putzte sich eine Flinte und fuhr auf die Jagd hinaus; nahm am Fischen teil und wagte sich auf längere Segelfahrten. -- Mit der Landwirtschaft gehts abwärts, und wir müssen uns auf's Fischen legen, antwortete er seiner Frau, die mit Unruhe Vieh und Feld verkommen sah. -- Vor allem das Fischen! Das Fischen für den Fischer und das Land für den Landwirt! verkündigte er jetzt auf eine Art, die keinen W$ her an, als die beschauliche Gemeinschaft mit dem deben der großen Natur. Wir Affen gelten bei euch als ein unnützes gedankenloses Volk, das nichts Gescheites zustande bringt und seinen Tag vertändelt. Aber wieviel wißt ihr vom Glück unseres freien Daseins in der Sonne oder im Mondglanz in der weißen, gärenden Nacht, von unserer Gemeinschaft mit dem unschuldigen Geschick der tausendfältigen Geschöpfe der Natur? Glaubst du, wir gäben nicht für eine einzige Stunde friedvoller Gemeinschaft mit den Glücklichen des Waldes den ganzen Tand dahin, um dessentwillen ihr euch euren hastigen Tag hindurch so wichtig gebärdet? Die Wahrheit, daß wir euer Wesen nicht haben, schließt uns vom irdischen Daseinsglück nicht aus, und habt ihr denn in der Zeitlichkeit ein anderes Ziel als das Glück? Ihr verlacht uns, wenn ihr uns unsere Freiheit genommen habt, und vergeßt, daß wir ohne sie nichts mehr sind. Nur im Glück lernt man ein Wesen wahrhaft kennen, denn das Glück ist die Vorbedingung zum wohlabgewogenen Selbstbewußtsein, un$ digen Nacht dieses Kind zu mir sagte, wohl aber weiß ich, daß wir einander verstanden. Die Ausschließlichkeit, welche das glühende Bereich heraufbeschwört, in das der Liebreiz dieses Mädchens mich zog, verbannte alle kleinen Einzelinteressen und Begierden, ie unser Leben spalten und bedrängen, und es gab nur ein Ziel für unser Blut. »Soll ich tanzen?« fragte Goy, »sage mir, was dir wohltut?« Sie tanzte unter dem grünlichen Mond der kleinen Ampel, der eine ganze Welt bestrahlte. Es war schwül und totenstill in dieser Welt. Ich hörte nur den Schlag der weichen Füße auf den Matten, und wenn ich die Augen schloß, so fühlte ich den zarten Fuß auf den Herzensquellen meines Lebens tanzen. Mit jedem neuen Erwachen meiner Blicke erschien mir Goys erblühter Kinderkörper erneut; er blieb mir fremd und wechselte wie eine Landschaft, die der Geist im Flug durcheilt. Nun wurde es still, und ihre Frauenaugen lächelten erfahren, kindlich und begierig über den meinen: »Willst du mir nicht befehlen, Herr?« sagte Goy so langsam$ h den Versuch machte, diesen Abstand zu verkürzen, hob er mit einem bedauernden Ablehnen die Hand und ergriff einen höheren Ast, um mir anzudeuten, welche Folgen mein Entgegenkommen haben würde. Gong hatte im Laufe unserer Bekannéschaft alles gelernt, was sich mit den Augen von den Vornahmen eines Menschen begreifen läßt, er hat meinen Tropenhut auf dem Schädel gehabt, mein Taschentuch gebraucht, und er weiß wozu ein Messer gut ist. Er hat meine Notizbücher durchblättert und in meiner Hängematte geschaukelt, und er verstand die Bewegungen des An- und Ausziehens eines Rockes so täuschend nachzuahmen, als sei er von alters her gewohnt, Kleidung zu tragen. Oft allerdings begriffen wir einander gar nicht, denn Gong wußte in seiner Sucht, mir gleich zu sein, bald kein Maß mehr zu halten, und verstimmte mich zuweilen empfindlich durch seine Nachahmungen, so daß ich mir lächerlich in meinen Bewegungen vorkam und den bestimmten Eindruck gewann, verspottet zu werden. Es mußte nun darüber nachgedacht werden, auf welche$ es, den Feinden nicht hatte überlassen wollen. So ist er unter einem Berg seiner gefallenen Getreuen gefunden worden, und die Sage erzählt, daß er auch so bestattet worden sei unter dem gewaltigen Kuppelbau, den er sich selbst, wie alle Fürsten jener Zeit, zu seinen Lebzeiten hat erbauen lassen. Diese riesenhaften Grabdenkmäler der Stadt überragen noch heute das Trümmerfeld von Bitschapur, sie erinnern in ihrer Bauart und Größe an Moscheen, auch wird in einigen noch Gottesdienst gehalten, oder sie locken Tausende von mohammedanischen Pilgern als Wallfahrtsort aus weiter Umgebung in die heilige Stadt der großen Toten. Man erblickt in diesen Bauten seltene Steinblöcke eingefügt, deren Entstammung bis heute nicht hat aufgeklärt werden können, besonders als Grabsteine sind hier und da schwarze, basaltartige Felsstücke verwandt worden, deren Beschaffenheit die Gelehrten sich nur dadurch erklären können, daß sie sie unter die Meteorsteine einreihen. Die größte dieser Kapellen ist von einer Kuppel gedeckt,à von dere$ t mir die rechte Kunst. Und, Meister Diether, wenn Ihr mich von Euren Liedern hören ließet und ich könnt' etliche, die mir zumeist gefielen, von Euch erlernen, das wäre mir lieb. Eurer Fiedel freilich seid Ihr ledig, aber nähmet Ihr die Laute zu Eurem Singen, so wäre mir das zu größerem Nutzen: ich gäb' Euch die meinige in die Hand, und ich vertrau' wohl, daß ich die Griffe Euch bald würde nachthun können.« Wie sie dabei fragend und bittend mich anblickte, hätt' ich sie von Herzen gern ihres Wunsches gewährt. Aber ich sagte bloß: »Die Laute zu schlagen, bin ich gänzlich unkundig.« »Nun denn«, fuhr sie fort, »so mgt Ihr Eure Lieder bloß singen, und wenn ich eine Weise wohl aufgefaßt habe, so gedenk' ich selbst die Griffe zu finden, die sich dazu schicken. Wagt nur immer mich in Eure Schule zu nehmen!« Da mußt' ich mir mit einer List helfen: »Gerne, Jungfräulein! Aber wisset, daß es wider Recht und Brauch unserer Kunstbrüderschaft ist, unsere Lieder so bar mit der Stimme hinauszusingen, ohne daß Saitenklang daz$ schaute ich in die heitere Welt hinaus, die nah und fern so friedlich vor mir lag, und daß wir unser Werk so mitten in der Lenzlust treiben sollten, machte mich recht herzensfroh, und dem Mägdlein wußt' ich's im Stillen Dank. Da sich von ungefähr ihr Kommen verzögerte, nahm ich das große, schön gebundene Buch, das schon bereit lag, in die Hand und schlug es auf. Bald fand ich die Blätter, auf denen Lieder und Sprüche der besten Singer zu lesen waren. Ich staunte nicht wenig über die meisterliche Kunst, mit der da in Wort und Reim gefaßt war, was des Menschen Herz zumeist bewegt, und immer wieder auf neu Weise, wie wohl die Vöglein alle im Mai dieselbe Lenzwonne singen, doch aber jedes in seiner sonderlichen Art. »Reicher Gott!« dacht' ich, »wie mag dir das gute Mägdlein so hohe Kunst zutrauen und wie könnt' ich sie je erlernen; sie muß von Gott verliehen sein.« Während ich so der Muße genoß, sah ich auch die Feder schon bereit liegen, und das Tintenfäßlein stund dabei. Ich nahm sie in die Hand und schrieb, wo$ r, als man die heilige Messe gelesen. Droben im Festsaal saßen sie bei einander und wie stolz schien Guido, allen den Herren es zeigen zu können, welchen Freund er sich gewonnen habe! Und wahrlich! Bruno ward da als ein Muster ritterlicher Tugend und höfischer Sitte auserkannt. So edel war sein Wesen, so zierlich und klug seine Rede, daß Jedermann im Saal auf ihn achtete. »Treue und Freundschaft auf ewig!« rief ihm Guido zu, als man wieder die Becher gefüllt hatte und ergriff seine Hand. »So sei es!« that ihm der Angeredete Bescheid und schlug ein: »Treue und Freundschaft auf ewig!« Und indem sie sich mit den Agen zuwinkten, setzten sie die Becher an »Halt!« rief da Guido, dessen Herz vor Freude überwallte. »Harre noch, Bruder, ehe Du trinkest den Trunk der Treue; es gilt noch ein Wort: Und Bruno hörte dieses Wort, Diether, und er las seine Bedeutung in der Seele des Jünglings, der es aussprach, aber er zögerte nicht und rief den Namen auch und trank den Becher bis zur Neige. Ward ihm denn die Frucht des Wein$ in einem Athem mit dem Bruder auszusprechen wagte, obwohl er wußte, daß er damit schändlich log? Aber Bruno's Angesicht blieb heiter wie zuvor und kein Laut seines Mundes verrieth das Vorhaben, von dem sein Herz jetzt einzig erfüllt Als die Bewirthung zu Ede war, und man das Rathhaus verließ, gab er vor, wegen nöthiger Geschäfte hinaus in's Lager zu müssen, und mit trüglichem Wort ward er eins mit Guido, daß er ihn dort an bestimmter Stelle aufsuchen möchte gegen Abend, dann selbander in die Stadt zurückzukehren, das Fest zu beschauen und an der Lust des Volkes Theil zu nehmen. So trennten sich die Beiden. Bruno hatte einen Waffengenossen, der ihm in Allem ergeben war. Adelbert wußte um Bruno's Liebe; er wußte auch, daß heute die Flucht geschehen sollte, und gerne war er bereit, dazu zu helfen. Die Stadt Bologna hat ein Thor, das ist vor andern klein, und Wenige ziehen hindurch. Die Straßen, die dahin führen, sind gar enge und einsam, so auch die Landstraße, wenn man das Thor hinter sich hat. Das däuchte ihne$ ätte. Da wäre die Stola um des Knäbleins Arm von ihm geschlungen worden und meine Mutter hätte alle heiligen Gelübde, vm Priester ihr vorgesprochen, für mich vollbracht. Auch wäre darüber eine Urkund nach allem Erforderniß in der Abtei niedergelegt. Auf solches Alles hätte sich der Bischof berufen, und zu ihm hätten die höchsten Oberen des Cisterzienserordens gestanden. -- Darum hätt' er sich aufgemacht und wäre gen Rom gezogen, dort beim heiligen Stuhl für mich zu bitten; aber man hätte ihn schlecht an die Entscheidung des Bischofs und des Ordens gewiesen, darnach müßte der Spruch gefällt werden. Ob ich ihn wohl zu lieben angefangen hätte, als das Kind den Vater soll? Ob ich mir wohl fürbilden könnte, wie selig ihm die Stunde gewesen, da er mich gefunden und wie er seitdem nichts wüßte, als mein Bestes zu suchen? -- Dann sollt' ich nicht wider Gott fechten, den Frieden meiner Seele in Acht nehmen und mich in's Kloster ergeben. Ich sollte nicht hinaustrachten um seinetwillen, denn er hätte aller Dinge beschlo$ nur arg zerschundene Hände und Knie, aber Lilly war mit dem Gesicht auf den steinigen Boden gefallen, sie hatte eine große Beule an der Stirne, und sie blutete stark aus der Nase. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht; aber als Otto in sie drang: »So wein doch nicht, Lilly, sonst krieg' ich's ja!« da verbiß sie ihren Schmerz, und sie versicherte der besorgten Tante Toni, sie hätte sich gar nicht arg wehgetan. Aber das Nasenbluten dauerte fort, und da kein Wasser zur Hand war, mußte Lilly sich unter einen Baum platt auf den Rücken legen und Tante Toni drückte ihr zusammengelegtes Taschentuch sanft auf die Beule, die immer heftiger anschwoll. Mariechen bemühte sich unterdessen, Ottos zerschundenes Knie, so gut es ohne Wasser ging, zu reinigen und zu verbinden. Rudi, der dabeistand und zusah, konnte sich nicht enthalten, zu sagen: »Na, ein Glück, daß du diesmal die Schuld nicht auf michwälzen kannst, sonst hätten wir ein schönes Konzert zu hören bekommen.« »Schweig!« herrschte Otto ihn an, und Rudi schwieg auch, $ gen im Volksmunde erraten möchte. Es ist bekannt, welche Deutungen sich an das Ausschütten von Salz, Umwerfen eines Weinglases, Steckenbleiben eines zu Boden gefallenen Messers u. dgl. knüpfen. Welches Anrecht auf Beachtung solche abergläubische Deutungen haben, werde ich erst an späterer Stelle erörtern; hierher gehört nur die Bemerkung, dass die einzelne ungeschickte Verrichtung keineswegs einen konstanten Sinn hat, sondern je nach Umständen sich dieser oder jener Absicht als Darstellungsmittel Wenn dienende Personen gebrechliche Gegenstände durch Fallenlassen vernichten, so wird man an eine psychologische Erklärun hiefür gewiss nicht in erster Linie denken, doch ist auch dabei ein Beitrag dunkler Motive nicht unwahrscheinlich. Nichts liegt dem Ungebildeten ferner als die Schätzung der Kunst und der Kunstwerke. Eine dumpfe Feindseligkeit gegen deren Erzeugnisse beherrscht unser dienendes Volk, zumal wenn die Gegenstände, deren Wert sie nicht einsehen, eine Quelle von Arbeitsanforderung für sie werden. Leute$ it unverkürzt und nach gleichem Recht allen Gesellschaftsgliedern.« Das ist, wie jeder leicht sehen kann, naturrechtlich und nicht wissenschaftlich gesprochen. Was versteht man unter Naturrecht? Nach meiner Ansicht werden da bei den meisten Definitionen zwei ganz verschiedene Dinge durcheinandergeworfen. Zwei Auffassungen streiten darüber in der Geschichte des Gedankens: eine naive, urwüchsige Auffassung, die statt mit dem Wort »Naturrecht« besser ausgedrückt würde mit »natürliches Recht«. Die Franzosen sagen auch »=drot naturel=« und die Engländer »=natural law=«, also immer natürliches Recht. Der Begriff ist da abgeleitet von einem vermeintlichen Naturzustand oder wird auf die Natur des Menschen bezogen und ist nur in diesem Sinne naturphilosophisch. Dann gibt es aber eine wissenschaftlich rechtstheoretische Auffassung des Begriffs Naturrecht, nach der es verstanden wird als die Zusammenfassung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die unabhängig von den Grundsätzen und Bestimmungen der örtlich und zeitlich $ in England. In England war die Trennung zwischen gelernten und ungelernten Arbeitern bis zum Kriege viel stärker gewesen als in Deutschland. Daher die Erscheinung, die vielen, die nach England kamen, aufgefallen ist, daß sie dort eine ungeheure Zahl von tiefstehenden Arbeitern vorfanden, tiefstehend in der Art ihrer Lebensweise, tiefstehend in ihrer Wohnweise und tiefstehend auch in der Art der Kleidung. Sie schlossen daraus, daß überhaupt das Elend in England viel größer sei als auf dem Festlande. Aber es handelt sich da um eine Teilerscheinung, die sich erklärt aus der ganzen Geschichte der englischen Arbeiterschaft. Infolge besonderer Umstände bekam in England der Ungelernte, der Labourer, im Gegensatz zum Gelernten, zum Worker, einen sehr viel geringeren Lohn, nur etwa 60 oder gar bloß 50 Proz. vom Lohn des Gelernten, während in Deutschland der ungelernte Arbeiter bis 70 und 80 Proz. vom Lohn des Gelernten bekommt. Die Zahl der gelernten Arbeiter hat sich in Deutschland anders entwickelt als de der ungel$ die tatsächlich in bezug auf Größe und Einrichtungen hinter der Durchschnittshöhe der Produktionsentwicklung zurückgeblieben sind. Ihr Fortbestand heißt also volkswirtschaftlich Vergeudung von Arbeit durch Produktion unter rückständigen Arbeitsmethoden und Vergeudung von Arbeit durch unnötige Zersplitterung der Produktionsstätten. Um ihr entgegenzuwirken, sind Vorschläge zu einer Umorganisierung der Volkswirtschaft ausgearbeitet worden, für die der Name _Planwirtschaft_ gewählt worden ist und die ins Gebiet der Sozialisierung gehören. Der Gedanke der Planwirtschaft knüpft an Maßnahmen an, die in der Kriegszeit im Angesicht der wirtschaftlichen Kriegsnotwendigkeit auf Anregung und nach ausgearbei{teten Plänen des ideenreichen Großindustriellen Walter Rathenau und des Sozialökonomen Wichard von Möllendorf behördlich angeordnet wurden und in der großen Industrie von kartellierten Produktionsgruppen unter Beibehaltung kapitalistischer Überschußwirtschaft mit dem amerikanischen Trust als Vorbild durchgeführt word$ äter von dort bei den 12. Ulanen ein. Er ist der pflichttreueste Soldat, den man sich denken kann. Er wurde schwerhörig und mußte den Abschied nehmen. Seine Schwerhörigkeit holte er sich, wie er einen seiner Leute bei der Pferdeschwemme aus dem Wasser rettete und nachher seinen Dienst beendete, ohne die Kälte und Nässe zu berücksichtigen. Unter der heutigen Generation sind natürlich sehr viel mehr Soldaten. Im Kriege ist jeder waffenfähige Richthofen bei der Fahne. So verlor ich gleich zu Anfang des Bewegungskrieges sechs Vettern verschiedenen Grades. Alle waren Kavalleristen. Genannt bin ich nach einem großen Onkel Manfred, in Friedenszeiten Flügeladjutant Seiner Majestät und Kommandeur der Gardedukorps, im Kriege Führer eines Kavalleiekorps. Nun noch von meiner Jugend. Der alte Herr stand in Breslau bei den Leibkürassieren 1, als ich am 2. Mai 1892 geboren wurde. Wir wohnten in Kleinburg. Ich hatte Privatunterricht bis zu meinem neunten Lebensjahre, dann ein Jahr Schule in Schweidnitz, später wurde ich Kade$ d sich den Grund meiner Notlandung gar nicht vorstellen konnten. Es waren dies die ersten Engländer, die ich lebendig heruntergebracht habe. Deshalb machte es mir besonders Spaß, mich mit ihnen zu unterhalten. Ich fragte sie unter anderem, ob sie meine Maschine schon einmal in der Luft gesehen hätten. #»Oh yes,«# sagte der eine, »die kenne ich ganz genau. Wir nennn sie #'le petit rouge'#.« Nun kommt eine echt englische -- in meinen Augen -- Gemeinheit. Er fragte mich, weshalb ich mich vor der Landung so unvorsichtig benommen hätte. Der Grund lag darin, daß ich nicht anders konnte. Da sagte der Schurke, er hätte versucht, in den letzten dreihundert Metern auf mich zu schießen, habe aber Ladehemmung gehabt. Ich gebe ihm Pardon -- er nimmt es an und vergilt es mir nachher mit einem hinterlistigen Überfall. Seitdem habe ich noch keinen meiner Gegner wieder sprechen können, aus einem naheliegenden Grund. Englische und französische Fliegerei (Februar 1917) Zurzeit bin ich bemüht, der Jagdstaffel Boelcke Konkurrenz $ , die nach Trinchera kommen, um Dampfbäder zu brauchen, errichten über der Quelle eine Art Gitterwerk aus Baumzweigen und ganz dünnem Rohr. Sie legen sich nackt auf dieses Gitter, das, wie mir schien, nichts weniger als fest und nicht ohne Gefahr zu besteige‰ ist. Der _Rio de aguas calientes_ läuft nach Nordost und wird in der Nahe der Küste zu einem ziemlich ansehnlichen Fluß, in dem große Krokodile leben, und der durch sein Austreten den Uferstrich ungesund machen hilft. Wir gingen immer rechts am warmen Wasser nach Porto Cabello hinunter. Der Weg ist ungemein malerisch. Das Wasser stürzt über die Felsbänke nieder, und es ist als hätte man die Fülle der Neuß vom Gotthard herab vor sich; aber welch ein Contrast, was die Kraft und Ueppigkeit des Pflanzenwuchses betrifft! Zwischen blühenden Gesträuchen, aus Bignonien und Melastomen erheben sich majestätisch die weißen Stämme der Cecropia. Sie gehen erst aus, wenn man nur noch in 100 Toisen Meereshöhe ist. Bis hieher reicht auch eine kleine stachligte Palme, de$ n nicht mehr so kräftig und tragen später und nicht so reichlich Früchte. Auch soll der Boden erschöpft seyn; aber nach unserer Ansicht ist vielmehr durch die Entwicklung des Landbaus und das Urbarmachen des Landes die Luftbeschaffenheit eine andere geworden. Ueber einem unberührten, mit Wald bewachsenen Boden schwängert sich die Luft mit Feuchtigkeit und den Gasgemengen, die den Pflanzenwuchs befördern und sich bei der Zersetzung organischer Stoffe bilden. Ist ein Land lange Zeit angebaut gewesen, so wird das Verhältniß zwischen Sauerstoff und Stickstoff durchaus keins anderes; die Grundbestandtheile der Luft bleiben dies/lben; aber jene binären und tertiären Verbindungen von Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff, die sich aus einem unberührten Boden entwickeln und für eine Hauptquelle der Fruchtbarkeit gelten, sind ihr nicht mehr beigemischt. Die reinere, weniger mit Miasmen und fremdartigen Effluvien beladene Luft wird zugleich trockener und die Spannung des Wasserdampfs nimmt merkbar ab. Auf längst urba$ edene Temperaturen annahmen, zeigte sich das Phänomen der *Luftspiegelung* mit seinen mannichfaltigen Abänderungen. Es ist dieß in allen Zonen eine ganz gewöhnliche Erscheinung, und ich erwähne hier derselben nur, weil wir Halt machten, um die Breite des Luftraumes zwischen dem Horizont und demù aufgezogenen Bilde mit einiger Genauigkeit zu messen. Das Bild war immer hinaufgezogen, *aber nicht verkehrt*. Die kleinen, über die Bodenfläche wegstreichenden Luftströme hatten eine so veränderliche Temperatur, daß in einer Heerde wilder Ochsen manche mit den Beinen in der Luft zu schweben schienen, während andere auf dem Boden standen. Der Luftstrich war, je nach der Entfernung des Thiers, 3--4 Minuten breit. Wo Gebüsche der Mauritiapalme in langen Streifen hinliefen, schwebten die Enden dieser grünen Streifen in der Luft, wie die Vorgebirge, die zu Cumana lange Gegenstand meiner Beobachtungen gewesen.(73) Ein unterrichteter Mann versicherte uns, er habe zwischen Calabozo und Urituru das verkehrte Bild eines Thiere$ vermag; in der alten Welt dagegen sprechen koerperlich ungemein verschiedene Voelker, Lappen, Finnen und Esthen, die germanischen Voelker und die Hindus, die Perser und die Kurden Sprachen, die im Bau und in den Wurzeln die groesste Aehnlichkeit mit einander haben. Die Indianer in den Missionen treiben saemmtlich Ackerbau, und mit Ausnahme derer, die in den hohen Gebirgen leben, bauen alle dieselben Gewaechse; ihre Huetten stehen am einen Orte in Reihen wie am andern; die Eintheilung ihres Tagewerks, ihre Arbeit im Gemeindeconuco, ihr Verhaeltniss zu den Missionaeren und den aus ihrer Mitte gewaehlten Beamten, Alles ist nach Vorschriften geordnet, die ueberall gelten. Und dennoch -- und diess ist eine hoechst merkwuerdige Beobachtung in der Geschichte der Voelker -- war diese grosse Gleichfoermigkeit der Lebensweise nicht im Stande, die individuellen Zuege, die Schattirungen, durch welche sich die amerikanischen Voelkerschaften unterscheiden,zu verwischen. Der Mensch mit kupferfarbiger Haut zeigt eine geisti$ s, durch die Form der Augen, die vorspringenden Backenknochen, das straffe, glatte Haar, den fast gaenzlich mangelnden Bart sich der mongolischen Race naehern, so unterscheiden sie sich von derselben auffallend durch die Form der Nase, die ziemlich lang ist, der ganzen Laenge nach vorspringt und bei den Nasloechern dicker wird, welch letztere nach unten gerichtet sind, wie bei den Voelkern caucasischer Race. Der grosse Mund mit breiten, aber nicht dicken Lippen hat haeufig einen gutmuethigen Ausdruck. Zwischen Nase und Mund laufen bei beiden Geschlechtern zwei Furchen von den Nasloechern gegen die Mundwinkel. Das Kinn ist sehr kurz und rund; die Kinnladen sind auffallend stark und Die Zaehne sind bei den Chaymas schoen und weiss, wie bei allen Menschen von einfacher Lebensweise, aber lange nicht so stark wie bei den Negern. Den ersten Reisenden war der Braucýh aufgefallen, mit gewissen Pflanzensaeften und Aetzkalk die Zaehne schwarz zu faerben; gegenwaertig weiss man nichts mehr davon. Die Voelkerstaemme in d$ itaet wechselte oft zwischen positiv und negativ, wie immer bei Gewittern und im noerdlichen Europa zuweilen selbst bei Schneefall. Der Himmel blieb bedeckt und auf den Sturm folgte eine Windstille, welche die ganze Nacht anhielt. Der Sonnenuntergang bot ein Schauspiel von seltener Pracht. Der dicke Wolkenschleier zerriss dicht am Horizont wie zu Fetzen, und die Sonne erschien 12 Grad hoch auf indigoblauem Grunde. Ihre Scheibe war ungemein stark in die Breite gezogen, verschoben und am Rande ausgeschweift. Die Wolken waren vergoldet und Strahlenbuendel in den schoensten Regenbogenfarben liefen bis zur Mitte des Himmels auseinander. Aus dem grossen Platze war viel Volk versammelt. Letztere ErscheAinung, das Erdbeben, der Donnerschlag waehrend desselben, der rothe Nebel seit so vielen Tagen, Alles wurde der Sonnenfinsterniss zugeschrieben. Gegen neun Uhr Abends erfolgte ein dritter Erdstoss, weit schwaecher als die ersten, aber begleitet von einem deutlich vernehmbaren unterirdischen Geraeusch. Der Barometer st$ lle Hoefe (Hatos) in den Llanos besucht hatte, um Pferde zu kaufen. Er hatte fuer tausend Pferde 2200 Piaster gegeben.(78) Man bezahlt natuerlich desto weniger, je bedeutender der Kauf ist. Am 27. Maerz langten wir in deri Villa de San Fernando, dem Hauptort der Missionen der Kapuziner in der Provinz Barinas, an. Damit waren wir am Ziel unserer Reise ueber die Ebenen, denn die drei Monate April, Mai und Juni brachten wir auf den Stroemen zu. ------------------ 68 Ich erinnere die Reisenden an den Weg vom Ursernthal zum Gotthardshospiz und von da nach Airolo. 69 LIVIUS, _L. 38_, c. 75 70 Offene baumlose Savanen, _limpias de arboles_ 71 Y{~GREEK SMALL LETTER LAMDA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH TONOS~}{~GREEK SMALL LETTER ETA~}. HERODOT, _Melpomene_. 72 Der Zaque war das weltliche Oberhaupt von Cundinamarca. Er theilte die oberste Gewalt mit dem Hohenpriester (Lama) von Iraca. 73 Band I, Seite 216 74 PLINIUS, _L. XII_, c. $ hen Theil von Terrafirma in Sued-Amerika : unternommen in den Jahren 1801, 1802, 1803 und 1804 / von Depons. Aus d. Franz. uebers. von Chr. Weyland._ (1808) RITTER, KARL. _Erdkunde._ Bd. I. TACITUS. _Agricola._ TACITUS. _Germania._ TORQUEMADA, JUAN DE. _Monarchia Indiana. Los veintiun libros rituales i monarchia indiana con el origen y Buerras de los Indios Occidentales, de sus poblaciones, descubrimientos, conquista, conversion y otras cosas maravillosas de la misma tierra._ (1615) ULLOA, ANTONIO DE. _ Noticias americanas: entretenimientos fisico-historicos sobre la America Meridional, y la Septentrional oriental: comparacion general de los territorios, climas y producciones en las tres especies vegetal, animal y mineral; con una relacion particular de los Indios de aquellos paises, sus costumbres y usos, de las petrificaciones de cuerpos marinos, y de las antigueedades. Con un discurso sobre el idioma, y conjeturas sobre el modo con que pasaron los primeros pobladores._ (1792) ANMERKUNGEN DES KORREKTURLESER$ prach dann: Ihr Verhältniß, verehrte Freundin, ist allerdings ein sehr eigenthümliches; es wird Alles darauf ankommen, ob des Freundes Liebe zu Ihnen von solcher Stärke ist, daß er alle derselben sich entgegendämmende Schwierigkeiten überwindet, ohne selbst an eigenem Lebens- und Zukunftsglück ein Opfer zu bringen. Es ist nur edel und würdig von Ihnen, daß Sie ein solches Opfer nicht erwarten und fordern, und Sie würden auch nicht glücklich sein können, falls es dennoch dargebracht würde. Gewiß nicht, mein edler Freund, Sie fühlen wie ich! rief Angés, bot Ludwig ihre Hand und sah ihm mit reinem durch Thränen verklärtem Lächeln schwesterlich liebevoll in die Augen, ganz Hingebung, ganz Vertrauen. Darum preise ich mein Geschick, daß der Himmel Sie uns zuführte, und ich will Ihnen meine Gedanken offen mittheilen. Gelingt es Leonardus, die zu fürchtenden Schwierigkeiten zu überwinden, so wird er auch Rath finden, jene Schritte zu thun, welche nöthig sind, dÓie Scheidung von meinem Manne zu bewirken; gelingt es ih$ konnten Sie zweifeln? Die Verwandtschaft des jungen Herrn ist erstaunlich groß, er hat ganz sicher sehr viele Vettern und auch Mühmlein. Er ist ein Luft-, ein Windbeutel, dem es Spaß macht, die Haarbeutel zu vexiren! Lassen Sie auf Ihre goldenen Theelöffel Acht haben, Herr Adrianus, ich glaube, die Dame ist eine feine Spitzbübin, und daß sie des Goldes bedürftig, sehen Sie ja an ihrer übernatürlich einfachen Tracht. Es fiel dem Vice-Admiral nicht im Entferntesten ein, diese seine Scherzworte ernst zu meinen, aber Herr Adrianus, dem als Kaufmann nichts lieber war als baare Münze, nahm auch diese Worte für solche, und sein Zorn regte sich auf gegen Leonardus, der ihm den luftigen Springinsfeld, wie er nun Ludwig schon in Gedanken nannte, in das Haus gebracht mit der -- Landläuferin. Eben im Begriff, sich an Leonardus mit strenger Frage zu wenden, den schon sein blitzender Blick suchte, und den er, zur Steigerung sei×es Aergers, so eben mit Angés im vertraulich flüsternden Gespräch erblickte, während der Vice-Ad$ efährlichen Netz entzieht, das sich hier um ihn und uns Alle herumspinnt. Säumen Sie nicht, ich werde sogleich den Wagen senden und Sophie herüber holen lassen, für die ich zittre. Ach, bester Graf, welch' unschätzbares Gut vertraue ich Ihnen an! O, Himmel, und ich bin so ganz ohne Bürgschaft! Gnädigste Frau Prinzessin! unterbrachlebhaft und ganz gegen die Form der Courtoisie der Graf die Sprechende: sagen Sie nicht ohne Bürgschaft! Ich stelle Ihnen diese Bürgschaft, bei Gott dem Allmächtigen, ich stelle sie! -- Und indem der Graf in leidenschaftlicher Erregung auf seine Kniee sank, fuhr er fort: Bei dem ewigen Gott, den ich in dieser feierlichen Stunde zum Zeugen anrufe, bei dem Gott, vor dem, und nicht vor Ihrer Hoheit, ich jetzt kniee, stelle ich Ihnen meine Bürgschaft: das Herz eines deutschen Mannes, und weihe mich, mein Leben, mein Hab und Gut, meine Zukunft, mein ganzes Erdendasein dem himmlischen Geschöpf, welches Sie Ihre Tochter nennen! Ich will ihr Alles sein, wozu Sie mich ernennen, wozu sie selbs$ rstorbenen Predigers, welche nach Hildburghausen gezogen war, doch so, daGß sie jeden empfangenen Brief zurückgab. Auch diese Frau hat den Grafen nie gesprochen. Das Bedürfniß, sich mitzutheilen, ist allzumächtig in der Menschenseele, als daß auch der allerverschlossenste Charakter ganz auf dasselbe zu verzichten im Stande wäre. Aus Ludwig's wehmuthvollster Zeit ergoß sich seine Klage in den Worten: »Meine Lage wird immer unerträglicher; es ist keine getrennte Ehe; es ist mehr: es ist die Zerreißung eines zusammengewachsenen Geschwisterpaares, Eines kann nicht ohne das Andere fortleben. -- -- Ich lege mich öfters des Tages nieder, doch vergeblich; die Schmerzen lassen meinem Körper so wenig Ruhe, als die mich umgebenden Gegenstände meinem Geist. Das Haus ist wie verödet.« Ja, öde war es außer ihm, in ihm. Selbst jene Thiere, welche Sophie geliebt hatte, starben ungeachtet sorglichster Pflege schnell nach einander; des Pachters Hund, den sie oft aus dem Fenster herab gefüttert hatte, heulte einige Tage und wim$ er Geometrie und fünf Beispiele über Berechnungen von Pyramiden, also 19 Aufgaben über die wir später noch einige »Worte sagen müssen. Hieran schliessen sich endlich dreiundzwanzig verschiedenen Materien entlehnte, Fragen des bürgerlichen Lebens betreffende Beispiele, wie die Berechnung des Werthes von Schmuckgegenständen, abermals Vertheilungen von Broden oder von Getreide, Bestimmung des auf einen Tag entfallenden Theiles eines Jahresertrages, Berechnungen von Arbeitslöhnen, Nahrungsmitteln sowie des Futters für Geflügelhöfe. Einer besonderen Ankündigung werth erscheinen uns in dieser letzten Abtheilung zwei Beispiele; das eine derselben(33) lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass den alten Aegyptern die Theorie der arithmetischen Progressionen vollkommen geläufig war, während wir in dem zweiten(34) unter der Aufschrift »eine Leiter« die geometrische Progression von 7 hoch 1 bis 7 hoch 5 nebst deren Summe vorfinden, wobei die einzelnen Potenzen eigene Namen: an, Katze, Maus, Gerste, Maass zu führen sch$ n, die von diesem eigenthümlichen Fang des dalag hergenommen ist (magpapalo maudin naun dalag d. h. schlagen wie auf einen dalag). Es ist vor Allem die grosse Centralebene Luzon's, in welcher alljährlich Hunderttausende auf solche Weise gefangen werden. Ganz anders wird der Fang in Mindanao im Sumpfgebiet des Agusan betrieben. Die Zahl der in diesem Gebiete lebenden Christen ist eine sehr geringe; die ziemlich zahlreichen Manobo's und Mandayas haben ihre Wohnsitze rund um das Sumpfgebiet herum und treiben keine eigentliche Felderwirthschaft, wie es die christlichen Bewohner thun. Sie bauen immer nur in trocknen Gegenden den Bergreis. So kommt es, dass jetzt wenigstens [7] die ausgedehnten bei den Ueberschwemmungen des Agusan unter Wasser gesetzten Flächen nach allen Richtungen hin von Canälen durchschnitten und weder durch Dämme eingeschlossen, noch überhaupt durch den regulirten Lauf der Flüsse, wie in Luzon, bestimmt abgegränzt sind. Den Fischen bleibt also, weWas ist es, das zu meinem Wesen gehört?< Unsere Übersetzung wird zudem auch durch die französische Ausgabe der »Betrachtungen« gerechtfertigt. Das »Ich« ist an und für sich ganz inhaltslos. Seine Bedeutung erhält es erst durch das Denken, auf Grund des$ Herr Johannes Fischer ankam, das würde fatal Dieser Johannes Fischer hatte auf die Annonce »Für Kapitalisten« hin sich schriftlich gemeldet und schrieb, er werde sehr wahrscheinlich schon in allernächster Zeit einmal in Bärensweil zwecks Besichtigung der betreffenden Erfindungen vorsprechen. Welch zarte, beinahe weibliche Handschrift der Mann besaß. Dagegen war die Schrift Toblers wie mit dem Spazierstock‡ gesetzt. Solche schlank- und feinschreibenden Menschen machten einen schon zum voraus große Reichtümer ahnen. So wie dieser Mann schrieben beinahe alle Kapitalisten: exakt und zugleich etwas nachlässig. Diese Handschrift entsprach ganz und gar einer vornehmen und leichten Körperhaltung, einem unmerklichen Kopfnicken, einer ruhigen, sprechenden Handbewegung. Sie war so langstielig, diese Schrift, eine gewisse Kälte strömte sie aus, sicher war er das Gegenteil eines heißblütigen Gesellen, der so schrieb. Diese paar Worte: kurz und artig im Stil. Die Höflichkeit und Bündigkeit erstreckten sich sogar auf das i$ nige und unbedingte Richtschnur für das Tun des ersteren. Dieser Versicherungsagent war in der Tat Tobler treu geblieben. Es war dies ein einfacher aber aufgeklärter Mensch, dem es nicht einfiel, wegen Schwierigkeiten rein äußeren Gepräges einem Manne Freundschaft und¼Vertrautheit aufzukünden, den er einmal schätzen gelernt hatte. Er war nun noch beinahe der einzige, der etwa Sonntags herüber in die Villa kam, um einen Jaß inszenieren zu helfen. Etwas zu trinken gab es bei Toblers immer noch, behüte! Da war ja erst noch in den letzten Tagen ein kleines Faß voll prächtigen Rheinweines aus Mainz angekommen, eine verspätete, aber deshalb nur um so mehr willkommene Lieferung, die einer Bestellung aus früheren, besseren Tagen entsprechen mochte. Tobler schaute groß auf dieses Faß herab, er wußte sich gar nicht mehr an den einmal der Firma gegebenen Auftrag, ihm solchen teuren Wein zu senden, zu erinnern. Joseph hatte nun wieder eine Nebenaufgabe, die darin bestand, den Wein in Flaschen abzuziehen und dann dieselbe$ r bückte sich und küßte ihr beide Hände. Sie sagte: »Ja, Joseph, denken Sie ein wenig an Frau Tobler, es wird Ihnen nicht schaden. Das ist eine Frau, wie viele, keine bedeutende Frau. Lassen Sie! Küssen Sie mir jetzt nicht mehr die Hand. Sagen Sie meinen Kindern adieu. Walter! Komm doch. Joseph will uns verlassen. Komm Dora, gib Joseph die Hand. Kommt. Ja.« -- Sie schwieg einen Moment und fuhr dann fort: »Es wird Ihnen sicherlich gut gehen, ich hoffe es und wünsche es, und ich weiß es beinahe. Seien Sie immer ein bißchen demütig, nicht zu viel, Ihren Mann werden Sie immer stellen müssen. Aber brausen Sie nie auf, lassen Sie die ersten Worte des Übelwollens immer unbeantwortet; auf ein heftiges erstes Wort folgt ja so schnell ein züchtiges, sanftes. Gewöhnen Sie sich daran, Empfindlichkeiten in der Stille zu besiegen. Was Frauen jeden Tag tun müssen das soll auch der Mann nicht wollen ganz außer acht lassen. Das Weltleben unterliegt ja denselben Gesetzen wie das häuslic|he Leben, nur größeren und breiteren. Nu$ logst den Vater zu begrüssen; Doch kaum noch sah ich an Dich langen, Du stürztest zu des Fremden Füssen -- Ich sah Dich seine Knie umfangen. . . Er hob mich auf. . . An seine Brust; -- Voll Inbrunst hingst Du Dich an ihn, Du küsstest ihn mit heisser Lust -- Und dann. . . ? Sah ich auf's Meer Euch fliehn. Er sucht mich auf! Ich muss ihn sehn! Mit ihm muss ich zu Grunde gehn! Entsetzlich! Ha, mir wird es klar; Sie ist dahin! Mein Traum sprach wahr! Ach, wo weilt sie etc. etc. DRITTE SCENE. Mein Kind, Du siehst mich auf der Schwelle. . . Wie? kein Umarmen? keinen Kuss? Du bleibst gebannt San Deiner Stelle. . . Verdien' ich, Senta, solchen Gruss? Gott Dir zum Gruss! -- Mein Vater sprich! Wer ist der Fremde? Drängst Du mich? Mögst Du, mein Kind, den fremden Mann willkommen heissen! Seemann ist er, gleich mir, das Gastrecht spricht er an; Lang' ohne Heimath, stets auf fernen, weiten Reisen. In fremden Landen er der Schätze viel gewann. Aus seinem Vaterland verwiesen, Fü$ 1917. Mit acht Kupfern von á Karl Thylmann 2. Abdruck Vorrede des Verfassers. Ich glaube, mit drei Worten ist sie gemacht, so wie der Mensch und seine Buße aus ebenso vielen Teilen. 1) Das erste Wort ist über den Zirkelbrief des Feldpredigers Schmelzle zu sagen, worin er seinen Freunden seine Reise nach der Hauptstadt Flätz beschreibt, nachdem er in einer Einleitung einige Beweise und Versicherungen seines Mutes vorausgeschickt. Eigentlich ist selber die Reise nur dazu bestimmt, seine vom Gerüchte angefochtene Herzhaftigkeit durch lauter Tatsachen zu bewähren, die er darin erzählt. Ob es nicht inzwischen feine Nasen von Lesern geben dürfte, welche aus einigen darunter gerade umgekehrt schließen, seine Brust sei nicht überall bombenfest, wenigstens auf der linken Seite, darüber lass' ich mein Urteil schweben. Übrigens bitte ich die Kunstkenner sowie ihren Nachtrab, die Kunstrichter, dies$ dem gewiß niemals der Frühling fand. Der Bruderorden dieser Barnabas-Büßer ist längst ausgestorben. Die halbzerfallenen Schädel der beiden letzten Genossen liegen auf einem Steinaltar in {den vergessenen Gruftkatakomben von Santa Maria della Victoria und genießen die gebetlose Ruhe des Vermoderns. Aber die Schwestern sind viel zäher im Leiden. Als vor etwa fünfzehn Jahren zum letztenmal die rostige Rast der Thürangeln gestört wurde, da wollten weißhaarige Leute aus der Nähe, Betschwestern mit nicht ganz zuverlässigem Gedächtnis -- wollten wissen, daß zu den sieben noch lebenden Schwestern eine achte hinzugekommen sei -- aber das waren doch nur ziemlich haltlose Vermutungen. Wohl aber hatten auch jüngere und scharfsichtigere Menschen in den Wagen geschaut, welcher das neue Opfer brachte und diese beschworen, daß dies ein ganz junges Mädchen von unbeschreiblicher Schönheit und Vornehmheit gewesen sei und sagten, es sei sündhaft, diese Fülle seltener Anmut in dem schrecklichsten aller Klöster verwelken zu lasse$ tursache, warum die Leute heiraten, die Kameradschaft, und diese hauptsächlich fehlt den unverheirateten Frauen nach der heiteren Zeit der ersten Jugend. Der natürliche Gefährte des Weibes ist der Mann. Daraus folgt, da nicht genug Männer da sind, um sie glücklich zu machen, daß es ein größeres Übel gibt als sie zu teilen. Ich behaupte nicht, daß es so befriedigend wäre, alsA einen treuen Gatten ganz für sich zu haben, aber es könnte für das größte Wohl der größten Anzahl gut sein, und es würde sicherlich bis zu einem gewissen Grade die sozialen Mißstände Alle klatschten, als sie etwas atemlos geendet hatte. Es war klar, daß es dem braven 'Blaustrumpf' so sehr an dem eigenen Mut der Meinung fehlte, daß sie in tödlicher Verlegenheit war, als sie ihr öffentlich Ausdruck verleihen mußte. Die 'vornehme Dame', die das taktvollste Wesen der Welt ist, stand daher auf, bevor jemand etwas gesprochen hatte, und die beiden Frauen verließen zusammen das Zimmer. Unter den Männern entstand ein Stimmengewirr, welches der 'b$ ch geregelter »freier Liebe« ausarten soll, da es viele Männer und manche Frauen gibt, die immer von neuem solche Ehen schließen würden, und das Ende der Sache wäre nichts anderes als die »Probeehe« für den kurzen Zeitraum von drei Jahren. Man wird gegen diesen Plan einwenden, daß viele Paare, die am gefährlichen Wendepunkte des Ehelebens -- d.i. nach ca. zehn Jahren -- Malheur haben, in den ersten Jahren vollkommen glùcklich sind. Aber da mal die menschliche Liebe so veränderlich ist und die Leute wie die Lebensbedingungen dem Wechsel so unterworfen sind, ist es unmöglich, zu irgend einem feststehenden System zu gelangen, das darauf Rücksicht nimmt. Es muß jedoch daran erinnert werden, daß in der Mehrzahl der unglücklichen Ehen nicht das System zu tadeln ist, sondern die Individuen. Die Einführung des ehelichen Noviziates würde jedoch die Zahl der Scheidungen dadurch beträchtlich vermindern, daß durch sie das jetzt so häufige Nichtzusammenpassen der Temperamente weit seltener würde. Das eheliche Noviziat wür$ nige Opfer wert. Professor E. A. Roß hat kürzlich in »+The American Journal of Sociology+« konstatiert, daß, obgleich »die Beschränkung des Nachwuchses die Ausbreitung wirtschaftlichen Wohlstandes zur Folge hat, die Kindersterblichkeit herabsetzt, die Übervölkerung verhindert, welche die HauptSursache von Krieg, Massenarmut, dem Konkurrenzkampf bis aufs Messer und dem Klassenstreite ist, ihr dennoch beunruhigende Wirkungen anhaften, und in Ein- oder Zweikinderfamilien den Eltern sowie den Kindern viele der besten Lehren des Lebens abgehen; der zum Vorbild zu erhebende Typus ist nicht die Familie mit ein bis drei, sondern mit vier bis sechs Kindern.« Auch der deutsche Gelehrte Möbius hat der Ansicht Ausdruck gegeben, daß die allgemeine Einführung des Zweikindersystems zur Degeneration der Rasse führen würde. Ob aber die Kinderzahl eins oder sechs ist, das ist dem Jesuitenpater Bernard Vaughan ganz gleich, der in seinem heftigen Angriff auf die modernen Eltern keinen Unterschied kennt zwischen dem reichen Mann,$ es Schauens, die Fähigkeiten der bildnerischen Hand vom Kopf bis in die Fingerspitzen -- und schwoll nicht oft seine ganze Seele, der junge Leib von ausbrechendem Jubel hoch empor, wenn er sich dem Angebeteten so im tiefsten verwandt fühlte ... Wie junger Wein war seine Liebe, würzig und herbe und voll perlender Frische und hätte am liebsten alle Bande zersprengt und brausend ins Weltall sich ergossen. Und doch auch wieder so scheu, verschämt, daß sie nie den Ausdruck für all dies Quellen und Drängen und all die goldenen Seligkeiten gefunden hätte. Eine Liebe, die keine Zärtlichkeiten kannte und auch nicht nach ihnen begehrte, die sich nicht mehr aufhielt mit derOberfläche der Dinge, sondern gleich eindrang in den Kern der Persönlichkeit des andern. Ein flüchtiges, ein ganz kleines Zeichen der Zuneigung, des Vertrauens, und sie lebte tagelang in glücklichem Schweigen von dem wenigen. Und suchte seltene eigene Wege der Opferung. Franz Rolfers sah wohl die Umwandlung. Mit zwiespältigem Gefühl. Fragte sich zuwei$ r wieder still geworden und schaute düster sinnend vor sich hin. Nach einer Weile sagte Nettchen, die ihn still betrachtet, nachdem das durch Wenzels Reden angefachte Schlagen ihres Herzens sich etwas gelegt hatte: »Haben Sie dergleichen oder ähnliche Streiche früher schon begangen und fremde Menschen angelogen, die Ihnen nichts zu leide »Das habe ich mich in dieser bitteren Nacht selbst schon gefragt und mich nicht erinnert, daß ich je ein Lügner gewesen bin! Ein solches Abenteuer habe ich noch gar nie gemacht oder erfahren! Ja, in jenen Tagen, als der Hang in mir entstanden, etwas Ordentliches zu sein oder zu scheinen, in halber Kindheit noch, habe ich mich selbst überwunden und einem Glück entsagt, das mir beschieden schien!« »Was ist dies?« fragte Nettchen. »Meine Mutter war, ehe sie sich verheiratet hatte, in Diensten einer benachbarten Gutsherrin und mit derselben auf Reisen und in großen Städten gewesen.Ô Davon hatte sie eine feinere Art bekommen, als die anderen Weiber unseres Dorfes, und war wohl auc$ e, und jener erwiderte: »Kurt vom Walde? was ist das für ein Kalb?« da hatte er für einmal genug und spann sich wieder in seine Häuslichkeit ein. Dort betrachtete er sein Weib, und da er sah, wie anmutig Gritli in ihre Häubchen am Spinnrädchen saß, mit rosigem Munde, mit stillbewegtem Busen und mit zierlichem Fuße, da ging ihm ein Licht auf; er beschloß, sie zu erhöhen und zu seiner Muse zu machen. Von Stund an hieß er sie das mit beinernen Ringen und Glöckchen kunstreich gezierte Spinnrad zur Seite stellen und das grüne Band vom seidigen Flachse wickeln. Dafür gab er ihr eine alte Anthropologie in die Hand und befahl ihr, darin zu lesen, während er in seinem Kontor arbeite, damit die große Angelegenheit in der Zeit nicht brach liege. Hierauf ging er an seine Geschäfte, sehr zufrieden mit seinem Einfall. Als er aber zum Essen kam und begierig war auf die erste geistige Rücksprache mit seiner Muse, da schüttelte sie den Kopf und wußte nichts zu sagen. »Ich muß zartere Saiten aufziehen für den Anfang!« dachte e$ n Vordringlichkeit. Denn was ihre Gestalt betraf, so besaß sie einen sehr langen hohen Rumpf, der auf zwei der allerkürzesten Beinen einherging, so daß ihre Taille nur um ein Drittel der ganzen Gestalt über der Erde schwebte. Ferner hatte sie einen unverhältnismäßigen Unterkiefer, mit welchem sie beträchtliche Gaben von Fleisch und Brot zermalmen konnte, der aber ihr Gesicht zum größten Teile in Kinn verwandelte, so daß dieses wie ein ungeheurer Sockel aussah, auf welchem ein ganz ‰kleines Häuschen ruhte mit einer engen Kuppel und einem winzigen Erkerlein, nämlich der Nase, welche sich vor der vorherrschenden Kinnmasse wie zerschmettert zurückzog. Auf jeder Seite des Gesichts hing eine lange einzelne Locke weit herunter, während am Hinterhaupte ein dünnes Rattenschwänzchen sich ringelte und mit seiner äußersten Spitze stets dem Kamme und der Nadel zu entfliehen trachtete. Denn steckte man eine Nadel hindurch, so ging es auseinander und spaltete sich in eine Schlangenzunge, und zwischen den engsten Kammzähnen $ enes geäußert,« sagte sie alle Augenblicke; »wie hast du dich doch neulich ausgedrückt, lieber Kurt, es war zu köstlich! Ich muß dich nur bewundern, bester Kurt, daß du nicht gänzlich abgespannt bist bei deinen Arbeiten und Studien! Ach! ich fühle recht die schwere Pflicht und was eine Gattin einem solchen Manne sein könnte und sollte! Wollen wir auch nicht lieber nach Hause gehen, guter Kurt? Du scheinst mir doch müde; wickle ja deinen Plaid recht um dich, mein Kind! Heute darfst du mir aber nicht mehr schreiben, wenn wir heimkommen, das sage ich dir schon jetzt!« Alles dies schwatzte sie vor vielen Leuten, und Viggi schlürfte es ein wie Honig, nannte seine Frau daf·ür »mein kühnes Weib« oder »trautes Weib« und stellte sich leidend oder feurig, je nach den Reden seiner kurzbeinigen Fama. Den Seldwylern aber schmeckte alles das noch besser als Austern und Hummersalat, ja ein gebratener Fasan hätte sie schwerlich weggelockt, wo Viggi und Kätter sich aufspielten. Für Jahre waren sie mit neuem Lachstoff versehen$ iebter vor der Anwendung plötzlich an der Pest gestorben, so daß sie entsagend ins Kloster gegangen sei. Violande selbst getraue sich weder dasselbe zu gebrauchen, noch es wegzuwerfen, weil hieraus ein unbekanntes Unheil entstehen könnte. Dieses Fläschchen fand Küngolt und goß seinen Inhalt schnell und verstohlen in eine frische Kanne Wein, mit welcher sie klopfenden Herzens hinauseilte. Sie hieß die Jüngli­ge alle ihre Gläser leeren, weil sie ihnen einen neuen süßen Trunk einschenken wolle, und sie wußte es so einzurichten, daß in dem Kruge nichts übrig blieb, nachdem sie alle Gläser der Männer gefüllt und jedem nachträglich etwas zugegossen hatte, während sie ihn wie ein Wetterleuchten süß und schalkhaft In diesen gleichmäßig und unparteiisch verteilten Blicken lag das Zaubergift, welches nebst dem starken Wein jetzt die Knaben betörte, daß alle voll Verblendung und Leidenschaft das glänzende Mädchen umwarben mit jener Selbstsucht, welche sich allaugenblicklich stets dahin wendet, wo sie ein von anderen gew$ unsch nach der Herrschaft genährt, was zugleich ein deutlicheres Aussprechen dessen mit sich brachte, was man eigentlich bekannte und meinte. Nun war aber gerade wieder die Zeit, wo die Physiker eine Reihe merkwürdiger Erfahrungen und Entdeckungen machten und die Neigung, das Sehen mit dem Begreifen zu verwechseln, überhand nahm und naturgemäß vom Stückweisen auf das Ganze geschlossen wurde, öfter aber ur da nicht, wo es am nötigsten war. Auch verbreiteten neue Philosophen, welche ihre Stichwörter wie alte Hüte von einem Nagel zum andern hingen, böse, verwegene Redensarten, und es geschah ein großer Zwang in nachgesagten Meinungen und Sprüchen. Wer nun unter den Priestern ruhiger und bescheiden war, dachte, es komme auf ein gewisses Maß des Mehr oder Weniger in der Unklarheit nicht gerade an, und verhielt sich klüglicherweise friedlich auf dem gewonnenen Standort, streitbar nur gegen die alten Feinde und Unterdrücker. Andere dagegen wollten um keinen Preis den Anschein haben, als ob sie hinter irgend einer Sa$ auf die Vermischung der Substanzen beider Individuen (_Weismann's_ Amphimixis). Der auffrischende Einfluß der Kopulation kann aber auch ersetzt werden durch bestimmte Reizmittel, Veränderungen in der Zusammensetzung der Nährflüssigkeit, Temperatursteigerung oder Schütteln. Man erinnert sich an das berühmte Experiment von J. _Loeb_, der Seeigeleier durch gewisse chemische Reize zu Teilungsvorgängen zwang, die sonst nur nach der Befruchtung auftreten. Zweitens: Es ist doch wahrscheinlich, daß die Infusorien durch ihren eigenen Lebensprozeß zu einem natürlichen Tod geführt werden, denn der Widerspruch zwischen den Ergebnissen von _Woodruff_ und von anderen rührt daher, daß _Woodruff_ jede neue Generation in frische Nährflüssigkeit brachte. Unterließ er dies, so beobachtete er dieselben Altersveränderungen der Generationen wie die anderen Forscher. Er schloß, daß die Tirchen durch die Produkte des Stoffwechsels, die sie an die umgebende Flüssigkeit abgeben, geschädigt werden, und konnte dann überzeugend nachweis$ in Little Rock gewesen sein -- was hat er denn nur da gewollt -- ich glaube irgend etwas zum Verkauf gebracht?« »Wahrscheinlich seine Produkte -- türkischen Weizen oder Baumwolle -- « sagte Fräulein von Seebald. »Ne, ne -- es war etwas anderes,« meinte Charley. »Oder der Ertrag seiner Jagden -- Hirschhäute und Bärenschinken.« -- »Ne, ne,« beharrte der kleine Deutsche, »es war was ganz absonderliches; Jemine noch einmal, daß ich mich jetzt nicht mehr darauf besinnen kann.« »Aber das hat ja auch gar Nichts zu bedeuten. -- Sie kennen jedenfalls die Lage und können mir sagen, wo ich vom Dampfboot abgehen muß den Platz am leichtesten zu erreichen. Der Capitain meinte, ich würde bis Little Rock mitfahren müssen.« »Jedenfalls, jedenfalls,«sagte Charley schnell, »können dann bei mir logiren, ich halte auch seit einiger Zeit ein Hotel; mein Bruder hält zwar ebenfalls eins, und wir haben dadurch gewissermaßen eine Opposition gegeneinander, aber die Opposition ist ja die Seele der Gesellschaft, der Lebenstrieb, der unse$ äume überragt wurden. Diese kleine Stadt hier, die dem wachsenden Little Rock ihren Ursprung verdankte, bestand fast einzig und allein aus Schenkständen -- sogenannten »_groceries_ und _provision stores_,« in denen, neben allen möglichen Lebensbedürfnissen, die spirituösen Getränke den Hauptbestandtheil bildeten; aber sie sah neu und häßlich aus, wie eine Schachtel frisch ausgepackter Nürnberger Spielwaaren in eine Reihe gestellt, über die der darüber wohnende Urwald den Kopf schüttelte, und seufzend dabei den Krebsschaden erkannte, der sich weiter und weiter in seine Seite fraß. Fräulein von Seebald, von den Leuten an Bord neugierig betrachtet, die eine einzelne und dabei so elegant gekleidete fremde Dame niht so oft und früh zwischen sich sahen, hüllte sich übrigens, ohne mit irgend Jemand zu verkehren, fester in ihren Shawl -- die Morgenluft wehte frisch und kühl über den Strom -- und schaute unverwandt nach dem andern Ufer hinüber, dem sie rasch entgegenstrebten. Ha, was war das? -- unten am Strand -- dic$ e sind, das Zimmer betreten hatteC, gingen sie auf die fremde Dame zu, boten ihr zum Willkommen freundlich die Hand, und dann ihre Sitze am Feuer einnehmend, an dem sie ihre Moccasins auszogen, und zum Trocknen aufhingen, war ihre erste Sorge den Frauen Bericht über die entlaufenen oder ausgebliebenen Kühe, die wie es schien wieder eingefangen waren, abzustatten. Das Gespräch drehte sich jetzt ausschließlich um Kühe, Rinder und Schweine, bis zum Abendbrod, welches die beiden Töchter der alten Mrs. Rosemore indeß bereitet hatten, und alle Theile der _range_, oder des Weidegrundes, wo sich noch ein oder das andere Stück verhalten, wurden durchgenommen. Die Frauen selber interessirten sich dabei so viel dafür wie die Männer, und Fräulein von Seebald, die dabei als stille Zuhörerin mit am Kamin saß, war wirklich erstaunt so viel Ortskenntniß bei ihnen zu finden, mit der sie die nach Meilen entfernten Stellen im Wald bezeichneten, und ihre Richtung dabei nicht etwa bei bestimmten Wegen, sondern nach den Himmelsgeg$ - wir halten keine Leute.« »Keine Leute für das Feld?« rief Amalie erstaunt -- »und Dein Mann bestellt das Alles allein?« »In der Arbeitszeit nimmt er sich manchmal einen Mann herüber ihm zu helfen« sagte die Frau -- »aber komm Amalie, komm in das Haus; die Herbstsonne sengt Dir noch die Haut, und Du wirst müde von der Reise sein; auch mußt Du mir erzählen wie und mit wem Du hierher gekommen, mitten auf _oakland grove_ allein und ordentlich aus dem Boden herausgewachsen. Wie ich Dich so da vor mir stehen sah, glaubt ich wahrhaftig erst, ich sähe Deinen Geist -- aber Du wirst Dir Dein Kleid verderben, hier bei uns.« »Warum verderben?« lachte Amalie unter zurückgehaltenen Thränen vor, als sie die dünne, fast durchsichtige Hand der Schwester faßte und ihren Arm um ihre Schulter legte, sie zum Haus zu führen, »und wenn es wäre, ist es ja doch für die Reise bestimmt.« Sie hatten sich indeß der Thür genähert, und Sidonie streckte den Arm aus sie zu öffnen -- aber der Arm zitterte, zögerte, und der Schweste¶ Hand er$ Weg zum Rio Manapiari, der in den Ventuari mündet. Fährt man diese beiden Flüsse hinab, so gelangt man in den Orinoco und Atobapo, ohne über die großen Katarakten zu kommen, über welche Vieh hinaufzuschaffen so gut wie ,nmöglich wäre. Der Unternehmungsgeist, der den Castilianern zur Zeit der Entdeckung von Amerika in so vorzüglichem Grade eigen war, lebte in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts auf kurze Frist noch einmal auf, als König Ferdinand VI. die wahren Grenzen seiner ungeheuren Besitzungen kennen lernen wollte, und in den Wäldern von Guyana, dem classischen Lande der Lüge und der mährchenhaften Ueberlieferungen, die Arglist der Indianer die chimärische Vorstellung von den Schätzen des Dorado, welche die Einbildungskraft der ersten Eroberer so gewaltig beschäftigt hatte, von Neuem in Umlauf brachte. In diesen Bergen der Encaramada, die, wie der meiste grobkörnige Granit, keine Gänge enthalten, fragt man sich, wo die Goldgeschiebe herkommen, welche Juan MARTINEZ(13) und RALEGH bei den Indianern am Or$ weiß, wie breit die Cordilleren sind, noch wie die Flüsse laufen, die in den Orinoco und in den Amazonenstrom fallen, und doch werden einst in besseren Zeiten eben auf diesen Nebenflüssen, dem Meta, dem Guaviare, dem Rio Negro, dem Caqueta, die Einwohner von Cundinamarca mit Brasilien und Paraguay Ich weiß wohl, daß in den Missionen der Andaquies ziemlich allgemein der Glaube herrscht, der Caqueta gebe zwischen dem Einfluß des Rio Fragua und des Caguan einen Arm an den Puàumayo, und weiter unten, unterhalb der Einmündung des Rio Payoya, einen andern an den Orinoco ab; aber diese Meinung stützt sich nur auf eine unbestimmte Sage der Indianer, welche häufig Trageplätze und Gabeltheilungen verwechseln. Wegen der Katarakten an der Mündung des Payoya und der wilden Huaques-Indianer, auch »Murcielagos« (Fledermäuse) genannt, weil sie den Gefangenen das Blut aussaugen, können die spanischen Missionäre nicht den Caqueta hinabfahren. Nie hat ein weißer Mensch den Weg von San Miguel de Mocoa zum Einfluß des Caqueta in$ uca der bedeutendste zwischen Apure und Meta. Der Suapure, der eine Menge kleiner Faelle bildet, ist bei den Indianern wegen des vielen wilden Honigs beruehmt, den die Waldungen liefern. Die Meliponen haengen dort ihre ungeheuren Stoecke an die Baumaeste. Pater GILI hat im Jahr 1766 den Suapure und den Turiva, der sich in jenen ergiesst, befahren. Er fand dort Staemme der Nation¬ der Areverier. Wir uebernachteten ein wenig unterhalb der Insel Macupina. Am 9. April. Wir langten frueh Morgens am *Strande von Pararuma* an und fanden daselbst ein Lager von Indianern, aehnlich dem, das wir an der _boca de la Tortuga_ gesehen. Man war beisammen, um den Sand aufzugraben, die Schildkroeteneier zu sammeln und das Oel zu gewinnen, aber man war leider ein paar Tage zu spaet daran. Die jungen Schildkroeten waren ausgekrochen, ehe die Indianer ihr Lager aufgeschlagen hatten. Auch hatten sich die Krokodile und die *Garzes*, eine grosse weisse Reiherart, das Saeumniss zu Nutze gemacht. Diese Thiere lieben das Fleisch der ju$ elpunkt der Insel St. Nicolas aus, oder aber (wie der portugiesische Hof behauptete) vom westlichen Ende der kleinen Insel San Antonio gezaehlt werden. Im Jahr 1754, zur Zeit von Ituriagas und Solanos Expedition, unterhandelte man ueber den Besitz der damals voellig unbewohnten Ufer des Tuamini und um ein Stueck Sumpfland, ueber das wir zwischen Javita und dem Pimichin an Einem Abend gegangen. Noch in neuester Zeit wollten die spanischen Commissaere die Scheidungslinie an die Einmuendung des Apoporis in den Jupura legen, waehrend die portugiesischen Astronomen sie bis zum Salto Grande Hzurueckschoben. Die Missionaere und das Publikum ueberhaupt betheiligten sich sehr lebhaft an diesen Grenzstreitigkeiten. In den spanischen wie in den portugiesischen Colonien beschuldigt man die Regierung der Gleichgueltigkeit und Laessigkeit. Ueberall wo die Voelker keine Verfassung haben, deren Grundlage die Freiheit ist, gerathen die Gemuether nur dann in Aufregung, wenn es sich davon handelt, die Grenzen des Landes weiter $ uch der letzte Stern. Der Schatten. Zwischen mir und meinem trunknen Leben Wärmt ein Schatten sich an meiner Glut. Wünschend saust mein ungestilltes Blut, Doch er raubt mir schon im Niederschweben Jeden Traum und jedes goldne Gut. Meiner Schätze waren funkelnd viele, Doch ich fühl' an meines Bechers Rand _Seines_ Schattenmundes wilde Kühle Und am Griffe _seine_ Schattenhand. Schritt ich so verloren in die Lande, Ließ mein Wandern keine Spur zurück. _Sein_ Spuren, halb verweht im Sande, Sah mein schauernd rückgewandter Blick. Selbst von meines Schlummers Grunde heben Seine Hände jeden Schatz der Lust: Schlafen muß ich steinern, traumbewußt Zwischen mir und meinem trunknen Leben. Nacht, die aus den Sternen quillt, Schmieg dich fester um mein Leben! Was genommen und gegeben, Ist vollendet und erfüllt. Wie ein Brunnen ist mein Blick: Alle Eimer, die sich hoben, Kehren überfüllt von oben Mit gekühltem Licht zurück. $ hzwängt. Nur wird eine Entwicklung unter solchen Voraussetzungen eine ungesunde sein. Nicht die freie Entfaltung der auf Grundlage des Kapitals wirkenden individuellen Fähigkeiten hat Zustände hervorgerufen, innerhalb welcher die menschliche Arbeitskraft Ware sein muß, sondern die Fesselung dieser Kräfte durch da{s politische Staatsleben oder durch den Kreislauf des Wirtschaftslebens. Dies unbefangen zu durchschauen, ist in der Gegenwart eine Voraussetzung für alles, was auf dem Gebiete der sozialen Organisation geschehen soll. Denn die neuere Zeit hat den Aberglauben hervorgebracht, daß aus dem politischen Staate oder dem Wirtschaftsleben die Maßnahmen hervorgehen sollen, welche den sozialen Organismus gesund machen. Beschreitet man den Weg weiter, der aus diesem Aberglauben seine Richtung empfangen hat, dann wird man Einrichtungen schaffen, welche die Menschheit nicht zu dem führen, was sie erstrebt, sondern zu einer unbegrenzten Vergrößerung des Bedrückenden, das sie abgewendet sehen möchte. Über den Kapit$ in, aber seine Tochter wid, wenn sie am Leben bleibt, noch schlimmer als er, das sagen alle Leute.« »Darin mögen die Leute recht haben. Ich möchte wohl wissen, wie du zu dem Sack Mehl gekommen bist.« »Es kann wohl nicht schaden, wenn ich dirs sage. Ich nahm heute morgen Korn aus des Vaters Scheune, und nun bin ich damit zur Mühle gewesen.« »Wird er dich denn nicht sehen, wenn du nun damit angeschleppt kommst?« »Du scheinst mir noch ziemlich grün zu sein! Vater ist auf einer »Da kommt jemand hinter uns den Hügel hinaufgefahren. Ich kann den Schnee unter den Schlittenkufen knirschen hören. Wenn er das nun wäre?« Die Kleine lauschte und spähte; dann fing sie an zu brüllen. »Das ist Vater!« schluchzte sie. »Er schlägt mich tot. Er schlägt mich tot!« »Ja, nun ist guter Rat teuer, und ein schneller Rat ist besser als Gold und Silber«, sagte der Bettler. »Weißt du was,« sagte das Kind, »du kannst mir helfen. Nimm den Strick und zieh den Schlitten, dann glaubt Vater, daß es der deine ist.« »Was soll ich denn damit ma$ ter dem Messer, eine zur Ehe gezwungene Gattin schafft sich einen Liebhaber an. Willst du mich für das schlagen, was vor zwanzig Jahren geschah? Weshalb schlugst du mich damals nicht? Weißt du êicht mehr, daß er auf Ekeby wohnte und wir auf Sjö? Hast du vergessen, wie er uns aus unserer Armut half? Wir fuhren in seinem Wagen, wir tranken seinen Wein. Haben wir dir etwas verheimlicht? Waren nicht seine Diener unsere Diener? Füllte sein Gold nicht deine Taschen? Nahmst du die sieben Besitzungen nicht an? Damals hast du geschwiegen und alles angenommen; da hättest du dreinschlagen sollen, Berndt Samzelius, da hättest du dreinschlagen sollen!« Der Mann wendet sich von ihr ab und sieht alle Anwesenden an. Er liest auf ihren Gesichtern, daß sie ihr recht geben, daß sie alle geglaubt haben, er habe Geld und Gut für sein Schweigen genommen. »Ich wußte es nicht!« sagt er und stampft auf den Fußboden. »Ein Glück, daß du es jetzt weißt!« unterbricht sie ihn mit schneidender Stimme. »Ich fürchtete, du würdest sterben, oh$ de Eichhörnchen geweckt als dieser; und der Küster wird höc2hlich belobt, denn der Bär ist eine wahre Landplage gewesen. Auch der kleine Faber kommt heraus, aber nun wird Major Fuchs arg genarrt. Da steht der Küster, gerühmt und geehrt, und obendrein hat er Fabers Kühe gerettet, aber der kleine Organist ist weder gerührt noch dankbar. Er öffnet ihm nicht seine Arme und begrüßt ihn nicht als Held und Schwager. Der Major runzelt die Stirn und stampft mit den Füßen vor Zorn über eine solche Schändlichkeit. Er will reden und dem kleinen geizigen, engherzigen Kerl erklären, welch eine Heldentat dies ist, aber da fängt er an zu stottern, so daß er kein Wort herausbringen kann. Und er wird immer ergrimmter bei dem Gedanken, daß er ohne allen Zweck auf die Ehre verzichtet hat, den großen Bären zu fällen. Es ist ihm unmöglich, zu begreifen, daß derjenige, der eine solche Tat vollführt hat, nicht würdig sein sollte, die stolzeste Braut zu gewinnen. Der Küster und einige junge Burschen wollen sich daran machen, dem Bäre$ nein,« sagt sie lächelnd, »so schlimm ist es denn doch noch nicht, meine liebe junge Dame.« Sie fordert sie auf, sich zu setzen, und setzt sich selb°st. Sie nimmt ein Air altmodischer Vornehmheit an, wohlbekannt von den großen Festen auf Ekeby und den Königsbällen im Statthalterpalais in Karlstad. Sie vergessen die Lumpen und das Gefängnis und sehen nur die stolzeste, reichste Frau in ganz Wermland. »Meine liebe Gräfin,« sagt sie, »was veranlaßt Sie, den Ball zu verlassen und mich einsame alte Frau aufzusuchen? Das ist wirklich zu Gräfin Elisabeth kann nicht antworten; Bewegung erstickt ihre Stimme. Frau Scharling antwortet für sie, daß sie nicht tanzen kann, weil sie an die Majorin denken muß. »Liebe Frau Scharling,« antwortet die Majorin, »ist es denn jetzt so weit mit mir gekommen, daß ich die Jugend in ihrer Freude störe? Weinen Sie nicht über mich, liebe junge Gräfin«, fährt sie fort. »Ich bin eine böse, alte Frau, die ihr Schicksal verdient hat. Sie halten es doch nicht für richtig, seine Mutter zu sch$ der Graf. »Hier«, sagte Gösta. Und er machte einen mißglückten Versuch, das Ganze als Scherz darzustellen. »Der Herr Graf waren gewiß dabei, eine Rede zu halten, und ich schlief ein! Was meinen der Herr Graf dazu, wenn wir jetzt nach Hause führen und Sie zu Bette gehen ließen?« »Gösta Berling! Sintemal meine Gattin sich geweigert hat, mit dir zu tanzen, befelle ich, daß sie deine Hand küssen und dich um Verzeihung bitten soll.« »Mein lieber Graf Henrik,« sagt Gösta lächelnd, »das ist keine Hand, geeignet von einer jungen Dame geküßt zu werden. Gestern war sie rot von dem Blut eines erlegten Elentiers, morgen ist sie schwarz von Ruß nach einer Schlägerei mit einem Köhler. Der Graf hat ein edles, hochherziges Urteil gefällt. Das ist eine hinreichende Genugtuung. Komm, Beerencreutz!« Der Graf stellte sich ihm in den Weg. »Geh nicht«, sagt er. »Meine Frau muß mir gehorchen. Ich will, daß meine Gemahlin erfährt, wozu es führt, wenn sie eigenmächtig handelt.« Gösta blieb unschlüssig stehen. Die Gräfin stand bleich$ s ist etwas verschwunden. Ich frage, ob Er etwas gesehen hat?« »Wonach fragt Ihr?« »Ja, das ist einerlei! Aber es ist etwas verschwunden. Ich frage nur, ob Er heute jemand über den Strom gesetzt hat?« Auf die Weise bekam er natürlich nichts zu wissen, und die Gräfin Märta mußte selbst mit dem Burschen sprecen. Eine Minute später wußte sie, daß die Vermißte sich an Bord einer der langsam dahingleitenden Prähme »Was für Leute sind da auf den Prähmen?« »Ach, das sind ja die Kavaliere, wie wir sie nennen.« »Ach!« sagt die Gräfin. »Ja, dann ist deine Frau gut aufgehoben, Henrik! Dann können wir ja ebensogern gleich umwenden.« * * * * * Draußen auf dem Prahm herrschte gerade keine so große Freude, wie die Gräfin Märta geglaubt hatte. Solange die gelbe Kalesche sichtbar war, saß die eingeschüchterte junge Frau zusammengekauert auf der Schiffslast, ohne sich zu rühren oder ein Wort zu sagen. Sie starrte nur ins Wasser hinab. Wahrscheinlich erkannte sie die Kavaliere erst, als sie die ge$ erzigjährigem Warten dort wiederfinden »Was führt das gnädige Fräulein nach dem Pfarrhof?« Das gnädige Fräulein war gekommen, um den Pfarrer zu besuchen. Sie hatte ihn in früheren Zeiten gekannt. Vierzig Jahre und vierzig Meilen haben zwischen ihnen gelegen. Und mit jeder Meile, die sie zurückgelegt, hat sie ein Jahr mit seinen Lasten, Sorgen und Erinnerungen abgeschüttelt, so daß sie jetzt, wo sie den Pfarrhof erreicht hat, wieder zum zwanzigjährigen Mädchen geworden ist, ohne Sorgen, ohne Erinnerungen. Der Bettler steht da und sieht sie an, und vor seinen Augen verwandelt sie sich von zwanzig Jahre in sechzig und von sechzig wieder in zwanzig. »Der Pfarrer kommt heut nachmittag nach Hause«, sagt er. »Das gnädige Fräulein würde am besten daran tun, nach dem Gasthof in Broby zu fahren und heute nachmittag wiederzukommen. Ich stehe dafü]r ein, daß der Pfarrer heute nachmittag zu Hause sein wird.« Einen Augenblick später rollt die schwere Kutsche mit der kleinen welken Dame die Hügel zum Gasthof hinab, der Bett$ en, und dann, unter sichtlichem Kampf und Angst, werden die Ähren mit süßen, weichen Körnern gefüllt werden. Und später, wenn die Sense kommt und die Halme fallen, und wenn der Dreschflvgel klappernd darüber hinfährt, wenn die Mühle die Körner zu Mehl zermahlt, und das Mehl zu Brot verbacken wird, wie viel Hunger wird da nicht durch die Saatkörner vor ihm im Boot gestillt werden! Sintrams Knecht legte an der Landungsbrücke der Gurlitabauern an, und viele hungrige Menschen kamen an das Boot hinab. Da sagte der Knecht, wie sein Herr ihm befohlen hatte: »Herr Sintram sendet euch hier Malz und Korn. Er hat gehört, daß es euch an Branntwein gebricht.« Da wurden die Menschen wie toll. Sie stürzten in das Boot hinab und sprangen ins Wasser, um sich der Säcke und Beutel zu bemächtigen. Aber das war keineswegs Hauptmann Lennarts Absicht gewesen. Er war jetzt auch gelandet, und er ward zornig, als er die Übereiltheit der Bauern sah. Er wollte die Kartoffeln als Nahrungsmittel und den Roggen zur Aussaat verteilen; er ha$ in hohen Schlössern wohnen und an der Seite des Kaisers reiten können, wenn er die Lust dazu gehabt hätte. Aber das hatte er nicht. Er hatte weit eher Lust, Mühlenflügel an dem höchsten Turm der Burg zu befestigen, den Rittersaal in eine Schmiede und das Frauengemach in eine Uhrmacherwerkstatt zu verwandeln. Er hatte Lust, die Burg mit schnurrenden Rädern und arbeitenden Hebeln anzufüllen. Da sich dies aber nicht tun ließ, so kehrte er der ganzen Bescherung den Rücken und ging in die Uhrmacherlehre. Da lernte er alles, was gelernt werden konnte, von Zahnrädern und Federn und Pendülen. Er lernte Sonnen- und Sternuhren machen, Uhren mit piepsenden Kanarienvögeln und trompeteblasenden Hirten, Glockenspiele, die einen ganzen Kirchturm mit ihrer wunderlichen Maschinerie ausfüllten, und UYhrwerke so klein, daß sie in ein Medaillon eingeschlossen werden konnten. Als er seinen Meisterbrief bekommen hatte, schnallte er den Ranzen auf den Rücken, nahm den Knotenstock in die Hand und wanderte von Ort zu Ort, um alles z$ er bereute es. Die Welt war ihm lange nicht so schön erschienen wie an diesem Tage. Nach dem Gottesdienst sprach er mit Anna Stjärnhök und mit Marianne Sinclaire. Sie baten ihn beide, sich aufzuraffen und ein Mann zu werden. Er erfuhr, daß Anna Stjärnhök sich mit der Arbeit getröstet hatte; sie bewirtschaftete jetzt ihre großen Güter selber, und man sagte von ihr, daß sie eine zweite Majorin werden würde. Er fühlte, daß diese beiden stolzen Frauen unter dem Bewußtsein litten, sich des Mannes schämen zu müssen, den sie geliebt hatten. Jetzt, dachte er, werden sie sich darüber freuen, daß ich mein Leben hin ebe, um alle die Armen aus ihrer Not zu erretten, um Ekeby wieder in seinem alten Glanz aufzurichten. Nach dem Gottesdienst wurde Hauptmann Lennart begraben. Da er am Markttage gestorben war, hatte sich die Kunde weithin verbreitet, und zu Tausenden waren die Leute zur Kirche geströmt. Der ganze Kirchhof, die Mauer und das an die Kirche grenzende Feld waren voll Menschen. Der alte Probst war krank und predi$ en dieselbe Melodie mit viel, viel mehr Violinen, Flöten, Harfen, Knie- und Bassgeigen, elektrischem Licht, Decorationen, Chören, herrlicher Ausstattung und mit den ersten Sängern. Diese Schrift soll die allgemeine Discussion über die Judenfrage eröffnen. Freunde und Feinde werden sich daran betheiligen -- ich hoffe, nicht mehr in der bisherigen Form sentimentaler Vertheidigungen und wüster Beschimpfungen. Die Debatte soll sachlich, gross, ernst und politisch geführt werden. Die Society of Jews wird alle Kundgebungen der Staatsmänner, Parlamente, Judengemeinden, Vereine, die in Wort und Schrift, in Versammlungen, Zeitungen und Büchern hervorkommen, s’mmeln. So wird die Society zum erstenmal erfahren und feststellen, ob die Juden schon in's Gelobte Land wandern wollen und müssen. Die Society wird von den Judengemeinden in aller Welt die Behelfe zu einer umfassenden Statistik der Juden Die späteren Aufgaben, die gelehrte Erforschung des neuen Landes und seiner natürlichen Hilfsmittel, der einheitliche Plan zur $ aefer, ein heilkundiger Mann, Hoffmannstropfen, Heringslauge und Speckpflaster verordnet hatte. Die Hoffmannstropfen hatte Barthel heute aus der Stadt geholt. "Ich bitte Sie, sehen Sie mal nach dem Kinde", bat mich Anneliese, "es sind bereits drei Diphtheriefaelle im Dorfe vorgekommen, und einen Arzt haben wir hier nicht." So ging ich mit ihr und den Barthelleuten nach einem Oberstueblein, wo da³ Kind in hohem Fieber lag. Diphtherie! Keine Zeit mehr zu verlieren. Ich gab ein paar vorlaeufige Verhaltungsmassregeln und schrieb einige Worte an einen Kollegen im naechsten Orte, da ich die Behandlung ja nicht selbst uebernehmen konnte. Ein Radler fuhr mit der Botschaft los. Das Maedel ist dann auch gerettet worden, und Barthel hat nachtraeglich drei Mark Strafe zahlen muessen, weil er dem Schaefer, der die Heringslauge und das Speckpflaster verordnete, einige Ohrfeigen als Honorar ausgezahlt hat. Als wir damals nach der Barthelschen Wohnstube zurueckkehrten, fanden wir Stefenson und die schoene Eva in angeregteste$ ?" sagte sie. "Ja, Frau Barthel", rief Eva, "und er macht Augen auf mich!" "Nich wahr, Fraeulein Hanne, Sie haben ooch Ihren Spass an dem alten Esel?" Das Weiblein fing an zu lachen, dass ihr die Augen traenten. "Also, wenn der Augen macht", schluchzte sie unter Lachen, "da kommt keen gestoch'nes Kalb dagegen auf." "Weib", schrie Barthel erbost; "du bist eifersuechtig. Du hast keen'n Grund "Nee, nee", schlenkerte die dicke Susanne prustend mit den Haenden; "du kannst um de ganze Welt 'rum Augen machen, 's faellt keener druff 'rein!" UMnd sie ging vergnuegt ins Haus zurueck. Barthel stopfte ob des vernichtenden Urteils ueber seine maennliche Anziehungskraft die Haende in die Hosentaschen und sagte: "Das is eene Gemeinheit! Immer lacht se, schon wie se noch meine Braut war, lacht se mich immer aus." "Seien Sie doch froh, Barthel, dass Sie eine so lustige Frau haben." "Nee, nee, Herr Dukter, olles mit Respekt gesagt, aber das verstehen Se nich! Sie sind nicht verheirat't. Sehn Se, wenn a Weib schimpft, oder wenn$ Marktplatze hinweg, steige den Berg hinauf zu meinem Werk. Eine koestliche Siedlung ist da entstanden auf leeren Halden, im oeden Walde. Hundert Fenster blitzen in gldigem Lampenlicht, Singen und Lachen kommt aus den Bauernhoefen. Alle Leute, die mir begegnen, gruessen mich oder rufen mir freundlich zu. Hier bin ich nicht allein. Bei meiner Arbeit bin ich zu Hause. In der Wueste sah ich einmal einen Mann mit gefuellten Wasserschlaeuchen am Brunnen der Oase stehen, als sich unsere halbverschmachtete Karawane fiebergluehend auf sie zuschleppte. Da dachte ich, es muesse schoen sein, mit gefuellten Wasserschlaeuchen Verdurstenden entgegenzusehen. Ich will so sein wie jener Mann. Alle, die zu mir kommen von der heissen Strasse des Alltags, will ich laben aus dem kuehlen Brunnen, den ich grub. Dann wird es mir so gut ergehen, dass ich nichts anderes vom Leben mehr verlangen will; denn es ist die groesste Lust des Lebens, anderen die Last des Lebens zu erleichtern. BEMERKUNGEN ZUR TEXTGESTALT$ ? Ei, gib doch Antwort. Nimmermehr. Nimmermehr bis an den jüngsten Tag. Dann bei Gotts Tod bleib ich hintan Wenn in dem Sinn die Meldung beschah, Dann stehts, daß ich die Reis nit tu. Nit tust? Nein, alsdann bleib ich am Ort. Ich sag dir, wie mir ist zu Sinn Du weißt, daß ich freimütig bin. Itzt stehts, daß ich die Reis nit tu Um keiner lebenden Seel fürwahr Auch nit um meines Herrn Vaters Lieb Gott schenk ihm ansonsten die ewige Ruh. Um Gott! Hast mir was andðers versprochen! Weiß wohl. Und ist recht in Treuen beschehn Und so du wolltest was anders begehn Mit Frauen was Gutes in Kumpanei Oder was es sonsten sei Solltest an deiner Seiten mich sehn So lange Gott läßt einen hellen Tag sein Und auch des Nachts bei Fackelschein. Das sag ich in Treuen! (_Schickt sich an zu gehen._) O deiner bedarf ich jetzt gar sehr Jetzt heißt es: Gesell gedenke mein. Ob wir Genossen waren, ob ni$ Über knöchernen Steg, die hyazinthene Stimme des Knaben, Leise sagend die vergessene Legende des Walds, Sanfter ein Krankes nun die wilde Klage des Bruders. Also rührt ein spärliches Grün das Knie des Fremdlings, Das versteinerte Haupt; Näher rauscht der blaue Quell die Klage der Frauen. Es ist niemand im Haus. Herbst in Zimmern; Mondeshelle Sonate Und das Erwachen am Saum des dämmernden Walds. Immer denkst du das weiße Antlitz des Menschen Ferne dem Getümmel der ZeiÉ; Über ein Träumendes neigt sich gerne grünes Gezweig, Kreuz und Abend; Umfängt den Tönenden mit purpurnen Armen sein Stern, Der zu unbewohnten Fenstern hinaufsteigt. Also zittert im Dunkel der Fremdling, Da er leise die Lider über ein Menschliches aufhebt, Das ferne ist; die Silberstimme des Windes im Hausflur. KASPAR HAUSER LIED Für _Bessie Loos_ Er wahrlich liebte die Sonne, die purpurn den Hügel hinabstieg, Die Wege des Walds, den singenden Schwarzvogel Und die Freude des Grüns. Ernsthaft war sein Woh$ gt an dir selbst. Du hast deine Kraft überschätzt, wenn du geglaubt hast, du könntest mit deinen Sexualtrieben anstellen, was du willst, und brauchtest auf ihre Absichten nicht die mindeste Rücksicht zu nehmen. Da haben sie sich denn empört und sind ihre eigenen dunklen Wege gegangen, um sich der Unterdrückung zu entziehen, haben sich ihr Recht geschaffen auf eine Weise, die dir nicht mehr recht sein kann. Wie sie das zustande gebracht haben, und welche Wege sie gewandelt sind, das hast du nicht erfahren; nur das Ergebnis dieser Arbeit, das Symptom, das du als Leiden empfindest, ist zu deiner Kenntnis gekommen. Du erkennst es dann nicht als Abkömmling deiner eigenen verstoßeen Triebe und weißt nicht, daß es deren Ersatzbefriedigung ist.« »Der ganze Vorgang wird aber nur durch den einen Umstand möglich, daß du dich auch in einem anderen wichtigen Punkte im Irrtum befindest. Du vertraust darauf, daß du alles erfährst, was in deiner Seele vorgeht, wenn es nur wichtig genug ist, weil dein Bewußtsein es dir dann m$ ert. Die wenigsten Menschen dürften sich klar gemacht haben, einen wie folgenschweren Schritt die Annahme unbewußter seelischer Vorgänge für Wissenschaft und Leben bedeuten würde. Beeilen wir uns aber hinzuzufügen, daß nicht die Psychoanalyse diesen Schritt zuerst gemacht hat. Es sind namhafte Pilosophen als Vorgänger anzuführen, vor allen der große Denker _Schopenhauer_, dessen unbewußter »Wille« den seelischen Trieben der Psychoanalyse gleichzusetzen ist. Derselbe Denker übrigens, der in Worten von unvergeßlichem Nachdruck die Menschen an die immer noch unterschätzte Bedeutung ihres Sexualstrebens gemahnt hat. Die Psychoanalyse hat nur das eine voraus, daß sie die beiden dem Narzißmus so peinlichen Sätze von der psychischen Bedeutung der Sexualität und von der Unbewußtheit des Seelenlebens nicht abstrakt behauptet, sondern an einem Material erweist, welches jeden einzelnen persönlich angeht und seine Stellungnahme zu diesen Problemen erzwingt. Aber gerade darum lenkt sie die Abneigung und die Widerstände au$ -- trauerte, und die eigene Heimath, das _eigene_ Vaterland verließ, dem verstoßenen Mann zu folgen und ihm Alles zu sein was er daheim verloren. Wir hier« -- setzte er ruhiger hinzu -- »hätten nie geglaubt, daß die Frau aus so vornehmer Familie sei, wie es jetzt doch wohl scheint, so hat sie gearbeitet, so sich dem Geringsten unterzogen was in ihre Wirthschaft fiel, und gesponnen und gewebt dAabei wie unsere Frauen; aber der Mann ging dann nach Little Rock und spielte und trank -- kam trunken nach Hause -- und schlug sein Weib -- -- -- Ein anderer Nachbar den wir hier früher hatten« -- setzte er nach längerem Zögern wieder, und sich wie scheu dabei umsehend hinzu -- »ein junger kräftiger Bursch, unverheirathet, dem das junge Weib Leid that, und das Herz immer gleich auf der Zunge lag, setzte den Polen einmal deshalb zur Rede -- harte Worte folgten, und wie es bei uns nicht lange bei Worten bleibt -- auch Faustschläge. Der Amerikaner war dem Polen in _der_ Waffe überlegen, aber der forderte ihn auf die Büchs$ on ihm, trank, zog sein Taschentuch aus der Tasche sich den Mund zu wischen, und sagte dann zu demÐBarkeeper, der indessen rasch um den Schenktisch herum und der Thüre zugeschritten war: »Schreiben Sie mir das Glas auf, ich habe jetzt kein kleines Geld bei mir, und auch keine Zeit zum Wechseln -- geht Ihre Uhr da richtig?« »Auf den Punkt.« »Gut; _wollten_ Sie wohl die Güte haben mir zu erlauben vorbeizugehn, Herr -- _Schmidt_ heißen Sie ja wohl.« »Ja wohl, Julius Thiodolph Schmidt.« »Thiodolph, schöner Name -- Sie haben übrigens wohl nicht verstanden, um was ich Sie gebeten -- ich möchte auf die Straße hinaus.« »Ja, das soll ungefähr der Wunsch von allen denen sein, die nicht mehr hinaus können,« sagte Schmidt mit unzerstörbarer Ruhe, ohne auch nur eines Zolles Breite zu weichen. »Nicht mehr hinauskönnen? ich glaube Sie sind verrückt, oder haben zu viel getrunken,« rief Hopfgarten, jetzt wirklich ärgerlich. »Treten Sie aus dem Weg, oder ich _bringe_ Sie hinaus; glauben Sie, daß ich Lust und Zeit habe, mich mi$ e Sterblichkeit der Braugehilfen an Tuberkulose. Nach Sendtner starben in München von 1859-1888 28,9% der Brauer an Schwindsucht. Ich selbst hatte Gelegenheit, einen Bierwirt zu behandeln, der während eines Zeitraums von 20 Jahren täglich 18-20 l Bier ohne irgendwelche Berauschung zu sich genommen hatte. Er starb ebenfalls Ende der 40er Jahre und es fand si^ch bei ihm das Münchener Bierherz in ausgeprägtester Form. Diese Herzerkrankung entsteht nicht über Nacht, sie entwickelt sich in schleichender Form. Die Aufnahme so großer Flüssigkeitsmengen, wie sie der frühere tägliche Bierkonsum der hiesigen Braugehilfen mit sich brachte, bedingt eine bedeutende Vermehrung der Herzarbeit. Diese verursacht zunächst eine Hypertrophie der muskulösen Wandungen des Organs, die bei Fortdauer der enormen Flüssigkeitszufuhr unter dem toxischen Einflusse des Alkohols allmählich in Entartung übergeht, einen Zustand, der früher oder später zur Erlahmung des Herzens führt. In schleichender Weise entwickeln sich auch die sogena$ rüben hinter den hölzernen Säulen liegt eine Leiter.« »Ich hole sie!« Wir brauchten also weder die Stange noch den mitgebrachten Strick. Ich ging und fand die Leiter. Sie war fest. Als ich sie angelehnt hatte, stieg Isla empor. Ich schlich unterdessen nach der Thür zum Selamlük, um Es dauerte einige Zeit, ehe ich die Gestalt des Mädchens erscheinen sah. Sie stieg herab, und Isla unterstützte sie dabei. In dem Augenblicke, in welchem sie denKBoden erreichten, erhielt die Leiter einen Stoß; sie schwankte und stürzte mit einem lauten Krach zu Boden. »Flieht! Schnell nach dem Boote!« warnte ich. Sie eilten nach dem Thore, und zu gleicher Zeit hörte ich Schritte hinter der Thür. Abrahim hatte das Geräusch vernommen und kam herbei. Ich mußte den Fliehenden den Rückzug decken und folgte ihnen also mit nicht zu großer Schnelligkeit. Der Ägypter bemerkte mich, sah auch die umgestürzte Leiter und das geöffnete Gitter. Er stieß einen Schrei aus, der von allen Bewohnern des Hauses gehört werden mußte. »Chirsytz, hajdut, $ , sich verzweiflungsvoll an die Klippe klammernd. Ich ergreife einen der vorhandenen Dattelbaststricke, eile an das Seitenbord und werfe ihn dem Bedrohten zu. Er faßt danach -- ergreift ihn -- wird emporgezogen -- es ist -- Abrahim-Mamur. Sobald er das Verdeck glücklich erreicht hatte, schüttelte er das Wasser aus seinen Kleidern und stürzte dann mit geballten Fäusten auf mich zu. »Hund, du bist ein Räuber und Betrüger!« Ich erwartete ihn stehenden Fußes, und meine Haltung bewirkte, daß er vor mir stehen blieb, ohne seine Fäuste in Anwendung zu bri³gen. »Abrahim-Mamur, sei höflich, denn du befindest dich nicht in deinem Hause. Sagst du nur noch ein Wort, welches mir nicht gefällt, so lasse ich dich an den Mast binden und durchpeitschen!« Die größte Beleidigung für einen Araber ist ein Schlag, und die zweitgrößte ist die Drohung, ihn zu schlagen. Abrahim machte eine Bewegung, bezwang sich aber augenblicklich. »Du hast mein Weib an Bord!« »Du sagst mir nicht die Wahrheit.« »Ich sage sie, denn die ich an Bord ha$ itsche kosten, obgleich du ein Wergi-Baschi bist und viele Männer hier bei dir hast!« Diese Drohung hatte eine außerordentlich rasche Wirkung. Die beiden Beduinen, welche bis hierher meine Begleiter gewesen waren, wurden vom Schreck über die Kühnheit Halefs um einige Schritte zurückgeworfen; die Matrosen und übrigen Begleiter des Türken sprangen auf und griffen zu den WaffenÀ, und der Baschi hatte sich mit derselben Schnelligkeit erhoben. Er griff nach seinem Pistol, aber Halef hielt ihm schon die Mündung seiner eigenen Waffe auf die Brust. »Ergreift ihn!« gebot der Baschi, indem er selbst jedoch sein Pistol vorsichtig sinken ließ. Die guten Leute behielten zwar ihre drohenden Gesichter bei, aber keiner wagte es, Hand an Halef zu legen. »Weißt du, was es heißt, einem Wergi-Baschi mit der Peitsche zu drohen?« fragte der Türke. »Ich weiß es,« antwortete Halef. »Einem Wergi-Baschi mit der Peitsche drohen, heißt, sie ihn auch wirklich kosten lassen, wenn er es wagt, in der Weise weiter zu sprechen, wie er gesproc$ war das? Es gehörte die ganze Schärfe meines Gehörs dazu, um zu bemerken, daß der Holzriegel an meiner Thür langsam, langsam zurückgeschoben wurde. Einige Sekunden nachher hörte ich einen harten Schlag -- ein Geräusch, als wenn jemand vom Boden empor wolle und doch nicht könne -- ein kurzes, ersticktes Stöhnen, und dann erklang es draußen halblaut: »Sihdi, komm; ich habe ihn!« Es war Halef. »Wen?« fragte ich. »Deinen Wächter.« »Ich kann dir nicht helfen, die H»ände sind mir gebunden.« »Bist du an die Wand gebunden?« »Nein; hinaus zu dir kann ich.« »So komm, die Thür ist offen.« Als ich hinaustrat, fühlte ich, daß der Araber unter krampfhaften Zuckungen am Boden lag. Halef kniete auf ihm und hatte ihm mit den Händen den Hals zugeschnürt. »Fühle in seinen Gürtel, ob er ein Messer hat, Sihdi!« »Hier ist eins; warte!« Ich zog mit meinen hart am Gelenke gebundenen Händen das Messer hervor, nahm den Griff fest zwischen die Zähne und sägte mir die Fesseln »Geht es, Sihdi?« »Ja, jetzt habe ich die Hände frei. Gott se$ Maschallah, Sihdi! Bist du es wirklich?« Er war es wirklich, der kleine Hadschi Halef Omar! »Ich bin es. Ich habe dich bereits von weitem erkannt.« Er sprang vom Pferde herab und faßte mein Gewand, um es vor Freude zu »Hamdulillah, Preis sei Gott, daß ich dich wiedersehe, Sihdi! Ich habe mich nach dir gesehnt, wie der Tag nach der Sonne.« »Wie geht es dem würdigen Scheik Malek?« »Er ist wohlauf.« »Hanneh, deine Freundin?« »O, Sihdi, sie ist wie eine Houri des Paradieses.« »Und die andern?« »Sie sagten mir, daß ich dich grü–en solle, wenn ich dich fände.« »Wo sind sie?« »Sie sind am Abhange des Schammargebirges zurückgeblieben und haben mich an den Scheik der Schammar vorausgesandt, damit ich bei ihm um Aufnahme bitten solle.« »Bei welchem Scheik?« »Es ist ganz gleich; bei dem, auf welchen ich zuerst treffe.« »Ich habe bereits für euch gesorgt. Da drüben ist das Lager der »Das sind Schammar. Wie heißt ihr Scheik?« »Mohammed Emin.« »Wird er uns aufnehmen? Kennst du ihn?« »Ich kenne ihn und habe bereits mit ihm $ ein zu bereiten, der kein Wein sei und also von jedem guten Moslem ohne Gewissensbisse getrunken werden könne. Dann kochten, brauten, kühlten, füllten, pfropften und siegelten wir, daß ihm der Schweiß vom Angesichte troff, und als wir endlich fertig waren, durften die Diener wieder eintreten, um die Flaschen an den kühlsten Ort des Kellers zu bringen. Eine aber nahm der Pascha zur Prüfung mit und trug sie mit höchsteigener Hand durch das Vorzimmer in sein Gemach, wo wir uns wieder niederließen. »Wollen wir trinken?« fragte er. »Er ist noch nicht abgekühlt genug.« »Wir trinken ihn warm.« »So schmeckt er nicht.« Natürlich mußte er, denn der Pascha gebot es ja! Dieser ließ zwei Gläser bringen, verbot jedermann, selbst dem Meláenden, den Eintritt und löste Puff! -- Der Stöpsel flog an die Decke. »Allah il Allah!« rief er erschrocken. Gischtend schoß der Kunstwein aus der Flasche. Ich wollte mein Glas schnell unterhalten. »Maschallah! Er spritzt wirklich!« Der Pascha that den Mund auf und schob den Hals der Flasch$ ewig unglücklich ist?« »Glaubt ihr auch, daß Gott allgütig, gnädig und barmhdrzig ist?« »Dann wird er auch verzeihen -- den Menschen und den Engeln, welche gegen ihn sündigen. Das glauben wir, und darum bedauern wir jenen, welchen du meinst. Jetzt kann er uns schaden, und darum nennen wir seinen Namen nicht. Später, wenn er seine Macht zurück erhält, kann er die Menschen belohnen, und darum reden wir nichts Böses von ihm.« »Ihr verehrt ihn? Ihr betet ihn an?« »Nein, denn er ist Gottes Geschöpf wie wir; aber wir hüten uns, ihn zu beleidigen.« »Was bedeutet der Hahn, welcher bei euren Gottesdiensten zugegen ist?« »Der bedeutet jenen nicht, welchen du meinst. Er ist ein Bild der Wachsamkeit. Hat euch Azerat Esau, der Sohn Gottes, nicht erzählt von den Jungfrauen, welche den Bräutigam erwarteten?« »Fünf von ihnen schliefen ein und dürfen nun nicht in den Himmel. Kennst du die Erzählung von dem Jünger, welcher seinen Meister verleugnete?« »Auch da krähte der Hahn. Darum ist er bei uns das Zeichen, daß wir wachen, $ Lichtern, und der Zug raste vorüber. Den übrigen Teil der Nacht fand Thiel wenig Ruhe mehr in seinem Dienst. Es drängte ihn daheim zu sein. Er sehnte sich, Tobiäschen wiederzusehen. Es war ihm zumute, als sei er durch Jahre von ihm getrennt gewesen. Zuletzt war er in steigender Bekümmernis um das Befinden des Jungen mehrmals versucht, den Dienst zu verlassen. Um die Zeit hinzubringen beschloß Thiel, sobald es dämmerte, seine Strecke zu revidieren. In de| Linken einen Stock, in der Rechten einen langen, eisernen Schraubschlüssel schritt er denn auch alsbald auf dem Rücken einer Bahnschiene in das schmutzig graue Zwielicht hinein. Hin und wieder zog er mit dem Schraubschlüssel einen Bolzen fest oder schlug an eine der runden Eisenstangen, welche die Geleise untereinander Regen und Wind hatten nachgelassen, und zwischen zerschlissenen Wolkenschichten wurden hie und da Stücke eines blaßblauen Himmels Das eintönige Klappen der Sohlen auf dem harten Metall, verbunden mit dem schläfrigen Geräusch der tropfenschütte$ nd mir Kattun zu einem neuen Kleid!« »Zurück Mädchen, zurück!« rief aber der Ire lachend, der sich nur mit Mühe der auf ihn Einstürmenden erwehren konnte - »Ihr hattet recht, Kamerad, die Physionomie thuts bei den Dirnen hier allerdings nicht allein, und sie reißen Einem -- Wettermädchen Ihr, wollt Ihr Ruhe geben -- die Lumpen vom Leibe; würden sich auch verdammt wenig Gewissen daraus machen, einen armen Teufel von Matrosen gleich bei seinem ersten Ansprung an Land rein auszuplündern und nachher allein sitzen zu lassen und auszulachen. Die braune Haut versteht sich so gut darauf wie die weiße.« »Von welchem Schiff seid Ihr, Kamerad?« frug jetzt der Bootsmann, »Ihr segelt wohl unter eigener Flagge?« Der Ire lächelte leise vor sich hin, schüttelte aber mit dem Kopf und erwiederte schmunzelnd: »Dießmal habt Ihr vorbeigeschossen, so schmeichelhaft die Anspielung auch sein mochte; alt England für immer, ich möchte keine anderen Farben an meiner Gaffel wehen haben, -- selbst nicht die rothe;« setzte er mit einem ha$ noch, aber er hat Dich doch beinah acht Tage festgehabt und kennt Dich genau, ich habe ihn wenigstens die Geschichte selber zweimal an Bord erzählen hören und er schwört darauf daß er Dich hängen sehn will, wenn er Dir jemals im Leben wied6er begegnet.« »Unsinn, was kann er mir thun,« brummte aber Jim (denn wir wollen den Namen beibehalten), »wir wurden eben von unserer Beute vertrieben, aber das war doch auch weiter kein Beweis gegen mich.« »Sie haben die beiden Leichen in dem Pandanusdickicht gefunden,« sagte »Den Teufel,« knirschte Jim zwischen den Zähnen durch -- »das wäre allerdings fatal -- aber er hat keine Zeugen.« »Mehr wie er braucht,« entgegnete Jack -- »drei von den Jungen die uns damals den Spaß verdarben, sind auf der ~Jeanne d'Arc~ -- und Du kannst Dir denken wie mir zwischen dem Gesindel zu Muthe sein muß -- ein Glück daß sie keine Ahnung haben wie nahe wir schon einmal mit einander in Geschäftsverbindung gestanden haben.« »Aber wie zum Henker bist Du auf das Französische Kriegsschiff gekommen$ eiben hier auf den Inseln. Was wissen die Capitaine solcher Schiffe von der Politik unseres oder ihres Landes, wenn sie nicht ganz besonders abgeschickt werden? so wenig wie unsere Fischercanoes wissen, was Pomare denkt oder thut.« »Aber wenn die Mitnares nun doch recht hätten?« sagte Pomare, mit einem halb triumphirenden Seitenblick auf den Französischen Consul. »Du zögerst hier mit solchen Vermuthungen,« rief aber dieser jetzt ungeduldig, »bis draußen _geschehen_ ist, was wir hier verhindern wollen; hörst Du den Lärm, das Toben Deiner frommen christlichen Unterthanen? -- wenn die französischen Kugeln hier herüberschmettern, wirst Du zu spät bereuen unsere Bitten nicht erhört zu haben.« »Nennt Ihr das bitten, wenn Ihr mit Kanonen droht?« rief unwillig »Und weisest Du uns ab?« frug Tati leise. »Nein Tati, nein,« sagte Pomare schnell, sich zu ihm wendend und seine Hand ergreifend, »gehe Du nicht fort im Unmuth von hier, denn ich fühle wie schwer es _Dir_ geworden zu mir zu kommen. Ach wenn wir selber unter ein$ hren Verhältnissen auf das Genaueste und Peinlichste erkundigt hat. Soviel rath' ich Ihnen, wahren Sie Ihr Herz.« »Sie sind zu gütig, Madame,« lachte René, »wenn dem wirklich so ist, scheint die Sache in der That gefährlich zu werden.« »Spotten Sie nicht vor der Zeit,« warnte Madame Belard -- »Sie bekommen es mit keinem gewöhnlichen Mädchen zu thun, und werden einem Paar Augen Stand halten müssen, denen schon stärkere Herzen erlegen sind als ein junger leichtsinniger Franzose wahrscheinlich in seiner Brust mit herum trägt.« »Und die Dame?« »Warten Sie, dort drüben spricht sie noch mit Madame Choupin, der Stiefmutter von Brouards Frau, deõr möchte ich nicht gerne in die Hände »Die junge Dame dort?« rief René rasch, »ah ich habe sie schon vorher bemerkt: sie kommt von Papara, wenn ich nicht irre.« »Das Alles wird sie Ihnen gleich selber mittheilen, Monsieur; aber aufrichtig gesagt,« setzte sie schelmisch hinzu, »bin ich selber neugierig welch Interesse sie in so auffallender Weise an Ihnen nehmen kann. Sie _müs$ ählt' er fort, »wie erhob mich, nicht ferne dem Ziel mehr, Heut' in dem dunkeln Oetscherthal' ein Wunder der Allmacht! Vor mir sprang ein flüchtiger Gemsbock fort in des Weges Krümmungen. Ich, von Jagdlust heiß, verfolgte den Kühnen Seitab, bis er vom Rand der steilabgleitenden Felswand Stürzte zur Tiefe hinab, und zerschmetterte dort die Gebein' all'. Aber der Rückgang schien auch mir versagt, und ich wand mich Mühesam nur, die Schluchten entlang, zu lichteren Stellen. Pl°ötzlich ergriff mein Ohr ein Donnergetümmel: die Felsen Drönten umher; stets furchtbarer scholl aus der Schlucht, wie ich nahte, Stürzender Fluthen Gerausch', und erfüllte die Thäler mit Schauder. Doch nun war errungen der Stand. Von des schwindligen Felsens Schmalvorragendem Riff' ersah ich, vor freudigem Schrecken Selber zum Stein erstarrt, des Waldstroms Fall in den Abgrund: Denn vor mir aufthürmte sich hoch der gespaltene Felsberg Oben am Rand nur sanft zur Rechten gebogen, und d$ ann, gesunkenen Haupts, auf die Kniee sich werfend, Also begann: »O Herr, nicht geh' in's Gericht mit mir Armen! Ringsum drängt mich die Schuld, wie die Fluthen des schwellenden Bergstroms, Und einstürzender Berge Geröll. Wo find' ich Errettung Einst vor deinem Zorn, Allmächtiger, wo, so dem Schuldner Nur vergeltendes Recht, nicht auch Erbarmen zu Theil wird? Doch Erbarmen mit mir, das, hart- und eiserngesinnet, Ich nicht übt' an den Menschen -- ein Mensch? Erhebe die Hand nur, Furchtbarer, straf' mich: denn ich hab' es verschuldet, auf immer! Dennoch nimmst du die Sühne noch an; barmherzig und gnädig Bist du, o Herr, wenn reuig das Herz auf der irdischen Bahn noch, Schmerzdurchdrungen, sie beut! Noch wandl' ich auf ihr. Im Bewßtseyn Schrecklichen Frevels, zu dem auf der schwindelnden Höhe des Thrones Mich die gefährliche Macht und der feiggesinneten Schmeichler Zauberruf hinriß, und des ungebändigten Herzens Ehrgeiz, Stolz, und begierliche Gluth stets mächtiger drä$ haben soll. Dem heimkehrenden König setzte seine ehrgeizige Gemahlin, Kunegunde, durch Schmähungen so lange zu, bis er dem Kaiser neuerdings den Kampf auf Tod und Leben both. Schon am 27. Juni brach er von Prag zu seinem Heer' auf, das sich vor Brünn versammelt hatte, verlor aber auf seinem Kriegszug in Oestreich, durch die Belagerung des befestigten Städtchens Drosendorf, den entscheidenden Augenblick, und setzte dadurch den Kaiser in den Stand, Hülfsvölker zu sammeln, um welchen es sonst durch schnelles Vordringen geschehen gewesen wäre. Auf Rudolphs Seite standen nebst den Schweizern und Elsassern, die ihm sein Sohn Albrecht zuführte, der Pfalzgraf Ludwig, sein Tochtermann; der Burggraf Friedrich von Nürnberg; der Markgraf Heinrich von Hochberg: zu welchen noch die Grafen von Henneberg, und Fürstenberg stießen. Dann: Meinhard Graf von Tyrol; Graf Albert von Goörz; Friedrich, und Albert, die Grafen von Ortenburg, und Ulrich von Heunburg mit den Tyrolern, Kärnthnern und Krainern; Pfannberg, und zugleich die $ en einschlug, weil er, auf wiederholte Aufforderungen, schon halbtodt, aber standhaft, der Wahrheit getreu gewesen zu seyn betheuerte. (_Horneck_ Cap. 99.) [10] Vers 378. Ottokar ließ den Bruder Milota's, Beneß, Kämmerer von Mähren, dessen Tochter er geschändet haben soll, zugleich mit Otto von Meißau im Jahr 1265 in dem Hungerthurm zu Eichhorn verbrennen. Milota's Haß gegen Ottokar, und der Verrath, den er in der Machfelder Schlacht 1278 an ihm beging, soll dadurch veranlaßt worden seyn. (Siehe _Hanthalers_ +Fast. Campil. Lib. I. Dec. VII. §. 26.+ S. 1017 und _Fuggers Ehrenspiegel_ &c. Sechster Gesang. [1] Vers 96. _Odin_, der Gott der Götter, nach der nordischen Mythologie. (Siehe _Ryerups Wörterbuch der scandinavischen Mythologie von Sander_, Copenhagen 1817.) [2] Vers 516. Die Gemahlinn Rudolphs, Anna, verschied zu Wien am 23. Hornung des Jahrs 1281, von wo ihre Leiche nach Basel abgeführt, und in der Domkirche beigesetzt worden ist. [3] Vers 538. Daß sowohl Ottokar, als auch Rudolph schon zu ihrer Zeit e$ rüber viel zu sagen. Was darin unsere Mutter anbetrift, hat mich gerührt; und ich beklage die gute Frau. Gottz der ein anderes Gericht führt, als wir, wird ihr vergeben. Was Du von den übrigen Gliedern unserer Familie, den Vater, und Dich ausgenommen, sagst, hat mich befremdet. Diese drolligen Geschöpfe haben also geglaubt, daß ich, nach ihrem ehemaligen niederträchtigen Betragen gegen mich, noch Pflichten gegen sie hätte, über deren Beobachtung =sie= Richter wären, und nach denselben mich beurtheilen dürften? Daß ich jetzt durch meinen Besuch diese Pflichten gegen sie erfüllt habe, und daß nunmehr erst sie =ihre= Niederträchtigkeit =mir= verzeihen könnten? und Du, mein besserer, und wie ich glaubte, vernünftigerer Bruder, trägst kein Bedenken, mir dies zu schreiben, als ob Du halb, und halb derselben Meinung zugethan wärest? Grüsse mir herzlich den Vater, und lebe wohl. Dein treuer Bruder J. G. Fichte. Indem ich den Brief schliessen will, fällt mir e$ man den Tritt gleich hinstellen, daß er gilt, sonst bohrt man die Sohlen glatt und es ist kein sicherer Halt möglich. Siehst du, alles muß man !ernen, selbst das Gehen. Aber komm, reiche mir die Hand, ich werde dich führen, daß du ohne Mühsal fortkommst.« Er reichte mir die Hand, ich faßte sie und ging nun gestützt und gesicherter weiter. Der Großvater zeigte nach einer Weile auf einen Baum und sagte: »Das ist die Drillingsföhre.« Ein großer Stamm ging in die Höhe und trug drei schlanke Bäume, welche in den Lüften ihre Äste und Zweige vermischten. Zu seinen Füßen lag eine Menge herabgefallener Nadeln. »Ich weiß es nicht,« sagte der Großvater, »hatte das Vöglein die Worte gesungen oder hat sie Gott dem Manne in das Herz gegeben: aber die Drillingsföhre darf nicht umgehauen werden und ihrem Stamme und ihren Ästen darf kein Schaden geschehen.« Ich sah mir den Baum recht an, dann gingen wir weiter und kamen nach einiger Zeit allmählich aus den Dürrschnäbeln hinaus. Die Stämme wurden dünner, sie wurden seltener, h$ ion, wir kamen sehr oft zu ihm hinüber, und so gestaltete es sich milder, seine körperliche Beschaffenheit wurde nachträglich auch besser, so daß es sich in den Lauf der Dinge schicken konnte, daß ihm mein Gatte, nachdem es die Volljährigkeit erreicht hatte, die Urkunden über seine gerichtlich anliegende Summe und über das, was bei der Beerdigung des Vaters übriggeblieben war, einhändigen konnte, und daß es endlich sogar Teppiche, Decken und dergleichen Dinge anfertigte, von denen es im Vereine mit den Zinsen aus seinem kleinen Vermögen lebte, was um so eher möglich wurde, als ihm die Leute, gerührt durch seine Schicksale, die feÇrtigen Stücke immer gern abkauften. -- So erzählte die Frau, und das Mädchen lebte so in den folgenden Jahren Der große Künstler ist schon längst tot, der Professor Andorf ist tot, die Frau wohnt schon lange nicht mehr in der Vorstadt, das Perronsche Haus besteht nicht mehr, eine glänzende Häuserreihe steht jetzt an dessen und der nachbarlichen Häuser Stelle, und das junge Geschlecht$ t aus dem bereiften Grau der Wälderlast emporragt, welche schwer um ihre Füße herum ausgebreitet ist. Im Sommer, wo Sonne und warmer Wind den Schnee von den Steilseiten wegnimmt, ragen die Hörner nach dem Ausdrucke der Bewohner schwarz in den Himmel und haben nur schöne weiße Äderchen und Sprenkel auf ihrem Rücken, in der Tat aber sind sie zart fernblau, und was sie Äderchen und Sprenkeln heißen, das ist nicht weiß, sondern hat das schöne Milchblau des fernen Schnees gegen das dunklere der Felsen. Die Bergfelder um die Hörner aber verlieren, wenn es recht heiß ist, an ihren hùöheren Teilen wohl den Firn nicht, der gerade dann recht weiß auf das Grün der Talbäume herabsieht, aber es weicht von ihren unteren Teilen der Winterschnee, der nur einen Flaum machte, und es wird das unbestimmte Schillern von Bläulich und Grünlich sichtbar, das das Geschiebe von Eis ist, das dann bloßliegt und auf die Bewohner unten hinabgrüßt. Am Rande dieses Schillerns, wo es von ferne wie ein Saum von Edelsteinsplittern aussieht, is$ tgegenging. Dann bekamen sie ein Essen, weil sie sehr hungerte. Sie hatten zwei Nußknacker, Blondköpfchen einen größeren und ernsteren, Schwarzköpfchen einen kleineren und närrischeren, der einen drolligen Mund hatte und fürchterliche Augen machte. In die Mäuler der Nußknacker taten sie die Nüsse, die sie gebracht und von den grünen Hülsen befreit hatten, drückten mit dem Zünglein und zerbrachen die Nüsse, indem die Knacker gewaltig die KinnladenPzusammentaten und erschreckliche Gesichter erzeugten. Sie gaben von den Kernen und von den Nüssen dem Vater und der Mutter und auch der Großmutter, die selten Nüsse von dem hohen Nußberge mitbrachte, und dann immer nur wenige, die sie stets auf das Tischlein der Kinder legte, so wie sie auch die geschenkten ihnen immer wieder zurückschenkte. Als Blondköpfchen schon recht groß geworden war und zu lernen anfing, als Schwarzköpfchen auch schon lernte, und ein freundlicher Lehrer aus der Stadt gekommen war und mit ihnen auf einem Tische in der Kinderstube die schönen Büc$ ie wir sagten, nie geheiratet. Er war der einzige Sohn seines Vaters, von der Mutter etwas verzogen und von der Natur widersprechend-ausgestattet. Während er nämlich ein wunderschönes Angesicht und einen sehr wohlgebildeten Kopf hatte, war der übrige Körper zu klein geblieben, als gehörte er jemand anderm an. Er hieß im Hause seines Vaters der Kleine, obwohl es einen größern nicht gab, da er der einzige war. Er fuhr auch fort, der Kleine zu heißen, da er schon dreißig Jahre alt war und man nicht mehr daran denken konnte, daß er noch wachse. Er hieß auch auf der lateinischen Schule und auf der Universität der Kleine. Mit diesem Widerspruche der Körperteile war noch einer der Geistesvermögen verbunden. Er hatte ein so reines Herz, im Alter fast noch knabenhaft rein, daß er die Liebe und Verehrung der Edelsten erworben hätte; er hatte einen klaren, sicheren Verstand, der mit Schärfe das Richtige traf und den Tüchtigsten Achtung eingeflößt hätte: aber er hatte auch eine so bewegliche, lebhafte und über seine ande$ Die Beziehung der feindlichen Mächte steht unter altem Fremdenrecht, jus postliminii nach der romanistischen Wissenschaft.[18][19] Dieser Rechtszustand ist seit dem 16. Jahrhundert dadurch kompliziert, dass eine Reihe europäischer Mächte ihre Beziehungen zu den Raubstaaten vertraglich regelte, andere einseitig ihnen gegenüber moderne Rechtsgrundsätze zur Anwendung Innerhalb der christlich-europäischen Welt haben sich noch bis in die neuere Zeit Fälle faktischer Begünstigung der Piraterie durch staatliche Massnahmen ereignet. Doch war man stets bestrebt, einen formellen Bruch mit den Prinzipien des jeweils geltenden Rechtes zu vermeiden.[20] [8] Krieg Roms gegen die Illyrier 229 v. Chr. Späterhin stehen die Küsten des Mittelmeers restlos unter römischer Herrschaft. [9] Vgl. _Grotius_, De iure belli ac pacis L. III, C. III § 2¤ [10] _Brunner_, Deutsche Rechtsgeschichte I S. 273; _Heusler_, Instit. d. deutschen Privatrechts I S. 144 f. [11] _Pardessus_, Collection de lois maritimes, I S. 15: »C'était la conséque$ res contraires et ennemis de nostredicte foy catholicque, chascun peut prendre sur telles manieres de gens, comme sur chiens, et peut l'on les desrobber et spolier de leurs biens sans pugnition«; derselben Ansicht Schuback 1751 S. 203 f. Dieser ganze Rechtszustand ist in Spanien und Portugal bis in's 19. Jahrhundert bestehen geblieben, vgl. _Pardessus_ VI S. 13 [20] Selbst die Verbindung Albrechts von Mecklenburg mit den Viktualienbrüdern Ende des 14. Jahrhunderts, Frankreichs mit den Bukanieren im 17. Jahrhunderh geschah in rechtlich zulässiger Form; s. auch _G. F. v. Martens_, Kaper S. 23 und § 8. Die private Piraterie. Von der staatlich autorisierten Piraterie, einer alten Form des Lebens der Völker, ist von je die Piraterie als Unternehmen einer ohne alle Beziehung zu einem staatlichen Verbande auf eigene Faust handelnden Personenvereinigung unterschieden worden. Die Reaktion gegen die erste Form ist der Krieg,[21] die Bekämpfung der zweiten ist Aufgabe der Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege.[22$ es intérêts que lui, les dispositions des lois qu'il a faites.« [90] Das Folgende gehört streng genommen schon nicht mehr zur Abgrenzung von Piraterie und Kaperei. [91] S. o. N. 87. _Pradier-Fodéré_ a. a. O. § 2504 und _Hall_ a. a. O. S. 263, übersehen auffälligerweise diese wesentliche Beschränkung. -- Das Gesetz ist nicht leicht verständlich. Ist die Erteilung der Kaperbriefe unzulässig, so liegt kein Grund vor, die Strafdrohung auf Fälle zu beschränken, in denen der Heimatstaat sich seinerseits verpflichtet hat, die Annahme durch seine Untertanen zu verhindern; ist sie zulässig, so ist der Empfänger der Kommission als rechtmässiger Feind zu behandeln. _Prader-Fodéré_, § 2505, und _Travers Twiss_, Int. Law 2. Aufl. II S. 419, betrachten denn auch (unter Zugrundelegung der zweiten Alternative) die Bestrafung der Besatzung trotz Bestehens eines Vertrages des in dem amerikanischen Gesetze bezeichneten Inhalts als völkerrechtswidrig. Ihrer Ansicht dürfte beizutreten sein. Doch ist zu beachten, dass die Behandlu$ ward nach Erschoepfung der physischen und geistigen Kraefte der Nation. Es ist aber nicht einmal richtig, wie schon das beweist, dass die italischen Staaten ebenso regelmaessig ohne Tyrannis geblieben sind wie sie in den hellenischen regelmaessig aufstanden. Der Grund liegt einfach darin, dass die Tyrannis ueberall die Folge des allgemeinen Stimmrechts ist und dass die Italiker laenger als die Griechen die nicht grundsaessigen Buerger von den Gemeindeversammlungen ausschlossen; als Rom hiervon abging, blieb auch die Monarchie nicht aus, ja knuepfte eben an an das tribunizische Amt. Dass das Volkstribunat auch genuetzt hat, indem es der Opposition gesetzliche Bahnen wies und manche Verkehrtheit abwehrte, wird niemand verkennen; aber ebensowenig, dass, wo es sich nuetzlich erwies, es fuer ganz andere Dinge gebraucht ward, als wofuer man es begruendet hatte. Das verwegene Experiment, den Fuìhrern der Opposition ein verfassungsmaessiges Veto einzuraeumen und sie mit der Macht, es ruecksichtslos gelte$ scher Kriegstribun, fuenfmal Diktator gewesen und viermal triumphierend auf das Kapitol gezogen war; im Jahre 393 (361), wo der Diktator Titus Quinctius Pennus ihnen gegenueber keine volle Meile von der Stadt Ñn der Aniobruecke lagerte, aber ehe es noch zum Kampfe gekommen war, der gallische Schwarm nach Kampanien weiterzog; im Jahre 394 (360), wo der Diktator Quintus Servilius Ahala vor dem Collinischen Tor mit den aus Kampanien heimkehrenden Scharen stritt; im Jahre 396 (358), wo ihnen der Diktator Gaius Sulpicius Peticus eine nachdrueckliche Niederlage beibrachte; im Jahre 404 (350), wo sie sogar den Winter ueber auf dem Albaner Berg kampierten und sich mit den griechischen Piraten an der Kueste um den Raub schlugen, bis Lucius Furius Camillus, der Sohn des beruehmten Feldherrn, im folgenden Jahr sie vertrieb - ein Ereignis, von dem der Zeitgenosse Aristoteles (370-432 384-322) in Athen vernahm. Allein diese Raubzuege, wie schreckhaft und beschwerlich sie sein mochten, waren mehr Ungluecksfael$ Buergergebiet war bis dahin hauptsaechlich durch Einzelassignation in der Weise erweitert worden, dass das suedliche Etrurien bis gegen Caere und Falerii, die den Hernikern entrissenen trecken am Sacco und am Anio, der groesste Teil der sabinischen Landschaft und grosse Striche der ehemals volskischen, besonders die pomptinische Ebene in roemisches Bauernland umgewandelt und meistenteils fuer deren Bewohner neue Buergerbezirke eingerichtet waren. Dasselbe war sogar schon mit dem von Capua abgetretenen Falernerbezirke am Volturnus geschehen. Alle diese ausserhalb Rom domizilierten Buerger entbehrten eines eigenen Gemeinwesens und eigener Verwaltung; auf dem assignierten Gebiet entstanden hoechstens Marktflecken (fora et conciliabula). In nicht viel anderer Lage befanden sich die nach den oben erwaehnten sogenannten Seekolonien entsandten Buerger, denen gleichfalls das roemische Vollbuergerrecht verblieb und deren Selbstverwaltung wenig bedeutete. Gegen den Schluss dieser Periode scheint die roemi$ ein wie fest um ganz Italien geschlungenen Netzes in den Haenden der roemischen Gemeinde zusammenliefen, war diese eine Grossmacht und trat anstatt Tarents, Lucaniens und anderer durch die letzten Kriege aus der Reihe der politischen Maechte geloeschter Mittel- und Kleinstaaten in das System der Staaten des Mittelmeers ein. Gleichsam die offizielle Anerkennung seiner neuen Stellung empfing Rom durch die beiden feierlichen Gesandtschaften, die im Jahre 481 (273) von Alexandreia nach Rom und wieder von Rom nach Alexandreia gingen, und wenn sie auch zunaechst nur die Handelsverbindungen regelten, doch ohne Zweifel schon eine politische Verbuendung vorbereiteten. Wie Karthago mit der aegyptischen Regierung um Kyrene rang und bald mit der roemischen um Sizilien ringen sollte, so stritt Makedonien mit jener um den bestimmenden Einfluss in Griechenland, mit dieser demnaechst um die Herrschaft der adiatischen Kuesten; es konnte nicht fehlen, dass die neuen Kaempfe, die allerorts sich vorbereiteten, inein$ ht der Masse auch die Ungeuebten zusammenhielt. Wenn dennoch kein eigener Soldatenstand sich entwickelte, sondern das Heer nach wie vor Buergerheer blieb, so ward dies hauptsaechlich dadurch erreicht, dass man die bisherige Gliederung der Soldaten nach dem Vermoegen aufgab und sie nach dem Dienstalter ordnete. Der roemische Rekrut trat jetzt ein unter die leichtbewaffneten, ausserhalb der Linie besonders mit Steinschleudern fechtenden "Sprenkler" (rorarii) und avancierte aus diesem allmaehlich in das erste und weiter in das zweite Treffen, is endlich die langgedienten und erfahrenen Soldaten in dem an Zahl schwaechsten, aber in dem ganzen Heer Ton und Geist angebenden Triarierkorps sich zusammenfanden. Die Vortrefflichkeit dieser Kriegsordnung, welche die naechste Ursache der ueberlegenen politischen Stellung der roemischen Gemeinde geworden ist, beruht wesentlich auf den drei grossen militaerischen Prinzipien der Reserve, der Verbindung des Nah- und Ferngefechts und der Verbindung von Offensive $ chickt mir die Instruktionen nach. Ich besitze dergleichen gerne schriftlich. Leyva tut seine Pflicht. Zählt darau1f!" Der Feldherr ließ ihn gehen und streichelte nachdenklich den feinen Kopf seines Windspieles, das ihm denselben in die Hand zu legen gekommen war. Dann trat er in sein Gemach zurück, wo er Bourbon und Del Guasto in einem aufgeregten Gespräche fand, wohl über den Kanzler, denn sie deuteten mit den Blicken in der Richtung der Turmgemächer. Der Feldherr lächelte. "Herrschaften", sagte er, "Ihr habet heute morgen eine wunderbare Rede belauscht und--noch wunderbarer--diese Rede hat mich nicht verführt, aber Euch, meine Zeugen. Meine Treue blieb fest, und die Eurige wurde erschüttert, wie ich glaube: ein Triumph, den der Kanzler nicht beabsichtigte, der ihm aber schmeicheln darf." Jetzt wendete er sich mit veränderter Miene gegen Del Guasto: "Don Juan, ich sah Eure Augen habgierig nach Beute flammen. Danket es mir, daß ich Euch nicht zu Worte kommen und Euern Herrn, den Kaiser, verraten ließ.$ eten Händen: "Ich tue Buße für mich und Euch und Italien. Für dieses seiner stolzen Frevel und ungewöhnlichen Sünden wegen, an denen es zugrunde gehen wird, da Ihr der einzige waret, der es retten konnte. Für mich, weil ich gekommen bin, Euch in Versuchung zu führen. Für Euch, da Ihr diese Erde verlassenß wollet. Ich habe gebetet für Euer unvergängliches Teil, aber der Himmel"--sie schüttelte traurig das Haupt--"hat mich noch nicht erhört." Er zog sie auf die Bank der Fensterbrüstung und nahm sie bei der Hand, wie der Bruder die Schwester. Eine Lust, sich hinzugeben, überkam ihn, sei es, weil das Geheimnis zwischen ihm und seinem Weibe weggenommen war, oder in dem unbewußten Wunsche, das letzte Beisammensein zu verlängern. "Kleingläubige", begann er heiter, "überlasse mich meinem dunkeln Beschützer! Als ein Knabe glaubte ich mit der Mutter, die eine Heilige war, an das, was die Kirche verheißt; jetzt sehe ich rings das Fluten der Ewigkeit. Der Todesengel war mir nahe, schon in meiner ersten Schlacht, d$ r mit Karthago auf Grund der Abtretung dieser Inseln Friede geschlossen, oder, wenn dies misslang oder nicht genuegte, der zweite Akt des Krieges nach Afrika verlegt werden. Oder man konnte die Inseln vernachlaessigen und sich gleich mit aller Macht auf Afrika werfen, nicht in Agathokles' abenteuernder Art die Schiffe hinter sich verbrennend und alles setzend auf den Sieg eines verzweifelten Haufens, sondern durch eine starke Flotte die Verbindungen der afrikanischen Invasionsarmee mit Italien deckend; in diesem Falle liess sich entweder von der Bestuerzung der Feinde nach den ersten Erfolgen ein maessiger Friede erwarten oder, wenn man wollte, mit aeusserster Gewalt den Feind zu vollstaendiger Ergebung noetigen. Man waehlte zunaechst den ersten Operationsplan. Im Jahre nach der Schlacht von Mylae (495 259) erstuermte der Konsul Lucius Scipio den Hafen Aleria auf Korsika - wir besitzen noch den Grabstein des Feldherrn, der dieser Tat gedenkt - und machte aus Korsika eine Seestaion gegen Sardinien.$ istandes empfangen hatten. Nach Katalonien gelangt man zu Schiff von Italien nicht viel weniger rasch wie von Cartagena zu Lande; wenn nach der inzwischen erfolgten foermlichen Kriegserklaerung die Roemer wie die Phoeniker im April aufbrachen, konnte Hannibal den roemischenü Legionen an der Ebrolinie begegnen. Allerdings wurde denn auch der groessere Teil des Heeres und der Flotte fuer den Zug nach Afrika verfuegbar gemacht und der zweite Konsul Publius Cornelius Scipio an den Ebro beordert; allein er nahm sich Zeit, und als am Po ein Aufstand ausbrach, liess er das zur Einschiffung bereitstehende Heer dort verwenden und bildete fuer die spanische Expedition neue Legionen. So fand Hannibal am Ebro zwar den heftigsten Widerstand, aber nur von den Eingeborenen; mit diesen ward er, dem unter den obwaltenden Umstaenden die Zeit noch kostbarer war als das Blut seiner Leute, mit Verlust des vierten Teiles seiner Armee in einigen Monaten fertig und erreichte die Linie der Pyrenaeen. Dass durch jene Zoeg$ en sich nachzufuehren, so konnten bei einem Heere, das immer noch trotz starker Verluste gegen 50000 Mann zaehlte, diese doch notwendig nur fuer einige Tage ausreichen. Abgesehen von dem Kuestenweg, den Hannibal nicht einschlug, nicht weil die Roemer ihn sperrten, sondern weil er ihn von seinem Ziel abgefuehrt haben wuerde, fuehrten in alter Zeit ^3 von Gallien nach Italien nur zwei namhafte Alpenuebergaenge: der Pass ueber die Kottische Alpe (Mont Genevre) in das Gebiet der Tauriner (ueber Susa oder Fenestrelles nach Turin) und der ueber die Graische (Kleiner St. Bernhard) in das der Salasser (nach Aosta und Ivrea). Der erstere Weg ist der kuerzere; allein von da an, wo er das Rhonetal verlaesst, fuehrt er in den unwegsamen und unfruchtbaren Flusstaelern des Drak, der Romanche und der oberen Durance durch ein schwieriges und armes Bergland und erfordert einen mindestens sieben- bis achttaegigen Gebiérgsmarsch; eine Heerstrasse hat erst Pompeius hier angelegt, um zwischen der dies- und der jensei$ sein Lager gefuehrt, dass deren Zahl nach der Versicherung nuechterner Geschichtschreiber die der Legionarier ueberstieg. Zum Teil hierauf gruendete Hannibal seinen Plan. Weit entfernt, ihn anzugreifen, marschierte er an ihm vorbei und liess durch die Kelten, die das Pluendern gruendlich verstanden, und die zahlreiche Reiterei die Landschaft rings umher brandschatzen. Die Klagen und die Erbitterung der Menge, die sich musste auspluendern lassen unter den Augen des Helden, der sie zu bereichern versprochen; das Bezeigen des Feindes, dass er ihm weder die Macht noch den Entschluss zutraue, vor der Ankunft seines Kollegen etwas zu unternehmen, mussten einen solchen Mann bestimmen, sein strategisches Genie zu entwickeln und dem unbesonnenen hochmuetigen Feind eine derbe Lektion zu erteilen. Nie ist ein Plan vollstaendiger gelungen. Eilig folgte der Konsul dem Marscó des Feindes, der an Arezzo vorueber langsam durch das reiche Chianatal gegen Perugia zog; er erreichte ihn in der Gegend von Cortona, wo $ rdentlichen Verhaeltnissen angesonnen werden konnte und, wenn einmal eine derartige Expedition notwendig war, alles dafuer sprach, sie sogleich und mit dem einmal in Asien stehenden siegreichen Heere auszufuehren. So wurde, ohne Zwifel unter dem Einfluss des Flamininus und seiner Gesinnungsgenossen im Senat, im Fruehjahr 565 (189) der Feldzug in das innere Kleinasien unternommen. Der Konsul brach von Ephesos auf, brandschatzte die Staedte und Fuersten am oberen Maeander und in Pamphylien ohne Mass und wandte sich darauf nordwaerts gegen die Kelten. Der westliche Kanton derselben, die Tolistoager, hatte sich auf den Berg Olympos, der mittlere, die Tectosagen, auf den Berg Magaba mit Hab und Gut zurueckgezogen, in der Hoffnung, dass sie sich hier wuerden verteidigen koennen, bis der Winter die Fremden zum Abzug zwaenge. Allein die Geschosse der roemischen Schleuderer und Schuetzen, die gegen die damit unbekannten Kelten so oft den Ausschlag gaben, fast wie in neuerer Zeit das Feuergewehr gegen die $ wurden (566 188). Ueber alle diese Wirtschaft ward dann zuletzt von allen Seiten der roemische Senat zum Schiedsspruch aufgefordert - eine Belaestigung, die die gerechte Strafe fuer die befolgte sentimentale Politik war. Weit entfernt, sich zu viel in diese Angelegenheiten zu mischen, ertrug der Senat nicht bloss die Nadelstiche der achaeischen Gesinnungstuechtigkeit mit musterhafter Indifferenz, sondern liess selbst die aergsten Dinge mit straeflicher Gleichgueltigkeit geschehen. Man freute sich herzlich in Achaia, als nach jener Restauration die Nachricht von Rom einlief, dass der Senat darueber zwar gescholten, aber nichts kassiert habe. Fuer die Lakedaemonier geschah von Rom aus nichts, als dass der Senat, empoert ueber den von den AcÖaeern verfuegten Justizmord von beilaeufig sechzig bis achtzig Spartanern, der Tagsatzung die Kriminaljustiz ueber die Spartaner nahm - freilich ein empoerender Eingriff in die inneren Angelegenheiten eines unabhaengigen Staates! Die roemischen Staatsmaenner ku$ tterzenturien nicht bloss ein gesondertes, sondern auch das tonangebende Stimmrecht erwarb. ----------------------------------------------------------------- ^4 Die gangbare Annahme, wonach die sechs Adelszenturien allein 1200 die gesamte Reiterei also 3600 Pferde gezaehlt haben soll, ist nicht haltbar. Die Zahl der Ritter nach der Anzahl der von den Annalisten aufgefuehrten Verdoppelungen zu bestimmen, ist ein methodischer Fehler; jede ìdieser Erzaehlungen ist vielmehr fuer sich entstanden und zu erklaeren. Bezeugt aber ist weder die erste Zahl, die nur in der selbst von den Verfechtern dieser Meinung als verschrieben anerkannten Stelle Ciceros (rep. 2, 20), noch die zweite, die ueberhaupt nirgend bei den Alten erscheint. Dagegen spricht fuer die im Text vorgetragene Annahme einmal und vor allem die nicht durch Zeugnisse, sondern durch die Institutionen selbst angezeigte Zahl; denn es ist gewiss, dass die Zenturie 100 Mann zaehlt und es urspruenglich drei, dann sechs, endlich seit der Servianisch$ zen abzugeben, die entweder an sich oder doch verglichen mit den italischen Schleuderpreise waren. Schon in den Jahren 551-554 (203-200) und, wie es scheint, zunaechst auf Veranstaltung Scipios, wurde in Rom der preussische Scheffel (sechs Modii) spanischen und afrikanischen Weizens von Gemeinde wegen an die Buerger zu 24, ja zu 12 Assen (17-8« Groschen) abgegeben; einige Jahre nachher (558 196) kamen ueber 160000 Scheffel sizilischen Getreides zu dem letzteren Spottpreis in de Hauptstadt zur Verteilung. Umsonst eiferte Cato gegen diese kurzsichtige Politik; die beginnende Demagogie mischte sich hinein, und diese ausserordentlichen, aber vermutlich sehr haeufigen Austeilungen von Korn unter dem Marktpreis durch die Regierung oder einzelne Beamte, sind der Keim der spaeteren Getreidegesetze geworden. Aber auch wenn das ueberseeische Korn nicht auf diesem ausserordentlichen Wege an die Konsumenten gelangte, drueckte es auf den italischen Ackerbau. Nicht bloss wurden die Getreidemassen, die der Staa$ Weggeben ohne Entgelt eine Verschleuderung findet; das Geben von Geschenken und Vermaechtnissen, die Uebernahme von Buergschaften wurden in dieser Zeit durch Buergerschaftsschluss beschraenkt, die Erbschaften, wenn sie nicht an die naechsten Verwandten fielen, wenigstens besteuert. Im engsten Zusammenhang damit durchdrang die kaufmaennische Puenktlichkeit, Ehrlichkeit und Respktabilitaet das ganze roemische Leben. Buch ueber seine Ausgabe und Einnahme zu fuehren, ist jeder ordentliche Mann sittlich verpflichtet - wie es denn auch in jedem wohleingerichteten Hause ein besonderes Rechnungszimmer (tablinum) gab -, und jeder traegt Sorge, dass er nicht ohne letzten Willen aus der Welt scheide; es gehoerte zu den drei Dingen, die Cato in seinem Leben bereut zu haben bekennt, dass er einen Tag ohne Testament gewesen sei. Die gerichtliche Beweiskraft, ungefaehr wie wir sie den kaufmaennischen Buechern beizulegen pflegen, kam nach roemischer Uebung jenen Hausbuechern durchgaengig zu. Das Wort des unbesch$ Trompeten, die blasen, als ob die Himmelskönigin zum zweiten Mal ihre Auferstehung feierte! Und ich hatt' ihm alles so deutlich angegeben! Aber, das muß immer scharwenzeln, immer, es wär' kein Wunder, wenn man's am Ende gar vergäße, daß man von der Erde genommen ist und wieder zur Erde werden soll, und es scheint doch vielen zu gefallen, sonst würden's diese Leute ja wohl nicht bei jedermann versuchen! Sechste Szene Der Kanzler Preising (tritt ein). Ernst. Schon da, Preising? Gut! Wißt Ihr was? Wir wollen von het an immer eine Stunde früher anfangen! Niemand weiß, ob er nicht Feierabend machen muß, ehe er müde ist! Wieviel hatte die Herzogin noch vor, nun liegt sie da! Was bringt Ihr? Preising. Zuvörderst! Die Klagen über den Wucher der Juden mehren Ernst. Man soll sich so einrichten, daß man die Juden nicht braucht! Wer nicht von ihnen borgt, wird nicht arm durch sie, und ob sie funfzig vom Hundert nehmen! Preising. Es ist der Juden selbst wegen, daß ich darauf zurückkomme. In Nürnberg schlägt m$ Ihr sollt aber! Albrecht. So muß ich schon tun, was ich noch nie tat! (Er wendet ihm den Rücken.) Wem gehört denn das rote Gesicht? Das ist ein Degenberg, und an dem fehlt's noch! (Stürzt fort.) Theobald. Alles soll sterben, alles, Freund und Feind! (Er wirft sich seinm eignen Trupp entgegen, der Albrecht folgen will.) Wohin? Halt! (Er wird durchbohrt.) So! Nun ist's genug! (Fällt und stirbt. Nothhafft von Wernberg (tritt auf). Sieg! Sieg! Wo ist der Herzog? Albrecht, sie laufen vor uns, als ob wir mehr als Menschen wären! Albrecht. Aber sie sollen liegen! Ich will die Donau, die sie erstickt hat, mit Leichen wieder ersticken! Nothhafft von Wernberg. Der im Bart wirft sich auf Straubing, Ihr sollt's betrachten, als ob er's schon hätte! Albrecht. Daß er mir den Richter bloß fängt, und ihm kein Leid zufügt! In dessen Blut will ich mir den letzten Rausch trinken! Rolf von Frauenhoven (tritt auf). Hurra! Hurra! Nun ist's aus! Wir haben ihn! (Zu Albrecht, wie er ihn bemerkt.) Wir haben E$ bald gelöst.--Ich sollt' es machen, Wie meine Mädchen, die zum Zeitvertreib Auf alle Töne horchen und sich streiten, Von welchem Vogel jeder kommt, und ob Der rot ist oder grün.--Welch ein Geräusch! Ist Karna da mit ihm? Still, alles still. Es war wohl nichts.--Wie hab ich mich verändert! Wann fragt' ich sonst den Schall nach dem Woher, Mich schreckte nichts, mich schreckte nicht einmal Des Feuers Glut, und wenn sie noch so rot Am Himmel aufstieg und sich noch so drohend Verbreitete: ich wußte, daß ein Kreis Von treuen Wächtern, unsichtbar um mich Herum gereiht, des Königs Lieblingstochter Mit Blut und Leben schirmte. Jetzt--ein Schritt! Sie sind's! Ja, Karna ist so klug, als tapfer; Das hört' ich stets, und heute s-oll ich's sehn. Noch nicht! Vielleicht auch gar nicht! Nein, Ihr Götter, So grausam werdet Ihr nicht sein. Ich will Ja nicht, daß Ihr die Hand mir reichen sollt, Um mich am Rand des Abgrunds festzuhalten, Ich will nur sehn, wer mich hinunterstößt. Je mehr ich sinne, um so weniger Begreif ich mein$ n man ihr einmal Blut zu trinken gibt. Das glaub ich auch! Nicht wahr? Es bliee alles, Wie jetzt, ich meine, was mich selbst betrifft, Denn das ist unser Sklaven-Glück, daß uns Ein roter Mond am Himmel wenig kümmert, Und daß wir ruhiger, wie gier'ge Hunde, Die einen Bissen zu erschnappen hoffen, Dem Opfer zusehn und nicht ängstlich fragen, Ob's Gutes oder Böses prophezeit. Was willst du sagen, Greis? Dein Vater hatte Mich immer um sich, einerlei, ob er Zum Schmausen ging, ob er zu Felde zog, Ich durfte ihm nicht fehlen, heute reicht' ich Den Becher ihm und morgen Schild und Speer. Auch ordnete ich ihm den Scheiterhaufen Und sammelte mit meinen steifen Fingern Die weiße Asche in den braunen Krug. Er hatt' es so bestellt. Warum denn wohl? Die Traube wird schon rot. Du bist ihm ähnlich, Vielleicht--ich sah dich nie das Schwert noch ziehn, Er zog es oft und gern, zuweilen auch Ganz ohne Grund, ich geb es zu, jawohl, Und doch war's gut,--vielleicht gar völlig gleich. Drum wüns$ lügste, der noch Jüngling ist. Nun, meine Sinne, denk ich, hab ich noch: So hör auf mich. Kandaules. Ich tu es ja. Und quäle Mich nicht um Gründe, glaube nicht, daß ich Gleich Unrecht habe, wenn ich auch verstumme, Weil ein Warum von soundso viel Drachmen Mir fehlt, wenn du mein Wort zu wägen denkst. Du kannst ja auch die Vögel, die nicht fliegen, Wie dir's gefällt, wenn sie dein Seher fragt, Durch einen einz'gen Schuß von deinem Bogen Zerstreun, und mancher hat's im Zorn getan. Doch kommt das Unglück darum weniger, Das sie Qerkündeten? So sprich denn nicht: Was willst du? Er ist tapfer, brav und treu! Ich weiß es selbst und will's sogar beschwören, Allein ich warne dich nur um so mehr: Nimm dich in acht vor Gyges! Kandaules (lacht). Dacht' ich's doch! Ich sag's dir noch einmal: nimm dich in acht! Versteh mich aber recht. Ich sage auch: Er wird dir nimmer nach der Krone greifen, Er wird dich mit dem letzten Tropfen Bluts Verteidigen, und dennoch ist er dir$ n Handwerk, man ist auf dergleichen gefaßt, mein persönlicher Rückzug war gedeckt. Ich ließ nichts zurück als alle meine Schulden, meine Reputation und meinen halben Daumen. Meine selige Frau, welcher der Rock am Leibe brannte, riß mich in die Gondel ihres Bruders, eines Schiffers, und der brachte mich an einen Zufluchtsort, worauf wir am folgenden Morgen die Stadt verließen. Als wir das Gebirg erreichten, nahten wir uns auf Abwegen einer Kapelle, bei welcher ich mit meinem liebsten Gesellen Martino verabredet hatte, wieder zusammenzutreffen, wenn wir durch irgendein Unglück auseinander gesprengt werden sollten. Mein gutes Weib hatte ein Stück von einer Wachsfackel, die bei der Leiche unsers seligen Töchterleins gebrannt hatte, in der Tasche und pflegØe, wenn sie nähte, ihren Zwirn damit zu wichsen; aus diesem Wachs hatte sie während unseres Weges die Figur eines Daumens geknetet und hängte dieselbe, nebst einem Rosenkranz von roten und schwarzen Beeren, den sie auch sehr artig eingefädelt hatte, dem klein$ ihr Mieder aufzuschnüren, wobei sie uns den Rücken kehrte; es sah aus, als werfe sie Kußhändchen aus, wenn sie die Nestel zog; nun aber schlüpfte sie in die Küche und trat in wenigen Minuten wieder herein in einem schneeweißen Röckchen und einem Mieder von rotem venetianischen Samt. So stand sie mitten auf der Decke und betrachtete ihren Staat mit kindischem Wohlgefallen; der Donner rollte heftiger, Martino wachte auf, Mitidika faßte den Teppich mit beiden Händen über die Schultern, stieß mit dem Fuß die Kie%nfackel aus, wickelte sich schnell ein wie eine Schmetterlingslarve, ein heller Blitz erleuchtete die Kammer, sie schoß wie eine Schlange an die Erde nieder und krümmte sich zusammen. Martino hatte sie im Leuchten des Blitzes noch gesehen, aber er wußte nicht, was es war; er sprach: "Meister, saht Ihr etwas?" Ich war aber so erstaunt, daß ich stumm blieb; da sprach er: "Mitidika, schläfst du?", aber sie schwieg; Martino drehte sich um und schlief auch wieder. Meine Gedanken über das, was ich gesehen, $ r frueher gehegten Besorgnisse zu ueberzeugen. Die antiroemische Partei beschuldigte ihn, dass er sich dazu hergebe, das Land fuer die Roemer zu hueten und jede Beleidigung und Erpressung von ihnen sich gefallen lasse; indes konnte er, des roemischen Schutzes sicher, in die syrischen, kappadokischen und bithynischen Thronstreitigkeiten entscheidend eingreifen. Auch aus dem gefaehrlichen bithynischen Krieg, den Koenig Prusias II., der Jaeger genannt (572 ? - 605 182-149), ein Regent, der alle barbarischen und alle zivilisierten Laster in sich vereinigte, gegen ihn begann, rettete ihn die roemische Intervention - freilich erst, nachdem er selbst in seiner Hauptstadt belagert und eine erste Mahnung der Roemer von Prusias unbefolgt gelassen, ja verhoehnt worden war (598-600 156-154). Allein mit der Thronbezeigung seines Muendels Attalos III. Philometor (616-621 133-133) trat an die Stelle des friedlichen und maessigen Buergerkoenigtums ein asiatischesÑSultanregiment, unter dem es zum Beispiel vorkam,$ r Aufstaendischen, deren Zahl nach den maessigsten Angaben sich auf 70000 Waffenfaehige belaufen haben soll; die Roemer sahen sich genoetigt, drei Jahre nacheinander (620-622 134-132) Konsuln und konsularische Heere nach Sizilien abzusenden, bis nach manchen unentschiedenen, ja zum Teil ungluecklichen Gefechten endlich mit der Einnahme von Tauromenion und von Enna der Aufstand ueberwaeltigt war. Vor der letzteren Stadt, in die sich die entschlossenste Mannschaft der Insurgenten geworfen hatte, um sich in dieser unbezwinglichen Stellung zu verteidigen, wie sich Maenner verteidigen, die an Rettung wie an Begnadigung verzweifeln, lagerten die Konsuln Lucius Calpurnius Piso und Publius Rupilius zwei Jahre hindurch und bezwangen sie + endlich mehr durch den Hunger als durch die Waffen 4. ------------------------------------------------- 4 Noch jetzt finden sich vor Castrogiovanni, da, wo der Aufgang am wenigsten jaeh ist, nicht selten roemische Schleuderkugeln mit dem Namen des Konsuls von 621 (133): L.$ rn Stiefmutter, ihr habt zu schweigen! Und da sie noch lauter tobten: ihr meint doch nicht, dass ich die losgebunden fuerchten werde, die ich in Ketten auf den Sklavenmarkt geschickt Dass man der verrosteten Maschine der Komitien sich fuer die Wahlen und fuer die Gesetzgebung bediente, war schon uebel genug. Aber wenn man diesen Massen, zunaechst den Komitien und faktisch auch den Kontionen, Eingriffe in die Verwaltung gestattete und dem Senat das Werkzeug zur Verhuetung solcher Eingriffe aus den Haenden wand; wenn man gar diese sogenannte Buergerschaft aus dem gemeinen Saeckel sich selber Aecker samt Zubehoer dekretieren liess; wenn man einem jeden, Ndem die Verhaeltnisse und sein Einfluss beim Proletariat die Gelegenheit gab, die Gassen auf einige Stunden zu beherrschen, die Moeglichkeit eroeffnete, seinen Projekten den legalen Stempel des souveraenen Volkswillens aufzudruecken, so war man nicht am Anfang, sondern am Ende der Volksfreiheit, nicht bei der Demokratie angelangt, sondern bei der Mo$ oniens Sextus Pompeius bei Argos (unweit Stobi am oberen Axios oder Vardar) in einer diesen Kelten gelieferten Schlacht; und nachdem dessen Quaestor Marcus Annius mit seinen Truppen herbeigekommen und der Feinde einigermassen Herr geworden war, brachen bald darauf dieselben Kelten in Verbindung mit dem Koenig der Maeder (am oberen Strymon) Tipas in noch groesseren Massen abermals ein, und mit Muehe erwehrten sich die Roemer der andringenden Barbaren 8. Die Dinge nahmen bÍld eine so drohende Gestalt an, dass es noetig wurde, konsularische Heere nach Makedonien zu entsenden 9. Wenige Jahre darauf wurde der Konsul des Jahres 640 (114), Gaius Porcius Cato, in den serbischen Gebirgen von denselben Skordiskern ueberfallen und sein Heer vollstaendig aufgerieben, waehrend er selbst mit wenigen schimpflich entfloh; muehsam schirmte der Praetor Marcus Didius die roemische Grenze. Gluecklicher fochten seine Nachfolger Gaius Metellus Caprarius (641, 642 113, 112), Marcus Livius Drusus (642, 643 112, 111), de$ sung Roms schlechterdings unvertraeglich war. Namentlich in dem roemischen Militaerwesen, dessen im Afrikanischen Krieg begonnene Umgestaltung aus einer Buergerwehr in eine Soeldnerschar Marius waehrend seines fuenfjaehrigen, durch die Not der Zeit mehr noch als durch die Klauseln seiner Bestallung unumschraenkten Oberkommandos fortsetzte und vollendete, sind die tiefen Spuren dieser inkonstitutionellen Oberfeldherrnschaft des ersten demokratischen Generals fuer alle Zeit sichtbar Der neue Oberfeldherr Gaius Marius erschien im Jahre 650 (164) jenseits der Alpen, gefolgt von einer Anzahl erprobter Offiziere, unter denen der kuehne Faenger des Jugurtha, Lucius Sulla, bald sich abermals hervortat, und von zahlreichen Scharen italischer und bundesgenoessischer Soldaten. Zunaechst fand er den Feind, gegen den er geschickt war, nicht vor. Die wunderlichen Leute, die bei Arausio gesiegt hatten, waren inzwischen, wie schon gesagt ward, nachdem sie die Landschaft westlich der Rhone ausgeraubt h.tten, uebe$ uendigung der nur zu ernst gemeinten Drohungen warf den Funken in den seit Jahrhunderten aufgehaeuften Zunder des erbitterten Hasses; die roemischen Beamten wurden im Theater selbst von der Menge zerrissen und sofort, gleich als gelte es, durch einen furchtbaren Frevel jede Bruecke der Versoehnung abzubrechen, die Tore auf Befehl der Obrigkeit geschlossen, die saemtlichen in Asculum verweilenden Roemer niedergemacht und ihre Habe gepluendert. Wie die Flamme durch die Steppe lief die Empoerung durch die Halbinsel. Voran ging das tapfere und zahlreiche Volk der Marser in Verbindung mit den kleinen, aber kernigen Eidgenossenschaften in den Abruzzen, den Paelignern, Marrucinern, Frentanern und Vestinern; der schon genannte tapfere und kluge Quintus Silo warù hier die Seele der Bewegung. Von den Marsern wurde zuerst den Roemern foermlich abgesagt, wonach spaeterhin dem Krieg der Name des marsischen blieb. Dem gegebenen Beispiel folgten die samnitischen und ueberhaupt die Masse der Gemeinden vom Liris $ in sich schloss, hier aber - aehnlich wie bei den spaeteren Freigelassenen latinischen und deditizischen Rechts (vgl. 3, 258 A.) - ohne ein solches eigenes Stadtrecht auftrat. Die Folge war, das diese Latiner die an die Stadtverfassung geknuepften Privilegien entbehrten, genau genommen auch nicht testieren konnten, da niemand anders ein Testament errichten kann als nach dem Recht seiner Stadt; wohl aber konnten sie aus roemischen Testamenten erwerben und unter Lebenden unter sich wie mit Roemern oder Latinern in den Formen des roemischen Rechts ----------------------------------------------- Diese Anordnungen ueber das italische Bodeneigentum stellten teils diejenigen roemischen Domaniallaendereien, welche den ehemaligen Bundesgenossengemeinden zur Nutzniessung uebertragen waren und jetzt mit deren Aufloesung an die roemische Regierung zurueckfielen, teils die eingezogenen Feldmarken der straffaelligen Gemeinden zur Verfuegung des Regenten; und er benutzte sie, um darauf die Soldaten der siegrei$ das ueber die italisch-griechische Welt zu bringen die germanischen Staemme und die asiatischen Horden bestimmt waren und dessen etztes dumpfes Rollen fast noch bis in unsere Gegenwart hineinreicht. Aber auch in der inneren Entwicklung traegt diese Epoche denselben Charakter. Die alte Ordnung stuerzt unwiederbringlich zusammen. Das roemische Gemeinwesen war angelegt als eine Stadtgemeinde, welche durch ihre freie Buergerschaft sich selber die Herren und die Gesetze gab, welche von diesen wohlberatenen Herren innerhalb dieser gesetzlichen Schranken mit koeniglicher Freiheit geleitet ward, um welche teils die italische Eidgenossenschaft als ein Inbegriff freier, der roemischen wesentlich gleichartiger und stammverwandter Stadtgemeinden, teils die ausseritalische Bundesgenossenschaft als ein Inbegriff griechischer Freistaedte und barbarischer Voelker und Herrschaften, beide von der Gemeinde Rom mehr bevormundet als beherrscht, in zweifachem Kreise sich schlossen. Es war das letzte Ergebnis der Revo$ oerder zu tun. Nach Sertorius' Tode machte Perpenna als der hoechste unter den roemischen Offizieren der spanischen Armee Ansprueche auf den Oberbefehl. Man fuegte sich, aber misstrauend und widerstrebend. Wie man auch gegen Sertorius bei seinen Lebzeiten gemurrt hatte, der Tod setzte den Helden wieder in sein Recht ein, und gewaltig brauste der Unwille der Soldaten auf, als bei der Publikation seines Testaments unter den Namen der Erben auch der des Perpenna verlesen ward. Ein Teil der Soldaten, namentlich die lusitanischen, verliefen sich; die zurueckgebliebenen beschlich die Ahnung, dass mit Sertorius' Tode der Geist und das Glueck von ihnen gewichen sei. Bei de> ersten Begegnung mit Pompeius wurden denn auch die elend gefuehrten und mutlosen Insurgentenhaufen vollstaendig zersprengt und unter anderen Offizieren auch Perpenna gefangen eingebracht. Durch die Auslieferung der Korrespondenz des Sertorius, die zahlreiche angesehene Maenner in Italien kompromittiert haben wuerde, suchte der Elende $ grosse Wahrscheinlichkeit ist dafuer, dass Crassus und Caesar den Plan entworfen hatten, sich waehrend Pompeius' Abwesenheit der Militaerdiktatur zu bemaechtigen; dass Aegypten zur Basis dieser demokratischen Militaermacht ausersehen war; dass endlich der Insurrektionsversuch von 689 (65) angezettelt worden ist, um diese Entwuerfe zu realisieren und Catilina und Piso also Werkzeuge in den Haenden von Crassus und Caesar gewesen sind. --------------------------------------------- ^2 Plut. Crass. 13; Cic. leg. agr. 2, 17, 44. In dies Jahr (689 65) gehoert Ciceros Rede De rege Alexandrino, die man unrichtig in das Jahr 698 (56) gesetzt hat. Cicero widerlegt darin, wie die Fragmente deutlich zeigen, Crassus' Behauptung, dass durch das Testamen–t des Koenigs Alexandros Aegypten roemisches Eigentum geworden sei. Diese Rechtsfrage konnte und musste im Jahre 689 (65) diskutiert werden; im Jahre 698 (56) aber war sie durch das Julische Gesetz von 695 (59) bedeutungslos geworden. Auch handelte es sich im Ja$ e Haufen, sich wieder zu zerstreuen, worauf der Senat die gegen ihn verhaengte Strafe zuruecknahm. Nepos selbst hatte sogleich nach seiner Suspension die Stadt verlassen und sich nach Asien eingeschifft, um Pompeius von dem Erfolg seiner Sendung Bericht zu erstatten. Pompeius hatte alle Ursache, mit der Wendung der Dinge zufrieden zu sein. Der Weg zum Thron ging nun einmal notwendig durch ãden Buergerkrieg; und diesen mit gutem Fug beginnen zu koennen dankte er Catos unverbesserlicher Verkehrtheit. Nach der rechtswidrigen Verurteilung der Anhaenger Catilinas, nach den unerhoerten Gewaltsamkeiten gegen den Volkstribun Metellus konnte Pompeius ihn fuehren zugleich als Verfechter der beiden Palladien der roemischen Gemeindefreiheit, des Berufungsrechts und der Unverletzlichkeit des Volkstribunats, gegen die Aristokratie und als Vorkaempfer der Ordnungspartei gegen die Catilinarische Bande. Es schien fast unmoeglich, dass Pompeius dies unterlassen und mit sehenden Augen sich zum zweitenmal in die pein$ Natur der Sache sowie Caesars ausdrueckliche Anïabe. Die genauere Bestimmung der Oertlichkeit ist oft versucht worden, aber nicht gelungen. Ueberliefert ist nur, dass bei der ersten Fahrt die Infanterie in dem einen, die Reiterei in einem anderen, von jenem 8 Milien in oestlicher Richtung entfernten Hafen sich einschiffte (Gall. 4, 22, 23, 28) und dass die zweite Fahrt aus demjenigen von diesen beiden Haefen, den Caesar am bequemsten gefunden, dem (sonst nicht weiter genannten) Irischen, von der britannischen Kueste 30 (so nach Caesars Handschriften 5, 2) oder 40 (= 320 Stadien, nach Strab. 4, 5, 2, der unzweifelhaft aus Caesar schoepfte) Milien entfernten abging. Aus Caesars Worten (Gall. 4, 21), dass er "die kuerzeste Ueberfahrt" gewaehlt habe, kann man verstaendigerweise wohl folgern, dass er nicht durch den Kanal, sondern durch den Pas de Calais, aber keineswegs, dass er durch diesen auf der mathematisch kuerzesten Linie fuhr. Es gehoert der Inspirationsglaube der Lokaltopographen dazu, um m$ n. Auch die unruhigen Voelker, die den illyrischen Kuestenstrich innehatten, machten ihren roemischen Herren bestaendig zu schaffen. Die Dalmater, schon frueher das ansehnlichste Volk dieser Gegend, vergroesserten durch Aufnahme der Nachbarn in ihren Verband sich so ansehnlich, dass die Zahl ihrer Ortschaften von zwanzig auf achtzig stieg. Als sie die Stadt Promona (nicht weit vom Kerkafluss), die sie den Liburniern entrissen hatten, diesen wiederherauszugeben sich weigerten, liess Caesar nach der Pharsalischen Schlacht gegen sie marschieren; aber die Roemer zogen hierbei zunaechst den kuerzeren, und infolgedessen ward Dalmatien fuer einige Zeit ein Herd der Caesar feindlichen Partei und wurde hier den Feldherren Caesars von den Einwohnern, in Verbindung mit den Pompeianern und mit den Seeraeubern, zu Lande und zu Wasser energischer Widerstand geleistet. Makedonien endlich nebºt Epirus und Hellas war so veroedet und heruntergekommen wie kaum ein anderer Teil des Roemischen Reiches. Dyrrhachion, T$ veranlassen werde. So terrorisiert, beschloss die Majoritaet, was ihr befohlen ward: dass Caesar bis zu einem bestimmten, nicht fernen Tage das Jenseitige Gallien an Lucius Domitius Ahenobarbus, das Diesseitige an Marcus Servilius Nonianus abzugeben und das Heer zu entlassen habe, widrigenfalls er als Hochverraeter erachtet werde. Als die Tribune von Caesars Partei gegen diesen Beschluss ihres Interzessionsrechts sich bedienten, wurden sie nicht bloss, wie sie wenigstens behaupteten, in der Kurie selbst von Pompeianischen Soldaten mit den Schwertern bedroht und, um ihr Leben zu retten, in Sklavenkleidern aus der Hauptstadt zu fluechten gezwungen, sondern es behandelte auch der nun hinreichend eingeschue2hterte Senat ihr formell durchaus verfassungsmaessiges Einschreiten wie einen Revolutionsversuch, erklaerte das Vaterland in Gefahr und rief in den ueblichen Formen die gesamte Buergerschaft unter die Waffen und an die Spitze der Bewaffneten die saemtlichen verfassungstreuen Beamten (7. Januar 705$ e des Siegers gab dieser stillen Opposition erhoehte politische Bedeutung: da Caesar nun einmal des Terrorismus sich enthielt, so schienen die heimlichen Gegner ihre Abneigung gegen sein Regiment ohne viele Gefahr betaetigen zu koennen. Sehr bald machte er in dieser Beziehung merkwuerdige Erfahrungen mit dem Senat. Caesar hatte den Kampf begonnen, um den terrorisierten Senat von seinen Unterdrueckern zu befreien. Dies war geschehen; er wuenschte also von dem Senat die Billigung des Geschehenen, die Vollmacht zu weiterer Fortsetzung des Krieges zu erlangen. Zu diesem Zwecke beriefen, als Caesar vor der Hauptstadt erschin (Ende Maerz), die Volkstribune seiner Partei ihm den Senat (1. April). Die Versammlung war ziemlich zahlreich, aber selbst von den in Italien verbliebenen Senatoren waren doch die namhaftesten ausgeblieben, sogar der ehemalige Fuehrer der servilen Majoritaet, Marcus Cicero, und Caesars eigener Schwiegervater Lucius Piso; und was schlimmer war, auch die Erschienenen waren nicht gen$ ver. Verfuegungen durch ihn oder wenigstens unter seinem Namen zu erlassen, denn es kam freilich auch vor, dass Senatsbeschluesse ergingen, von denen selbst von den als bei der Redaktion gegenwaertig aufgefuehrten Senatoren keiner eine Ahnung hatte. Es hatte keine wesentlichen Formschwierigkeiten, den Senat wieder auf seine urspruengliche beratende Stellung zurueckzufuehren, aus der er mehr tatsaechlich als rechtlich herausgetreten war; dagegen war es hier notwendig, sich vor praktischem Widerstand zu schuetzen, da der roemische Senat ebenso der Herd der Opposition gegen Caesar war wie der attische Areopag derjenige gegen Perikles. Hauptsaechlich aus diesem Grunde wurde die Zahl der Senatoren, die bisher hoechstens sechshundert im Normalbesta°nd betragen hatte und durch die letzten Krisen stark zusammengeschwunden war, durch ausserordentliche Ergaenzung bis auf neunhundert gebracht und zugleich, um sie mindestens auf dieser Hoehe zu halten, die Zahl der jaehrlich zu ernennenden Quaestoren, das he$ esondere Momente, zum Beispiel Bestechung oder Gewalt, schon nach dem Recht der Republik die Kassation des Geschworenenspruchs herbeifuehrten. Dagegen erhielt der Satz, dass wegen eines jeden bloss magistratischen Dekrets der dadurch Beschwerte an den Vorgesetzten des Dezernenten zu appellieren befugt sei, wahrscheinlich schon jetzt die grosse Ausdehnung, aus der die spaetere kaiserliche Appellationsinstanz hervorgegangen ist: es wurden vielleicht saemtliche rechtsprechende Magistrate, mindestens aber diepStatthalter der saemtlichen Provinzen insofern als Unterbeamte des Herrschers angesehen, dass von jedem ihrer Dekrete Berufung an denselben eingelegt werden konnte. Allerdings haben diese Neuerungen, von denen die wichtigste, die Generalisierung der Appellation, nicht einmal unbedingt zu den Besserungen gezaehlt werden kann, die Schaeden, an denen die roemische Rechtspflege daniederlag, keineswegs ausgeheilt. Der Kriminalprozess kann in keinem Sklavenstaat gesund sein, da das Verfahren gegen Skl$ , in Religion und Rechtspflege, in Muenze, Mass und Gewicht; wobei natuerlich lokale Besonderheiten mannigfaltigster Art mit wesentlicher Einigung sich vollkommen vertrugen. Ueberall kann auf diesen Gebieten nur von Anfaengen die Rede sein, da die einheitliche Durchbildung der Monarchie Caesars in der Zukunft lag und er nichts tat, als fuer den Bau von Jahrhunderten den Grund legen. Aber von den Linien, die der grosse Mann auf diesen Gebieten gezogen hat, lassen noch manche sich erkennen; und es ist erfreulicher, hier ihm nachzugehen, als in dem Truemmerbau der Nationalitaeten. Hinsichtlich der Verfassung und Verwaltung wurden bereits in einem anderen Zusammenhang die wichtigsten Momente der neuen Einheit hervorgehoben: der Uebergag der Souveraenitaet von dem roemischen Gemeinderat auf den Alleinherrscher der Mittelmeermonarchie; die Umwandlung jenes Gemeinderats in einen hoechsten, Italien wie die Provinzen repraesentierenden Reichsrat: vor allem die begonnene Uebertragung der roemischen und uebe$ einung sich wesentlich gleichgueltig; sie war allerseits als eine Institution politischer Konvenienz anerkannt und es bekuemmerte sich niemand sonderlich um sie, mit Ausnahme der politischen und antiquarischen Gelehrten. Aber gegen ihre philosophische Schwester entwickelte sich in dem unbefangenen Publikum jene Feindseligkeit, die die leere und doch auch perfide Phrasenheuchelei auf die Laenge nie verfehlt zu erwecken. Dass der Stoa selbst von ihrer eigenen Nichtigkeit eine Ahnung aufzugehen begann, beweist ihr Versuch, auf dem Wege des Synkretismus sich wieder einigen Geist kuenstlich einzufloessen: Antiochos von Askalon (blueht 675 79), der mit dem stoischen System das platonisch-aristotelische zu einer organischen Einheit zusammengeklittert zu haben behauptete, brachte es in der Taït dahin, dass seine missgeschaffene Doktrin die Modephilosophie der Konservativen seiner Zeit und von den vornehmen Dilettanten und Literaten Roms gewissenhaft studiert ward. Wer irgend in geistiger Frische sich reg$ diesen griechischen Spielen Musik und Tanz, und die Texte moegen fuer sie wenig mehr bedeutet haben als heutzutage die der italienischen Oper fuer die Londoner und Pariser. Jene usammengesetzten Spiele mit ihrem wuesten Potpourri eigneten sich auch weit besser fuer das roemische Publikum und namentlich fuer die Auffuehrungen in Privathaeusern als eigentlich szenische Auffuehrungen in griechischer Sprache; dass auch die letzteren in Rom vorgekommen sind, laesst sich nicht widerlegen, aber auch nicht beweisen. ------------------------------------------- Indes gegen das Ende dieser Periode zeigen mit der beginnenden Monarchie sich auch in der Kunst die Anfaenge einer besseren Zeit. Welchen gewaltigen Aufschwung das hauptstaedtische Bauwesen durch Caesar nahm und das Reichsbauwesen nehmen sollte, ist frueher erzaehlt worden. Sogar im Stempelschnitt der Muenzen erscheint um das Jahr 700 (54) eine bemerkenswerte Aenderung: das bis dahin groesstenteils rohe und nachlaessige Gepraege wird seitdem feiner $ sic irretiti erant, cogebantur manere, etiamsi quidam beneficio canonum liberari possent. 7] Et hoc accidit magis etiam in monasteriis virginum quam monachorum, quum sexui imbecilliori magis parcendum esset. 8] Hic rigor displicuit multis bonis viris ante haec tempora, qui videbant puellas et adolescentes in monasteria detrudi propter victum. Videbant, quam infeliciter succederet hoc consiliu, quae scandala pareret, quos laqueos conscientiis iniiceret. 9] Dolebant auctoritatem canonum in re periculosissima omnino negligi et contemni. 10] Ad haec mala accedebat talis persuasio de votis, quam constat etiam olim displicuisse ipsis monachis, si qui paulo cordatiores 11] Docebant vota paria esse baptismo; docebant se hoc vitae genere mereri remissionem peccatorum et iustificationem coram Deo. 12] Imo addebant vitam monasticm non tantum iustitiam mereri coram Deo, sed amplius etiam, quia servaret non modo praecepta, sed etiam consilia evangelica. 13] Ita persuadebant monasticam professionem longe meliorem esse ba$ t den Goettern leben, und im Unverwandten Anschauen des wesentlichen und ewigen Schoenen, wovon alles Sichtbare bloss der Schatten ist, Ewigkeiten durchleben, die eben so grenzenlos sind, als die Wonne, von der sie ueberstroemet werden. Ich zweifle nicht daran, Callias, dass es Leute geben mag, bei denen die Milzsucht hoch genug gestiegen ist, dass diese Begriffe eine Art von Wahrheit fuer sie haben. Es ist auch nichts leichters, als dass junge Leute von lebhafter Empfindung und feurigen Einbildungskraft, durch eine einsame Lebensart und den Mangel solcher Gegenstaende und Freuden, worin sich dieses uebermaessÏge Feuer verzehren koennte, von diesen hochfliegenden Schimaeren eingenommen werden, welche so geschickt sind, ihre nach Vergnuegen lechzende Einbildungskraft durch eine Art von Wollust zu taeuschen, die nur desto lebhafter ist, je verworrener und dunkler die bezaubernden Phantomen sind die sie hervorbringen; allein ob diese Traeume ausser dem Gehirn ihrer Erfinder, und derjenigen, deren Einbildungskra$ hon. "Du hast es nicht erraten", sagte er; "der Charakter, den Daphne nach meiner Idee haben soll,¹ist Gleichgueltigkeit und Unschuld; sie kann beides haben, ohne eine Sproede zu sein." "Psyche verdient also desto mehr Lob", erwiderte Phaedrias (fuer den sie, wie die Geschichte meldet, noch etwas mehr als eine Taenzerin war) "weil sie den Charakter verschoenert hat, den sie vorstellen sollte. Der Streit zwischen Liebe und Ehre erfordert mehr Genie um nachgeahmt zu werden, und ist fuer den Zuschauer ruehrender, als die Gleichgueltigkeit, die ihr Callias geben will. Und zudem, wo ist die junge Nymphe, die gegen die Liebe eines so schoenen Gottes wie Apollo ist, gleichgueltig sein koennte?" "Ich bin deiner Meinung", sagte Hippias. "Daphne flieht vor dem Apollo, weil sie ein junges Maedchen ist; und weil sie ein junges Maedchen ist, so wuenscht sie heimlich, dass er sie erhaschen moege. Warum sieht sie sich so oft um, als um ihm zu verweisen, dass er nicht schneller sei? Wie er ihr so nahe ist, dass sie ni$ eit des Gegenstands gaenzlich gerechtfertiget wuerde, und so vorzueglich ihm kurz zuvor die Glueckseligkeit seines delphischen Lebens, und die unschuldigen Freuden der ersten noch unerfahrnen Liebe geschienen hatten; so unwesentlich fand er sie itzt in Vergleichung mit demjenigen, was ihn die schoene Danae in ihren Armen hatte erfahren lassen. Das blosse Andenken daran setzte sein Blut in Feuer, und seine Seele in Entzueckung; seine angestrengteste Einbildung erlag unter der Bestrebung eine vollkommnere Wonne zu erfinden. Psyche schien ihm itzt, so liebenswuerdig sie immer sein mochte, zu nichts anderm bestimmt gewesen zu sein, als die Empfindlichkeit seines Herzens zu entwickeln, um ihn faehig zu machen, die Vorzuege der unvergleichlichen Danae zu empfinden. Er schrieb es einem Rueckfall in seine ehmalige Schwaermerei zu, dass er sich durch einen Traum, welchen er mit aller seiner sonderbaren Beschaffenheit, doch fuer nichts mehr als ein Spiel der Phantasie halten konnte, in sÃo heftige Bewegungen haette s$ r Liebe und von aller seiner berauschenden Wollust trunknen Augen auf ihn geheftet sah, oder das Klopfen ihres Herzens unter seinen verirrenden Lippen fuehlte. Er endigte damit, dass er ihr aus seiner ganzen Erzaehlung begreiflich gemacht zu haben glaube, warum es, nachdem er schon so oft bald von den Menschen, bald vom Gluecke, bald von seinen eigenen Einbildungen betrogen worden, entsetzlich fuer ihn sein wuerde, wenn er jemals sich in der Hoffnung betrogen faende, so vollkommen und bestaendig von ihr geliebt zu werden, als es zu seiner Glueckseligkeit noetig sei. Er gestund ihr mit einer Offenherzigkeit, welche vielleicht nur eine Danae ertragen konnte, dass eine lebhafte Erinnerung an die Zeitenseiner ersten Liebe, zugleich mit der Vorstellung aller der seltsamen Zufaelle, Veraenderungen und Katastrophen, die er in einem Alter von fuenf und zwanzig Jahren bereits erfahren habe, ihn auf eine Reihe melancholischer Gedanken gebracht, worin er Muehe gehabt habe, seine gegenwaertige Glueckseligkeit fuer etwa$ wuerde eine ganz natuerliche Folge dieser fast alltaeglichen Erfahrungs-Wahrheit sein, dass das Boese in einer immer wachsenden Progression zunehmen, und, wenigstens in dieser sublunarischen Welt, das Gute zuletzt gaenzlich verschlingen wuerde; wenn ncht aus einer eben so gemeinen Erfahrung richtig waere, dass die Bemuehungen der Boesen, so gluecklich sie auch in der Ausfuehrung sein moegen, doch gemeiniglich ihren eigentlichen Zweck verfehlen, und das Gute durch eben die Massregeln und Raenke, wodurch es haette gehindert werden sollen, weit besser befoerdern, als wenn sie sich ganz gleichgueltig dabei verhalten haetten. ZWEITES KAPITEL Verraeterei des Hippias Unter andern Eigenschaften, welche den Charakter der Danae schaetzbar machten, war auch diese, dass sie eine vortreffliche Freundin war. So gleichgueltig sie, bis auf die Zeit da sich Agathon ihres Herzens bemeisterte, gegen den Vorwurf der Unbestaendigkeit in der Liebe auch immer gewesen war: so zuverlaessig und standhaft war sie jederzeit in der Fre$ insieht, dass er das wahre Verdienst, welches ihm verdaechtig ist, hasset, und Belohnungen an diejenigen verschwendet, die unter der Maske der eifrigsten Ergebenheit und einer gaenzlichen Aufopferung, seine gefaehrlichsten Feinde sind? Von einem Prinzen, bei dem die wichtigsten Stellen auf die Empfehlung einer Taenzerin oder der Skl}ven, die ihn aus--und ankleiden, vergeben werden? Der sich einbildet, dass ein Hofschranze, der gut tanzt, ein Nachtessen wohl anzuordnen weiss, und ein ueberwindendes Talent hat, sich bei den Weibern in Gunst zu setzen, unfehlbar auch das Talent eines Ministers oder eines Feldherrn haben werde; oder, dass man zu allem in der Welt tuechtig sei, sobald man die Gabe habe ihm zu gefallen?--Was ist von einer solchen Regierung zu erwarten, als Verachtung aller goettlichen und menschlichen Gesetze, Missbrauch der Formalitaeten der Gerechtigkeit, Gewaltsamkeiten, schlimme Haushaltung, Erpressungen, Geringschaetzung und Unterdrueckung der Tugend, allgemeine Verdorbenheit der Sitten?--Un$ um Lob der Goetter und der Tugend hoeren; und den Gaum zum Reden anzufeuchten, trank man aus kleinen Socratischen Bechern Wasser mit Wein Dionys fasste eine Art von Leidenschaft fuer den Philosophen; Plato musste immer um ihn sein, ihn aller Orten begleiten, zu allem seine Meinung sagen. Die begeisterte Imagination dieses sonderbaren Mannes, welche vermoege der natuerlichen Ansteckungs-Kraft des Enthusiasmus sich auch seinen Zuhoerern mitteilte, wuerkte so maechtig auf die Seele des Dionys, dass er ihn nie genug hoeren konnte; ganze Stunden wurden ihm kuerzer, wenn Plato sprach, als ehemals in den Armen der kunsterfahrensten Buhlerin. Alles, was der Weise sagte, war so schoen, so erhaben, so wunderbar!--erhob den Geist so weit ueber sich selbst--warf Strahlen von so goettlichem Licht in das Dunkel der Seele! In der Tat konnte es nicht anderst sein, da die gemeinsten Ideen der Philosophie fuer Dionysen den frischesten Reiz der Neuheit hatten. Und nehmen wr zu allem diesem noch, dass er das wenigste recht ver$ hdem er das Versprechen von sich gegeben hatte, dass er wieder kommen wolle, so bald der Krieg, welchen Dionys wider Carthago anzufangen im Begriff war, geendigt sein wuerde. Der Tyrann machte sich eine grosse Angelegenheit daraus, alle Welt zu ueberreden, dass sie ‡ls die besten Freunde von einander schieden; und Platons Ehrgeiz (wenn es anders erlaubt ist, eine solche Leidenschaft bei einem Philosophen vorauszusetzen) fand seine Rechnung zu gut dabei, als dass er sich haette bemuehen sollen, die Welt von dieser Meinung zuheilen. Er gehe, sagte er, nur Dion und Dionys wieder zu Freunden zu machen. Der Tyrann bezeugte sich sehr geneigt hierzu, und hob, zum Beweis seiner guten Gesinnung den Beschlag auf, den er auf die Einkuenfte Dions gelegt hatte. Plato hingegen machte sich zum Buergen fuer seinen Freund, dass er nichts widriges gegen Dionysen unternehmen sollte. Der Abschied machte eine so traurige Szene, dass die Zuschauer, (ausser den wenigen, welche das Gesicht unter der Maske kannten) von der Guther$ Willen in sich gefuehlt, ist jemals damit an einen Hof gegangen, wenn er im Sinne hatte, von dem einen oder dem andern Gebrauch zu machen?--Man muss gestehen, es ist eine ganz huebsche Sache um den Enthusiasmus--eines Lycurgus, de¯r aus einem Monarchen ein Buerger wird, um sein Vaterland gluecklicher zu machen--oder eines Leonidas, der mit dreihundert eben so entschlossenen Maennern als er selbst, sich dem Tode weiht, um eben so vielen Myriaden von Barbaren den Mut, mit Griechen zu fechten, zu benehmen. Doch so gross, so schoen diese Taten sind; so sind sie durch die Kraefte der Natur moeglich, und diejenige, welche sie unternahmen, konnten sich versprechen, dass sie ihre Absichten erreichen wuerden. Aber wenn hat man jemals gehoert, dass ein Mensch, oder ein Held, der Sohn einer Goettin, oder eines Gottes, oder ein Gott selbst, dasjenige zu Stande gebracht haette, was Agathon unternahm, da er mit der Cither in der Hand sich ueberreden liess, der Mentor eines Dionys zu werden." Auf diesen humoristischen Ein$ wenig vermehrt, dass beide gleich geneigt sind, ueber die Grenzen der Maessigung hinauszuschweifen. Der Enthusiastische Geist sieht alles in einem strengen feierlichen Licht; der Komische alles in einem milden und lachenden; nichts ist dem ersten leichter als so weit zugehen, bis ihm alles, was Spiel und Scherz heisst, verdammlich vorkommt; nichts dem andern leichter, als gerade in demjenigen, was jener mit der groessesten Ernsthaftigkeit behandelt, am meisten Stoff zum Scherzen und Lachen zu finden. Nehmen wir zu diesem noch, dass der leichtsinnige und scherzhafte Ton von jeher den Hoefen vorzueglich eigen gewesen ist--und den besondern Umstand, dass die anmasslichen Akademisten, oder Hof-Philosophen des Dionys, den einzigen Aristipp ausgenommen, eine Art von Tragikomischen Narren vorstellten, welche recht mit Fleiss dazu ausgesucht zu sein schienen, um die erhabenen Wissenschaften, fuer deren Priester und Mystagogen sie sich ausgeben, so veraechtlich zu machen, als sie seNlbst waren--Nehmen wir alles diese$ andere Extremum verfallen? Warum wandte ich mich nicht auf die Mittelstrasse des Phaedrus und erzaehlte in der zierlichen Kuerze des Roemers, aber doch in Versen? Denn prosaische Fabeln; wer wird die lesen wollen!--Diesen Vorwurf werde ich ohnfehlbar zu hoeren bekommen. Was will ich im voraus darauf antworten? Zweierlei. Erstlich, was man mir am leichtesten glauben wird: ich fuehlte mich zu unfaehig, jene zierliche Kuerze in Versen zu erreichen. La Fontaine, der ebendas bei sich fuehlte, schob die Schuld auf seine Sprache. Ich habe von der meinigen eine zu gute Meinung und glaube 1ueberhaupt, dass ein Genie seiner angebornen Sprache, sie mag sein, welche es will, eine Form erteilen kann, welche er will. Fuer ein Genie sind die Sprachen alle von einer Natur; und die Schuld ist also einzig und allein meine. Ich habe die Versifikation nie so in meiner Gewalt gehabt, dass ich auf keine Weise besorgen duerfen, das Silbenmass und der Reim werde hier und da den Meister ueber mich spielen. Geschaehe das, so$ Gesicht. Ich bin Euch vielmehr dankbar, dass Ihr meiner Traegheit zu Hilfe gekommen seid. Ohne Euch waere ich schwerlich hier. Lasst uns hinaufgehen, um dem grossen Herrn, der uns im Leben schwerlich vorgelassen haette, unseren Besuch zu machen. Eine stattliche Wohnung, die er so hastig mit einem engen Kaemmerchen vertauschen muss! Er tut mir leid, in der Tat, obwohl ich ihn nie mit Augen gesehen habe. Sie stiegen unter einem grossen Andrang nebeneinander die schwarzverhangene Treppe hinauf, von deren Hoehe das umflorte Wappen des Hauses Venier heruntersah und statt jedes Pfoertners der Menge Stille gebot. Drinnen in dem groessten Saal war der Katafalk unter einem Baldachin errichtet, Zpressenbaeume ragten bis an die hohe Decke, Kerzen auf silbernen Kandelabern flackerten im Luftzug, der ueber den offenen Balkon vom Wasser herauf durch die Halle strich, und vier Diener des Hauses Venier in schwarzem Samt, die blanken Hellebarden mit Floeren umwickelt, hielten wie Standbilder an den Ecken des Totengerue$ ihrem durchdringenden Verstande bis zu den kleinsten Angelegenheiten haetten erniedrigen Das Ross und der Stier Auf einem feurigen Rosse flog stolz ein dreister Knabe daher. Da rief ein wilder Stier dem Rosse zu: "Schande! Von einem Knaben liess ich mich nicht regieren!" "Aber ich", versetzte das Ross. "Denn was fuer Ehre koennte es mir bringen, einen Knaben abzuwerfen?" Der Affe und der Fuchs "Nenne mir ein so geschicktes Tier, dem ich nicht n‘achahmen koennte!" so prahlte der Affe gegen den Fuchs. Der Fuchs aber erwiderte: "Un du, nenne mir ein so geringschaetziges Tier, dem es einfallen koennte, dir nachzuahmen." Schriftsteller meiner Nation!--Muss ich mich noch deutlicher erklaeren? Der Besitzer des Bogens Ein Mann hatte einen trefflichen Bogen von Ebenholz, mit dem er sehr weit und sehr sicher schoss, und den er ungemein wert hielt. Einst aber, als er ihn aufmerksam betrachtete, sprach er: "Ein wenig zu plump bist du doch! All deine Zierde ist die Glaette. Schade!--Doch dem ist abzuhelfen!" fiel i$ ienst stehe; als er aber den Gast naeher ansah und seinen alten Labakan erkannte, rief er seine Gesellen und Lehrlinge herbei, und alle stuerzten sich wie wuetend auf den armen Labakan, der keines solchen Empfangs gewHaertig war, stiessen und schlugen ihn mit Buegeleisen und Ellenmass, stachen ihn mit Nadeln und zwickten ihn mit scharfen Scheren, bis er erschoepft auf einen Haufen alter Kleider niedersank. Als er nun so dalag, hielt ihm der Meister eine Strafrede ueber das gestohlene Kleid; vergebens versicherte Labakan, dass er nur deswegen wiedergekommen sei, um ihm alles zu ersetzen, vergebens bot er ihm den dreifachen Schadenersatz, der Meister und seine Gesellen fielen wieder ueber ihn her, schlugen ihn weidlich und warfen ihn zur Tuere hinaus; zerschlagen und zerfetzt stieg er auf das Ross Murva und ritt in eine Karawanserei. Dort legte er sein muedes, zerschlagenes Haupt nieder und stellte Betrachtungen an ueber die Leiden der Erde, ueber das so oft verkannte Verdienst und ueber die Nichtigkeit und Fl$ b verschlossen. Waehrend ich so halb unwillig unter den Zofen vor der Tuere stand, klaerte sich der Himmel so ploetzlich auf, wie ich es nie gesehen hatte, und das Wunderbarste war, dass nur ueber unserer liebe Stadt Balsora eine reine blaue Himmelswoelbung erschien; ringsum aber lagen die Wolken schwarz aufgerollt, und Blitze zuckten und schlaengelten sich in diesem Umkreis. Waehrend ich noch dieses Schauspiel neugierig betrachtete, flog die Tuere meiner Gattin auf; ich aber liess die Maegde noch aussen harren und trat allein in das Gemach, deine Mutter zu fragen, warum sie sich eingeschlossen habe. Als ' ich eintrat, quoll mir ein so betaeubender Geruch von Rosen, Nelken und Hyazinthen entgegen, dass ich beinahe verwirrt wurde. Deine Mutter brachte mir dich dar und deutete zugleich auf ein silbernes Pfeifchen, das du um den Hals an einer goldenen Kette, so fein wie Seide, trugst: "Die guetige Frau, von welcher ich dir einst erzaehlte, ist dagewesen", sprach deine Mutter, "sie hat deinem Knaben dieses Ang$ ttchen, die ich bei mir fuehrte, des Todten Antlitz nachzubilden. Aber meine Hand zitterte; ich weiss nicht, ob alleine vor der Majestaet des Todes. Waehrend dem vernahm ich draussen vom Hofe her eine Stimme, die ich fuer die des Junker Wulf erkannte; gleich danach schrie ein Hund wie nach einem Fusstritt oder Peitschenhiebe; und dann ein Lachen und einen Fluch von einer andern Stimme, die mir gleicherweise bekannt Als ich auf Katharinen blickte, sah ich sie mit schier entsetzten Augen nach dem Fenster starren; aber die Stimmen und die Schritte gingen vorueber. Da erhub sie sich, kam an meine Seite und sahe zu, wie des Vaters Antlitz unter meinem Stift entstund. Nicht lange, so kam draussen ein einzelner Schritt zurueck; in demselben Augenblick legte Katharina die Hand auf meine Schulter, und ich fuehlte, wie ihr junger Koerper bebte. Sogleich auch wurde die Kapellenthuer aufgerissen; und ich erkannte den Junker Wulf, obschon sein sonsten bleiches Angesicht itzt oth und aufgedunsen schien. "Was huckst du a$ heissen Pulsen ging.--Von dreien furchtbaren Daemonen, von Zorn und Todesangst und Liebe ein verfolgter Mann, lag nun mein Haupt in des viel geliebten Weibes Da schrillte ein geller Pfiff, die Hunde drunten wurden jaehlings stille, und da es noch einmal gellte, hoerete ich sie wie toll und wild davon rennen. Vom Hofe her wurden Schritte laut; wir horchten auf, dass uns der Athem stille stund. Bald aber wurde dorten eine Thuer erst auf-, dann zugeschlagen und dann ein Riegel vorgeschoben. "Das ist oulf", sagte Katharina leise; "er hat die beiden Hunde in den Stall gesperrt."--Bald hoerten wir auch unter uns die Thuer des Hausflurs gehen, den Schluessel drehen und danach Schritte in dem untern Corridor, die sich verloren, wo der Junker seine Kammer hatte. Dann wurde alles still. Es war nun endlich sicher, ganz sicher; aber mit unserem Plaudern war es mit einem Male schier zu Ende. Katharina hatte den Kopf zurueckgelehnt; nur unser beider Herzen hoerete ich klopfen.--"Soll ich nun gehen, Katharina?" sprach ic$ n diese Freude nicht einstimmen. Im Gegenteil muss sie dieses pseudoartistische Treiben mit gerechtem Unwillen erfuellen. Sie muss es unerschrocken aussprechen, dass die Vergeudung der Kraefte, die eine solche scheinbare Wiederbelebung des verfallenen Staubes alter Zeiten kostet, eine unverantwortliche Beeintraechtigung der Gegenwart ist. Ja, nicht nur eine Beeintraechtigung, sondern eine Beleidigung der Gegenwart. Tieck missachtet unsere Zeit. Er mag sich in dieser gehaessigen Gesinnung gegen sein Jahrhundert gefallen, wo er will, in seinen÷Dresdener Leseabenden, unter den Eichen von Sanssouci, ueberall, nur nicht da, wo er durch seinen Einfluss der Gegenwart ihr lebendiges Recht, das Recht des Lebens, entzieht. Ja er mag auf einem Privattheater alle Dramen von Aeschylus bis Holberg nach seinen Angaben vorfuehren lassen, nur eine dem Volk, eine der Zeit und ihren Rechten angehoerende Buehne sollte vor dem Schicksal bewahrt sein, das Opfer dilettantischer Liebhabereien und literarhistorischer Proteste gegen d$ issigen Kuenstler voraussetzte. Dagegen sich auflehnen und einen Laerm schlagen, als wenn dem redlichen Kuenstlerstreben das Palladium der Freiheit entwendet waere, verraet geringe Ueberlegung. Die Theatergesetze des Herrn von Kuestner sind nicht ohne Fehler, aber in den Hauptgrundsaetzen nur zu billigen. Auch Verbesserungen des Personals scheinen wenigstens im Schauspiel beabsichtigt zu werden. Dem Fraeulein von Hagn soll die Last, das ganze Repertoire auf ihrem schoenen griechischen Nacken zu tragen, endlich erleichtert werden. Sie fuehlt sich gewiss sehr gluecklich, einen Teil ihrer Rollen an andere abzugeben und, wenn sie verreist (was sie waehrend drei der besten Theatermonate darf), ihre Partien in andern Haenden zurueckzulassen als in denen ihrer Schwester Auguste. Fraeulein Viereck ist vom Wiener Burgtheater, das einen wahren Blumenflor der besten weiblichen Buehnenkraefte besitzt, nach Berln uebergegangen, eine hohe, plastisch edle Erscheinung, von etwas herbem Ton und noch nicht taktfest in empfindu$ malt zwar seine Politik, die Politik seiner Ratgeber, sie malt einen Minister nach dem Leben, aber, ihrer Poesie und dem "Anstand" gemaess, kleindet sie ihre Polemik in das Gewand der Allegorie. Sie spricht scheinbar von anno 7, scheinbar von Frankfurt am Main, scheinbar von Napoleon und laesst die Frau Rat, Goethes Mutter, statt ihrer reden. Sentimentale und Tartueffe-Gemueter, die immer wollen, dass man die Sachen von den Personen scheidet und deren steter Jammer die "Indiskretionen" sind, werden es schreckhaft finden, wie man der in geweihter christlicher Erde auf dem Frankfurter Friedhof schlummernden Frau Rat die Verantwortung so himme1stuermender Gedanken, wie Bettina ihr in den Mund legt, andichten kann. Wer aber zu Schleiermachers Fuessen gesessen, weiss, welche Rolle Sokrates in Platons Dialogen spielt. Xenophon, der auch vom Sokrates berichtet, mag den anregenden Lehrer nur die Dinge reden lassen, die er wirklich gesprochen hat, Plato aber machte aus Sokrates einen Begriff, eine poetische Individua$ chlich sie aus dem Zimmer und kroch die Treppen hinab. Sie war wie verwirrt; sie fuerchtete sich, ob mehr vor ihrem Herrn oder vor den grossen Katzen, das wusste sie selber nicht. So kam sie hinten in ihre Kammer. Mit zitternden Haenden holte sie einen mit Geld gefaellten Strumpf aus ihrem Bett hervor; dann nahm sie aus einer Lade eine Anzahl alter Roecke und Lumpen und wickelte sie um ihren Schatz herum, so dass es endlich ein grosses Buendel gab. Denn sie wollte fort, um jeden Preis fort; siex dachte an die arme Halbschwester ihres Herrn draussen in der Vorstadt; die war immer freundlich gegen sie gewesen, zu der wollte sie. Freilich, es war ein weiter Weg, durch viele Gassen, ueber viele schmale und lange Bruecken, welche ueber dunkle Graeben und Flethen hinwegfuehrten, und draussen daemmerte schon der Winterabend. Es trieb sie dennoch fort. Ohne an ihre Tausende von Weizenbroetchen zu denken, die sie in kindischer Fuersorge in den grossen Nussbaumschraenken aufgehaeuft hatte, trat sie mit ihrem schweren B$ ten, wie dieser, war er erwacht und hatte, wenn auch mit immer schwaecherer Kraft, seinen Waechtern zu entrinnen gesucht. War er von den vergeblichen Anstrengungen erschoepft aufs Kanapee gesunken oder zuletzt hinaufgekrochen, und hatte dann der bleierne Schlaf ihn wieder befallen, so streckten Graps und Schnores sich draussen vor der Treppe hin, peitschten mit ihrem Schweif den Boden und horchten, ob Frau Ankens Schaetze neue Wanderzuege von Maeusen in das Haus gelockt haetten. Heute war es anders; die Katzen waren weder im Zimmer noch draussen auf dem Flur. Als das durch das Fenster fallende Mondlicht ueber den Fussboden weg und allmaehlich an der kleinen Gestalt hinaufrueckte, begann sie sich zu regen; die grossen runden Augen oeffneten sich, und Herr Bulemann starrte in das leere Zimmer hinaus. Nach einer 7Weile rutschte er, die langen Aermel muehsam zurueckschlagend, von dem Canapee herab und schritt langsam der Tuer zu, waehrend die breite Schleppe des Schlafrocks hinter ihm herfegte. Auf den Fussspitze$ n ird'schen Dingn hoch Schwebt mir auf Freudenfittigen die Seele, Und in dem Glanzesmeer, das mich umfaengt, Sind alle Wolken mir und finstre Falten Des Lebens ausgeglaettet und verschwunden. --Ich sehe diese Hallen, diese Saele, Und denke mir das freudige Erschrecken Der ueberraschten, hoch erstaunten Braut, Wenn ich als Fuerstin sie und Herrscherin Durch dieses Hauses Pforten fuehren werde. --Noch liebt sie nur den Liebenden! Dem Fremdling, Dem Namenlosen hat sie sich gegeben. Nicht ahnet sie, dass es Don Manuel, Messina's Fuerst ist, der die goldne Binde Ihr um die schoene Stirne flechten wird. Wie suess ist's, das Geliebte zu begluecken Mit ungehoffter Groesse Glanz und Schein! Laengst spart' ich mir dies hoechste der Entzuecken, Wohl bleibt es stets sein hoechster Schmuck allein; Doch auch die Hoheit darf das Schoene schmuecken, Der goldne Reif erhebt den Edelstein. Chor. (Cajetan.) Ich hoere dich, o Herr, vom langen Schweigen Zum erstenmal den stummen Mund ent$ einer Canossa, ob sie bei Verstande sei oder nicht, sich zu den Zwoelfen zu versammeln, mit den Zaehnen festhielt und seinen Gehorsam dem Vicedomini und keinem andern verpflichtet glaubte, verbeugte sich tief vor dem Moench. 'Deiner Herrlichkeit allein wird gehorcht', sprach er und entfernte sich. 'O Moench, Moench', rief Ascanio, 'der die Barmherzigkeit in eine Welt traegt, wo kaum die Guete ungestraft bleibt!' "Doch wie wir Menschen sind," flocht Dante ein, "oft zeigt uns ein prophetisches Licht den Rand eines Abgrunds, aber dann kommt der Witz und kluegelt und laechelt und redet uns die Gefahr aus." Dergestalt fragte und beruhigte sich der Leichtsinnige: Welche Beziehung auf der Welt hat die Naerrin zu demEMoench, in dessen Leben sie nicht die geringste Rolle spielt? Und am Ende--wenn sie zu lachen gibt, so wuerzt sie uns die Amarellen! Er ahnte nicht von ferne, was sich in der Seele Astorres begab, aber auch wenn er geraten und geforscht, dieser haette sein keusches Geheimnis dem Weltkind nicht preisge$ g, den fremden Ring, der ihr wie angegossen sass, dem Finger wieder abzuziehen. Da stand unversehens der Moench vor ihr und hob die Arme in freudiger Verwunderung. Seine Gebaerde aber war, dass er die geoeffnete rechte Hand vor sich hinàstreckte, die linke in der Hoehe des Herzens hielt; denn er hatte, trotz der entfalteten Bluete, an der auffallenden Schlankheit des Halses und wohl mehr noch an der Bewegung seiner Seele das Kind wiedererkannt, dessen zartes Haupt er auf dem Block gesehen hatte. Waehrend das Maedchen bestuerzte, fragende Augen auf den Moench richtete und immerfort an dem widerspenstigen Ring drehte, zauderte Astorre, denselben zurueckzuverlangen. Doch es musste geschehen. Er oeffnete den Mund. 'Junge Herrin', begann er--und fuehlte sich von zwei starken, gepanzerten Armen umfasst, die sich seiner bemaechtigten und ihn emporzogen. Im Augenblick sah er sich, mit Hilfe eines andern Gepanzerten, ein Bein rechts, ein Bein links, auf ein stampfendes Ross gesetzt. 'Lass schauen', schallte ein$ in anderer Juengling fasste sie bei den Fuessen, die sich kaum Straeubende wurde fortgetragen, in ihre Saenfte gehoben und nach Hause gebracht. Noch stunden sich Diana und Antiope gegenueber, eine bleicher als die andere, Diana reuig und zerknirscht nach schnell verrauchtem Jaehzorn, Antiope nach Worten ringend; sie konnte nur nicht stammeln, sie bewegte lautlos die Lippen. Wenn jetzt der Moench Antiopes Hand ergriff, um der von seinem verlobten Weibe Misshandelten das Geleit zu geben, so erfuellte er damit nur die ritterliche und die gastwirtliche Pflicht. Alle fanden es selbstverstaendlich. Besonders Diana musste wuenschen, das Opfer ihrer Gewalttat aus den Augen zu verlieren. Auch sie entfernte sich dann mitSVater und Bruder. Die versammelten Gaeste aber hielten es fuer das Zarteste, gleichfalls bis auf die letzte Ferse zu verschwinden. Es klingelte unter dem mit Amarellen und Zyperwein bestellten Kredenztisch. Eine Narrenkappe kam zum Vorschein und Gocciola kroch auf allen vieren aus seinem leckern V$ es, so anhaenglich war;--und wenn ein solches Tier so handeln kann, so werd' ich's doch auch noch zuwege bringen. Ich hab' schon angefangen, ich hab' alle meine Kleider zusammengepackt, hab' auch der Mariandel, unserer Koechin, ihren ganzen Kasten ausgeraeumt, hab' von dem Milchweib da diese Butten zu leihen genommen, damit nichts ausplanscht wird, hab' die Kleider recht hineing'stampft; und weil in das Kabinett, was unserm alten Herrn sein Zauberlaboratorium war, selten wer kommt, so habe ich den Juden herbestellt, dem verkauf' ich's, und das Geld steck' ich heimlich in mein' Herrn sein Brieftaschel. (Sieht auf den kleinen Zauberer.) Jetzt hat der Spitzbub' alles g'hoert. Wirst du denn wem was sagenëdavon? (Der kleine Zauberer deutet nein mit dem Kopfe.) Der sagt einem alles. Wird meinem Herrn ein Unglueck zustossen? (Zauberer deutet nein.) Etwann mir? (Zauberer deutet ja, Florian drohend.) Du! Sag' du mir, bin ich ein g'scheiter Kerl? (Zauberer deutet nein.) Ist schon richtig;--bin ich etwa dumm? ($ Throne, um ihn mehrere dienstbare Geister. (Grosser Tanz von idealen Geistern, am Ende eine Gruppe.) Chor. Heil, Longimanus! Longimanus. Ist schon gut, schon gut! Bedank' mich aufs allerschoenste. (Fuer sich) Freut mich recht, dass s' mir haben heute einen kleinen Tanz gemacht, weil morgen mein Namenstag ist. (Der Chor ab). Zweite Szene. Pamphilius. Vorige. Pamphilius (ueberreicht dem Longimanus einige Visitenkarten). Zauberer Vanille; Fee Maraskino! Longimanus. Aha! Kommen schon die Billetten ang'stochen. (Liest.) La Hexe de Marascino et sa famille. Monsieur Vanille, Professeur de la Magie. Ich lass' mich bedanken; meine Empfehlung. Auf mein' Namóenstag freu' ich mich immer, wie ein Kind, bloss wegen die Zugbilletten. (Nimmt ein Zugbillett.) Da schau' einmal, wie man bei dem Kerl anzieht, reckt er den Fuss in die Hoehe. (Lacht.) Ist das nicht praechtig? Pamphilius (lacht). O, scharmant! Das ist ein herrlicher Gedanke. Longimanus. Wie den Neujahrstag; den hab' ich auch so gern, wenn die Leut' $ r! stuendet ihr all nur einmal so Beichte! Wie gluecklich war ich sonst! Sonst! Nun, das ist vorbei! Wie liebte mich Alcest! Pah! das war Kinderei! Das Schicksal trennt uns bald, und ach! fuer meine Suenden Musst ich mich - welch ein Muss - mit einem Vieh verbinden. Ich, Vieh? - Jawohl ein Vieh, von dem gehoernten Vieh!» Was seh ich? Was, Madam? Des Vaters Wachsstock! Wie Kam er hieher? Vielleicht - Da werd ich fliehen muessen; Vielleicht belauscht er uns! - O setz ihr zu, Gewissen! Nur das begreif ich nicht, wie er ihn hier verlor. Sie scheut den Vater nicht, mal ihr den Teufel vor! Ach nein, das ganze Haus liegt schon in tiefem Schlafe. Die Lust ist maechtiger als alle Furcht der Strafe. Mein Vater kann nicht wohl - Wer weiss, wie es geschah? Es mag drum sein! O weh! Alcest ist noch nicht da! O duerft ich sie -! Mein Herz sc$ Ich glaub, du bist geschossen! Hast du's denn nicht? Ich! Ja! Wie kaem ich denn dazu? Wirt [macht ihr pantomimisch das Stehlen vor]. Ich versteh Sie nicht! Wie unverschaemt bist du! Jetzt, da du's geben sollst, gedenkst du auszuweichen. Du hast's ja erst bekannt. [Zum Parterre.] Ihr Herrn seid meine Zeugen. Nein, das ist mir zu hoch! Jetzt klagen Sie mich an; Und sagten nur erst jetzt, Sie haetten's selbst getan! Du Kroete! Ich's getan! Ist das die schuld'ge Liebe, Die Ehrfurcht gegen mich? Du machst mich gar zum Diebe, Da du die Diebin bist! Mein Vater! Warst du nicht Heut frueh im Zimmer? Ja! Und sagst mir ins Gesicht, Du haettest nicht das Geld? Beweist das gleich? Ja! $ rne! Allein was macht mein Geld? O Herr, es war aus Not. Der Spieler peinigte mich Armen fast zu Tod. Ich wusste keinen Rat, ich stahl und zahlte Schulden. Da ist das uebrige, ich weiss nicht wieviel Gulden. Was fort ist, schenk ich Ihm. Soeller [zum Parterre]. Fuer diesmal waer's vorbei! Allein ich hoff, Er wird fein hoeflich, sÉill und treu! Und untersteht Er sich, noch einmal anzufangen - [Er macht ihm das Zeichen des Haengens.] Nein, das waer zu viel - ein Hahnrei und gehangen! von GOTTHOLD EPHRAIM LESSING Ein Lustspiel in einem Aufzuge Verfertiget im Jahre 1749. Michel Stich Martin Krumm Ein Reisender Christoph, dessen Bedienter Ein junges Fraeulein, dessen Tochter Erster Auftritt Michel Stich. Martin Krumm. Martin Krumm. Du dummer Michel Stich! Michel Stich. Du dummer Martin Krumm! Martin Krumm. Wir wollen's nur gestehen, wir sind beide erzdumm gewesen. Es waere ja auf einen nicht angekommen, den wir mehr totgeschlagen haetten! Michel Stic$ ben,--ich kann sie aus Unvorsichtigkeit herausgerissen haben.--Auch mit seinem Verdachte muss man niemand beleidigen.--Gleichwohl,--er draengte sich an mich heran; --er griff nach der Uhr:--ich ertappte ihn; koennte er auch nicht nach der Dose gegriffen haben, ohne dass ich ihn ertappt haette? Sechzehnter Auftritt Martin Krumm. Der Reisende. Martin Krumm (als er den Reisenden gewahr wird, will er wieder umkehren). Hui! Der Reisende. Nu, nu, immer naeher, mein Freund!--(Beiseite.) Ist er doch so schuechtern, als ob er meine Gedanken wuesste!--Nu? nur naeher! Martin Krumm (trotzig). Ach! ich habe nicht Zeit! Ich weiss schon, Sie wollen mit mir plaudern. Ich habe wichtigere Sachen zu tun. Ich mag Ihre Heldentaten nicht zehnmal hoeren. Erzaehlen Sie sie jemanden, der sie noch nicht weiss. Der Reisende. Was hoere ich? vorhin war der Vogt einfaeltig und hoeflich, jetzt ist er unverschaemt und grob. We‹lches ist denn Eure rechte Martin Krumm. Ei! das hat Sie der Geier gelernt, mein Gesicht eine Larve zu schimpfen. I$ ? Lasset meinen Vater nichts davon wissen! nie! nie! Es wuerde ihn toeten!' Ich versprach es ihm und hielt Wort, obgleich es mich kostete. Noch zur Stunde ahnt der Marschall nichts Den Kopf schon im Kissen, bot mir Julian die gluehende Hand. 'Ich danke Euch, Herr Fagon... fuer alles... Ich bin nicht undankbar wie Deine Majestaet zu bemuehen, war jetzt ueberfluessig. In der naechsten Viertelstunde schon redete Julian irre. Prozess und Urteil lagen in den Haenden der Natur. Die Fieber wurden heftig, der Puls jagte. Ich liess mir ein Feldbett in der geraeumigen Kammer aufschlagen und blieb auf dem Posten. In das anstossende Zimmer hatte der Marschall seine Mappen und Karten tragen lassen. Er verliess seinen Arbeitstisch stuendlich, um nach dem Knaben zu sehen, welcher ihn nicht erkannte, Ich warf ihm feindselige Blicke zu. 'Fagon, was hast du gegen mich?' fragte er. Ich mochte ihm nur nicht antworten. Der Kþnabe phantasierte viel, aber im Bereiche seines lodernden Blickes schwebten nur freundliche u$ trouille, die ausgesandt war, mich zu suchen, da sich Geschaefte eingestellt hatten. Sie trugen ihre Ordonnanzgewehre auf der Schulter und ich sah gleichzeitig dieselben vor mir aufblitzen gleich einer himmlischen Gnadensonne, als auch mein Widersacher ihre Schritte hoerte in der Stille der Landschaft; denn sie hatten schon von weitem etwas bemerkt und waren so leise als moeglich gegangen. Ploetzlich schrien sie jetzt: 'Schau die Bestie! Hilf dem Oberst!' Der Loewe wandte sich um, sprang empor, sperrte wuetend den Rachen auf, erbost wie ein Satan, und war einen Augenblick lang unschluessig, auf wen er _ich zuerst stuerzen solle. Als aber die zwei Soldaten als brave lustige Franzosen, ohne sich zu besinnen, auf ihn zusprangen, tat er einen Satz gegen sie. Im gleichen Augenblick lag auch der eine unter seinen Tatzen und es waere ihm schlecht ergangen, wenn nicht der andere im gleichen Augenblicke dem Tier, zugleich den Schuss abfeuernd, das Bajonett ein halbes Dutzendmal in die Flanke gestossen haette. Aber auc$ muessen, um nach der Stadt zu kommen! Ich weiss keine Schuhe aufzubringen!" Sali stand ratlos und verbluefft. "Keine Schuhe!" sagte er, "da musst du halt in diesen kommen!" "Nein, nein, in denen kann ich nicht tanzen!" "Nun, so muessen wir welche kaufen!" "Wo, mit was?" "Ei, in Seldwyl da gibt es Schuhlaeden genug! Geld werde ich in minder als zwei Stunden haben." "Aber, ich kann doch nicht mit dir in Seldwyl herumgehen, und dann wird das Geld nicht langen, auch noÃh Schuhe zu kaufen!" "Es muss! Und ich will die Schuhe kaufen und morgen mitbringen!" "O du Naerrchen, sie werden ja nicht passen, die du kaufst!" "So gib mir einen alten Schuh mit, oder halt, noch besser, ich will dir das Mass nehmen, das wird doch kein Hexenwerk sein!" "Das Mass nehmen? Wahrhaftig, daran hab' ich nicht gedacht! Komm, komm, ich will dir ein Schnuerchen suchen!" Sie setzte sich wieder auf den Herd, zog den Rock etwas zurueck und streifte den Schuh vom Fusse, der noch von der gestrigen Reise her mit einem weissen Strumpfe bekleidet$ wenn du nicht freundlicher bist, du Essighafen!" So genoss Vrenchen alle Wonnen einer Braut, die zur Hochzeit reiset: die wohlwollende Ansprache und Aufmunterung einer sehr vernuenftigen Frau, den Neid einer heiratslustigen boesen Person, welche aus Aerger den Geliebten lobte und bedauerte, und ein leckeres Mittagsmahl an der Seite eben dieses Geliebten. Es gluehte im Gesicht, wie eine rote Nelke, das Herz klopfte ihm, aber es ass und trank nichtsdestominder mit gutemyAppetit und war mit der aufwartenden Kellnerin nur um so artiger, konnte aber nicht unterlassen, dabei den Sali zaertlich anzusehen und mit ihm zu lispeln, so dass es diesem auch ganz kraus im Gemuet wurde. Sie sassen indessen lang und gemaechlich am Tische, wie wenn sie zoegerten und sich scheuten, aus der halben Taeuschung herauszugehen. Die Wirtin brachte zum Nachtisch suesses Backwerk, und Sali bestellte feineren und staerkeren Wein dazu, welcher Vrenchen feurig durch die Adern rollte, als es ein wenig davon trank; aber es nahm sich in acht,$ echtiger Innigkeit die Welt um sich her zu vergessen schien. "Ei seht!" hiess es, "das ist ja wahrhaftig das Vrenchen Marti und der Sali aus der Stadt! Die haben sich ja saeuberlich gefunden und verbunden! Und welche Zaertlichkeit und Freundschaft, seht doch, seht! Wo die wohl hinauswollen?" Die Verwunderung dieser Zuschauer war ganz seltsam gemischt aus Mitleid mit dem Unglueck, aus Verachtung der Verkommenheit und Schlechtigkeit der Eltern und aus Neid gegen das Glueck und die Einigkeit des Paares, welches auf eine ganz ungewoehnliche und fas vornehme Weise verliebt und aufgeregt war und in dieser rueckhaltlosen Hingebung und Selbstvergessenheit dem rohen Voelkchen ebenso fremd erschien, wie in seiner Verlassenheit und Armut. Als sie daher endlich aufwachten und um sich sahen, erschauten sie nichts als gaffende Gesichter von allen Seiten; niemand gruesste sie und sie wussten nicht, sollten sie jemand gruessen, und diese Verfremdung und Unfreundlichkeit war von beiden Seiten mehr Verlegenheit als Absicht. Es$ schon falliert hatte und seither die Wirtschaft auf Rechnung seiner Frau fortbetrieb. Hierin wurde er von seinen Mitbuergern reichlich unterstuetzt, da er ganz ihr Mann war, das grosse Wort zu fuehren wusste und bei allen Haendeln als ein erfahrener Wirt auf dem Posten war. Dass er aber in Amt und Wuerden stand und hier den Wahlen praesidierte, gehoerte zu jenen Suenden der Seldwyler, die sich zeitweise so lange anhaeuften, bis ihnen die Regierung mit einer Untersuchung auf den Leib rueckte. Die Landleute wussten teilweise wohl, dass es nicht ganz richtig war mit diesem Praesidenten, allein sie waren viel zu langsam und zu haecklich, als dass sie etwas gegen ihn untenrnommen haetten, und so hatte er sich bereits in einem Handumdrehen mit seinen drei oder vier Mitbuergern das Geschaeft des Tages zugeeignet, als Fritz ankam. Dieser, als er das Haeuflein rechtlicher Landleute sah, freute sich, wenigstens nicht ganz allein da zu sein, und es fuhr ploetzlich ein unternehmender Geist in ihn, dass er unversehens da$ aehrend wir in unserer Tugend ihnen so weit ueberlegen sind und ihnen wahrlich an Zier der Gestalt nichts nachgeben; denn Gott hat uns nach seinem Bilde geschaffen und uns seinen goettlichen Odem eingeblasen. Oh, koennten wir doch ewig hier sitzen in diesem Paradiese und in solcher Unschuld; ja, meine Freunde, es ist mir so, als waeren wir saemtlich im Stande der Unschuld, aber durch eine suendenlose Erkenntnis veredelt; denn wir alle koennen, Gott sei Dank, lesen und schreiben und haben alle eine geschickte Hantierung gelernt. Zu vielem haette ich Geschick und Anlagen und getraute mir wohl, Dinge zu verrichten, wie sie das gelehrteste Fraeulein nicht kann, wenn ich ueber meinen Stand hinausgehen wollte; aber die BescheidenheiÅ und die Demut sind die vornehmste Tugend eines rechtschaffenen Frauenzimmers, und es genuegt mir zu wissen, dass mein Geist nicht wertlos und verachtet ist vor einer hoeheren Einsicht. Schon viele haben mich begehrt, die meiner nicht wert waren, und nun auf einmal sehe ich drei wuerdig$ vielleicht (Dame.) Na ja, natuerlich mein' ich es auch in gewissem Sinne. Aber was ich bewundere, das ist eine gewisse starke Einfachheit in Ihnen. (Napoleon.) Das klingt schon besser. (Dame.) Sie wollten die Briefe nicht lesen; aber Sie waren neugierig, zu wissen, was darinnen steht. Sie gingen also in den Garten und lasen sie, als niemand zusah, und kamen dann zurueck und taten so, als ob Sie sie nicht gelesen haetten. Das ist wohl das gemeinste, was ich jemals einen Mann habe tun sehen; aber es erfuellte gerade Ihren Zweck, und so haben Sie sich nicht im geringsten geschaemt oder gefuerchtet, es (Napoleon kurz angebunden:) Wo haben Sie all diese niedrigen Skrupeln aufgelesen?--(Mit verachtungsvollem Nachdruck:) Dieses "Ihr Gewissen"? Ich habe Sie fuer eine Dame gehalten--eine Aristokratin. Bitte, war Ihr Grossvater vielleicht eiVn Kraemer? (Dame.) Nein, er war Englaender. (Napoleon.) Das erklaert alles. Die Englaender sind eine Nation von Kraemern. Nun begreife ich, warum Sie mich besiegt habe$ che Bewegung, Neigung ist seelische Empfindung. Neigung deines Leibes ist Neigung deiner Seele; seelische Neigung erscheint deinen Sinnen als Koerperbewegung; Koerperbewegung ist in dir als seelische Neigung wach. Neigung ist seelisch und sinnlich zugleich. In einem Worte ist Einheit von Zuneigung und Abneigung, Einheit von Empfindung und Bewegung, Einheit von Leib und Seele. Im einheitlichen Worte liegt sich selbst aufhebender Gegensinn: Ich und du, innen und aussen, hier und dort, Zustand und Gegenstand, Zeit und Raum, Gedanke und Tat, Seele und Sinnlichkeit, Unfassbares und greifbare Wirklichkeit; in einem Worte Anziehung und Abstossung, Aufflammen und Verloeschen, Lust und Leid, Himmel und Hoelle, Leben und In jedçm Worte spiegelt sich zerfallene Einheit. Gegensinn im einheitlichen Wort--Einheit gegensinnlicher Worte ist Loesung nie geloester Raetsel, Loesung nie geloesten Widerspruchs; toerichter Streit durch Jahrtausende--: Allgottheit, Goettervielheit; Gutes und Boeses in Gott; Wesenseinhei$ on meiner Freundin Hulda Niemeyer, deren Namen Sie ja kennen, immer behaupteten, sie wisse nichts von Geschichte, mit Ausnahme der sechs Frauen von Heinrich dem Achten, diesem englischen Blaubart, wenn das Wort fuer ihn reicht. Und wirklich, diese sechs kannte sie auswendig. Und dabei haetten Sie hoeren sollen, wie sie die Namen ausèprach, namentlich den von der Mutter der Elisabeth - so schrecklich verlegen, als waere sie nun an der Reihe ... Aber nun bitte, die Geschichte von Don Pedro ..." "Nun also, an Don Pedros Hofe war ein schoener, schwarzer spanischer Ritter, der das Kreuz von Kalatrava - was ungefaehr soviel bedeutet wie Schwarzer Adler und Pour-le-merite zusammengenommen - auf seiner Brust trug. Dies Kreuz gehoerte mit dazu, das mussten sie immer tragen, und dieser Kalatravaritter, den die Koenigin natuerlich heimlich liebte ..." "Warum natuerlich?" "Weil wir in Spanien sind." "Ach so." "Und dieser Kalatravaritter, sag ich, hatte einen wunderschoenen Hund, einen Neufundlaender, wiewohl es die noch $ ass dieses Tages hier noch nachtraeglich gedacht werden muss. Effi hatte damals, als der elterliche Absagebrief aus Hohen-Cremmen kam und sie mit dem Abendzug von Ems nach Berlin zurueckreiste, nicht gleich eine selbstaendige Wohnung genommen, sondern es mit einem Unterkommen in einem Pensionat versucht. Es war ihr damit auch leidlich geglueckt. Die beiden Damen, die dem Pensionat vorstanden, waren gebildet und voll Ruecksicht und hatten es laengst verlernt, neugierig zu sein. Es kam da so vieles zusammen, dass ein Eindringenwollen in die Geheimnisse jedes einzelnen viel zu umstaendlich gewesen wae¿re. Dergleichen hinderte nur den Geschaeftsgang. Effi, die die mit den Augen angestellten Kreuzverhoere der Zwicker noch in Erinnerung hatte, fuehlte sich denn auch von dieser Zurueckhaltung der Pensionsdamen sehr angenehm beruehrt; als aber vierzehn Tage vorueber waren, empfand sie doch deutlich, dass die hier herrschende Gesamtatmosphaere, die physische wie die moralische, nicht wohl ertragbar fuer sie sei. Bei T$ bst du, Roswitha? Ich glaube es nicht." "Na, na, ich lasse mir nichts vormachen, und ich glaube, die gnaedige Frau weiss auch ganz gut, wie's eigentlich ist und was die Maenner am liebsten haben." "Ach, sprich nicht davon, Roswitha." Damit brach das Gespraech ab und wurde auch nicht wieder aufgenommen. Aber Effi, wenn sie's auch vermied, gradeueber Annie mit Roswitha zu sprechen, konnte die Begegnung in ihrem Herzen doch nicht verwinden und litt unter der Vorstellung, vor ihrem eigenen Kind geflohen zu sein. Es quaelte sie bis zur Beschaemung, und das Verlangen nach einer Begegnung mit Annie steigerte sich bis zum Krankhaften. An Innstetten schreiben und ihn darum bitten, das war nicht moeglich. Ihrer Schuld war sie sich wohl bewusst, sie naehrte das Gefuehl davon mit einer halb leidenschaftlichen Geflissentlichkeit; aber inmitten ihres Schuldbewusstseins fuehlte sie sich andererseits auch von einer gewissen Auflehnung gegen Innstetten erfuellt. Sie sagte sich, er hatte recht und noch einmal und noch einmal, $ silberdurchwirkten Gewandes, den Duft drueben am Vesuv, die weissen Glockentuerme zwischen dem jungen Laub der Kastanien--ich koennte ihn geradezu umbringen vor In dieser seltsam aufgeregten Verfassung setzte er sich auf einen Stein am Wege nieder und sah finster um sich her. Und er hatte es halb und halb verdient, dass ihm durch die Erkenntnis seiner Unzulaenglichkeit die reine Stimmung zerstoert wurde. Er war mit der festen trotzigen Ueberzeugung ausgegangen, draussen der langentbehrten Muse zu begegnen. Ein Heft Papier hatte er zu sich gesteckt, und hinter jedem Felsenvorsprung, jeder Wald- oder Gartenecke rechnete er gespannt darauf, ein lyrisches Motiv zu finden. Denn der sehr toerichte und eitle Wunsch beseelte ihn, wo alles im Werden war, auch von seinem geringen Dasein irgend ein Zeugnis abzulegen. Und wohl jeder hat es schon einmal an sich selbst erfahren, dass ihn das grosse Werk der sich erneuenden Natur in eine Spannung versetzt, in der er die ‡nerhoertesten Dinge wirken und wagen moechte, in$ cht. Kein Dolch ist hier, von dem nicht Blut geflossen, Kein Kelch, aus dem sich nicht in ganz gesunden Leib Verzehrend heisses Gift ergossen, Kein Schmuck, der nicht ein liebenswuerdig Weib Verfuehrt, kein Schwert, das nicht den Bund gebrochen, Nicht etwa hinterruecks den Gegenmann durchstochen. MEPHISTOPHELES: Frau Muhme! Sie versteht mir schlecht die Zeiten. Getan, geschehn! Geschehn, getan! Verleg Sie sich auf Neuigkeiten! Nur Neuigkeiten ziehn uns an. Dass ich mich nur nicht selbst vergesse! Heiss ich mir das doch eine Messe! MEPHISTOPHELES: Der ganze Strudel strebt nach oben; Du glaubst zu schieben, und du wirst geschoben. Wer ist denn das? MEPHISTOPHELES: Betrachte sie gen.u! Lilith ist das. MEPHISTOPHELES: Adams erste Frau. Nimm dich in acht vor ihren schoenen Haaren, Vor diesem Schmuck, mit dem sie einzig prangt. Wenn sie damit den jungen Mann erlangt, So laesst sie ihn so bald nicht wieder fahren. Da sitzen zwei, die Alte mit der Jungen; Die haben schon was Rechts gesprungen! MEPHISTOPHELES: Das$ lt, Woelkchen kraeuselt, Schluepfet wallend, leise daempfet, Loeschend ueberall bekaempfet, Ihr, die lindernden, die feuchten, Wandelt in ein Wetterleuchten Solcher eitlen Flamme Spiel!-- Drohen Geister, uns zu schaedigen, Soll sich die Magie betaetigen. Verzeihst du, Herr, das Flammengaukelspiel? Ich wuensche mir dergleichen Scherze viel.-- Auf einmal sah ich mich in gluehnder Sphaere, Es schien mir fast, als ob ich Pluto waere. Aus Nacht und Kohlen lag ein Felsengrund, Von Flaemmchen gluehend. Dem und jenem Schlund Aufwirbelten viel tausend wilde Flammen Und flackerten in ein Gewoelb' zusammen. Zum hoechsten Dome zuengelt' es empor, Der immer ward und immer sich verlor. Durch fernen Raum gewundner FeuÃersaeulen Sah ich bewegt der Voelker lange Zeilen, Sie draengten sich im weiten Kreis heran Und huldigten, wie sie es stets getan. Vom meinem Hof erkannt' ich ein und andern, Ich schien ein Fuerst von tausend Salamandern. MEPHISTOPHELES: Das bist du, Herr! weil jedes Element Die Majestaet als unbedingt erken$ Traegheit Freunde seyn. Wir thun was loeblich ist; wo thut ihr wohl dergleichen. Drum eckelt uns vor euch; ihr muest uns billig weichen. Man sagt im Sprichwort sonst: Der Morgenroethe Licht Das voller Glanz und Strahl in Fuersten Schloesser bricFht, Wird nicht von Prinzen leicht in ihrer Pracht gesehen; Warum? sie pflegen oft am Mittag aufzustehen. Jezt aft ein Buergermann der Fuersten Mode nach, Wenn um die Mittagszeit die Sonne das Gemach Mit ihrem Strahl erfuellt, so weltzt man noch die Glieder, So dehnt man noch die Arm im Bette hin und wieder. Es macht dem Geist viel Mueh, dass er den Willen bricht, Daher man Thee, Caffee, ja Tobac, Pfeif und Licht Gar oft ins Bett verlangt. Und wenn man auferstehet, So heists: O! dass die Nacht so bald, so schnell vergehet. Man klagt die Mueh und Last des Lebens schmerzlich an, Wenn man der Haende=Paar, den Mund benebst den Zahn Zur Tischzeit regen soll. Ja was vor bittre Schmerzen Fuehlt man in seiner Brust, empfindet man im Herzen, Wenn man zu Facultaet und Richtstuh$ rzehret und verbrennt; Stein, Gicht und Podagra, und was man schmerzhaft nennt, Den Kopf=Weh, Mattigkeit und des Gebluetes wallen Wird keinen Maessigen so leichtlich ueberfallen. Wie ruhig und vergnuegt lebt ein vernuenftger Mann, Der seinen Lecker=Mund und Magen zwingen kan. Betracht des Bauers=Mann und stolzer Herren Kinder, Ist nicht die erste Art weit staerker und gesuender? Geniesst das zarte Kind nicht groessre Staerk und Lust Durch seiner Mutter Milch, als von der Huren Brust? Ein Stueckgen Brod, ein Trank von Gersten giebt mehr Kraefte, Als alles Zuckerwerk und leckerhafte Saefte. So wird das zarte Kind von Jugend angewoehnt, Dass es sich nach der Kost der geilen Eltern ehnt; Was Wunder wenn hernach die Laster sich vermehren, Die das erworbne Gut durch Zungen=Lust verzehren. Wie gluecklich ward nicht da das Volk am Tieber=Strohm, Da Buergermeister noch die ganze Welt und Rom Geschickt regiereten. Da man Gesetze gabe, (h) Dass Rom die Maessigkeit zum Augenmerke habe. Wie gluecklich ward ihr doch ihr Al$ Gottes=Hauss durch solche That entweyht; Wie weit die Tugend flieht; wie weit der Wohlstand reiset; Wie oft man nur zum Spott mit Fingern auf ihn weiset, Und ihn veraechtlich haelt; dass sein Gesundheits=Kahn Auf dem Schlaraffen=Meer bald Schifbruch nehmen kan: Deshalben will er nicht mit unterm Narren Haufen Nach Lethens todten Pfuhl zu seiner Schande laufen. Wir haltens insgesamt vor eine Landes=Noth, Wenn uns ein feindlich Heer mit Schwerdt und Pulver droht, Und unsre Friedenstadt bemueht ist zu belagern, Und durch die Kriegeskunst gedencket auszumagern, Durch Kugeln, Blitz und Glut die Stadt verderben will. Wie klaeglich klingt nicht da das Sayt= und Singe=Spiel? Man fuerchtet Schwerd und Feind, und schmiedt doch selbst die Wodurch wir unsern Fall, Noth, Todt und Elend schaffen. Die Liebe zu dem Trunck ist gar ein starcker Feind, Ob er gleich ohn Geschuetz und Schwerd und Bley erscheint. Ein oft gefuelltbes Glass mit Gerst= und Reben=Tropfen, Ist schon genug bey uns, zum Kriege anzuklopfen: Der Sieg ist a$ ers Wucht; Doch koemmt es schon so hoch, dass der den Gipfel sucht. Was gibt uns oft die Angst nicht ein? Der Wandrer sucht des Feindes los zu sein. Er stoesst, und stoesst den Fuss mit voller Leibesstaerke Dem Baere vor den Kopf. Doch grosse Wunderwerke Tat dieses Stoesschen nicht. Wie kann es anders sein? Wer Baere toeten will, braucht der den Fuss allein? Er taumelt nur, anstatt zu fallen, Und fasset schnell mit seinen Krallen Des Wandrers bFuss, der nach ihm stiess. Er haelt ihn, wie ein Baer. Durch Zerren und durch Beissen Sucht er den Raub herabzureissen. Jedoch je mehr er riss, je mehr haelt jener sich An Aesten fest und ritterlich. Wenn Witz und Tapferkeit uns nicht erretten kann, Beut oft das blinde Glueck uns seine Rettung an. Der wuetend plumpe Baer Ist fuer den duennen Ast zu schwer; Der bricht, und er faellt schuetternd schnell zu Boden. Der Fall bringt ihn fast um den Oden, Und keuchend schleicht er zornig fort. Von Schrecken, Furcht und Schmerzen eingenommen, Sieht kaum der Wanderer, dass er$ nicht. Wo ist Jaromir, mein Kind? Berta (ihr Gesicht in die Kissen verbergend). Vater! Vater! Nun, es sei! Fahre wohl denn, fahre wohl Meine letzte, einz'ge Hoffnung! Wohl, die Sonne ist hinunter, Ausgeglimmt der letzte Schein, Dunkle Nacht bricht rings herein. Es ist Schlafens-, Schlafenszeit!-- Gutes Maedchen, armes Kind, Klage, dulde, leide, stirb! Dir kann nimmer Segen werden, Fuer dich gibt's kein Glueck auf Erden, Bist du ja doch meine Tochter, Bist doch eine Borotin. Haltet ein, mein gnaed'ger Herr! Eure matte, wunde Brust Leidet unter Eurem Sprechen. Lass mich, treuer Diener, lass mich Noch einmal, am Rand des Grabes, Diesem wuesten, wirren Leben, Wuest und rauh und dennoch schoen, Noch einmal ins Auge sehn. Seine Freuden, seine Leiden Mich zum letzten, letzten Abschied, Noch einmal als Mensch mich fuehlend, Druecken an die Menschenbrust. Noch zum letzten Male schluerfen Aus dem bittersuessen Becher-- Und dann Schicksal nimm ihn hin! V,ter, nein! Nicht sterben!--Nein! Nein, Ihr duerft nicht, duerft $ eigen. Mein Herr, Sie hintergehen sich auf die erstaunlichste Art. Adrast. Ich mich? Der Wechsler. Theophan kann das unmoeglich sein, wofuer Sie ihn ausgeben. Hoeren Sie alles! Ich kam hierher, mein Ihnen gegebenes Wort wieder zurueckezunehmen. Ich hatte von sicherer Hand, nicht vom Theophan, Umstaende von Ihnen erfahren, die mich dazu noetigten. Ich fand ihn hier, und ich glaubte, es ihm ohne Schwierigkeit sagen zu Adrast. Dem Theophan? Wie wird sich der Niedertraechtige gekitzelt Der Wechsler. Gekitzelt? Er hat auf das nachdruecklichste fuer Sie gesprochen. Und kurz, wenn ich Ihnen mein erstes Versprechen halte, so geschieht es bloss in Betrachtung seiner. ÑAdrast. In Betrachtung seiner?--Wo bin ich? Der Wechsler. Er hat mir schriftliche Versicherungen gegeben, die ich als eine Buergschaft fuer Sie ansehen kann. Zwar hat er mir es zugleich verboten, jemanden das geringste davon zu sagen: allein ich konnte es unmoeglich anhoeren, dass ein rechtschaffener Mann so unschuldig verlaestert wuerde. $ n sprachen fuer mich, eben so viele fuer Lomellino! Dorias und die seinige standen noch aus. Zenturione (rasch ins Wort fallend). Standen noch aus. Ich votierte fuer Zibo. Doria--fuehlen Sie die Wunde meiner Ehre--Doria-Asserato (faellt ihm wieder ins Wort). So was erlebte man nicht, so lang der Ocean um Genua fluthet-Zenturione (hitziger fort). Doria zog ein Schwert, das er unter dem Scharlach verborgen gehalten, spiesste mein Votum daran, rief in die Versammlung: Zibo. »Senatoren, es gilt nicht! Es ist durchloechert! Lomellin ist Procurator.« Zenturione. »Lomellin ist Procurator,« und warf sein Schwert auf die Asserato. Und rief: »‹Es gilt nicht!« und warf sein Schwert auf die Fiesco (nach einigem Stillschweigen). Wozu sind Sie entschlossen? Zenturione. Die Republik ist ins Herz gestossen. Wozu wir entschlossen sind? Fiesco. Zenturione, Binsen moegen vom Athem knicken. Eichen wollen den Sturm. Ich frage, was Sie beschliessen? Zibo. Ich daechte, man fragte, was Genua beschliesse? Fiesco. Gen$ lt' ich Ihnen diesen Virginiakopf bezahlen, muesst' ich Genua in Versatz geben. Nehmen Sie weg. Romano. Mit Ehre bezahlt sich der Kuenstler. Ich schenke es Ihnen. (Er will hinaus.) Fiesco. Eine kleine Geduld, Romano. (Er geht mit majestaetischem Schritt im Zimmer und scheint ueber etwas Grosses zu denken. Zuweilen betrachtet er die Andern fliegend und scharf, endlich nimmt er den Maler bei der Hand, fuehrt ihn vor das Gemaelde.) Tritt her, Maler! (Aeusserst stolz und mit Wuerde.) So trotzig stehst du da, weil du Leben auf todten Tuechern heuchelst und grosse Thaten mit kleinem Aufwand verewigst. Du prahlst mit Poetenhitze, der Phantasie marklosem Marionettenspiel, ohne Herz, ohne thatenerwaermende Kraft; 3tuerzest Tyrannen auf Leinwand;--bist selbst ein elender Sklave? Machst Republiken mit einem Pinsel frei;--kannst deine eignen Ketten nicht brechen? (Voll und befehlend.) Geh! Deine Arbeit ist Gaukelwerk--der Schein weiche der That--(Mit Groesse, indem er das Tableau umwirft.) Ich habe gethan, was d$ ren und Schiffsvolk hab' ich. Die zwanzig Schiffe der Doria sind unbetakelt, unbemannt, leicht ueberrumpelt. Die Muendung der Darsena wird gestopft, alle Hoffnung zur Flucht verriegelt. Haben wir den Hafen, so liegt Genua an Ketten. Verrina. Unleugbar. Fiesco. Dann werden die festen Plaetze der Stadt erobert und besetzt. Der wichtigste ist das Thomasthor, das zum Hafen fuehrt und unsere Seemacht mit der Landmacht verknuepft. Beide Doria werden in ihren Palaesten ueberfallen, ermordet. In allen Gassen wird Laerm geschlagen; die Sturmglocken werden gezogen, die Buerger herausgerufen, unsere Partei zu nehmen und Genuas Freiheit zu verfechten. Beguenstiget uns das Glueck, so hoert ihr in der Signoria das Weitere. Verrina. Der Plan ist gut. Las÷s sehen, wie wir die Rollen vertheilen. Fiesco (bedeutend). Genueser, ihr stelltet mich freiwillig an die Spitze des Komplotts. Werdet ihr auch meinen weiteren Befehlen Verrina. So gewiss sie die besten sind. Fiesco. Verrina, weisst du das Woertchen unter der $ ichen Vision des Malers sich nur durch das fortwaehrende Weiterleben und Weiterhandeln unterscheidet. Wodurch schildert Homer so viel anschaulicher als alle Dichter? Weil er um so viel mehr anschaut. Wir reden ueber Poesie so abstract, weil wir alle schlechte Dichter zu sein pflegen. Im Grunde ist das aesthetische Phaenomen einfach; man habe nur die Faehigkeit, fortwaehrend ein lebendiges Spiel zu sehen und immerfort von Geisterschaaren umringt zu leben, so ist man Dichter; man fuehle nur den Trieb, sich selbst zu verwandeln und aus anderen Leibern und Seelen herauszureden, so ist man Dramatiker. Die dionysische Erregung ist øm Stande, einer ganzen Masse diese kuenstlerische Begabung mitzutheilen, sich von einer solchen Geisterschaar umringt zu sehen, mit der sie sich innerlich eins weiss. Dieser Prozess des Tragoedienchors ist das dramatische Urphaenomen: sich selbst vor sich verwandelt zu sehen und jetzt zu handeln, als ob man wirklich in einen andern Leib, in einen andern Charakter eingegangen waere. Diese$ r Mensch frei ueber das Feuer waltet und es nicht nur durch ein Geschenk vom Himmel, als zuendenden Blitzstrahl oder waermenden Sonnenbrand empfaengt, erschien jenen beschaulichen Ur-Menschen als ein Frevel, als ein Raub an der goettlichen Natur. Und so stellt gleich das erste philosophische Problem einen peinlichen unloesbaren Widerspruch zwischen Mensch und Gott hin und rueckt ihn wie einen Felsblock an die Pforte jeder Cultur. Das Beste und Hoechste, dessen die Menschheit theilhaftig werden kann, erringt sie durch einen Frevel und muss nun wieder seine Folgen dahinnehmen, naemlich die ganze Fluth von Leiden und von Kuemmernissen mit denen die beleidigten Himmlischen das edel emporstrebende Menschengeschlecht heimsuchen - muessen: ein herber Gedanke, der durch die Wuerde, die er dem Frevel ertheilt, seltsam gegen den semitischen Suendenfallmythus absticht, in welchem die Neugierde, ie luegnerische Vorspiegelung, die Verfuehrbarkeit, die Luesternheit, kurz eine Reihe vornehmlich weiblicher Affectionen als de$ wie damals, als er vor dem Edonerkoenig Lykurg floh, sich in die Tiefen des Meeres rettete, naemlich in die mystischen Fluthen eines die ganze Welt allmaehlich ueberziehenden Geheimcultus. Dass Sokrates eine enge BeziPhung der Tendenz zu Euripides habe, entging dem gleichzeitigen Alterthume nicht; und der beredteste Ausdruck fuer diesen gluecklichen Spuersinn ist jene in Athen umlaufende Sage, Sokrates pflege dem Euripides im Dichten zu helfen. Beide Namen wurden von den Anhaengern der "guten alten Zeit" in einem Athem genannt, wenn es galt, die Volksverfuehrer der Gegenwart aufzuzaehlen: von deren Einflusse es herruehre, dass die alte marathonische vierschroetige Tuechtigkeit an Leib und Seele immer mehr einer zweifelhaften Aufklaerung, bei fortschreitender Verkuemmerung der leiblichen und seelischen Kraefte, zum Opfer falle. In dieser Tonart, halb mit Entruestung, halb mit Verachtung, pflegt die aristophanische Komoedie von jenen Maennern zu reden, zum Schrecken der Neueren, welche zwar Euripides gerne pre$ o lebten Gockel und die Seinigen beinah ein Jahr in einer ganz ungemeinen irdischen Glueckseligkeit zu Gelnhausen, und der Koenig war so gut Freund mit ihm und seiner vortrefflichen Kueche und seinem unerschoepflichen Geldbeutel, und alle Einwohner des Landes hatten ihn seiner grossen Freigebigkeit wegen so lieb, dass man eigentlich gar nicht mehr unterscheiden konnte, wer der Koenigvon Gelnhausen war, Gockel oder Eifrasius. Auch wurde es unter beiden fest beschlossen, dass einstens Gackeleia die Gemahlin des Erbprinzen Kronovus werden und an seiner Seite den Thron von Gelnhausen besteigen sollte. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt, und so kamen auch ueber diese guten Leute noch manche Schicksale, an die sie gar nicht gedacht hatten. Alles hatte die kleine Gackeleia in vollem Ueberfluss, nur keine Puppe; denn Gockel bestand streng auf dem Verbot, das er ueber sie bei dem Tode des Alektryo hatte ergehen lassen, sie sollte zur Strafe niemals eine Puppe haben. Wenn sie nun um Weihnachten oder am St. Niklast$ ckchen, All' die art'gen Dingerchen Auf die feinen Fingerchen, Drehet sie mit Freudenblicken Und mit kind'schem Beifallnicken Appetitlich auf der Hand." "O wie artig, wie scharmant! Komm', ich hab gar schoene Laeppchen, Komm', wir machen Kinderkaeppchen." "Guck', hier bei dem zehnten Gloeckchen Haengt fuer sie ein krauses Roeckchen Und ein Hut mit Blumenstrauss, Geht als Sennerin sie aus. Sieh' im Korb die Blaetter decken Viele reine Butterwecken; Fette Milch und frische Eier Traegt sie feil, ist gar nicht theueÇ, Jeder sie noch billig fand." "O wie artig, wie scharmant! Sennerin komm' und mess' geschwind Mir ein Schoeppchen Milch fuer's Kind." "Guck', bei diesem eilften Gloeckchen Haengt ein grob geflicktes Roeckchen Und ein graues Futtersaeckchen, Und hier in dem Wanderbuendlein Traegt ein schreiend Wickelkindlein, Mit dem Lutscher in dem Muendchen, Sie als Pilgerin durch's Land; Hier ihr kluges, mag'res Huendchen, Das Septemberle genannt, Ist in aller Welt bekannt." "O wie artig, wie scharmant! Armes Kindc$ au erzaehlen hoeren. Es gab ein Maehrchen davon in der Gockelschen Familie, das man den Kindern erzaehlte, um ihnen Milde gegen die Armen einzufloessen.--Nun sah sie diesen Blumensarg vor ihren Augen; aber er war ganz welk und verdorrt.--Sie wollte um Alles in der Welt den Blumensarg wieder in seiner ganzen Schoenheit sehen. So drehte sie dann den Ring Salomonis mit den Worten: "Salomo, du weiser Koenig, Dem die Geister unterthaenig, Lasse neu den Sarg verzieren Mit des Dankes Blumengaben; Wolle uns vorueber fuehren Alle Armen, alle Kinder, Die den Sarg gewebet haben; All der Liebe Kraenzewinder, Die in Blumen einst begraben Dieses Herz, den Trost der Kinder. Sende all die Kronenbinder, Jene Blumen einzusammeln, Jene Kraeuter, jene Halmen, Deren Namen Wuensche stammeln, Deren Namen Dankespsalmen, Suesse Gruesse, Wohlgefallen, Wie unschuldige Kinder lallen. Um das Bettlei, wo in Frieden Ruht das ird'sche Kleid der Braut, Die vom Leib der Zeit geschieden, Ward dem ew'gen Geist getraut, Werde von dem Dank hieni$ und als sie den tiefrothen Fleck im Abendschein auf der Wiese funkeln sah, konnte sie der Begierde nicht wiederstehen; sie musste hineilen, und sich auf die Decke niedersetzen, und so entschlummerte sie. Da zogen die Raeuber mit verborgenen Schnueren ploetzlich die Decke ueber ihr zusammen, banden sie auf ein Pferd und entfuehren sie bis hieher unter die Hennenlinde, wo Urgockel sie auf ihr Huelfsgeschrei befreite.--Sieh, sie ist ganz in ein weites amaranthseidenes Gewand gehuellt, das deutet auf jene Decke, in der sie entfuehrt, gerettet und die Braut Urgockels ward. "--"Es passt recht schoen," sprach nun Gackeleia, "dass sie diese Farbe auch hier im Tode traegt, denn so ist sie auch in dieser Farbe von der Erde entfuehrt, und unter dem wahren Hennenkreuz gerettet, eine Braut des Himmels und wie ein Kuechlein unter die Fluegel der Henne versammelt worden.--Aber sage, warum haben denn die Raeuber die liebe Ahnfrau entfuehren wollen?--Sie sieht doch gar nicht so reichgeschmueckt aus wie andere Graefinnen, di$ lingen ist droben auf'm Schloss, beim gnaedigen Herrn, den haben sie geleit. Erster Reiter. Der Weislingen? Zweiter Reiter (leise). Peter! das ist ein gefunden Fressen! (Laut.) Wie lang ist er da? Metzler. Schon zwei Tage. Aber er will heut noch fort, hoert ich einen von den Kerls sagen. Erster Reiter (leise). Sagt ich dir nicht, er waer daher! Haetten wir dort drueben eine Weile passen koennen. Komm, Veit. Sievers. Helft uns doch erst die Bamberger auspruegeln. Zweiter Reiter. Ihr seid ja auch zu zwei. Wir muessen fort. Adies! Sievers. Lumpenhunde die Reiter! wann man sie nit bezahlt, tun sie dir keinen Streich. Metzler. Ich wollt schwoeren, sie haben einen Anschlag. Wem dienen Sievers. Ich soll's nit sagen. Sie dienen dem Goetz. Metzler. So! Nun wollen wir ueber die draussen. Komm! so lang ch einen Bengel hab, fuercht ich ihre Bratspiesse nicht. Sievers. Duerften wir nur so einmal an die Fuersten, die uns die Haut ueber die Ohren ziehen. Herberge im Wald Goetz (vor der Tuer unter der Li$ Was siehest du? Erster Knecht. Eure Reiter fliehen der Hoehe zu. Selbitz. Hoellische Schurken! Ich wollt, sie stuenden und ich haett eine Kugel vorm Kopf. Reit einer hin! und fluch und wetter sie zurueck. (Knecht ab.) Siehest du Goetzen? Knecht. Die drei schwarzen Federn seh ich mitten im Getuemmel. Selbitz. Schwimm, braver Schwimmer. Ich liege hier! Knecht. Ein weisser Federbusch, wer ist das? Selbitz. Der YHauptmann. Knecht. Goetz draengt sich an ihn--Bauz! Er stuerzt. Selbitz. Der Hauptmann? Knecht. Ja, Herr. Selbitz. Wohl! Wohl! Knecht. Weh! Weh! Goetzen seh ich nicht mehr. Selbitz. So stirb, Selbitz! Knecht. Ein fuerchterlich Gedraeng, wo er stund. Georgs blauer Busch verschwindt auch. Selbitz. Komm herunter. Siehst du Lersen nicht? Knecht. Nichts. Es geht alles drunter und drueber. Selbitz. Nichts mehr. Komm! Wie halten sich Sickingens Reiter? Knecht. Gut.--Da flieht einer nach dem Wald. Noch einer! Ein ganzer Trupp! Goetz ist hin. Selbitz. Komm herab. Knecht. Ich kan$ ute, Maenner mit geuebten Faeusten und hier wohl beschlagen (auf die Brust deutend). (Gerichtsdiener kommt.) Gerichtsdiener. Goetz von Berlichingen wartet vor der Tuer. Rat. Lasst ihn herein. (Goetz¯kommt.) Goetz. Gott gruess euch, ihr Herrn, was wollt ihr mit mir? Rat. Zuerst, dass Ihr bedenkt: wo Ihr seid? und vor wem? Goetz. Bei meinem Eid, ich verkenn euch nicht, meine Herrn. Rat. Ihr tut Eure Schuldigkeit. Goetz. Von ganzem Herzen. Rat. Setzt Euch. Goetz. Da unten hin? Ich kann stehn. Das Stuehlchen riecht so nach armen Suendern, wie ueberhaupt die ganze Stube. Rat. So steht! Goetz. Zur Sache, wenn's gefaellig ist. Rat. Wir werden in der Ordnung verfahren. Goetz. Bin's wohl zufrieden, wollt, es waer von jeher geschehen. Rat. Ihr wisst, wie Ihr auf Gnad und Ungnad in unsere Haende kamt. Goetz. Was gebt Ihr mir, wenn ich's vergesse? Rat. Wenn ich Euch Bescheidenheit geben koennte, wuerd ich Eure Sache Goetz. Gut machen! Wenn Ihr das koenntet! Dazu gehoert freilich mehr als zum Verderbe$ * * [Illustration: Erlkoenig, by Moritz von Schwind] * * * * * 15. GESANG DER GEISTER UEBER DEN WASSERN Des Menschen Seele Gleicht dem Wasser: Vom Himmel kommt es, Zum Himmel steigt es, Und wieder nieder 5 Zur Erde muss es, Ewig wechselnd. Stroemt von der hohen, Steilen Felswand Der reine Strahl, 10 Dann staeubt er lieblich In Wolkenwellen Zum glatten Fels, Und leicht empfangen, Wallt er ve^rschleiernd, 15 Leis rauschend Zur Tiefe nieder. Ragen Klippen Dem Sturz entgegen, Schaeumt er unmutig 20 Zum Abgrund. Im flachen Bette Schleicht er das Wiesental hin, Und in dem glatten See 25 Weiden ihr Antlitz Alle Gestirne. Wind ist der Welle Lieblicher Buhler; Wind mischt vom Grund aus 30 Schaeumende Wogen.$ 15 Und alles, was dir bleibt, ist nichts, solang' Das schoene All der Toene fehlt und Farben." Indem sie einst so sprachen, standen sie In einer einsamen Rotonde still, Wo ein verschleiert Bild von Riesengroesse 20 Dem Juengling in die Augen fiel. Verwundert Blickt er den Fuehrer an und spricht: "Was ist's, Das hinter diesem Schleier sich verbirgt?"-- "Die Wahrheit", ist die Antwort.--"Wie?" ruft jener, "Nach Wahrheit streb ich ja allein, und diese 25 Gerade ist es, die man mir verhuellt?" "Das mache mit der Gottheit aus", versetzt Der Hierophant. "Kein Sterblicher, sagt sie, Rueckt diesen SchleiQr, bis ich selbst ihn hebe. Und wer mit ungeweihter, schuld'ger Hand 30 Den heiligen, verbotnen frueher hebt, Der, spricht die Gottheit"--"Nun?"--"Der _sieht_ die Wahrheit." "Ein seltsamer Orakelspruch! Du selbst, Du haettest also niemals ihn gehoben?" "Ich?--Wahrlich nicht! Und war auch nie dazu $ t war er Schreiber, und wie ihn ein Patron nach dem andern fortjagte, Schelmstreiche halber, pfuscht er jetzt Notaren und Advokaten ins Handwerk, und ist ein Branntweinzapf. (Es kommt mehr Volk zusammen und steht truppweise.) Vansen. Ihr seid auch versammelt, steckt die Koepfe zusammen. Es ist immer redenswert, Soest. Ich denk' auch. Vansen. Wenn jetzt einer oder der andere Herz haette, und einer oder der andere den Kopf dazu, wir koennten die spanischen Ketten auf einmal Soest. Herre! So muesst Ihr nicht reden. Wir haben dem Koenig Vansen. Und der Koenig uns. Merkt das. Jetter. Das laesst sich hoeren! Sagt Eure Meinung! Einige andere. Horch, der versteht's! Der hat Pfiffe. Vansen. Ich hatte einen alten Patron, der besass Pergamente und Briefe von uralten Stiftungen, Kontrakten und Gerechtigkeiten; er hielt auf die rarsten Buecher. In einem stand unseÂre ganze Verfassung: wie uns Niederlaender zuerst einzelne Fuersten regierten, alles nach hergebrachten Rechten, Privilegien und Gewohnheiten; wi$ von dem die Farben groesstenteils abgefallen waren. "Sie lieben diese Malerei wohl wegen der Aehnlichkeit, meine Damen, denn die Zeichnung selbst ist schauderhaft ..." sagte er mit einem Blick auf "Es ist in Kalkutta gemalt, und zwar in grosser Eile!" antwortete die Mutter mit beegter Stimme. Dann betrachtete sie die formlose Skizze mit jener tiefen Versunkenheit, die die ploetzliche Erinnerung an ein Glueck verraet, das wohltuend fuer das Herz gewesen ist, wie der Tau des Morgens fuer die Blumen des Sommers. Zugleich lagen aber in dem Ausdruck, den die Zuege der alten Dame zeigten, die Spuren einer tiefen Trauer; wenigstens glaubte sich der Maler die Haltung und das Aussehen seiner Nachbarin so erklaeren zu muessen. Er setzte sich neben sie und sagte mit freundschaftlicher Stimme: "Meine Dame, noch kurze Zeit, und die Farben dieses Pastellbildes werden verschwunden sein. Das Portraet wird bald nur noch in Ihrer Erinnerung bestehen, und wo Sie geliebte Zuege erblickten, werden andere nichts mehr wahrnehmen ko$ s, wo sie nun als Opfer ihrer Demut eingeschlossen ist, und als Opfer der Eifersucht jener Damen, deren eifrigstes Bestreben es gewesen ist, eine so gefaehrliche und reizende Gestalt in den Hintergrund zu versetzen. Sie wird keinen Freund gehabt haben, der sie ermutigt haette, den Platz zu verteidigen, den sie dem ersten Plane gemaess eingenommen haben muss, und jede von diesen treulosen Taenzerinnen hat gewiss unter Androhung der schrecklichsten Strafe allen ihren Anhaengern verboten, unsere schoene Freundin aufzufordern. Sieh nur, mein Lieber, diese zaertlichen und offenen Augen haben gewiss eine allgemeine Verschwoerung gegen die Unbekannte veranlasst!... Diese Verschwoerung wird zustande gekommen sein, ohne dass eine einzige dieser Damen ein Woertchen gesagt haette, als: 'Meine Liebe, kennen Sie diese kleine blaue Dame?'--Hoere, Martial¿, willst Du binnen einer Viertelstunde von mehr schmeichelhaften Blicken beglueckt werden, als Du vielleicht in Deinem ganzen Leben einernten kannst, so tue, als wolltest $ h selbst worden bist--Gegen dich selbst nenn' ich es, da du es gegen mich bist, die auf eine so unzertrennliche Art dir einverleibt bin, dass ich mehr bin als der groessre Theil von dir selbst. Eher koenntest du einen Tropfen Wassers in die tieffe See fallen lassen, und unvermengt mit andern eben diesen Tropfen wieder zurueknehmen; als dich von mir losreissen, ohne mich mitzunehmen. Wie sehr wuerd' es dich bis in die Seele kraenken, wenn du nur hoeren wuerdest, dass ich ausgelassen sey, und dass dieser dir allein geheiligte Leib durch unkeusche Lust besudelt wuerde! Wuerdest du mich nicht anspeyen, nicht mit Fuessen stossen, und mir den Namen eines Ehmanns ins Gesicht werfen, und die beflekte Haut von meiner Huren-Stirne reissen, und von meiner treulosen Hand den Trauring abhauen, und ihn mit einem auf ewig uns scheidenden Geluebde zerbrechen?Ich weiss du kanst es, also thu es auch--ich bin mit einem ehebrecherischen Fleken beschmizt; mein Blut ist mit dem Schmuz der Unzucht vermengt; denn wenn wir beyde e$ n diesem Stueke, eine Anspielung auf die spanische Invasion im Jahr 1588, und die damalige Zeit-Umstaend; indem dieses Schauspiel laengstens einen oder zween Winter darnach zum erstenmal aufgefuehrt wurde. Warburton.} Nur guten Muth gefasst, alles soll noch gut gehen. Koenig Philipp. Was kan gut gehen, wenn es uns so uebel geht? Sind wir nicht geschlagen? Ist nicht Angiers verlohren? Arthur gefangen? Verschiedne von unsern besten Freunden erschlagen? Und unser blutiger Gegner, mit veraechtlicÊhem Troz nach England zuruekgegangen? Was er gewonnen hat, hat er befestiget: So kluge Entwuerfe, mit einem solchen Feuer ausgefuehrt, eine so gute Ordnung, in einem so ungestuemen Lauf ist ohne Exempel; wer hat jemals von einer Action wie diese ist, gelesen oder gehoert? Koenig Philipp. Ich koennte es nach wohl ertragen, dass England dieses Lob erhielte, wenn ich nur wenigstens ein Beyspiel, fuer unsre Schande kennte. (Constantia zu den Vorigen.) Sehet, wer kommt hier? Das Grab einer Seele, das den unsterblichen G$ Der Koenig stirbt.) Ihr athmet diese toedtlichen Zeitungen in ein todtes Ohr--Mein Gebieter, mein Koenig--doch--kaum ein Koenig, izt diss. Eben so muss ich nun lauffen, und eben so stille stehn. Was fuer Sicherheit, was fuer Hoffnung, kan uns diese Welt geben, wenn das, was eben izt ein Koenig war, so bald ein Erdkloss ist. Faulconbridge. Bist du dahin? O! ich bleibe nur zuruek, das Amt der Rache statt deiner zu vollziehen; und dann Roll meine Seele dir im Himmel aufwarten, wie sie dir auf Erden immer gedient hat-- (Zu den Lords.) Nun, nun, ihr Sterne, die ihr in eure Kreise zuruekgetreten seyd, wo sind eure Voelker? Beweiset nun eure wiedergekehrte Treue und eilet unverzueglich wider mit mir zuruek, um auslaendische Verwuestung und ewige Schmach aus der schwachen Thuere unsers unmaechtigen Landes auszutreiben. Lasst uns den Feind eilends aufsuchen, oder wir werden von ihm gesucht werden. Der Dauphin wuethet beynahe an unsern Fersen. So scheint es also, ihr wisset nicht so viel als wir. Der Cardinal Pa$ aeber Der Toten aufzubrechen dient. O Weib! Sieh hier, wie unsre Tochter blutet. Der Dolch hat sich verirrt; sieh seine Scheide Liegt ledig auf dem Ruecken Montagues, Er selbst steckt fehl in unsrer Tochter Busen. GRAeFIN CAPULET O weh mir! Dieser Todesanblick mahnt Wie Grabgelaeut mein Alter an die Grube. (Montague und andre kommen.) Komm, Montague! Frueh hast du dich erhoben, Um frueh gefallen deinen Sohn zu sehn. Ach, gnaedger Fuerst, mein Weib starb diese Nacht; Gram um des Sohnes Bann entseelte sie. Welch neues Leid bricht auf mein Alter ein? Schau hin, und du wirst sehn. O Ungeratner! Was ist das fuer Sitte Vor deinem Vater dich ins Grab zu draengen? Versiegelt noch den Mund des Ungestuems, Bis wir die Dunkelheiten aufgehellt Und ihren Quell und wahren Ursprung wissen. Dann will ich Eurer Leiden Hauptmann sein Und selbst zum Tod Euch fuehren.--Still indes! Das Missgeschick sei Sklave der Geduld. - Fuehrt die verdaechtigen Personen vor! Mich trifft, obschon den Unvermoegendsten, Am meisten der Verdac$ uf die ausserordentlichen Reizungen und Talente der gedachten Princessin, wodurch sie bey ihrem Aufenthalt am Franzoesischen Hofe alle Welt in Verwundrung sezte. 4.) Dass ihre Stimme die wilde See selbst zahm gemacht, deutet auf die waehrend ihrer Abwesenheit in Schottland entstandnen Unruhen, die ihre Wiederkunft sogleich wieder gestillet. Warbuerton merkt an, die Schoenheit dieses Bildes sey desto groesser, weil der gemeinen Sage nach, die Syrenen oder MeerÞweiber nur in Stuermen singen. 5.) Die verliebten Sterne, die ihr zulieb aus ihren Sphaeren sanken, bezeichnen verschiedene Herren von dem Englischen hohen Adel, welche von dieser Princessin in ihr ungluekliches Schiksal gezogen worden, besonders die Grafen von Northumberland und Westmorland, und den Herzog von Norfolk, den das Project sie zu heurathen das Leben kostete.} Ich wollte, wenn du es befaehlest, In viermal zeh'n Minuten einen Guertel Rings um die Erde zieh'n. --Hab' ich nun Erst diesen Saft, so will ich lauern, bis Titania schlafend ligt, u$ en seyn. Einen Sechser des Tags fuer Pyramus, oder nichts. (Zettel koemmt.) Wo sind die Jungens? wo sind diese Hasen-Herzen? Zettel!--O! hoechst curaschoeser Tag! o gluekselige Stunde! Ihr Herren, ich habe Wunderdinge zu erzaehlen, aber fragt mich nicht was; denn, ich will kein ehrlicher Athener seyn, wenn ich's euch sage. Ich will euch alles sagen, wie es gegangen ist. Lass uns hoeren, lieber Zettl. Nicht ein Wort von mir. Alles was ich euch sagen will, ist, dass der Herzog zu Mittag gegessen hat. Schaft eure Zuruestungen herbey, gute Strike fuer eure Baerte, neue Baender fuer eure Stiefeletten; kommet alle bey dem Pallast zusammen, jedermann uebersehe seinen Part; denn, ohne langes und breites, das Ende vom Lied ist, unser Spiel wird den Vorzug bekommen. Auf allen Fall, lasst Thisbe weisse Waesche anziehen; und lasst den der den Loewen spielen soll, seine Naegel nicht abschneiden, denn sie muessen als des Loewen Klauen heraus hangen: Und meine werthesten Agenten, esset mir ja weder Zwiebel noch Knob$ ahl lenkt mich ja nicht allein Die zarte Fordrung eines Maedchenauges; Auch schliesst das Los, woran mein Schicksal haengt, Mich von dem Recht des freien Waehlens aus. Doch, haette mich mein Vater nicht beengt, Mir auferlegt durch seinen Willen, dem Zur Gattin mich zu geben, welcher mich Auf solche Art gewinnt, wie ich Euch sagte: Ihr haettet gleichen Anspruch, grosser Prinz, Mit jedem Freier, den ich sah bis jetzt, Auf meine Neigung. Habt auch dafuer Dank. Drum fuehrt mich zu den Kaestchen, dass ich gleich Mein Glueck versuche. Bei diesem Saebel, der Den Sophi schlug und einen erserprinz, Der dreimal Sultan Soliman besiegt: Die wildsten Augen wollt ich ueberblitzen, Das kuehnste Herz auf Erden uebertrotzen, Die Jungen reissen von der Baerin weg, Ja, wenn er bruellt nach Raub, den Loewen hoehnen, Dich zu gewinnen, Fraeulein! Aber ach! Wenn Herkules und Lichas Wuerfel spielen, Wer tapfrer ist, so kann der bessre Wurf Durch Zufall kommen aus der schwaechern Hand; So unterliegt Alcides seinem Knaben, Und so ka$ , und nimm diesen!--[*Verfluchte Unbestaendigkeit der menschlichen Gedanken! Das Vergangne und Kuenftige scheint ihnen immer das beste, das Gegenwaertige immer das schlimmste. {ed. * Reime im Original.} Sollen wir unsre Leute mustern, und ausrueken? Wir hangen nun von der Zeit ab, und die Zeit befiehlt uns, zu gehen.] Zweyter Aufzug. Erste Scene. (Eine Strasse in London.) (Die Wirthin tritt mit den zween Haeschern, Fang und Schlinge auñ.) Herr Fang, habt ihr die Klage anhaengig gemacht? Sie ist anhaengig gemacht. Wo ist euer Scherge? Ist es ein braver Scherge? Ist er ein Mann, zum Anpaken? Holla, wo ist Schlinge? O Jemini! Ah, guter Herr Schlinge! Schlinge, wir muessen Sir John Falstaffen in Verhaft nehmen. Ach ja, guter Herr Schlinge, ich hab ihn verklagt, und alle. Das mag einigen von uns das Leben kosten; er wird vom Leder ziehen. Das ist doch ein Elend! Nehmt euch ja vor ihm in Acht; er erstach mich neulich in meinem eignen Hause, und das nur auf eine recht bestialische Art; er bekuemmert sich nichts$ Hal; Heil, mein koeniglicher Hal. Der Himmel schueze dich, du ruhmvolles Reis von koeniglichem Stamm! Gott gruess dich, mein suesser Junge! Koenig Heinrich. Milord Ober-Richter, sprecht zu diesem thoerichten Mann. Lord Ober-Richter. Seyd ihr bey Sinnen? Wisst ihr auch was ihr redt? Mein Koenig, mein Jupiter; ich rede mit dir, mein Herz. Koenig Heinrich. Ich kenne dich nicht, alter Mann; bereite dich zu deinem Tode: Wie uebel stehen graue Haare einem Narren und Pikelhaering an! Ich habe lange von einem so‘lchen Mann getraeumt, der so von Schwelgerey aufgeschwollen, so alt und so ruchlos war; aber da ich erwacht bin, verschmaeh' ich meinen Traum. Sorge dass dein Bauch kleiner--zuruek!-- und dein Werth groesser werde; lass dein Schwelgen; bedenke, dass das Grab seinen Rachen dreymal weiter gegen dich aufsperrt, als gegen andre Leute--Antworte mir keinen abgeschmakten Spass auf diss; bilde dir nicht ein, dass ich das Ding bin das ich war; der Himmel weiss, und die Welt soll es gewahr werden, dass ich mein vorm$ g geworfen, Und ich der aeltre und der schrecklichste; Und Caesar wird doch ausgehn. Ach, mein Gatte! In Zuversicht geht Eure Weisheit unter. Geht heute doch nicht aus; nennt's meine Furcht, Die Euch zu Hause haelt, ïicht Eure eigne. Wir senden Mark Anton in den Senat, Zu sagen, dass Ihr unpass heute seid. Lasst mich auf meinen Knien dies erbitten. Ja, Mark Anton soll sagen, ich sei unpass, Und dir zulieb will ich zu Hause bleiben. Decius tritt auf. Sieh, Decius Brutus kommt; der soll's bestellen. Heil, Caesar! Guten Morgen, wuerdger Caesar! Ich komm Euch abzuholen zum Senat. Und seid gekommen zur gelegnen Zeit, Den Senatoren meinen Gruss zu bringen. Sagt ihnen, dass ich heut nicht kommen will; Nicht kann, ist falsch; dass ich's nicht wage, falscher; Ich will nicht kommen heut, sagt ihnen das. Sagt, er sei krank. Hilft Caesar sich mit Luegen? Streckt ich so weit erobernd meinen Arm, Graubaerten scheu die Wahrheit zu verkleiden? Geht, Decius! sagt nur: Caesar will nicht kommen. Lasst einen Grund mich wis$ ten ihre Reinigung, So sind sie schuldlos wie die Heiligkeit. Lass dir's genuegen, dass ich dir nicht traue. Doch macht Eur Misstraun nicht mich zum Verraeter; Sagt mir, worauf der Anschein denn beruht? Herzog Friedrich. Genug, du bist die Tochter deines Vaters. Das war ich, als Eur Hoheit ihm sein Land nahm; Das war ich, als Eur Hoheit ihn verbannte. Verraeterei wird nicht vererbt, mein Fuerst, Und ueberkaemen wir von Eltern sie, Was geht's mich an? Mein Vater uebte keine. Drum, bester Herr, verkennt mich nicht so sehr, Zu glauben, meine Armut sei verraetrisch. Mein teuerster Gebieter, hoert mich an! Herzog Friedrich. Ja, Celia, dir zulieb liess ich sie bleiben, Sonst irte sie umher mit ihrem Vater. Ich bat nicht damals, dass sie bleiben moechte, Ihr wolltet es, Ihr waret selbst erweicht. Ich war zu jung um (die) Zeit, sie zu schaetzen: Jetzt kenn ich sie; wenn sie verraetrisch ist, So bin ich's auch; wir schliefen stets beisammen, Erwachten, lernten, spielten miteinander, Und wo wir gingen, wie der Juno Sc$ twillen, wie man glaubt, die Geister oft nach dem Tode umgehen muessen, so entdek es. (Ein Hahn kraeht.) Steh, und rede--Halt es auf, Marcellus-- Soll ich mit meiner Partisane darnach schlagen? Thu es, wenn es nicht stehen will. Hier ist es-- Izt ists hier-- (Der Geist geht ab.) Wir beleidigen die Majestaetische Gestalt, die es traegt, wenn wir Mine machen, als ob wir Gewalt dagegen brauchen wollen; und da es nichts als Luft ist, so ist es ja ohnehin unverwundbar, und unsre eiteln Streiche beweisen ihm nur unsern boesen Willen, ohne ihm wuerklich etwas anzuhaben. Es waL im Begriff zu reden, als der Hahn kraehete. Und da zitterte es hinweg, wie einer der sich eines Verbrechens bewusst ist, bey einer fuerchterlichen Aufforderung. Ich habe sagen gehoert, der Hahn, der die Trompete des Morgens ist, weke mit seiner schmetternden, scharftoenenden Gurgel den Gott des Tages auf, und, auf sein Warnen, entfliehe in Wasser oder Feuer, Luft oder Erde, jeder herumwandernde Geist in sein Bezirk zuruek: Und dass dieses wah$ nn ihr nicht seine Fuersprecherin gewesen waeret, so haette es Folgen haben koennen--Ich will mich hier verbergen; ich bitte euch, sagt ihm die Meynung fein scharf. Hamlet (hinter der Scene.) Mutter! Mutter!-- Seyd desswegen ohne Sorge; verlasst euch auf mich--Entfernt euch, ich hoer' ihn kommen. (Polonius verbirgt sich hinter die Tapeten.) (Hamlet tritt auf.) Nun, Mutter, was ist die Sache? Hamlet, du hast deinen Vater sehr beleidiget. Mutter, ihr habt (meinen) Vater sehr beleidiget. Kommt, kommt, ihr gebt mir eine verkehrte Antwort. Sie schikt sich auf eine boshafte Anrede. Wie, was soll das seyn, Hamlet? Was wollt ihr dann? Kennst du mich nicht mehr? Nein, beym Himmel, das nicht; ihr seyd die Koenigin, euers Gemahls Bruders Weib, aber ich wollte, ihr waeret es nicht!--Ihr seyd meine Gut, wenn du aus diesem Ton anfaengst, so will ich dir jemand antworten lassen, der reden kan-- Komt, kommt, und sezt euch nieder; ihr sollt mir nicht von der Stelle: Ich lass euch nicht gehen, bis ich euch einen Spiegel vorge$ jenigen ist, der ihn einnimmt? kan ich nicht entscheiden:) Kurz, der neue Stadthalter erwekt bey meinem Anlas alle die veralteten Straffen, die gleich einer ungepuzten Ruestung, so lange an der Wand gehangen, bis neunzehn Zodiaci sich umgewaelzt haben, ohne dass sie in einem einzigen gebraucht wordeºn; und um eines Namens willen, wekt er das vergessne tiefeingeschlafne Gesez wider mich auf; in der That, um eines Namens willen. Du hast recht, es ist nicht anders; und dein Kopf steht so schwach auf deinen Schultern, dass ihn ein verliebtes Milchmaedchen wegseufzen koennte. Schikt dem Herzog nach, und appellirt an ihn. Ich hab es gethan; aber man kan ihn nirgends finden. Ich bitte dich, Lucio, thu mir diesen Liebesdienst; ich hab eine Schwester im Kloster, die an diesem Tag ihre Probzeit enden soll. Gieb ihr Nachricht von der Gefahr worinn ich bin; bitte sie in meinem Namen, dass sie Freunde an den strengen Stadthalter schike; bitte sie, dass sie in eigner Person einen Anfall auf ihn thue; von dem leztern mac$ na hieher. (Zween oder drey gehen ab.) Othello (zu Jago.) Faehndrich, weiset ihnen den Weg, ihr kennt den Ort am besten-- (Jago geht ab.) --Und indessen bis sie kommt, will ich, so aufrichtig als ich dem Himmel selbst die Vergehungen meines Blutes bekenne, dieser ehrwuerdigen Versammlung anzeigen, wie ich das Herz der schoenen Desdemona gewonnen habe. Redet, Othello. Ihr Vater liebte mich, lud mich oft ein, fragte mich immer nach der Geschichte meines Lebens, von Jahr zu Jahr, und liessmich alle Schlachten, Belagerungen und Abentheuer, durch die ich passiert bin, erzaehlen. Das that ich nun, und durchlief mein ganzes Leben, von meinen kindischen Tagen an bis auf den nemlichen Augenblik, worinn er mich erzaehlen hiess: Und da sprach ich ihm also von den verschiedenen seltsamen Glueks-Wechseln, die ich erfahren, von hunderterley tragischen und herzbrechenden Unfaellen, die mir zu Wasser und Land aufgestossen, und wie oft ich kaum noch auf der Breite eines Haars dem eindringenden Tod entgangen; und wie ich in d$ sen.} wo die Ruhe, der Trost, die Wonne meines Lebens lag, aus deinem Herzen vertrieben zu seyn, oder es als eine Cisterne, worinn unflaetige Kroeten zuegeln, zu besizen: Hebe dich weg, Geduld, du junger, rosenwangichter Cherubin,--Da seh' ich grimmig wie die Hoelle aus. Ich hoffe, mein edelmuethiger Mann kennt mich genugsam, mich fuer unschuldig zu halten. O, ja, wie Sommerfliegen in Schlachthaeusern, die von einem anwehenden Lueftchen lebendig werden. O du giftiges Unkraut, warum bist du so lieblich anzusehen? Du riechst so gut, dass einem der Kopf davon weh thut. Ich wollte, du waerest nie gebofren worden! Himmel! was fuer eine Suende kan ich unwissender Weise begangen Wie, du fragst noch? Du fragst was du begangen habest? Begangen?-- O du Nichtswuerdige, ich wuerde meine Wangen zu Feuer-Essen machen, wo die Zucht zu Asche verbrennen muesste, wenn ich deine Thaten nennen wollte. Wie? was du begangen hast? Der Himmel stopft sich die Nase davor zu, und der Mond die Augen; der buhlerische Wind sogar,$ rt, wo nicht Wachen und ungewoehnliche Aufmerksamkeit auf meine Ertappung warten. Da ich nicht enrinnen kan, will ich mir auf eine andre Art helfen, und bin entschlossen, die niedrigste und armseligste Gestalt anzunehmen, die nur immer die Duerftigkeit ersinnen kan, den verachteten Menschen naeher zum Vieh herab zu sezen. Mein Gesicht will ich mit Schmuz entstellen, meine Lenden mit Binden umwikeln, mein Haar in Knoten schlingen, und mit dargebotner Naktheit, den Winden und den Verfolgungen des Wetters Troz bieten. Die Doerfer zeigen mir ein Muster an den Tollhaus-Bettlern, die mit heulenden Stimmen, in ihre gefuehllose, abgestorbene, nakte Arme, Naedeln, hoelzerne Pfriemen, Naegel und Rosmarin-Zweige schlagen, und in diesem entsezlichen Aufzug, vor kleinen Pacht-Hoefen, armen Bauerhuetten, Schaaf-Huerden und Muehlen, bald durch mondsuechtige Flueche, bald durch Gebete, der Mildthaetigkeit der Leute Gewalt anthun. Armer Turlupin*! Armer Tom! Das ist izt etwas--als Edgar bin ich nichts. {ed.-* Im vierzeh$ elmann und Soldaten.) Edmund (zum Edelmann.) Erkundiget euch, ob der Herzog bey seinem lezten Entschluss verharret, oder ob er indess sich duch irgend etwas bewegen lassen, einen andern Weg einzuschlagen? Er ist sehr wankelmuethig und missbilligt jeden Augenblik was er im vorigen beliebt hatte. Bringt uns seinen standhaften Willen. (Der Edelmann geht ab.) Unsrer Schwester Mann ist ganz gewiss auf dem Wege, sich zu Grunde Es ist moeglich, Madame. Nun, mein angenehmster Lord; ihr kennet die Gewogenheit die ich fuer euch habe. Sagt mir aufrichtig, liebet ihr meine Schwester nicht? Mit einer pflichtmaessigen Liebe. Aber habt ihr niemals--* {ed.-* Das Original ist hier kuehner als die Uebersetzung. Shakespeare laesst Regan fragen: (have you never found my brothers way to the fore-fended place?)} Nein, bey meiner Ehre, Madame. Ich werde sie nimmermehr leiden koennen; mein liebster Lord, enthaltet euch aller Vertraulichkeit mit ihr. Fuerchten Sie nichts; sie und der Herzog, ihr Gemahl-- (Der Herzog von Albanien,$ l war Macbeths Vater. Pope.} (Die Hexen verschwinden.) Die Erde hat Blasen, wie das Wasser, und diese sind welche davon; wo sind sie hingekommen? In die Luft; und was koerperlich schien, zerfloss wie Athem, in den Wind--Ich wollte, sie waeren noch da. Waren diese Dinge wuerklich hier, wovon wir reden; oder haben wir von der tollen Wurzel gegessen, die die Vernunft gefangen nimmt? Eure Kinder sollen Koenige werden-- Ihr selbst sollt Koenig seyn! Und Than von Cawdor dazu; hiess es nicht so? Das waren ihre Worte--Wer kommt hier? Fuenfte Scene. (Rosse und Angus zu den Vorigen.) Der Koenig hat, o Macbeth, die gluekliche Nachricht von deinen Siegen erhalten--Die Groesse der Thaten, die du im Gefecht mit den Rebellen gehaeuft hast, schien in seinen bewundernden Augen;das Ziel des menschlichen Ruhms--Aber kaum hatte er, ermuedet von deinem Lobe, den Mund geschlossen, als er hoerte, dass du gegen die unbaendigen Norwegischen Schaaren dich selbst uebertroffen habest. So dik wie Hagel kam Zeitung auf Zeitung, jede mit$ kam Bot auf Bote, Und jeder trug dein Lob, im grossen Kampf Fuer seinen Thron, und schuettets vor ihm aus. Wir sind gesandt vom koeniglichen Herrn, Dir Dank zu bringen; vor sein Angesicht Dich zu geleiten nur, nicht dir zu lohnen. Und als das Handgeld einer groessern Ehre Hiess er, als Than von Cawdor dich zu gruessen: Heil dir in diesem Titel, wuerdger Than, Denn er ist dein. Wie, spricht der Teufel wahr? Der Than von Cawdor lebt; was kleidet Ihr Mich in erborgten Schmuck? Der Than war, lebt noch; Doch unter schwerem Urteil scLwebt das Leben, Das er verwirkt. Ob er im Bund mit Norweg, Ob, Rueckhalt der Rebellen, er geheim Sie unterstuetzte, ob vielleicht mit beiden Er half zu seines Lands Verderb, ich weiss nicht; Doch Hochverrat, gestanden und erwiesen, Hat ihn gestuerzt. MACBETH (beiseit.) Glamis und Than von Cawdor: Das Hoechst ist noch zurueck.--Dank Eurer Mueh!-- Hofft Ihr nicht Euren Stamm gekroent zu sehen, Da jene, die mich Than von Cawdor nannten, Nichts Mindres prophezeit? Darauf gefusst, Moecht e$ ume sprachen, Auguren haben durch Geheimnis-Deutung Von Elstern, Kraehn und Dohlen ausgefunden Den tief verborgnen Moerder.--Wie weit ist die Nacht? LADY MACBETH Im Kampf fast mit dem Tag, ob Nacht, ob Tag. Was sagst du, dass Macduff zu kommen weigert Auf unsre Ladung? LADY MACBETH Sandtest du nach ihm? Ich hoerts von ungefaehr; doch will ich senden. Kein einzger, in des Haus mir nicht bezahlt Ein Diener lebte. Morgen will ich hin Und in der Fruehe zu den Zauberschwestern; Sie sollen mehr mir sagen, denn gespannt Bin ich, das Schlimmst auf schlimmstem Weg zu wissen. Zu meinem Vorteil muss sich alles fuegen; Ich bin einmal so tief in Blut gestiegen, Dass, wollt ich nun im Waten stillestehn, Rueckkehr so schwierig war als durchzugehn. Seltsames glueht im Kopf, es will zur Hand Und muss getan sein, eh noch recht erkannt. LADY MACBETH Dir fehlt die Wuerze aller Wesen, Schlaf. Zu Bett!--Dass selbstgeschaffnes Graun mich quaelt, Ist Furcht des Neulings, dem die Uebung fehlt. Wahrlëich, wir sind zu jung nur. (Sie g$ ch schon allen, waehl ich: und den andern Spar ich die Arbeit fuer den naechsten Kampf, Wie er sich bieten mag. Voran, ihr Freunde! Vier meiner Leute moegen die erwaehlen, Die mir am liebsten folgen. Cominius. Kommt, Geéfaehrten, Beweist, dass ihr nicht prahltet, und ihr sollt Uns gleich in allem sein. Siebente Szene Das Tor vor Corioli Titus Lartius, eine Besatzung in Corioli zuruecklassend, geht dem Marcius und Cominius mit Trommeln und Trompeten entgegen, ihm folgt ein Anfuehrer mit Kriegern Besetzt die Tore wohl, tut eure Pflicht, Wie ich's euch vorschrieb. Send ich, schickt zur Hilfe Uns die Zenturien nach; der Rest genuegt Fuer kurze Deckung. Geht die Schlacht verloren, So bleibt die Stadt uns doch nicht. Traut auf uns. Fort! und verschliesset hinter uns die Tore. Du, Bote, komm; fuehr uns ins roemsche Lager. Schlachtfeld Kriegsgeschrei, Marcius und Aufidius, die einander begegnen Mit dir nur will ich kaempfen! denn dich hass ich Mehr als den Meineid. Ja, so hass ich dich. Mir ist kein Drache Afrika$ r Mann, ich kan dirs nicht verdenken, ich bin selbst bis zur Betaeubung meiner Lebensgeister abgemattet; seze dich und ruhe aus. Ich gebe die Hoffnung auf, die ich wie einen Schmeichler bisher geheget habe; er ist umgekommen, den wir so muehsam suchen, und das Meer spottet unsers Nachforschens auf dem Lande Wol dann, es mag Antonio (leise zu Sebastian.) Ich bin sehr erfreut dass er so hoffnunglos ist. Vergesset, um eines Fehlstreichs willen, das Vorhaben nicht, wozu ihr euch entschlossen habt. Bey der naechsten bequemen Gelegenheit wollen wir unsern Vortheil besser nehmen. Lasst es diese Nacht seyn; sie sind von der Reise so abgemattet, dass sie weder daran denken, noch im Stande sind so viel Vorsichtigkeit zu gebrauchen, als wenn sie frisch waeren. Diese Nacht! Nichts weiter. (Man hoert eine seltsame und feyrliche Musik, und Prospero zeigt sich (den redenden Personen unsichtbar) auf der Spize des Berges. Verschiedne wunderbare Gespenster treten auf, tragen eine Tafel mit Speisen und Getraenk herzu, tanzen$ hst verstehn lernen! Dusterer. Is a rechte Lehr--is a wahre Christenlehr, Wastl; nimm dir's z' Herzen! Beispielmaessig moecht einem 's Leben anlachen wie a schoener Obstgarten, aber zulangen is net verlaubt, does verwihrt ein'm der liebe Liesel. Geh zu, Schwarzer, musst unsern Herrgottn noet zum Vogelschrecker machen! Hat er doch selber die Kirschen so rotbacket und d' Weinbeer so glanzend gmacht, no, und uebernimmt sich eins, is does sein eigene Sach, wie er wieder mit sein Magn auf gleich kimmt, und beispielmaessig gibt's koan bessere Lehr als so ein ueberessenen Spatzen, was marod auf 'm Astel sitzt und 'n andern zuschreit: Zviel is ungsund! Dusterer. Mein liebe Dirn, beispielmaessig kennst du dich lang no net aus, is a gar koan Red vom lieben Gott, der ein'm alls Göute vergunna moecht, sundern vom hoellischen Erbfeind, was ein'm zum uebermass verlockt, wo 'n ein'm drauf net gut wird und ma nachhert in der Hoell sein Kamillentee kriegt, was aber kein net schmeckt! Ja, ja, unter doe Kirschen liegent e$ locken ihnen entgegen, immer voller und reicher, je weiter sie kamen, und Heidi lauschte mit Entzuecken und sagte: "Hoerst du's, Grossvater? Es ist wie ein grosses, grosses Unten im Doerfli waren schon alle Leute in der Kirche und fingen eben zu singen an, als der Grossvater mit Heidi eintrat und ganz hinten auf der letzten Bank sich niedersetzte. Aber mitten im Singen stiess der zunaechst Sitzende seinen Nachbar mit dem Ellenbogen an und sagte: "Hast du das gesehen? Der Alm-Oehi ist in der Kirche!" Und der Angestossene stiess den Zweiten an und so fort, und in kuerzester Zeit fluesterte es an allen Ecken: "Der Alm-Oehi! Der Alm- Oehi!", und die Frauen mussten fast alle einen Augenblick den Kopf umdrehen, und die meisten fielen ein wenig aus der Melodie, so dass der Vorsaenger die groesste Muehe hatte, den GesaÄng schoen aufrechtzuerhalten. Aber als dann der Herr Pfarrer anfing zu predigen, ging die Zerstreutheit ganz vorueber, denn es war ein so warmes Loben und Danken in seinen Worten, dass alle Zuhoer$ ich. Minchen fuerwahr ist gut und war dir immer gewogen; Neulich fragte sie noch nach dir. Die solltest du waehlen!" Da versetzt bedenklich der Sohn: "Ich weiss nicht, es praegte Jener Verdruss sich so tief bei mir ein, ich moechte fuerwahr nicht Sie am Klaviere mehr sehn und ihre Liedchen vernehmen." Doch der Vater fuhr auf und sprach die zornigen Worte: "Wenig Freud' erleb ich an dir! Ich sagt' es doch immer, Als du zu Pferden nur und Lust nur bezeugtest zum Acker: Was ein Knecht schon verrichtet des wohlbegueterten Mannes, Tust du; indessen muss der Vater des Sohnes entbehren, Der ihm zur Ehre doch auch vor andern Buergern sich zeigte. Und so taeuschte mich frueh mit leerer Hoffnung die Mutter, Wenn in der Schule das Lesen und Schreiben und Lernen dir niemals Wie den andern gelang und du immer der Unterste sassest. Freilich! das kommt daher, wenn Ehrgefuehl nicht im Busen Eines Juenglinges lebt und wenn er nicht hoeher hinauf will. Haette mein Vater gesorgt fuer mich, so wie ich fuer dich tat, Mich $ keiner dem andern sich naehern, Keiner zum guten Worte, dem ersten, die Zunge bewegen. Darum sag ich dir, Sohn: noch lebt die Hoffnung in meinem Herzen, dass er sie dir, wenn sie gut und brav ist, verlobe, Obgleich arm, so entschieden er auch die Arme versagt hat. Denn er redet gar manches in seiner heftigen Art aus, Das er doch nicht vollbringt; so gibt er auch zu das Versagte. Aber ein gutes Wort verlangt er und kann es verlangen; Denn er ist Vater! Auch wissen wir wohl, sein Zorn ist nach Tische, Wo er heftiger spricht und anderer Gruende bezweifelt, Nie bedeutend; es reget der Wein dann jegliche Kraft auf Seines heftigen Wollens und laesst ihn die Worte der andern Nicht vernehmen, er hoert und fuehlt alleine sic selber. Aber es kommt der Abend heran, und die vielen Gespraeche Sind nun zwischen ihm und seinen Freunden gewechselt. Milder ist er fuerwahr, ich weiss, wenn das Raeuschchen vorbei ist Und er das Unrecht fuehlt, das er andern lebhaft erzeugte. Komm! wir wagen es gleich; das Frischgewagte $ Gegenwart! Um das zu hindern, sollt' ich wieder gehn! Wie, Mariamne? Nie gehoertest du Zu jenen Seelen jammervoller Art, Die, wie sie eben Antlitz oder Ruecken Des Feindes sehn, verzeihn und wieder grollen, Weil sie zu schwach fuer einen echten Hass Und auch zu klein fuer volle Grossmut sind. Was hat dich denn im Tiefsten so verwandelt, Dass du dich ihnen jetzt noch zugesellst? Du hast doch, als ich schied, ein Lebewohl Fuer mich gehabt; dies deucht mir, gab mir Anspruch Auf dein Willkommen und du weigerst das? Du stehst so da, als laege Berg und Tal Noch zwischen uns, die uns so lange trennten? Du trittst zurueck, wenn ich mich naehern will? So ist dir meine Wiederkunft verhasst? Wie sollte sie? Sie gibt mir ja das Leben Das Leben? Welch ein Wort ist dies! Du wirst nicht leugnen, dass du mich verstehst! Herodes (fuer sich). Kann sie's denn wissen? (Zu Mariamne.) Komm! (Da Mariamne nicht folgt.) Lasst uns allein! (Zu Alexandra.) Du wirst verzeihn! Gewiss! (Ab. Alle andern f$ er nuetze sei und haette es vermutlich schon gefunden, wenn mich die verwuenschte Glocke nichtOdabei gestoert haette." "Lieber Herr Kollege!" sagte Hinzelmeier, "das ist eine hoechst kritische Frage, woran vor Euch wohl noch kein Mensch gedacht hat! Aber wo habt Ihr denn den Stein?" "Ich sitze darauf", sagte Kasperle und zeigte aufstehend Hinzelmeiern den runden, wachsgelben Koerper, worauf er bisher gesessen hatte. "Ja", sagte Hinzelmeier, "es ist kein Zweifel, Ihr habt ihn wirklich gefunden; aber nun lasst uns bedenken, wozu er nuetze sei." Damit setzten sie sich einander gegenueber auf den Boden, indem sie den Stein zwischen sich nahmen und die Ellenbogen auf ihre Knie stuetzten. So sassen und sassen sie; die Sonne ging unter, der Mond ging auf und noch immer hatten sie nichts gefunden. Mitunter fragte der Eine: "Habt Ihr's" aber der Andere schuettelte immer mit dem Kopfe und sagte: "Nein, ich nicht; habt Ihr's?" und dann antwortete der Andere: "Ich auch nicht." Krahirius ging ganz vergnuegt im Grase auf $ kenntnissen, die man besitzt, ohne zu wissen woher, und auf den Kredit der Grundsaetze, deren Ursprung man nicht kennt, sofort ein Gebaeude errichten werde, ohne der Grundlegung desselben durch sorgfaeltige Untersuchungen vorher versichert zu sein, dass man also die Frage vorlaengst werde aufgeworfen haben, wie denn der Verstand zu allen diesen Erkenntnissen a priori kommen koenne, und welchen Umfang, Gueltigkeit und Wert sie haben moegen. In der Tat ist auch nichts natuerlicher, wenn man unter diesem Wort das versteht, was billiger- und vernuenftigerweise geschehen sollte; versteht man aber darunter das, was gewoehnlichermassen gesïhieht, so ist hinwiederum nichts natuerlicher und begreiflicher, als dass diese Untersuchung lange Zeit unterbleiben musste. Denn ein Teil dieser Erkenntnisse, die mathematischen, ist im alten Besitze der Zuverlaessigkeit, und gibt dadurch eine guenstige Erwartung auch fuer andere, ob diese gleich von ganz verschiedener Natur sein moegen. Ueberdem, wenn man ueber den Kreis der Erf$ t, und die Kategorien, als Begriffe des Verstandes. Von ihnen eine empirische Deduktion versuchen wollen, wuerde ganz vergebliche Arbeit sein; weil eben darin das Unterscheidende ihrer Natur liegt, dass sie sich auf ihre Gegenstaende beziehen, ohne etwas zu deren Vorstellung aus der Erfahrung entlehnt zu haben. Wenn also eine Deduktion derselben noetig ist, so wird sie jederzeit transzendental sein muessen. Indessen kann man von diesen Begriffen, wie von allem Erkenntnis, wo nicht das Prinzipium ihrer Moeglichkeit, doch die Gelegenheitsursachen ihrer Erzeugung in der Erfahrung aufsuchen, wo alsdann die Eindruecke der Sinne den ersten Anlass geben, die ganze Erkenntniskraft in Ansehung i(rer zu eroeffnen, und Erfahrung zustande zu bringen, die zwei sehr ungleichartige Elemente enthaelt, naemlich eine Materie zur Erkenntnis aus den Sinnen und eine gewisse Form, sie zu ordnen, aus dem inneren Quell des reinen Anschauens und Denkens, die, bei Gelegenheit der ersteren, zuerst in Ausuebung gebracht werden, und Begr$ Erscheinungen, als notwendig erkannt werden koennte, als das Dasein der Wirkungen aus gegebenen Ursachen nach Gesetzen der Kausalitaet. Also ist es nicht das Dasein der Dinge (Substanzen), sondern ihres Zustandes, wovon wir allein die Notwendigkeit erkennen koennen, und zwar aus anderen Zustaenden, die in der Wahrnehmung gegeben sind, nach empirischen Gesetzen der Kausalitaet. Hieraus folgt: dass das Kriterium der Notwendigkeit lediglich in dem Gesetze der moeglichen Erfahrung liege: dass alles, was geschieht, durch ihre Ursache in der Erscheinung a priori bestimmt sei. Daher erkennen wir nur die Notwendigkeit der Wirkungen in der Natur, deren Ursachen uns gegeben sind, und das Merkmal der Notwendigkeit m Dasein reicht nicht weiter, als das Feld moeglicher Erfahrung, und selbst in diesem gilt es nicht von der Existenz der Dinge, als Substanzen, weil diese niemals, als empirische Wirkungen, oder etwas, das geschieht und entsteht, koennen angesehen werden. Die Notwendigkeit betrifft also nur die Verhaeltnisse d$ eblichkeit, dennoch zur Vollstaendigkeit des Systems erforderlich scheinen duerfte. Der hoechste Begriff, von dem man eine Transzendentalphilosophie anzufangen pflegt, ist gemeiniglich die Einteilung in das Moegliche ujnd Unmoegliche. Da aber alle Einteilung einen eingeteilten Begriff voraussetzt, so muss noch ein hoeherer angegeben werden, und dieser ist der Begriff von einem Gegenstande ueberhaupt (problematisch genommen, und unausgemacht, ob er Etwas oder Nichts sei). Weil die Kategorien die einzigen Begriffe sind, die sich auf Gegenstaende ueberhaupt beziehen, so wird die Unterscheidung eines Gegenstandes, ob er Etwas, oder Nichts sei, nach der Ordnung und Anweisung der Kategorien fortgehen. 1. Den Begriffen von Allem, Vielem und Einem ist der, so alles aufhebt, d.i. Keines, entgegengesetzt und so ist der Gegenstand eines Begriffs, dem gar keine anzugebende Anschauung korrespondiert, = Nichts, d.i. ein Begriff ohne Gegenstand, wie die Noumena, die nicht unter die Moeglichkeiten gezaehlt werden koennen, ob$ reiheit, ohne welche selbst im Laufe der Natur die Reihenfolge der Erscheinungen auf der Seite der Ursachen niemals vollstaendig ist. Antithesis Es ist noch eine Kausalitaet durch Freiheit zur Erklaerung derselben anzunehmen notwendig. Es ist keine Freiheit, sondern alles in der Welt geschieht lediglich nach Gesetzen der Natur. Beweis Setzet: es gehe eine Freiheit im transzendentalen Verstande, als eine besondere Art von Kausalitaet, nach welcher die Begebenheiten der Welt erfolgen koennten, naemlich ein Vermoegen, einen Zustand, mithin auch eine Reihe von Folgen desselben, schlechthin anzufangen; so wird nicht allein eine Reihe durch diese Spontaneitaet, sondern die Bestimmu­g dieser Spontaneitaet selbst zur Hervorbringung der Reihe, d.i. die Kausalitaet, wird schlechthin anfangen, so dass nichts vorhergeht, wodurch diese geschehende Handlung nach bestaendigen Gesetzen bestimmt sei. Es setzt aber ein jeder Anfang zu handeln einen Zustand der noch nicht handelnden Ursache voraus, und ein dynam$ seiner Handlungen ist. Es ist keine der Bedingungen, die den Menschen diesem Charakter gemaess bestimmen, welche nicht in der Reihe der Naturwirkungen enthalten waere und dem Gesetze derselben gehorchte, nach welchem gar keine empirischunbedingte Kausalitaet vondem, was in der Zeit geschieht, angetroffen wird. Daher kann keine gegebene Handlung (weil sie nur als Erscheinung wahrgenommen werden kann) schlechthin von selbst anfangen. Aber von der Vernunft kann man nicht sagen, dass vor demjenigen Zustande, darin sie die Willkuer bestimmt, ein anderer vorhergehe, darin dieser Zustand selbst bestimmt wird. Denn da Vernunft selbst keine Erscheinung und gar keinen Bedingungen der Sinnlichkeit unterworfen ist, so findet in ihr, selbst in Betreff ihrer Kausalitaet, keine Zeitfolge statt, und auf sie kann also das dynamische Gesetz der Natur, was die Zeitfolge nach Regeln bestimmt, nicht angewandt werden. Die Vernunft ist also die beharrliche Bedingung aller willkuerlichen Handlungen, unter denen der Mensch erscheint$ wie des Zufaelligen, in solchem bloss spekulativen Gebrauche, alle Bedeutung, deren objektive Realitaet sich in concretobegreiflich machen lasse. Wenn man nun vom Dasein der Dinge in der Welt auf ihre Ursache schliesst, so gehoert dieses nicht zum natuerlichen, sondern zum spekulativen Vernunftgebrauch; weil jener nicht die Dinge selbst (Substanzen), sondern nur das, was geschieht, also ihre Zustaende, als empirisch zufaellig, auf irgendeine Ursache bezieht; dass die Substanz selbst (die Materie) dem Dasein nach zufaellig sei, wuerde ein bloss spekulatives Vernunfterkenntnis sein muessen. Wenn aber auch nur von der Form der Welt, der Art ihrer Verbindung und dem Wechsel derselben die Rede waere, ich wollte aber daraus auf eine Ursache schliessen, die von der Welt gaenzlich unterschieden ist; so wuerde dieses wiederum ein Urteil der bloss spekulativen Vernunft sein, weil der Gegenstand hier gar kein Objekt einer moeglichen Erfahrung ist. Aber alsdann wuerde der Grundsatz der Kausalitaet, der nur innerhalb dem $ ilich nur eine intelligible Welt ist, da die Sinnenwelt uns von der Natur der Dinge dergleichen systematische Einheit der Zwecke nicht verheisst, deren Realitaet auch auf nichts anders gegruendet werden kann, als auf die Voraussetzung eines hoechsten urspruenglichen Guts, da selbstaendige Vernunft, mit aller Zulaenglichkeit einer obersten Ursache ausgeruestet, nach der vollkommensten Zweckmaessigkeit die allgemeine, obgleich in der Sinnenwelt uns sehr verborgene Ordnung der Dinge gruendet, erhaelt und Diese Moraltheologie hat nun den eigentuemlichen Vorzug vor der spekulativen, dass sie unausbleiblich auf den Begriff eines einigen, allervollkommensten und vernuenftigen Urwesens fuelhrt, worauf uns spekulative Theologie nicht einmal aus objektiven Gruenden hinweist, geschweige uns davon ueberzeugen konnte. Denn, wir finden weder in der transzendentalen, noch natuerlichen Theologie, so weit uns auch Vernunft darin fuehren mag, einigen bedeutenden Grund, nur ein einiges Wesen anzunehmen, welches wir allen Naturu$ nur mit Begriffen und Grundsaetzen, die wir a priori annehmen, tunlich sein, indem man sie naemlich so einrichtet, dass dieselben Gegenstaende einerseits als Gegenstaende der Sinne und des Verstandes fuer die Erfahrung, andererseits aber doch als Gegenstaende, die man bloss denkt, allenfalls fuer die isolierte und ueber Erfahrungsgrenze hinausstrebende Vernunft, mithin von zwei verschiedenen Seiten betrachtet werden koennen. Findet e s sich nun, dass, wenn man die Dinge aus jenem doppelten Gesichtspunkte betrachtet, Einstimmung mit dem Prinzip der reinen Vernunft stattfinde, bei einerlei Gesichtspunkte aber ein unvermeidlicher Widerstreit der Vernunft mit sich selbst entspringe, so entscheidet das Experiment fuer die Richtigkeit jener Unterscheidung. Dieser Versuch gelingt nach Wunsch, und verspricht der Metaphysik in ihrem ersten Teile, da sie sich naemlich mit Begriffen a priori beschaeftigt, davon die korrespondierenden Gegenstaende in der Erfahrung jenen angemessen gegeben werden ko$ Vernunft wuerde ein Inbegriff derjenigen Prinzipien sein, nach denen alle reinen Erkenntnisse a priori koennen erworben und wirklich zustande gebracht werden. Die ausfuehrliche Anwendung eines solchen Organon wuerde ein System der reinen Vernunft verschaffen. Da dieses aber sehr viel verlangt ist, nd es noch dahin steht, ob auch hier ueberhaupt eine Erweiterung unserer Erkenntnis, und in welchen Faellen sie moeglich sei; so koennen wir eine Wissenschaft der blossen Beurteilung der reinen Vernunft, ihrer Quellen und Grenzen, als die Propaedeutik zum System der reinen Vernunft ansehen. Eine solche wuerde nicht eine Doktrin, sondern nur Kritik der reinen Vernunft heissen muessen, und ihr Nutzen wuerde in Ansehung der Spekulation wirklich nur negativ sein, nicht zur Erweiterung, sondern nur zur Laeuterung unserer Vernunft dienen, und sie von Irrtuemern frei halten, welches schon sehr viel gewonnen ist. Ich nenne alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht sowohl mit Gegenstaenden, sondern mit unserer Erkenntn$ ems aus, weil sie nur aus der Anschauung, aber nicht aus dem reinen Verstandesbegriffe gezogen sind; doch wird die Moeglichkeit derselben, weil sie gleichwohl synthetische Urteile a priori sind, hier notwendig Platz finden, zwar nicht, um ihre Richtigkeit und apodiktische Gewissheit zu beweisen, welches sie gar nicht noetig haben, sondern nur die Moeglichkeit solcher evidenten Erkenntnisse a priori begreiflich zu machen und zu deduzieren. Wir werden aber auch von dem Grundsatze analytischer Urteile reden muessen, und dieses zwar im Gegensatz mit der synthetischen, als mit welchen wir uns eigentlich beschaeftigen, weil eben diese Gegenstellung die Theorie der letzteren von allem Missverstande befreit, und sie in ihrer eigentuemlichen Natur deutlich vor Augen der Grundsaetze des reinen Verstandes Erster Abschnitt Von dem obersten Grundsatze aller analytischen Urteile Von welchem Inhañlt auch unsere Erkenntnis sei, und wie sie sich auf das Objekt beziehen mag, so ist doch die allgemeine, obzwar nur negative Bedi$ aupt, dass sie sãich nicht selbst widersprechen; widrigenfalls diese Urteile an sich selbst (auch ohne Ruecksicht aufs Objekt) nichts sind. Wenn aber auch gleich in unserem Urteile kein Widerspruch ist, so kann es dem ungeachtet doch Begriffe so verbinden, wie es der Gegenstand nicht mit sich bringt, oder auch, ohne dass uns irgendein Grund weder a priori noch a posteriori gegeben ist, welcher ein solches Urteil berechtigte, und so kann ein Urteil bei allem dem, dass es von allem inneren Widerspruche frei ist, doch entweder falsch oder grundlos sein. Der Satz nun: Keinem Dinge kommt ein Praedikat zu, welches ihm widerspricht, heisst der Satz des Widerspruchs, und ist ein allgemeines, obzwar bloss negatives, Kriterium aller Wahrheit, gehoert aber auch darum bloss in die Logik, weil er von Erkenntnissen, bloss als Erkenntnissen ueberhaupt, unangesehen ihres Inhalts gilt, und sagt: dass der Widerspruch sie gaenzlich vernichte und aufhebe. Man kann aber doch von demselben auch einen positiven Gebrauch machen, d.i$ ereinander richtig bestimmt werden kann. Die erste Frage vor aller weiteren Behandlung unserer Vorstellung ist die: in welchem Erkenntnisvermoegen gehoeren sie zusammen? Ist es der Verstand, oder sind es die Sinne, vor denen sie verknuepft, ode verglichen werden? Manches Urteil wird aus Gewohnheit angenommen, oder durch Neigung geknuepft; weil aber keine Ueberlegung vorhergeht, oder wenigstens kritisch darauf folgt, so gilt es fuer ein solches, das im Verstande seinen Ursprung erhalten hat. Nicht alle Urteile beduerfen einer Untersuchung, d.i. einer Aufmerksamkeit auf die Gruende der Wahrheit; denn, wenn sie unmittelbar gewiss sind: z.B. zwischen zwei Punkten kann nur eine gerade Linie sein; so laesst sich von ihnen kein noch naeheres Merkmal der Wahrheit, als das sie selbst ausdruecken, anzeigen. Aber alle Urteile, ja alle Vergleichungen beduerfen einer Ueberlegung, d.i. einer Unterscheidung der Erkenntniskraft, wozu die gegebenen Begriffe gehoeren. Die Handlung, dadurch ich die Vergleichung der Vorstellunge$ hreibart, eingeflossen sind, sowohl bei diesem Abschnitte, als auch in Ansehung des ganzen Werks, zur Entschuldigung anzufuehren: dass ich lieber etwas der Zierlichkeit der Sprache habe entziehen, als den Schulgebrauch durch die mindeste Unverstaendlichkeit erschweren wollen. Aus diesen Elementen entspringen alle Begriffe der reinen Seelenlehre, lediglich durch die Zusammensetzung, ohne im mindesten ein anderes Prinzipium zu erkennen. Diese Substanz, bloss als Gegenstand des inneren Sinnes, gibt den Begriff der Immaterialitaet; als einfache Substanz, der Inkorruptibilitaet; die Identitaet derselben, als intellektueller Substanz, gibt die Personalitaet; alle diese drei Stuecke zusammen die Spiritualitaet; das Verhaeltnis zu den Gegenstaenden im Raume gibt das Kommerzium mit Koerpern; mithin stellt sie die denkende Substanz, als das Prinzipium des Lebens in der Materie, d.i. sie als Seele (anima) und als den Grund der Animalitaet vor; diese durch die Spiritualitaet einàgeschraenkt, Immortalitaet. Hierau$ erstreitenden Argumenten nicht Blendwerke gesucht, um etwa (wie man sagt) einen Advokatenbeweis zu fuehren, welcher sich der Unbehutsamkeit des Gegners zu seinem Vorteile bedient, und seine Berufung auf ein missverstandenes Gesetz gerne gelten laesst, um seine eigenen unrechtmaessigen Ansprueche auf die Widerlegung desselben zu bauen. Jeder dieser Beweise ist aus der Sache Natur gezogen und der Vorteil beiseite gesetzt worden, den uns die Fehlschluesse der Dogmatiker von beiden Teilen geben koennten. Ich haette die Thesis auch dadurch dem Scheine nach beweisen koennen, dass ich von der Unendlichkeit einer gegebenen Groesse, nach der Gewohnheit der Dogmatiker, einen fehlerhaften Begriff vorangeschickt haette. Unendlich ist eine Groesse, ueber die keine groessere (d.i. ueber die darin enthaltene Menge einer gegebenen Einheit) moeglích ist. Nun ist keine Menge die groesste, weil noch immer eine oder mehrere Einheiten hinzugetan werden koennen. Also ist eine unendliche gegebene Groesse, mithin auch eine (der verf$ zu tun hat, die Bedingungen dieser Reihe immer als Teile derselben, mithin als gleichartig, folglich als Erscheinugen angesehen werden muessen, anstatt dass in jenem Regressus, da es nicht um die Moeglichkeit eines unbedingten Ganzen aus gegebenen Teilen, oder eines unbedingten Teils zu einem gegebenen Ganzen, sondern um die Ableitung eines Zustandes von seiner Ursache, oder des zufaelligen Daseins der Substanz selbst von der notwendigen zu tun ist, die Bedingung nicht eben notwendig mit dem Bedingten eine empirische Reihe ausmachen duerfe. Also bleibt uns, bei der vor uns liegenden scheinbaren Antinomie, noch ein Ausweg offen, da naemlich alle beide einander widerstreitenden Saetze in verschiedener Beziehung zugleich wahr sein koennen, so, dass alle Dinge der Sinnenwelt durchaus zufaellig sind, mithin auch immer nur empirischbedingte Existenz haben, gleichwohl von der ganzen Reihe, auch eine nichtempirische Bedingung, d.i. ein unbedingtnotwendiges Wesen stattfinde. Denn dieses wuerde, als intelligible Beding$ n kann. Das ist eine troestende Bemerkung, die der Vernunft wieder Mut gibt; denn, worauf wollte sie sich sonst verlassen, wenn sie, die allein alle Irrungen abzutun berufen ist, in sich selbst zerruettet waere, ohne Frieden und ruhigen Besitz hoffen zu koennen? Alles, was die Natur selbst anordnet, ist zu irgendeiner Absicht gut. Selbst Gifte dienen dazu, andere Gif e, welche sich in unseren eigenen Saeften erzeugen, zu ueberwaeltigen, und duerfen daher in einer vollstaendigen Sammlung von Heilmitteln (Offizin) nicht fehlen. Die Einwuerfe, wider die Ueberredungen und den Eigenduenkel unserer bloss spekulativen Vernunft, sind selbst durch die Natur dieser Vernunft aufgegeben, und muessen also ihre gute Bestimmung und Absicht haben, die man nicht in den Wind schlagen muss. Wozu hat uns die Vorsehung manche Gegenstaende, ob sie gleich mit unserem hoechsten Interesse zusammenhaengen, so hoch gestellt, dass uns fast nur vergoennt ist, sie in einer undeutlichen und von uns selbst bezweifelten Wahrnehmung anzutreff$ tentuer hereintreten zu sehen. * * * * * MEINE MUTTER HAT'S GEWOLLT Einige Tage nachher, es ging schon gegen Abend, sass die Familie, wie gewoehnlich um diese Zeit, im Gartensaal zusammen. Die Tueren standen offen; die Sonne war schon hinter den Waeldern jenseits des Sees. Reinhard wurde um die Mitteilung einiger Volkslieder gebeten, welche er am Nachmittage von einem auf dem Lande wohnenden Freunde geschickt bekommen£ hatte. Er ging auf sein Zimmer und kam gleich darauf mit einer Papierrolle zurueck, welche aus einzelnen sauber geschriebenen Blaettern zu bestehen schien. Man setzte sich an den Tisch, Elisabeth an Reinhards Seite. "Wir lesen auf gut Glueck," sagte er, "ich habe sie selber noch nicht durchgesehen." Elisabeth rollte das Manuskript auf. "Hier sind Noten," sagte sie, "das musst du singen, Reinhard." Und dieser las nun zuerst einige tiroler Schnaderhuepfel, [Fussnote: Dialektisch fuer "Schnitterhuepfen," d. h. Schnitter-Taenze oder Lieder, die besonders in Tiro$ und seine Beine wollten ihn nicht mehr halten; der Erzherzog warf ihm geschickt ein grosses Pflaster, das er in seinem Doktorapparate fand, ueber das Gesicht; der Kleine behauptete, ihm werde ganz dunkel vor den Augen. Die Edelleute versprchen ihm in geheucheltem Mitleiden, ihn nach Hause zu tragen, denn bis jetzt hatte er weder das Zimmer noch seine Geliebte erkannt, und schleppten ihn wirklich aus dem Zimmer. Braka war in der Zeit auf der Folter gespannt gewesen. Die Liebe des Erzherzogs hatte sich noch nicht erklaert und seine Freigebigkeit war nicht so weltkundig, im Gegenteil hatte sie von Frau Nietken erfahren, dass er etwas im Rufe der Knauserei stehe; der Alraun dagegen konnte so viel Schaetze entdecken, als irgend in der Welt verborgen waeren, er kuemmerte sich durchaus nicht, wie das Geld verwendet wuerde, solange es ihm selbst nicht fehlte. Stoerten die beiden Liebhaber einander gegenseitig, so entgingen ihr vielleicht alle Hoffnungen fuer die Bequemlichkeit ihres kuenftigen Lebens, und die gros$ er Baukunst daraus entspringen kann. Eine nochmalige Aufwartung beim Prinzen lehnte der Pater ab, und wir schieden beiderseits mit lebhaften Ausdruecken der Dankbarkeit und des Wohlwollens. Taormina, Montag, den 7. Mai 1787 Gott sei Dank, dass alles, was wir heute gesehen, schon genugsam beschrieben ist, mehr aber noch, dass Kniep sich vorgenommen hat, morgen den ganzen Tag oben zu zeichnen. Wenn man die Hoehe der Felsenwaende erstiegen hat, welche unfern des Meeresstrandes in die Hoehe steilen, findet man zwei Gipfel durch ein Halbrund verbunden. Was dies auch von Natur fuer eine Gestalt gehabt haben mag, die Kunst hat nachgeholfen und daraus den amphitheatralischen Halbzirkel fuer ZuschQuer gebildet; Mauern und andere Angebaeude von Ziegelsteinen, sich anschliessend, supplierten die noetigen Gaenge und Hallen. Am Fusse des stufenartigen Halbzirkels erbaute man die Szene quer vor, verband dadurch die beiden Felsen und vollendete das ungeheuerste Natur--und Setzt man sich nun dahin, wo ehmals die obersten Z$ Gestalt, Kleidung, Betragen, Beschaeftigung zu beurteilen und zu klassifizieren. Ich fand diese Operation hier leichter als irgendwo, weil der Mensch sich hier mehr selbst gelassen ist und sich seinemq Stande auch aeusserlich gemaess Ich fing meine Beobachtung bei frueher Tageszeit an, und alle die Menschen, die ich hie und da stillstehen oder ruhen fand, waren Leute, deren Beruf es in dem Augenblick mit sich brachte. Die Lasttraeger, die an verschiedenen Plaetzen ihre privilegierten Staende haben und nur erwarten, bis sich jemand ihrer bedienen will; die Kalessaren, ihre Knechte und Jungen, die bei den einspaennigen Kaleschen auf den grossen Plaetzen stehen, ihre Pferde besorgen und einem jeden, der sie verlangt, zu Diensten sind; Schiffer, die auf dem Molo ihre Pfeife rauchen; Fischer, die an der Sonne liegen, weil vielleicht ein unguenstiger Wind weht, der ihnen auf das Meer auszufahren verbietet. Ich sah auch wohl noch manche hin und wider gehen, doch trug meist ein jeder ein Zeichen seiner Taetigkeit m$ . Da das die Mohrin sah, fing sie auch an zu weinen; die Miss wollte sie kaufen, der Kapitaen aber hartnaeckig sie nicht hergeben. Jetzo sind sie nicht mehr hier; die Zeichnung besagt das Weitere. Paepstliche Teppiche Die grosse Aufopferung, zu der ich mich entschloss, eine von dem Gipel des Bergs bis beinahe ans Meer herabstroemende Lava hinter mir zu lassen, ward mir durch den erreichten Zweck reichlich vergolten, durch den Anblick der Teppiche, welche, am Fronleichnamstag aufgehaengt, uns an Raffael, seine Schueler, seine Zeit auf das glaenzendste erinnerten. In den Niederlanden hatte das Teppichwirken mit stehendem Zettel, Hautelisse genannt, sich schon auf den hoechsten Grad erhoben. Es ist mir nicht bekannt geworden, wie sich nach und nach die Fertigung der Teppiche entwickelt und gesteigert hat. In dem zwoelften Jahrhundert mag man noch die einzelnen Figuren durch Stickerei oder auf sonst eine Weise fertig gemacht und sodann durch besonders gearbeitete Zwischenstuecke zusammengesetzt haben. Dergle$ ssig. Man kann s nicht aus dem Hause gehn, nicht die kleinste Promenade machen, ohne die wuerdigsten Gegenstaende zutreffen. Meine Vorstellung, mein Gedaechtnis fuellt sich voll unendlich schoener Gegenstaende. Rom, den 20. Juli. 20 Ich habe recht diese Zeit her zwei meiner Kapitalfehler, die mich mein ganzes Leben verfolgt und gepeinigt haben, entdecken koennen. Einer ist, dass ich nie das Handwerk einer Sache, die ich treiben wollte oder sollte, lernen mochte. Daher ist gekommen, dass ich mit so viel natuerlicher Anlage so wenig gemacht und getan habe. Entweder es war durch die Kraft des Geistes gezwungen, gelang oder misslang, wie Glueck und Zufall es wollten, oder wenn ich eine Sache gut und mit ueberlegung machen wollte,war ich furchtsam und konnte nicht fertig werden. Der andere, nah verwandte Fehler ist, dass ich nie so viel Zeit auf eine Arbeit oder Geschaeft wenden mochte, als dazu erfordert wird. Da ich die Glueckseligkeit geniesse, sehr viel in kurzer Zeit denken und kombinieren zu koennen, $ tadt, wie er ihn aus den Truemmern herausgesuct. Eine Kolonnade, auf eine italienische Meile lang, ging vorn Tore durch die Stadt bis zum Sonnentempel, nicht in ganz gerader Linie, sie macht in der Mitte ein sanftes Knie. Die Kolonnade war von vier Saeulenreihen, die Saeule zehn Diameter hoch. Man sieht nicht, dass sie oben bedeckt gewesen; er glaubt, es sei durch Teppiche geschehen. Auf der grossen Zeichnung erscheint ein Teil der Kolonnade noch aufrecht stehend im Vordergrunde. Eine Karawane, die eben quer durchzieht, ist mit vielem Glueck angebracht. Im Hintergrunde steht der Sonnentempel, und auf der rechten Seite zieht sich eine grosse Flaeche hin, auf welcher einige Janitscharen in Karriere forteilen. Das sonderbarste Phaenomen ist: eine blaue Linie wie eine Meereslinie schliesst das Bild. Er erklaerte es uns, dass der Horizont der Wueste, der in der Ferne blau werden muss, so voellig wie das Meer den Gesichtskreis schliesst, dass es ebenso in der Natur das Auge truegt, wie es uns im Bilde anfangs$ ohen Heimkehr werd ich sehn, Noch vielen von den Euren werd ich toedlich sein, Noch viele Witwen machen, aber endlich werd Ich selbst umkommen und erfuellen mein Geschick. --Erfuelle du auch deines. Greife frisch zum Schwert, Und um des Lebens suesse Beute kaempfen wir. MONTGOMERY (steht auf). Nun, wenn du sterblich bist wie ich und Waffen dich Verwunden, kanns auch meinem Arm beschieden sein, Zur Hoell dich sendend Englands Not zu endigen. In Gottes gnaedge Haende leg ich mein Geschick. Ruf du Verdammte deine Hoellengeister an, Dir beizustehen! Wehre deines Lebens dich! (Er ergreift Schild und Schwert und dringt auf sie ein, kriegerische Musik erschallt in der Ferne, nach einen kurzen Gefechte faellt Montgomery) ZWEITER AUFZUG Achter Auftritt Johanna allein Dic trug dein Fuss zum Tode--Fahre hin! (Sie tritt von ihm weg und bleibt gedankenvoll stehen) Erhabne Jungfrau, du wirkst Maechtiges in mir! Du ruestest den unkriegerischen Arm mit Kraft, Dies Herz mit Unerbittlichkeit bewaffnest du. In Mitleid schmilzt $ hen herausgehen? Ist sie schon lange fort? Anton. Ich habe sie, so wahr ich ehrlich bin, nicht sehen hereingehen. Sie ist nicht drinne; glauben Sie mir nur, sie ist nicht drinne-- Fuenfter Auftritt Lisette. Damis. Anton. Lisette. Allerdings ist sie noch drinne-- Anton. O das Rabenaas! Damis. So lange hat Sie sich hier versteckt gehalten? Arme Lisette! das war mein Wille gar nicht. Sobald mein Vater aus der Stube gewesen waere, haette Sie immer wieder herausgehen koennen. Lisette. Ich wusste doch nicht, ob ich recht taete. Ich wollte also lieber warten, bis mich der, der mich versteckt hatte, selbst wieder hervorkommen hiess-- Anton. Zum Henker, von was fuer einem Verstecken reden die? (Sachte zu Lisetten.) So, du feines Tierchen? hat dich mein Herr selbst schon einmal vesteckt? Nun weiss ich doch, wie ich die gestrige Ohrfeige auslegen soll. Du Falsche! Lisette. Schweig; sage nicht ein Wort, dass ich zuvor bei dir gewesen bin, oder--du weisst schon-- Damis. Was schwatzt ihr denn beide da zusa$ t kaemen.) Damis. Unwissender, niedertraechtiger Kerl! habe ich dir nicht oft genug gesagt, keine Seele in meine Stube zu lassen als aufs hoechste meinen Vater? Was will denn die hier? Lisette. Unwissender, niedertraechtiger Kerl! hast du mir es nicht oft genug gesagt, dass ich mich aus der Stube fortmachen soll? Kannst du dir denn aber nicht einbilden, dass die, welche im Kabinette hat seinl duerfen, auch Erlaubnis haben werde, in der Stube zu sein? Unwissender, niedertraechtiger Kerl! Anton. Wem soll ich nun antworten? Damis. Gleich stosse sie zur Stube hinaus! Anton. Stossen? mit Gewalt? Damis. Wenn sie nicht in gutem gehen will-- Anton. Lisette, geh immer in gutem-- Lisette. Sobald es mir gelegen sein wird. Damis. Stoss sie heraus, sag ich! Anton. Komm, Lisette, gib mir die Hand; ich will dich ganz ehrbar herausfuehren. Lisette. Grobian, wer wird denn ein Frauenzimmer mit der blossen Hand fuehren wollen? Anton. O ich weiss auch zu leben!--In Ermanglung eines Handschuhs also--(er nimmt den Z$ t und Boese 1. Hauptstueck: Von den Vorurtheilen der Philosophen. 2. Hauptstueck: Der freie Geist. 3. Hauptstueck: Das religioese Wesen. 4. Hauptstueck: Sprueche und Zwischenspiele. 5. Hauptstueck: Zur Naturgeschichte der Moral. 6. Hauptstueck: Wir Gelehrten. 7. Hauptstueck: Unsere Tugenden. 8. Hauptstueck: Voelker und Vaterlaender. 9. Hauptstueck: Was ist vornehm? Aus hohen Bergen. Nachgesang. Jenseits von Gut und Boese Vorspiel einer Philosophie der Zukunft. Vorausgesetzt, dass die Wahrheit ein Weib ist -, wie? ist der Verdacht nicht gegruendet, dass alle Ph^losophen, sofern sie Dogmatiker waren, sich schlecht auf Weiber verstanden? dass der schauerliche Ernst, die linkische Zudringlichkeit, mit der sie bisher auf die Wahrheit zuzugehen pflegten, ungeschickte und unschickliche Mittel waren, um gerade ein Frauenzimmer fuer sich einzunehmen? Gewiss ist, dass sie sich nicht hat einnehmen lassen: - und jede Art Dogmatik steht heute mit betruebter und muthloser Haltung da.$ ste, dessen unser Auge noch habhaft werden kann: - wir finden Gruende ueber Gruende dafuer, die uns zu Muthmaassungen ueber ein betruegerisches Princip im "Wesen der Dinge" verlocken moechten. Wer aber unser Denken selbst, also "den Geist" fuer die Falschheit der Welt verantwortlich macht - ein ehrenhafter Ausweg, den jeder bewusste oder unbewusste advocatus dei geht -: wer diese Welt, sammt Raum, Zeit, Gestalt, Bewegung, als falsch erschlossen nimmt: ein Solcher haette mindestens guten Anlass, gegen alles Denken selbst endlich Misstrauen zu lernen: haette es uns nicht bisher den allergroessten Schabernack gespielt? und welche Buergschaft dafuer gaebe es, dass es nicht fortfuehre, zu thun, was es immer gethan hat? In allem Ernste: die Unschuld der Denker hat twas Ruehrendes und Ehrfurcht Einfloessendes, welche ihnen erlaubt, sich auch heute noch vor das Bewusstsein hinzustellen, mit der Bitte, dass es ihnen ehrliche Antworten gebe: zum Beispiel ob es "real" sei, und warum es eigentlich die aeussere Welt sich $ oennte sagen, trotz Plato: naemlich der Sokratismus, fuer den er eigentlich zu vornehm war. "Keiner will sich selbst Schaden thun, daher| geschieht alles Schlechte unfreiwillig. Denn der Schlechte fuegt sich selbst Schaden zu: das wuerde er nicht thun, falls er wuesste, dass das Schlechte schlecht ist. Demgemaess ist der Schlechte nur aus einem Irrthum schlecht; nimmt man ihm seinen Irrthum, so macht man ihn notwendig - gut." - Diese Art zu schliessen riecht nach dem Poebel, der am Schlechthandeln nur die leidigen Folgen in's Auge fasst und eigentlich urtheilt "es ist dumm, schlecht zu handeln"; waehrend er "gut" mit "nuetzlich und angenehm" ohne Weiteres als identisch nimmt. Man darf bei jedem Utilitarismus der Moral von vornherein auf diesen gleichen Ursprung rathen und seiner Nase folgen: man wird selten irre gehn. - Plato hat Alles gethan, um etwas Feines und Vornehmes in den Satz seines Lehrers hinein zu interpretiren, vor Allem sich selbst -, er, der verwegenste aller Interpreten, der den ganzen Sokrate$ auch die beste tiefste Liebe ist! - Es ist moeglich, dass unter der heiligen Fabel und Verkleidung von Jesu Leben einer der schmerzlichsten Faelle vom Martyrium des Wissens um die Liebe verborgen liegt: das Martyrium des unschuldigsten und begehrendsten Herzens, das an keiner Menschen-Liebe je genug hatte, das Liebe, Geliebt-werden und Nichts ausserdem verlangte, mit Haerte, mit Wahnsinn, mit furchtbaren Ausbruechen gegenÞDie, welche ihm Liebe verweigerten; die Geschichte eines armen Ungesaettigten und Unersaettlichen in der Liebe, der die Hoelle erfinden musste, um Die dorthin zu schicken, welche ihn nicht lieben wollten, - und der endlich, wissend geworden ueber menschliche Liebe, einen Gott erfinden musste, der ganz Liebe, ganz Lieben- koennen ist, - der sich der Menschen-Liebe erbarmt, weil sie gar so armselig, so unwissend ist! Wer so fuehlt, wer dergestalt um die Liebe weiss -, sucht den Tod. - Aber warum solchen schmerzlichen Dingen nachhaengen? Gesetzt, dass man es nicht muss. - Der geistige Hochmuth$ d (springt erschuettert auf). Was? auch Sie?--Vater! auch Sie?--und nicht wahr, mein Vater, ein Geschoepf wie die Unschuld?--Und es ist so menschlich, dieses Maedchen zu lieben? Praesident. Sage so: es ist Verbrechen, sie nicht zu lieben. Ferdinand. Unerhoe^t! Ungeheuer!--Und Sie schauen ja doch sonst die Herzen so durch! Sahen sie noch dazu mit Augen des Hasses! --Heuchelei ohne Beispiel--Diese Millerin, Vater-Praesident. Ist es werth, meine Tochter zu sein. Ich rechne ihre Tugend fuer Ahnen und ihre Schoenheit fuer Gold. Meine Grundsaetze weichen deiner Liebe--Sie Ferdinand (stuerzt fuerchterlich aus dem Zimmer). Das fehlte noch! --Leben Sie wohl, mein Vater. (Ab.) Praesident (ihm nachgehend). Bleib! Bleib! Wohin stuermst du? (Ab.) Sechste Scene. Ein praechtiger Saal bei der Lady. Lady und Sophie treten herein. Lady. Also sahst du sie? Wird sie kommen? Sophie. Diesen Augenblick. Sie war noch im Hausgewand und wollte sich nur in der Geschwindigkeit umkleiden. Lady. Sage mir nichts von ihr-$ chts, als sein Instrument und das einzige--Du willst's ihm rauben? Rauben?--rauben den letzten Nothpfenning einem Bettler? Die Kruecke zerbrochen vor die Fuesse werfen dem Lahmen? Wie? Hab' ich auch Brust fuer das?--Und wenn er nun heimeilt und nicht erwarten kann, die ganze Summe seiner Freuden vom Gesicht dieser Tochter heunter zu zaehlen, und hereintritt und sie da liegt, die Blume--welk--todt--zertreten, muthwillig, die letzte, einzige, unueberschwaengliche Hoffnung--Ha, und er dasteht vor ihr, und dasteht und ihm die ganze Natur den lebendigen Odem anhaelt, und sein erstarrter Blick die entvoelkerte Unendlichkeit fruchtlos durchwandert, Gott sucht, und Gott nicht mehr finden kann und leerer zurueckkommt--Gott! Gott! Aber auch mein Vater hat diesen einzigen Sohn--den einzigen Sohn, doch nicht den einzigen Reichthum--(Nach einer Pause.) Doch wie? Was verliert er denn? Das Maedchen, dem die heiligsten Gefuehle der Liebe nur Puppen waren, wird es den Vater gluecklich machen koennen?--Es wird nicht, e$ h Ihm (nach einer Pause mit Wehmuth) den drei Monat langen gluecklichen Traum von Seiner Tochter. Miller (fasst seine Hand, die er stark drueckt). Gnaediger Herr! Waeren Sie ein schlechter, geringer Buergersmann--(rasch) und mein Maedel liebte Sie nicht--erstechen wollt' ich's, das Maedel! (Wieder beim Geld, darau;f niedergeschlagen.) Aber da hab' ich ja nun Alles und Sie nichts, und da werd' ich nun das ganze Gaudium wieder herausblechen muessen? Heh? Ferdinand. Lass Er sich das nicht anfechten, Freund--Ich reise ab, und in dem Land, wo ich mich zu setzen gedenke, gelten die Stempel Miller (unterdessen mit unverwandten Augen auf das Gold hingeheftet, voll Entzueckung). Bleibt's also mein? Bleibt's?--Aber das thut mir nur leid, dass Sie verreisen--Und wart, was ich jetzt auftreten will! Wie ich die Backen jetzt vollnehmen will! (Er setzt den Hut auf und schiesst durch das Zimmer.) Und auf den Markt will ich und meine Musikstunden geben und Numero fuenfe Dreikoenig rauchen, und wenn ich wieder auf de$ dessen mit dem Rechnungswesen zu beschaeftigen. Die Strassen vor dem Palast, wo die Ordensraete, Philosophen und Naturforscher ihre Sitzung halten sollten, wurden mit dickem Stroh belegt, damit das Gerassel der Wagen die weisen Maenner nicht stoere, und ebendaher durfte auch nicht getrommelt, Musik gem—acht, ja nicht einmal laut gesprochen werden in der Naehe des Palastes. Im Palast selbst tappte alles auf dicken Filzschuhen umher, und man verstaendigte sich durch Zeichen. Sieben Tage hindurch vom fruehsten Morgen bis in den spaeten Abend hatten die Sitzungen gedauert, und noch war an keinen Beschluss zu Der Fuerst, ganz ungeduldig, schickte ein Mal ueber das andere hin und liess ihnen sagen, es solle in des Teufels Namen ihnen doch endlich etwas Gescheutes einfallen. Das half aber ganz und gar nichts. Der Naturforscher hatte soviel moeglich Zinnobers Natur erforscht, Hoehe und Breite seines Rueckenauswuchses genommen und die genaueste Berechnung darueber dem Ordensrat eingereicht. Er war es auch, der endlich$ voller Freude dir alles gewaehren. Aber noch mehr! - Ziehst du mit deiner Candida ein in mein Landhaus, so ist das Glueck deiner Ehe gesichert. Hinter den schoenen Baeumen waechst alles, was das Haus bedarf; ausser den herrlichsten Fruechten der schoenste Kohl und tuechtiges schmackhaftes Gemuese ueberhaupt, wie man es weit und breit nicht findet. Deine Fau wird immer den ersten Salat, die ersten Spargel haben. Die Kueche ist so eingerichtet, dass die Toepfe niemals ueberlaufen und keine Schuessel verdirbt, solltest du auch einmal eine ganze Stunde ueber die Essenszeit ausbleiben. Teppiche, Stuhl- und Sofa-Bezuege sind von der Beschaffenheit, dass es bei der groessten Ungeschicklichkeit der Dienstboten unmoeglich bleibt, einen Fleck hineinzubringen, ebenso zerbricht kein Porzellan, kein Glas, sollte sich auch die Dienerschaft deshalb die groesste Muehe geben und es auf den haertesten Boden werfen. Jedesmal endlich, wenn deine Frau waschen laesst, ist auf dem grossen Wiesenplan hinter dem Hause das allerschoen$ h dem Fenster: "Hinunter mit dir," schrie er, "hinunter mit dir, schaendliche heillose Missgeburt, die mich so schmachvoll hintergangen, mich um alles Glueck des Lebens gebracht hat!" Er wollte den Kleinen hinabstuerzen durch das geoeffnete Fenster, doch der Aufseher des zoologischen Kabinetts, der auch zugegen, sprang mit Blitzesschnelle hinzu, fasste den Kleinen und entriss ihn Mosch Terpins Faeusten. "Halten Sie ein," sprach der Aufseher, "halten Sie ein, Herr Professor, vergreifen Sie sich nicht an fuerstlichem Eigentum. Es ist keine Missgeburt, es ist der Mycetes Belzebub, Simia Belzebub, der dem Museo entlaufen." "Simia Belzebub - Simia Belzebub!" ertoente es von allen Seiten unter schallendem Gelaechter. Doch kaum hatte der Aufseher den Kleinen auf den Arm genommen und ihn recht angesehen, als er anmutig ausrief: "Was sehe ich! - das ist ja nicht Simia Belzebub, das ist ja ein schnoeder haesslicher Wurzelmann! Pfui! Und damit warf er den Kleinen in die Mitte des Saals. Unter dem lauten Hohngelaechter d$ s einen entsprechenden Zweck und Inhalt der Rede erwarten. Auch wo der fehlt, ertragen wir am Ende den Ton, wenn die Person und Stellung dazu passen. Reissen wir ihn, nachahmend, aus diesem Zusammenhang, so erscheint er in seiner Zweck- und Inhaltlosigkeit und damit relativ nichtig. an sieht leicht, dass zwischen den beiden hier unterschiedenen Faellen hinsichtlich des Grundes der Komik derselbe Gegensatz besteht, wie zwischen der zu kleinen und der zu grossen Nase oder zwischen uebermaessiger Hagerkeit und uebermaessiger Koerperfuelle. Ein Objekt wird komisch das eine Mal, weil es selbst eine Erwartung unerfuellt laesst, das andere Mal, weil es eine Erwartung erregt, die unerfuellt bleibt. Dieser Gegensatz geht durch. Der Mann, der ein Kinderhaeubchen aufsetzt, und der kleine Junge, der sich einen Cylinder aufs Haupt stuelpt, beide sind gleich komisch. Zunaechst ist dort das Haeubchen komisch, weil man an seiner Stelle die wuerdige maennliche Kopfbedeckung erwartet, hier das Kind, weil wir als Traeger des wu$ ibe, zur Kenntnis bringe, ans Licht setze. Indem ich dies thue, mache ich erst die Komik moeglich. Dabei ist es gleichgueltig, ob das dargestellte Komische ein wirkliches oder ein fingiertes ist. Ich rechne also hiÔerher auch die Darstellung erfundener oder durch kuenstlerische Phantasie gefundener komischer Gestalten und Situationen. Hiervon deutlich unterschieden ist die Darstellung, die erst durch die Weise der Darstellung die Komik hervorruft. Ein Objekt traegt an sich nichts, das mir bei gewoehnlicher Betrachtung komisch erschiene. Nun manipuliere ich aber in der Darstellung mit dem Objekte so, dass ein komisches Licht darauf faellt. Ich beleuchte es komisch. Diese komische Beleuchtung wird immer zugleich im eigentlichen Sinne des Wortes "witzig" sein, d. h. einen Fall der subjektiven Komik darstellen. Die Manipulation, von der ich rede, erzeugt ja der Voraussetzung nach eine Komik, die nicht im Objekte liegt. Sie ist also ein Spiel, das etwas sagt, das ein Urteil ueber ein Objekt entstehen laesst, anges$ denen es nicht darauf ankommt, ob das Wesen der Sache, so wie es wirklich ist, getroffen wird, oder sie heben eine wesentliche Eigenschaft treffend hervor, sind ålso charakterisierend, oder endlich sie sind ironisch gemeint. Dem letzteren Zwecke dient insbesondere eine Art, die darum speciell den Namen der "_ironischen Bezeichnung_" fuehren muss. Es liegt Ironie darin, wenn ich meine bescheidene Wohnung als meinen Palast oder meine Residenz bezeichne; insofern ich naemlich erwarte, der Hoerer werde aus dem stolzen Namen das ungefaehre Gegenteil, die gar nicht stolze Wohnung, heraushoeren. Zunaechst aber will ich, wenn ich solche Ausdruecke gebrauche, einen Gegenstand, durch den Namen fuer einen aehnlichen, spielend bezeichnen. Wenn ich dagegen eine tadelnswerte Handlung, ohne weiteres, recht lobenswert, ein abstossendes Benehmen recht liebenswuerdig nenne, so setze ich einen Begriff an die Stelle des direkt gegenteiligen und zwar in der einzigen Absicht dies direkte Gegenteil des Gesagten recht eindringlich $ its kennen gelernt. Ich erinnere an das Gefuehl des Erstaunens oder des Ueberraschtseins, weil wir ein weniger "Grosses" erwarteten. Ebendahin gehoert das Gefuehl des Schrecks, das, wie man weiss, auch entstehen kann, wenn objektiv gar nichts Schreckliches vorliegt oder geschieht. Ich bin etwa, vermeintlich allein, in meinen Gedanken versunken. Dann kann mich die leise Beruehrung meiner Schulter durch den unerwartet und unbemerkt zu mir Hinzugetretenen aufs heftigste erschrecken. Die Beziehung der Beruehrung zu meinem gegenwaertigen, in voellig anderer Richtung gehenden Gedankengang ist es, die hier dies Gefuehl verschuldet. So wenig braucht schliesslich das Erschreckende ein an sich Schreckliches zu sein, dass auchC Hocherfreuliches das gleiche Gefuehl erzeugen kann. "Kuenstler" machen wohl gelegentlich die Kunst zu einem Mittel der Ueberraschung oder gar Verblueffung. Die Unfaehigkeit durch das Kunstwerk selbst zu wirken, veranlasst sie zu wirken, indem sie das Kunstwerk zu den jetzt zufaellig in uns besteh$ Losloesung oder solchen Ich bezeichnete diese aesthetische Sympathie auch damit, dass ich sagte, wir erleben im Kunstwerke uns selbst, nicht bloss, wie wir jetzt sind, sondern wie wir sein koennten. Wir erleben darin unser ideelles Ich. Dies kann bald in diesem, bald in jenem Zuge zu einem idealen, oder ueber das Mass unseres realen Ich gesteigerten Ich werden. Wie es aber hiermit bestellt sein mag: Immer wenn uns im Kunstwerk Persoenliches entgegentritt, nicht ein Mangel am Menschen, sondern ein positiv Menschliches, das mit unseren eigenen Moeg²ichkeiten und Antrieben des Lebens und der Lebensbethaetigung im Einklang steht oder darin Widerhall findet; immer wenn uns dies positiv Menschliche entgegentritt so objektiv, so rein und losgeloest von allen ausserhalb des Kunstwerkes stehenden Wirklichkeitsinteressen, wie dies das Kunstwerk ermoeglicht und die aesthetische Betrachtung fordert, immer dann ist dieser Einklang oder Widerhall fuer uns beglueckend. Persoenlichkeitswert ist ethischer Wert. Es giebt kein$ erhoehte Kraft. Jemehr sie geleugnet wird, um so bestimmter setzen wir sie der Verneinung entgegen. Unser eigenes sittliches Bewusstsein tritt uns maechtiger entgegen. Darin liegt nun nicht ohne weiteres ein aesthetischer Wert. Die wahrgenommene Auflehnung gegen die in mir bestehende sittliche Forderung erfuellt mich mit Unlust. Die Kraft, mit der ich das eigene sittliche Bewusstsein festhalte, giebt mir sittliches Kraftgefuehl, etwas von sittlichem Stolz. Und dies Gefuehl ist an sich beglueckend. Das Objekt aber erscheint um so unlustvoller. Nehmen wir indessen jetzt an, die sittliche Persoenlichkeit sei nicht nur in uns, und werde in uns wachgerufen und durch den "Kontrast" zur "Reaktion" veranlasst, sondern sie finde sich auch irgendwie neben der Negation deséSittlichen in einem Kunstwerke, dann ergiebt sich, auf Grund dieser Negation, ein besonderer _aesthetischer Wert_. Es bestehen dafuer verschiedene Moeglichkeiten, die ich wiederum nur andeute. Das Boese ist "Folie" des Guten, d. h. wir finden die sit$ Humor in der Darstellung finde, ist derselbe objektiver Humor; das Gefuehl dafuer ist eine Weise des objektivierten Selbstgefuehls. Andererseits ist der Humor der Darstellung doch wiederum kein objektiver: Er ist noch nicht in den dargestellten Objekten. Darum bezeichne ich den oben sogenannten objektiven Humor speciell mit diesem Namen. Bei ihm ist der Humor dreifach da: in den Objekten, in der Weise der Darstellung und in mir. Dies doch nicht im Sinne des Nebeneinander. Der Humor ist in Wahrheit nur in mir. Aber ich erlebe ihn in den Objekten unqd der ihrer Natur entsprechenden Darstellung. HUMOR DER DARSTELLUNG. Der Humor der Darstellung ist lyrisch. Das Spezifische der Lyrik ist dies, dass bei ihr das eigentliche Objekt der Darstellung, das innere Geschehen, keinen persoenlichen Traeger hat. Man sagt wohl, Traeger dieses inneren Geschehens sei der Dichter. Dies ist unrichtig, wenn man mit dem Dichter diese bekannte oder unbekannte wirkliche Persoenlichkeit meint. Diese Persoenlichkeit mag ein Aehnliches i$ em, sondern Freude an der Aufhebung eines auf der eigenen Persoenlichkeit liegenden Druckes, Freude am einer Befreiung und damit Steigerung des Selbstbewusstseins. Und sittliche Schadenfreude ist Freude an einer Befreiung und damit einer Steigerung des sittlichen Selbstbewusstseins. Solche Schadenfreude oder solche sittliche Befreiung kommt in uns auch zu stande angesichts der satirischen Darstellung, von der ich oben sagte, dass ihr wohl zunaechst der Name der Satire zukomme. Davon unterscheidet sich die satirische "Komoedie", von der wir hier reden, dadurch, dass bei ihr das Befreiende nicht nur in der Darstellung, sondern objektiv als Gegenstand der Darstellung uns entgegentritt. Die Befreiung besteht im Miterleben der durch den Zusam0enhang des Geschehens bewirkten Vernichtung des Erhabenheitsanspruches des Nichtigen. Dieser Zusammenhang des Geschehens ist hier der eigentliche Held, oder tritt an die Stelle desselben. Wo wir eine _Person_ in einem poetischen Kunstwerk als Helden bezeichnen, meinen wir dam$ eichen. "O ihr verachteter, vestossner Tross!" Begann er an dem Tor‰, dem schreckensvollen, "Woher die Frechheit, die hier ueberfloss? Was seid ihr widerspenstig jenem Wollen, Das nimmermehr sein Ziel verfehlen kann? Wird er die Qual, wie oft, euch mehren sollen? Was kaempft ihr gegen das Verhaengnis an, Obwohl eu'r Zerberus, ihr moegt's bedenken, Mit kahlem Kinn und Halse nur entrann?" Dann sah ich ihn zurueck die Schritte lenken. Uns sagt' er nichts, und achtlos ging er fort, Als muesst' er ernst auf andre Sorgen denken, Als die um kleine Ding' am naechsten Ort. Worauf wir beide nach der Festung schritten, Nun voellig sicher durch das heil'ge Wort. Auch ward der Eingang uns nicht mehr bestritten; Und ich, des Wunsches voll, mich umzusehn Nach dieser Stadt Verhaeltnis, Art und Sitten, Liess, drinnen kaum, das Aug' im Kreise gehn, Und rechts und links war weites Feld zu schauen, Von Martern voll und ungeheuren Weh'n. Gleichwie wo sich der Rhone Wogen stauen, Bei Arles, und bei Pola dort am Meer, Das Welschlan$ vernehmen, Den starken Ruecken uns zur Fahrt zu leih'n." So musst' ich einsam mich zu geh'n bequemen Am Rand des siebenten der Kreis' und nahm Den Weg zum Sitze der betruebten Sc\hemen. Aus jedem Auge starrte Schmerz und Gram, Indes die Hand, jetzt vor dem heissen Grunde, Jetzt vor dem Dunst dem Leib zu Hilfe kam. So scharren sich zur Sommerzeit die Hunde, Wenn Floh sie oder Flieg' und Wespe sticht, Jetzt mit dem einen Fuss, jetzt mit dem Munde. Die Augen wandt' ich manchem ins Gesicht, Der dort im Feuer sass und heisser Asche; Und keinen kannt' ich, doch entging mir nicht, Vom Halse haenge jedem eine Tasche, Bezeichnet und bemalt, und wie voll Gier Nach diesem Anblick noch ihr Auge hasche. Ich sah, wie ich genaht, ein blaues Tier Auf gelbem Beutel, wie auf einem Schilde, Das schien ein Leu an Kopf und Haltung mir. Dann blickt' ich weiter durch dies Qualgefilde, Und sieh, ein andrer Beutel, blutigrot, Zeigt' eine butterweisse Gans im Bilde. Ein blaues Schwein auf weissem Sacke bot Sich dann dem Blick, und sei$ . Sie, welchen Savios Flut benetzt die Seiten, Lebt zwischen Sklaverei und freiem Stand, Wie zwischen dem Gebirg und ebnen Weiten. Jetzt, bitt' ich, mach' uns, wer du bist, bekannt; Wie der Vergessenheit dein Nam' enttauche, So sei nicht haerter, als ich andre fand." Da grunzt' und braust' es in der Flamme Bauche, Wie Feuer braust; sie regte hin und her Das spitze Haupt und gab dann diese Hauche: "Sprach' ich zu einem, dessen Wiederkehr Nach jener Welt ich jemals moeglich glaubte, So regte nie sich diese Flamme meh r. Doch da dies keinem je die Hoell' erlaubte, So sag' ich ohne Furcht vor Schand' und Schmach, Was mich hierher stiess und des Heils beraubte. Ich war erst Kriegsmann und Moench hernach, Um mich vom Fall durch Buss' emporzurichten; Gewiss geschah auch, was ich mir versprach. Allein der Erzpfaff--moeg' ihn Gott vernichten-- Er hat mich neu den Suendern beigesellt, Wie und warum? das will ich jetzt berichten. Als ich noch oben lebt' in eurer Welt, Da ward ich nimmer mit dem Leu'n verglichen, Doch oe$ den Willen erst befreit. Drum fuehltest du den ganzen Berg erbeben, Drum pries den Herrn die ganze fromme Schar, In Hoffnung, bald sich selber zu erhben." Sprach's, und je heisser die Begierde war, Je mehr fuehlt' ich vom Tranke mich erquicken Und fuehlte mich gestaerkt und frei und klar. Virgil drauf: "Welche Netz' euch hier umstricken, Wie ihr entschluepft, was durch den Berg gezueckt, Was Jubeltoen' empor die Seelen schicken, Das hat dein Wort mir deutlich ausgedrueckt. Jetzt sage mir: Wer bist du einst gewesen? Und was hat hier so lang dich schwer gedrueckt?" Drauf jener: "Damals, als das hoechste Wesen, Das Blut zu raechen, das fuer schnoedes Geld Judas verkauft, den Titus auserlesen, Da lebt' ich mit dem Namen, der bei Welt Und Nachwelt gilt, geschmueckt mit hoechstem Preise, Doch war noch nicht vom Glaubenslicht erhellt. So suess war des klangreichen Geistes Weise, Dass Rom mich Tolosanen rief und hoch Mich ehrte mit verdientem Myrtenreise. Mich, Statius, nennt man jenseits heute noch. Von Theben hob'$ n leer, Umringt' im Kreise nun die Schar der Frommen. Sein Haar verbreitet sich so mehr, je mehr Er aufwaerts steigt, hoch, dass er selbst den Indern Durch seine Hoehe zum Erstaunen war'. "Heil dir, o Greif, mit deinem Schnabel pluendern Willst du ni ht diesen Baum, der Suesses zwar Dem Gaumen gibt, doch Marter dann den Suendern." So rief rings um den starken Baum die Schar. Und er, in dem sich Leu und Aar verbunden: "So nimmt man jedes Rechtes Samen wahr." Die Deichsel, wo ich ziehend ihn gefunden, Schob er zum oeden Stamm und liess am Baum, Aus ihm entnommen, sie an ihn gebunden. Wie unsre Pflanzen, wenn zum Meeressaum Das grosse Licht sich senkt, von dem umschlossen, Das nach den Fischen glaenzt am Himmelsraum, Sich ueppig blaeh'n zu neuen jungen Sprossen, Jede gefaerbt nach der Natur Gebot, . Eh' Sol den Stier erreicht mit seinen Rossen; So, mehr als Veilchen zwar, doch minder rot Als Rosenglut, erneute sich die Pflanze, Die erst verwaist erschien und kahl und tot. Und wie sie nun erblueht' im neuen Glanz$ icht, dass er so nahe war und wohl haette kommen koennen. Es trieb ihn auch gar sehr, zu eilen; denn er hatte wohl oft an diesen Tag in Frankreich gedacht und hatte einen kleinen Kranz von schoenen Goldblumen von daher mitgebracht, um das Grab seiner Mutter zu schmuecken, und auch einen Kranz fuer Annerl, den sollte sie sich bis zu ihrem Ehrentage bewahren." Hier ward die Alte still und schuettelte mit dem Kopf; als ich aber die letzten Worte wiederholte: "Den sollte sie sich bis zu ihrem Ehrentage bewahren", fuhr sie fort: "Wer weiss, ob ich es nicht erflehen kann; ach, wenn ich den Herzog nur wecken duerfte!"--"Wozu?" fragte ich, "welch Anliegen habt Ihr denn, Mutter?" Da sôagte sie ernst: "O, was laege am ganzen Leben, wenns kein End naehme; was laege am Leben, wenn es nicht ewig waere!" und fuhr dann in ihrer Erzaehlung "Kasper waere noch recht gut zu Mittag in unserm Dorfe angekommen, aber morgens hatte ihm sein Wirt im Stalle gezeigt, dass sein Pferd gedrueckt sei, und dabei gesagt: "Mein Freund, das $ er den Kirchhof gegangen waere, hatte er sich das Leben da in dem Berge und die Schaetze und Herrlichkeiten darin doch so ausgemalt, dass ihn fast geluestete, einmal hinabzusteigen; denn der alte Klas hatte gesagt, wie man es anfangen muesse, damit man da unten Herr werde und nicht Diener, und damit sie einen nicht fuenfzig Jahre festhalten und die Becher spuelen und das Estrich kehren lassen koennten. Wer naemlich so klug oder so gluecklich sei, die Muetze eines Unterirdischen zu finden oder zu erhaschen, der koenne sicher hinabsteigen, dem duerfen sie nichts tun noch befehlen, sondern muessen ihm dienen, wie er wolle, und derjenige Unterirdische, dem die Muetze gehoere, muesse sein Diener sein und ihm schaffen, was er wolle. Das hatte Johann sich hinters Ohr geschrieben und secnen Teil dabei gedacht; ja, er hatte wohl hinzugesetzt, so etwas unterstehe er sich auch wohl zu wagen. Die Leute glaubten ihm das aber nicht, sondern lachten ihn aus; und doch hat er es getan, und sie haben genug geweint, als er n$ n Lisbeth holen. Und als Lisbeth kam, war sie ganz erstaunt, dass sie ihn so munter fand, denn seit einem halben Jahre hatte sie ihn nicht mehr froh gesehen. Und er lief auf sie zu und umhalsete sie und sprach: "Lisbeth! Suesse Lisbeth! Nun bist du mein, nun nehme ich dich mit; uebermorgen soll der Auszug sein, und juchhe, wie bald die lustige Hochzeit!" Sie aber erstaunte noch mehr und sagte: "Lieber Johann, du bist geck geworden? Wie soll das moeglich sein?" Er aber laechelte und sprach: "Ich bin nicht geck geworden, aber die kleinen Scèhlingel will ich geck machen, wenn sie sich nicht zum Ziele legen wollen. Sieh hier! Hier ist dein und mein Erloeser." Und er nahm das silberne Geschirr und oeffnete es und zeigte ihr die Kroete, vor deren Garstigkeit es ihr fast geschwunden haette. Nun erzaehlte er ihr, wie er zu dem seltenen Vogel gekommen war, und wie herrlich ihm die Probe geglueckt war, die er mit ihm an den Unterirdischen angestellt hatte, und wohlgefaellig rief er noch einmal: "Sei froh, mei$ cheele pflegte seinen Freunden zu erzaehlen und bekraeftigte es wohl mit einem tuechtigen husarischen und weidmaennischen Fluche, in den Granitzer Tannen um die Aalbeck und an dem ganzen Ufer wimmele es von Unterirdischen. Auch hat er Leute, die er dort herum spazieren fuehrte, oft eine Menge kleiner Spuren gezeigt, wie von den allerkleinsten Kindern, die da im Sande von ihren Fuesschen einen Abdruck hinterlassen haetten, und ihnen ploetzlich zugerufen: "Horch! Wie es da wieder wispert und fluestert!" Ein ander Mal, als er mit guten Freunden laengs dem Meeresstrand gegangen, ist er wie in Bewunderung ploetzlich still gestanden, hat auf das Meer gezeigt und gerufen: "Da sid sie meiner Seele wieder in voller Arbeit, und viele Tausende sind um ein paar versunkene Stueckfaesser Wein beschaeftigt, die sie ans Ufer waelzen. Was wird das die Nacht ein lustiges Gelag werden!" Dann hat er ihnen erzaehlt, er koenne sie sehen bei Tage und bei Nacht, und ihm tun sie nichts, ja sie seien seine besonderen Freunde, und$ s de Slangen un eenfoldig as de Duwen. To der Tid, as de Duewel Karken und Kloester buwen muesst, gaff't gottskloke Luede; nu aewerst suent se duewelsklok un negenklok un aewer all der Klokheit is de Voernunft dumm worden, wo se de goden un slimmen Geister mit eenem Blick underscheiden un den Engels und Duew(els in Christo begripen un den Lueden utdueden kunnen. Se soeken den leewen Gott in der Welt, wo he is un ook nich is, un nich in der Bibel, wo en jeder finden kann, dem Negenklokheit de Oogen nich voerglastert hett. Weer he so saeker un wiss up der Landstrat to finden, so were de leewe Heiland jo uemsues vam Himmel herunnerkamen, sin duerbares Blood am Kruetz foer uns to voergeten. De Wewer un de Steen De Herr hett woll dat steenerne Kruetz sehn, dat am Wege steiht, wo man van der Loebnitzer Maehl nach Redbas geiht. Da lag voer dissem een Steen, de was in twee Stuecken tersprungen. Den hebben se wegnahmen, as de Fuerst Hessenstein de praechtige Redbasser Bruegg buwen let; un dat is schad, denn de St$ sie augenblicklich brennen, wi?e und wo ihr diebischer Inhaber nur denkt oder wuenscht, dass sie brennen sollen, und ebenso geschwind als sein Wunsch und Gedanke erloeschen. Durch ihre Hilfe kann er in der dichtesten finstersten Nacht, wenn und wo er will, alles sehen; sie leuchten aber nur fuer ihn und fuer keinen andern, und er selbst bleibt unsichtbar, wenn sie auch alles andere hell machen. Dabei sitzt noch die Greulichkeit in ihnen, dass sie eine geheime Gewalt ueber den Schlaf haben und dass in den Zimmern, wo sie angezuendet werden, der Schlafende so fest schnarcht, dass man zehn Donnerbuechsen ueber seinem Kopf losknallen koennte und er doch nicht erwachte. Denke, wie lustig sich da stehlen und nehmen laesst! Auf diese Weise werden die Diebslichter gewonnen und gebraucht, aber anders der Rabenstein und nicht so greulich, wiewohl auch ein vom Satan und von seinen Geluesten verblendetes und verhaertetes Herz dazu gehoert, sich den Rabenstein in die Tasche zu schaffen. Dies ist aber der Rabenstein, u$ ie Bemerkung, welche hier zum Grunde liegt, dass der Schmerz sich in dem Gesichte des Laokoon mit derjenigen Wut nicht zeige, welche man bei der Heftigkeit desselben vermuten sollte, ist vollkommen richtig. Auch das ist unstreitig, dass eben hierin, wo ein Halbkenner den Kuenstler unter der Natur geblieben zu sein, das wahre Pathetische des Schmerzes nicht erreicht zu haben, urteilen duerfte; dass, sage ich, eben hierin die Weisheit desselben ganz besonders hervorleuchtet. Nur in dem Grunde, welchen Herr Winckelmann dieser Weisheit gibt, in der Allgemeinheit der Regel, die er aus diesem Grunde herleite"t, wage ich es, anderer Meinung zu sein. Ich bekenne, dass der missbilligende Seitenblick, welchen er auf den Virgil wirft, mich zuerst stutzig gemacht hat; und naechstdem die Vergleichung mit dem Philoktet. Von hier will ich ausgehen, und meine Gedanken in eben der Ordnung niederschreiben, in welcher sie sich bei mir entwickelt. "Laokoon leidet, wie des Sophokles Philoktet." Wie leidet dieser? Es ist sonderb$ nden des koerperlichen Schmerzes. Dieser, in aller seiner entstellenden Heftigkeit, war mit jener nicht zu verbinden. Er musste ihn also herabsetzen; er musste Schreien in Seufzen mildern; nicht weil das Schreien eine unedle Seele verraet, sondern weil es das Gesicht auf eine ekelhafte Weise verstellet. Denn man reisse dem Laokoon in Gedanken nur den Mund auf, und urteile. Man lasse ihn schreien, und sehe. Es war eine Bildung, die Mitleid einfloesste, weil sie Schoenheit und Schmerz zugleich zeigte; nun ist es eine haessliche, eine abscheuliche Bildung geworden, von der man gern sein Gesicht verwendet, weil der Anblick des Schmerzes Unlust erregt, ohne dass die Schoenheit des leidenSen Gegenstandes diese Unlust in das suesse Gefuehl des Mitleids verwandeln kann. Die blosse weite Oeffnung des Mundes,--beiseitegesetzt, wie gewaltsam und ekel auch die uebrigen Teile des Gesichts dadurch verzerret und verschoben werden,--ist in der Malerei ein Fleck und in der Bildhauerei eine Vertiefung, welche die widrigste $ s wuerde die pyramidalische Zuspitzung der Gruppe, welche dem Auge so angenehm ist, gaenz0lich verdorben haben; und die aus dieser Wulst ins Freie hinausragende spitze Schlangenkoepfe haetten einen so ploetzlichen Abfall von Mensur gehabt, dass die Form des Ganzen aeusserst anstoessig geworden waere. Es gibt Zeichner, welche unverstaendig genug gewesen sind, sich demohngeachtet an den Dichter zu binden. Was denn aber auch daraus geworden, laesst sich unter andern aus einem Blatte des Franz Cleyn 3) mit Abscheu erkennen. Die alten Bildhauer uebersahen es mit einem Blicke, dass ihre Kunst hier eine gaenzliche Abaenderung erfordere. Sie verlegten alle Windungen von dem Leibe und Halse, um die Schenkel und Fuesse. Hier konnten diese Windungen, dem Ausdrucke unbeschadet, so viel decken und pressen, als noetig war. Hier erregten sie zugleich die Idee der gehemmten Flucht und einer Art von Unbeweglichkeit, die der kuenstlichen Fortdauer des naemlichen Zustandes sehr vorteilhaft ist. {3. In der praechtigen Ausga$ te personifieret, und eine Art weiblicher Sylphen, unter dem Namen Aurae, verehret haben 4). Ich gebe es zu, dass wenn Juvenal einen vornehmen Taugenichts mit einer Hermessaeule vergleicht, man das Aehnliche in dieser Vergleichung schwerlich finden duerfte, ohne eine solche Saeule zu sehen, ohne zu wissen, dass es ein schlechter Pfeiler ist, der bloss das Haupt, hoechstens mit dem Rumpfe, des Gottes traegt, und weil wir weder Haende noch Fuesse daran erblicken, den Begriff der Untaetigkeit erwecket 5).--Erlaeuterungen von dieser Art sind nicht zu verachten, wenn sie auch schon weder allezeit notwendig noch allezeit hinlaenglich sein sollten. Der Dichter hatte das Kunstwerk als ein fuer sich bestehendes Ding, und nicht als Nachahmung, vor Augen; oder Kuenstler und Dichter hatten einerlei angenommene Begriffe, demzufolge sich auch Uebereinstimmung in ihren Vorstellungen zeigen musste, aus welcher sich auf die Allgemeinheit jener Begriffe z²rueckschliessen {4. "Ehe ich", sagt Spence (Polymetis Dialogue XIII. p$ um so viel kenntlicher. Allein wenn sieh Venus an ihren Veraechtern, den Maennern zu Lemnos, raechen will, in vergroesserter wilder Gestalt, mit fleckigten Wangen, in verwirrtem Haare, die Pechfackel ergreift, ein schwarzes Gewand um sich wirft, und auf einer finstern Wolke stuermisch herabfaehrt: so ist das kein Augenblick fuer den Kuenstler, weil er sie durch nichts in diesem Augenblicke kenntlich machen kann. Es ist nur ein Augenblick uer den Dichter, weil dieser das Vorrecht hat, einen andern, in welchem die Goettin ganz Venus ist, so nahe, so genau damit zu verbinden, dass wir die Venus auch in der Furie nicht aus den Augen verlieren. Dieses tut --Neque enim alma videri Jam tumet; aut tereti crinem subnectitur auro, Sidereos diffusa sinus. Eadem effera et ingens Et maculis suffecta genas; pinumque sonantem Virginibus Stygiis, nigramque simillima pallam 7). {7. Argonaut. lib. II. v. 102-106.} Eben dieses tut Statius: Illa Paphon veterem centumque altaria linquens, Nec vultu nec crine prio$ e von hetrurischer Arbeit beim Gorius (Tabl. 151 Musei Etrusci), auf welcher Orestes und Pylades erscheinen, wie ihnen zwei Furien mit Fackeln zusetzen, war mir nicht unbekannt. Allein ich redete von Kunstwerken, von welchen ich alle diese Stuecke ausschliessen zu koennen glaubte. Und waere auch das letztere nicht sowohl als die uebrigen davon ¬auszuschliessen, so dienet es von einer andern Seite, mehr meine Meinung zu bestaerken, als zu widerlegen. Denn so wenig auch die hetrurischen Kuenstler ueberhaupt auf das Schoene gearbeitet, so scheinen sie doch auch die Furien nicht sowohl durch schreckliche Gesichtszuege, als vielmehr durch ihre Tracht und Attributa ausgedrueckt zu haben. Diese stossen mit so ruhigem Gesichte dem Orestes und Pylades ihre Fackeln unter die Augen, dass sie fast scheinen, sie nur im Scherze erschrecken zu wollen. Wie fuerchterlich sie dem Orestes und Pylades vorgekommen, laesst sich nur aus ihrer Furcht, keineswegs aber aus der Bildung der Furien selbst abnehmen. Es sind also Furi$ in einziges Mal fluechtig durchlaufen hat, diese Assertion in Abrede sein. Nur duerfte er sich vielleicht der Exempel nicht gleich erinnern, aus welchen es erhellet, dass der Dichter seinen Goettern auch eine koerperliche Groesse gegeben, die alle natuerliche Masse weit uebersteiget. Ich verweise ihn also, ausser der angezogenen Stelle von dem zu Boden geworfnen Mars, der sieben Hufen bedecket, auf den Helm der Minerva (Kunehn ekaton polewn pruleess' araruian. Iliad. E. v. 744), unter welchem sich so viel Streiter, als hundert Staedte in das Feld zu stellen vermoegen, verbergen koennen; auf die Schritte des Neptunus (Iliad. N. v. 20), vornehmlich aber auf die Zeilen aus der Beschreibung des Schildes, wo Mrs und Minerva die Truppen der belagerten Stadt anfuehren: (Iliad. S. v. 516-519.) --Hrce d' ara sjin ArhV kai PallaV AJhnh Amjw cruseiw, cruseia de eimata esJhn, Kalw kai megalw sun teucesin, wV te Jew per, AmjiV arizhlw- laoi d' upolizoneV hsan. Selbst Ausleger des Homers, alte sowohl als neue$ r will uns die Kennzeichen eines schOenen FUellens, einer tuechtigen Kuh zuzAehlen, um uns in den Stand zu setzen, nachdem wir deren mehrere oder wenigere antreffen, von der Guete der einen oder des andern urteilen zu koennen; ob sich aber alle diese Kennzeichen in ein lebhaftes Bild leicht zusammenfassen lassen, oder nicht, das konnte ihm sehr gleichgueltig sein. Ausser diesem Gebrauche sind die ausfuehrlichen Gemaelde koerperlicher Gegenstaende, ohne den oben erwaehnten Homerischen Kunstgriff, das Koexistierende derselben in ein wirkliches Sukzessives zu verwandeln, jederzeit von den feinsten Richtern fuer ein frostiges Spielwerk erkannt worden, zu welchem wenig oder gar kein Genie gehoeret. Wenn der poetische Stuemper, sagt Horaz, nicht weiter kann, so faengt er an, einen Hain, einen Altar, einen durch anmutige Fluren sich schlaengelnden Bach, einen rauschenden Strom, einen Regenbogen zu --Lucus et ara Dianae, Et properntis aquae per amoenos ambitus agros, Aut flumen Rhenum, aut pluvius describitur $ , die ja nur wenige Stunden von jener Stadt entfernt auf ihrem Lichtenstein war; doch fasste er sich bald und sagte: "Ich kam zwar nicht viel auf die Jagd, auch habe ich sonst die Gegend wenig durchstreift, doch ist sie mir im allgemeinen bekannt." "Wir haben beschlossen", fuhr Truchsess fort, "einen sicheren Mann in jene Gegend zu schicken, auszukundschaften, was der Herzog von Wuerttemberg bei unserem Anzug tun wird. Es soll auch Êueber die Befestigung des Schlosses Tuebingen, ueber die Stimmung des Landvolkes in jener Gegend genaue Nachricht eingezogen werden; ein solcher Mann kann dem Wuerttemberger durch Klugheit und List mehr Abbruch tun als hundert Reiter, und wir haben--Euch dazu ausersehen." "Mich?" rief Georg voll Schrecken. "Euch, Georg von Sturmfeder; zwar gehoert Uebung und Erfahrung zu einem solchen Geschaeft, aber was Euch daran abgeht, moege Euer Kopf ersetzen." Man sah dem Juengling an, dass er einen heftigen Kampf mit sich kaempfte. Sein Gesicht war bleich, sein Auge starr, seine Lippen fes$ heid in diesem Wuerttemberger Wein--der Herzog und seine Treuen!" Ein angenehmes Laecheln ging wie ein Sonnenblick bei diesen Worten auf den duesteren Zuegen des Ritters auf. "Ja!" rief er, "Treue ist das Wort, das Genesung gibt dem gebrochenen Herzen, wie ein kuehler Trank dem einsamen Wanderer in der Wueste. Vergesst meine Schwaeche, Junker. Verzeiht sie einem Mann, der sonst seinem Kummer nicht Raum gibt. Aber wenn Ihr je vom Gipfel des roten Berges hinabgesehen haettet auf das Herz von Wuerttemberg, wie der Neckar durch gruene Ufer zieht, wie manneshohe Halme in den Feldern wogen, wie sanfte Huegel am Fluss sich hinaufziehen, bepflanzt mit koestlichem Wein, wie dunkle, schattige Forsten die Gipfel der Berge bekraenzen, wie Dorf an Dorf mitî den freundlichen roten Daechern aus den Waeldern von Obstbaeumen hervorschaut, wie gute fleissige Menschen, kraeftige Maenner, schoene Weiber auf diesen Hoehen, in diesen Taelern walten und sie zu einem Garten anbauen--haettet Ihr dieses gesehen, Junker, gesehen mit $ sprach ihm in schrecklichen Toenen seine Verwuenschungen nach. Obgleich diese Gradation dem Juengling zu stark vorkommen mochte, so konnte er doch die Gefuehle eines Mannes nicht tadeln, den man, weil er seinem Herrn treu geblieben war, aus seinen Besitzungen hinausgeworfen hatte, den man wie ein angeschossenes Wild suchte, um ihn zu toeten. "Es liegt ein Trost in dieser Besinnung", sagte er zu dem Geaechteten, "und Ihr werdet Euer Unglueck leichter tragen, wenn Ihr den Gegensatz recht scharf ins Auge fass. Ich bewundere Euch um Eure Seelenstaerke, Herr Ritter; aber eben dieses Gefuehl der Bewunderung noetigt mir eine Frage ab, die vielleicht noch immer zu unbescheiden klingt, doch Ihr habt mich in der letzten Nacht zu oft Freund genannt, als dass ich sie nicht wagen duerfte; nicht wahr, Ihr seid Marx Stumpf von Schweinsberg?" Es musste etwas Laecherliches in dieser Fragen liegen, das Georg nicht finden konnte, denn der Ernst, der noch immer auf den Zuegen des Ritters gelegen, war wie weggeblasen; er lach$ erta ist an allem schuld. Ach, dass ich nie mein Ulm verlassen haette! Mit dem ersten Schritt ueber unsere Markung fing mein Jammer an." "Berta hat Euch fortgeschickt?" fragte Georg. "Wie, seid Ihr nicht zum Ziel Eurer Bemuehungen gelangt? Sie hat Euch abgewiesen, und aus Verzweiflung seid Ihr--." "Gott behuete! Berta ist so gut als meine Braut. Ach, das ist gerade der Jammer! Wie Ihr von Ulm abgezogen waret, bekam ich Haendel mit Frau Sabina, der Amme. Da entschloss ich mich und hielt bei meinem Oheim um das Baeschen an. Nun habt Ihr aber dem Maedchen durch Euer kriegerisch_s Wesen gaenzlich den Kopf verrueckt. Sie wollte, ich solle vorher zu Feld ziehen und ein Mann werden wie Ihr.--Dann wolle sie mich heiraten. Ach, Du gerechter Gott!" "Und da seid Ihr foermlich zu Feld gezogen gegen Wuerttemberg? Welche kuehne Gedanken das Maedchen hat!" "Bin zu Feld gezogen; die Strapazen vergesse ich in meinem Leben nicht! Mein alter Johann und ich rueckten mit dem Bundesheer aus. Das war ein Jammer! Musste$ rn mein heitres Lebenslicht, Mein schoenes Lieb, allueberall umschweben, In ihrem selig suessen Hauche leben -- Doch kann ich's nicht, mein krankes Herze bricht. Aus dem gebrochnen Herzen fuehl ich fliessen Mein heisses Blut, ich fuehle mich ermatten, Und vor den Augen wird's mir trueb und trueber. Und heimlich schauernd sehn ich mich hinueber Nach jenem Nebelreich, wo stille Schatten Mit weichen Armen liebend mich umschliessen. Lyrisches Intermezzo Es war mal ein Ritter, truebselig und stumm, Mit hohlen, schneeweissen Wangen; Er schwankte und schlenderte schlotternd herum, In dumpfen Traeumen befangen. Er war so hoelzern, so taeppisch, so links, Die Bluemlein und Maegdlein die kicherten rings, Wenn er st›lpernd vorbeigegangen. Oft sass er im finstersten Winkel zu Haus; Er hatt sich vor Menschen verkrochen. Da streckte er sehnend die Arme aus, Doch hat er kein Woertlein gesprochen. Kam aber die Mitternachtsstunde heran, Ein seltsames Singen und Klingen begann -- An die Tuere da hoert er es poche$ icht, bei Nacht und Sturm, Drueben nach dem Geisterberge, Nach dem altverfallnen Turm. "Dort hat einst ein Schloss gestanden, Voller Lust und Waffenglanz; Blanke Ritter, Fraun und Knappen Schwangen sich im Fackeltanz. "Da verwuenschte Schloss und Leute Eine boese Zauberin; Nur die Truemmer blieben stehen, Und die Eulen nisten drin. "Doch die selge Muhme sagte: Wenn man spricht das rechte Wort, Naechtlich zu der rechten Stunde, Drueben an dem rechten Ort: VSo verwandeln sich die Truemmer Wieder in ein heiles Schloss, Und es tanzen wieder lustig Ritter, Fraun und Knappentross; "Und wer jenes Wort gesprochen, Dem gehoeren Schloss und Leut, Pauken und Trompeten huldgen Seiner jungen Herrlichkeit." Also bluehen Maerchenbilder Aus des Mundes Roeselein, Und die Augen giessen drueber Ihren blauen Sternenschein. Ihre goldnen Haare wickelt Mir die Kleine um die Haend, Gibt den Fingern huebsche Namen, Lacht und kuesst, und schweigt am End. Und im stillen Zimmer alles Blickt mich an so wohlvertraut; Tisch und Schrank, mi$ mich beim Fuss der Kapitaen, Und zog mich vom Schiffsrand, Und rief, aergerlich lachend: Doktor, sind Sie des Teufels? Bleib du in deiner Meerestiefe, Wahnsinniger Traum, Der du einst so manche Nacht Mein Herz mit falschem Glueck gequaelt hast, Und jetzt, als Seegespenst, Sogar am hellen Tag mich bedrohest -- Bleib du dort unten, in Ewigkeit, Und ich werfe noch zu dir hinab All meine Schmerzen und Suenden, Und die Schellenkappe der Torheit, Die so lange mein Haupt umklingelt, Und die kalte, gleissende Schlangenhaut Der Heuchelei, Die mir so lang die Seele umwunden, Die kranke Seele, Die gottverleugnende, engelverleugnende, Unselige Seele -- Hoiho! hoiho! Da kommt der Wind! Die Segel auf! Sie flattern und schwelln! UEber die stillverderbliche Flaeche Eilet das Schiff, Und es jauchzt die befreite Seele. Hoch am Himmel stand die Sonne, Von weissen Wolken umwogt, Das Meer war stHll, Und sinnend lag ich am Steuer des Schiffes, Traeumerisch sinnend, -- und halb im Wachen Und halb im Schlummer, schaute ich Christus,$ selbst ueberlassen musste, und dem, wenn er sie verloren hatte, nichts mehr uebrig blieb. Wie schwer lag jetzt, was sie sich in dem Augenblick nicht deutlich machen konnte, die Stockung auf ihr, die sich unter ihnen festgesetzt hatte! So verstaendige, so gute Menschen fingen wegen gewisser heimlicher Verschiedenheiten unter einander zu schweigen an, jedes dachte seinem Recht und dem Unrechte des andern nach, und die Verhaeltnisse verwickelten und verhetzten sich dergestalt, dass es unmoeglich ward, den Knoten eben in dem kritischen Momente, von dem alles abhing, zu loesen. Haette eine glueckliche Vertraulichkeit sie frueher wieder einander naeher gebracht, waere Liebe und Nachsicht wechselsweise unter ihnen lebendig worden und haette ihre Herzen aufgeschlossen, vielleicht waere unser Freund noch zu retten gewesen. Noch ein sonderbarer Umstand kam dazu. Werther hatte, wie wir aus seinen Briefen wissen, nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er sich diese Welt zu verlassen sehnte. Albert hatte ihn oft Dest$ findlichkeit gegen zarte und feine Klaenge und Schalle ward denn freilich nicht bloss der kleinen liebenswuerdigen Nachtigallprinzessin sondern allen andern Voegeln nach der Kehle gegriffen; sie waren alle in die Acht und Aberacht gethan, sie waren alle fuer vogelfrei erklaert, und die Foerster und Jaeger der Koenigin erhielten den strengsten und gemessensten Befehl, auf alles, was Federn traegt, Jagd zu machen, und auch das Rotkehlcden ja nicht einmal den Zaunkoenig zu verschonen, auf welchen ein guter Jaeger sonst nie einen Schuss verliert. Dieser schreckliche Zorn der Koenigin ward ein Unglueck fuer das ganze befiederte Volk, nicht bloss fuer die, welche im Freien flogen oder in Forsten und Hainen lebten, sondern auch fuer die, welche auf Hoefen und in Zimmern gehalten werden. In der Hauptstadt und in der Umgegend des koeniglichen Schlosses blieb auch nichts Gefiedertes leben; denn die Leute meinten sich bei der Koenigin sehr einzuschmeicheln und ihre Gunst zu gewinnen, wenn sie es ihr nachmachten. Es w$ hne Neugierde. Was fuer ein Leben ist das eigentlich: ohne Haus, ohne ererbte Dinge, ohne Hunde. Haette man doch wenigstens seine Erinnerungen. Aber wer hat die? Waere die Kindheit da, sie ist wie vergraben. Vielleicht muss man alt sein, um an das alles heranreichen zu koennen. Ich denke es mir gut, alt zu sein. Heute war ein schoener, herbstlicher Morgen. Ich ging durch die Tuilerien. Alles, was gegen Osten lag, vor der Sonne, blendete. Das Angeschienene war vom Nebel verhangen wie von einem lichtgrauen Vorhang. Grau im Grauen sonnten sich die Statuen in den noch nicht enthuellten Gaerten. Einzelne Blumen in den langen Beeten standen auf und sagten: Rot, mit einer erschrockenen Stimme. Dann kam ein sehr grosser, schlanker Mann um die Ecke, von den Champs-Elysees her; er trug eine Kruecke, aber nicht mehr unter die Schulter gschoben,--er hielt sie vor sich her, leicht, und von Zeit zu Zeit stellte er sie fest und laut auf wie einen Heroldstab. Er konnte ein Laecheln der Freude nicht unterdruecken$ in Hafendeckl auf den Magen legen, dass Sie sich nicht erkuehlen. Z' Mittag ein eingmachts Henderl und ein halbs Seiterl Wein, und auf d' Nacht eine halbete Biskoten. Und gleich ins Betterl gehn. So! jetzt pa! pa! alter Papa, und befolgen Sie meinen Rat. Kein Tee messen S' nicht trinken, den haben S' so schon. (Er steigt in den Wagen.) Hansel! langsam fahren, dass wir kein Unglueck haben, mit die Teufeln von Rosser. (Macht Pa aus dem Wagen.) Gute Nacht! mein lieber Herr von Wurzel! gute Nacht! (Fliegt ab.) Achter Auftritt Wurzel. Lorenz. Jawohl gute Nacht. So weit hab ichs gebracht! Lorenz, gib mir einen Spiegel! (Lorenz gibt ihm den Spiegel, er sieht hinein.) Ah, die Positur! jetzt kann ich in der Haesslichkeit Lektion geben. Nein, ich halts nicht aus, ich geh durch! (Will fort.) Es geht nicht, ich hab 's Podagra! (Lacht verzweifelnd.) Haha, nichts Freilich, lieber tschihi ins Bett. Was haengt denn da fuer ein Habersackel? Hab ich denn ein Kropf? Nu, und das was fuer ein, als wenn S'$ als sich ueber Ihre Patienten lustig zu machen? (Er setzt sich wieder.) (Dr. Valentine.) Mein lieber Herr McNaughtan. Meine Patienten haben nicht alle ihren Charakter an Schmierseife gebildet@. (McNaughtan packt ihn ploetzlich am Arm, waehrend Dr. Valentine sich wieder nach der Lade wendet:) Desto schlimmer fuer sie! Ich sage Ihnen, Sie verstehen meinen Charakter nicht! Wenn ich all meine Zaehne entbehren koennte ich wuerde sie mir, einen nach dem andern, von Ihnen ziehen lassen, um Ihnen zu zeigen, was ein tuechtiger, abgehaerteter Mann aushalten kann, wenn er sich einmal dazu entschlossen hat. (Er nickt Dr. Valentine zu, um diese Erklaerung zu bekraeftigen, und laesst (Dr. Valentine, dessen sorglose Scherzhaftigkeit sich gar nicht stoeren laesst:) Und Sie wollen noch mehr abgehaertet werden, nicht wahr? (McNaughtan.) Ja. (Dr. Valentine schlendert fort zur Glocke:) Fuer mich sind Sie als Hausherr--schon abgehaertet genug. (McNaughtan quittiert diesen Scherz mit einem Brummen grimmigen Humors.) (Dr. Val$ n, den ich haben muss und haben will.--Was ist das? Ich versteh es nicht.--Claudia. Sie machen mich unruhig, Herr Graf--Appiani. Eines koemmt dann zum andern!--Ich bin aergerlich; aergerlich ueber meine Freunde, ueber mich selbst--Claudia. Wieso? Appiani. Meine Freunde verlangen schlechterdings, dass ich dem Prinzen von meiner Heira-t ein Wort sagen soll, ehe ich sie vollziehe. Sie geben mir zu, ich sei es nicht schuldig; aber die Achtung gegen ihn woll' es nicht anders.--Und ich bin schwach genug gewesen, es ihnen zu versprechen. Eben wollt' ich noch bei ihm vorfahren. Claudia (stutzig). Bei dem Prinzen? Neunter Auftritt Pirro, gleich darauf Marinelli und die Vorigen. Pirro. Gnaedige Frau, der Marchese Marinelli haelt vor dem Hause und erkundiget sich nach dem Herrn Grafen. Appiani. Nach mir? Pirro. Hier ist er schon. (Oeffnet ihm die Tuere und gehet ab.) Marinelli. Ich bitt um Verzeihung, gnaedige Frau.--Mein Herr Graf, ich war vor Ihrem Hause und erfuhr, dass ich Sie hier treffen wuerde. Ich hab ein dringe$ inz!--Wo bin ich denn also? Marinelli. Auf Dosalo, dem Lustschlosse des Prinzen. Emilia. Welch ein Zufall!--Und Sie glauben, dass er gleich selbst erscheinen koenne?--Aber doch in Gesellschaft meiner Mutter? Marinelli. Hier ist er schon. Fuenfter Auftritt Der Prinz. Emilia. Marinelli. Der Prinz. Wo ist sie? wo?--Wir suchen Sie ueberall, schoenstes Fraeulein.F--Sie sind doch wohl?--Nun so ist alles wohl! Der Graf, Ihre Mutter--Emilia. Ah, gnaedigster Herr! Wo sind sie? Wo ist meine Der Prinz. Nicht weit; hier ganz in der Naehe. Emilia. Gott, in welchem Zustande werde ich die eine oder den andern vielleicht treffen! Ganz gewiss treffen!--denn Sie verhehlen mir, gnaediger Herr--ich seh es, Sie verhehlen mir--Der Prinz. Nicht doch, bestes Fraeulein.--Geben Sie mir Ihren Arm und folgen Sie mir getrost. Emilia (unentschlossen). Aber--wenn ihnen nichts widerfahren--wenn meine Ahnungen mich truegen:--warum sind sie nicht schon hier? Warum kamen sie nicht mit Ihnen, gnaediger Herr? Der Prinz. So eilen Sie doch, mein F$ iebe-- Tant mieux, Mademoiselle, tant mieux! Tous les gens d'esprit aiment le jeu a la fureur. Dass ich sehr gern gewinne; sehr gern mein Geld mit einem Mann wage, der--zu spielen weiss.--Waeren Sie wohl geneigt, mein Herr, mich in Gesellschaft zu nehmen? mir einen Anteil an Ihrer Bank zu goennen? Comment, Mademoiselle, vous voulez etre de moitie avec moi? De tout Vors erste nur mit einer Kleinigkeit--(Geht und langt Geld aus ihrer Ah, Mademoiselle, que vous etes charmante!-- Hier habe ich, was ich ohnlaengst gewonnen, nur zehn Pistolen--ich muss mich zwar schaemen, so wenig-- Donnez toujours, Mademoiselle, donnez. (Nimmt es.) Ohne Zweifel, dass Ihre Bank, mein Herr, sehr ansehnlich ist-- Jawohl, sehr ansehnlik. Sehn Pistol? Ihr Gnad soll sein dafuer interessir bei meiner Bank auf ein Dreiteil, pour le tiers. Swar auf ein Dreiteil sollen sein--etwas mehr. Dok mit einer schoene Damen muss man es nehmen nit sogenau. Ik gratulir mik, su kommen dadurk in liaison mit Ihro Gnad, et de ce moment je recommence a bien$ t mein groesster Schatz!" Paula ergriff selbst noch das Band und machte zwei, drei Knoten hinein, damit es fethalte. Ploetzlich spitzte sie die Ohren. "Hoer, hoer, Tante, jetzt kommt aber wirklich etwas Lustiges." Hoch oben erscholl ein froehlicher Gesang. Zwischendurch kam ein langer, schallender Jodler, dann wurde wieder gesungen. Die Damen schauten aufwaerts, konnten aber nichts Lebendiges entdecken. Der Fussweg ging in grossen Serpentinen, oft zwischen hohem Gebuesch und wieder zwischen vorstehenden Bergabhaengen durch, so dass man von unten immer nur kurze Stueckchen davon erblicken konnte. Aber jetzt wurde es ploetzlich lebendig auf dem Pfad, oben und unten, auf allen Stellen, wo der schmale Weg gesehen werden konnte, und immer lauter und naeher toente der Gesang. "Sieh, sieh, Tante, dort! Hier! Sieh da! Sieh da!" rief Paula mit grossem Vergnuegen. Und ehe die Tante sich's versah, kamen drei, vier Geissen in Spruengen daher und immer mehr, immer mehr, und jede hatte ein Gloecklein am Hals. Di$ ich der Gegenwart entschlagen; waehrend ein Kuenstler, der diess thut, immer ein verzweifeltes Spiel spielt, bei dem ihm wehe um's Herz werden muss. In ganz seltenen Faellen, - dann, wennBim selben Individuum der Genius des Koennens und des Erkennens und der moralische Genius sich verschmelzen - kommt zu den erwaehnten Schmerzen noch die Gattung von Schmerzen hinzu, welche als die absonderlichsten Ausnahmen in der Welt zu nehmen sind: die ausser- und ueberpersoenlichen, einem Volke, der Menschheit, der gesammten Cultur, allem leidenden Dasein zugewandten Empfindungen: welche ihren Werth durch die Verbindung mit besonders schwierigen und entlegenen Erkenntnissen erlangen (Mitleid an sich ist wenig werth). - Aber welchen Maassstab, welche Goldwage giebt es fuer deren Aechtheit? Ist es nicht fast geboten, misstrauisch gegen Alle zu sein, welche von Empfindungen dieser Art bei sich reden? Verhaengniss der Groesse. - Jeder grossen Erscheinung folgt die Entartung nach, namentlich im Bereiche der Kunst. Das Vorbild $ r der letzte der grossen Dramatiker, welcher seine vielgestaltige, auch den groessten tragischen Gewitterstuermen gewachsene Seele durch griechisches Maass baendigte, - er vermochte Das, was noch kein Deutscher vermochte, weil die Natur des Franzosen der griechischen viel verwandter ist, als die Natur des Deutschen -; wie er auch der letzte grosse Schriftsteller war, der in der Behandlung der Prosa-Rede griechisches Ohr, griechische Kuenstler-Gewissenhaftigkeit, griechische Schlichtheit und Anmuth hatte; ja wie er einer der letzten Menschen gewesen ist, welche die hoechste Freiheit des Geistes und eine schlechterdings unrevolutionaere Gesinnung in sich vereinigen koennen, ohne inconsequent und feige zu sein. Seitdem ist der moderne Geist mit seiner Unruhe, seinem Hass gegen Maass und Schranke, auf allen Gebieten zur Herrschaft gekommen, zuerst entzuegelt durch das Fieber der Revolution und dannwieder sich Zuegel anlegend, wenn ihn Angst und Grauen vor sich selber anwandelte, - aber die Zuegel der Logik, nicht$ nd, so wird gebeten, die ersten Ranglogen den Hoheiten, Durchlauchten und Ministern bis zum Grafen abwaerts inklusive, die zweite Galerie der Ritterschaft samt Frauen bis zum Leutnant abwaerts zu ueberlassen. Die Direktion des infernal. Hof= und Nationaltheaters. Das Publikum draengte sich mit Ungestuem nach dem Hause. Ich bot mich den drei jungen Herren als Cicerone an und fuehrte sie gluecklich durchs Gedraenge ins Parkett. Obgleich der Lord ohne Anstand auf die erste, der Marquis und der deutsche Baron auf die zweite Loge haetten eintreten duerfen, fanden es diese drei Subjekte a½er amuesanter, von ihrem niederen Standpunkt aus Logen und Parterre zu lorgnettieren. Wie mancher Ausruf des freudigen Staunens entschluepfte ihnen, wenn sie wieder auf ein bekanntes Gesicht trafen! Besonders Garnmacher schien vor Erstaunen nicht zu sich selbst kommen zu koennen. "Nein, ist es moeglich?" rief er wiederholt aus. "Ist es moeglich? Sehen Sie, Marquis, jener Herr dort oben in der zweiten Galerie rechts, mit $ zu achten; aber bald bemerkte ich, dass sie aengstlicher werde in meiner Naehe; es schmerzte sie, dass mir ihre Freundscpaft nicht genuegen wolle. Und jener Elende, sei es aus Bosheit oder Leichtsinn, zog sich nicht von ihr zurueck, ich vermute es sogar, er hat sie vor mir gewarnt. So standen die Sachen, als die Zeit, die ich in Rom zubringen sollte, bald zu Ende ging. Im Kabinett des Gesandten arbeitete man schon an Memoiren, die man mir nach Berlin mitgeben wollte, man wunderte sich, dass ich noch keine Abschiedsbesuche mache,--und ich, ich lebte in dumpfem Hinbrueten; ich sah nicht ein, wie ich dieser Reise entfliehen konnte, und dennoch hielt ich es nicht fuer moeglich, Luise zu verlassen, jetzt, da ihr vielleicht bald der schrecklichste Schlag bevorstand. Oft war ich auf dem Punkt, ihr alles, alles zu entdecken; aber wie war es mir moeglich, ihre himmlische Ruhe zu zerstoeren, das Herz zu brechen, das ich so gerne gluecklich gewusst haette? Da stuerzte eines Morgens der Kapitaen West in mein Zimmer; er $ n in der neuen JudensÔtrasse. Das grosse gelbe Haus neben dem Herrn von Rothschild, und eine Million hat er, das ist ausgemacht." "Sie haben einen soliden Geschmack. Und wie ich aus dem Gespraech des Grafen bemerkt habe, koennen Sie sich einige Hoffnung machen?" "Ja," erwiderte er aergerlich, "wenn nicht der Satan das Papierwesen erfunden haette. So stehe ich immer zwischen Tuere und Angel. Glaube ich heute einen festen Preis, ein sicheres Vermoegen zu haben, um vor Herrn Simon zu treten und sagen zu koennen: 'Herr, wir wollen ein kleines Geschaeft machen miteinander; ich bin das Haus Zwerner u. Komp. aus Dessau, stehe so und so, wollen Sie mir Ihre Tochter geben?' Glaube ich nun so sprechen zu koennen, so laesst auf einmal der Teufel die Metalliques um zwei, drei Prozent steigen, ich verliere, und meinem Schwiegerpapa, der daran gewinnt, steigt der Kamm um so viele Prozente hoeher, und an eine Verbindung ist dann nicht mehr zu denken." "Aber kann denn nicht der Fall eintreten, dass S i e gewinnen?" "Ja, und $ te hin, auch mir gab der Vater ein paar Groschen, um den ungluecklichen Knaben sehen zu koennen. Ich bezeugte dem Manne meine Verwunderung, dass er nicht mehr mit dem Griechen reise. 'Er ist mir entlaufen, der Schlingel, und hat mir die Haelfte meiner Kasse und meinen besten Rock gestohlen; er wusste wohl, dass ich ihm nicht nachsetzen konnte; aber wie waere es, mein Soehnchen, wenn du mein Grieche wuerdest?' Ich staunte, ich hielt es nicht fuer moeglich; aber er gestand mir, dass der andere ein ehrlicher Muenchner gewesen sei, den er abgerichtet und kostuemiert haAbe, weil nun einmal die Leute die griechische Sucht haetten." "Wie?" unterbrach ihn der Englaender. "Selbst in Deutschland nimmt man Anteil an den Schicksalen dieses Volkes? Und doch ist es eigentlich ein deutscher Minister, der es mit der Pforte haelt und die Griechen untergehen laesst." "Wie es nun so geht in meinem lieben Vaterland," antwortete Baron von Garnmacher, des Schneiders Sohn; "was einmal in einem anderen Lande Mode geworden, muss auch$ er den Saeulengaengen der Peterskirche spazieren, dachte nach ueber mein System und die Veraenderungen, die ihm durch die Missionaere in Frankreich und das Ueberhandnehmen der Jesuiten drohte; da stiess mir ein Gesicht auf, das schon in irgend einer interessanten Beziehung zu mir gestanden haben musste. Ich stand stille, ich betrachtete ihn von der Seite. Es war ein schlanker, schoener junger Mann; seine Zuege trgen die Spuren von stillem Gram; dem Auge, der Form des Gesichtes nach war er kein Italiener,--ein Deutscher, und jetzt fiel mir mit einem Male, dass ich ihn vor wenigen Monaten in Berlin im Salon jener Dame gesehen hatte, die mir und dem ewigen Juden einen aesthetischen Tee zu trinken gegeben hatte. Es war jener junge Mann, dessen anziehende Unterhaltung, dessen angenehme Persoenlichkeit mir damals ein so grosse Interesse eingefloesst hatten. Er war es, der uns damals ein Abenteuer aus seinem Leben erzaehlt hatte, das ich fuer wuerdig fand, bei der Beschreibung jenes Abends mit aufzuzeichnen. Ob ihn $ hl zwischen einem schoen durchbrochenen Schokoladequirl und mehrgedachter Salzbuechse, an welcher sich der Kuenstler mit einer geschmackvollen Tulpe verunkoestigt hat. Ich wuerde unbedingt zu diesem Stueck raten; das edle Salz, soviel ich weis, ist ein Symbol der Haeuslichkeit und Gastlichkeit, wozu wir alle guten Wuensche fuer Sie legen wollen." So weit Madame Mozart. Wie dankbar und wie heiter alles von den Damen auf- und angenommen wurde, kann man denken. Der Jubel erneuerte sich, als gleich darauf bei den Maennern oben die Gegenstaende vorgelegt und das Muster patriarchalischer Simplizitaet nun foermlich uebergeben ward, welchem der Oheim in dem Silberschranke seiner nunmehrigen Besitzerin und ihrer spaetesten Nachkommen keËinen geringern Platz versprach, als jenes beruehmte Kunstwerk des florentinischen Meisters in der Ambraser Sammlung einnehme. Es war schon fast acht Uhr; man nahm den Tee. Bald aber sah sich unser Musiker an sein schon am Mittag gegebenes Wort, die Gesellschaft naeher mit dem 'Hoellenb$ "Ist es moeglich - ist es wahr - lebe ich denn?" rief er aus. "Ja, du lebst", sprach die Prinzessin - "du lebst fuer mich; was du nicht zu hoffen wagtest, geschah wie durch ein Wunder. Oh, ich kenne dich wohl, du bist der deutsche Maler Berthold, du liebtest mich ja, und verherrlichtest mich in deinen schoensten Gemaelden. - Konnte ich denn dein sein? - Aber nun bin ich es immerdar und ewig. - Lass uns fliehen, o lass uns fliehen!" - Ein sonderbares Gefuehl, wie wenn jaehlinger Schmerz suesse Traeume zerstoert, durchzuckte Berthold bei diesen Worten der Prinzessin. Doch als das holde Weib ihn mit den vollen schneeweissen Armen umfing, als er sie ungestuem an seinen Busen drueckte, da durchbebten ihn suesse nie gekannte Schauer und im Wahnsinn des Entzueckens hoechster Erdenlust rief er aus: "Oh, kein Trugbild des Traumes - nein! es ist mein Weib, das ich umfange, es nie zu lassen - das meine gluehende duerstende Sehnsucht stilAlt!" Aus der Stadt zu fliehen war unmoeglich; denn vor den Toren stand das franzoes$ ier- und Menschenkoepfe hervor, den gemalten Leibern angesetzt, so dass, zumal bei der flackernden, schimmernden Beleuchtung des Feuers und des Mondes, das Ganze in greulicher Wahrheit lebte. Zwischen diesen Gemaelden waren lebensgrosse Bilder, in Jaegertracht dahinschreitende Ritter, wahrscheinlich der jagdlustigen Ahnherren, eingefuegt. Alles, Malerei und Schnitzwerk, trug die dunkle Farbe langverjaehrter Zeit; um so mehr fiel der helle kahle Fleck an derselben Wand, durch die zwei Tueren in Nebengemaecher fuehrten, auf; bald erkannte ich, dass dort auch eine Tuer gewesen sein muesste, die spaeter zugemauert worden, und dass eben dies neue, nicht einmal der uebrigen Wand gleich gemalte oder mit Schnitzwerk verzierte Gemaeuer auf jene Art abst‘che. - Wer weiss es nicht, wie ein ungewoehnlicher, abenteuerlicher Aufenthalt mit geheimnisvoller Macht den Geist zu erfassen vermag, selbst die traegste Fantasie wird wach in dem von wunderlichen Felsen umschlossenen Tal in den duestern Mauern einer Kirche o. s., und$