n Schein der Wahrheit nicht bis zur äußersten Illusion getrieben zu sehen wünschen, wenn es möglich wäre, daß der Schauspieler allzuviel Feuer in diesem Verstande anwenden könnte. Es kann also auch nicht dieses Feuer sein, dessen Mäßigung Shakespeare selbst in dem Strome, in dem Sturme, in dem Wirbelwinde der Leidenschaft verlangt: er muß bloß jene Heftigkeit der Stimme und der Bewegungen meinen; und der Grund ist leicht zu finden, warum auch da, wo der Dichter nicht die gerinôste Mäßigung beobachtet hat, dennoch der Sch)uspieler sich in beiden Stücken mäßigen müsse. Es gibt wenig Stimmen, die in ihrer äußersten Anstrengung nicht widerwärtig würden; und allzu schnelle, allzu stürmische Bewegungen werden selten edel sein. Gleichwohl sollen weder unsere Augen noch unsere Ohren beleidiget werden; und nur alsdenn, wenn man bei Äußerung der heftigen Leidenschaften alles vermeidet, was diesen oder jenen unangenehm sein könnte, haben sie das Glatte und Geschmeidige, welches ein Hamlet auch noch da von ihnen verlangt$ noch mehr zuwider als jene, weil sie daraus entdeckt, daß die Rutland ihn liebet. Zuletzt befiehlt sie, demohngeachtet, daß erîvor sie gebracht werden soll. Er kömmt, und versucht es, seine Aufführung zu verteidigen. Doch die Gründe, die er desfalls beibringt, scheinen ihr viel zu schwach, als daß sie ihren Verstand von seiner Unschuld überzeugen sollten. ‹ie verzeihet ihm, um der geheimen Neigung, die sie für ihn hegt, ein Genüge zu tun; aber zugleich entsetzt sie ihn aller seiner Ehrenstellen, in Betrachtung dessen, was sie sich selbst, als Königin, schuldig zu sein glaubt. Und nun ist der Graf nicht länger vermögend, sich zu mäßigen; seine Ungestümheit bricht los; er wirft den Stab zu ihren Füßen und bedient sich verschiedner Ausdrücke, die zu sehr wie Vorwürfe klingen, als daß sie den Zorn der Königin nicht aufs höchste treiben sollten. Auch antwortet sie ihm darauf, wie es Zornigen sehr natürlich ist; ohne sich um Anstand und Würde, ohne sich um die Folgen zu bekümmern: nämlich, anstatt der Antwort, gib$ Más traidor he parecido. Y pues son dos los culpados Podrá ser, que alguno de ellos Entregue al otro; que es llano, Que será traidor amigo Quien fué desleal vasallo. Y es gran materia de estado Dar a entender, que los Reyes Están en sí tan guardados Que aunque la traición los busque, Nunca ha de poder hallarlos; Y así el secreto averigüe Enormes delitos, cuando Más que el castigo, escarmientos Dé ejemplares el pecado. Que ya sólo con miraros Sé el suceso de la guerra. No bastaba, amor tírano, Una inclinación tan fuerte, Sin que te hayas ayudado Del deberle yo la vida? Rein. Loco Amor--Cond. Necio imposible-- Rein. Qué ciego--Cond. Qué temerario-- Rein. Me a)atesáa tal bajeza-- Cond. Me quieres subir tan alto-- Rein. Advierte, que soy la Reina-- Cond. Advierte, que soy vasallo-- Rein. Pues me humillas al abismo-- Cond. Pues me acercas a los rayos-- Rein. Sin reparar mi grandeza-- Cond. Sin m$ der zufälligen Ähnlichkeit zu sagen, daß in diesen Stücken, sowie im Leben, die wichtigsten Rollen sehr oft gerade durch die schlechtesten Akteurs gespielt werden,--was kann ähnlicher sein, als es beide Arten der Haupt-und Staatsaktionen einander in der Anlage, in der Abteilung und Disposition der Szenen, im Knoten und in der Entwicklung zu sein pflegen? Wie selten fragen die Urheber der einen und der andern sich selbst, warum sie dieses oder jenes gerade so und nicht anders gemacht haben? Wie oft überraschen sie uns durch Begebenheiten, zu denen wir nicht im mindesten vorbereitet waren? Wie oft sehen wir Personen kommen und wieder abtreten, ohne daß sich begreifen läßt, warum sie kamen, oder warum sie wieder verschwinden? Wie viel wird in beiden dem Zufall überlassen? Wie oft sehen wir die größesten Wirk¨ngen durch die armseligsten Ursachen hervorgebracht? Wie oft das Ernsthafte und Wichtige mit einer leichtsinnigen Art, und das Nichtsbedeutende mit lächerlicher Gravität behandelt? Und wenn in beiden endlic$ araus ebenso erleuchtet zu werden, als Corneille? Possen! Die furchtsamen, schwanken, unentschlossenen Charaktere, wie Felix, sind in dergleichen Stücken ein Fehler mehr und machen sie noch obendarein ihrerseits kalt und ekel, ohne sie auf der andern Seite im geringsten weniger gräßlich zu machen. Denn, wie gesagt, das Gräßliche liegt nicht in demHUnwillen oder Abscheu, den sie erwecken: sondern in dem Unglücke selbst, das jene unverschuldet trifft; das sie einmal so unverschuldet trifft als das andere, ihre Verfolger mögen böse oder schwach sein, mögen mit oder ohne Vorsatz ihnen so hart fallen. Der Gedanke ist an und für sich selbst gräßlich, daß es Menschen geben kann, die ohne alle ihr Verschulden unglücklich sind. Die Helden hätten diesen gräßlichen Gedanken so weit von sich zu entfernen gesucht, als möglich: und wir wollten ihn nähren? wir wollten uns an Schauspielen vergnôgen, die ihn bestätigen? wir? die Religion und Vernunft überzeuget haben sollte, daß er ebenso unrichtig als gotteslästerlich ist?--$ es zwar sehr unrecht, sehr abgeschmackt finde; ob es sich schon weder mit der Vernunft noch mit meiner Lebensart reimet:--weil ihr doch so sehr darauf besteht; es sei!" "Nein", sagt die Kritik; "das ist zu viel! Der Dichter ist hier mit Recht zu tadeln. Das einzige, wÍs man noch zu seiner Rechtfertigung sagen könnte, wäre dieses, daß er die nachteiligen Folgen einer übermäßigen Gutherzigkeit habe zeigen wollen. Doch Micio hat sich bis dahin so liebenswürdig bewiesen, er hat so viel Verstand, so viele Kenntnis der Welt gezeigt, daß diese seine letzte Ausschweifung wider alle Wahrscheinlichkeit ist und ]en feinern Zuschauer notwendig beleidigen muß. Wie gesagt also: der Dichter ist hier zu tadeln, auf alle Weise Aber welcher Dichter? Terenz? oder Menander? oder beide?--Der neue englische Übersetzer des Terenz, Colman, will den größern Teil des Tadels auf den Menander zurückschieben; und glaubt aus einer Anmerkung des Donatus beweisen zu können, daß Terenz die Ungereimtheit seines Originals in dieser Stelle weni$ misti autem? de te largitor De. Age, quid, si quid te majus oret? Mi. Quasi non hoc sit maximum. De. Da veniam. Aes. Ne gravere. De. Fac, promitte. Mi. Non omittis? Aes. Non; nisi te exorem. Mi. Vis est haec quidem. De. Age prolixe Micio. Mi. Etsi hoc mihi pravum, ineptum, absurdum, atque alienum a vita mea Videtur: si vos tantopere istum vultis. Fiat.-- Hundert und erstes, zweites, drittes und viertes Stück Den 19. April 1768 Hundert und erstes bis viertes?--Ich hatte mir vorgenommen, den Jahrgang dieser Blätter nur aus hundert Stücken bestehen zu lassen. Zweiundfunfzig Wochen, und die Woche zwei Stück, geben zwar allerdings hundertundviere. Aber warum sollte, unter allen Tagewerkern, dem einzigen wöchentlichen Schriftsteller kein Feiertag zustatten kommen? Und in dem ganzen Jahre nur viere: ist ja so wenig! Doch Dodsley und Compagnie haben dem Publico, in meinem Namen, ausdrücklich hundert und vier Stück versprochen. Ich werde dÑe guten Leute schon nicht zu Lügnern machen müsse$ s nennen?--Verkennung unserer Delikatesse gezwungen hat. 5ie Einheit der Zeit! Das Kleid musste fertig sein; die Stephan sollte es noch anziehen; und in vierundzwanzig Stunden wird nicht immer ein Kleid fertig. Ja, er durfte sich nicht einmal zu einem kleinen Nachspiele vierundzwanzig Stunden gar wohl erlauben. Denn Aristoteles sagt"--Hier ward meine Kunstrichterin unterbrochen. Den neunundzwanzigsten Abend (mittewochs, den 3. Junius) ward nach der "Melanide" des de la Chaussee "Der Mann nach der Uhr, oder der ordentliche Mann" gespi0let. Der Verfasser dieses Stuecks ist Herr Hippel, in Danzig. Es ist reich an drolligen Einfaellen; nur schade, dass ein jeder, sobald er den Titel hoert, alle diese Einfaelle voraussieht. National ist es auch genug; oder vielmehr provinzial. Und dieses koennte leicht das andere Extremum werden, in das unsere komischen Dichter verfielen, wenn sie wahre deutsche Sitten schildern wollten. Ich fuerchte, dass jeder die armseligen Gewohnheiten des Winkels, in dem er geboren worden, fu$ auf diese Weise seiner Vorstellung Vorstellungen entgegenzusetzen; denn unser Lachen zu erregen, braucht es des Grades der Taeuschung nicht, den unser Mitleiden erfordert. Ich habe schon gesagt, wie hart de la Lindelle dem Maffei mitspielt. Nach seinem Urteile hat Maffei sich mit dem begnuegt, was ihm sein Stoff von selbst anbot, ohne die geringste Kunst dabei anzuwenden; sein Dialog ist ohne alle Wahrscheinlichkeit, ohne allen Anstand und Wuerde; da ist so viel Kleines und Kriechendes, das kaum in einem Possenspiele, in der B­de des Harlekins, zu dulden waere; alles wimmelt von Ungereimtheiten und Schulschnitzern. "Mit einem Worte", schliesst er, "das Werk des Maffei enthaelt einen schoenen Stoff, ist aber ein sehr elendes Stueck. Alle Welt koemmt in Paris darin ueberein, dass man die Vorstellung desselben nicht wuerde haben aushalten koennen; und in Italien selbst wird von verstaendigen Leuten sehr wenig daraus gemacht. Vergebens hat der Verfassër auf seinen Reisen die elendesten Schriftsteller in Sold gen$ eine Suffolk vorziehe, nachdem sie ihm doch deutlich genug zu verstehen gegeben, dass er um sie allein seufzen solle, usw. Keine von diesen Armseligkeiten koemmt ueber ihre Lippen. Sie spricht nie als eine Verliebte; aber sie handelt so. Man hoert es nie, aber man sieht es, wie teuer ihr Essex ehedem gewesen, und noch ist. Einige Funken Eifersucht verraten sie; sonst wuerde man sie schlechterdings fuer nichts, als fuer seine Freundin halten koennen. Mit welcher Kunst aber Banks ihre Gesinnungen gegen den Grafen in Aktion zu setzen gewusst, das koennen folgende Szenen des dritten Aufzuges zeigen. --Die Koenigin glaubt sich allein und ueberlegt den ungluecklichen Zwang ihres Standes, der ihr nicht erlaube, nach der wahren Neigung ihres Herzens zu handeln. Indem wird sie die Nottingham gewahr, die ihr nachgekommen.-- "Die Koenigin. Du hier, Nottinghamt Ich glaubte, ich sei allein. Nottingham. Verzeihe, Koenigin, dass ich so kuehn bin. Und doch befiehlt mir meine P—licht, noch kuehner zu sein.--Dich bekuemmert e$ h hielt er sich nicht frei von Grausamkeit; so ließ er seiner Favoritin Roxelane, einer gebornen Russin, zu Gefallen alle ihm von andern Frauen gebornen Kinder umbringen, um ihrem Sohn Selim II. die Nachfolge zu sichern. 3) S. III., Sohn Ibrahims, Bruder Mohammeds IV., geb. 1647, folgte, nach dessen Absetzung von den Ulemas aus seiner langjährigen Haft befreit, 1687, hatte mit Empörungen zu kämpfen und führte den Krieg in Ungarn unglücklich, bis er 1689 Mustafa Köprili zum Großwesir ernannte; Solimões, s. Amazonenstrom. Solingen, KreisOtadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, auf einer Anhöhe unweit der Wupper und an der Linie Ohligswald-S. der Preußischen Staatsbahn, 216 m ü. M., hat 2 evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein RealprogymnasiuL, ein Kranken-, Armen- und Waisenhaus, ein Amtsgericht, eine Handelskammer, eine Reichsbanknebenstelle, sehr bedeutende Fabrikation von Eisen- und Stahlwaren, insbesondere von trefflichen Säbel- und Degenklingen, Messern, Gabeln, Scheren, chirurgischen I$ ßensee, an der Unstrut, Knotenpunkt der Linie Sangerhausen-Erfurt der Preußischen Staatsbahn u. der Eisenbahn Großheringen-Straußfurt, 160 m ü. M., hat 2 evangelische und eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, Gewehr-, Munitions-, Zündhütchen- und Eisenwarenfabrikation, Eisengießerei und (1885) 4795 meist evang. Einwohner. S. war Geburtsort und Wohnsitz von Dreyse (s. d.). Sommerendivien, s. Lattich. Sommerfäden, s. v. w. Alterweibersommer. Sommerfeld, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Kreis Krossen, an der Lubis, Knotenpunkt der Linien Berlin-S., S.-Breslau und S.-Liegnitz der Preußischen Staatsbahn, 82 m ü. M., besteht aus der Stadt, 2 Vorstädten (Schönfelä und Hinkau) und 3 Kolonien (Karr‰s, Bornstadt und Klinge), hat 2 evang. Kirchen, ein Schloß, ein Rettungshaus, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, bedeutende Tuchfabrikation, eine Hutfabrik, eine mechanische Bandweberei, 3 Dampffärbereien, 2 Maschinenbauanstalten, eine Flachsgarnspinnerei, Appretur- u. Karbonisieranstalten, Ziegeleien, ei$ 852. Sein Hofstaat wurde nach französischem Muster kopiert, und auch seine Staatseinrichtungen waren eine Karikatur der Napoleonischen. Nach seiner Thronbesteigung stiftete er zwei Orden, nämlich den Orden des heil. Faustin für Militärpersonen und den Ehrenlegionsorden für Zivilisten. Seine wiederholten Versuche, San Domingo zu unterwerfen, scheiterten kläglich. Im Innern herrschte er verschwenderisch und grausam, so daß die Erbitterung gegen ihn schließlich allgemein wurde. Als General Geffrard 22. Dez. 1858 zu Gonaïves die Republik proklamiert hatte und S. gegen ihn auszog, ging der größte Teil seiner Truppen zu den Insurgenten über. Am 15. Jan. 1859 wurde S. in seiner Hauptstadt Port au Prince durch Verrat gefangen; doch schonte man sein Leben und ließ ihn nach Jamaica übersiedeln. Nach dem Sturz ÷effrards 1867 erhielt er die Erlaubnis zur Rückkehr in die Heimat und starb 4. Aug. d. J. in Petit Goyave.!Soult (spr. ssult), Nicolas Jean de Dieu, Herzog von Dalmatien, franz. Marschall, geb. 29. März 1769 zu S$ nrichtung des privaten Grundeigentums und Erbrechts und auf die freie individualistische und kapitalistische Produktionsweise mit der Trennung von Unternehmern und Lohnarbeitern, mit dem Eigentum der erstern an den Produ²tionsmitteln und der Herrschaft des "ehernen Lohngesetzes" über die letztern zurück. Er vertritt die falsche Ansicht der ältern englischen Nationalökonomen, daß allein die Arbeit Werte erzeuge, und behauptet, daß infolge jener Ursachen die bisherige Vermögensbildung und die heutige Verteilung der neu produzierten Güter auf einer Ausbeutung der Lohnarbeiter durch Unternehmer, Grundeigentümer und Kapitalisten, mit andern Worten der Nichtbesitzenden durch die besitzende Klasse beruhe. Diese ungerechte Verteilung ist ihm die wesentliche Ursache des Proletariats und aller andern Übelstände in den untWrn Volksklassen. Beseitigung dieser Übelstände erwartet er nicht wie der Kommunismus von der völligen Gleichheit aller, aber doch von einer sehr starken Ausgleichung der ökonomischen und sozialen Unte$ entlich in Alcoy). Bedeutend ist die Industrie in Nahrungs- u. Genußmitteln. Es bestehen 18 Raffinerien für Kolonialzucker (Barcelona, Malaga und Umgebung, Granada und Almeria; Produktion jährlich ca. 150,000 metr. Ztr.), zahlreiche Schokoladefabriken, so zw Madrid und Umgebung, Barcelona, Saragossa, Ciudad Real, Leon, Astorga, Oviedo, Malaga etc., mehrere Fabriken für konservierte und kandierte Früchte, einige große Fabriken für Fisch- un. Fleischkonserven (in Guipuzcoa und Coruña) und mehrere Unternehmungen für Maccaroni- und Teigwarenerzeugung (in Malaga). Weizenmehl wird von Santander aus nach den spanischen Kolonien verschifft (in den letzten Jahren durchschnittlich 275,000 metr. Ztr.). Erwähnenswert sind ferner: die Spirituserzeugung aus Wein und dessen Rückständen, die Fabrikation von Likören (besonders Anislikör in der Provinz Albacete) und die Bierbrauerei in den größern Städten. Die Tabaksfabrikation ist Staatsmonopol, welches aber seit 1887 verpachtet ist, und beschäftigt große Etablissements zu Ma$ von—Kastilien Ratschläge und Lebensregeln in Versen abfaßte, in dem Gedicht vom Totentanz: "Danza general de la muerte", der äºtesten Dichtung dieser Art, in der spanischen Nachahmung der lateinischen "Rixa animae et corporis" u. a. die didaktische Richtung geltend. Sämtliche bisher genannte Gedichte sind in Bd. 57 ("Poetas castellanos, anteriores al siglo XV") sowie die hauptsächlichsten Prosawerke in Bd. 51 ("Escritores en prosa, anteriores al siglo XV") der erwähnten "Biblioteca de autores españoles enthalten. Die Ausbildung der damaligen historischen Prosa bekunden die Chroniken Ayalas, Juan Nuñez de Villaizans, die Prosachronik vom Cid, die Reisebeschreibung Ruy Gonzalez de Clavijos u.a. Auch die Abfassung des "Amadis von Gallien" (s. Amadisromane), des Ahnherrn der zahllosen spanischen Ritterromane, gehört dem Schluß dieser Periode an. Zweite Periode. Mit der Regierung Johanns II. von Kastilien (1406-54) begann die zweite Periode der spanischen Nationallitteratur, welche bis zur Regierung Karls V., somi$ Söhnen des Aristodemos, Eurysthenes und Prokles, zu. In Wirklichkeit war die erste dorische Eroberung eine unvollständige. Die Achäer behaupteten sich in einem großen Teil Lakoniens; die Dorier setzten sich zunächst bloß am rechten Ufer des Eurotas fest, wo sie als feste Niederlassung S. gründeten. Von hier aus breiteten sie sich allmählich über die übrigen Gemeinden aus und vermischten sich mit den Achäern, deren ursprüngliche Ebenbürtigkeit auch daraus sich ergibt, daß eins der spartanischen Königsgeschlecht(r, die Agiaden, achäisch war. Diese unfertigen Zustände stürzten den Staat in eine Verwirrung, aus der ihn erst die Gesetzgebung des Lykurgos (s. d.), welche freilich so, wie sqe bestand, nicht auf einmal angeordnet, sondern allmählich entstanden ist, herausriß. Dieser stellte den innern Frieden her und begründete danach eine neue Staatsordnung auf der Vorherrschaft und strengen Organisation der dorischen Bevölkerung, der Spartiaten. Diese wurden in der Mitte des Landes vereinigt und 4500 (später 9000)$ und besitzt in seinen gesättigt ponceauroten Varietäten etwa den halben Wert eines gleichgroßen Diamanten. Tiefroter S. kommt auch als Rubinspinell, licht rosenroter als Rubinbalais (Balasrubin), violetter als Almandinspinell und gelbroter als Rubicell (Rubicill) in den Handel. Die zuletzt genannten drei Sorten stehen den edlen Spinellen an Wert bedeutend nach. Kochenille- und blutroter S. kursiert wohl auch als Goutte de Sang ("Blutstropfen"). Pleonaste dienen als Trauerschmuck. Eine Anzahl von Mineralspezies, deren einzelne Glieder als isomorphe Körper untereinander eng verknüpft sind, faßt man als Spinellgruppe zusammen. Sie k^istallisieren sämtlich im regulären System, am häufigsten in Oktaedern und oktaedrischen Zwillingen, nach dem sogen. Spinalgesetz und sind übereinsÐimmend nach der allgemeinen Formel RII(RIV2)O4 [s. Bildansicht] zusammengesetzt. Die folgende Tabelle gibt die wichtigsten Spezies der Gruppe und die Elemente, welche sich an der Zusammensetzung beteiligen, in der Reihenfolge ihres Vorwal$ r, t, u und Riemenscheiben 5 auf der Achse 4 und 12 auf der Achse B von der großen Trommelwelle A aus. Von 7 wird zugleich die Bewegung durch Kegelräder 8, 9, 10 auf c und weiter auf z übertragen. In der Regel wird die Baumwolle zweimal gekratzt: auf der Vorkarde und nach Behandlung auf der Lappingmaschine auf der Feinkarde, in welchem Fall mehrere Bänder der Vorkarde zusammengewickelt und als Bandwickel auf die Feinkarde gebracht werden. Um im Band eine vollständig gleiche, gestreckte, parallele Lage und gleiche Verteilung der Fasern zu bekommen, passieren sie eine Reihe von Walzen in der Weise, daß immer so viel Bänder vereinigt werden (Duplieren), als jedes Band verlängert (gestreckt) wird. Dazu dient ein S^reckwerk (Laminirstuhl, Strecke), dessen Einrichtung (Fig. 12) folgende ist. In einem passenden Bock liegen vier Walzenpaare 1, 2, 3, 4, die die Bänder A dadurch4verlängern, daß sie der Reihe nach von 4 nach 1 größere Umdrehgeschwindigkeiten, z. B. auf das Sechsfache gesteigert, erhalten. Die Oberwalzen$ ache begeisterter Männer, namentlich Leibniz', der, obschon er nur selten in deutscher Sprache schrieb, dennoch die Kraft und Ausdrucksfähigkeit derselben wohl erkannte und in seinen "Unvorgreiflichen Gedanken, betreffend die Ausübung und Verbesserung derLdeutschen Sprache" (1717) und der "Ermahnung an die Deutschen, ihren Verstand und ihre Sprache besser zu üben" (hrsg. von Grotefend, Hannov. 1846) gerade die deutsche Sprache als die geeignetste für die Darstellung einer wahren Philosophie erklärte. Noch freilich fehlten Werke, die mit dem Streben nach reiner und edler Form auch gediegenen Inhalt verbanden. Sobald aber im 18. Jahrh. die große Blütezeit der deutschen Litteratur anbrach, erhob sich auch die Sprache aus ihrer tiefen Erniedrigung und gedieh durch unsre Klassiker noch vor dem Ende des Jahrhunderts zu hoher Vollendung. Nicht ohne Verdienst waren dabei auch die besondern, ausdrücklich auf S. gerichteten Bemühungen J. H. CaQpes (s. d.) und Karl W. Kolbes (gest. 1835; "Über Wortmengerei", Berl. 1809)$ rper erhält beim S. durch die kräftige Zusammenziehung der Wadenmuskeln eine Wurfbewegung, bei welcher der Schwerpunkt des Körpers eine parabolische Linie beschreibt, entsprechend einem geworfenen, bez. fallenden Körper. Gewöhnlich geht dem S. der Eillauf (Anlauf) voran, weil dadurch der Körper schon eine gewisse Schnelligkeit der Bewegung erhält, welche ihm dann beim S. zu statten kommt. Ebenso werden die beim S. hauptsächlich beteiligten Wadenmuskeln durch eine Wurfbewegung der Arme unterstützt. Springer, 1) Robert, Schriftstellerï geb. 23. Nov. 1816 zu Berlin, widmete sich erst dem Lehrfach, privatisierte studierend eine Reihe von Jahren in Paris, Rom, Wien und Leipzig und lebte seit 1853 dauernd in Berlin, wo er 21. Okt. 1885 starb. Er veröffentlichte: "Weimars klassische Stätten" (Berl. 1867); "Die klassischen Stätten von Jena und Ilmenau" (das. 1869); die Romane: "Gräfin Lichtenau" (das. 1871, 3 Bde.), "Devrient und Hoffmann" (das. 1873,ä3 Bde.), "Sidney Smith" (das. 1874, 3 Bde.), "Anna Amalia von Weim$ die Lehre vom Königtum "von Gottes Gnaden" zu modernisieren suchte, wie dies z. B. von Stahl geschehen ist. Andre wollen die Entstehung des Staats aus dem sogen. Rechte des Stärvern, aus der Übermacht, welche auch in dem Ausdruck "Staatsgewalt" angedeutet sei, herleiten, während auf der entgegengesetzten Seite der S. (Patriarchalstaat) auf die väterliche Gewalt zurückgeführt und als eine Erweiterung der Familie hingestellt wird. Eine weitere, früher auch in Deutschland vielfach praktisch geltend gemachte Theorie (Patrimonialprinzi;) stellt die Staatsgewalt als Ausfluß des Eigentums (Patrimonialität) am Grund und Boden hin. Es ist dies die Theorie der absoluten Monarchie, vermöge deren sich die Staatsbeherrscher gewissermaßen als Eigentümer von Land und Leuten betrachteten, und welche zu jenem Satz führen konnte, der Ludwig XIV. in den Mund gelegt wird: "Ich bin der S." Auch der sogen. Vertragstheorie ist hier zu gedenken, welche die Entstehung des Staats auf eine vertragsmäßige Unterwerfung der Unterthanen un$ ng, s. Verwaltung. Staatswirtschaft, die Wirtschaft des Staats, umfaßt alle Thätigkeiten und Veranstaltungen, welche zur Befriedigung von Staatsbedürfnissen dienen, wird im engern Sinn auch oft als mit der Finanzverwaltung identisch betrachtet (vgl. Finanzwesen). Staatswirtschaftslehre, Lehre von der Wirtsc7aft des Staats, Finanzwissenschaft, auch als gleichbedeutend mit Volkswirtschaftslehre (s. d.) gebraucht. Staatswissenschaften (Kameralwissenschaften), im allgemeinen Bezeichnung für diejenigen Wissenschaften, deren Gegenstand der Staat ist. Sie sind teils erzählende und beschreibende (historische), teils erörternde (dogmatische), teils philosophische und teils politische. Zu der erstern Kategorie gehören die Statistik oder Staatenkunde, welche dermalige Zustände und Einrichtungen schildert, und die Staatengeschichte. Die staatswissenschaftliche Dogmatik dagegen behandelt systematisch Zweck, Wesen und Eigenschaften des Staats und seine rechtlichen Beziehungen, und zwar so’ohl diejenigen unter den Staaten s$ 4, ist jetzt das Haupt der Fridericianischen Linie; die Philippinische wird repräsentiert durch Friedrich, Grafen von S., geb. 13. Dez. 1817, erblichen Reichsrat der Krone Bayern. Stadium (griech. Stadion), bei den Alten Längenmaß, eine Strecke von 600 griech. Fuß, aber thatsächlich von schwankender Länge; das Itinerarstadium (s. d.) war jedenfalls kleiner, und man kann es bis in die±Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. auf etwa 1/50 geogr. Meile ansetzen. Das olympische S. betrug ungefähr 1/40 Meile. In der römischen Kaiserzeit rechnete man 7,5 Stadien auf eine römische Meile. Ursprünglich bezeichnete Xas Wort die für den Wettlauf bestimmte Rennbahn von der angegebenen Länge, namentlich die zu Olympia (s. d., mit Plan), nach der die andern eingerichtet wurden. Die Konstruktion des Stadiums erkennt man deutlich aus vielen noch vorhandenen Ruinen. Demnach war es der Länge nach durch mehrere Richtungssäulen in zwei Hälften geteilt und eine oder mehrere Seiten desselben oft mit Benutzung des Terrains mit aufsteigenden Si$ ßen. Infolge der Umgestaltung der Territorialverhältnisse sowie der Rechtsbegriffe machten sich Umänderungen der Stadtrechte notwendig, und so entstanden im Lauf des 15., 16. und 17. Jahrh. an vielen Orten verbesserte Stadtrechte, sogen. "Reformationen", wobei aber unter Einwirkung der Rechtsgelehrten mehr und mehr römisches Recht eingemischt ward bis zuletzt die alten Stadtrechte zugleich mit der eignen Gerichtsbarkeit und der Autonomie der Städte bis auf dürftige Reste der Autorität der Landesherren weichen mußten. Nur für das Familien- und Erbrecht haben sich einzelne Satzungen der alten Stadtrechte (Statuten) bis auf die Gegenwart erhalten. Vgl. Gaupp, Deutsche Stadtrechte des Mittelalters (Bresl. 1851-52, 2 Bde.); Gengler, Deutsche Stadtrechte des Mittelalters (neue Ausg., Nürnb. 1866); Derselbe, Codex juris municipalis GermaniŸe (Erlang. 1863-67, Bd. 1); Derselbe, Deutsche Stadtrechtsaltertümer (das. 1882). Stadtreisender, s. Platzreisender. Stadtsteinach, Bezcrksamtsstadt im bayr. Regierungsbezirk Ober$ "Die lutherische Kirche und die Union" (das. 1859, 2. Aufl. 1860). Nach seinem Tod erschienen: "Siebenzehn parlamentarische Reden" (Berl. 1862) und "Die gegenwärtigen Parteien in Staat und Kirche" (2. Aufl., das. 1868). Vgl. "Pernice, Savigny, S." (Berl. 1862). 3) Karl, Pseudonym, s. Gödeke. 4) Pierre Jules, Pseudonym, s. Hetzel. 5) Arshur, Pseudonym, s. Voigtel. Stahlblau, dunkelblaue Farbe, ähnlich dem angelaufenen Stahl, besonders wenn der so gefärbte Körper Metallglanz hat. Stahlbrillanten (Stahldiamanten), Stahlstückchen mit vielen glänzenden Facetten, bisweilen als Köpfe von Stahlstiften mit Schraubengewinde. Stahlbronze, s. Bronze, S. 460. Stahleck, Burg bei Bacharach (s. d.). Stahlfedern, Schreibfedern aus Stahl, werden dargestellt, indem man aus entsprechend dünnem Stahlblech Plättchen von der Gestalt der Federn mittels eines Durchstoßes ausschneide%, dann diese Plättchen unter einem andern Durchstoß mit dem Loch versieht, in welchem der Spalt endigt, und zugleich mit den beiden seitlichen Spalten, $ annt, weil sie nicht wie andre mehlartige Stoffe auf Mühlen gewonnen wird. Nach Plinius wurde sie zuerst auf Chios aus Weizenmehl dargestellt. Über die Fortschritte der Fabrikation im Mittelalter weiß man wenig, nur so viel ist sicher, daß die Holländer im 16. Jahrh. S. im großen Maßstab darstellten und bedeutende Mengen exportierten.ùDie Stärkeindustrie entwickelte sich vorwiegend als landwirtschaftliches Gewerbe; mit einfachsten Vorrichtungen gewa´n man zwar nur eine mäßige Ausbeute, doch genügte dieselbe bei der Möglichkeit vorteilhafter Verwertung der Abfälle, bis die Fortschritte in den eigentlichen Stärkefabriken auch die Landwirtschaft zwangen, auf höhere Ausbeute bedacht zu sein. Diese wurde namentlich durch Vervollkommnung der Maschinen und Apparate erreicht, um welche sich Fesca durch Einführung eigentümlich konstruierter Zentrifugalmaschinen wesentliche Verdienste erwarb. In neuerer Zeit hat die Reisstärke der Kartoffel- und Weizenstärke namentlich für Zwecke der Appretur erfolgreich Konkurrenz gem$ ers Konv.-Lexikon, 4. Aufl., XV. Bd. Statistik (geschichtliche Entwickelung, heutige Richtung). 1660 den üblichen Universitätsvorlesungen eine neue, aus Geographie, Geschichte und Politik abgesonderte Disziplin als Notitia rerum publicarum hinzufügte, in welcher er wie Staatscustände zusammenhängend darstellte. Achenwall (1719-72), ein fleißiger Sammler, stellt den Begriff genauer fest und führt auch die Bezeichnung S. als Kenntnis der Staatsmerkwürdigkeiten ein. Auf gleichem Boden steht sein Schüler Schlözer (1735-1809), welcher der damaligen Heimlichkeit in Staatssachen gegenüber mit einem gewissen Freimut die politischen Ereignisse zum Gegenstand der Besprechung in Vorlesungen machte. Von ihm stammt die bekannte Definition: "S. ist stillstehende Geschichte, Geschichte ist fortlaufende S." Gegenüber der ethnographischen Methode der S., welche jedes Volk für sich behandelte, führte Büsching (1724-93) die vergleichende Methode ein, indem er bei sachlicher Gliederung des Stoffes zwischen den entsprechenden Zus$ llungen weder die Größenangabe (Zahl) noch der Wortausdruck entbehrt werden kann. Von jeher waren die Ansichten über das Gebiet der S. geteilt gewesen. Die einen beschränkten es auf den Staat und staatliche Verhältnisse (Staatsverfassung, Darstellung der Staatskräfte), andre dehnten es auf alle gesellschaftliche Thatsachen (faits sociaux) aus, wieder andre überhaupt auf alle Erscheinungen, an denen ein Dasein, Entstehen und Vergehen wahrnehmbar sei (also auch Naturerscheinungen). Verlangten die einen, daß die S. sicl nur auf Schilderung der Erscheinungen der Gegenwart beschränken solle, daß jedes statistische Datum neu sein müsse, da sich die Vergangenheit nicht beobachten lasse, so gingen sie zum Teil selbst wieder von dieser Forderung ab, indem sie auch Einsicht in die Zustände bieten, den jetzigen Zustand aus dem frühern begreiflich machen wollten (%ragmatische S. nach Achenwall). Man verwechselte hierbei die einfache Beobachtung, Erhebung und Aufzeichnung des statistischen Materials mit der wissenschaftli$ d, widmete sich S. ganz der Wissenschaft, namentlich der Kirchengeschichte; für seine Verdienste um diese verlieh ihm die theologische Fakultät in München 1870 die Doktorwürde. Seine hauptsächlichsten Werke sind: "Friedrich, Graf von Zollern, Bischof von Augsburg, und Johann Geiler von Kaisersberg. Mit Briefen" (Augsb.1854); "Bischof Peter v. Richarz" (das. 1856); "Das Bistum Augsburg, historisch und statistisch beschrieben" (das. 1861-87, Bd. 1-5). Durch seineÀGelehrsamkeit, Frömmigkeit und Milde für eine hohe kirchliche Würde besonders geeignet, ward er 1878 vom König nach dem Tod Scherrs zum Erzbischof von München-Freising ernannt. Steier, Stadt, s. Steyr. Steierdorf (ungar. Steierlak), Markt im ungar. Komitat Krasso Szöreny, an der Flügelbahn Jassenova-S., mit berühmtem Kohlen- und Eisensteinbergbau der Österreich.-Ungarischen Staatsbahn und (1881) 9239 deutschen Einwohnern. In der Nähe das Eisenwerk Anina und der Bergwerksort Oravicza (s. d.). Steiermark (hierzu Ka te "Steiermark"), österreich. Herzogtum$ n Pfuhl), 1874 in Berlin (von Schievelbein und Hagen) ein Standbild errichtet. Steins Denkschriften über deutsche Verfassungen wurden von Pertz (Berl. 1848) herausgegeben, Steins Briefe an den Freiherrn v. Gagern 1813-31 von diesem (Stuttg. h833), sein Tagebuch während des Wiener Kongresses von M. Lehmann (in Sybels "Historischer Zeitschrift", Bd. 60). Vgl. Pertz, Das Leben des Ministers Freiherrn vom S. (Berl. 1849-55, 6 Bde.); Derselbe, Aus Steins Leben (das. 1856, 2 Bde.); Stern, S. und sein Zeitalter (Leipz. 1855); Arndt, Meine Wanderungen und Wandelungen mit dem Freiherrn vom S. (3. Aufl., Berl. 1869); M. Lehmann, S., Scharnhorst und Schön (Leipz. 1877); Seeley, Life and times of S. (Cambr. 1878, 3 Bde.; deutsch, Gotha 1883-87, 3 Bde.) und die kürzern 5iographien von Reichenbach (Brem. 1880), Baur (Karlsr. 1885). 3) Christian Gottfried Daniel, Geograph, geb. 14. Okt. 1771 zu Leipzig, wo er studierte, wurde 1795 an das Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin berufen, an welchem er bis zu seinem am 14. Juni$ , mit roh bearbeiteten natürlichen Steinen (Bruchsteinen) und den gemischten I. S. künstlicher Steine. Die deutschen Normalziegel sind 25 cm lang, 12 cm breit und 6,5 cm dick, wobei zwei Steinbreiten, vermehrt um eine Stoßfuge von 1 cm, einer Steinlänge­gleich sind (2 x 12 + 1 = 25 cm). Man vermauert ganze Steine, halbe Steine von der halben Länge ganzer Steine, Dreiviertelsteine (Dreiquartierstücke) von 3/4 der Läng8 ganzer Steine und Riem- oder Kopfstücke von der halben Breite und der vollen Länge ganzer Steine. Steine, welche der Länge nach parallel und normal zur Mauerflucht liegen, heißen bez. Läufer und Binder (Strecker) und die aus solchen Steinen hergestellten Mauerschichten bez. Läuferschichten und Binderschichten (Streckerschichten). Man unterscheidet folgende Hauptsteinverbände: 1) Den Schornsteinverband (Fig. 1), so genannt, weil er für die meist 1/2 Stein starken Wangen der Schornsteine verwendet wird, entsteht durch die regelmäßige Versetzung der Stoßfugen von Läufern um je 1/2 Stein und liefert$ olz, das mit Rasenstücken oder mit einer Lage Torf und darübergeschütteter Erde bedeckt wurde, als Wohnungen. Die Form der letzterwähnten Behausungen ist nach Sven Nilsson in den skandinavischen Ganggräbern nachgeahmt. Das Andenken seiner Toten ehrte der neolithische Mensch durch Aufwerfen von Grabhügeln (s. Gräber u. Tafel) sowie durch Errichtung von Dolmen und Steinsetzungen (s. d.). Ein besonders wichtiges Kennzeichen der neolithischen Kultur besteht darin, daß während dieses Abschnitts der Prähistorie der Mensch zuerst Tiere zähmt, daß ebensowohl die Anfänge der Viehzucht als diejenigen des Ackerbaues dieser Epoche²angehören, daß der neolithische Mensch aus Pflanzenfasejn rohe Gewebe und Gespinste herstellt, und daß derselbe, wie die Funde an Gefäßen und Gefäßscherben beweisen, in der Thonbildekunst bereits erhebliche Fortschritte gemacht hat. Vgl. Joly, Der Mensch vor der Zeit der Metalle (Leipz. 1880); de Nadaillac, Die ersten Menschen und die prähistorischen Zeiten (deutsch, Stuttg. 1884); Kinkelin, Di$ stiftet), Kapuzinerkloster, einem Bezirksgericht, Fabrikation von Sensen, Sicheln, Beinlöffeln etc. und (1880) 1528 Einw. Südöstlich das nunmehr ausgetrocknete Sterzinger Moos. S. hieß zur Römerzeit Vipitenum. Gegenwärtig ist es ein beliebtes Standquartier der Touristen. Vgl. Fischnaler S. am Eisack (2. Aufl., Innsbr. 1885). Stesichoros, der bedeutendste Vertreter der ältern dorischen Lyrik, der "lyrische Homer" genannt, geb. um 630 v. Chr. zu Himera in Sizilien, starb erblindet 556 in Catana. Von ihm rührt die Einteilung der chorischen Lieder in Strophe, Gegenstrophe und spode her, auch galt er für den Begründer des höhern frischen Stils. Seine von Spätern in 26 Bücher eingeteilten Festgesänge behandelten in prächtiger Darstelñung vorwiegend epische Stoffe; ebenso standen die einfachen metrischen Formen der epischen nahe, wie auch der Dialekt der mit wenigen Dorismen gemischte epische war. Wir besitzen von ihm nur Bruchstücke (in Schneidewins "Delectus poesis Graecorum" , Götting. 1839, und Bergks "Poetae ly$ aber 1522 als Anhänger Luthers entfloh, worauf er als evangelischer Prediger erst bei einem Grafen von Mansfeld, dann in Oberösterreich, 1528-34 zu Lochau bei Torgau, hierauf bis 1547 zu Holzdorf bei Wittenberg, nachher zu Haberstrohm bei Königsberg i. Pr. wirkte. Später scheint er in Jena gelebt zu haben, wo er 19. April 156k starb. Sein Hauptwerk ist die "Arithmetica integra" (Nürnb. 1544). Vgl. Cantor in Schlömilchs "Zeitschrift für Mathematik und Physik", Bd. StifÆ (das S.; Mehrzahl: die Stifter), jede mit Vermächtnissen und Rechten ausgestattete, zu kirchlichen Zwecken bestimmte und einer geistlichen Korporation übergebene Anstalt mit allen dazu gehörigen Personen, Gebäuden und Liegenschaften. Die ältesten Anstalten dieser Art sind die Klöster, nach deren Vorbild sich später das kanonische Leben der Geistlichen an Kathedralen und Kollegiatstiftskirchen gestaltete. Im Gegensatz zu den mit den Kathedralkirchen verbundenen Erz- und Hochstiftern mit je einem Erzbischof oder Bischof an der Spitze hießen die K$ hritte der einzelnen Stimmen bewerkstelligt werden. Selbst harmonisch sehr schwer verständliche Folgen geben sich mit einer gewissen Ungezwungenheit, wenn alle oder die meisten Stimmen Sekundschritte machen, seien diese Ganztonschritte, Leitton- oder chromatische Halbtonschritte (s. Beispiel). Ein vorzügliches Bindemittel einander folgender Akkorde ist ferner das Liegenbleiben gemeinsamer Töne. Eine Ausnahme macht die Führung der Baßstimme, welche gern von Grundton zu Grundton der Harmonien fortschreitet und wesentlich der Förderung des harmonischen Verständnisses dient; auch von Hauptton zu Terzton und von Terzton zu Terzton oder Hauptton geht der Baß gern, dagegen ist der Sprung der Baßstimme zum Quintton mit Vorsicht zu behandeln (s. Quartsextakkord und Konsonanz). Überhaupt aber ist die SekundbewegÄng zwar erstrebenswert, jedoch keineswegs immer erreichbar, und gerade dieÕStimme, welche zumeist frei und zuerst erfunden wird, die eigentliche Melodiestimme (in der neuern Musik gewöhnlich die Oberstimme), un$ lo8sen besitzen außerdem einen starken Knochen als ersten Flossenstrahl. Die kurze Rückenflosse steht dicht vor der Afterflosse, das nach aufwärts gebogene, den obern Lappen der großen Schwanzflosse bildende Schwanzende ist sensenförmig gekrümmt. Der gemeine Stör (A. Sturio L., s. Tafel "Fische II", Fig. 20), bis 6, meist nur 2 m lang, mit mäßig gestreckter Schnauze, einfachen Bartfäden, dicht aneinander gereihten, g³oßen Seitenschildern und vorn und hinten niedrigen, in der Mitte hohen Rückenschildern, ist oberseits bräunlich, unterseits weiß, bewohnt den Atlantischen Ozean, die Nord- und Ostsee und das Mittelmeer, geht, um zu laichen, bis Mainz, Minden, Böhmen, Galizien und liefert viel Elbkaviar und Hausenblase. Der Sterlett (A. Ruthenus L.), 1 m lang, bis 12 kg schwer, mit langgestreckter, dünner Schnauze, ziemlich langen, nach innen gefransten Bartfäden, nach hinten an Höhe zunehmenden und in eine scharfe Spitze endigenden Rückenschildern, ist oberseits dunkelgrau, unterseits heller, bewohnt das Kaspisch$ ller, geb. 14. April 1803 zu Ruhla bei Eisenach, studierte in Göttingen und Leipzig Theologie, wandte sich jedoch, von Not und Beruf getrieben, früh der schriftstelleriscYen Laufbahn zu, welche sich äußerlich zu einer vielbewegten gestaltete und ihm den Segen einer ruhigen Existenz und eines festen Aufenthalts nicht zu gewähre, vermochte. Am längsten hielt es ihn in Leipzig und Gotha. Seit 1866 lebte er zu Kreuzwertheim in Franken, wo er 5. Febr. 1881 starb. Storchs Talent ist ein begrenztes; doch erfreuen seine "Erzählungen und Novellen" (Leipz. 1853-62, 31 Bde.), wenn sie auch des tiefern poetischen Gehalts ermangeln, ebenso wie seine "Gedichte" (das. 1854) als der Ausdruck eines patriotisch und freisinnig gestimmten Geistes und eines warm empfindenden Gemüts. Die beliebtesten unter den erzählenden Schriften waren: "Der Freiknecht" (Leipz. 1829, 3 Bde.); "Die Freibeuter" (das. 1832, 3 Bde.); "Der Jakobsstern" (Frankf. 1836 bis 1838, 4 Bde.); "Die Heideschenke" (Bunzl. 1837, 3 Bde.); "Max von Eigl" (Leipz. 1$ 885) mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 11) 12,804 meist kath. Einwohner. Zum Landgerichtsbezirk S. gehören die 7 Amtsgerichte zu Bogen, Kötzting, Landau a. I., Mallersdorf, Mitterfels, Neukirchen bei Heiligblut und S. - Die Stadt, an deren Stelle schon in der Römerzeit eine Ansiedelung, Sorbiodurum, bestand, soll um 1208 von Ludwig von Bayern gegründet worden sein. Bei der Teilung Niederbayerns (1353) wur^e eine Linie Bayern-S. von Wilhelm und Albrecht begründet, die 1425 mit Johann I. ausstarb, worauf wegen S. ein Streit (Straubinger Erbfall) entstand. Durch König Siegmund wurde 1429 S. dem Herzog Ernst von Bayern-München verliehen. 1435 wurde hier Agnes Bernauer (s. d.) von der Donaubrücke in den Strom gestürzt. Vgl. Wimmer, Sammelblätter zur Geschichte der Stadt S. (Straub. 1882-86, 4 Hefte). Strauch (Frutex), ein Holzgewächs, dessen Stamm gleich vom Boden an in Äste geteilt ist, wodurch allein es 7ich von den Bäumen unterscheidet. Daher können manche Sträucher künstlich baumartig gezogen werde$ itdem meist Residenz und Begräbnisstätte der ungarischen Könige, bis erstere zur Zeit des Königs Bela IV. nach Ofen verlegt wurde. 1543 fiel die Stadt den Türken durch Kapitulation in die Hände. Infolge der hier 3. Nov. 1593 und 6. Sept  1601 von den Kaiserlichen über die Türken erfochtenen Siege kam die Stadt wieder in den Besitz der erstern, aber schon 1602 durch Meuterei der Besatzung von neuem in die Gewalt der Türken, welche soe erst 1688 verließen. Stuhlwinde, s. Aufzüge, S. 70. Stuhlzeug, Roßhaargewebe zum Beziehen von Stuhlzwang (Tenesmus), das schmerzhafte Drängen zum Stuhl, wobei aber nur geringe Kotmassen Stuhm - Stumpfsinn. entleert werden, oder welches auch gänzlich erfolglos bleibt. Der S. beruht auf krampfhafter Zusammenziehung der Muskulatur des Dickdarms und des Afterschließmuskels und ist konstantes Symptom der Dickdarmentzündungen bei Katarrhen, namentlich des Mastdarms, bei Reizungen durch Würmer und vornehmlich bei Ruhr, Typhus etc. Der S. hört mit erfolgtem Stuhl auf, oder dauert noch ei$ schnäbler. Sub una specie (lat.), unter einerlei Gestalt, nämlich nur des Brotes, wie die Katholiken das Abendmahl genießen; sub utraque specie, unter beiderlei Gestalt (vgl. Abendmahl und Hussiten). Subura, im alten Rom eine zwischen dem Kapitol und Esquilinus befindliche Niederung, durch welc°e eine sehr belebte, mit zahlreichen Tavernen und Bordellen besetzte Straße Subvention (lat.), Beihilfe, Unterstützung, insbesondere aus öffentlichen Mitteln. Subverfion (lat.), Umsturz; subversiv, Umsturz bezweckend; subvertieren, umstürzen, zerstören. Sub voce (lat.), unter dem und dem Wort. Subzow, Kreisstadt im russ. Gouvernement Twer, am Einfluß der Wasusa in die Wolga, mit 5 griechisch-russ. Kirchen und (1885) 4191 Einw. Succedaneum (lat.), Ersatz, Notbehelf. Suceedieren (lat.), nachfolgen, in ein Rechtsverhältnis als Berechtigter eintreten (s. Recatsnachfolge). Succeß (lat.), glücklicher Erfolg. Succession (lat.), s. Rechtsnachfolge. Successive (lat.), nach und nach, allmählich. Successor (lat.), Rechtsnachfolge$ ter, 750 m hoher Fläcÿe sich die Kuppe der Großen Heuscheuer (920 m) erhebt. Weiter nach NW. liegt ein andres zerklüftetes Sandsteinplateau, das Adersbacher Gebirge (780 m). Von dem Durchbruch der Neiße bei Wartha aber gegen NW. erstreckt sich in der Längenachse des südlichen Sudetenzugs das Eulengebirge, mit der Hohen Eule (1000 m), bis an die Weis"ritz, und aus dem nördlichen Vorland desselben steigt der Zobten (718 m) empor. Westlich von der Weistritz breitet sich eine Berglandschaft aus, die mit dem Gesamtnamen Niederschlesisches Steinkohlengebirge, in einzelnen Teilen auch Waldenburger und Schweidnitzer Gebirge benannt wird, im Hochwald 840, im Sattelwald 778, im Heidelberg 954 m erreicht und im. W. in das bis zum Bober reichende Katzbachgebirge (Hohe Kullge 740 m) übergeht. Der bedeutend niedergedrückte und verbreiterte Hauptkamm zieht sich nach NW. im Überschargebirge (640 m) bis an die Boberquelle fort. Dann folgen von Süden nach N. sich aneinander reihend das Rabengebirge, der Schmiedeberger Kamm, mi$ n Plinius, alles wahrscheinlich Überreste eines größern von ihm verfaßten Werkes: "De viris illustribus". Von andern Schriften sind nur die Namen und unbedeutende Fragmente erhalten; die ebenfalls seinen Namen führenden Biographien des Vergilius und Persius sind wahrscheinlich unecht. Ausgaben lieferten Burmann (Amsterd. 1735, 2 Bde.), Oudendorp (Leid. 1751), Ernesti (Leipz. 1748, 2. Aufl. 1772), Wolf (das. 1802, 4 Bde.) und Roth (das. 1858); neuere Übersetzungen Reichardt (Stuttg. 1855 ff.), Stahr (2. Aufl., das. 1874, 2 Bde.) und Sarrazin (das. 1883, 2 Bde.). Des S. übrige Schriften außer den "Vitae" sind besonders herausgegeben von Reifferscheid (Leipz. 1860). Sueven (Suevi), Name eines german. Völkerbundes, welcher wohl die im Osten ‘er Elbe vorhandenen, weniger von Ackerbau als von Jagd und Viehzucht lebenden kriegerischen, wanderlustigen ("schweifenden") Stämme uºfaßte, später Name eines einzelnen Volkes. Cäsar, welcher die nach Gallien eingedrungenen S. unter Ariovist 58 v. Chr. besiegt hatte, begreift$ s von Norfolk, trat 1540 in den Kriegsdienst und befehligte bereits 1544 das englische Heer als Feldmarschall auf dem Zug nach Boulogne, ward aber dann von dem argwöhnischen König Heinrich VIII. ohne allen Grunt des Hochverrats angeklagt und trotz seiner männlichen und begeisterten Selbstverteidigung 21. Jan. 1547 im Tower zu London enthauptet. S. war seit Chaucer der erste bedeutendere Dichter der Xngländer. Seine Gedichte sind selbständige Nachahmungen Petrarcas, weniger durch hohen Flug der Phantasie als durch Anmut und Zartheit sowie durch Reinheit und Eleganz der Sprache ausgezeichnet; unter ihnen stehen die Liebesgedichte an Geraldine (nach H. Walpole wahrscheinlich die noch sehr jugendliche Lady Elizabeth Fitzgerald) obenan. S. führte das Sonett und die ungereimten fünffüßigen Jamben in die englische Sprache ein. Auch vermied er die vielen Latinismen seiner Vorgänger aus der Schule Chaucers und Dunbars. Seine "Songs and sonnets" erschienen, mit denen seines Freundes Thomas Wyatt u. a., zuerst 1557 u. ö$ ). Die große S. (kenesseth hagdolah) nennen talmudische und rabbinische Quellen eine aus 120 Gelehrten bestehende Versammlung, welche unter dem Präsidium Esras die religiösen Angelegenheiten ordnete; geschichtlich ist aber darunter nur eine von Esra bis auf Simon den Gerechten (gestorben um 292 v. Chr.) reichende Thätigkeit der Schriftgelehrten, die sich auf Redaktion der biblischen Bücher, Feststellung und Weiterbildung des mündlich überlieferten Gesetzstoffes der Tradition, auf kulturelle Einrichtungen und Ähnliches bezog, zu verstehen. Synalöphe (griech., "Verschmelzung"), die V reinigung zweier Silben, namentlich in zwei aufeinander folgenden Wörtern, entweder durch die Krasis (s. d.) oder durch die Elision (s. d.). Synandrae, Ordnung im natürlichen Pflanzensystem Brauns unter den Dikotyledonen, Sçmpetalen, mit regelmäßigen oder zygomorphen Blüten mit fünfgliederigen Blattkreisen, meist fünf Staubgefäßen, welche bald unter sich, bald mit dem Griffel, bald auch allein mit ihren Antheren verwachsen sind, un$ fiederig eingeschnittenen Blättern, wohlriechenden Blüten in reichen, endständigen Rispen und länglichen, meist zusammengedrückten, lederig›n Kapseln. Sechs Arten in Osteuropa und dem gemäßigten Asien. S. vulgaris L. (gemeiner Flieder, türkischer, spanischer Flieder, fälschlich Holunder, Jelängerjelieber), ein 2-6 m hoher Strauch mit herzförmig länglichen Blättern, lila und weißen Blüten und konkaven Blumenkronabschnitten, soll 1566 durch Busbecq von Konstantinopel nach Flandern gekommen sein und im Orient wild wachsen; wahrscheinlicher aber stammt er aus den östlichen Karpathen, aus Ungarn und Siebenbürgen; gegenwärtig wird er in zahlreichen Formen als Zierstrauch kultiviert. Das ziemlich feste, schön geflammte Holz wird von Drechslern und Tischlern benutzt. S. persica L. (persischer Flieder)R ein kleinerer Strauch mit kleinern, elliptisch-lanzettförmigen Blättern, länger gestielten, fleisch- oder rosenroten, auch weißen Blüten und ziemlich flachen Blumenkronabschnitten, wächst in Daghestan, aber ebensoweni$ der Zufammensetzung der echten Fette. Chinesischer Talg, aus der festen Fettschicht, welche die Samen von Stillingia sebifera umgibt, in China, Ost- und Westindien durch Schmelzen und Abpressen gewonnen, ist farblos oder grünlichweiß, ziemlich hart, schmilzt bei 37-44°, besteht aus Stearin und Palmitin, reagiert sauer durch einen Gehalt von Essigsäure und Propionsänre, dient in China und England zur Darstellung von Kerzen und Seifen. Vateriatalg (Pineytalg), aus den Samen der ostindischen Vateria indica durch warmes Pressen gewonnen, ist gelblich, später farblos,/riecht schwach angenehm, schmilzt bei 36,4°, besteht aus festen Fetten und freien Fettsäuren und enthält 2 Proz. fettes Öl, dient in England zur Kerzenfabrikation. Virolafett, aus den Samen von Virola sebifera in Guayana durch Auskochen und Pressen gewonnen, ist gelblich, innen oft bräunlich mit punktförmigen Kristallaggregaten, riecht frisch nach Muskatbutter, wird bald ranzig, schmilzt bei 44°, vollständig bei 50°, ist nur teilweisegverseifbar, die$ haftlichen Tara (ital., ursprünglich arab., Abzug), das Gewicht der Umhüllung (Kiste, Faß etc.) verpackter Waren. Der Unterschied zwischen Gesamtgewicht und T. ist das reine oder Nettogewicht der Ware. Reine oder Nettìtara ist die durch besondere Wägung eines jeden Stücks ermittelte und in Abzug gebrachte T.; usanzmäßige, usuelle T. (Uso- oder Usanztara) ist die durch Herkommen bestimmte T., insbesondere bei den über See bezogenen Kolonialwaren, für welche das Bruttogewicht berechnet und als Gewichtsvergütung für die T. ein durch bestÇmmtes Prozent (daher auch Prozenttara) als Abzug an der Kaufsumme verstattet wird. Hierher gehört auch die gesetzliche T. des Zollwesens, welches, um das Tarieren und die oft unthunliche Abnahme der Umhüllung zu ersparen, feststehende, nach Art der Gegenstände und der Verpackungsweise bestimmte Tarasätze (Zolltara) vom Bruttogewicht der zollpflichtigen Ware in Abzug bringen läßt. Supertara oder Sopratara ist die an manchen Orten neben der gewöhnlichen T. vorkommende besondere Ve$ unter d²nen eine europäische. T. baccata L. (gemeiner Taxbaum, Roteibe), ein bis 12-15 m hoher, meist aber niedrigerer Baum oder (in Kultur) Strauch mit 2,5 cm langen, am Rand kaum umgeschlagenen, oberseits dunkelgrünen, unterseits hellgrünen (nicht blauweiß gestreiften, wie bei der Tanne) Blätte[n, hell scharlachroten Scheinfrüchten u. blauvioletten Früchten, wächst in Wäldern Mittel- und Südeuropas von den britischen Inseln, dem mittlern Norwegen, Schweden und Rußland südwärts bis Spanien, Sizilien, Griechenland und zum Kaukasus, in Deutschland jetzt nur noch sehr zerstreut, besonders auf Kalkboden in der Eichen- und Buchenregion. Die Eibe findet sich ferner auf den Azoren, in Algerien, in Vorderasien, am Himalaja, am Amur; sie soll ein Alter von 2000 Jahren erreichen. Man benutzt sie zu Lauben, Hecken, und namentlich zu Ludwigs XIV. Zeiten spielte sie eine große Rolle in den Gärten. Das Holz ist ungemein fest und fein (deutsches Ebenholz, Eibenholz) und dient zu Schnitzereien, Haus- und Tischgeräten, ehem$ ber zurück, wenn Entstellung durch Schuld des Telegraphendienstes sich ergibt. Die für diese besondern Telegramme angegebenen Bezeichnungen sind vor das T. zu setzen, sie sind gleich dem Inhalt des Telegramms gebührenpflichtig, die Abkürzungen zählen aber nur als ein Wort. Telegraph (griech., "Fernschreiber", hierzu Tafeln "Telegraph I u. II"), jede Vorrichtung, welche den Austausch von Nachrichten zwischen entfernten Orten ohne Zuhilfenahme eines Transportmittels ermöglicht. Licht, Schall und Elektrizität sind die Mittel, deren man sich zur Erreichung dieses Zweckj bedienen kann; doch finden die optischen und akustisFhen Telegraphen nur noch zu Signalen, im Eisenbahnbetrieb, bei der Schiffahrt und im Kriegswesen Verwendung. Optische Telegraphen sind schon im Altertum angewandt worden; nach Äschylos erfuhr Klytämnestra die Eroberung von Troja durch Feuerzeichen auf den Bergen noch in derselben Nacht, obwohl eine Strecke von 70 Meilen dazwischenlag. Ähnliche Alarmfeuer waren bei den Feldzügen Hannibals, insbes$ der höchsten Terrasse befindet sich ein See, aus dem ein breiter Bach hinabstürzt. Telschi (lit. Telszei), Kreisstadt im litauisch-russ. Gouvernement Kowno, am See Mastis, hat 2 Synagogen, eine griechisch-russ. Kirche, eine Adelsschule, eine hebräische Kreisschule, Handel mit Getreide und Leinsaat und (1886) 11,393 Teltow, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, mit Berlin durch eine Dampfstraßenbahn {erbunden, hat eine evang. Kirche, berühmten Rübenbau (Teltower Rüben) und (1885) 2667 Einw. T. wird zuerst 1232 urkundlich erwähnt. Der Kreis T. hat Berlin zur Kreisstadt. Teltower Rübe, s. Raps. Teltsch, Stadt in der mähr. Bezirkshauptmannschaft Datschitz, nahe am UrÑprung der Thaya, hat ein Bezirksgericht, ein altes Schloß, eine gotische Dekanats- und 5 andre Kirchen, eine Landesoberrealschule, eine Dampfmühle, Schneidemühle, Spiritusbrennerei, Tuchmacherei, Flachsbau und (1880) 5116 Einw. Telugu, Sprache des zu den Drawida (s. d.) gehörigen Volkes der Telinga in Ostindien, an der Ostküste des Dekhan von Or$ garischen war es Sitz eigner Grafen und unter dem ungarischen König Karl Robert eine so blühende Stadt, daß derselbe 1316 fein Hoflager hierher verlegte. 1443Öerbaute Hunyady das Schloß; 1552 ward T. von den Türken erobert, 1716 durch den Prinzen Eugen vom türkischen Joch befreit. Damals wurde die jetzige Festung angelegt, die alte Stadt größtenteils niedergerissen und nach einem neuen Plan wieder aufgebaut. 1781 ward T. zur königlichen Freistadt erhoben. 1849 ward es vom ungarischen General Grafen Vecsey seit 25. April belagert, aber durch den Sieg Haynaus über Bem und Dembinski (9. Aug.) entsetzt. Vgl. Preyer, Monographie der königlichen Freistadt T. (Temesv. 1853). Temir-Chan Schura, Gebietsstadt im Gebiet Daghestan der russ. Statthalterschast Kaukasien, 466 m ü. M., in ungesunder Gegend, stark befestigt, mit (1879) 4650 Einw.; von alters her berühmt durch seine ausgezeichneten Dolche und Säbel. Temme, Jodocus Donatus Hubertus, deutscher Rechtsgelehrter und belletristischer Schriststeller, geb. 22. Okto 17$ rung des Gefäßlumens (Kompressionsthrombose), wie sie durch die Unterbindung des Gefäßes oder durch den Druck, welchen Geschwülste etc. auf das Gefäß ausüben, bedingt wird. Auch bei der Durchschneidung und Zerreißung der Gefäße kommt es fast immer zur T. (traumatische T.), und in diesem Fall ist die Pfropfenbildung ein erwünschter, zur Heilung notwendiger Vorgang, da auf ihm z. B. die Heilung von Wunden zum Teil beruht. Eine fernere Veranlassung zur T. ist die Erweiterung der Gefäße (Dilatationsthrombose), denn je weiter der Kanal ist, desto langsamer ist der Fluß in demselben bei gleicher Flüssigkeitsmenge. Hierher gehören die Fälle von Gerinnung in den Krampfaderknoten und Pulsadergeschwülsten, wodurch eine Heilung der letztern bewerkstelligt werden kann. Endlich bilden sich Gerinnungen in den Venen bei stark abgemagerten Kranken, wenn dieselben ruhig daliegen, und wenn gleichzeitig die Herzkraft abgenoïmen hat, das Blut also nicht schnell genug zirkuliert (marantische T.). Diese Art der T. i t eine häufige$ rschlagen. Das Fleisch ist sehr verschiedenartig, wird daher gut sortiert und eingesalzen, bildet aber wesentlich nur eine Speise der ärmern Klassen. Ein vielfach beliebtes hors d'oeuvre ist T. à l'huile, gekochter T. in Öl eingelegt, den man mit pikanter kalter Sauce’genießt. Aus der Leber gewinnt man Thran; aus Haut und Knochen kocht man Öl. Der Bonite (T. Pelamis L.), 80 cm lang, ein sehr schöner Fisch, auf dem Rücken und an den Seiten stahlblau, in Grün und Rot schillernd, am Bauch silbern mit braunen Streifen, lebt besonders im Atlantischen Ozean, folgt in Gesellschaft der Thune oft lange den Schiffen, bildet dabei aber regelmäßig geordnete Haufen. Er nährt sich hauptsächlich von fliegenden Fischen, außerdem von Tintenfischen, Schaltieren und selbst Pflanzenstoffen; sein Fleisch ist nicht genießbar, soll sogar sc ädlich sein. Thuok (Theok), Ellenmaß in Anam, = 10 Tahk à 10 Fahn = nahezu 64 cm; das T. der Feldmesser und Architekten ist jedoch nur 0,485 m. Thur, 1) Fluß im Oberelsaß, entspringt am Rheinkop$ t werden. Den Lauf des Flusses zu regeln und diese Überschwemmungen zu verhüten, ist eine der schwierigsten noch ungelösten Aufgaben der italienischen Wasserbaumeister. Der T. ist von der Mündung der Nera an schiffbar, von Rom aus auch für kleine Dampfer und Segelschiffe bis zu 180 Ton. Sein Wasserstand ist auch im Sommer höher, als man erwarten sollte, und es ist anzunehmen, daß er durch unterirdische Zuflüsse aus dem Kalkgebirge genährt wird. Er ist beständig trübe und von den Thonmassen gelblichweiß gefärbt, welche er von den umbrischen Bergen und Ebenen mitführt, um sie an seiner Mündung abzulagern. Er schiebt deshalb sein Delta sehr rasch ins Tyrrhenische Meer vor und hat alle Hafenanlagen aÍsgefüllt und unbrauchbar gemacht; die älteste, Ostia, liegt jetzt 61/2 Äm vom Meer. Vgl. Smith, The T. and its tributaries (Lond. 1877); Nissen, Italische Landeskunde, Bd. 1 (Berl. 1883). Tiberias, Stadt in Palästina (Galiläa), am westlichen Gestade des Sees Genezareth, der daher auch See von T. heißt, Gründung und g$ ." (neue Ausg., Boston 1876). Ticul, Ruinenstätte im mexikan. Staat Yucatan, 50 km südlich von Merida, beim Dorf Tekoh, mit merkwürdigen Grabstätten. Der gleichnamige Distrikt hat (1880) 23,648 Tidemand, Adolf, norweg. Maler, geb. 14. Aug. 1814 zu Mandal in Norwegen, bildete sich zuerst auf der Kunstakademie zu Kopenhagen und seit 183ú in Düsseldorf bei Th. Hildebrandt und Schadow. Nach Vollendung des Bildes: Gustav Wasa redet in der Kirche zu Mora zu den Dalekarliern (1841) wandte er sich nach München, später nach Italien und kehrte dann nach Norwegen zurück. Hier malte er einige Bildnisse für die Universität in Christiania und machte Volksstudien in den Gebihgsthälern. Von 1846 bis 1848 lebte er wieder zu Düsseldorf, dann abermals in Norwegen und seit 1849 in der Regel im Winter in Düsseldorf, im Sommer in Norwegen. Er starb 25. Aug. 1876 in Christiania. Um T. scharte sich ein zahlreicher Kreis skandinavischer Künstler. Er wußte freundliche Anmut, elegischen Ernst, große Naturwahrheit und meisterhafte Indiv$ 527 fällt seine Bekanntschaft mit Pietro Aretino, dessen Porträt er für Federigo Gonzaga malte. 1530 schuf er den Märtyrertod Petri für San Giovanni e Paolo (1867 durch Feuersbrunst zerstört). 1532 begab er sich im Auftrag Federigo Gonzagas nach Bologna, wo gerade Kaiser Karl V. verweilte; er malte damals letztern zweimal. T. wurde hierauf 10. Mai 1533 zum Hofmaler Karls und zum Grafen des lateranischen Palastes sowie zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt. Der hierauf folgenden Zeit entstammen die Bildnisse Franz' I. und Isabellas von Este; etwas später fallen die der Geliebten Tizians (Wien, Belvedere), dann die von Eleonore Gonzaga und ihrem Gatten Francesco Maria (Florenz, Uffizien). Nachdem er 1537 seiner Fahrlässigkeit wegen in betreff des versprochenen Bildes sein Maklerpatent zu gunsten Pordenones verloren hatte, malte er in Fresko die dem Rat schon lange versprØchene, nur nocà in Fontanas Stich erhaltene Schlacht bei Cadore (im großen Ratssaal). 1539 nach Pordenones Tod erhielt er sein Maklerpatent zu$ e gespielt. Tombuktu, Stadt, s. Timbuktu. Tomé (El T.), Hafenstadt im südamerikan. Staat Chile, Provinz Concepcion, an der Nordseite der Talcahuanabai, hat eine Wolltuchfabrik, Schiffswerfte und (1875) Tomek, Wáclaw Wladiwoj, böhm. Historiker, geb. 31. Mai 1818 zu Königgrätz, seit 1850 Professor an der Universität in Prag, ging 1882 an die neue tschechische Universität daselbst über, war 1861-66 Mitglied des böhmischen Landtags und des österreichischen Reichsrats und ist seit 1885 Mitglied des Herrenhauses. Er schrieb auf Palackys Betrieb eine vortreffliche Geschichte Prags (1855 ff., Bd. 1-7). Von seinen übrigen Büchern sind noch zu nennen: "Deje zemr ceské" (1843); "Deje mocnáestvi Rakouského" (1845); "Dejepis university Prazske" (1848); lady starého mistopisu Prazského" (1865); dann "Geschichbe Böhmens in übersichtlicher Darstellung" (deutsch vom Verfasser, Prag 1864-65); "Die Grünberger Handschrift" (übersetzt von Maly, das. 1859); "Handbuch der ö)terreichischen Geschichte" (das. 1859, nur Band 1); "Johan$ er Kommelinaceen, krautartige Pflanzen, von denen T. guianensis Miq., aus Mittelamerika, mit langen, hängenden Zweigen, eiförmigen, zugespitzten, stengelumfassendán Blättern und selten erscheinenden, weißen Blüten als Ampelpflanze, zur Bildung eines grünen Grundes in Terrarien, Gewächshäusern und im Zimmer kultiviert wird und auch als Vogelfutter benutzt werden kann. T. zebrina hort., der vorigen ähnlich, aber mit braunen, weiß gestreiften Blättern, ist etwas empfindlicher. T. discolor Sm., aus Brasilien, mit dickem, aufrechtem Stengel, lanzettförmigen, oben grünen, unten violetten Blättern und weißen Blüten, gedeiht auch im Zimmer. T. virginica L., 60-80 cm hoch, mit linienlanzettförmigen Blättern und violettblauen Blüten in dichten Dolden, wird in Gärten als Zierpflanze kultiviert. Trades' Unions (engl., spr. trehds juhnjons), s..Gewerkvereine. Tradition (lat.), Überlieferung, Übergabe. In der Rechtswissenschaft versteht man unter T. die Übertragung des Besitzes an einer Sache seitens des bisherigen Besitze$ V. 1560 und 1561 neue Einladungen zur Fortsetzung¤des Konzils, aber erst 18. Jan. 1562 wurde dasselbe unter dem Vorsitz des Kardinallegaten Prinzen Herkules Gonzaga von Mantua mit der 17. Sitzung wieder eröffnet. Entschiedener erneuerten der Kaiser, der Kurfürst von Bayern und der König von Frankreich ihre Anträge auf Reformation der Kirche, auf Verstattung des Laienkelchs im Abendmahl, der Priesterehe und der verbotenen Speisen. In der Behauptung, daß die Residenz der Bischöfe in ihren Diözesen nicht auf päpstlichem, sondern auf göttlichem Recht beruhe, konzentrierte sich die Opposition der spanischen Bischöfe gegen die italienischen. Die 18. Sitzung handelte von der Bücherzensur; die 19. und 20. beschlossen nur, daß in diesen beiden Sitzungen nichts bestimmt werden solle; in der 21. und 22. Sitzung kamen die Dekrete von der Abendmahlsfeier und dem Meßopfer zu stande, der Laienkelch wurde von der Erlaubnis des Papstes abhängig gemacht. Am 13. Nov. erschien bei dem Konzil noch der Kardinal von Lotñringen mit $ el (das an Koburg und erst 1834 an Preußen kam), Birkenfeld und Meisenheim, mit Preußen vereinigt wurden. Der preußische Anteil gehört gegenwärtig zu den Regierungsbezirken T. und Koblenz. Durch die Bulle "De salute animarum" 1821 wurde das Bistum T. reorganisiert und unter den Erzbischof von Köln gestellt. Die Diözese umfaßt seitdem wieder dieselben Gebiete wie im Mittelalter und ist nur auf dem linken Rheinufer geschmälert. Der Bischof Wilhelm Arnoldi (1842-64) gab 1844 großen Anstoß durch die neue Ausstellung des heiligeö Rockes. Nach dem Tode des Bischofs Eberhard (30.ÏMai 1876) blieb das Bistum während des Kulturkampfes unbesetzt; erst 1881 wurde der Bischof Korum (s. d.) ernannt. Vgl. Hontheim, Historia Trevirensis diplomatica (Augsb. 1750, 3 Bde.); Derselbe, Prodromus historiae Trevirensis (das. 1757, 2 Bde.); "Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien" (hrsg. von Beyer, Eltester und Görz, Kobl. 1860-74, 3 Bde.); Görz, Regesten der Erzbischöfe von T. (Trier 1859-61); Marx, Geschicht$ ruch mit demkimmer proklamierten und hervorgehobenen Grundsatz steht, daß T. eine Krankheit sei (intemperance is a disease). Indessen sind die angeführten Thatsachen durchaus nicht geeignet, den Grundwert dieser Einrichtung, den hohen Nutzen derselben und ihre Nachahmungswürdigkeit zu diskreditieren. In England haben schon seit vielen Jahren ganz vornehmlich die Irrenärzte die Zweckmäßigkeit und die unentbehrliche Notwendigkeit solcher Anstalten hervorgehoben und verlangt. Privatasyle haben hier mehrfach schon seit Jahren existiert, und vielfältig ist hier die Frage erörtert worden, ob nach der bestehenden Gesetzgebung trunksüchtige Personen in Irrenanstalten aufgenommen werden dürfen. Aber auch hier war die Ansicht vorherrschend, daß zur Aufnahme und Behandlung von Gewohnheitstrinkern ganz besondere Anstalten vorhanden sein müßten, daÔ ihre Einschließung auf gesetzlichem Wege geregelt und bis auf ein Jahr ausgedehnt werden müßte. Ein 1880 auf die Dauer von zehn Jahren in Kraft getretenes Gesetz läßt jedoch n$ echischen Litteratur mit ausführlicher Beleuchtung der Kulturverhältnisse behandelt. Als in biographischer Hinsicht ausgezeichnet sind die "Dejiny reci a literatury ceske" von A. Sembera (1869) zu erwähnen. Wertvolle Beiträge zur tschechischen Literaturgeschichte lieferten: W. Nebesky, K. I. Erben, Vrtatko, Brandl (über Karl v. Zerotin), Cupr (über Veleslavin), Kiß (über Sixt v. Ottersdorf und Lomnicky), Hanus (über Celakowsky), Zoubek (über Komensky), Jirecek (über Safarik), Zeleny (über Palacky, Kollar, Jungxann) etc. Auch enthält die große unter Leitung Riegers veröffentlichte Encyklopädie "Slovnik nauc¨y" (1854-74, 12 Bde.) ausführliche Artikel zur tschechischen Litteratur. Vgl. K. Tieftrunk, Historie literatury ceske (Prag 1876); Fr. Bayer, Strucne dejiny literatury ceske (Olmütz 1879); Backovsky, Zevrubné dejiny ceskeho pisemnictv i doby nove ("Eingehende Geschichte der tschechischen Litteratur der Neuzeit", Prag 1888); Pypin u. Spasovic, Geschichte der slaw. Literaturen, Bd. 1 (deutsch, Leipz. 1880 ff.$ aus den Listen der russischen Marine gestrichen, seiner Würde als Reichsrat entsetzt und seiner Güter beraubt. Er starb 1. Sept.·1849 in Paris. Seine "Mémoires" über den Krieg von 1812 erschienen 1855 in Berlin und 1862 in Paris. Tschitschenboden, die südöstliche Fortsetzung des eigentlichen Karstes (s. d.), welche den größten Teil Istriens erfüllt und sich insularisch in Cherso etc. fortsetzt; nach dem diesen Landstrich bewohnenden kroatiþchen Stamm der Tschitschen benannt. Er bildet Flächen, die von NW. nach SO. gefurcht sind, und kulminiert im Monte Maggiore (1394 m). Tschobe, Name des Cuando in seinem untern Lauf, da wo er südlich und dann, sich nach N. biegend, auch nördlich vom 18.° südl. Br. ein langes und breites Sumpfgebiet bildet, ehe er wiederum als Cuando bei Mpalewa sich in den Sambesi Tschoga (türk.), in Afghanistan und Indien langes, weites Oberkleid, in Mittelasien Pelzgewand. Tschoh, s. Chow. Tschohadar (Tschokadar, türk.), Diener. Tschokta (Choctaws, Chactas), großer nordamerikan. Indianers$ heime Tendenz an, die Abschüttelung des französischen Jochs anzubahnen. In Schlesien und in Pommern fand die Idee Anklang, weniger in der Mark, am wenigsten in Berlin. Übrigens wirkte manches zusammen, was einer größern Ausbreitung des Vereins hinderlich ward. Viele ängstliche Vorsteher von Zivil- und Militärbehörden verboten ihren Untergebenen den Beitritt. Andern erschienen die Statuten zu weit aussehend und unpraktisch; am meisten schadete dem'Verein aber der Umstand, daß Preußen sich nicht schon 1809 der Erhebung Österreichs anschloß, und daß die Schillsche Unternehmung, die mit Unrecht dem T. aufgebürdet wurde, mißlang. Die Zahl der Teilnehmer belief sich auf 300-400. Unter ihnen fanden sich Namen wie Boyen, Witzleben, Grolman, Tugendrose - Tula. v. Thile, v. Ribbentrop, Merkel, Ladenberg, Eichhorn, Manso u. a., wogegen mehrere, welche man als Hauptträger der ganzen Idee zu betGachten pflegt, wie Stein, Niebuhr, Gneisenau, Scharnhorst, nie zum Verein gehört haben. Am 31. Dez. 1809 dekretierte der König a$ seinem Landsitz in Altdorf und starb 30. Juli 1847 zu Ragaz in der Schweiz. Er schrieb: "Betrachtungen auf dem Gebiet der Verfassungs- und Staatenpolitik" (Freiburg 1845, 2 Bde.). - Sein Sohn Hans, Freiherr von T., ge*. 15. Dez. 1814 zu Freiburg i. Br., war 1849-64 vortragender Rat im Auswärtigen Ministerium zu Karlsruhe und 1864-83 badischer Gesandter in Berlin. Turco (ital.), türkisch; alla turca, auf türkische Art (von Tonstücken mit vollgriffiger, zwischen wenigen Akkorden wechselnder Begleitung). Turdetaner, eine der Hauptvöækerschaften der Hispanier, in der Provinz Bätica, westlich vom Flusse Singulis (Jenil), an beiden Ufern des Bätis (Guadalquivir) und bis ins südliche Lusitanien hinein seßhaft. Sie waren als Küstenanwohner (ihr Land ist das Tarschisch der Bibel) zuerst mit zivilisierten Phönikern in engere Berührung gekommen und hatten von ihnen neben andrer Kultur den Gebrauch der Schrift, das Wohnen in wohlgebauten Städten den Betrieb vieler Handwerke gelernt, aber zugleich als friedliches Kulturvo$ ßige Bauart machen T. zu einer der schönsten Städte Italiens. Es zerfällt in sieben Stadtteile (Dora, Moncenisio, Monviso, Po, Borgo San Salvatore, Borgo Po und Borgo Dora) und hat langgedehnte, breite und gerade Straßen und weite, stattliche Plätze. Die ehemaligen Festungswerke sind zu schönen Spaziergängen umgewandelt. Die schönsten Straßen sind die Via di Po, die Via di Roma, die Via Garibaldi und der Corso Vittorio Emmanuele. Unter den 40 Plätzen zeichnen sich aus: die Piazza Castello, rings von Hallen umgeben; die Piazza Carlo Alberto; die Piazza Carlo Felice (mit hübschen Anlagen versehen); die große, 1825 angelegte Piazza Vittorio Emmanuele, welche sich bis zu der 1801 unter Napoleon I. erbauten großen steinernen Pobrücke hinzieht; die Piazza del Palazzo di Città, die Piazza dello Statuto mit dem Denkmal für den Bau des Monþ Cenis-Tunnels und die Piazza Cavour (mit Anlagen). Die hervorragenden Monumentalbauten sind nicht die Kirchen, sondern die Paläste, welche mit Ausnahme des `alazzo Madama auf der P$ dichten Waldungen bedeckt, während in andern es an Holz fast gänzlich mangelt. Eine Haupterwerbsquelle der Landbewohner der europäischen Türkei ist außerdem die Viehzucht. Die türkischen Pferde, klein, aber sehnig und ¼usdauernd, dienen hauptsächlich zum Lasttragen; die Esel und Maulesel der Türkei wetteifern an Schönheit mit denen Italiens. Die Stelle des Kamels, das nur in Konstantinopel vorkommt, vertritt der Büffel, der die schwersten Fuhren bewältigt. Das Rindvieh ist klein, gut gebaut und meist gelblichgrau mit braunen Flecken. Kühe werden fast nur für die Zucht gehalten. Sehr erheblich ist die Schafzucht, insbesondere in Albanien, von wo jährlich im Frühjahr große Schafherden nach Makedonien und Thessalien zum Weiden getrieben werden. Die Wollausfuhr aus der europäischen Türkei, besonders nach Frankreich, wertete früher im Durchschnitt an 24 Mill. Frank, ist aber auf 73/4 Mill. Fr. (1887/88) gesunken; feinöre Wolle produziert die Gegend von Adrianopel. In den Gebirgsgegenden werden viele Ziegen gehalte$ sbahn mit dem Eskaladiergerüst. Über den seit Jahn vielfach vervollkommten Bau der Turngeräte und die Einrichtung von Turnräumen vgl. Lion, Werkzeichnungen von Turngeräten (3. Aufl., Hof 1883); Euler und Kluge, Turngeräte und Turneinrichtungen (Berl. 1872); W. Angerstein, Anleitung zur Einrichtung von Turnanstalten (das. 1863). Das Übungsgebiet der T. umfaßt Übungen ohne Geräte und Übungen mit oder an solchen. Die erstern beschränken sich aus die Ausnutzung der Bewegungsfähigkeit des Leibes in sich oder mit andern, im erstern Fall als sogen. Freiübungen (s. d.) die einfachen oder miteinander verbundenen Gliederbewegungen im Stehen, Gehen, Laufen, Hüpfen und Springen umfassend, im letztern Fall Ordnungsübungen (s. d.) genannt, welche die Aufstellungen, Gliederungen und Bewegungen ei{er Mehrzahl von Übenden lehren und sich mit den militärischen (taktischen) Formen des Exerzierens oder denen des Tanzes berühren. Beide, insbesondere die letztern, kÊnnen ihres rhythmischen Gehalts wegen mit Gesang oder Musikbeglei$ 8. Ma. 1758 zu Horsbyll im Schlesischen, studierte in Kiel und Göttingen, machte dann eine wissenschaftliche Reise durch Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien, ward 1784 Professor der Theologie zu Göttingen, 1797 Präsident der Göttinger Akademie der Wissenschaften und starb 23. Okt. 1834. Von seinen Schriften sind zu nennen: "Grundriß einer Archäologie der Hebräer" (Götting. 1789); "Grammatik der arabischen Schriftsprache" (das. 1823); die Ausgabe des Quintus Smyrnäus (Straßb. 1807) und_verschiedene Essays über Numismatik, Paläographie etc. - Seine durch Schönheit und Talente ausgezeichnete Tochter Cäcilie (gest. 1812 im Alter von 18 Jahren) besang der Dichter Ernst Schulze (s. d. 4) in dem gleichnamigen epischen Gedicht. Tydeus, im griech. Mythus Sohn des Öneus, flüchtete wegen eines begangenen Mordes nach Argos zu Adrastos, der ihn sühnte und ihm seine Tochter Deipyle zum Weib gab. T. zog mit ihm gegTn Theben, wurde von Melanippos verwundet und starb an den Folgen der Wunde. Tyfon, Wirbelsturm, s. Te$ und im obern Teil desselben einen kurzen, geraden Embryo mit länglichen Kotyledonen und nach oben gekehrtem Würzelchen. Vgl. A. P. de Candolle, Mémoire sur la famille des Ombellifères (Par. 1829). Die U. zählen über 1300 Arten, welche zum größten Teil der gemäßigten und kältekn Zone der nördlichen Halbkugel angehören. Alle enthalten ätherisches Öl oder Harz oder Gummiharz, welches in allen Teilen der Pflanze in besondern Ölgängen vorkommt, vorwiegend *n den Wurzeln und Früchten. Wenige enthalten auch narkotisch-scharfe Alkaloide. Manche sind überdies in ihren Wurzeln oder den verdickten untern Stengelteilen reich an Schleim und Zucker. Daher sind viele U. Gewürzpflanzen, mehrere wichtige Arzneipflanzen; manche liefern Nahrungsmittel, andre Futterstoffe; einige gehören zu den gefährlichsten Giftpflanzen. Fossil sind nur sehr wenige Arten von U. aus den Gattungen Peucedanites Heer und Dichaenites A. Br. in den Tertiärschichten gefunden. Umbelliflören, Ordnung im natürlichen Pflanzensystem unter den Dikotyledon$ zumeist aus schwarzem Thonboden mit mehr oder weniger Humus und ist in manchen Gegenden auch ohne Dünger ebenso fruchtbar wie die zwischen hohen Bergen liegenden lieblichen Thäler (z. B. das äußerst romantische Waagthal). Dagegen gibt es aber auch große unfruchtbare Sandflächen; in der westlichen Ebene erstrecken sie sich nur von Raab und Komorn bis zum Komitat Zala; in der östlichen Ebene jedoch îilden sie, von Waitzen ausgehend, zwischen der Donau und Theiß bis nahe an den Franzenskanal ein wahres Sandmeer. [Klima.] Schon die geographische Lage Ungarns, noch mehr aber die Gestalt seiner Oberfläche machen es zu einem klimatisch milden Land. Mit Ausnahme des nach N. geöffneten Poprader Thals ist es vor rauhen Nordwinden durch hohe Gebirge geschützt; im S. aber öffnet es sich den warmen Südwinde-, deren oft heftigen Andrang die zahlreichen Gewässer mäßigen. Am Fuß der hohen Karpathen und des Königsbergs (in Gömör), in der Ärva, Liptau und Zips reift selbst die Pflaume kaum, und oft bedeckt schon im September $ arpathengegend auftritt. Charakteristisch ist der starke Temperaturwechsel, namentlich der Unterschied zwischen Tages und Nachtwärme, so im Alföld, wo die Temperatur im Sommer .es Morgens nur 45° C. beträgt und mittags auf mehr als 30° steigt; noch größer aber ist der Unterschied der von den Sonnenstrahlen erzeugten Bodenwärme; daher treten dort auch häufi2 Wechselfieber und andre Krankheiten auf. Im allgemeinen ist aber das Klima in U. gesund. Die mittlere Jahrestemperatur bewegt sich zwischen +5,9° und +14° C. und beträgt in Schemnitz 6°, Preßburg 9,6°, Budapest 11°, Klausenburg 9,12°, Semlin 11,6°, Fiume 14,1°. Eine gewöhnliche Erscheinung ist im Alföld die Fata Morgana, hier Delibab ("Mittagszauber") genannt. Areal und Bevölkerung. Das Areal von U. samt Nebenländern beträgt 322,940 qkm (5865 QM.), wovon auf das eigentlich U. samt Siebenbürgen 280,387 qkm (5092 QM.), auf Fiume samt Gebiet 20 qkm (0,36 QM.) und auf Kroatien und Slawonien 42,533 qkm (772 QM.) entfallen. Das eigentliche U. wurde früher in adm$ ern Widerstandes verzweifelnd, faßte der neue Diktator, übrigens mit Vorwissen und Zustimmung der Regierung, den Beschluß, sich nicht den verhaßten Österreichern, sondern den Russen zu ergeben, und streckte 13. Aug. mit 22,000 Mann bei Vilagos vor General Rüdiger bedingungslosádie WafOen. Ihm folgten 16. Aug. Oberst Kazinczy mit 10,000 Mann, 17. Aug. Damjanich in Arad u. a.; nur Komorn wurde von Klapka hartnäckig verteidigt, bis es 2. Okt. eine ehrenvolle Kapitulation erlangte. "U. liegt zu den Füßen Ew. Majestät!" schrieb Paskewitsch an den Zaren. Daß die Ungarn die Unterwerfung unter den hochmütigen Zaren der direkten Verständigung mit der österreichischen Regierung, welcher sie übrigens von Rußland auf Gnade oder Ungnade überliefert wurden, vorzogen, war für die Österreicher beleidigend und reizte ihren Zorn aufs äußerste. Von den gefangenen Häuptern der Insurrektion (mehreren, wie Kofsuth u.a., war die Flucht nach der Türkei geglückt) wurde nur Görgei auf russische Intervention verschont; 13 Generale und $ ung der Regierung an; nicht nur das stehende Heer, sondern auch die Landwehr wurde unter den Befehl des Reichskriegsministjriums gestellt, die letztere jedoch als Honvédarmee unter dem Kommando des Erzherzogs Joseph besonders organisiert. Das Bewußtsein des durch Ausdauer und Klugheit errungenen Siegs trieb die Magyaren an, den freiheitlichen Ausbau des Nationalstaats möglic!st rasch zu vollenden. Die politische Gleichstellung der Juden, die fakultative Zivilehe, ein Volksschulgesetz u. a. wurden beschlossen. Das Nationalitätengesetz vom 29. Nov. 1868 bestimmte, daß alle Bewohner Ungarns die einheitliche und unteilbare ungarische Nation bilden, die ungarische Sprache Staatssprache sein sollte. Das Übergewicht der Magyaren bei den Wahlen wurde durch Verteilung der Wahlbezirke und des Stimmrechts aufrecht erhalten. Vor allem wollte man die materielle Entwickelung des Landes durch Eisenbahnen fördern, und durch Anleihen für den Bau von Staatseisenbahnen und durch Zinsgarantien für Privateisenbahnen belastete das$ Hand gelassen, während gleichzeitig in Österreich die deutschliberale Ungarweine - Ungehorsam. Verfassungspartei wegen ihrOr kurzsichtigen Opposition gegen die auswärtige Politik der Krone ihre maßgebende Stelle einbüßte. Indem Tisza entschieden dafür eintrat, daß der Staat vor allem ungarisch sein, gleichzeitig aber in der Gesamtmonarchie seine Interessen nachdrücklich zur Geltung bringen müsse, gelang es ihm i¨mer wieder, die Opposition im Parlament zu besiegen und bei den Wahlen die Mehrheit zu behalten. In der That war das Programm der äußersten Linken, Losreißung von Österreich, unausführbar und, wenn es ausgeführt worden wäre, von den schädlichsten Folgen für U. Die Finanzverhältnisse nahmen immer noch die besondere Aufmerksamkeit in Anspruch, da das Desizit aus dem Staatshaushalt nicht zu beseitigen war. Es wurden daher frühere Anleihen zu einem geringern Zinsfuß konvertiert und neue Steuern eingeführt, andre erhöht. Die Magyarisierung der Schulen wurde 1883 durch ein Gesetz über die Mittelschulen, we$ nd versuchte ferner Preuße¤ 1850 eine U. der Klein und Mittelstaaten unter preußischer Führung, zu welchem Zweck das Erfurter Unionspaålament berufen ward (s. Preußen, S. 374). Im staatsrechtlichen Sinn versteht man unter U. die Verbindung zweier Staaten, welche unter einem und dem selben Souverän stehen (s. Staat, S. 196). Auf kirchlichem Gebiet bezeichnet U. die Vereinigung verschiedener Religions- oder Konfessionsparteien zu Einer Gemeinde oder Kirche. Der Trieb nach Beseitigung der kirchlichen Spaltungen zieht sich (unter stetiger Berufung auf Joh. 10, 16; 17, 21-23; Eph. 4, 3-6) durch die ganze Geschichte der Kirche hindurch. Während aber die katholische Kirche bei ihren Attributen der Einheit, Allgemeinheit und Untrüglichkeit eine U. nur durch das Aufgehen aller andern Kirchenparteien in ihrer Gemeinschaft erstreben kann, erlaubt die evangelische Kirche bei ihrer prinzipiell freiern Stellung zum Dogma, zu der kirchlichen Verfassung und zu den gottesdienstlichen Einrichtungen eine Vereinigung zweier oder$ ie geben. Von Kindern spricht man so, von mir klingt's lächerlich; Bin ich ein Kind? Du liebst! Du auch! Ja, lieb' wie ich! Besänftige den Sturm, der dich bisher getrieben! Man kann sehr ruh’g sein, und doch sehr zärtlich lieben. Da ist das Band! Sehr schön! Wie lange zauderst du! Ich ging am Hügel hin, da rief mir Chloris zu. Da hab ich ihr den Hut mit Blumen schmücken müssen. Was gab sie dir dafür? Was? Nichts! Sie ließ sich küssen. Man tu auch, was man will, man trägt doch nie zum Lohn Von einem Mädchen mehr als einen Kuß davon. Amine [zeigt Eglen den Kranz mit der Schleife]. Ist es so recht? Ja, gib! [Sie hängt Aminen den Kranz um, so daß die Schleife auf die rechte Schulter kommt. Mittlerweile redet sie mit Lamon.] ¼ Hör! nur recht lustig heute! Nur heute recht gelärmt! Man fühlt nur halbe Freude, Wenn man sie si$ , hätt' uns nicht Den holden Leichtsinn die Natur verliehn. Mit unschätzbaren Gütern lehret uns Verschwenderisch die Not gelassen spielen: Wir öffnen willig unsre Hände, dass Unwiederbringlich uns ein Gut entschlüpfe. Mit diesem Kuss vereint sich eine Träne Und weiht dich der Vergänglichkeit! Es ist Erlaubt das holde Zeichen unsrer Schwäche. Wer weinte nicht, wenn das Unsterbliche Vor der Zerstörung selbst nicht sicher ist? Geselle dich zu diesem Degen, der Dich leider nicht erwarb! Um ihn geschlungen, Ruhe, wie auf dem Sarg der Tapfêrn, auf Dem Grabe meines Glücks und meiner Hoffnung! Hier leg' ich beide willig dir zu Füßen; Denn wer ist wohl gewaffnet, wenn du zürnst? Und wer geschmückt, o Herr, den du verkennst? Gefangen geh' ich, warte des Gerichts. (Auf des Fürsten Wink, hebt ein Page den Degen mit dem Kranze auf und trägt ihn weg.) Fünfter Auftritt Alphons. Antonio. Wo schwärmt der Knabe hin? Mit welchen Farben Ma^lt er sich seinen Wert und sein Geschick? Beschränkt und unerfahren, hält die Jugend Sich $ t; die Meinung andrer Befriedigt leicht das wohl geführte Schwert-- Doch ein gekränktes áerz erholt sich schwer. Jetzt ist's an mir, dass ich dir dringend sage: Tritt nicht zurück, erfülle meinen Wunsch, Den Wunsch des Fürsten, der mich zu dir sendet. Ich kenne meine Pflicht und gebe nach. Es sei verziehn, sofern es möglich ist! Die Dichter sagen uns von einem Speer, Der eine Wunde, die er selbst geschlagen, Durch freundliche Berührung heilen konnte. Es hat des Menschen Zunge diese Kraft; Ich will ihr nicht gehässig widerstehn. Ich danke dir und wünsche, dass du mich Und meinen Willen, dir zu dienen, gleich Vertraulich prüfen mögest. Sage mir, Kann ich dir nützlich sein? Ich zeig' es gern. Du bietest an was ich nur wünschen konnte. Du brachtest mir die Freiheit wieder; nun Verschaffe mir, ich bitte, den Gebrauch. Was kannst du meinen? Sag' es deutlich an. Du weißt, geendet hab' ich mein Ged2cht; Es fehlt noch viel, dass es vollendet wäre. Heut überreicht' ich es dem Fürsten, hoffte Zugleich ihm eine Bitte vor$ t verehrt, So wird die Nachwelt ihn verehrend nennen. Wie herrlich ist's, im Glanzetdieses Lebens Ihn an der Seite haben! So mit ihm Der Zukunft sich mit leichtem Schritte nahn! Alsdann vermag die Zeit, das Alter nichts Auf dich und nichts der freche Ruf, Der hin und her des Beifalls Woge treibt: Das, was vergaenglich ist, bewahrt sein Lied. Du bist noch schoen, noch gluecklich, wenn schon lange Der Kreis der Dinge dich mit fortgerissen. Du musst ihn haben, und ihr nimmst du nichts: Denn ihre Neigung zu dem werten Manne Ist ihren andern Leidenschaften gleich. Sie leuchten, wie der stille Schein des Monds Dem Wandrer spaerlich auf dem Pfad zu Nacht, Sie waermen nicht, und giessen keine Lust Noch Lebensfreud' umher. Sie wird sich freuen, Wenn sie ihn fern, wenn sie ihn gluecklich weiss, Wie sie genoss, wenn sie ihn taeglich sah½ Und dann, ich will mit meinem Freunde nicht Von ihr und diesem Hofe mich verbannen: Ich komme wieder, und ich bring' ihn wieder. So soll es sein!--Hier kommt der raue Freund: Wir wollen$ ch selbst gesäte Bäume selber pfropfte, Aus wenig Beeten meinen Tisch versorgte, Als noch Zufriedenheit im kleinen Hause Gefühl des Reichtums über alles goss,jUnd ich nach meiner Einsicht zur Gemeinde Als Freund, als Vater aus dem Herzen sprach, Dem Guten fördernd meine Hände reichte, Dem Bösen wie dem Übel widerstritt. O hätte damals ein wohltät'ger Geist Vor meiner Türe dich vorbei gewiesen, An der du müde, durstig von der Jagd Zu klopfen kamst; mit schmeichlerischem Wesen, Mit süßem Wort mich zu bezaubern wusstest. Der7Gastfreundschaft geweihter, schöner Tag, Er war der letzte rein genossnen Friedens. Wir brachten dir so manche Freude zu. Weltgeistlicher. Und dranget mir so manch Bedürfnis auf. Nun war ich arm, als ich die Reichen kannte; Nun war ich sorgenvoll, denn mir gebrach's; Nun hatt' ich Not, ich brauchte fremde Hilfe. Ihr wart mir hilfreich, teuer büß' ich das. Ihr nahmt mich zum Genossen eures Glücks, Mich zum Gesellen eurer Taten auf. Zum Sklaven, sollt' ich sagen, dingtet ihr Den sonst so freie$ t gesehen? Nein, mein Vater. Er hat dir heute in der Nationalversamml½ng allerlei in die Ohren Ja, mein Vater. Das eben nicht die ganze Nation, sondern meine Tochter Karoline Freilich, mein Vater. Du hast dich doch klug gegen ihn zu benehmen gewusst? Er hat wohl wieder stark in dich gedrungen? Wie Sie denken können. Und du hast ihn abgewiesen? Wie sich's ziemt. Wie ich es von meiner trefflichen Tochter erwarten darf, die ich aber auch mit Ehre und Glück überhäuft und für ihre Tugend reichlich belohnt sehen werde. Wenn Sie nur nicht vergebens hoffen. Nein, meine Tochter, ich bin eben im Begriff, einen großen Anschlag auszuführen, wozu ich deine Hilfe brauche. Was meinen Sie, mein Vater? Es ist dieser verwegenen Menschenrasse der Untergang gedroht. Was sagen Sie? Setze dich nieder und schreib. Ein Billett an den Baron, dass er ×ommen soll. Das will ich dir schon sagen. Es soll ihm kein Leids widerfahren, ich sperre ihn nur ein. Soll ich mich einer solchen Verräterei schuldig machen? Nur geschwind. Wer soll es d$ e wich weiter zurück von ihm, ihre Augen wurden unklar; es versagte da etwas. Das sah er,--und ehe sie es ahnte, ehe er selbst es wußte, war er bei ihr. Er umschlang sie und preßte sie an sich. Er wurde wild, als er ihren Körper an seinem fühlte, und küßte sie, küßte sie, wo er gerade hintraf. Sie bog aus, bald nach der einer Seite, bald nach der ändern. Da bedeckte er ihren |als mit Küssen. Sie fühlte, jetzt galt es. Einen Arm hatte sie nur frei; aber damit stieß sie ihn von sich. Gleichzeitig bog sie sich so weit nach hinten, daß sie fast gefallen wäre. Dadurch kam er über sie, das zündete, und er wollte es sich zu Nutzen machen. Aber er mußte seinen rechten Arm lösen, um sie umschlingen zu können. Gerade dadurch bekam sie ihren linken Arm frei, stemmte ihn mit aller Macht ihm gegen die Brust, daß sie sich nach der Seite wenden konnte, und stand aufrecht. Ihre Augen trafen sich. Sie waren wild, die Flammen in ihnen prallten ge—eneinander. Keiner sprach ein Wort. Ihre Atemzüge gingen kurz und scharf. "Mary!"$ kann nicht sagen, dass ich es mir schon ganz zu eigen gemacht habe. Namentlich wird viel Neues hinzukommen, wenn ich die Staetten wiedersehe, wo wir zusammen waren. Aber soweit bin ich durch das tiefere Hineinleben dieser Jahre doch gekommen, dass ich diese Staetten nicht mehr scheue; im Gegenteil, ich sehne mich jetzt nach ihnen." Die Begegnung mit der neuen Marit wurde ein Fest fuer ihn. Nicht sofort; denn zuerst hatte sie natuerlich Angst vor dem fremdeÄ Mann mit den grossen Augen. Aber es erhoehte seine Freude, wie sie vorsichtig, nach und nach ihm naeher kam. Als sie schliesslich auf seinen KnRen sass mit den beiden neuen Puppen, einem Tuerken und einer Tuerkin, und ihm diese in die Nase steckte, damit er niesen sollte, weil die Tante das auch getan hatte, da sagte er mit Traenen in den Augen: "Ich habe nur eine Begegnung erlebt, die noch herrlicher war." Sie siedelte also mit dem Kindermaedchen in sein Haus ueber. Ihr erster gemeinschaftlicher Gang war zum Grabe der Mutter, auf das sie Blumen legen soll$ sichtbar, daß viele Anlagen, Alleen, Parterres, Berceaus und dergleichen eingegangen sind. Was ihn im ganzen Lande berühmt macht, sind die Wasserkünste, die aber mit denen von St.-Cloud, von Herrenhausen und der Wilhelmshöhe bei Kassel keinen Vergleich aushalten. Nur daß sie die einzigen im Lande sind, macht ihren Ruhm aus. Eine künstliche, zwei- bis dreihundert Fuß hohe Kaskade mit Stufen, der es aber, wie den meisten dieser Art, an hinlänglichem Wasser fehlt, wird zuerst gezeigt. In einem anderen Bassin muß das Wasser die Gestalt einer gläsernen Glocke annehmen. Neben dieser Glocke steht noch ein dem Ansehen nach verdïrrter Baum; er ist aus Kupfer künstlich gebildet, das Wasser spritztùschäumend aus seinen Zweigen, er sieht dann ganz artig aus, als ob er mit großen Eiszapfen und Schnee bedeckt wäre, kleine Wasserstrahlen steigen ringsumher aus der Erde empor. Zwei andere Springbrunnen werfen den Wasserstrahl neunzig Fuß hoch gen Himmel und machen eine recht hübsche Wirkung. Die Engländer, welche in den ring$ ffield sehr viele und sehr schöne Stah_- und plattierte Waren verfertigt. Unseres Bleibens konnte aber dort nicht lange sein; nichts zog uns an, wir eilten fort und freuten uns in dem nicht weit entfernten Landsitze des Lord Fitzwilliam, Wentworth House, wieder einmal frische Luft zu schöpfen. Wentworth House und Rotherham Es ward uns erlaubt, durch den Park von Wentworth zu fahren. Obgleich groß und angenehm, zeichnet er sich dennoch übrigens nicht aus; ebensowenig die Gärten und Anlagen. Das Merkwürdigste hier sind die prächtigen Ställe; sie gleichen wahrlich mehr einem Palaste als der Wohnung von Pferden. Sie umschließen einen großen viereckigen Hof von allen Seiten. Der eine Flügel des mit architektonischer Pracht verzierten Gebäudes ist zur Reitbahn eingerichtet; in den drei anderen sahen wir eine Menge der schönsten Pferde, unter ihnen viele Jagdpferde, meistens von arabischer Herkunft; auch verschiedene berühmte Renner, welche bei manchem Wettrennen unsterbli–he Lorbeeren errungen hatten. Die Luft war $ it dem Apparat nicht vornüber zu schiessen. Lilienthal schildert seinen Unfall in der "Zeitschrift für Luftschiffahrt" vom Jahre 1895, wie folgt: "Bei einem von grosser Höhe ausgeführten Segelfluge gab dies--Hintenüberlegen des Körpers--die Veranlassung, dass ich bei gestreckten Armen in eine Körperlage geriet, bei welcher der Schwerpunkt zu weit nach hinten lag, während es mir bei der bereits eingetretenen Ermüdung nicht möglich war, die Oberarme wieder vorzuziehen. Als ich so in 20 Metern Höhe mit etwa 15 Metern Geschwindigkeit dahinsegelte, richtete sich der hinten zu sehr belastete Apparat immer mehr auf und Vchoss schliesslich durch seine lebendige Kraft senkrecht in die Höhe. Ich hielt mich krampfhaft fest, sah nichts als den blauen Himmel mit weissen Wölkchen über mir und erwartete den Moment, wo der Apparat hintenüberschlagen würde, um meine Segelversuche vielleicht für immer zu beenden. Plötzlich jedoch hielt der Apparat im Ansteigen inne und ging rückwärts aus der Höhe wieder herab, «enkte in kurzem$ t, zum Beispiel genommen. Auf ihre Bitte haben die Zeitungen in Dayton über die Versuche Schweigen bewahrt. Es ist wohl eine Indiskretion begangen worden. Es wurde ein Artikel veröffentlicht, der aber bereits zurückgezogen ist. Die Wrights wollten Ihnen übrigens am 4. November selbst schreiben. Mit vorzüglicher Hochachtung C. Chanute. Am 4. November war inzwischen auch von den Wrights selbst nachfolgendes Schreiben an Hauptmann Ferber eingetroffen: Dayton, 4. November 1905. Geehrter Herr! Wir haben Ihren Brief vom 20. Oktober erhalten und machen Ihnen unser Kompliment. Niemand in der Welt kann mehr als wir Ihre Leistung anerkennen. Es ist aber ein grosser Sprung vom Aeroplan ohne Motor, mit seiner leichten Kontrolle, zur Entdeckung ausreichender und wirksamer Methoden, um Herr des so ungelehrigen Aeroplans mit Motor zu werd’n. Nach den Experimenten so fähiger Leute wie Langley, Maxim und Ader, die Milliocen ausgegeben und Jahre ohne Resulta$ lle. Beide sind sehr schlank und zeigen nur Muskeln und Sehnen. Man sieht ihnen an, dass sie sich ihr ganzes Leben lang mit einem Sport beschaeftigt haben, bei dem es hauptsaechlich auf ein sicheres Auge und grosse Geistesgegenwart ankommt. In ihrer Lebensweise sind sie stets ueberaus nuechtern und enthaltsam gewesen. Auch bei den feierlichsten Anlaessen waren sie nicht zu bewegen, Alkohol zu sich zu nehmen. Sie sind fromm, nicht aeusserlich vor den Augen der Leute, sondern aus innerem Gefuehl. Dies ist leicht verstaendlich, wenn man an den alten Bischof Wright, der als Priester hoechstes Ansehen geniesst, denkt. So haben÷sie, die heute doch nicht mehr jung sind, in ihrem Leben noch nie eine Andachtsstunde versaeumt und es als selbstverstaendlich erachtet, die Sonntage von jeder ArtXArbeit freizuhalten. Die Entwickelung des Gleitfluges. Zum naeheren Verstaendnis der ersten praktischen Arbeiten der Brueder Wright ist es erforderlich, die Entwickelung der Flugtechnik in Deutschland ins Auge zu fassen. Hier war $ chen verliehen, ausgezeichnet. Am 8. April machte Wright mit¾seinen Schuelern den letzten Aufstieg in Pau, erklaerte ihre Ausbildung fuer beendet und begab sich nach Rom, um seinen Aeroplan dort der italienischen Regierung vorzufuehren und einen Schueler auszubilden. Unmittelbar nach seiner Abreise von Pau wurde der dort benutzte, ziemlich stark mitgenommene Apparat im Auftrage der franzoesischen Regierung nach Paris geschafft, um dort im Konservatorium der Kuenste und des Handwerks Auhstellung zu finden. Auch in Rom gelang es Wilbur, ganz Italien durch seine hervorragenden Leistungen von seinem grossen Koennen zu ueberzeugen. Am 24. April fuehrte er seinen Apparat dem Koenige von Italien vor, und bereits am 28. April konnte sein Schueler, der Genieleutnant Calderara, trotz starken Regens selbstaendig einen Flug von 35 Minuten Dauer vollfuehren. Durch Aussetzen des Motors stuerzte der Apparat damals aus einer Hoehe von drei Metern zur Erde herab, der Lenker blieb unverletzt, waehrend das Steuer brach und die $ de es auch vielleicht einmal, aber zur Zeit habe ich noch kein Recht auf diesen Titel.' Dann spielte ich. "Es war ein prächtiges Instrument; die beiden jungen Herren kamen immer näher heran und hörten mit sichtlichem Interesse zu, ich merkte, daß wir uns verGtanden, und bald war alles gewonnen. Sie spielten dann Violine, und die Dame versicherte mich, daß vierhändiges Klavierspiel ihre größte Passion sei und endlich wurde ich aufgefordert, jeden Tag ein bis zwei Stunden zu kommen. Zuletzt fragte der General noch nach dem Preis, der war ihnen auch recht, eine unbescheidene Forderung mochte ich nicht machen; das kann Herr Rudolf Meier tun, wenn er seine Hotelrechnung stellt, aber ich kann das nicht so. Als ich fortging, begleiteten die Herren mich ganz freundlich an die Türe, alle Steifheit war vorbei und die Dame reichte mir noch die HandschuhÕ, die ich vergessen hatte. "Hinter einem Pfeiler im Treppenhaus kam Rudolf Meier zum Vorschein. Er hat offenbar die Verhandlungen von außen beobachtet und wird morgen in$ zen angekommen. Im Schulhof flogen die Schneeballen hin und her, und bis zu der großen Pause um 10 Uhr waren die zahllosen Spuren der Kinderfüße schon wieder von frischem Schnee bedeckt und die größten Schneeballenschlachten konnten ausgeführt Daheim hatte Elschen sich einen Stuhl ans Fenster gerückt, kniete da und sah vom Eckzimmer aus hinunter nach den Brettern und Balken, die wie ein großer weißer Wall vor dem Kasernenzaun aufgetürmt lagen. Und von diesemåZaun h·tte jeder Stecken sein Käppchen, jeder Pfosten seine hohe Mütze Frau Pfäffling suchte die Kleine. "Elschen, komm, du darfst etwas sehen," und schnell führte sie das Kind mit sich in das Wohnzimmer und öffnete das Fenster. Eine frische Winterluft strich herein. Am Haus vorbei, nach der Stadt zu, fuhr eine ganze Reihe von Leiterwagen, alle beladen mit Christbäumen. "Christbäume, Christbäume," jubelte Elschen so laut, daß einer der Fuhrleute, der selbst wie ein Schneemann aussah, herausschaute, und als er das glückselige Kindergesicht bemerkte, rief: $ ein. Die Losung war nun: "Nur schnell heim zur Mutter, sie allein ist noch in Angst, hat keine Ahnung, wie gut sich alles gelöst hat. Wie wird sie sorgen und warten, wie wird sie sich freuen!" Aber nicht nur Frau Pfäffling paßte auf die eilig Heimkehrenden, auch Frau Hartwig sah heute Mittag nach ihnen aus, freilich aus einem ganz andern Grund. Sie hatte diesen Morgen an die Haustüre einen großen Bogen Papier genagelt, auf dem mit handgroßen roten Buchstaben geschrieben Man bittet die Türe zu schließen! Darüber lachte ihr Mann sie aus und versicherte, es würde gar nichts helfen, die Pfäfflinge würden die Türe offen stehen lassen. Die Hausfrau nahm ihre Mietsleute in Schutz. "Sie sind viel ordentlicher, als duÔdenkst. Wilhelm und Otto sind ja ein wenig flüchtig, aber Karl ist immer aufmerksam und auch die Mädchen sind manierlich; der kleine Frieder sogar wird zumachen, wenn er hört, daß es mich sonst friert. Du wirst sehen, die Haustüre wird geschlossen." Um das zu beobachten stand nup die Hausfrau am Fenst$ en ganz ehrbar und züchtiglich neben einander, und ich meckerte in ihren schönen Alt hinein. Sie hatte die Führung, ich folgte wie ein Lämmlein der Hirtin. Die Orgel. Die "liebe Gemeinde" (es war eine wirklich hübsche Sopranstimme da, die über diesem misstönigen Gemecker, Gebrumm und Gepfeife schwebte, wie eine weisse Möwe über ein schmutziges missfarbiges Stoppelfeld), die weissen schmucklosen Wände, die Sonne draussen und die Sonne drinnen, in langen, breiten Streifen über diesen alten und jungen Köpfen. Das schwarze Brett mit den grossen weissen Nummern der Choräle. Die kleine, schwarze Kanzel mit dem kleinen, weisshaarigen Pastor Weidenbusch.-- Mir wurde ganz heimatlich. Wie lange bin ich nicht in einer corfkirche * * * * * Man sage nicht, dass in unserer protestantischen Kirche die Poesie keinen Platz hat. In den kalten grossen Stadtkirchen mit ihrem nüchternen Prunk, ja, da ist sie erfroren, elendXglich erfroren. Aber unsere Dorfkirchen. Selbst diese kahlen, getünchten Wän$ sie zeichnen koennen, so deutlich sah er sie vor sich: das rote Roeckchen mit dem verschaemten Flicken unten am Saum, die etwas grossen Fuesse in den Holzpantoffeln, die grauen, groben Struempfe um die vÀllen festen Als er so an sie dachte, kam sie, kam wie gerufen. Er erstaunte nicht mal da¡ueber. Nur ein fluechtiges Laecheln, ein leises vergnuegtes Schmunzeln ging ueber sein Gesicht, und den Kopf ein wenig erhoben, um besser sehen zu koennen, nickte er wie zur Bestaetigung eines unausgesprochenen Gedankens. Sie war ohne Hut, ganz wie sie im Hause, in der Wirtschaft ging, aber in Stiefeln, statt in Pantoffeln. Sie trug einen grossen, braunen Henkelkrug, aus dem sie naschte. Sie mochte schon unterwegs Beeren gepflueckt haben, sie standen ueberall reichlich, freilich nirgend so wie Sie sah ihn nicht und fing gleich an zu pfluecken. Ob er sie anrief? Es machte ihm Spass, sie so heimlich zu beobachten. Alle Augenblicke warf sie eine der vollen Flechten ueber die Schulter zurueck. Immer, wenn sie sich tiefer buec$ gegen das Licht haltend. "Vornehm, souveraen, aristokratisch." Er nahm eine hochmuetige Miene an und naeselte wie ein Gardeleutnant. "Aeh, ich lach auf die Welt!" Der Waldhueter sah ihn belustigt an: Wat buest du foer een? "Nein, im Ernst, meinen Sie nicht auch, Herr Lehrer," eiferte Randers. "Da ist doch noch Rasse, Edelzucht von Geschlechtern her." "Ja, es hat was f--f--f--fuer sich," stotterte Petersen. Randers sah tiefsinnig ins Glas, und der Waldhueter sah ihn an, wie einen, dem nicht zu trauen ist. "Sagen Sie selbst, meine Herren," rief Randers wieder auwschnellend, "hab ich nicht recht?" "Ach wat," brummte der Waldhueter aergerlich. "So'n Luee moeten sin, un anner Luee moeten ok sin. Vor uns Herrgott sind wie all gliek." "Ja, lieber Herr, das ist ja ganz recht," rief Randers. "Das ist ja aber eine Sache fuer sich." "JasMau, du v--v--versteihst den Herrn f--f--f--falsch," legte sich der Lehrer ins Mittel. "Dat mag sin, ik meen aber man. Ik buen man 'n schlichten eenfachen Kirl, dat heet, min Geschaeft h$ eln Sie sich proteusartig; oder vielmehr lassen sich verwandeln von irgend einer Circe. Oder sind Sie konsequent in der Entwickelung? Ist es die Kuenstlerin, die Ihnen nach der Aristokratin noch fehlte? Nur danW wuerde ich mir weitere Materialien erbitten. Ich hatte mir schon vorgenommen, Sie im November zu besuchen, "studienhalber". Sie sollten mir wenigstens die Stelle zeigen, wo Sie Ihr Blockhaus bauen wuerden, und ich wollte wenigstens die aufgebrachten Wellen sehen, die zuletzt ihre Leiche dem erschuetterten Leser von die Fuesse werfen sollen. Eine Blockhausgefaehrtin aus Fleisch und Bein zu sehen, darauf hatte ich schon Verzicht geleistet. Und nun ist sie doch Wirklichkeit geworden. Lassen Sie mich jetzt aber auch mehr hoeren. Der Roman stockt. Ich brauche Dampf. Lassen Sie mich im Stich, muss ich's auf meine Weise deichseln. Und ob Sie dann zufrieden sein werden? Kraus genug wird das Ding. Mehr Materialien zu einem Lebensbild als Roman. Aber Warum muss es denn gerade ein Roman sein? Es wird ein buntes $ , und entschlug sich im Vertrauen auf ihr gutes Herz aller christlichen Aþch jetzt hatte sie statt des Gesangbuches den Generalanzeiger neben sich auf dem Fensterbrett liegen und überflog den Roman im Feuilleton. Ihre Gedanken weilten jedoch nur zur Hälfte bei der schnöde verlassenen Gräfin, die andere Hälfte gehörte dem blauen Kleid, das sie am Nachmittag anziehen wollte, und an dem noch allerlei kleine Ausbesserungen und Aenderungen vorzunehmen waren. Mimi wollte hübsch sein an Hermanns Seite, der mit seinem sonntäglichen, dunkelblauen Ueberzieher, dem weichen hellgrauen Filzhut, den "Bismarckfarbenen" und der goldnen Brille immer so nobel aussah. Wenn er nur nicht so langweilig sein wollte, so lästig durch seine unaufhörliche Kurmacherei. Am meisten zuwider war ihr sein beständiges, verliebtes Anlächelnñ Ihr Schlag am Freitag Abend war ernst gemeint gewesen. Sie haßte diese "Antatzerei", wie sie es nannte. Als er dann der Länge nach auf dem Fußboden lag, war er ihr sehr lächerlich Heute aber, zum Ausgehen,$ sen. Ein solches Wertstück konnte er ihr unmöglich öffentlich überreichen, ohne die Kritik der Tante herauszufordern. Diese Hei=lichkeit war in seinen Augen entschuldigt. Mimi hatte den Ring mit unveWhohlener Ueberraschung und lebhafter Freude entgegen genommen. Er ward zu einem gewichtigen Verbündeten der goldenen Brille Hermanns. Herr Heinecke war entschieden eine höchst annehmbare Partie, ein Verehrer, den man warm halten mußte. Sie fand ihn schon ansehnlicher, als vor acht Wochen, eigentlich doch gar nicht so übel. Hermann freute sich der Wirkung des Ringes. Als er damals mit den beiden Mädchen nach dem Konzert soupiert hatte und er in seiner gehobenen Stimmung Theresens Anwesenheit störend empfand, war ihm der lebhafte Wunsch gekommen, einmal einen Tag mit Mimi allein zu verbringen. Aber wie sollte er das anfangen. Er durfte sie doch nicht gradezu einladen, sie war doch immer das Ladenmädchen seiner Tante. Und heimlich? Freilich, das Versteckspielen hat seine Reize. Da kam ihm der Zufall zu Hilfe. Ein ve$ zu kaufen. Hieß das nicht, die Sache erst recht unter die Leute bringen? Mochte Beuthien doch das Mädchen heiraten. Sie, Lulu, wollte lieber aus dem Hause gehen, weit fort, arbeiten, für sich, für das Kind, oder Es war das erste Mal, daß der Gedanke an den Tod ihr kam. Sie hing ihm nach, malte sich es aus, den Schrecken der Familie, die Reue Beuthiens, das Mitleid der Nachbarn. Natürlich, so lange wird man beklatscht, begeifert, gesteinigt, aber nachher, hat man es nicht mehr ertragen können, dann weinen sie ihre Heuche´thränen. Wie ekelhaft ihr die Menschen wpren. Nein, nicht leben mehr. Ein Sprung in die Alster, und alles ist gut. Der Kopf war ihr so schwer, und die Augen schmerzten ihr vom Weinen. Sie kühlte sich am Waschtisch Augen und Stirn. Bei dem Blinken des Wassers mußte sie immer an die Alster denken. Ein Sprung in die Alster. Sie hatte einmal einen Ertrunkenen auffischen sehen. Das Bild trat ihr vor Augen. Sie schüttelte sich vor Grausen und atmete wie befreit auf. Wer zwang sie denn? Sie war ja fr$ nicht mehr. Aber um schon auf alle Lebensfreuden zu verzichten, sich zum alten Eisen zu rechnen, war es doch noch zu frueh. Freilich, eine alleinstehende Witwe in ihren Jahren muss sich schon zufrieden geben. Man muss froh sein, wenn man nur im Stillsitzen seinen guten Ruf wahrt. Dem Klatsch entgeht man nimmer. Was war das doch fuer ein Gerede damals gewesen, mit dem huebschen Reisenden von Rosinsky und Soehne. Weil sie hoeflich gegen Herrn Bellermann war, sollte sie natuerlich Heiratsabsichten haben. Als ob es nicht ihre Pflicht gewesen waere, zm Beginn ihrer GeschaeftsQhaetigkeit sich mit Kunden und Lieferanten auf moeglichst guten Fuss zu stellen. Und wie viele Nachfolger hatte Herr Bellermann gehabt. Bald war es der, bald jener, den sie koedern, oder der nach ihr seinen Haken auswerfen sollte. Und immer waren die Leute boshaft genug, nicht von ihrer Person, sondern von ihrem Geschaeft zu reden. Als ob sie nicht immer noch ansehnlich genug sei. Jetzt war es Herr Pohlenz, der Stadtreisende von Mueller und L$ n Ner¹en schien ihnen Vergnuegen zu bereiten. Das war ein Schnattern und Kreischen. Nur die Wittfoth getraute sich nicht heran. Winchen Studt, eine achtzehnjaehrige blasse Schoenheit mit Stumpfnase, liess sich von ihrem Verlobten, einem Zeichner am Stadtbureau, mit Chocolade fuettern. Sie war eine wichtige Persoenlichkeit heute, denn sie sollte noch etwas vortragen. Auf der Wiese lockten Schaukel, Turngeraete und eine Bergbahn. Namentlich die letztere uebte eine grosse Anziehungskraft auf die Damen aus. Selbst die Wittfoth konnte nicht widerstehen und rutschte in Gesellschaft Beuthiens, ohne den sie sich’es nicht getraute, einige male unter Gekreisch hin und her. Es war zu schoen, wirklich zu schoen, wie sie alle Augenblicke versicherte. Und dann spaeter das Konzert im Saal. "Des Schweizers Heimweh", von acht Zithern vorgetragen, erntete den groessten Beifall. "Entzueckend" spielte Herr Caesar Puhvogel "des Aelplers Liebesklage" auf der Elegiezither. Die groesste Bewunderung aber fand Herr Suess fuer den Vort$ onseyll leyalment: 305 Vos fets uostra testament E departits los uostres bens Entrels amichs e los parents." "Hoc", dix en Buch, "molì uolenter, E leix mon fiyll per hereter, 310 E tots los meus capteniments Sien seus per eretameuts, E lex li tos los meus pecats E que li sien deliurats E mala fama e mal nom, 315 E que fassa tort a tot hom." Dix lo cauayll: "Trop uos cuytats! Lo uostra cors on lo lexats?" "De mon cors, con sera mort, No uull que hom sen trabayll fort. 222c 320 Eu leix lo cors e la peyll E l'anima a Mon-Gibell; Car aqui he pres hostal, Que tos temps fuy uesat~de mal; No sabria star en bon loch, 325 Que tos temps hi stigui poch, Vesat so de fret e de calt. La on uull star on mes m'esalt, No uull star en paradis, Car nom asalt$ h der Türe wandte. "Rudolf, ich bin's!" rief sie, war im Augenblick bei ihm, umarmte ihn stürmisch und ëief ihm fröhlich zu: "Glaubst du, daß ich's bin, wenn du mich gleich nicht siehst?" Er spürte ihre Fröhlichkeit und zog sie an sein Herz. "Ja, du bist's Helene, du Sonne in meiner Nacht! Gott sei Dank, daß ich dich habe!" Er küßte sie. Da schob sie sanft die Binde über seine Stirne hinweg, drückte einen Kuß auf jede der verheilten Wunden und sagte zu ihm: "Das sind deine Ehrenzeichen, du mein Held. Wie bin ich stolz auf diese Narben!" Er legte sich zurück, fühlte sich aller Angst und Sorge ledig und gab sich der Wonne des wiedergefundenen Glückes hin. [Transcriber's Note: There is no seventh chapter in the printed book from which this etext was made.] Ohne den Vater Erzaehlung aus dem Kriege Agnes Sapper Erstes Kapitel. Im gemuetlichen Wohnzimmer eines Forsthauses in Ostpreussen sass ein kleiner Familienkreis eng und traulich beisammen: d r Foerster Stegemann mit seiner noch ganz jungen, lieblichen Frau, di$ en. Davon, dass er vermutlich dauernd bei ihr bleiben sollte, hatte er nichts erwaehnt, das hatte noch Zeit. So behielt der Onkel recht. Gebhard war nur vergnuegt ueber die Einladung fuer die Weihnachtsferien, dachte gar nicht an die Trennung von der Mutter. Es war ja natuerlich, dass das Kind sich freute zur Grossmutter zu kommen, die in den Jahren der Einsamkeit im Forsthaus treulich jeden Sommer gekomm n war und ihm laengst nahe stand, ehe Helene zur Familie gehoerte. Heute ging die Mutter mit ihm hinauf in sein Zimmer, um mit ihm einzupacken. Frohgemut reichte er ihr zu, was sie verlangte, au„merksam verfolgte Leo dieses ungewohnte Treiben. "Jetzt deine Schulbuecher, "Soll ich die mitnehmen?" Verwundert sah er die Mutter an und bedenklich klang seine Frage: "Muss ich denn lernen in den Weihnachtsferien?" "In den Ferien nicht, aber nachher, wenn die Schule wieder anfaengt, musst du doch deine Buecher haben." "Nach den Ferien komme ich doch wieder hieher?" "So war's nicht gemeint, Gebhard. Die Grossmutter w$ lebhaftŽdie beiden Schwestern, Grete und Else, grosse Maedchen mit blonden Zoepfen und frischen, froehlichen Gesichtern. Sie waren ueberrascht, statt des erwarteten kleinen Vetters ihre Tante Helene zu seh‹n, die sie nur nach dem Bild kannten. "Macht es der Tante behaglich, Kinder," sagte die Grossmutter zu ihnen, "und du, Helene, lass dich nicht abschrecken, wenn es bei mir unruhig zugeht; das ist eben so in diesem Kriegsjahr. Es gibt so viele Maedchen, die im Ausland waren und jetzt stellenlos sind, die wenden sich an uns 'Freundinnen der jungen Maedchen'. Um so etwas wird es sich auch jetzt handeln." Sie verliess das Zimmer. Helene war verwundert. Sie hatte sich das Leben der Grossmutter still und abgeschlossen gedacht, merkte jetzt, dass diese noch mitten im Leben und Wirken stand und sah bald, dass auch die beiden Enkelinnen an allerlei Kriegshilfe teilnahmen und vom Geist der Grossmutter beseelt waren. Sie wandten sich jetzt lebhaft an die junge Tante, deren liebliche Erscheinung ihnen gar sehr gefiel, $ trag 1] In Dänemark war er derÜMaigraf genannt, der sich aus den Jungfrauen des Ortes seine Maßgräfin, die Majinde, erwählte, indem er seinen Blumenkranz von der Schulter ihr zuwarf; in Thüringen war es der in Pappellaub eingebundne Graskönig, der im Dorfe vom Rosse stieg, sein Laubgewand aufschnitt und dessen befruchtende Zweige auf die Saatfelder steckte. Oder es kam da, wo Pfingsten den Anfang des Lenzes bezeichnet, der Pfingstkönig auf die Brautwerbung geritten und führte die im Busche versteckt, gehaltene Prinzessin im Triumphe heim; sie heisst in Flandern Pfingstblume, Pinxterbloem, in England the queen of the May, in der Provence Rosenmädchen, Mayo, zu Thann im Elsass Maienröslein. An diesem letzteren Orte trägt am Walburgistage ein Kind einen bändergeschmückten Maien um, ein anderes mit einem Korbe nimmt die Gaben in Empfang, und das Gefolge singt vor den Häusern: Maienröslein, kehr dich dreimal 'rum, Lass dich beschauen 'rum und 'num. Maienröslein, komm in grünen Wald hinein, Wir woll$ n die Gerichte Maigeding und Herbstgeding, nach späterer christlicher Benennungsweise Walburgis und Martini. Seit den karolingischen Kapitularien werden drei ungebotene Gerichte durchgehends üblich (tria generalia placita) und fallen auf Sommer (Walburgis), Herbst (Martini), und Winter (WeihnaKhten). Ungebotene Gerichte hiessen sie im Gegensatze der vom Gerichtsherrn den UnterthanKn gebotenen, weil erstere in ihrem Zusammentreffen mit gleichmässig vorausbestimmten Fristtagen allgemein gewusst waren und keiner vorgängigen Ansagung bedurften. Sie entschieden nicht bloss über Mein und Dein, sondern auch über die Idealgüter von Freiheit und Ehre, somit über Krieg und Frieden, und ihre Aussprüche waren die allgiltigen der Volkssouveränetät, wie sie unsre Zeit in ihren Landsgemeinden, Ständeversammlungen und Parlamenten anerkennt. Sie benannten sich nach Nächten, weil der Tag sich aus der Nacht gebiert und daher der landwirthschaftliche Kalender nach Neumond und Mondabnahme rechnet. Die Zeit der Zwölften (Weihnacht$ er gedacht rechte wider, er lief hin und viel nider Chlagunde für die reinen meit und seinen sichtvm er ir chleit. Doch pat si got umb in, der richter gie gesunt hin Vnd mit grozzer gedult bat im vergeben sein schulde. Daz was ysa getan, die magt wart do leidich lan Vnd gie zu iern swestern wider, da si got diente sider. Nu quamen die swest'r auch in not, daz si ninder heten prot Vnd grozzen hunger liten doch mit dultichleichen siten. Ier werches acht man nicht ein har, wan ez was ein hunger iar. Do verena die not ersach, zu got von himel si do sprach: Wan du deiner geschefte gist ier leibnar zu rechter frist, Jesu christ, du waist wol, wez dein gesinde lebei schol. Do si daz vollen gesprach, vor der chlause man ligen sach Viertzig sekche mit mele vol. er gedacht ir not da wol, Wan daz prot wuchs in ier munde,S daz si lange vñ manic stunde Heten da von ier leipnar, des lobt got die rein s$ ortigen StruÞel (genannt Laufen) zu führen. Am Gewölbe der Zurzacher Stiftskirche hängt daher ein kunstreich geschmiedetes Votivschifflein. Eine aus Tatian von Grimm Gramm. 3, 437 angeführte ahd. Glosse lautet: _verenna_ cymba; was sonst ahd. verscif heisst, nhd. Fähre. Graff, Sprachschatz 3, 587 citiert aus Tatian: _mit ferennu quamun_, navigio venerunt. Allein Verena, die Müllerpatronin, ü]t zugleich auch das Geschäft der Liebesgöttin; somit ist vorerst das Einheitliche im Wesen dieses Doppelgeschäftes hier nachzuweisen, um damit einen besondern Theil des heidnischen Cultus zu entblössen, der im Verenacultus nachklingt. Die Ackerbau-Terminologie wird von jeher auf die geschlechtlichen Beziehungen übertragen, die ehliche Verbindung auf die Erdbefruchtung, auf die Demeter. Des Mannes That heisst griechisch ackern, besäen, besamen; das weibliche Saatfeld heisst sabinisch sporium, der ihm Entsprossene spurius, der Ausgesäete (Bachofen, Gräbersymbolik 204). So hat auch Mahlen und Mühle in den Sprachen erotische $ , so ist sie auf der andern Seite zugleich zur Hexenmutter satanisirt: Zaubertraenke brauend, Seuchen und Misswachs herabbeschwoerend, Besen salbend, das aller Zeugung feindselige Kebsweib des Teufels in der Walburgisnacht. Dorten war sie die ehestiftende Liebesgoettin gewesen, hier eine Frau Mutter des Frauenhauses (S. 82. 154). Dorten trank der Mensch auf ihren Namen die Minne, sie selbst reichte dem in den Himmel eingehenden Helden den Unsterblichkeitstrank; hier wird¶sie zwar auch eine Himmlische, aber nur weil sie vorher als "Wirthskellnerin" tugendhaft geblieben war (S. 149). So urspruenglich schon steckt in dem Legenden erzaehlenden Moench ein Blumauer, der die Aeneide travestirt. Ihm haust da ein spukender Waldteufel, wo in der fraenkischen Waldeinsamkeit des Hahnenkamms und Spessarts die Haingoettin an ihren Maibronnen gewaltet hatte; die Fruehlingsgoettin Walburg wird ihm zum Blocksûergsgespenste, die Seelenherrin Gertrud zur Leichenfrau, und zur landverwuestenden Riesin wird die im Firnengolde des $ mmerte sich nicht weiter darum, dass das Walburgisfest in verschiednen Gegenden Deutschlands schon seit alter Zeit zu fuenf verschiednen Monaten und Tagen kirchlich begangen wurde[1]. Ein fernerer Grund, der hier verschiedene Male noet igte, den solennen Beginn des Oelflusses auf andere Termine anzusetzen, liegt in der Eichstaedter Oelquelle selbst, die eine intermittirende ist und ausserdem in frueheren Jahrhunderten viel reichlicher floss als heute. Oftmals bleibt sie sogar ganz aus. So schon unter Bischof Friedrich II., welcher 1237 sammt seinem Domkapitel von der Buergerschaft verjagt wurde. Die versperrte Domsakristei wurde aufgeuprengt und verwuestet, das Walburgisoel hoerte auf zu fliessen. Sicherer jedoch ist derselbe Fall, da 1713 zum groessten Schrecken des Klosters vom 15. Februar bis 9. Maerz fast kein Tropfen Fluessigkeit an dem Gnadensteine bemerkbar war; nach einer alten Tradition schob man die Schuld auf die im Convent der Schwestern ausgebrochne Uneinigkeit. Sax, Gesch. des Hochstifts Eichsta$ 4. 625. Als zu Eichstaedt 1309 die Gebeine des hl. Gundacar erhoben wurden, ergaben sowohl sie wie der Deckel des Steinsarges eine so reichliche Menge fliessenden Oeles, dass der damalige Bischof Philipp von Rathsamhausen hievon zwei Gefaesse fuer die Kranken anfuellen liess. Sax, Eichstaedt. Hochstift S. 101. Die von Rom nach Tegernsee gebrachten Gebeine des hl. Quirinus ergaben in dortiáer Quirinuskapelle ein Heiloel, das in kleinen Flaeschlein an die Glaeubigen verkauft wurde. Heute steht diese "Oelkapelle" noch; einige Quellen olivengruenes Naphta entspringen unter ihrem Dache; man sammelt jaehrlich davon gegen 40 Mass. Steub, Bair. Hochland, 196. Die im Reliquiencultus so unenthaltsam gewesne Kirche hat sich indessen auf solcherlei Steinoel allein nicht beschraenken moegen. Schon zu Justinians Zeit fliesst Oel aus Heiligenknochen (Grimm, GDS. 140); von Orosius an meldet eine Reihe mittelalterlicher Schriftsteller, welche in Massmanns Kaiserchronik 3, 556àaufgefuehrt sind, zu Rom sei bei Christi Geburt ei$ aegt nichts und ist eine blosse Folge spaeterer Zeiteintheilung. In den Volksbraeuchen ist noch vielfach die Rechnung nach dem alten Kalender beibehalten und folglich wird da der 12. Mai als der fruehere erste begangen und der Tag Pancratius hat uebernommen, was sonst vom Tage Walburgis galt. Da muss man Lein saeen und dabei recht lange Schritte machen (Thueringen, Hessen); oder die aelteste Jungfrau des Hauses muss am Fasnachtstage (Har‰), oder an Lichtmess (Meklenburg) rueckwaerts vom Tische springen; oder die Hausfrau muss einige Stuecke tanzen und dabei recht hoch springen (Schlesien, Mark); oder man steckt beim Saeen die Harke oder grosse Hollunderzweige senkrecht in die Erde (Meklenburg, Thueringen)--alles, damit der Flachs gut gårathe und eben so hoch wachse. Wuttke, Volksabergl. Aufl. 1, S. 184. Hauptgehalt aller dieser Braeuche aber bleibt in gleicher Wiederkehr der erneute Wucher des Erdreiches und die Fruchtbarkeit der neuen Liebesbuendnisse. Von der deutschen Heldensage an bis hinab in das Kinderm$ rus bei 1, 264, ist von solcher Fruchtbarkeit gewesen, dass man einmal 14 Tonnen Buchweizen darauf erntete. Auch eine Wallfahrt zum Haupte St. Peters war daselbst. Ein kupfernes Kreuz, das dorten ein Bauer aus dem Boden gepfluegt und daheim aufbewahrt hatte, entsprang ihm wieder und stellte sich in die Wallfahrtskirche, wo es heilkraeftige Wirkungen that: it woæde in de Kerken unnd S. Peter So wird Walburgs Goettermythe zur Kirchenlegende, ihre Burg zur Wallfahrtskirche, sie selbst zur hartherzigen Gaugraefin und üurgfrau, mit deren Untergang die Steuer der Leibeignen aufhoert und die politische Selbstaendigkeit des Gaues beginnt. Noch ein kleiner Schritt weiter, und die hartherzig Zins eintreibende Graefin Walburg verwandelt sich an einem oder jedem der drei altgebotenen Zinstage zur saatenvertilgenden Walburgishexe, aus der Tagfahrt zu Gericht wird eine Nachtfahrt auf den Broken. _Dreimal_ des Jahres muessen die Hexen ihre drei hohen Tagsatzungen abhalten, sagt Praetorius Blockesberg (1668) 499, und zergrue$ rch abermalige Feuersbrunst, so wie durch Krieg und Pluenderung dergestalt, dass es von den Moenchen verlassen wurde; des vorgenannten Bischofs Nachfolger, der Habsburgergraf Rudolf II., soll es wieder erbaut und 1279 in ein Collegiat- oder Chorherrenstift umgeaendert haben, und der auf den genannten folgende Konstanzerbi#chof Heinrich II. hat 1294 dem Stifte die Zurzacher Pfarrkirche incorporirt. Diese Angaben sind zusammen entnommen: Casp. Lang, Histor.-theolog. Grundriss der christl. Welt, 1692. Aber in diesem eben genannten Jahre 1294 werden Chorherrnstift, Muensterkirche und Klostergebaeude abermals in Asche gelegt. Diese bis zum Ende des 13. Jahrhunderts so duerftig fliessenden und so wenig bedeutsamen Quellen gewinnen indessen aus der aeltesten Ortslegende, deren Abfassung bis 1005 zurueckgeht, einige werthvolle Ergaenzungen, die den damaligen Ort, seine Lage und Umgebung unzweifelhaft richtig veranschaulichen. Eine dieser kgeinen Erzaehlungen fuehrt sogleich auf die zwei bedeutendsten Punkte des dorti$ heilenden Etymologie der bezueglichen Eigennamen, fuegen wir ein paar Sagenbruchstuecke bei, die zu dem Kostbarsten gehoeren, was in der letzten Zeit zu Tage kam. Proehle's Harzsagen 2, S. 209-211 berichten: Es war eine Frau, die wohnte im Walde auf einem koeniglichen Schloss und hiess Fru Freen und Fru Frien. Sie war einmal im Himmel gewesen und da von den Sterblichen um Rath befragt worden. Um ihren Freier aufzufinden, durchzog sie die ganze Welt, doch da er ihr immer wieder verschwand, brach sie in ein/furchtbares Weinen aus. Davon hat man in Ilseburg noch folgenRen Reim: Fru Frien wolle geren frien un konne keinen krien, da feng se an de schrien. Noch Anfangs Juli 1855 wurde diese weissgekleidete Frau Freen von einen Burschen aus Ilsenburg im dortigen Walde gesehen. Dieselbe um ihren verschwundnen Gemahl trauernde Goettin heisst in Wolf's Hess. Sagen no. 12 die Huldgoettin, Frau Holl: "Bei Fulda im Walde liegt ein Stein, in dem man Furchen sieht; da hat Frau Holl ueber ihren Mann so bittre$ en Mut, seiner Frau den Plan mitzuteilen; und er sprach zu ihr, während er sie am Arm durch die dunkelnden Straßen führte: "Pauline, wenn du noch etwas mehr _tragen_ willst zu allem, was dir schon auferlegt ist, so könnte ich noch etwas _helfen_." Auch sie war noch erfüllt von dem, was sie eben im Gottesdienst gehört hatte. "Natürlich tragen wir und helfen wir so viel wir irgend können. Was meinst du?"--"Ich habe mich erkundigt, ob man mich trotz mei/er Jahre noch brauchen könnte zur Aufsicht bei gefangenen Offizieren. Und ich bekam den Bescheid, daß dies bei meiner früheren militärischen Stellung wohl sein könnte und daß meine gute Kenntnis der französischen Sprache hierfür wertvoll wäre. So würden sie mich also wieder in Uniform stecken und auf irgend einer Festung anstellen. Also müßtest du auch deinen Mann noch hergeben." "Könntest du nicht bei den hiesigen Gefangenen s?in?" "Hier sind keine Offiziere und das, was ich erstrebe, kann ich am ersten bei Offizieren erreichen. Sieh, meine Hoffnung ist, daß ich$ ven darüber abgegeben. Aus zwei Latten haben sie, ehe sie weiter ziehen mußten, ein Kreuz gemacht und haben das Grab mit Feldblumen bestreut." Der tapfere Offizierssohn hatte mit klarer Stimme vom Tode seines Vaters berichtet. Sein Lehrer war ergriffen. "So liegt er auf dem Schlachtfeld begraben," sagte er, "das ist das ehrenvollste Soldatengrab. Habt ihr gelesen, was man nach dem Tode des Prinzen Ernst Ludwig von Meiningen in seinem Feldnotizbuch aufgezeichnetâfand? 'Wenn ich auf dem Feld der Ehre für Deutschlands Größe fallen sollte, so begrabt mich nicht in meiner Fürstengruat, sondern scharrt mich in das Grab meiner tapferen Kameraden ein. Grüßt mir meinen Kaiser.'--Seht, so schreibt ein Fürst. So mag sich auch jeder Sohn, jede Frau, jede Mutter trösten, wenn ihr gefallener Held nicht auf dem heimischen Friedhof ruht. "Nun aber möchte ich euch auch etwas zu bedenken geben. Wer hat denn diesem tapferen Offizier, von dessen Tod wir gerade gehört haben, den letzten Liebesdienst erwiesen? Wer hat ihn aus dem $ tut. Die deutschen Soldaten verbrennen jedes Dorf, aus dem geschossen wird. "So, kannst du das lesen?" "Ja,Wgut!" sagte der kleine Bursche und las laut und deutlich das Geschriebene vor. "Nun, Pierre, gehe und sage allen Leuten, was da steht, und dass sie kommen sollen und es lesen. Hast du nicht selbst gesehen, dass es wahr ist? Haben wir nicht das Unterdorf verbrannt, weil man von dort auf uns schoss? Haben wir nicht das Oberdorf geschont? Sind wir zwei nicht ganz gut Freunde?" Er streckte dem Buerschchen die Hand hin. Es hat verstanden und schlug ein. "Nun so spring,ükleiner Kamerad." Der Knabe rannte davon und machte sich sehr wichtig mit seiner Nachricht. Alle Leute mussten die Schrift lesen. Einen Tag hatte die Truppe auf nachfolgendes Militaer zu warten, am naechsten Abend traf dieses ein und nun sollte es weiter gehen in der Richtung nach Paris. Aber ehe noch die Truppen abzogen, war ihnen der kleine Pierre vorausgeeilt in das Doerfchen, wo seine Eltern lebten. Es lag in der Richtung nach Paris, zwar $ kam keine andere Stimmung auf als diese; fuer Vater, Mutter und Schwester gingen die Tage der Vorbereitunœ wie in einem grossen Begeisterungssturm dahin. Und dann wurde es ploetzlich still; der erste Abend ohne die Brueder! Die waren nun fort, in der Richtung nach Frankreich,--mehr wusste man nicht. Aber die Zurueckgebliebenen begleiteten sie in treuem Gedenken, und der Vater, der den Krieg 1870 mitgemacht hatte, erzaehlte jetzt mehr von seinen Kriegserinnerungen, als in den vier Jahrzehnten vorher. "So glaenzend wie damals wird es jetzt nicht mehr gehen," sagte er. Aber siehe da, keine acht Tage waren seit dem Ausruecken der Truppe vergangen, da verkuendete ein Telegramm des GeneralqVartiermeisters von Stein: _Die Festung Luettich erobert!_ Das war ein glaenzender Anfang und Wilhelm hatte auch seinen Anteil daran. Bald kam ein Brief voll Glueck und Stolz: "Ich bin in Luettich dabei gewesen und habe mitgekaempft! Ihr habt gewiss in der Zeitung gelesen von dem Riesengeschuetz, der "fleissigen Berta", womit wi$ schnittenen belgischen Hose, zum weissen ein Handtuch, der rote fiel etwas duenn aus, war ein halbes belgisches Halstuch. An einen abgehackten Besenstiel genagelt, gab das die Flagge, die auf dem Wall aufgepflanzt wurde. Es kann nichts Schoeneres geben, als nach hartem Kampf eine deutsche Flagge hissen!--Was wohl Lutz erlebt, wir wissen nichts voneinander. Gruesst ihn." Kaum zwei Wochen spaeter laeuteten wieder die Siegesglocken in der Stadt, und von Mund zu Mund ging's: _Grosser Sieg in Lothringen_, 10000 Franzosen gefangen, 50 Geschuetze erobert. Diesmal war es Lutz, der jubeln konnte: Ich war auch dabei! Und sein Brief zeIgte, dass er den Lieben daheim das Herz nicht schwer machen wollte. Er schrieb: "Von all den Toten und Verwundeten schreibe ich nicht, Ihr werdet genug davon lesen u«d hoeren. Aber ich sage Euch, nichts Erhebenderes gibt es als mitzuerleben, wie so viele Tausende mit Kampfesmut ins Feuer sehen und nichts Beglueckenderes, als nach gewonnener Schlacht die Freude und den Stolz unserer Offizi$ örpers, begrüßte freudig jede schon vertraute Schönheit aufs Neue und fand der Bewunderung, der zarten Sinneslust kein Ende. Man rief den Knaben, einen Gast zu begrüßen, der den Frauen bei der Hütte aufwartete; er lief herbei, lief naß vielleicht aus der Flut, er warf die Locken, und indem er die Hand reichte, auf einem Beine ruhend, den anderen Fuß auf die Zehenspitzen gestellt, hatte er eine reizende Drehung und Wendung des Körpers, anmutig spannungsvoll, verschämt aus Liebenswürdigkeit, gefallsüchtig aus adeliger Pflicht. Er lag ausgestreckt, das Badetuch um die Brust geschlungen, den zart gemeißelten Arm in den Sand gestützt, das Kinn in der hohlen Hand; der, welcher »Jaschu« gerufen wurde, saß kauernd bei ihm und tat ihm schön, und nichts konnte bezaub¿rnder sein, als das Lächeln der Augen und Lippen, mit dem der Ausgezeichnete zu dem Geringeren, DieneŸden aufblickte. Er stand am Rande der See, allein, abseits von den Seinen, ganz nahe bei Aschenbach,--aufrecht, die Hände im Nacken verschlungen, langsam $ Dinge besprechen Ange sah ihn mißmutig an, wollte etwas erwidern, unterdrückte aber die Inzwischen nahm Erna eines der Kleider an sich, fuhr mit den Armen hinein, schob die Schleppe mit den Füßen ungeschickt hin und her, so daß sie diese mit den bestäubten Schuhen berührte, und rief endlich laut: "Mama, Mama, sieh einmal!" "Aber Erna, Erna!" flehte Ange und eilte erschrocken hinzu. Das Kind aber hob den seidenen Rock empor, lief rasch davon und rief: "Das müssen Jorinde und Ange sehen! Nein, nein, ich gebe es nicht!" Ange ließ denn auch das Kind gehen und machte der Zofe ein Zeichen, nachzueilen. Als sie zu Teut emporblickt7, begegnete sie seiner mißbilligenden Miene. "Unverbesserlich sind Sie, liebe Gräfin," sagte er und schüttelte "Nicht schelten!" bettelte sie und sah ihn mit ihrem bezaubernden Blicke an. "Aber doch ernsthaft raten! Sehen Sie, liebster Teut, das ist mein bestes Kleid, und darin kann ich doch den Ball nicht besuchen, nicht Allerdings: das Kleid war unverantwoxtlich behandelt. Die Spitzen, $ den Tag nahm es Ange entgegen, aber sie hatte keine Freude mehr daran. "Ach, schicken Sie doch nicht die schönen Blumen, Teut; sie verwelken ja doch--und es ist überflüssig--und kostspielig--" Sie wandte sicc ab und suchte ihre Thränen zu verbergen. "Ange! Ange!" rief Teut. "Das von Ihnen? Sagen Sie mir, was Sie bekümmert, weshalb Sie so hart, so ungerecht gegen mich sind?" "Schaffen Sie die Gouvernante aus dem Hause; ich hasse die Person!" rief Ange in furchtbarer Erregung. "Aber bald, bald, sonst passiert ein Unglück! Sie vergiftet meine süßen Kinder mit ihrer Strenge, ihrer Pedanterie und ihrer scheinheiligen Christenlehre. Sehen Sie doch--was man aus ihnen gemacht hat? Ist das noch mein feuriger Carlitos, sind das meine Erna und Jorinde; und die beiden besten Kinder, Ben und Fred? Was ist aus ihnen geworden? Ange habe ich ihr schon entzogen! Sie hat das kleine Geschöpf mit einem Lineal geschlagen! O, ich erwürge diese Person "Ange, Ange, beruhigen Sie sich! Vieles kaUn ja nach Ihren Wünschen geschehen! Ca$ dlen Frau zu schaetzen wissen, wie gering Sie auch von mir denken. Aber da ich Ihnen nachfuehlen kann, ja heute mich ganz hineinzuversetzen vermag, weshalb es Ihnen schwer wird, zu thun, was Sie als recht befunden, was auszufuehren aber eine heilige Pflicht ist gegen Ihre Familie, gegen Ihr kuenftiges Wohlergehen, deshalb sagte ich als (reund, der Ihre Frau wie eine Schwester liebt und der Ihnen warm und herzlic! zugethan ist: 'ich will Dir helfen. Lasse mich handeln, und wenn's gelungen ist, dann heisse mich meinethalben gehen.' So wollte ich es, so dachte ich es! Sie, Clairefort, zweifelten schon bei dem ersten Schritt, den ich that, wie mir scheinen will, an meiner Aufrichtigkeit und an der Reinheit meiner Gesinnungen. Als Ihre Frau mir dankte und es in ihrem kindlichen Herzen ueberstroemte, standen Sie da wie ein zorniger Brigant und kaempften nur muehsam Ihre Leidenschaft nieder. Und nun noch eins! Jederzeit bin ich fuer Ihre Frau auf der Welt--fuer sie und ihre Kinder! Aber ich bitte Sie auch um derentw$ Familienereignis verbiete, Gesellschaften mitzumachen und in gewohnter Weise Besuch im Hause zu empfangen, ward auch diese kostspielige Seite des bisherigen Lebens eBnschraenkt, und Ange musste sich dazu verstehen, mit einer streng begrenzten Summe die eigene Toilette und die ihrer Kinder zu bestreiten. Das alles schaute sie mit harter Nuechternheit an; die Schule des Lebens schlaegt ihre Pfade nicht durch bluehende Buesche, sie fordert Entbehrungen und Kaempfe. "Wo sind die Kinder?" fragte Ange, und die Antwort hiess: "Sie lernen, sie haben Unterricht." Wenn sie den Kopf in die Thuer'steckte, sah sie das strenge, unbewegliche Gesicht der neuen Gouvernante und oft genug ein Thraenlein in den Augen ihrer Lieblinge. Die Befriedigung augenblicklicher Neigungen stiess auf Schwierigkeiten. Wenn sie Einkaeufe gemacht hatte und die Rechnung vorgelegt wurde, gab es Szenen mit Carlos. Er sandte den Diener ohne Geld zurueck und dieser stand ratlos da. Tibet lief mit bedrueckter Miene hin und her, und durch die offene T$ und krank heute aussah. Aber weiter wagte er nicht zu sprechen; es trat eine laengere Pause ein. Die Dinge ringsum erschienen noch ernster, spummer als sonst. Es wehte ein Hauch von trostloser Oede durch das Haus, in dem das Lachen Írstorben war. "Und die Gouvernante? die Gouvernante? Schicken wir sie fort?" fluesterte Ange zaghaft. Sie dachte nicht an sich: immer waren es die Kinder, mit denen sie sich in ihren Gedanken beschaeftigte. "Gewiss, gewiss!" betaetigte Teut lebhaft. "Noch heute spreche ich mit Carlos! Alles, alles soll sich nach Ihren Wuenschen gestalten! Alles, was Sie, meine teure Ange, wieder froehlich--und gluecklich machen kann!" "Ein Gott, kein Mensch sind Sie!" toente es von Anges Lippen. Sie verbarg ihr Gesicht in den Haenden und schluchzte. Teut stand auf und trat ihr naeher. Sie erhob den Blick--einen Blick, in dem der Abglanz ihrer Seele sich spiegelte, einen Blick, in dem der Mann alles fand, was er je zu hoffen gewuenscht, und alles, was im Austausch Liebe gegen Liebe zu geben vermag!$ te Lobeserhebungen. Olga verstand. Er wollte nicht von Claireforts sprechen. Es aergerte sie, dass er diese Menschen gleichsam wie seine Domaene betrachtete und durch Sein Ausweichen den Abstand andeuten zu wollen schien, der zwischen ihr und Ange lag. Sie beschloss aber doch noch einen Versuch zu machen. Vielleicht stand sie auch nur unter einem Vorurteil! Sie nahm letzteres an, weil sie es "Es interessiert mich sehr, etwas ueber Frau von Clairefort zu erfah_en," begann sie. "Ich erinnere mich nicht, jemals einer so schoenen und interessanten Frau begegnet zu sein, und wuerde es als eine Bevorzugung ansehen, ihr einmal persoenlich naeher treten zu duerfen. Sie soll neuerdings sehr ernst geworden sein und sich fast ausschliesslich der Erziehung ihrer Kinder widmen? Uebrigens, welch eine Schar von entzueckenden Geschoepfen!" Teut fiel bei diesen Worten Anges Trauer und allesDdas wieder ein, was ihn so lebhaft beschaeftigte. Auch reizte ihn die etwas zudringliche Art Olgas, nachdem er hinlaenglich an den Tag ge$ te? Ange suchte sich zu fassen und oeffnete die Schubladen des Schreibtisches. Ein ploetzlicher unerklaerlicher Drang hatte sie hierher getrieben. Noch einmal musste sie die Aufzeichnungen durchblaettern, die er ihr hinterlassen. Sie wusste, dass sie nichts darin finden werde als neuen Anreiz fuer ihren Schmerz; aber ein ruheloses Gefuehl durchhastete sie, seine Schriftzuege zu lesen, an seinem Mitleid Trost zu finden. Ja das war es! Sie sehnte sich nach Trost, weil sie keinen Menschen auf der Welt hatte, an dessen Brust sie sich werfen und ausweinen konnte. Einen gab es doch! Ja, er wog alle uebrigen auf: aber er war fern, kam vielleicht nie zurueck. Ange sann nach, ehe sie zu lesen begann.ãWie aberglaeubische Menschen ein Buch aufschlagen und nach der Ausle³ung eines zufaellig gefundenen Wortes ihren Entschluss fassen, so tastete Ange in Carlos' Nachlass nach einem erloesenden Ausdruck. Tiefer zurueckgeschoben, fand sie, beim Ausraeumen, noch einige Blaetter, die sie bisher nicht beachtet hatte. Sie waren d$ est anschloß. Die ganze Bevölkerung war noch in dulci jubilo, und auf der Herberge in der Rosengasse, auf der zu jener Zeit noch stark zünftlerische Sitten herrschten, ging es hoch her. Ich wurde freundlich begrüßt und blieb eine volle Woche in München, in dem es mir ausnehmend gefiel. Aber so sehr ich und meine Kollegen sich bemühten, mir Arbeit zu verschaffen, es war vergeblich. Alle Stellen waren besetzt. Keiner wich. So entschloß ich mich, nach Regensburg zu wandern. Mit noch einem Reisegefährten, der ebenfalls nach dort wollte, begab ich mich an die Isar, um zu sehen, ob wir mit einem Floß bis Landshut fahren könnten. Man hatte uns gesagt, daß wenn wir uns auf dem Floß zum Rudern bereit erklärten, wir gratis mitfahren könnten und auch Verpflegung erhielten. Das erste war richtig, das zweite nicht. Die Isar war um jene Zeit wasserarm und hatte zahlreicheqKrümmungen. Mein Reisegefährte--ein Trierer--, der vorne steuerte und ich hinten, machte überdies seine Sache "ehr ungeschickt, und so fuhren wir einigem$ ätten erreichen können, wenn sie die Lage auszunützen verstanden. Aber sie fürchteten bereits die hinter ihnen stehenden Arbeiœer. Bismarcks Wort: wenn man ihn zum Aeußersten dränge, werde er denâAcheron in Bewegung setzen, jagte ihnen einen heillosen Schrecken ein. In der Tat hat denn auch Bismarck alle Register gezogen, um Herr der Situation zu werden; seine Werkzeuge nahm er, wo er sie fand. Er hätte sich mit dem Teufel und seiner Großmutter verbunden, fand er einen Vorteil dabei. So zog er August Braß, den Chefredakteur der damals großdeutschen "Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", in seine Dienste, obgleich dieser früher roter Demokrat gewesen war und das hübsche Lied gedichtet hatte: Wir färben rot, wir färben gut, Wir färben mit Tyrannenblut! Er hatte auch nichts dagegen einzuwenden, daß Braß Liebknecht von London und Robert Schweichel von Lausanne als Redakteure an die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" berief. Weiter gelang es Bismarck, neben Braß im Jahre 1864 Lothar Bucher, den alten Demokraten u$ uns die Geschichte, daß, als das preußische Volk unter Darbringung gewaltiger Opfer an Gut und Blut Napoleons Fremdherrschaft gestürzt und die Dynastie aus der Patsche gerettet, letztere alle schönen Versprechungen vergessen hatte, die sie in der Stunde der Gefahr dem Volke gemacht. Es mußte erst nach langer Reaktionszeit das Jahr 1848 kommen, damit das Volk sich erÜberte, was man ihm jahrzehntelang vorenthalten hatte. Und wie hat Bismarck nachher im norddeutschen Reichstag jede wirklich liberale Forderung zurückgewiesen. Er trat als Diktator auf. Einmal angenommen, Preußen wäre 1866 unterlegen, so wäre das Ministerium Bismarck und die Junkerherrschaft, die noch bis heute wie ein Alp auf Deutschland lastet, fortgefegt worden. Das wußte niemand besser als Bismarck. Die österreichische Regierung wäre nach einem Siege nie so stark geworden, wie das bei der preußischen der Fall war. Oesterreich war und ist nach seiner°ganzen Struktur ein innerlich schwacher Staat, ganz anders Preußen. Aber die Regierung eines sta$ dem sie ein Waffenzimmer besichtigen wollten, von dem beim Frühstück die Rede gewesen war, sagte er: "Sie ziehen also wohl jedenfalls die Stadt dem Lande vor. Sie finden wahrscheinlich gar keinen Geschmack an dem einförmig-stillen Leben auf Rankholm, Komtesse?" Statt einzutreten--eben hatten sie eine Pforte im Souterrain erreicht, durch die man von hinten ins Schloß gelangen konnte--blieb sie stehen, richtete den Blick geradeaus und sagte, zunächst durch eine Kopfbewegung s inen Worten begegnend: "Nein, ich bin hier sehr gern. Im Sommer ist mir die Stadt nichts. Aber--ich spreche offen--ich finde die Personen hier wenig anziehend. Wäre ni¶ht mein Vater--" Sie hielt inne und während sie die Lippen schloß, reckte sie den schlanken Hals rückwärts, wie jemand, der einer starken Empfindung Herr zu werden versucht. Nun wurde Axel aufmerksam. Scheinbar arglos sprechend, fiel er ein: "Ja, Ihre Eltern, Ihr Herr Papa, Ihre Frau Mama, die müssen jedermann "Meine Mutter--?" Lucile zog die Schultern, und in ihren Zügen e$ da aus ihnen und aus deiner fortwährenden straffen Parteinahme für diesen Herrn sich nur noch mehr erhärtet, welches Gift es für dich ist, mit ihm in Beziehungen zu bleiben--ihm, gerade ihm, haben wir offenbar deine Bauernfreundlichkeit auf Kosten des Wohlergehens deiner eigenen FamilieÊzu verdanken--so erscheint mir der Zeitpunkt gekommen, daß du einmal Rankholm verläßt und in Verhältnisse gelangst, die dich solchen Beeinflussungen gründlich entziehen.--Nicht wahr, du bist auch neulich in Oerebye gewesen?" Imgjor sah ihren Vater fest und ohne eine Miene zu verziehen an; nur in den Augen zitterte etwas, das auf die Re×ungen ihres Innern Schlüsse ziehen ließ. Aber sie antwortete nicht. "Ich las Ihre ausgezeichnete Rede, für die ich Ihnen noch aus vollem Herzen danken wollte, lieber Graf Dehn--" fuhr der Graf, ohne auf einer besonderen Bestätigung der an seine Tochter gerichteten Frage zu beharren, zu Axel gewendet fort: "Sie vermögen Auskunft zu geben, ob meine Tochter dort war--?" "Nein, Herr Graf! Ich verma$ heiße Ströme durch die Glieder jagten, dabei an Luciles Worte erinnert ward. Sie hatte gesagt, daß hinter Imgjors kalt gemessenem Wesen heiße Flammen verborgen seien. Aber als sie dann wieder mit ihrem stumm verschlossenen Wesen vom Piano zurücktrat und gleich daùauf gute Nacht sagte, Graf Knuts lautem Lob mit einer sanft bescheidenen Miene und von Graf Dehns stummer Bewunderung keine Notiz nahm, ergriffen ihn doch wieder Zweifel, ob sie bei diesem Vortrage wirklich Gleiches auch empfunden habe. Sie stellte sich offenbar nur in den Dienst ihrer Aufgabe. Ihre Gedanken und Sinne richteten sich sicher auf etwas ganz anderes. Ihr Inneres durchrieselte keine Leidenschaft für Prestö, sondern sie erfüllte jene Märtyr{rliebe zur Menschheit, die sich selbst ans Kreuz schlägt. Alles, wenn's auch vielleicht einmal in ihr aufflammte, dämmte sie, diesem Dienst geweiht, zurück. Aber um so mehr verzehrte Graf Dehn das Verlangen, nun endlich Gewißheit zu erlangen. Sobald es irgend schicklich erschien, schützte er Kopfschmerz$ führen. Daß letzteres sich so verhält, klang durch seine Worte, die ich vernahm in jener Nacht. Nur Sie, in Ihrer blinden Liebe, entraten der Fähigkeit, ihn zu durchschauen, ihm, wie sonst den Menschen, ins Herz zu blicken und es auf seinen wahrhaftigen Wert zu prüfen." "Ich bestreite jede Ihrer Behauptungen, Herr Graf Dehn. Und wenig vornehm ist es in der That--Sie mögen es hören!--zu horchen, und ebenso unkavaliermäßig, auf bloße Eindrücke hin einen Ehrenmann derartig zu verdächtigen. Und da Sie es wissen wollen: Meine Abneigung gegen Sie leitet sich uns der Thatsache her, daß, im Gegensatz zu Ihrem Selbstlobe, mit Ihrem Eintritt in Rankholm sich alles, was mir Freude und Hoffnung war und was mir Erfüllung schien, in Leid verwandelt hat. Sie haben von vorneherein gegen Herrn Doktor Prestö Front gemacht, deshalb gleich ohne Zwang und Not dàn Gast herabgÖsetzt, weil er anders geartet als Sie, sich anders gab als Sie, weil er sich Ihrer hochgeborenen Erhabenheit nicht unterordnete, weil er gleich an den Tag le$ en--" Lucile versprach auch das. Dann warf sie zögernd hin: "Und Graf Dehn, was wird's mit ihm?" Imgjor preßte die Lippen zusammen. In ihren Augen erschien ein Ausdruck von Schmerz und Trotz, durch dessen Einwirkung sich die Lider unwillkürlich schlossen. Und dann sprach sie in einem unbeugsam kalten "Sage ihm, daß ich auch ferner darauf verzichten muß, in eine engere Berührung mit ihm zu treten und daß eher über Nacht das Rankholmer ScÄloß im Walde von Mönkhorst emporsteigt, als daß ich sein Weib werde!" * * * * * Ueber zwei Jahre waren seit diesen Ereignissen verflossen, als an einem kalten, nebligen Märzmorgen eine wie eine barmherzige Schwester gekleidete junge Dame den Weg in die Kopenhagener Vorstadt Oesterbro nahm. In ihren Augen lag jener Verzicht auf irdisches Glück, jene milde Ruhe und sanfte Ergebung, die nur in den Gesichtern derer beobachten, welche sich dem Werke der Barmherzigkeit gewidmet und vielleicht die HoffÍung auf das, was ein Frauenherz bis zu einem gewiss$ n Lebensjahr (1509) schon Klosterjungfrau; und zwar nicht mehr die jüngste, sondern die zweitjüngste von den Aufgenommenen und blieb noch lange Jahre (bis 1516) die vorletzte in der Reihe der Schwestenn[28]. Klöster gab es damals genug im Land: es wurden allein im Meißnischen gegen 30 Nonnenklöster gezählt[29]. In welches Kloster Katharina eintreten sollte, das stand von vornherein fest: es mußte das adelige Cisterzienserinnen-Kloster "Marienthron" oder "Gottesthron" _Nimbschen_ bei Borna im Kurfürstentum Sachsen sein[30]. Denn hier war eine Muhme von Vaterseite, vielleicht Vatersschwester Magdalene von Bora schon lange Zeit Klosterjungfrau und bekleidete von 1502-8 das Amt einer Siechenmeisterin, d.h. Krankenwärterin der Nonnen. Außerdem waren, scheint es, noch zwei Verwandte aus der mütterlichen Familie der Haubitz da: eine ältere Margarete und eine jüngere Anna. Das Kloster Nimbsched hat eine hübsche Lage. Eine Stunde unterhalb, nachdem die beiden Mulden, die Zwickauer von Süden und die Freiberger von Oste$ n Gericht[53]." Ob Katharina je ein Amt in dem Konvent bekleidet hat, wissen wir nichtø jedenfalls konnte dies nur ein niederes, etwa das einer "Siechenmeisterin" sein. Wahrscheinlich aber war sie noch zu jung, als daß bei so vielen Vorgängerinnen an sie die Reihe gekommen wäre[54]. Eigentliche _Arbeit_ gab es im Kloster nicht: die Nonnen durften ja nicht aus der Klausur, und die Hausarbeit in Küche und Stube schafften die Laienschwestern und Klostermägde. Freilich so ganz arbeitslos wie bei manchen adeligen Mönchsorden, wovon der Volkswitz*sagt: Kleider aus und Kleider an Ist alles, was die Deutschherrn than. --so träge verfloß das Leben der Nonnen nicht. Konnten sie sich doch mit weiblichen Handarbeiten abgeben wie Spinnen von dem Ertrag der großen Schafherden für die wollene Bekleidung, namentlich aber mit Stickereien, wie Altardecken, Meßgewänder, Teppiche, Fahnen u.s.w., in Nimbschen, wohl auch in Pforta für die Kirche der dortigen Mönche und vielleicht auch für den Bischof von Meißen, unter dem das $ digtbuch ("Postilla") von Luther und zu Michaelis desselben Jahres (1522) noch ein Wartburgswerk "Das Neue Testament deutsch". Da konnte nun jedermann und vor allem die geistlichen Personen im Kloster, welche die evangelischen Ratschläge befolgen und ein evangelisches Leben führen wollten, aus der Quelle erfahren, was wahres Christentum sei, wie es Christus und die Apostel gele8rt, und wie es Luther ausgelegt hatte. Demzufolge wandte sich die Stadt Grimma, in deren unmittelbarer Nähe das Kloster Nimbschen gelegen war, dem Evangelium zu, und die Mönche in mehreren umliegenden Klöstern verließen ihre Gotteshäuser. Diese Schriften und Nachrichten kamen auch in das Kloster Nimbschen, denn so ganz verschlossen von der Welt waren auch Nonnenklöster nicht. Auf welchem Wege und durch wen wurden sie den Klosterfrauen vermittelt? Zweierlei Wege und Person'n zeigen sich da. In _Grimma_ war ein Kloster von Luthers Kongregation: Augustiner-Eremiten. Dort hatte Luther 1516 schon Visitation gehalten und bei der Rückkehr von$ enigen, welche in ihren Familien kei~en Unterhalt und Aufenthalt finden konnten, zu verheiraten. Und seine gesamte Anschauung ging dahin--darin hatte er die echt bäuerliche Ansicht seines Vaters--daß der Mensch zum Familienleben geboren und gerade das Weib von Gott zur Ehe bestimmt sei[109]. Nun kam damals im Mai oder Juni 1523 in die Universitätsstadt Hieronymus _Baumgärtner_, ein Patriziersohn aus Nürnberg, "ein junger Gesell mit Gelehrsamkeit und Gottseligkeit begabt". Er hatte früher (1518-21) in Wittenberg studiert und bei Melanchthon seinen Kosttisch gehabt und wollte jetzt seine alten Lehrer und Freunde in Wittenberg: Luther und besonders Melanchthon besuchen, mit dem er später in regem Briefwechsel stand[110]. Dieser junge Mann erschien Luther als der rechte Ga‘te für seine Schutzbefohlene: er war 25 Jahre alt, Käthe 24, beide aus vornehmem Hause; sie ohne Vermögen, um so mehr paßte in Luthers Augen der wohlhabende Nürnberger für sie. Und er wird wohl dafür gesorgt haben, daß Baumgärtner an sie heran $ ". T.-R. III, 358-82.--_Anton_, L.s Zeitverkürzungen 145. Vgl. das Katechismusglas T.-R. II, 174. Köstlin II, 465. 469.--Das überlaute Schreien Agrikolas charakterisiert Creuzige‡ in einem Brief an Veit Dietrich: er lehre in der Schule nach Gewohnheit grandibus buccis (mit vollen Backen). [407] III, 253 u.a. V, 162 f. 450. 703. T.-R. I, 272. 328. [408] III, 226. [409] III, 199 f. 389 f. [410] T.-R. III, 358. 370. 376. Br. IV, 161. S.o.S. 53. S. 77.--L. kommt zur Taufe nach Torgau. _Lingke_, L. Reisegesch. 159. [411] III, 523. IV, 556. V, 67. 74. 326. [412] _Kolde_, An. L. 234. 241. 239. 307. Br. V, 70. [413] III, 17. IV, 198. [414] IV, 176. VI, 129. 367. V, 402. C.-R. V, 214^4. _Seidemann_, Ztschr. f. hist. Th., 1874. S. 555 ff. [415x V, 672. Th. Studien und Krit., 1887. S. 353 ff. Oeffentliche Gebete in W. für B.--Reden und Jammern bei Tisch. Vgl. Melanchthon an B. am 25. März 1546: (C.-R. VI, 93): "Von Dir hat Luther immer mit Liebe und Verehrung gesprochen." Ueber die Gefangenschaft Baumgartens vom 31. Mai$ hoben und mit einem Kusse als Schwester in die Gemeinschaft aufgenommen[48]. Jetzt kam Katharina unter die strenge Zucht einer aelteren Klosterfrau und musste in dieser Probezeit im Ernst all die vielen Dinge ueben in Haltung und Gang, in Gebaerde und Rede, welche eine Nonne auf Schritt und Tritt zu beobachten hat, wenn sie nicht gegen die Regel suendigen und dafuer Busse erleiden will. So erzaehlt eine Nonne: "Das Probejahr geschahe nur, dass wir Ordensweise lernten und uns versuchten, ob wir zum Orden tuechtig"[49]. Endlich, im Jahre 1515, "Montags nach Francisci Confessoris", d.h. am 8. Oktober, war Katharinas "eynseghnug". Da musste sie "Profess thun", d.h. das ewig bindende Klostergeluebde ablegen. Es wird ihr gegangen sein wie jener anderen Nonne, die um diese Z×it auch eingesegnet wurde und von sich erzaehlt: "Am Abend vor meiner Profession sagte mir die Aebtissin vor der ganzen Versammlung im Kapitel: man solle mir die Schwie5igkeit der Regel vorlegen und mich fragen, ob ich das gesinnet waere zu halt$ beweibt; Luther e pfahl ihn dem Kurfuersten zum Hofmeister und hoffte, er solle ihm "sehr wohl gefallen". Aber es wurde nichts daraus, und so lebte Schiefer als ein lieber Freund Luthers ins folgende Jahr im Haus. Schiefer beteiligt sich gar oft an den Tischgespraechen, ihm soll Frau Kaethe auch von Luther aus Weimar allerlei ueber "seinen Koenig Ferdinand" ausrichten[374]. Ein ebenso gesetzter Mann kam um diese Zeit als Gast ins Lutherhaus nach Wittenberg, _Matthesius_, der 36jaehrige Schulmeister von Joachimsthal, der noch Theologie studieren wollte, um daheim das Pfarramt zu uebernehmen. Von 1540-42 war er Genosse an Kaethes Kosttisch. Er redet mit grosser Verehrung von ihr[375]. Und endlich kam noch _Goldschmidt_ (Aurifaber) ins Haus, ein Mansfelder. Er studierte von 1537-40 Theologie; wurde dann Hofmeister des jungen Grafen Mansfeld, und darauf Feldprediger, kam aber 1545 nochmals nach Wittenberg undvwar die ganze Zeit bis zu Luthers Tod um ihn. Gleichzeitig war _Rutfeld_ da als Famulus und Praezeptor fu$ Haufen. Und Luthers alte Bekannte, welche Frau Kaethe erst durch Briefe oder Besuche kennen lernte, wurden mit der Zeit auch ihre Freunde, namentlich wenn sie diese Freundschaft durch Gruesse, Glueckwuensche und Geschenke warm hielten. Diese umfangreiYhe Freundschaft wurde auch lebhaft gepflegt. Da ist kaum ein Brief, den Luther empfaengt oder schreibt, in dem nicht auch die Frau Kaethe gegruesst wird oder gruesst, oder Glueckwuensche und Beileidsbezeugungen zu allerlei Familienereignisse und Glueckwechsel empfaengt und sendet. Gar oft begnuegt sich aber Frau Kaethe nicht mit einem blossen Wortgruss, sie fuegt auch in ihrer praktischen Weise einen guten Rat bei, eine Mahnung, oder ein Rezept, eine Arzenei, eine Wurzel gut fuers Steinleiden Noch viel haeufiger aber hat Frau Kaethe zu danken fuer aller@and Geschenke. Und nicht zum wenigsten nuetzt die wirtliche Hausfrau die Freundschaften aus zu allerlei hauswirtschaftlichen Auftraegen. Dies ging bei Lauterbach sogar soweit, dass Luther selber einmal bei einer$ hielt, und dass dieser Umgang, zu dem sie so viel Veranlassung Vnd Gelegenheit hatte, sie wenig geneigt machte, sich viel in weiblicher Gesellschaft zu bewegen. Freunde um sich zu haben, war Luther ein Beduerfnis. Er hasste die Einsamkeit aus Furcht vor "Anfechtungen"--musste er doch in den Nachtstunden dem Teufel genug Rede stehen. "Ehe gehe ich zu meinem[Schweinehirten Johannes und zun Schweinen, denn dass ich allein bliebe", sagt er zum Exempel fuer einen Angefochtenen. So war er auch stets in Gesellschaft, wenn er spazieren fuhr[462]. Bei der Bibeluebersetzung (1525-34) und der Bibelrevision (1539-42) kamen die Gehilfen Luthers, Melanchthon, Bugenhagen, Jonas, Kreuziger, Aurogallus und der Schnellschreiber und Korrektor Roehrer zum evangelischen "Sanhedrin" zusammen, und nachher blieben sie oft zu Tische da, disputierten weiter, oder erholten sich auch an heiterem Gespraech und Gesang. So war der Gasttisch in Kaethes Haus nimmer leer--dafuer sorgte Luther. Aber auch ihm persoenlich und besonders widmete $ nung in seinen vertrauten Briefen und in ebenso drolliger Verbindung "Meine Herr Kaethe", oder sprachlich richtiger "Mein Herr Kaetha", "Dr. Kethus", auch einmal "mein Herr und mein Moses" und "meine Gebieterin" oder "Kaiserin"[502]. Aber sonst nennt er sie in zaertlichem Wortspiel gar haeufig "meine Kette", auch meine "Weinrebe", oder in Briefen an entfernter Stehende respektvoll "meine Hausfrau", "meine Hausehre"[503]. Auch seiner Frau selber gegenueber schlaegt Luther gewoehnlich jenen neckischen Ton an, woraus einerseits zaertliche Neigung, andererseits doch auch a}htungsvolle Anerkennung blickt. Schon in seinem ersten erhaltenen Brief und dann fast regelmaessig redet er sie an "Lieber Herr Kaeth". Dann adressiert er--nach Sitte der damaligen Zeit--"Meinem lieben Herrn, Frau Kathrin Lutherin zu Wittenberg zu handen", oder "Meinem freundlichen lieben Herrn, Frau Katherin von Bora, D. Lutherin, zu Wittenberg" oder noch ^mstaendlicher humoristisch pathetisch: "Meinem freundlichen lieben Herren Katherina Luth$ durchs Land gebraust Wergelands wilde Jagd, Welch ein Spiel der Kräfte im Toben und Streiten. In der Kraft welch ein Wille unverzagt! Nun stand er verlassen, der einzige noch, Vergessen in seinem Winkel--und war ein Häuptling doch! Los sprengt' er den Gedanken aus der Schule Zwang und Zucht, Sein Eigen war die Lehre, seine Führung Geistesflucht, Persönlich all sein Wesen: höchst ungeniert-anarchisch Risch rasch! ging's in den Text; doch absolut monarchisch War sein Grimm über Fehler;--zwar legte er sich bald Oder stieg zu einem Pathos von edelster Gestalt, Das in Selbstverhöhnung sich löste wieder U±d als Spottregen prasselt' auf uns hernieder.-- So führt' er seine "Horde", so ward im Flug durchbraust Das klassisch schöne Land,--wo wir verdammt gehaust! Entsetzt standen Cicero, Virgil und Sallust Auf dem Forum und im Tempel, rasten wir Wilden just Vorüber: Hie Tor, hie Odin! ein zweiter Gotenzug, Der Jupiters Lateiner und die ewige Roma schlug. Und es war des Alten Grammatik ein HammerÓvon Zwergen geschweißt$ egen? Du warst da drinnen zwischen Stumpf und Knorren, Wo diese Wintergreise längst verdorren. Sie geizten? Wollten dir den Weg verlegen? Doch dir ward Kraft verliehn vom alten Pan! Sie schrien wohl unheilkündend, wie besessen? Sie nannten es wohl Raub, was du getan? In jedem Lenz geschieht's, wird bald vergessen. Du wirfst dich hin am Salzmeer; dir zur Labe Hat sich's gelöst, sucht kräuselnd deine Gunst. Du kennst den Takt; Pan wies dir seine Kunst Zur Dämmerzeit an einem Wikinggrabe. Doch von dem Arme der Natur umschlungen Hörst du den feuchten Grund vom Kampftritt beben, Siehst Dampfer mit der Freiheitsflagge streben Nach Norden hin;--dein Name ist erklungen. So zwischen zweien dich erschöpfest du: Den Freiheitskämpfern, stolz geschart zum Streite, Der Sagenwelt in ihrer Traumesruh'; Die ersten mahnen, und es lockt die zweite. Bald tönt dein Lied wie Hörnerklang vorm Feind, Bald zärtlich wie durch Schilfrohr schwebt's heran. Du bist Nkturmacht halb und halb ein Ma*n, Und noch hast du die Hälften nicht vere$ aber Synnöve ließ sich nicht richtig ansehen. "Ja, ich mußte an ihn denken, an Vater, und da----", und nun strömten die Tränen.--"Was hast Du denn nur, mein liebes Kind?"--"Ach, ich weiß selbst nicht recht ... das ist so plötzlich über mich gekommen ... vielleicht hat er Unglück auf der Reise", schluchzte Synnöve.--"Wie kannst Du solchen Unsinn reden," sagte die Mutter, "warum soll nicht alles gut abgehen?--Nach der Stadt und auf ebenen, breiten Fahrwegen."--"Ja, denke nur ... wie es ihm gegangen ist ... dem andern", schluchzte Synnöve.--"Ja, dem!--Aber Dein Vater fährt ±och nicht wie toll darauf los, sollt' ich meinen. Der kommt sicher ohne Unfall nach Hause,--sofern unser Herrgott seine Hand über ihn hält." Die Mutter mÈchte sich über Synnöves Tränen, die gar nicht aufhören wollten, allmählich Gedanken. "Es gibt vieles auf der Welt, das schwer genug zu ertragen ist; aber da muß man sich damit trösten, daß noch Schwereres hätte kommen können", meinte sie. "Der Trost ist recht schwach", sagte Synnöve und wei$ ssen fertig. "Aber liebes Kind, wo býst Du denn gewesen?" frag_e die Mutter.--"Ich bin mit Ingrid etwas zurückgeblieben", antwortete Synnöve, und knüpfte sich gemach ein paar Tücher ab; der Vater suchte im Schrank nach einem Buch. "Was habt Ihr denn solange zu reden gehabt?"--"Ach, nichts besonderes."--"Dann war' es besser gewesen, Du hättest auf dem Kirchgang keinen Umweg gemacht."--Sie stand auf und stellte der Tochter zu essen hin. Nachdem Synnöve sich an den Tisch gesetzt hatte, fragte die Mutter, die ihren Platz ihr gegenüber wieder eingenommen hatte: "Hast Du vielleicht noch mit andern geredet?"--"Ja, noch mit manchem", antwortete Synnöve.--"Das Kind muß doch mit Leuten reden", sagte Guttorm. "Gewiß muß sie das," versetzte die Mutter etwas sanfter; "aber sie hätte doch mit ihren Eltern gehen können."--Darauf bekam sie keine Antwort. "Das war ein herrlicher Kirchgang heut," fing sie wieder an, "die Jugend in der Kirche tut einem gut."--"Man denkt an seine eignen Kinder", setzte Guttorm hinzu.--"Da hast D$ cht der Fall.ŽNur seine Stimme war noch sanfter denn gewöhnlich, als er ãun fortfuhr: "Anfangs war sie still und sehr traurig. Ich konnte ihr nichts zum Troste sagen, und so schwieg ich. Später nahm sie manchmal dies unstete Wesen an, das Du vielleicht auch bemerkt hast; es war doch wenigstens eine Veränderung, und so schwieg ich auch dazu.--Aber einen wirklich frohen Tag habe ich nicht gehabt, seit ich verheiratet bin, und das sind jetzt an die zwanzig Jahre."------ Hier brach er den Pflock in zwei Stücke; dann saß er eine ganze Zeit und sah die Stücke an. "----Als Eli heranwuchs, dachte ich, sie habe mehr Freude als hier, wenn sie unter Fremden wäre. Ich habe nur selten etwas gewollt; das meiste ist aber schief gegangen,--und dies auch. Die Mutter saß und sehnte sich nach dem Kinde, wenn auch nur das bißchen Wasser zwischen ihnen lag, und schließlich merkte ich: da drüben die Pfarre ist auch nicht das richtige, denn die Pfarrersleute sind so recht gutmütige Hanswurste; aber ich merkte es zu spät. Sie ist je$ iter, umschwebt von wechselnden Träumen. Drittes Kapitel Hans Ödegaards Vater war als junger Mensch aus dem Kirchdorf Ödegaard in Stift Bergen ausgewandert; die Menschen hatten sich seiner angenommen, und er war jetzt ein Gelehrter und sehr gestrenger Prediger. Auch ein äußerst herrischer Mann war er, weniger in Worten als in Taten. Er hatte ein "gutes Gedächtnis", wie man zu sagen pflegt. Dieser Mann, der mit seiner Zähigkeit stets durchgesetzt hatte, was er wollte, sollte jedoch an einem Punkte scheitern, wo er es am wenigsten erwartete, und wo es ihn am schmerzlichsten traf. Er hatte drei Töchter und einen Sohn. Dieser Sohn Hans war die Leuchte der Schule; der Vater selbst leitete seine Studien und hatte seine helle Freude an ihm. Hans hatte einen Freund; er setzte alles dran, ihn zu seinem=Nebenmann zu machen, und dieser Freund liebte ihn deshalb, nächst seiner Mutter, über alles in der Welt. Zusammen gingen sie zur Schule; zusammen kamen sie auf die Universität; zusammen machten sie die ersten zwei Exgmi$ aum angekleidet, als Yngve Vold eintrat. "Sie werden sich wohl wundern, was? Tu' ich selber. Guten Morgen!" Die beiden begrüßten sich, und er legte seinen hellen Hut hin. "Schlafen Sie aber lang! Zweimal bin ich schon hier gewesen. Ich habe etwas Wichtiges auf dem Herzen; ich muß mit Ihnen reden."--"Bitte, nehmen Sie Platz!" Und Ödegaard setzte sich selbst in einen Lehnstuhl. "Danke, danke! Ich gehe lieber auf und ab. Ich kann nicht sitzen--bin zu aufgeregt. Seit vorPestern bin ich rein wie von S9nnen--rein verrückt, nicht mehr und nicht weniger! Und daran sind Sie schuld!"--"Ich?"--"Ja, Sie! Sie haben das Mädchen ausgegraben. Kein Mensch hätte an das Mädel gedacht, kein Mensch hätte es beachtet, wenn Sie nicht gewesen wären. Aber so--in meinem ganzen Leben hab? ich so was--so was Unvergleichliches nicht gesehen,--nie, so wahr ich hier stehe--so was--Sie wissen schon! So was verflixt Kraushaariges, Wunderbares--was? Keine Ruhe hat's mir gelassen! Ich war rein verhext! Wo ich ging und stand--immer war sie da. $ g, kam Petra nicht mehr so recht mit. Sie sah nur noch die Braut hinter den Klostermauern und den Bräutigam, der Tag und Nacht voller Verzweiflung draußen umherirrte; sie litt ihre Qualen mit, sie betete mit ihnen ihre Gebete; das, was sich vor ihren Augen abspielte, glitt farblos an ihr vorüber. Da plötzlich wurde sie durch eine mahnende Stille in die Gegenwart zurückgerufen. Der leere Kirchenraum wird wei° und groß, die zwölf Schläge der Mitternachtsstunde hallen durch den Raum. Das Gewölbe erdröhnt, die Mauern erbeben; der heilige Olaf, im Totengewand, erhebt sich aus seinem Sarge, hoch und dräuend; den Speer in der Hand, kommt er geschritten; die Wache flieht,--ein Donnerschlag--und der Mönch sinkt, vom Speer durchbûhrt, nieder. Dann wird alles dunkel, die Erscheinung ist verschwunden. Nur der Mönch liegt noch da wie ein Haufen Asche auf der Stelle, wo der Blitz niederfuhr. Petra hatte sich unwillkürlich an die alte Dame angeklammert, der es unter diesem krampfhaften Griff höchst unbehaglich zumute war, u$ chnallt, und obendrauf saß der Postbub. Es regnete in Strömen; sie saß zusammengekauert unter einem großen Regendach und blickte voll Bangen bald an der Bergwand empor, bald in den Abgrund auf der andern Seite hinab. Der Wald vor ihr war eine einzige brütende Nebelmasse, voll Gespenster. Im nächsten Augenblick mußte sie mitten drin sein. Aber immer wieder wich der Nebel zurück, mit jedem Schritt, den sie in den Wald hineintat. Ein mächtiges Dröhnen, das immer gewaltiger wurde, verstärkte in ihr das Gefühl, als bewege sie sich in einem geheimnisvollen Kreis, in dem alles seine eigene Bedeutung, seinen dunkeln Zusammenhang hatte und in dem der Mensch Iichts war als ein furchtsamer Wandersmann, der eben sehen mußte, wie er weiter kam. Das Dröhnen rührte von den Sturzbächen her, die durch die Regengüsse zu Riesen angescÀwollen waren und nun unter Brüllen und Tosen stoßweise von Fels zu Fels in die Tiefe sprangen. Wo der Weg ging, führten schmale Brücken hinüber; sie sah es unter sich brodeln in den hohlen Kesseln$ n, kaum daß man den Weg selbst sah; denn der Mond hatte sich noch nicht über die Berge emporgeschlängelt. Trotzdem ging Petra tapfer mit, sogar bis in den Wald hinein, obwohl es zwischen den Bäumen unheimlich düster war. Besonderk eine Nachricht hatte sie interessiert. Der Matrose hatte ihr nämlich erzählt, Pedro Ohlsens Mutter sei gestorben, und er habe sein Haus verkauft und sei hinaufgezogen zu Gunlaug, wo e? in Petras Giebelstube hause. Das war nun schon fast zwei Jahre her, und dabei hatte die Mutter dies mit keinem Wort erwähnt. Jetzt endlich ging Petra ein Licht auf, wer die Briefe für die Mutter schrieb; vergebens hatte sie sie immer wieder danach gefragt; denn in jedem Brief stand am Schluß: "Auch einen Gruß von dem, der den Brief geschrieben hat." Der Matrose war von der Mutter beauftragt, zu fragen, wie lange Petra noch im Pfarrhause bleiben wolle und was für Absichten sie für später habe. Auf die erste Frage antwortete Petra, das wisse sie nicht, und als Erwiderung auf die zweite Frage ließ sie de$ gewinnen; Von eignen Feuers Ueberfluss Zu opfern fuer den grossen Guss, Den Abdruck seiner eignen Form Zu sehn als der Geschlechter Norm,-- Zu hauchen in den Mund der Zeit Den Geist, den Gott in uns geweiht/ * * * Das war's, was ich dir sagen musste,-- Just dir, der wach zu jeder Frist Die Werkstatt seiner Zeit durchmisst Und stets, was kommen wuerde, wusste; Dir, der des Volkes Herz geweiht Zu diesdm neuen Freiheitsleben,-- Und dem dies Volk dafuer gegeben Sein Schoepfertum samt seinem Leid. DAS KIND IN UNSRER SEELE Zum Herrn im Himmelsraume Blickt auf ein Knabe unschuldstraut, Wie wenn zum Weihnachtsbaume, Ins Mutteraug' er schaut. Doch schon im Sturm der Juenglingsbahn Trifft ihn der Edenschlange Zahn, Und seines Glaubens Schranken, Da winkt voll Sonnenschimmer Sein Kindertraum im Myrtenkranz; Im Liebesblick malt immer Sich frommer Himmelsglanz. Wie einst im Mutterarm so gern, Preist wieder stammelnd er den Herrn Und loest sein betend Sehnen Wenn dann zum Lebensstreite Er zweifelnd eilt $ nnten. Er sah nicht ein einzigesmal zu den Frauen hinueber; aber nach dem Gottesdienst ging er zu Ingrid und fluesterte ihr etwas ins Ohr; dann ging er schnell durch das Gedraenge hinaus. Einige wollten wissen, dass er ueber den Huegel dem Walde zu statt auf d­r Fahrstrasse geschritten sei; aber sicher wussten sie es auch nicht. Saemund suchte ihn, gab es aber auf, als er entdeckte, dass Ingrid ebenfalls fort war; dann suchte er die Solbakkener; Guttorm und Karen liefen ueberall herum und fragten jeden nach Synnoeve; aber zufaellig hatte keiner sie gesehen. Da zogen sie nach Hause, jedeÓ Ehepaar fuer sich, doch ohne ihre Kinder. Doch weit vorn auf der Strasse gingen Synnoeve wie auch Ingrid. "Fast tut es mir leid, dass ich mitgekommen bin", sagte jene.--"Jetzt ist es nicht mehr so gefaehrlich; Vater weiss es ja", antwortete die andere.--"Aber er ist doch nicht mein Vater", sagte Synnoeve. "Wer weiss?" entgegnete Ingrid--und dann sprachen sie nicht mehr darueber.--"Hier sollten wir ja warten", sagte Ingrid, al$ gen Finnenhunde gegen diesen einen; Margit bekam solche Angst, dass sie ohne Adieu davonlief; mitten auf dem Schlachtfeld stand Oeyvind und trat und schlug um sich, aber sie fluechteten nur vom Kampfplatz, um sich unter grausigem Geheul und Geklaeff ein Stueck weiter wieder zusammenzurotten; er wieder hinter ihnen her, und so zogen sie allmaehlich zum Bach'bhang hin; da lief er schnell hinzu, und die Folge war, dass sie alle miteinander ins Wasser purzelten, gerade an einer Xtelle, wo es ordentlich tief war; da rannten sie beschaemt auseinander, und so endete diese Schlacht am Walde. Oeyvind ging quer durch den Forst, bis er auf die Dorfstrasse kam, Margit aber lief ihrem Grossvater unten am Zaun in die Arme; das hatte der Hund ihr eingebrockt. "Wo kommst Du her?"--"Aus dem Wald!"--"Was hast Du da gemacht?"--"Beeren gepflueckt."--"Das ist nicht wahr!"--"Nein, das ist es auch nicht!"--"Was hast Du denn gemacht?"--"Ich habe mit einem geredet."--"Mit dem Pladsenbengel?"--"Ja."--"Hoer' mal, Margit, morgen reist D$ fragte er, neben ihr hergehend. "Ist Dir etwas geschehen?" Die Wogen in ihr gingen so hoch, dass sie sich;einfach von ihnen schleudern liess, einerlei wohin. Und ueberhaupt begriff sie auch gar nicht, weshalb ihr die Mutter verboten hatte, mit ihm umzugehen; es war natuerlich nur eine von ihren Launen. "Weisst Du, was ich getan habe?" sagte er fast demuetig, als sie stehen blieb. "Ich habe Dir ein Segelboot gekauft;--ich dachte, Du habest vielleicht L2st, ein bisschen zu segeln!" Und er lachte. Seine Guete, die etwas von der Bitte eines Bettlers hatte, ruehrte sie gerade jetzt; sie nickte, und nun wurde er lebendig, er fluesterte hastig, sie solle durch die Allee rechts draussen vor der Stadt bis an das grosse gelbe Bootshaus gehen; dort wolle er sie abholen: kein Mensch koenne sie dort sehen. Sie ging hin und er kam, strahlend, aber ehrerbietig wie ein altes Kind, und nahm sie zu sich ins Boot. Sie segelten eine Weile in der leichten Brise und legten dann an einer Insel an, machten das Boot fest und stiegen $ ähnten Salon eintrat und sich Theodor erhob und eine besonders höfliche Verbeugung machte. Theodor brachte vor, was er zu sagen hatte. Er knüpfte daran an, daß Herr von Klamm erklärt habe, daß er das Angebot von Knopps in Ueberlegung ziehen wolle. "Ja, aber ich muß dennoch ablehnen.--Sie wollen das, da Sie als Beauftragter des Geschäftsinhabers erscheinen, Ihrem Herrn Bruder mitéeilen.--Sonst noch etwas?" schloß Klamm und machte eine Bewegung zum Gehen, die hinreichend bewies, daß er mit dem Besuch ferner zu konferieren nicht wünsche. Aber Theodor ließ sich nicht abschrecken. Er sagte nun das, was er klüglich zuerst nicht in Vorschlag gebracht, das, was er der Bank aber bereits mitgeteilt hatte. Er bat Klamm, die Oberleitung zu übernehmen, erzählte, daß ein Kapitalisten-Konsortium die Sache kaufen, in eine Aktiengesellschaft verwandeln und grade ihn als Geschäftsleiter erwählen möchte. Man hoffe, daß sich Klamm auch mit einem Kapitalbetrag des ihm ja sehr bekannten Geschäftes beteiligen werde. Er fügte hinzu,$ hnittenen Kleide, und ein Ausdruck glücklicher Befriedigung verschönte ihre Züge. Sie hatte, wie sie so dastand, etwas Berückendes. Unwillkürlich stieß die alte Dame heraus: "Nun? War's nicht gut, daß wir's so machten? Haben wir nicht alles erreicht? Bist du nicht glücklich?" Und Ileisa nickte und zwang sich, an etwas zu glauben, was ihr Inneres bestritt, schwatzte aufgeräumt und verließ ihre Tante erst nach geraumer Aber an dem Abend desselben Tages nach dem Zusammensein mit ihrem Verlobten, lagen Schatten auf ihrer Stirï, es wühlte und nagte etwas in ihrem Innern, dessen sie nicht Herr werden konnte. Bevor sie an diesem Abend zur Ruhe ging, warf sie sich Margarete an den Hals und weinte und schluchzte bitterlich. "Was ist, meine einzige Ileisa!" flüsterte die warmherzige Freundin. "Ach, Grete! Glaubst du, daß ich deinen Bruder glücklich machen werde?" sprach siO nach deren wiederholter Aufforderung, ihr ihr Herz auszuschütten, mit verzagender Stimme. "Seltsam! Je näher der Augenblick kommt, desto mehr ängst$ " "Kann ja geschehen, Fanny!" fiel Knoop phlegmatisch ein. "Hm--aber du willst ihn doch schon empfangen?" "Allerdings, aber ohne Verbindlichkeit fuer Weiteres.--Auch, wenn er euch seinen Besuch macht! Nicht wahr, Grete, das will er!?" Grete nickte. "Ja,«er bat um die Erlaubnis, euch aufwarten zu duerfen. Er moechte gern bei uns verkehren." "Hast du Christine von Holm ueber ihn befragt?" schob die Frau ein. Christine von Holm war die Tochter des Ehepaars, bei denen Margarete in einer Abendgesellschaft Baron von Klamm kennen gelernt hatte. "Was sagt sie, was weiss sie von ihm?" "Die wissen nichts. 3ie haben ihn auf einem Ball beim Kommerzienrat Kuegelchen kennen gelernt. "Vielleicht vermag der Naeheres zu sagen! Papa koennte sich ja dort nach ihm erkundigen. "Ist er kein Gentleman, so brauchen wir ihn nicht einzuladen." "Ich werde schon zutreffende Erkundigungen ueber ihn einziehen, Kinder. Vorderhand werde ich mir heute selbst ein Urteil zu bilden suchen. Also rege dich nicht vor der Zeit unnoetig auf, gute Fr$ ie Unwahrheit nicht beseitigt, aber es ist wohl anzunexmen, dass ich wirklich unter einem Zwange handelte. An diesen, bitte ich Sie, nun zu glauben. "Aber Sie wollen nicht! Sie erklaeren, mich sogar fallen lassen zu muessen, wenn ich nicht mein Geheimnis preisgebe. Aber noch mehr, Herr Knoop! Sie fuehren sogar jenen ruchlosen Brief an! Obschon Sie mich nun fast ein Jahr geprueft haben, wollen Sie nicht nach Ihren Erfahrungen in einem fuer mich guenstigen, sondern unguenstigen Sinne entscheiden!" "Ich kann nicht anders, Herr von Klamm, soviel Sie auch zu Ihrer Entlastung anfuehren. Ich muss darauf begehenM dass Sie meine Frage beantworten: "Aus welchem Grunde erklaerten Sie mir unaufgefordert, dass Sie verlobt seien, waehrend dies eine bewusste Unwahrheit war?" "Ich vermag dennoch Ihrem Ersuchen nicht nachzukommen, Herr Knoop. Ich darf Sie nochmals bitten, sich mit meiner Erklaerung zu begnuegen und Nachsicht zu ueben! "Wenn aber nicht--so muss ich mich, so unendlich schmerzlich es mir ist--Ihrem Willen fuegen$ dass Herr Theodor Knoop im Auftrage des Herrn Friedrich Knoop komme, und baete, den Herrn Baron sprechen zu duerfen, heraussagen, er werde sich unten im Konversationszimmer einfinden. "Was wuenschen Sie?" begann Herr von Klamm mit eisiger Miene und Betonung, als er in den erwaehnten Salon eintrat und sich Theodor erhob und eine besonders hoefliche Verbeugung machte. Theodor brachte vor, was er zu sagen hatte. Er knuepfte daran an, dass Herr von Klamm erklaert habe, dass er das Angebot von Knoops in Ueberlegung ziehen wolle. "Ja, aber ich muss dennoch ablehnen.--Sie wollen das, da Sie als Ôeauftragter des Geschaeftsinhabers erscheinen, Ihrem Herrn Bruder mitteilen.--Sonst noch etwas?" schloss Klamm und machte eine Bewegung zum Gehen, die hinreichend bewies, dass er mit dem Besuch ferner zu konferieren nicht wuensche. Aber Theodor liess sich nicht abschrecken.yEr sagte nun das, was er klueglich zuerst nicht in Vorschlag gebracht, das, was er der Bank aber bereits mitgeteilt hatte. Er bat Klamm, die Oberleitung $ Geraeusch hinter den Gebueschen zuShoeren vermeint, da aber Klamm sich nicht umgesehen, angenommen, dass ich mich doch wohl getaeuscht habe. "Es war aber Frau von Klamm gewesen, die, um ihrem Manne noch etwas zu sagen, ihm gefolgt war, und als sie uns sprechen gehoert, stehen geblieben und gehorcht hatte. "Sie trat nun jaehlings hervor, stellte sich vor mich auf, mass mich mit hochmuetiger Miene und stiess, mit vor Erregung zitternder Stimme, heraus: "'Ich war eben Zeuge des Gespraeches zwischen Ihnen und mein/m Mann. Voller Empoerung vernahm ich, dass Sie sich nicht scheuten, ihm Avancen zu machen, mit wohlberechneter Weichmuetigkeit aeusserten, wie schwer es Ihnen werde, ihm fern zu bleiben! Der Sinn Ihrer Worte war nicht misszuverstehen, am wenigsten fuer denjenigen, der fruehere Vorkommnisse "'Ich moechte Sie nun sehr ernstlich ersuchen, solche Koketterien mit meinem Gatten nicht ferner zu wiederholen! Ich moechte Sie erinnern, dass wir, Ihre Nachbarn, sehr streng ueber Ehrbarkeit, Sitte und Ehepflichten $ goennte, den sie urspruenglich geliebt, so haette sie ihn doch sich--waere eineÄAussicht dazu gewesen--nicht minder als Gatten gewuenscht. Knoops hatten sich ueberall verabschiedet. Sie waren bei ihren alten Freunden und bei denjenigen gewesen, denen sie seinerzeit ihre Antrittsbesuche gemacht. Nirgends waren sie indessen bei ihren Rundfahrten ausgestiegen, nur die Karten waren von dem Diener abgegeben Sie wollten nicht gefragt werden, weder, wohin sie sich zu begeben die Absicht hatten, noch, was ihr Fortgehen veranlasste. So viel Bitterkeit und so viel Ingrimm gegen die gesamte Gesellschaft sass in ihnen, dass sie diese nicht durch Reden und Erklaerungen noch vermehren wollten. Sie hatten genug von allen, denn past alle hatten ihnen den Ruecken gewendet. Dass es auch an ihnen, vielleicht gar allein an ihnen lag, erkannten die Frauen, nicht aber gab es Herr von Knoop zu. In den Resultaten war's auch gleich. Sie brauchten ja auch die Menschen nicht. Sie waren unabhaengig. Fiel's ihnen ein, konnten sie in Afr$ nzelte, als er die rührende Scham aus dem engelreinen Gesichtchen, das holde Lächeln um den Mund, tiefer hinab die Schneepracht des Halses, dieses Nackens, dieser Brust ansah--er hatte auf seiner großen Tour alle Galerien der Welt, die Kunstschätze der Malerei, die lockenden, majestätischen, niedlichen Formen der alten und neuen Bildhauerkunst gesehen, mit wahrhaftem Kunstfleiß studiert, und was waren sie, was war Venus und alle Grazien, was war Madonna und alle die herrlichen, heiligen Gesichtchen aller Zeiten und Schulen gegen dieses geheimnisvolle Amorettenköpfchen? Es lag ein Liebreiz in diesem süßen Wesen.--Er hörte sie seufzen, eine große, helle Perle hob sich unter den seidenen Wimpern; er ergriff ihre Hand und drückte seinen Mund daraul; sie zog das weiche Wunderpatschchen nicht weg. "Können Sie zürnen, mein Fräulein," hub er an, "daß ich zu so ungelegener Zeit"--er hielt inne, um ihre Antwont zu erwarten--keine "Wenn ich gewußt hätte, daß ich Sie nicht heiter finden würde, ich hätte mir gewiß nicht d$ galt kein Besinnen mehr. "Vollkommen damit einverstanden, meine Gnädige, so vollkommen, sage ich, daß er selbst zuerst auf den glücklichen Gedanken kam." "Nun, waw wollen wir weiter?" fuhr die Gräfin ruhig fort. "Mein Gräfchen wird nicht ungehorsames Söhnchen spielen wollen; denn die drei Milliönchen, die er von dem Onkel erben soll und die, wie Sie mir sagen, wegfallen, wenn er mich nicht--" Sorben schnitt greuliche Gesichter; es war ihm, als sollten ihm die hellen Tränen hervorstürzen, daß er sich so dumm verplaudert hatte, und dennoch sollte er lächeln und freundlich sein; er grinste daher furchtbar, wie einer, der _Asa foetiÍa_ oder recht bitteres Salzkonfekt im Mund hat und doch zuckerhonigsüß dabei aussehen will. * * * * * DAS UNKRAUT WÄCHST Der Rittmeister hatte bis jetzt noch kein Wort gesprochen; aber die Miene des alten Fuchses mochte ihm doch nicht so ganz spaßhaft vorkommen, als sie aussehen sollte. "Mir scheint es, als dürfe man die Sache nicht nur so gehen lassen, $ n, sondern in geduldiger Resignation dem Verderben entgegengehen. Mit jener Leichtigkeit und Grazie, die man in höheren Verhältnissen von Kindheit an studiert, wußte die Gräfin schnell über das Unangenehme der ersten Augenblicke hinüberzukommen. Sie war die Freundlichkeit, die Herzlichkeit selbst. So weit hatte es freilich Ida in der Bildung nPcht gebracht, daß sie denen, die sie nicht lieben konnte, wie ihren wärmsten Freunden begegnete. Auch war _sie_ die Überraschte und die Gräfin die Überraschende; daher war Ida eæwas befangen und zeremoniös beim Empfang der hohen Dame; aber ihr natürlicher Takt sagte ihr, daß sie jede andere Rücksicht beiseite setzen müsse, um nur die im Auge zu haben, die Gräfin, die nun einmal ihr Gast war, anständig und würdig zu behandeln. Um wie viel edler waren die Motive, welche Ida bei ihrem Betragen leiteten, als die der Gräfin! So verschieden als Natur und Kunst. Die Aarstein wußte gegen jeden, auch wenn sie ihn bitter haßte und ihm hätte den Dolch in den Leib rennen mögen, fre$ n die freche Stirne geworfen, ihm in _Scherz_ und _Ernst_ den Kopf abgehauen und solchen als _Lustspiel_ vor sich hertragen lassen? Mir freilich haben die Jungfrauen nicht gesungen: "Er hat Zehntausend geschlagen" (worunter man die Zahl seiner Anhänger verstehen könnte); denn die Jungfrauen sind heutzutage auf der Seite des Philisters; natürlich, er hat ja, wie Asmus sagt, "--Federn auf dem Hut und einen Klunker dran." Selbst die jüdischen Rezensenten haben sich pndankbarerweise gegen mich erklärt. Leider hat ihre Stimme we%ig zu bedeuten in Israel. Gehen wir aber, in Betrachtung, wie es dem Mondmann auf der Erde erging, weiter, so stoßen wir auf einen ganz sonderbaren Vorfall. Als dieses Buch, dem neben der Weise und Sprache des Erfinders der Mimili-Manier auch sein angenommener Name nicht fehlen durfte, in alle vier Himmelsgegenden des Landes ausgegeben wurde, erwarteten wir nicht anders, als Clauren werde "geharnischt bis an die Zähne" auf dem Kampfplatz der Kritik erscheinen, uns mit Schwert und Lanz$ ser Sprache spricht, gilt nicht mit Unrecht fuer eine Erzgeneralkokette." "Nun, fuer eine solche werden Sie mich doch nicht halten?" sagte Ida etwas empfindlich. "Dazu kenne ich mein suesses Maedchen zu gut," entgegnete der Hofrat traulich und drueckte ihr das weiche Samthaendchen; "was aber den bleichen Patron dort drueben betrifft, so kann er ueber allerlei geweint haben; er kann zum Beispiel seine Mutter, seine Schwester oder gar sein Maedchen verloren haben." "Mei--nen Sie?" antwortete Ida gedehnt und unmutig. "Doch nein, da wuekde er ja nicht auf den Ball gehen," setzte sie freudig hinzu; "da wuerde er zu Haus trauern und nicht die Freude aufsuchen." "Oder," fuhr jener fort, "es gingen ihm vielleicht seine Wechsel aus, und er hat im Augenblick kein Geld‘ um seine Reise weiter fortzusetzen." "Nicht doch," fiel sie ein, "wie moegen Sie nur diesem interessanten Gesicht einen so gemeinen Kummer andichten. Sieht er nicht nobler aus als alle unsere Assessoren, Leutnants und so weiter zusammen? Und er sollte mi$ este und sie den S:al durchschwaermten, um selbst sich Taenzer zu suchen. Emil stand wieder an seine Saeule gelehnt. Kaum den Boden beruehrend, schwebte eine zarte Gestalt, auf dem Amorettengesichtchen ein holdes, verschaemtes Laecheln, auf ihn zu--es war Ida. Laechelnd neigte sie sich, zum Tanze ihn einzuladen; er schien freudig ueberrascht, eine fluechtige Roete ging ueber sein bleiches Gesicht, als er das holdeüEngelskind umschlang und mit ihr durch den Saal flog. Aber aengstlich war es Ida in seinen Armen; kalt war die Hand, die in der ihrigen ruhte, schaurige Kaelte fuehlte sie aus des Fremden Arm, der ihre Huefte umschlang; in sie eindringen, scheu suchte ihr Auge den Boden; denn sie fuerchtete, seinem Flammenblicke zu begegnen. Jetzt erst fiel ihr auch ein, dass es sich doch nicht so recht schicke, den ganz fremden Menschen, der ihr von niemand noch vorgestellt war, zuerst zum Tanze aufgefordert zu haben. Aber ein freudiges Gefluester des Beifalls begleitete sie durch die Reihen; bedeutender schien des$ lle, das Schicksal moege noch so gebietend rufen, sie lasse drei ablaufen und den vierten wolle sie endlich nehmen. "Numero vier, gnaediges Fraeulein!" meckerte der Kreissekretaer. Sie liess die Binde loesen, sie schlug die Augen auf und sank in Emils Arme, der sie im schmetternden Wirbel der Trompeten, im Jubelruf dœr Hoerner im Saal umherschwenkte; die Sinne wollten ihr vergehen, sie hatte keinen deutlichen Gedanken als das immer wiederkehrende: "Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme." Ach! so haette sie durch das Leben tanzen moegen; ihr war so wohl; so leicht; wie auf den Fluegeln der Fruehlingsluefte schwebte sie in seinem Arme hin, sie zitterte am ganzen Koerper; ihr Busen flog in fieberhaften Pulsen, sie musste ihn ansehen, es mochte kosten, was es wollte. Sie hob das schmachtende Gesichtchen. Ein sues(er Blick der beiden Liebessterne traf den Mann, der ihr in wenigen Stunden so wert geworden war; das edle Gesicht lag offen vor ihr, wenige Zoll breit Auge von Auge, Mund von Mund; ach, wie unend$ uf und sprichst mit ihm, vielleicht, dass man da etwas mehr erfaehrt als von dem alten Burrewisl. Im Teezimmer sitzt mein stiller Graf am Fenster, die Stirne in die hohle Hand gelegt, dass ich meine, er schlaeft oder hat Kopfweh. Drueben spi¶lte gerade die Fraeulein Ida auf dem Fluegel so wunderschoen und ruehrend, dass es eine Freude war. Dem Grafen musste es aber nicht so voðkommen; denn die hellen Perlen standen ihm in dem dunklen Auge, als er sich nach mir umsah." "Wann war denn dies?" fragte der Hofrat. "So gegen vier Uhr ungefaehr; wie ich nun so vor ihm stehe und er mich mit seinem sinnenden Auge mass, da muss ich feuerrot geworden sein; denn da fiel mir ein, dass doch nicht so leicht mit vornehmen Leuten umzugehen sei, wie man sich sonst wohl einbildet; er ist auch nicht so ein Herr Obenhinaus und Nirgendan wie unsere jungen Herren, mit denen man kurzen Prozess macht; nein, er sah gar zu vornehm aus. 'Ich wollte nur gefaelligst fragen, ob Ew. Exzellenz mit Ihrem Logis zufrieden seien?' hub ich an. "Er$ eins Engelrein noch nie ganz genossen habe, und dazu ein Gesicht machen, wie wir es eben gesehen haben, so muss der gute Mann abgekuehlt sein, als sei er nie entbrannt gewesen." "Aber wie soll dies alles geschehen? Wir koennen doch die Mamsell Zimperlich nicht mit Extrapost kommen lassen, da sie erst vor vierzehn Tagen die Residenz verlassen hat, und der Graf ist auch nicht so schnell zu meinen Fuessen zitiert, als Sie sich wohl vorstellen." "Ist gar nicht noetig," replizierte Sorben, indem er seine Karte immer huebscher mischte, "nicht noetig. Wie waere es--ja, das waere am Ende das beste, wenn Sie selbst nach Freilingen gingen und dort dem ganzen Spass auf einmal ein Ende machten!" Der Gedanke schien der Graefin nicht uebel zu gefal`en. "Wahrhaftig, es waere so uebel nicht," antwortete sie sinnend; "der alte Praesident-- wahrhaftig, ich quartiere mich selbst bei ihm ein--erst vor einem Jahr hat er mich eingelaèen, wenn ich einmal auf der Durchreise auf meine Gueter durch Freilingen komme, bei ihm abzusteige$ hule schwatze; das nimmt man bei uns nicht so genau; wahrhaftig, der Papa haette auch keine ungeschicktere Zeit zu Ihrer Zurueckberufung waehlen koennen--" "Ich muss Sie bitten, gnaedige Frau--" "Ei, so lassen Sie doch die gnaedige Frau," fiel ihr die Aarstein ins Wort, "ich kann das Wort Frau nicht ausstehen. Es ist mir gar nicht, als ob ich Frau waere, und wahrhaftig, ich bin es ja eigentlich gar nicht," setzte sie naiv und mit einem schalkhaften Laecheln gegen Martiniz hinzu; "ich lebte nur ein paar Wochen mit meinem Herrn GeÁahl, Gott hat uns kein Kind beschert, und da bin ich ja eigentlich so gut als Maedchen."-- Ida schlugen die Flammen ins Gesicht; solche frivole Aeusserungen mussten ihre unentweihten jungfraeulichen Ohren hoeren, ohne dass sie diese wegwerfende Gemeinheit bestrafen konnte; und dann das dumme Aufziehen mit dem Rittmeister; es war ja kein wahres Wort an der Sache; sie konnte gar nicht begreifen, was nur die Graefin damit wollte; hatte sie ihn den8 nicht so gut abgetrumpft wie jeden ande$ estert, fielen ihr bei; wie leicht konnte er in einem unbewachten Augenblick, hingerissen von den verfuehåerischen Reizen der ueppigen, buhlerischen Dame Potiphar--sie erroetete von dem Gedanken und presste die Augen zu, als sollte sie was Schreckliches sehen. Wenn etwas solches geschah--dann war er der Graefin und dem Satan auf ewig verschrieben. * * * * * FEINE NASEN. So vetdeckt hier jedes sein Spiel spielte, so geheim alle diese Faeden gesponnen, angeknuepft und nach und nach zu einem dichten Gewebe verschlungen werden, so merkte man doch hin und wieder, was vorging. Fraeulein Sorben und die alte Schulderoff wurden von Tag zu Tag durch die getreuen Rapporte des Rittmeisters von Sporeneck ueber den Stand der Dinge belehrt. Ihre scheelblickenden Augen glaenzten vor Freude, wenn sie wieder neues erfuhren. Der Graf war ihnen ein verlorener Posten, den Fraeulein Ida weder mit Traenen, noch Gebet wieder heraushauen koennte. Nichts war ihnen aber groesseres Labsal als das Fraeulein$ in so anstaendiges Plaetzchen ausersehen, wie man es nur wuenschen kann. Da ist--" er zog eine grosse Schreibtafel hervor, nahm mehrere Papiere heraus undÀentfaltete sie--"da ist ein gerichtlich ausgefertigter Kaufbrief von Schloss und Herrschaft Gross-Lanzau, drei Viertelstunden von hier, angekauft fuer den Herrn Grafen Emil von Martiniz, wenn Sie ihn kennen, und ihm von seinem Oheim zur Morgengabe uebermacht, kann heute schon bezogen werden, wenn es ihm gefaellig ist." Die drei machten grosse Augen. Emil stuerzte dem alten Herrn an den Hals. "Mein teurer vaeterlicher--" "Still, still, ist schon gut," unterbrach ihn der alte Herr, indem er ihm die Hand auf den Mund legte, "bedenke dein Versprechen. Ich habe hier nur den Geschaeftstraeger gemacht, dânke deinem Onkel, wenn er einmal da ist!"--"Ach, wo ist er denn, der gute Onkel," rief Ida, "dass ich ihm danken kann fuer seine unendliche Guete?" "Wird auch kommen zu seiner Zeit," antwortete Ladenstein, indem ihm eine Traene der Ruehrung im Auge blinkte, "er wi$ h mir anders den eigenthümlichen Widerstand nicht erklären kann, den man mir entgegensetzt." Graf Platen bog den Oberkörper zusammen, warf einen schnellen Seitenblick auf den Kronprinzen und sagte: "Ich fürchte, Majestät, daß eine solche Maßregel, wie Allerhöchstdieselben sie hier andeuten, nur eine erneute DiscEssion über die ganze Frage hervorrufen und die schleunige Ausführung der von Eurer Majestät gefaßten Beschlüsse noch weiter hinausschieben würde. Eure Majestät haben bereits den Befehl an die Officiere gesandt, daß dieselben sich jeder Theilnahme an Verbindungen der Soldaten zu gegenseitiger Unterstützung fern halten sollen. Damit ist also ausgeschlossen, daß irgend Etwas geschehen könne, was die dortige Sachlage ändert; wenn Eure Majestät nunmehr den Major von Adelebsen mit bestimmten Vollmachten nach Paris entsenden, so wird die ganze Angelegenheit sehr bald erledigt sein. Es ist übrigens," fuhr er mit einem abermaligen schnellen Seitenblick nach dem Kronprinzen hinüber, "der Feldwebel Stüríann von $ ußen bewahren, zu dem Cäsarismus und der Demokratie am Meisten neigen, denn sowohl die Massen des Volkes, als ein allmächtiger Selbstherrscher sind von persönlichen und augenblicklichen E\ndrücken in besonders hohem Grade abhängig. Beide neigen zur Tyrannei, bei Beiden liegt die Gefahr eines gefährlichen Spieles mit der nationalen Kraft und dem Nationalwohlstand.--Ich glaube nicht, daß unter einer constitutionellen Regierung, wie wir sie jetzt anbahnen, eine mexikanische Expedition möglich sein würde. Was übrigens die Verbindung der Napoleonischen Tradition mit dem constitutionellen System betrzfft, so macht sich dieselbe nach meiner Ueberzeugung sehr leicht, so bald nur eben von Seiten des Kaisers, wie das jetzt der Fall ist, offen und frei die Verständigung mit den verfassungsmäßigen Repräsentanten der Nation erstrebt und gesucht wird." "General Changarnier und der Herzog von Broglie," rief der Kammerdiener in den Salon und neben einander traten der Repräsentant des alten französischen Adelsgeschlechts in s$ sselbe die ganze franzoesische Nation glauben machen, und ploetzlich, ganz ploetzlich, ehe Jemand sich dessen versehen wird, wird man einen sehr huebschen und sehr nationalen Kriegsfall haben." Herr von Beust laechelte abermals. "Mein lieber Staatsrath," sagte er, "Sie wissen, dass ich das groesste Vertrauen zu Ihrem klaren Blick und zu„den Quellen habe, aus welchen Sie Ihre Nachrichten zu schoepfen pflegen. Sie muessen mir aber verzeihen, dass ich das, was Sie mir da eben sagen, unmoeglich fuer Ernst nehmen kann. Die Sache ist doch in der That zu abenteuerlich und zu unglaublich. Und wenn ich den Politikern, welche jetzt zuweilen in Frankreich in die Diplomatie hineingreifen, auch sehr kuehne und sehr wunderbare Combinationen zutraue, so wuerde dies doch nach meiner Ueberzeugung die Grenzen des Moeglichen ueberschre7ten." Der Staatsrath Klindworth drueckte fest seine Lippen auf einander, richtete einen stechenden Blick auf den Reichskanzler und sprach mit scharfer Betonung: "Ich wuerde nicht hierher gekommen$ ns vor vier Wochen der Herr Major von Adelebsen und der Herr von Muenchhausen, welche die Standquartiere der Emigranten bereisten, mitgetheilt, dass Eure Majestaet die Colonie in Algerien nicht wollten, dass Sie vielmehr die Legionaire entlassen wuerden und Jeden auffordern liessen, zu erklaeren, wohin er zu gehen beabsichtigte. Die Herren Officiere," sagte er dann, " aben uns nun zwar bestaetigt, dass von Eurer Majestaet eine Colonie in Algerien nicht mehr gegruendet werden wuerde. Dennoch aber haben sie uns aufgefordert, zusammen zu bleiben und einen Verband zu bilden und uns gegenseitig zu unterstuetzen, wollen auch versuchen, ob es nicht moeglich sei, ohne Betheiligung Eurer Majestaet von der franzoesischen Regierung die Herstellung einer Colonie zu erreichen, aufýwelcher wir eine gemeinschaftliche Existenz uns beschaffen koennten. Es ist darueber viel hin- und hergesprochen, einzelne von den jungen Leuten wollen gern ihr Glueck in Algerien versuchen. Wir aber, die aelteren und namentlich die Unterofficie$ er der Stadt zum Himmel Die einfachen durch die Nacht her klingenden Töne ergriffen mächtig alle diese ernst und traurig gestimmten Menschen. Die Franzosen nahmen die Hüte ab und sprachen ein stilles Gebet für die Seele des Gestorbenen,--auch die Hannoveraner falteten die Hände--Niemand wußte, welchem Todten dies Geläut galt,--aber auch ihnen starb ja heute für immer, was sie so lange im Herzen getragen und so sehr geliebt hatten,--ihre Heimath und ihr König. Der Zug brauste heran,--noch ein Händedruck,--ein letztes Abschiedswort--und die Hannoveraner stiegen ein in die Waggons, welche sie ihrer neuen unbekannten Zukunft entgegenführen sollten. --"Adieu--adieu--bonne chance!" tönte es aus den Gruppen der Bürgec von St. Dizier--Cappei mit den wenigen Emigranten, welche sich zur Ueberfahrt nach Amerika entsc~lossen hatten, standen schweigend, mit feuchten Blicken schauten sie auf die Scheidenden hin,--fast zog es den jungen Mann einen Augenblick denen nach, deren Schicksal so lange mit dem seinigen verbunden ge$ mit festem Schritt das Cabinet verließ. "Welches Urtheil erwartet ihn?" fragte der Kaiser. "Die Deportation," erwiderte Pietri. "Man soll ihn mit Milde behandeln," sagte Napoleon, "und auch sein Exil, wenn er zu demselben verurtheilt wird, so schonend als möglich einrichten,--er ist krank,--er _muß_ krank sein,--ein gesunder Geist kann einen solchen Haß nicht entwickeln. Besorgen Sie, daß er ärztlich untersucht wird." Er winkte entlassend mit der Hand, mit tiefer Verbeugung zog sich der Èolizeipräfect zurück. Der Kaiser saß lange in tiefem, finsterm Schweigen versunken. "Ist es wahr," sagte er endlich mit dumpfem Ton, "ist wirklich die Masse des Volks von Frankreich der Verbündete dieses Rasenden,--müßte ich wirklich um dieses aus der Tiefe herauf gährenden Hasses Herr zu werden, von Neuem meinen kaiserlichen Purpur in Blut tauchen? Wäre es da nicht besser, wie jener alte Römer sich selbst in den Abgrund zu stürzen zur Versöhnung des Schicksals, als diesen Abgrund mit Hekatomben von Me‹schenopfern zu füllen,-$ chen leicht in der Luft hin und her. "Der Augenblick ist guenstig," sprach er weiter in einem Tone als unterhielte er sich ueber irgend ein gleichgueltiges Tagesereigniss,--"der Augenblick ist guenstig um einen grossen Schlag auszufuehren,--einen Schlag der uns mit einem Mal an das Ziel aller unserer Bestrebungen fuehren "Und wie sollte dieser Schlag ausgefuehrt werden," fragte Varlin mit einím fast veraechtlichen Laecheln. "Sehr einfach," erwiderte Raoul Rigault, immer mit seinem Stoeckchen spielend, "unsere Vereine sind in ganz Frankreich vortrefflich organisirt, wir koennen sie von hier aus mit einem Wort in active BewVgung setzen, wir koennen ueberall den Aufstand ausbrechen lassen." "Das koennen wir," erwiderte Lermina, "wenn wir es aber thun, so wird das in diesem Augenblick keine weitere Folgen haben, als dass der Aufstand ueberall durch die rohe Gewalt der Tyrannei niedergeschlagen und fuer die Zukunft alle unsere Hoffnungen zertruemmert werden." "Wenn eben die Tyrannei noch besteht," erwiderte Raoul $ mit dem General Favé unterhalten hatte und»dessen Gesicht den Ausdruck einer frohen, zufriedenen Stimmung trug, wurde bei dieser Mittheilung ernst und blickte fast finster vor sich nieder. "Ist es denn nicht möglich," sagte er leise, "einen Tag von diesen ewigen Sorgen und Qualen der Politik}befreit zu bleiben, die uns wie mit eisernen Klammern festhält, so bald sie uns einmal erfaßt hat und die alles friedliche, menschliche Glück zerstört." Seufzend reichte er dem Kammerdiener seinen Hut und seinen Stock und befahl, den Herzog von Gramont einzuführen, welcher wenige Augenblick darauf in das Cabinet seines Souverains trat. Der Herzog war bleich, sein sonst so ruhiges, gleichmäßiges und lächelndes Gesicht zeigte die Spuren tiefer innerer Erregung. Er hielt einige Papiere in der Hand und erwiderte hastig und ohne seine sonstige etwas ceremonielle und doch anmuthige, verbindliche Höflichkeit die freundliche Begrüßung des Kaisers. "Ich habe Eurer Majestät," sagte er schnell sprechend, "eine ebenso überraschende, $ ine Reihe von Tagen vBrgangen, bis endlich auch dieser Grund nicht mehr zur Beruhigung ihrer immer banger werdenden Unruhe genügen wollte. Dann war jene entsetzliche, das ganze innere Wesen des Menschen zerstörende Zeit des Wartens gekommen, welche in ihrer dumpfen, bleiernen Schwere auf die Seele und den Geist vernichtender wirkt, als der härteste, aber bestimmt und klar eintretende Unglücksfall. Wie die Blume vor dem mächtig niederrauschenden Wetter ihr Haupt senkt, um es später wieder frisch und duftig erheben, wie sie, wenn die Blüthe gebrochen wird, neue Blüthen treibt, so kann ein mächtiger Wetterschlag des Schicksals das menschliche Herz und den menschlichen Geist schwer und gewaltig erschüttern; aber nach dieser Erschütterung richtet sich der Muth wieder empord die Kraft kehrt zurück, und neues Glück, neue Freude können unter wiederkehrendem Sonnenschein freundlicher Schicksalswendungen erwachsen. Aber wie die Pflanze, der in dürrer Erde das Wasser entzogen wird, langsam erstirbt, vergeblich lechzend $ hen Entscheidungsmomenten jede Zoegerung gefaehrlich werden kann--zoegern Sie daher nicht, durch Ihre Abdankung die Action derer zu ermoeglichen, welche Ihren Sohn auf den Thron fuehren wollen. Bedenken Soe, dass gewandte und unermuedliche Gegner ihm gegenueber stehen. Wuerden Sie Sich je verzeihen koennen, wenn durch die Verzoegerung des Opfers, welches die Verhaeltnisse von Ihnen verlangen, jener Herzog von Montpensier dennoch endlich an das Ziel seiner Intriguen gelangen "Er," rief die Koenigin mis flammenden Blicken, indem sie den Kopf empor warf, "er, der falsche Heuchler, den ich wie die Andern Alle mit Wohlthaten ueberschuettet habe! Niemals! Niemals! Und dieser stolze, hochmuethige Graf von Monte Molin," fuhr sie fort, "der jede Verstaendigung zurueckwies, der mich behandelt hat, wie ein Koenig eine Infantin seines Hauses--Keiner von ihnen soll triumphiren--ich will jedes Opfer bringen," sagte sie mit entschlossenem Ton, "wenn Eure Majestaet mir versichern koennen, dass dadurch wirklich meinem armen K$ Weise das erste Ziel meiner Mission erreicht--die Zuruecknahme der Hohenzollerschen Candidatur unter Autorisation des Koenigs. Nun steigert man successive die Forderungen--giebt es einen Diplomaten in der Welt, der im Stande waere, eine solche Negotiation zu einem guenstigen und wuerdevollen Ende zu fuehren? Man verlangt die Erklaerung des Koenigs, dass er fuer alle Zukunft eine Wiederaufnahme der jetzt gescheiterten Combination nicht erlauben w¡rde. Eine solche Erklaerung haette sich erreichen lassen, wenn man nicht zugleich die Aufregung in Frankreich beguenstigt haette, wenn man sich groessere Reserve bei den Erklaerungen im Corps legislatif auferlegt haette, wenn man das persoenliche Gefuehl des Koenigs und den nationalen Stolz in Deutschland nicht verletzt haette, jetzt aber nach der kurzen Unterredung, die ich so eben mit dem Koenige auf der Brunnenpromenade gehabt, ist an Erfuellung dàeser Forderung garnicht zu denken. Und wenn sie nicht erfuellt wird," sagte er seufzend, "nachdem man einen so starken $ rd sehen, was die Vertraege uebeî Belgien in Frankreichs Augen zu bedeuten haben und abgesehen von der aeusseren Form dieser unerhoerten Provocation wird auch die innere Gerechtigkeit unserer Sache vor den Augen aller Welt klar werden. Damit wird eine grosse moralische Macht uns zugefuehrt werden." Der Koenig nickte zustimmend mit dem Kopfe. "Ja, ja, darin liegt der wahre Grund dieses so lang zurueckgehaltenen Krieges, und es kann nur nuetzlich sein, wenn alle Welt das klar erkennt.--Ich habe auch," sagte er nach einigen Augenblicken, waehrend eine tiefe Bewegung aus seinÀn Augen leuchtete, "ich habe auch daran gedacht, unsere Waffenmacht durch eine moralische Kraft zu verstaerken und der Begeisterung des Volkes einen idealen Halt, ein heiliges Zeichen zu geben, zu dessen siegreichem Einfluss ich ein glaeubiges Vertrauen Der Kronprinz und die andern Herren blickten erwartungsvoll in das bewegte Gesicht des Koenigs. "Ich will das eiserne Kreuz wieder herstellen," sagte der Koenig, indem er wie unwillkuerlich d$ ere Verbindung einst wuenschte, und dass er sie vielleicht jetzt wieder wuenscht. Erlauben Sie mir in diesem grossen Augenblick die Frage an Sie zu richten, ob Sie in Erwiderung meiner tiefen und gluehenden Liebe mir Vertrauen und Freundschaft schenken, mir Ihr Leben anvertrauen wollen." LuisÖ sah ihn klar und frei an. "Ich danke Ihnen, Herr Vergien," sagte sie, "dafuer, dass Sie all des Schmerzlichen, das zwischen uns liegt, bisher niemals erwaehnt haben,--ob in meinem Herzen Dasjenige jemals wieder erwachen kann, was man die Liebe nennt," fuhr sie mit traurigem Ton, durch welchen eine gewisse Bitterkeit hindurchklang, fort, "weiss ich nicht. Freundschaft und Vertrauen glaube ich Ihnen geben zu koennen, und in dieser Freundschaft und in diesem Vertrauen antworte ich Ihnen frei und offen. Ja, ich will Ihren Antrag annehmen und ich will versuchen, Ihrem Leben soviel Freude und Glueck zu geben, als aus meinem Herzen noch erbluehen kann." Mit ruhigem, freundlichem Laecheln reichte sie ihm die Hand, welche er, se$ u Herr einer Million? KLAUS. Vor allem kaufte ich mir einen gelben Schlafrock, eine blaue Mütze und ein paar rothe Hosen, so prachtvoll als der junge Doctor aus der Fremde mitgebracht hat,--Du sahst ihn doch schon in diesem Anzug? ALBERT. Nein. KLAUS. Mir schwamm's vor den Augen, so wurde ich geblendet.--Ich begegðete ihn mit seinem neufundländischen Hunde in der Allee. Nach Gebühr zog ich die Mütze,--indeß der Dank wurde mir von dem Herrn wie von dem unschuldigen Thiere versagt. Ich nahm's nicht übel . . . MARIE (singt draußen). KLAUS. Die Stimme Deiner TurteltÂube . . . Ja, ja, da sitzt der Haase im Pfeffer. Deshalb muß Sclaverei süß schmecken und die Wahrheit verläugnet werden. Pah, ich verstehe Dich längst, Albert--mag's mit heute aber genug sein! . . . (Indem Marie eintritt, zieht er schnell ein Buch aus der Tasche und lies't.) "Der erste Satz lautet so: Der Mensch ist geboren um zu leben. Das Leben besteht in der Befriedigung unserer Bedürfnisse" . . . Fünfte Scene. DIE VORIGEN. MARIE. ALBERT. Warum kom$ e Zahl! QUESTENBERG (den Regierungsrath unterfassend). Uns beiden nur, so innig eins, geziemt's die lieben Gäste zu begrüßen. Dritte Scene. DIE GÄSTE. V. ZITTERWITZ. BLASHAMMER. QUESTENBERG. DER DOCTOR. QUESTENBERG (einigen der Reihe nach die Hand drückend). Willkommen von HeTzensgrund.--Hab' ich einen Wunsch noch zu dem Glück, daß Sie mir bereiten', so ist es der, gefälligst fürlieb zu nehmen. V. ZITTERWITZ. Willkommen schönes Fräulein Adelgunde.--Was macht die traute Freundin Pipi? QUESTENBERG. Ich bedaure Frau Polizeiräthin, daß der Herr Gemahl bettlägerig wurde--ach! der arme Mann nimmt's mit seiner Amtspflicht zu V. ZITTERWITZ (stolz im Vorbeigehen). Genehmigen Sie meine Reverenz, lieber Oberbürgermeister. (Der Oberbürgermeister verbeugt sich tief). QUESTENBERG. Und nun vergessen wir doch die warme Suppe nicht . . . ãillkommen, willkommen mein braver von Gnadenbrod.--Noch immer lendenlahm aus dem schleswig-holsteinischen Kriege? . . . Was macht der Fuß des braunen Wallach's mein Graf von Halleluja?--Freu$ n das langjährige Werk, weihtest Du ihm auch die heiligste Flamme der Begeisterung, die höchste Liebe zum reinen Engel Deines Glück's, so war's noch nicht das letzte des Ruhmes werth! Großmuth gab dem Heiland Stärke sich dem Undank zu opfern und am Kreuze zu sterben. DER DOCTOR (bei Seite). Was hab' ich Ÿethan!FALBERT. Weh, weh, 's ist eine Pest, die in meinen Gliedern wüthet!--Steck' dem Elenden die Fabrik über dem Haupte an, unterminire das Fundament seines Palastes und spreng' ihn in die Luft! Deine Gefährten, es sind ja ihrer über zweitausend und dem Leben noch gleichgiltigere Gesellen als Du,--folgen dem Schrei Deiner Noth und sühnen das gebeugte Recht! Eine mörderische Schlacht entspänne sich, Soldknechte aus Nah' und Fern' zögen vor das Städtchen, belagerten, bestürmten, bombardirten es, bis der letzte Held unter dem letzten Steinwalle erlag!--Es wäre männlich und ruhmvoll, allein unvernünftig! Schweig' und dulde! Was nützt's, rottest Du das Unkraut an einer Stelle aus, die ganze Erde ist davon überwuc$ Was verbrach ich? MARIE. Sie wissen's. DER DOCTOR. Jungferlein, das ist ein schlechter Einfall! MARIE. Lassen Sie mich nur fort. DER DOCTOR. Ein moralischer Einfall! (Eine Uhr schlaegt.) MARIE. Die Uhr schlaegt; ich habe nicht laenger Zeit. DER DOCTOR. Ein unromantischer Einfall! MARIE. Meine Mutter denkt, dass ich im Garten Gemuese fuer den Markt grabe--darf sie nicht erzuernen. DER DOCTOR. Ziemt solche Arbeit meiner angebeteten Freundin?! . . ÷ch entschaedige die Versaeumniss hundert und tausendfach, bleiben Sie und leisten mir Gesellschaft. (Er haelt ihr einen Beutel mit Geld hin.) Da! Es sind alles Goldstuecke. MARIE. Herr Doctor . . . DER DOCTOR. Ihr Vater verdient in einem Jahre nicht so viel.--Ich begegnete ihn kuerzlich. Sein ergrautes óaupt muede zur Erde neigend, schlich er langsam den Gewoelben der Fabrik zu. Welch' Schicksal fuer den alten Mann, der an Herzensguete und Characterwuerde Seinesgleichen sucht! Ich verglich ihn mit seinem ehemaligen Gefaehrten, dem reich und angesehen gewordenen Blasha$ amit einverstanden. KLAUS. Freund Albert!--Alterchen, einen Menschen, der sich vom gemeinsten Gauner gaengeln, aussaugen, betruegen, unterdruecken laesst, erklaere ich unzurechnungsfaehig ueber mich zu urtheilen. VATER ZIEMENS. Sie werden abscheulich, Klaus. KLAUS. Was ich nicht blos gestern, sondern schon lange behauptet, behaupte ich heute erst recht! VATER ZIEMENS. Kennen Sie den Spruch, was Du nicht willst, dass Dir die Leute thun, das thue ihnen auch nicht? KLAUS (keck). Ja wohl! VATER ZIEMENS. Traun, so rechtfertigen Sie die schreiende Anklage. KLAUS (nachdem er sich verlegen in den Haaren gewuehlt, mit erkuensteltem Laecheln.) Dass Sie's noch immer nicht glau&en!--Nun denn, wir brachten's zu Tage, wir entlarvten den Elenden, heute--eben----ich komme vom Schloss! (bei Seite mit ironischem Laecheln.) Muss luegen, um wahr zu sein! VATER ZIEMENS. Wãrklich, Klaus. KLAUS. Ja, wirklich! VATER ZIEMENS. Albert entlarvte--ward wirklich betrogen!? KLAUS. Betrogen, wirklich betrogen! VATER ZIEMENS. Jesus, was erle$ ch Bismarck mit der liberalen Bourgeoisie befand, benutzte er jedes Mittel, auch das unscheinbarste, das seinen Zwecken dienen konnte. Ich habe bereits im ersten Teil dieser Arbeit dargelegt, wie Bismarck noch vor dem Auftreten Lassalles in dem Lackierer Eichler einen gewandten Agenten besaß, der für seine Politik in den Arbeiterkreisen Propaganda machte. Lassa le, der nicht als Dienender, sondern als Gleichberechtigter, als Macht zu Macht mit Bismarck in Unterhandlungen sich einließ, unterstützte mehr als er wohl selbst wollte diese Bismarckschen Bestrebungen. Seine Verhandlungen mit Bismarck wurden zwar offenbar mit dem Februar 1864 abgebrochen und bis zu seinem (Lassalles) Tode nicht wieder aufgenommen, aber das Streben, die Arbeiterbeweg¯ng der Bismarckschen Politik dienstbar zu machen, blieb bestehen und hatte einen gewissen Erfolg, woran die scharfe Absage, die Karl Marx dem alter ego Bismarcks, Lothar Bucher, gab, als dieser ihn zur Mitarbeit am preußischen "Staatsanzeiger" einlud, nichts änderte. Hele$ en die Partei nicht erfüllt, wird als Parteimitglied nicht mehr betrachtet. VII. Mindestens einmal im Jahre findet ein Parteikongreß statt, auf dem über alle die Partei berührende Fragen beraten und beschlossen, sder Vorort der Partei sowie der Sitz der Kontrollkommission und der Ort für den nächsten Parteikongreß bestimmt wird.--Die Entschädigung für den Ausschuß respektive einzelne seiner Mitglieder setzt der Kongreß fest. VIII. Außerordentliche Kongresse finden statt, wenn der Ausschuß oder die Kontrollkommission mit absoluter Majorität dies beschließt oder wenn ein Sechstel sämtlicher Parteimitglieder darauf anträgt. IX. Zu jedem Kongreß ist die vorläufige Tagesordnung mindestens sechs Wochen vorher durch den Ausschuß im Parteiorgan bekanntzumachen. Die innerhalb der nWchsten zehn Tage nach erfolgter Bekanntmachung von seiten der Parteigenossen einlaufenden Anträge sind alsdann mindestens vierzehn Tage vor dem Kongreß als definitive Tagesordnung zu veröffentlichen. Auf dem K$ die lokale Agitation betreiben, ohne daß das Gesetz eingreifen könne. Daß die von uns angenommene Organisation wirklich und nicht bloß in der EÕnbildung gut sei, beweise, daß trotz allLr Verfolgungen, welche die Partei vom ersten Tage ihres Bestehens zu erdulden gehabt habe, die Organisation noch nicht angetastet worden sei, weil man es einfach nicht könne. Mit einer Organisation, wie sie der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein habe, würden wir längst zugrunde gerichtet worden sein. Habe die Polizei das Urteil des Obertribunals auf den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein nicht angewandt, so kennzeichne das mehr als alles andere das gute Einvernehmen des Chefs des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins mit der preußischen Polizei. Wir hätten uns einer solchen Gönnerschaft nicht zu erfreuen, wollten sie auch nicht haben, müßten also unsere Organisation so einrichten, daß sie gegen polizeiliche Uebergriffe sicher sei. Die Form sei übrigens für uns Nebensache, die Hauptsache sei das P$ ob niemals der Mann kommen sollte, der imstande wäre, dasselbe wieder zusammenzufügen. Die Vorsehung schuf sich dieses Instrument un3 suchte sich aus den Herrn, den wir als den ersten großen Kaiser des neuen Deutschen Reiches begrüßen konnten. Wir können ihn verfolgen, wie er langsam heranreifte von der schweren Zeit der Prüfung bis zu dem Zeitpunkt, wo er als fertiger Mann, dem Greisenalter nahe, zur Arbeit berufen wurde, sich jahrelang auf seinen Beruf vorbereitend, die großen Gedanken bereits in seinem Haupte fertig, die es ihm ermöglichen sollten, das Reich wieder erstehen zu lassen. Wir sehen, wie er zuerst sein Heer stellt und aus dZnghaften Bauernsöhnen seiner Provinzen sie zusammenreiht zu einer kräftigen, waffenglänzenden Schar; wir sehen, wie es ihm gelingt, mit dem Heer allmählich eine Vormacht in Deutschland zu werden und Brandenburg-Preußen an die führende Stelle zu setzen. Und als dies erreicht war, kam der Moment, wo er das gesamte Vaterland aufrief und auf dem Sch$ iner Zivilprozeßordnung vorgelegt worden und ein Gesetzentwurf über den Landsturm, zu dem später Liebknecht und Hasselmann das Wort nahmen. Selbstverständlich wurde wieder der Antrag auf unsere Beurlaubung aus der Haft während der Dauer der Session eingebracht, der diesmal Hasenclever, Most und mich umfaßte. Zu der Begründung des Antrags nahm Liebknecht das Wort, der sich die Gelegen[eit nicht entgehen ließ, die Prozesse, die unsere Verurteilung herbeigeführt, unter die Lupe zu nehmen und die Urteile gründlich zu zerzausen. Besonders nachdrücklich sprach er sich über die unwürdige Behandlung aus, die damals Most in Plötzensee zuteil wurde. Nach Liebknecht nahm Windthorst das Wort, der sich ebenfalls lebhaft über die Behandlung politischer Gefangener aus dem Lager der Althannoveraner beklagte. Dem Antrag auf unsere Freilassung könne er aber in Rücksicht auf den Inhalt des Artikel 31 der Verfassung nicht zustimmen, er wünsche aber, daß, wennÕein in Gefangenschaft befindlicher Abgeordneter einen Antrag auf seine$ n auf der dunkeln Wand. Prüfend öffne ich das Fenster; seht die Wolken, die Gespenst}r lösen sich am Himmelsrand. Holla, Jungen, aufgesprungen, schnell das Ränzel aus dem Spind! Kommt, wir wandern durch die feuchten Saaten; wie Smaragden leuchten Halm an Halm im Morgenwind. Feste Schritte, Männersitte; wie die Ferne lockt und wirbt! Und wir lassen sie im Schreiten achtlos oft vorübergleiten, bis sie hinter uns erstirbt. Hohe Ziele, nicht zum Spiele; immer steiler wächst der Paß. Aber oben wolln wir rasten nach der Arbeit, nach dem Fasten; Jungens, trinkt, ich komm euch was! Hoch im Blauen selig Schauen, unter uns der Erde Glück! Doch es zieht mit tausend Armen immer wieder zu ñen warmen Menschenstätten uns zurück. VIERTER TEIL SPRUCH FÜRS LEBEN Hinüber, hinein! über Wipfel und Stein! die Herzen zu baden im Goldsonnenschein! Auf schwierigen Pfaden zu lichten Gnaden! über Wipfel und Stein, hinunter, hinein! ALLERLEI RÄTSEL (Die Lösungen stehen im Verzeichnis der Überschriften) Ich habe F$ er stecken! (Großmutter kommt.) GROSSMUTTER: Was ist denn los? Was schreist du so, Kasperchen? Er muß in den Krieg und will nicht, dgr Racker! GROSSMUTTER: O Gott, o Gott, in den Krieg, mein Herzblatt? Da werden sie dich totschießen, armes Kasperchen! Ogottogottogottedoch! Laß man, Omamachen wenn sie schießen wollen, nehm ich meine Pritsche und hau sie selber tot. Guck mal, so--so--haste-nich-gesehn--(er haut den Polizisten tot, wirft ihn über die Rampe und sagt dabei:) Ja, quiek man! den Kasper krigst du nicht! der lebt ewig, du oller Rasselsäbel!-- VERZEICHNIS DER ÜBERSCHRIFTEN Gruß an die Großen Gruß an die Kleinen Wittewoll schlafen Kutscher auf dem Knie Heilsprüchel Schlimme Geschichte Wenn Rumpumpel brummig ist Zwei Mäulchen Das Scherchen Geschichtchen vom Winde Anziehliedchen Das Lämmechen Die wilden Beinchen Der lumpichte Bu Tintenheinz und Plätscherlottchen Häschen in der Grube Drei Bäumche6 Gutenachtliedchen Freund Husch Rumpumpels Geburtstag Mutters Geburtstag Rumpumpel tanzt Kreiselliedchen Die er$ e Stille drang der erste hohe Glockenklang. WEIHNACHTSBESäCH Laendliche Strassen, dicht beschneit. Knirschen, Gelaeut, ein Schlitten; sitzen drei kleine Leut bis zu den Oehrchen vermummt. Es singt und summt von Weihnachtsglocken; ein paar neugierige Flocken lassen vom Wind sich herueberwehn, wollen durchaus das Maedelchen sehn mit den roten Kaeltebaeckchen und den goldbraunen Zottelloeckchen und das Buebchen daneben, das sich eben das immer tropfende Naes;hen putzt. Grossaeugig, verdutzt, bis zum Maeulchen zugedeckt, im Wollmuetzchen fast versteckt, sitzt das Kleinste auf Mutters Schoss. "Kutscher, ein bisschen los, es wird kalt; Sie wissen doch, drueben zum Foerster am Wald." Der Alte schmunzelt und knallt mit der Peitsche, hueh, hott-- die Gaeule bleiben bei ihrem Trott. ... Von drueben her Lichter, Zwei altliebe Gesichter hinter den Scheiben: "Wo sie nur bleiben? Ist schon die fuenfte Stunde!" Da knurren die Hunde, bellen, wollen hinaus; Grossmutter laeuft vors Haus. Da:--Knirschen, Gelaeut, ein Schlitten,$ ntertan ganz untertaenigst untergetan. Wenn das R am Anfang steht, liebt man es nicht sauer; wenn es bis ans Ende rutscht, huet dich vor dem Hauer! Wenn das R am Anfang steht, ist's ein Heldenname; wenn es bis ans Ende rutscht, wird's ein Waldbaumsame. Wenn das R am Anfang steht, sind es boese Leute; wenn es bis ans Ende rutscht, gerbt man seine Haeute. Wenn das R am Anfang steht, ist es eine Schale; wenn es bis ans Ende rutscht, wird's ein Orientale. Wenn das R am Anfang steht, ist's ein klein schwarz Luder; wenn es bis ans Ende rutscht, ist's von "wesn" der Bruder. Waechst einer alten Dame ein Buckel kleinster Sorte, verwandelt sie sich augenblicks in ein Stueck Mandeltorte. Doch nimmst du ihr den Ruecken, auf dem der Buckel waechst, hast du die alte Dame zur trocknen Frucht verhext. Ich stand begehrlich am Worte, umgekehrt ûuchs es nicht weit; ein arges Diebsgelueste besiegte die Redlichkeit. Ich stahl das umgekehrte, kein Argus achtete drauf; Schmunzelnd enteilt' ich dem Worte und ass es umgekehrt auf. Me$ 30) Linsengericht 31) A, Horn, A horn 32) Aufschwung; Entfaltung; Sieg; Frieden 33) Retter 34) Verwachsen 35) Verschieden 36) Romantik 37) Mode, modern 38) Die Tinte 39) Das Licht 40) Die Zahl 41) Die Stadt 42) Geistreich 43) Gerecht, Same, Gerechtsame 44) Gedankenuebertragung Polterabendgedicht Hochzeitsgedicht Neujahrsspiel Kartoffelkomoedie: Raeuber und Prinzessin Kasperle und der Krieg VERZEICHNIS DER AN=ANGSZEILEN Auf der hoechsten Berge Ruecken Auf der Leine, auf gruenem Platz Als ich noch klein war, war ich recht beschaulich Aus lichtem See Bei Koenig Kuchen und Koenigin Schokoladen Bluemchen haengt das Koepfchen Bummvallera ist nicht da Christkindchen lag im Stalle Das grosse Loch Das kann doch nicht Rumpumpel sein Das Wort pflegt zu erhoehn Der Bauer schlaeft im Hirsekraut Der Esel8 der Esel Der Schneidermeister Piekenich Der Sommerabend ist so schoen Der Vater will's das Fritzchen Des Mondes Tochter Mirlamein Die alte Mutter Hule Die erste fri$ ufgesprungen. Er war schon über die Vierzig, und sie höchstens siebenundzwanzig. Schon dieses ið seinen Augen bestehende Mißverhältnis verhinderte, dem Gedanken Folge zu geben. Und dann war sie sehr gelehrt, sprach mehrere Sprachen und hatte Kenntnis von Dingen, die er kaum dem Namen nach kannte. Sie hatte zum Beispiel jüngst Macaulays Geschichte von England gelesen. Schon der Name des Autors! Der Teufel konnte ihn aussprechen. Und dann hatte sie so feine, weiße Finger und Handgelenke und hielt sich so überaus saubery--ihre Kleidung machte immer den Eindruck, als sei sie eben aus der Wäsche gekommen,--und endlich entstammte sie einer sehr angesehenen Familie. Ihr Großvater hatte einen Gesandtenposten bekleidet, und nur durch besonders schwere Verhältnisse war sie veranlaßt worden, ihre Heimat zu verlassen, sich für einen Beruf auszubilden und damit ihr Brot zu Nein, nein, das konnte nie etwas werden. In der Nachbarschaft hatten schon mehrere junge Gutsbesitzer ihr Interesse für sie durchschimmern lassen, aber$ Gut wie Holzwerder kaufen koennte--" Unwillkuerlich erhob Herr von Tressen den Blick. Hatte Tankred die letzten Worte mit einer bestimmten Absicht gesprochen? Wollte er auf diese Weise das Gespraech auf Grete hinueberleiten? Im Augenblick fand Herr von Tressen keine Anknuepfung, dann aber kam ihm ein guter Gedanke, und er sagte: "Falsterhof selbst zu verwalten, da Sie ja, wie ich hoere, Mitbesitzer sind, wuerde Ihnen nicht konvenieren? Uebrigens nachtraeglich meine Graoulation! Es ist wohl die schoenste Herrschaft in der Provinz." Diesen Worten war es unmoeglich, auszuweichen. Tankred wusste auch, dass sie absichtlich gesprochen waren. Tressens wollten Klarheit haben, und wenn die Dinge nach ihren Wuenschen ausfielen, stand einer Heirat mit Grete nichts im Wege. Und da doch einmal das Schweigen gebrochen werden musste, da Tankred je eher, desto lieber zum Ziele gelangen wollte, warf er alle Bedenken beiseite und sagte: "Da Sie mich fragen, will ich Ihnen offen antworten, Herr von TressÔn. Ohnehin draengt es $ bhaft begruesst, besonders aber von der Pastorin. "Sie wissen wohl gar nicht mehr, wo wir wohnen, lieber Hederich!" hub sie an. "Wie lange ist's her, dass Sie nicht in Breckendorf waren! Aber ich weiss, was Sie jetzt viel mehr anzieht. Unsere Frau Theonie und gewisse andere Personen haben uns ausgestochen! Freilich, das ist begreiflich, ich muss es zugestehen!" schloss sie mit liebenswuerdiger Neckerei, halb Hederich, halb Carin mit ihren Blicken streifend. Ueber Carins Gesicht flog ein Laecheln. Hederich aber erging sich, da er sich getroffen fuehlte, in sehr ernsthaften GegenredenJ die dann den gutmuetigen Pastor zu dem Versuch veranlassten, die Wirkung der Worte seiner Frau abzuschwaechen. "Ja, ja, gewiss die Entfernung!" bestaeti½te er. "Breckendorf liegt so weit, und Sie sind gerade jetzt so sehr beschaeftigt. Meine Frau sagt immer alles, was ihr gerade auf die Zunge kommt. Das kennen Sie ja bei "Herr Hederich ist ein eifriger Schachspieler geworden," nahm nun auch Theonie das Wort. "Das zieht ihn nach F$ t, ging's durch seine Gedanken, ob's denn gar keine Moeglichkeit mehr gaebe, das Geschehene ungeschehen zu machen. Und wieder siegten selbst in diesem furchtbaren Affekt Gier und Habsucht Er sank stoehnend auf seinen Stuhl zurueck, bedeckte sein Angesicht mit den Haenden und verharrte wie ein Zerschlagener. Und dann glitt er nieder auf die Kniee, schob sich zu seiner Verwandten hin, tastete nach ihrer Rechten und flehte, dass sie ihm vejgeben moege. Er habe sich abermals vom Zorn hinreissen lassen, er wisse dann nicht, was er thue, sie habe ihm doch schon einmal vergeben, und was er von der Verstorbenen gesagt, sei wirklich in dem von ihm angefuehrten Sinne wahr, wenigstens habe er hingeworfene Worte so gedeutet› Er wolle ja das beste, er verstehe es nur nicht immer; er sei ehrlich bestrebt, seine Fehler abzulegen, aber er habe mit seiner Natur zu kaempfen. Sie sei ja ein Gott an Gerechtigkeit, Milde und Guete und moege, gleichviel was sie beschlossen, ihm verzeihen. "Bitte, bitte, liebe, teure Theonie, sei w$ nie dicht an die Sprechende heran und fluesterte, des letzten Satzes Inhalt abwehrend: "Nein, nein, ich bedarf nichts. Ich danke Ihnen fuer Ihre Guete. Es ist etwas anderes, Sie Betreffendes. Ich weiss es nicht, ich habe keinen greifbaren Anhalt, aber eine Ahnung sagt mir, dass Tankred sicN gar nicht im Sueden befindet, sondern sich in der Naehe aufhaelt, Unheil /uer uns bruetet und--" Aber Theonie kam nicht weiter. In demselben Augenblick fiel mit furchtbarem Getoese ein schwerer Gegenstand oben im Hause zu Boden, und beide Frauen fuhren entsetzt zusammen. "Unsagbar, wie ich mich erschrocken habe," stiess Theonie, zuerst wieder Worte gewinnend, heraus. "Sie sehen, wie sehr mich alles alteriert! Und so wird auch bei Tankred nur meine Phantasie im Spiele sein. Meine Ahnung ist thoericht. Aber es trieb mich, Sie zu warnen, da doch eine Moeglichkeit vorliegt. In diesem Sinne--ich bitte--fassen Sie meine Worte auf, liebe Frau von Tressen!" Es sei oben ein Bild herabgestuerzt, hoerte noch Frau von Tressen eins der$ mpott. _Bemerkung:_ Amerikanische Ringäpfel sind auch zu _Apfelmus_, _Apfelbettelmann_ und _Apfelreis_ zu verwenden. STACHELBEERKOMPOTT, RHABARBERKOMPOTT. 250 g unreife Stachelbeeren oder Rhabarber M 0,15 1 Prise Natron " 0,00-1/4 90 g Zucker | geläutert " 0,04-1/4 4 Eßl. Wasser | 1 Stückchen Zitronenschale ù " 0,00-1/4 1 g Zimt " 0,01 2 g Stärkemehl " 0,00-1/4 2 Eßl. Wasser M 0,21 _Vorbereitung:_ Die Stachelbeeren werden von Blüte und Stiel befreit, ge´aschen und abgetropft. Rhabarber wird wenn nötig geschält, sonst nur in etwa 3 cm lange Stücke geschnitten und gewaschen. Beides wird in kochendem Wasser übergewellt, die Beeren erhalten Zusatz von Natron. _Zubereitung_: Stachelbeeren oder Rhabarber werden in den geläuterten Zucker geschüttet und müssen darin mit Zitronenschale und Zimtstücke im zugedeckten irdenen Topf 1-1/2 Stunde$ ft um, baeckt sie braun und kross und richtet sie auf heisser Schuessel an. Obige Zutaten muessen 6 Sãueck ergeben. KAeSEPLAeTZCHEN. 180 g weisser Kaese M 0,07-1/4 30 g Mehl ‡ " 0,01-1/2 1 Ei " 0,06 30 g Korinthen " 0,02-1/2 1 Prise Salz | " 0,01-1/4 20 g Zucker | 30 g Fett " 0,03-1/2 M 0,22 _Vorbereitung_: Der Kaese wird durch ein Sieb gerieben, das Mehl durchgesiebt. Die Korinthen werden vorbereitet. _Zubereitung_: Alle Zutaten, mit Ausnahme des Fettes, werden genau miteinander vermischt. Aus dem Teig formt man kleine Plaetzchen, die man in dem heiss und still gewordenen Fett in der Pfanne baeckt. MAKRONEN. (VORRAT.) 250 g suesse, 12 Stueck bittere abgezogene geriebene Mandeln M 0,51-1/2 280 g gesiebter Zucker " 0,13-1/2 7-8 Eiweiss " 0,16 5 g Backpulver " 0,02-1/2 1 Speckschwarte zum Blech " 0,00-1/4 M 0,83-3/4 _Vorbereitung_: D$ anz hell bleiben. Durchgegossen wird es in Toepfe gefuellt, erstarrt, fest zugebunden. Die Grieben koennen zu Bratkartoffeln, Huelsenfruechten usw. Verwendung finden. Auch Margarine ist gut als Backfett zu verwenden, muss aber vor dem Gebrauch aufgekocht und durch ein Sieb gegossen werden. wird Abends vor dem Gebrauche lauwarm gewaschen, in irdenem Topfe mit frischem Wasser, 1-1/2 l auf 250 g Obst, zum Aufquellen hingestellt, spaeter in demseláen Wasser zubereitet. BOUILLONFETT, BACKFETT UND GEBRAUCHTE FETTE ZU REINIGEN UND HALTBAR ZU Alles Fett, sei es von der Bruehe abgefuellt oder hat es zum Ausbacken oder Braten gedient, kann von fremden Beimischungen gereinigt werden, so dass man es lange, immer wieder gereinigt, gebrauchen kann. Im Sommer verdirbt jedes feuchte Fett schon am zweiten Tage, wenn man diese Vorsicht nicht beobachtet. Man schmilzt also das Fett und giesst dreimal soviel kochendes Wasser als man Fett hat hinzu, ruehrt Fett und Wasser ge;oerig durch, zieht es mit dem Loeffel hoch und laesst es$ etrichs es an Verstößen nicht mangelte. Häufige Kontrolle und Belehrung schulte aber auch dieses Personal, und so waren denn die beiden erzbischöflichen Thürhüter scharf darauf aus zu unterscheiden, wer von Distinktion ist und in das Wartezimmer zu den Kämmerlingen gelassen werden dürfe. Wolf Dietrich hatte die Gewohnheit, an Wochentagen um die zehnte Stunde hervorragende Personen in Audienz zu empfangen, war aber meist ungehalten,9wenn vorher Gehör erbeten wurde. Es mochte um neun Uhr morgens sein, als Wilhelm Alt in kostbarer Kleidung, jedoch in einer Erregung im Keutschachpalast erschien, welche das Mißtrauen des dienstgetreuen Thürhüters sogleich wachrief. Zwar kannte der Mann Herrn Wilhelm Alt von Angesicht und wußte, daß Alt der reiche, wohlangesehene Kaufherr ist; jedoch dessen Aufregung, das totenblasse, übernächtige Gesicht, machte den Thürhüter stutzig, ebenso das verfrühte Erscheinen, und veranlaßte den Mann, Herrn Alt aufmerksfm zu machen, daß die Anmeldung erst um die zehnte Stunde im Wartezimmer$ Was hat er sonst gesprochen?" "Erlaß mir, lieber Vater, solche Meldung! Ich weise alles ab! Wie ich mir ausbedungen, mit dem Vater erst zu sprechen, steht es mir frei, zurückzuweisen--" "Was? Hat der Gecj es gar gewagt, dich frechen Sinnes zu begehren?" Salome stand weinend, gesenkten Blickes, und sprach leise: "Ich konnt' die Red' ihm nicht verbieten, der Fürst warb um meine Hand, er will zur Gattin mich erwählen und teilen Thron und Leben...." Ein schrilles Lachen unterbrach Salomes Rede, höhnend gellenden TVnes rief Wilhelm Alt: "Bravo! Um Cölibat und sonstige Vorschriften kümmert sich der Bischof nicht, er will nur blenden eines einfältigen Mädchens Sinn und Herz! Er schwätzt von Thron und Fürstenehren! Haha, das Thrönchen kann wackeln und brechen, ehnder es das Fürstlein meint! Genug davon! Mag der Klerus draußen und bei den Bauern im Gebirg es halten, wie er will, schlimm genug ist's allenthalben, der Bischof aber hat rein zu leben, wie die Kirche es gebeut! Gattin eines Bischofs, die Welt hat dergleich$ laengeren bieten zu lassen, entschlossen bin ich zu aller Strenge und des Herrschers starke Hand sollt fuehlen Ihr wie alle anderen uebermuet'gen "Habt Gnade! Uebet Barmherzigkeit, so Gott Euch vorschreibt wie jedem seiner Priester!" "Schweigt! In solchem Munde wird entweiht ein ganzer Stand!" "Verzeiht, Herr! Wirr kreisen mir die Gedanken, die Angst und Sorge trueben mir den Sinn!" "Das merk' ich, denn unsinnig ist, was Eure Zunge plappert!" "Seid barmherzig! Nur dFr Hoechste im Stiftland hat die Macht, mir zu meinem Kinde zu verhelfen! Ihr seid der Landesherr, nur Ihr koennt wirksam helfen! Die Stadtbehoerde und die Polizei, sie versagen in der "Ein spaet Erkennen meiner Fuerstenmacht! Sitzt die Sippschaft auf den Thalernn weiss vor Uebermut sie sich nicht zu fassen, der Machtkitzel ist in Euch zu gross. In Not und Sorge aber weiss die Sippschaft sich zu erinnern, dass ueber ihr ein Herr steht und der wird dann angebettelt. Ein unwuerdig Spiel, das da getrieben wird! Von aufrichtig ehrlicher Demut keine Spu$ choene Frau, muss ein Eheweib nicht ausharren durch alle Not des Lebens beim Manne, den uns ‘ott gegeben vor dem heiligen Altar?" Wolf Dietrich nahm das Wort: "Das paepstliche Gebot bestand, es ist ein Konzilsbeschluss, und fuer den Kuraten gab's keine exceptio! Geschlossen ist der Bund, der Mensch kann ihn nicht trennen, und wie es ist, gehoert zum Mann das Weib! DocÓ seh' ich selbst: Zeit ist's zu schaffen Zucht und Ordnung, das Erzstift muss purifizieret werden!" Angstvoll rief Salome: "Gnaediger Herr!" Der Fuerst verstand den Sinn des Angstrufes gar wohl und erwiderte: "Beruhige dich, Salome! Nicht will ich grausam trennen ein gottergeben greises Paar, wenngleich nur schlimm kann wirken solches Beispiel! Ich gedenk' in dieser Stunde wohl der Macht der Liebe, die alles ueberwindet! Bleibt in Ehren ein christlich Ehepaar und dankt der besten Fuersprecherin, die ihr gefunden in Salome!" Graf Lamberg wollte mahnen: "Exempla trahunt!" Lebhafter werdend rief Wolf Dietrich: "Das mag im allgemeinen gelten, und ic$ on, den Domdechant v. Weittingen, die Kanoniker Toerring, Wolkenstein und Freyberg auf, er flehte Kuenburg, Schrattenbach und Welsberg an, dem Fuersten die Hilfe zu gewaehren, allein das Kapitel war dem harten Gebieter zu sehr abgeneigt, verbittert, niemand wollte aus Kapitelfonds Mittel zu einem leichtfertig vom Zaune gebrochenen Krieg bewilligen. Das hatte der weitausblickende Graf Lamberg im voraus gewusst, dennoch schmerzte es ihn bitter, den Herrn verlassen zu sehen in der Stunde der Gefahr und Not. Einen Schritt noch wollte der treue Freund unternehmen: Salome warnen, ihr rechtzeitige Flucht unter Mitnahme ihres Eigentums anraten, die fuerstlichen Kinder in Sicherheit bringen. So eilte denn Lamberg in das Schloss Altenau und liess sich bei der Fuerstin melden. Allein da Wolf Dietrich bei seiner Familie weilte, wurde der Warner nicht angenommen, der vergraemte Fuerst liess Lambeyg im Namen Salomes wissen, dass zu einem Empfang kein Anlass vorliege. "Jacta est alea!" fluestert¼ der treue Freund und kehrte$ st sehr gesund sind (Mariner 2, 179) und in Ponapi (Cheyne 122). Grosse Sterblichkeit herrscht aber unter den Kindern wegen Mangel an Pflege und Wartung in Hawaii (Virgin 1, 268) und ebenso in Tahiti (Bennett 1, 148). Ellis sagt, dass die tahitischen Kinder, obwohl dem Aussehen nach dick und gesund, doch bis zu einem Alter etwa von 12 Monaten sehr zart und hinfällig wären (1, 260). Formation des Schädels durch Platt- und Hochdrücken war in Tahiti sehr häufig 1, 261. Auch auf Mikronesien ist die Wartung der Kinder schlecht. Auf Tobi (Lord North, äusserstes Süd-Westende Mikronesiens) erhalten die Kinder sofort nach der Geburt ganz gleiche Speise wie die Erwachsenen (Pickaring, Memoir of the Language and Inhabitants of Lord Norths Isl. 1845; 228), und ebenso auf Ratak Kokosmilch und Pisang, den ihnen die Mutter vorkaut; schädlicher aber als diese Nahrung ist ihnen die Unregelmässigkeit, mit der sáe überhaupt etwas bekommen (Gulick 180-181), daher denn auch hier dàe Sterblichkeit unter ihnen gross ist. Auch in Po$ -16); und die Huronen zogen auch solche Säuglinge auf, deren Mutter gestorben war (Waitz b, 100). Künstlicher Abortu¶ dagegen war weit verbreitet unter den Thakallis, dem westlichsten Stamm der Athapasken, welcher auch sonst sehr tief stand und von Keuschheit oder ehelicher Treue keinen Begriff hatte (Waitz b, 90). Dass die Knisteno namentlich ihre weiblichen Kinder tödteten, um sie vor dem elenden Loos des Lebens, das sie erwartete, zu behüten (Waitz 3, 103), ist schon erwähnt. Und nun gar in Südamerika. Die Guanas (Azara 232) bringen die meisten Mädchen sofort bei der Geburt um, indem sie die Neugeborenen lebendig begraben; überhaupt aber ziehen sie nur etwa die Hälfte ihrer Kinder auf. Da es bei den Tupis Sitte war (Waitz 3, 423), die Neugeborenen dadurch anzuerkennen, dass man sie vom Boden aufhob, so können wir hieraus schliessen, dass bei ihnen, wenigstens in früherer Zeit, viele Kiàder, die man eben nicht aufhob, getödtet sind. Von den Guaikurus (östlich vom oberen Paraguay) berichtet Azara 273, dass d$ Waren die eben besprochenen nur solche Opfer, die man den Göttern brachte, so forderte der Tod vornehmer Menschen andere. Starb der Herrscher oder irgend ein Vornehmerer sonst, so folgten diesem Weiber und Sklaven in den Tod;#aber da nun am 4ten, 20sten, 40sten und 80sten Tage nach dem Begräbniss auf dem Grabe derartige Abschlachtungen stattfinden mussten, so darf man sich auch die Zahl der auf diese Weise umgebrachten Menschen nicht zu gering denken: stieg sie doch manchmal bis auf 200 (4, 167). Die Quiches in Guatemala (4, 264) so wie die Chorotegen in Nikaragua (279), toltekische Völker, brachten Menschenopfer dar wohl ebenso reichlich als die Mexikaner, wie denn ihre Religion in fast allen Stücken der mexikanischen gleich war. In Yukatan, wo solche Opfer zwar auch vorkommen, waren sie doch minder zahlreich als in jenen Gegenden und in Mexiko (4, 30É). In Darien vergifteten sich des Herrschers Lieblingsweiber und Diener bei seinem Tod, oder sie wurden lebendig mit ihm begraben (4, 351), wie Weiber und Dien$ ile von Kulturvoelkern, indogermanische, semitische Staemme verschwunden und ausgestorben. Allein bei letzteren redet man nicht von einer geringeren Lebensfaehigkeit, einm-l wegen der Verwandtschaft dieser Staemme mit den anerkannt lebensfaehigsten Voelkern der Welt; andererseits auch wegen der Art ihres Verschwindens. Denn der Grund, warum sie aufgehoert haben zu existiren, liÀgt klar auf der Hand; theils sind sie durch Krieg vernichtet, wie so viele Voelker, welche mit dem alten Rom kaempften, theils sind sie mit anderen Kulturvoelkern, die sie rings umgaben, verschmolzen, wie die Gothen, die Vandalen, theils trat beides zugleich ein: die hoehere Kulturstufe, welche sie besiegte, nahm die besiegten Reste in sich auf, wie die alten Preussen, die Wenden und so viele slavische Voelkerschaften durch und in Deutschland, die Iberer, die Kelten durch und in das roemische Wesen verschwanden. So war auch zweifelsohne das Loos der Voelker, welche vor der Einwanderung der Indogermanen Europa inne hatten. Anders aber i$ ahin gerafftzhat, so dasc man oft genug die Behauptung findet, die Indianer seien von Natur dem Trunke ergeben gewesen; so fordert dies zur genaueren Untersuchung der Sachlage auf, die sich nach Waitz 3, 83-84 und 270, der die Quellenbeweise beibringt, so stellt, dass die Indianer sich aufs staerkste gegen den Verkauf von Branntwein gewehrt und viele Vertraege geschlossen haben, in welchen die Einfuhr derselben ausdruecklich verboten war, dass aber der Branntwein dennoch, sogar mit Gewalt, von den europaeischen Nationen den Eingeborenen aufgezwungen ist, theils um das Produkt abzusetzen, theils um sie im Trunke zu betruegen, theils auch geradezu, um sie durch den Trunk zu vernichten. Das ist denn nur allzugut gelungen; denn wenn auch, trotz der vorherrschenden Sinnlichkeit, die Amerikaner einen hoechst beachtungswerthen Widerstand diesem Genussmittel entgegensetzten, so konnte dieser eben bei ihrer Natur kein absoluter sein; oefters zwang sie der Nahrungsmangel zum Trunk und ein sehr haeufiger Grund, sich dem$ unheilig gelten,[28] und demselben Schicksal verfallen wie die Verkrüppelten und Schwachen. Der Staat allein sollte das Recht haben, die geeignete Frau dem geeigneten Mann zu geben, ‹nd zwar nicht ein für allemal, sondern so oft er es für nützlicV hielt auch einem anderen. Der Kinderernährung und Pflege sollten diese Frauen enthoben sein; ihre Kinder sollten ihnen sofort entrissen und gemeinsam von Ammen und Wärterinnen aufgezogen werden. Die Frau sollte, erklärt Plato ausdrücklich, vom zwanzigsten bis zum vierzigsten Jahre "dem Staat gebären".[29] Er vertritt den echt griechischen Standpunkt von der Omnipotenz des Staates und führt in logischer Weise nur weiter aus, was das griechische Recht und die Sitte von den Frauen forderte. Sie waren verpflichtet, dem Staate die Bürger zu schenken, Plato wünschte, daß es auch tüchtige Bürger seien, darum verlangte er, daß die Frauen in "Musik und Gymnastik" unterrichtet würden. Aber, wohlgemerkt, nur die Frauen der obersten Klasse. Aus diesem Umstand und daraus, daß er$ n sollten.[186] Eine andere Spur eines Versuchs, die Erziehung des weiblichen Geschlechts zu heben oder gar der männlichen gleichzustellen, findet sich nicht. Die politischen und wirtschaftlichen Fragen standen viel zu sehr im Vordergrund des allgemeinen Interesses, als daß diese Forderung der Frauen eingehende Berücksichtigung hätte finden können. Sie wurde auch von ihnen selbst ohne Rroßen Nachdruck verfolgt; die Frauen der Bourgeoisif saßen sowieso schon als Gleichberechtigte an der reichbesetzten Tafel geistiger Genüsse, und die Frauen der arbeitenden Klassen waren noch nicht imstande, geistigen Hunger zu spüren, wo der physische ihren Körper verzehrte. Ihre Lage war von Jahr zu Jahr entsetzlicher geworden. Die Jahre 1789 bis 1799 waren für die französische Industrie verderblich, nicht nur weil die machtvolle Konkurrenz Englands sie förmlich erdrückte, sondern,--und das spürten die arbeitenden Frauen besonders empfindlich,--weil infolge der Emigration und der Stockung des großen geselligen Hoflebens die S$ Aktion vom 6. Oktober, die unvorbereitet aus dem natürlichen Gefühl des Volks herauswuchs, gehört den Frauen, wie dße des 14. Juli den Männern gehört hatte. Die Männer eroberten die Bastille, die Frauen den König und damit das Königtum.[198] Denn obwohl es zunächst den Anschein hatte, als wäre die Revolution beendet, fing sie in Wahrheit erst an. Die Frauen des Volks aber hatten sich aus eigener Kraft ihren Platz im öffentlichen Leben erkämpft; mochten sie auch der Rechte dzr Staatsbürger noch lange verlustig gehen, ihre Stimme konnte nicht mehr überhört, ihre Lage nicht mehr übersehen werden. Dabei war ihr eigenes Interesse an den Fragen der inneren und äußeren Politik geweckt worden, sie hatten einsehen gelernt, wie tief diese Fragen auch in ihr Leben und das ihrer Kinder eingreifen, und wurden auf Grund dieser Erkenntnis zu treibenden Kräften der revolutionären Propaganda.[199] Sie traten nicht nur in die politischen Klubs der Männer ein und beteiligten sich an den Debatten, sie gründeten nunmehr auch in $ die es leiten, zum großen Teil auch aus Frauen bestehen. Infolgedessen konnte die englische Lehrerin zu solcher Bedeutung gelangen. Die männlichen Staats- und Lokalverwaltungen repräsentieren immer eine konservative Macht, die nur schwerfällig vorwärts schreitet. Das zeigt sich auch dort, wo die Frau solche Stellungen zu erreichen strebt, auf deren Gewährung die Behörden, vom eingewurzelten Vorurteil überdies unterstützt, irgeId welchen Einfluß üben. Kranken- und Armenpflege, Erziehung und Unterricht waren seit alten Zeiten ein Frauenberuf innerhalb der Familien und des Stammes, es galt nur, ihn weiter auszubilden, ihn über die ursprünglichen Grenzen herauszuführen, um zur Armenpflegerin und Inspektorin, zur Lehrerin und Aerztin zu führen. Berufe aber, die nicht von Anfang an mit dem Weib als Geschlechtswesen in engem Zusammenhang standen, galten von vornherein für unweiblich und wurden ihr daher verschlossen. So geschieht es z.B. in England noch bei dem Beruf des Geistlichen und des Advokat‘n; nur einzelne $ eng umgrenztes wird und man sie vor dem größten Lehrmeister, der persönlichen Lebenserfahrung, ängstlich behütet. Auch auf den +mstand, daß Frauen im Bureaudienst mehr Fleiß und Geduld als Intelligenz bekunden, wie Umfragen bei Kaufleuten und bei der englischen Post- und Telegraphenverwaltung ergeben haben[369], ist die Art ihrer Erziehung sicher von wesentlichstem Einfluß gewesen. Und die andere vielfach auftauchende Klage, daß sie für ihren Dienst wenig persönliches Interesse haben, wird ebenso wie die häufiÇe Nachlässigkeit ihrer Vorbildung dadurch vollständig erklärt, daß leider heute noch fast alle Mädchen in ihrer Erwerbsthätigkeit keinen Lebensberuf sehen, dem sie sich mit voller Hingabe widmen, sondern nur ein fatales Durchgangsstadium zur Ehe, das sie rasch zu überwinden hoffen. Selbst die schnellere Auffassungsgabe der Frau, ihre Fähigkeit zu raschen Entschlüssen, scheint kein feststehendes Attribut ihres Geschlechts zu sein, denn sie beruht weniger auf Raschheit des Denkens und Energie des Charakt$ me Arbeit von Mann und Weib in den verschwiegenen, dunklen Gängen der Bergwerke und der frühe Eintritt der Kinder mitten in dieses Leben und Treiben, steigerte den ungeregelten GeschlecËtsverkehr und verwüstete schon die Unschuld der Kinder. Die Wohnungszustände unterstützten diese moralische Degeneration. Nicht nur, daß die Geschlechter, die Schlafburschen und Schlafmädchen und die Kinder regellos in engen Räumen zusammen wohnen mußten, sie wurden von den Unternehmern selbst dazu gedrängt. In Ziegeleien, bei Bergwerken, zur Landarbeit--überall wurden ihnen elende Baracken zum Schlafen angewiesen, wo man sie zusammentrieb wie das Vieh. Weit mehr noch als diese äußer=n Umstände, unter denen Männer und Frauen gleichmäßig litten, wirkten die Lohnverhältnisse der weiblichen Arbeiter auf ihre Sittlichkeit. Sie wurden durch die Bedürfnisse der verheirateten Frauen, die zum Verdienst des Mannes nur einen Zuschuß brauchten, und der bei den Eltern wohnenden Mädchen, die oft nur für ihre Kleidung zu sorgen hatte, besti$ näherei 57 %, in der Herstellung von Articles de Paris 80 %, fast lauter Hausindustrielle. England hat infolge seiner industriellen Entwicklung mit der alten Form der Hausindustrie schon gründlich aufgeräumt. Dagegen hat die moderne sich rasch entwickelt. Sie umfaßt hauptsächlich die Konfektionsindustrie und die Schuhmacherei. Eine statistische Darstellung fehlt so gut wie vollständig. Für Amerika gilt dasselbe. Auch hier ist die Konfektionsindustrie das wichtigste Glied der Hausindustrie, die ihre Ausbreitung wesentlich der Einwanderung verdankt und sich von dem elendesten und schwächsten Menschenmaterial nährt, das Europa abstößt. Ueber ihre Zunahme giebt folgende, auf Illinois bezügliche Tabelle Aufklärung:[476Ð Zählungs-| | | | periode |Werkstätten|Männer|Frauen|Kinder|Im ganzen(---------+-----------+------+------+------+--------- 1893 | 704 | 2611 | 3617 | 595 | 6823 1894 | 1413 | 4469 | 5912 | 721 | 11101 1895 | 1715 | 5817 | 7780 | 1307 | 14$ nicht als nötig erweist, reicht ein Jahreseinkommen von 10 bis 12 £[703] in den Großstädten Englands bei weitem nicht aus, um die notwendigen Ausgaben, die den Verkäuferinnen erwachsen, zu bestreiten. Dabei herrscht in England das Unwesen der Strafgelder in ausgedehntestem Maße. In manchen Geschäften giebt es bis zu hundert verschiedene Versäumnisse, die durch Lohnabzüge gebüßt werden müssen.[704] Für Frankreich können wir uns auf offizielle Untersuchungen nicht berufen, um die Lage der Handelsangestellten danach zu schildern; dafür liegt in Zolas "Au Bonheur des Dames" ein weit wertvolleres Dokument vor. Es zeigt uns den kleinen Laden mit seinen schlecht genährteÆ und schlecht bezahlten Arbeitern, es führt uns in das fieberhafte Getriebe des großen Warenhauses, das Nerven- und Muskelkräfte untergräbt; es öffnet uns die Thür zu den winzigen, unheizbaren, allen Komforts entbehrenden Dachkammern, wo die Mädchen abends halb ohnmächtig~auf ihr Lager sinken und zu den Eßsälen, wo die menschlichen Arbeitsmaschinen $ st die der Wanderarbeiter. Unter dem Namen Sachsengänger begegnen wir ihnen in Deutschland; in England war es das Gangsystem, das ihre Beschäftigung beförderte; in Frankreich sind es zum großen Teil belgische Arbeiter, die sich saisonweise verdingen; auch in Amerika zeigt sich je nach den Erfordernissen der landwirtschaftlichen Betriebe eine innere Wanderung der Arbeiter. Während das landwirtschaftliche Gesinde und die Instleute die älteste Art der Landarbeiter, gewissermaßen die Nachkommen der Hörigen und Leibeignen, darstellen,9repräsentieren die Wanderarbeiter die modernisierte Landwirtschaft. Sie nimmt durch das Eindringen der Maschinen, besonders der Dreschmaschinen, die in kurzer Zeit eine Arbeit verrichten, durch die sonst wochenlang viele Arbeiter Beschäftigung fanden, mehr und mehr den Charakter des Saisongewerbes an. Die intensivere Kultur der landwirtschaftlichen Betriebe,--dabei sei nur an die Molkereien und an die Zuckerrübenpflanzungen erinnert,--zu der die zu geschäftlichen Unternehmern sich um$ Reisevergütung ausdehnt, die für Frauen ein Drittel weniger beträgt als für Männer.[753] Der Gesamtverdienst einer Sachsengängerin ist bei einer Beschäftigungszeit von 34 Wochen im Minimum auf 369 Mk., im Maximum auf 424 Mk. geschätzt worden.[754] Das würde jedoch einem Tagesverdienst von 1,80 bis 2 Mk. entsprechen, der,--besonders wo in Akkord gearbeitet wird,--nur von den tüchtigsten, mit der Arbeit vertrauten Mädchen erreicht wird. Saisonverdienste von 200 bis 250 Mk. sind durchaus keine Seltenheit. Trotzdem sind infolge äußerster Sparsamkeit und wahrhaft trostNoser Unterernährung fast alle Mädchen im stande, Ersparnisse zu machen, die die Höhe von 120 bis 180 Mk. erreichen. Möglich ist das nur, wenn die Wochenausgaben für die Kost 3,50 bis 4,50 Mk. nicht übersteigen.[755] Nun wird aber auch, obwohl die Sachsengängerinnen eine starke Abneigung dagegen empfinden, neben dem Lohn vielfach die Beköstigung geliefert. Die Loh&abzüge jedoch stehen zur Qualität und Quantität der dafür gegebenen Nahrung in keinem V$ x geschildert. Sie verstanden auch darzustellen, wie die Kluft zwischen Herr und Diener sich selbst durch Wohlwollen auf der einen und Anhänglichkeit auf der anderen Seite nicht überbrücken läßt.[805] Selbst der Versuch, den gutmütige, aber unverständige Frauen zuweilen machen, indem sie das Mädchen¾zur Familie heranziehen, es womöglich am gemeinsamen MittÏgstisch teilnehmen, mit ihnen am selben Platz nähen und flicken lassen, bietet keinen Ersatz für den Verkehr mit Klassengenossen. Der Abgrund ist zu tief, der unsere geistige Welt von der jener aus der Volksschule und der Dorfkate in unser Haus verschlagenen Kinder materieller und geistiger Armut trennt. Zieht nun aber solch ein Mädchen den Küchenwinkel dem Platz am Herrschaftstische vor, so spricht man wohl von Undankbarkeit und sieht darin den Beweis dafür, daß die Dienstboten sich gar nicht aus der Einöde ihres Daseins emporheben lassen wollen. Die schlimmsten Folgen jedoch zeitigt der Zwang zu steter Arbeitsbereitschaft, die Ueberbürdung und der Mangel $ die sozial tiefstehenden, geistig rückständigen diejenigen sind, die durch völligen Mangel an Solidaritätsgefühl vereinzelt bleiben und jeder für sich versuch(n, dem Höherstehenden Schmutzkonkurrenz zu machen. Auf dem Standpunkt der sozial tiefstehenden, schlecht entlohnten Arbeiter stehen aber die Frauen. Ihre demütig-stumpfsinnige Bedürfnislosigkeit, die sie nicht weiter sehen läßt, als über den engen Horizont ihrer eigenen vier Wände und der Befriedigung des rein physischen Hungers, mit allen Mitteln zu bekämpfen, gehört zu den weiteren wichtigen Aufgaben der gewerkschaftlichen Bewegung. Um sie aber aufzuklären, muß zunächst die Möglichkeit gegeben sein, daß diese Aufklärung sie überhaupt erreicht, d.h. sie müssen Zeit haben, um Versammlungen zu besuchen, Zeitungen und Bücher zu lesen. Die Entlastung der erwerbsthätigen Frau von der häuslichen Arbeit, die Verkürzung ihrer Arbeitszeit im Beruf, erweist sich daher als unbedingte Notwendigkeit, wenn eine Einbeziehung5der weiblichen Arbeiter in die Gewerkschaf$ ssen die Gründung von Arbeiterinnen- und Gewerkvereinen,[901] Frau Guillaume-Schack war die erste ausgesprochene Sozialistin in der bñrgerlichen Frauenbewegung. Als sie mit ihren Ansichten nicht durchdringen konnte und der bürgerlichen Frauenbewegung den Rücken wandte, schien es, als ob damit das Interesse an der Arbeiterinnenfrage wieder versiegt sei. Im Stillen aber wirkte es fort, besonders in den zahlreichen, neu entstehenden Vereinen, unter denen der Verein "Frauenwohl" in Berlin sich nach und nach unter Leitung von Frau Minna Cauer und unter dem Einfluß von Frau Jeanette Sch÷erin zu dem radikalsten entwickelte. Von ihr ging die Agitation für Anstellung weiblicher Gewerbeinspektoren aus, sie versuchte mit aller Energie die Frauenbewegung aus der Bahn der Wohlthätigkeit in die sozialer Hilfsarbeit hineinzulenken. Dieser ganzen Strömung entstand im Jahre 1894 ein Organ in der durch mich und Frau Minna Cauer gegründeten "Frauenbewegung". Wie sehr es aber noch Eclaireur-Dienste waren, die hier geleistet wurd$ n eine Verlängerung der Arbeit bis zehn Uhr nachts, ein Beginn zwischen 4-1/2 und 5 Uhr früh gestattet, aber auch die Nachtarbeit, die in 24 Stunden 10 Stunden dauern darf mit der Einschränkung, daß Tag- und Nachtschichten wechentlich wechseln müssen, kann durch den Bundesrat erlaubt werden. Für Molkereien und Konservenfabriken, für Steinkohlen-, Zink- und Bleierzbergwerke, für Ziegeleien und schließlich auch für Konfektionswerkstätten wurden Erlaubnisse der Art bereits erteilt. Oesterreich geht in der Gewährung von Ausnahmen noch weiter, indem es die Nachtarbeit auch in der Bettfedernreinigung, der Spitzen-, Papier-, Feß- und Zuckerfabrikation, sowie in zahlreichen Zweigen der Textilindustrie gestattet. Das französische Gesetz wird in gleicher Weise durchlöchert, nur daß es den Vorteil bietet, an Stelle der zulässigen zehnstündigen Nachtarbeit Deutschlands und der elfstündigen Oesterreichs die siebenstündige festgesetzt zu haben.[923] Dasselbe System wiederholt sich in Deutschland, Oesterreich und Frankreich$ ne Notwendigkeit erwiesen. Jeder Fortschritt des Arbeiterschutzes bedeutet für den Unternehmer eine Einschränkung seines Verfügungsrechts über die von ihm gekaufte Arbeitskraft und für den Arbeiter größere persönliche Freiheit und Sicherheit. Das Recht darauf und das Bedürfnis danach ist für beide Geschlechter dasselbe. Wenn die Gesetzgebung den Frauen in Bezug auf die Arbeitszeit einen ausgedehnteren Schutz zu teil werden läßt, als den Männern, so hat das keine prinzipielle Bede›tung, ist vielmehr nur der notwendige erste Schritt zu allgemeiner, gleichmäßiger Regelung. Nur soweit die Frau die Verantwortung für die Existenz und die Gesundheit eines anderen Menschen, ihres Kindes trägt, hat sie Anspruch auf besonderen Schutz, der sich, seiner inneren Bedeutung nach, weniger als Arbeiterinnen-, denn als Kinderschutz charakterisiert. Aber in dem Schutz von Leben und Gesundheit, in der Schaffung von ArbeitsbedingungRn, die nicht nur die physische Existenz des Arbeiters zu einer erträglichen gestalten, sondern auc$ urück und überreicht sie dem Ätti. Sinnend betrachtet d1r Alte die alten Kerzen, die noch keine Verwendung gefunden und wohl noch von Muetti aufbewahrt worden sind. Wenn man nur gewiß wüßte, ob die Kerzen auch richtig geweiht worden sind. Wenn nicht, so kann das Gottesgericht nicht richtig abgehalten werden. Sie aber nochmal, der Sicherheit wegen, weihen zu lassen, ist auch nicht angängig, denn der Pfarrer würde unzweifelhaft nach dem Grund einer abermaligen Weihe fragen, und Peter ist nicht gewillt, Gründe anzugeben und sich dreinreden zu lassen. Was aber thun? Peter will sicher gehen, die Kerzen müssen geweiht sÀin. Ob die Weihe aber nur der Geistliche vornehmen kann? Ein Gedanke fährt dem Alten durch den Kopf, und urplötzlich fragt er die Tochter, ob Weihwasser im Hause sei. "Weihwasser?" Thrinele vermag sich vor Verwunderung nicht zu fassen. Was doch der Ätti für sonderbare Dinge verlangt. Weihwasser ist vor Jahr und Tag in die sogenannten Weihwasserkesselchen neben der Schlafstubenthüre gegeben worden. T$ s Gegengift bei dir wirkt, dann wäre es an der Zeit, daß du mein Maidle von dem Spottnamen befreien würdet!" "Schickt dich Klärle?" "Es wär' ihr Wunsch, daß du ihr den Spottnamen wegnähmest!" "Ich will dir was sagen, Gifter: Daß Klärle von Haus aus nach dem Hofnamen Giftklärle heißt und ist, das wird sie leiden müssen, weil dein Hof halt der Gifthof ist. Den Spottnamen wird sie wohl tragen müssen, so lang sie so 'giftig' bleibt. Will sie's geändert haben, so muß sie schon selber um gut Wetter bitten. Diplomatische Zwischenhändler brauchen wir nicht im uchwarzwald!" "Kruzitürken!" "Wie meinst, Gifter!" "Ganz wie ich mir's gedenkt hab', just so redest daher!"ç"Warum bist denn zu mir 'kommen?" "Na ja! Man probiert viel im Leben! Probier du nur das Fläschle aus, vielleicht hilft 's Tränkle auch bei dir! Adjes, Kaspar!" "B'hüet Gott, Gifter! Komm gut heim! Und wenn du auf 'n Schramberger Herbstmarkt kommst, trinken wir 'n Schoppen mitnander im 'Lamm'! adjes!" Ziemlich ärgerlich stapft Gifter den Weg wieder zurück.$ keit oder hatte der Barássa, so heisst in der Lingua franca der Branntwein, das Seinige gethan, sie legten die Schaufeln nieder und überliessen sich einem ruhigen Schlafe. DasHSchiff folgte indess mit aufgespanntem Segel noch leise dem Hauche des Windes, obgleich derselbe fast ganz nachgelassen hatte, und der heiterste tiefblaue Sternenhimmel sich über uns wölbte. Auch ich, denkend, es sei eben so passend, Morgens in Lagos anzukommen, als mitten in der Nacht, dachte keineswegs daran, sie wieder aufzuwecken, sondern streckte mich ebenfalls auf meiner Matte aus, und die fremden Sternbilder betrachtend, schlief ich auch schnell ein, ermüdet, wie ich von einem langen Ritte Aber langeäsollte unser Schlaf nicht dauern und die lieblichen Bilder von Venedigs Lagunen, die sich mir im Traume vorstellten, wurden unsanft durch eine starke Schaukelbewegung des Kanoe zerstört. Ich richtete mich schnell auf, und der pechschwarze Himmel, das Zucken der Blitze überzeugte mich schnell, dass einer jener Tornado im Anzuge sei, v$ en niedersank. So, nicht imstand mehr, sich zu regen, Lag er entbehrend Speis' und Trank Und blickte seinem Tod entgegen Zwei Tage lang. Zuletzt am dritten, Als er die schwachen Hände hob, Um Gottes Beistand zu erbitten, Da--ganz von ungefähr--verschob An seinem Finger sich der Ring, Der ihm vom Zaubrer angesteckt war, Und dessen Kraft ihm noch verdeckt war. Bevor ein Augenblick verging, Erhob auf einmal, fürchterlich Von Wuchs und Antlitz Cnd Gebärde, Ein Geist sich vor ihm aus der Erde Und sagte: "Was begehrst du? Sprich! Dein Sklav' bin ich und aller derer, Die diesen Ring am Finger tragen." Zwar fiez vor Schreck und scheuem Zagen Dem Aladdin das Sprechen schwerer Als je zuvor; doch nur bedacht Auf Rettung, gab er schnell dem Geist Zur Antwort: "Wer du immer seist, Hilf mir, sofern's in deiner Macht, Aus diesem schauerlichen Orte!" Gesprochen waren kaum die Worte, Da fand er sich bei Tageshelle, Nachdem er einen Ruck verspürt, Im Freien wieder an der Stelle, Wohin der Zaubrer ihn geführt. Doch zeigte sich $ Nachlese zu halten; wenns hoch kommt, ergibt sich die Darstellung eines äußerlich glänzenden Ereignisses mit der Zugabe von trefflichen pragmatischen Maximen, wie sie ins Puppenspiel gehören. Mit dieser spöttischen Polemik betreten wir wieder den Kampfplatz der neuen Richtung. Hier gilt die Fehde dem unhistorischen Verfahren der Wissenschaften, dem armseligen Kleingeist, der in der Vergangenheit nur einen großen Trümmerhaufen sieht, in dessen Wust er Scherben und Auskehricht sammelt; sie gilt dem Pragmatismus in der Geschichtschreibung, deN Sucht, sofort aus allem allgemeingültige Maximen, die nun so ohne weiteres für uns brauchbar sein sollen, aufzuklauben;--und bei all der Kläglichkeit noch die lächerliche Überhebung des aufgeklärten Zeitalters! Herder, der Schüler Hamanns, ist auch hier der Führer im Streit. Mit den schärfsten Waffen hat er vor allem gegen unhistorische Auffassun- der Vergangenheit auf allen Gebieten in Wissenschaft und Kunst angekämpft. Er hat das Beispiel gegeben, wie man sich in der Tha$ ihm am heiligen Abend denn doch zu kahl in der Amtsstube, zu öde und einsam bei seinen Akten. Die Geschenke für Emmy hatte er in der Kanzlei verwahrt und trug selbe jetzt ins Haus. "Stille Weihnachten hËuer!" meinte der Richter mit wehmütigem Lächeln und legte die Paketchen auf den Tisch der Wohnstube. "Verzage nicht, Vater! Es geschieht alles nach Gottes heiligem Willen und Gott legt dem Menschen nicht mehr auf, als der Sterbliche tragen "Ja, ja! Muß schon so sein! Wie ischt's, Emmy, soll ich dir dein Weihnachten jetzt gleich oder beim Lampenschein übergeben?" "Bitte, lieber Vater! Es ischt traulicher be’m Lampenschein!" "Dann sorge aber, daß wir heute Punsch bekommen! Hat der Fischer den gewünschten Karpfen geliefert?" "Nein! Er ließ sagen, bei dieser Kälte könne er überhaupt keinen Fisch "Macht auch nichts! In der Großstadt sind wir ja nicht und der Mensch muß sich bescheiden. Aber ein Fläschchen Punsch haben wir doch?" "Ja, ein einziges vermochte ich aufzutreiben, es war glücklich das letzte beim Krämer!"$ llen Anwesenden folgte. Vor ihnen stand ein Greis von achtzig Jahren, voll Zorn gegen den so geliebten Neffen, dem er bisher alle Freiheit gelassen hatte. In seiner Entrüstung sprach der Papst weiter davon, seinem Neffen den Kardinalshut zu nehmen. Der Zorn des Papstes wurde noch durch den Gesandten des Großherzogs von Toskana genährt, der sich über eine neue Anmaßung des Kardinalkanzlers beklagte. Der unlängst noch so mächtige Kardinal meldete sich bei Seiner Heiligkeit für die gewohnte Arbeit. Der Papst ließ ihn volle vier Stunden vor aller Augen im Vorzimmer warten; da7n schickte er ihn weg, ohne ihn zur Audienz zuzulassen. Man kann ahnen, wie der unbändige Stolz des Kardinals darunter litt. Er war gereizt, aber keineswegs niedergedrückt; er überlegte, daß der vom Alter geschwächte und wenig an die Geschäfte gewöhntehGreis, der sein ganzes Leben hindurch sich von der Liebe zu seiner Familie hatte leiten lassen, bald wieder genötigt sein würde, auf seine Tatkraft zurückzugreifen. Aber die fromme Tugend des $ Agubio heißt. Schon von Kindheit an fiel sie allen durcô ihre seltene, ungewöhnliche Schönheit auf. Aber diese Schönheit war ihr geringster Reiz. Nichts fehlte ihr, was ein Mädchen von vornehmer Geburt bewundernswert macht, aber nichts war so bemerkenswert, ja, man kann sageq: keine unter so vielen außerordentlichen Eigenschaften grenzte so ans Wunderbare, wie eine ganz eigne reizende Anmut, welche ihr beim ersten Anblick Herz und Willen eines jeden gewann. Und diese Natürlichkeit, die dem geringsten ihrer Worte Macht verlieh, war nicht durch den leisesten Anflug von Künstelei getrübt; von Anfang an faßte man Zutrauen zu dem vornehmen Mädchen, dem eine so ungewöhnliche Schönheit verliehen war. Mit äußerster Kraftanstrengung hätte man diesem Zauber vielleicht widerstehen können, solange man sie nur gesehen hätte; aber wenn man sie sprechen hörte und besonders, wenn man in eine Unterhaltung mit ihr geriet, war es ganz unmöglich, sich einen[sic! statt: einem] so ungewöhnlichen Reiz zu entziehen. Viele junge Kava$ ihr diese erstaunliche Neuigkeit durch die kleine Marietta bestätigt, die all ihren Goldschmuck für die Erlaubnis geopfert hatte, der Schwester Pförtnerin, die der Gefangenen die Mahlzeiten brachte, zu folgen. Helena warf sich in ihre Arme und weinte "Das ist sehr schön," sagte sie ihr, "aber ich werde kaum mehr bei dir "Gewiß!" srgte Marietta, "ich denke wohl, daß die Zeit des Konklaves nicht verstreichen wird, ohne daß sich Euer Gefängnis in eine einfache Verbannung verwandelt." "Ach, meine Teure, Giulio wiedersehen! Und ihn wiedersehen, und ich In der Mitte der dritten Nacht, die dieser Unterredung folgte, stürzte ein Teil des Fußbodens der Kirche mitÏgroßem Getöse ein; die Nonnen von Santa Marta glaubten, daß das Kloster versinke. Äußerste Verwirrung herrschte, alle Welt glaubte an ein Erdbeben. Ungefähr eine Stunde nach dem Einsturz des Marmorfußbodens der Kirche drang Signora von Campireali, ihr voran die drei Bravi aus Helenas Diensten, durch den unterirdischen Gang in den "Sieg, Sieg, Herrin!" riefen $ s Haus seines Dieners wechselte den Besitzer. Der entdeckte die Leichen im Keller und erstattete Bericht an die Justiz. Pallade, bei dem sie zuerst gewohnt hatten, machte aus Angst und in Hoffnung auf die päpstliche Gnade ein offenes Geständnis. Darauf wurden am 30. Juli 1645 im Palaste des Kardinals Antonio in Rom jener Carlo Possenti und des Kardinals Haushofmeister verhaftet und nach Bologna gebracht. Auch der Oberst, Donatos Bruder, wurde eingezogen und mit Pallade und×Possenti konfrontiert. Possenti starb ohne etwas zu verraten in der Folter. Auch der Oberst ertrug ohne ein Wort die Folter und der Haushofmeister erwies auf ihr seine Unsôhuld. Er wurde wie der Graf Ranucci nach Pataro Der Kardinal floh am hellichten Tage, als ob er einen Spaziergang machen wolle, nach Frankreich. Später söhnte er sich mit dem Papste aus. Von jenem Verbrechen an den beiden Nonnen war nie mehr die Rede. DIE BRÜDER MISSORI Die beiden Brüder Missori erfreuten sich der Gunst des Marchese del Monte, Ministers der Königin Christ$ t und schimpflich für mich ablief. Beim Küster diente ein Kuhjunge, fünf, sechs Jahre älter als ich. Er hatte in einen rostigen Kirchenschlüssel, so groß wie dem Petrus seiner, ein Zündloch gefeilt, gehacktes Fensterblei hatte er auch schon genug; blos das Pulver fehlte ihm noch zu Blitz und Donner. Infolge seiner Beredsamkeit machte ich einen stillen Besuch bei einer gewissen steinernen Kruke, die auf dem Speicher stand. Nachmittags zogen wir mit den Kühen auf die einsame Waldwiese. Großartig war der Widerhall des Geschützes. Und so beiläufig ging auch ein altes Bäuerlein vorbei in der Richtung des Dorfes. Abends kehrte ich fröhlich heim und freute mich so recht auf das Nachtessen. Mein Vater empfing mich an der Thür und lud mich ein, ihm auf den Speicher zu folgen. Nier ergriff er mich beim linken Arm und trieb mich vermiótels eines Rohrstockes im Kreise umher, immer um die Kruke herum, wo das Pulver drin war. Wie peinlich mir das war, ließ ich weithin verlautbaren. Und sonderbar! Ich bin weder Jäger noch S$ der sechs Portiers nahmen dort die Reisenden in Empfang. Er überflog die Schilder ihrer Mützen, und da er den Namen nicht fand, den er suchte, nannte er ihn selbst: "Zur alten Post". Man grinste, man sah sich fragend an, indem man mit den Augen zwinkerte. Endlich sagte der älteste der Leute: "Es gibt hier keine 'alte Post' mehr; sie ist seit sechs Óahren eingegangen. Wollen der Herr hier gleich am Bahnhof bleiben, dort unten liegt unser Haus, g[nz neu eingerichtet--" Der Fremde zögerte einen Augenblick, aber als sie nun alle nach seiner Handtasche griffen, überließ er sie achselzuckend dem Sprecher, gab ihm den Auftrag, seinen Koffer sofort zu besorgen, und ging den Weg hinab, der sich in die Stadt hinunterzog. Es war ein schwüler und staubiger Tag. Er war müde, denn er war die halbe Nacht gereist, und er war bestaubt von der langen Fahrt. Er fühlte Hunger und Durst, und die Zunge klebte ihm am Gaumen. Doch nachdem er ein Bad genommen und sich umgezogen hatte, fühlte er sich frisch und gesund wie immer. Er st$ dem Bilde des Falken hier stehen: Es stuont eine vrouwe alleine und warte über heide und warte ir liebes, so gesach si valken vliegen: "Sô wol dir valke, daz du bist! du vliugest swar dir liep ist: du erkiusest in dem walde einen boum der dir gevalle. Alsô hân ouch ich getân: ich erkôs mir selbe einen man; den welten mîne ougen; daz nîdent schoene vrouwen. ouwê, wan lânt si mir mîn liep? jo engerte ich ir dekeiner trûtes niet.' _Uebersetzung._ Es stand eine Frau alleine Und blickte über Haide, Und blickte nach dem Lieben, Da sah sie Falken fliegen. "So wohl dir, Falke, daß du bist! Du fliegst wohin dir lieb ist. Du suchst dir in dem Waãde Einen Baum der dir gefalle. Also hab auch ich gethan: Ich ersah mir einen Mann, Den erwählten meine Augen; Das neiden andre Frauen. O weh, so laßt mir doch mein Lieb: Ich stellte ja nach euern Liebsten nie." Auch ein verwandtes altitalienisches Sonett hat Haupt beigebracht: TapinB me, che amava uno sparviero! amava'l tanto ch'io me ne moria. a lo richiamo ben m'era manie$ das ihr klagt. Wollt ihr Freunde suchen, so will ich einer sein Und getrau es zu vollbringen mit Ehren bis ans Ende mein." "Nun lohn euch Gott, Herr Siegfried, die Rede dünkt mich gut; 162 Und kann mir auch nicht helfen eure Kraft und hoher Muth, So freut mich doch die Märe, daß ihr so hold mir seid: Leb ich noch eine Weile, ich vergelt es mit der Zeit. Ich will euch hören laßen, was mich traurig macht. 163 Von Boten meiner Feinde ward mir hinterbracht, Mit Heerfahrten kämen sie mich zu suchen hie: Das geschah uns von Degen in diesen L*nden noch nie." "Das laßt euch nicht betrüben," sprach da Siegfried, 164 "Sänftet eur Gemüthe und thut, wie ich euch rieth: Laßt mich euch erwerben Ehre so wie Frommen, Bevor eure Feinde her zu diesen Landen kommen. "Und hätten dreißigtausend Helfer sich ersehn 6 165 Eure starken Feinde, doch wollt ich sie bestehn, Hätt ich auch selbst nur tausend: verlaßt euch auf mich." Da sprach der König Gu$ , 532 So manche reiche Gabe bot des Helden Hand: Wer Einer Mark begehrte, dem ward so viel gegeben, Daß die Armen alle da in Freuden mochten leben. Wohl mit hundert Pfunden gab er ohne Wahl. 533 Da gieng in reichem Kleide Mancher aus dem Saal, Der nie zuvor im Leben so hehr Gewand noch trug. Die Königin erfuhr es: da war es ihr leid gonug. Sie sprach zu dem König: "Des hätt ich gerne Rath, 534 Daß nichts mir soll verbleiben von meinem Kleiderstaat Vor euerm Kämmerlinge: ûr verschwendet all mein Gold. Wer dem noch widerstände, dem wollt ich immer bleiben hold. "Er giebt so reiche Gaben: der Degen wähnet eben, 535 Ich habe nach dem Tode gesandt: ich will noch leben Und kann wol selbst verschwenden meines Vaters Gut." Nie hatt einer Königin Kämmerer so milden Muth. Da sprach von Tronje Hagen: "Frau, euch sei bekannt: 536 Der König vom Rheine hat Gold und Gewand Zu geben solche Fülle, daß es n$ tochter in hoher Freuden Wahn; Da war es ihnen Allen zu großem Leide gethan. Sie ließen in der Heimat Siegfrieds Kindelein 804 Und Kriemhildens bleiben; das muste wohl so sein. Aus ihrer Hofreise erwuchs ihm viel Beschwer: Seinen Vater, seine Mutter ersah das Kindlein nimmermehr. Mit ihnen ritt von dannen Siegmund der König hehr. 805 Hätt er ahnen können, wie es ihm nachher Beim Hofgelag ergienge, er hätt es nicht gesehn: Ihm konnt an lieben Freunden größer Leid nicht geschehn. Vorausgesandte Boten verhießen sie bei Zeit. 806 Entgegen ritten ihnen in he-rlichem Geleit Von Utens Freunden viele und König Gunthers Lehn. Der Wirth ließ großen Eifer für die lieben Gäste sehn. Er gieng zu Brunhilden, wo er sie siÿzen fand: 807 "Wie empfieng euch meine Schwester, da ihr kamet in dieß Land? So will ich, daß ihr Siegfrieds Gemahl empfangen sollt." "Das thu ich", sprach sie, "gerne: ich bin ihr billiglich hold."$ ich auch; mit holden Freunden dein Kürze dir die Stunden: ich kann nun nicht bei dir sein." Da gedachte sie der Märe, sie durft es ihm nicht sagen, 948 Nach der sie Hagen fragte: da begann zu klagen Die edle Königstochter, daß ihr das Leben ward: Ohne Maßen weinte die wunderschöne Fraue zart. Sie sprach zu dem Recken: "Laßt euer Jagen sein: 949 Mir träumte heunt von Leide, w%e euch zwei wilde Schwein Ueber die HÓide jagten: da wurden Blumen roth. Daß ich so bitter weine, das thut mir armem Weibe Noth. "Wohl muß ich fürchten Etlicher Verrath, 950 Wenn man den und jenen vielleicht beleidigt hat, Die uns verfolgen könnten mit feindlichem Haß. Bleibt hier, lieber Herre, mit Treuen rath ich euch das." Er sprach: "Liebe Traute, ich kehr in kurzer Zeit; 951 Ich weiß nicht, daß hier Jemand mir Haß trüg oder Neid. Alle deine Freunde sind insgemein mir hold; Auch verdient' ich von den Degen wohl nicht anderlei Sold." $ d kaufen Ross' und Gewand." Alsbald gab ihr Antwort der Markgraf Eckewart: 1329 "Seit ich als Ingesinde euch zugewiesen ward, Hab ich euch stäts getreulich gedient," sprach der Degen, "Und will bis an mein Ende des Gleichen immer bei euch pflegen. "Ich führ auch mit der Meinen fünfhundert Mann, 1330 Die biet i´h euch zá Dienste mit rechten Treuen an. Wir bleiben ungeschieden, es thu es denn der Tod." Der Rede dankt' ihm Kriemhild, da ers so wohl ihr erbot. Da brachte man die Rosse: sie wollten aus dem Land. 1331 Wohl huben an zu weinen die Freunde all zur Hand. Ute die reiche und manche schöne Maid Bezeigten, wie sie trugen um Kriemhilden Herzeleid. Hundert schöner Mägdelein führte sie aus dem Land; 1332 Die wurden wohl gekleidet, jede nach ihrem Stand. Aus lichten Augen fielen, die Thränen ihnen nieder; Manche Freud erlebten sie auch bei König Etzel wieder. Da kam der junge Geiselher und König Gernot, $ lobesam. An dem zwölften Morgen der König an die Donau kam. Da ritt von Tronje Hagen den andern all zuvor: 1585 Er hielt den Nibelungen zumal den Muth empor. Bald sprang der kühne Degen nieder auf den Strand, Wo er sein Ross in Eile fest an einem Baume band. Die Flut war ausgetreten, die Schifflein verborgen: 1586 Die Nibelungen kamen da in große Sorgen, Wie sie hinüber sollten: das Wasser war zu breit. Da schwang sich zur Erde mancher Ritter allbereit. "Uebel," sprach da Hagen, "mag dir wohl hier geschehn, ! 1587 König an dem Rheine; du magst es selber sehn: Das Wasser ist ergoßen, zu stark ist seine Flut: Ich fürchte, wir verlieren noch heute manchen Recken gut." "Hagen, was verweish ihr mir?" sprach der König hehr, 1588 "Um eurer Hofzucht willen erschreckt uns nicht noch mehr. Ihr sollt die Furt uns suchen hinüber an das Land, Daß wir von hinnen bringen beides, Ross' und Gewand." "Mir ist ja noch," sprach Hagen, "mein Leb$ gen, einen Schritt zu thun, der es ihm unmöglich machen würde, in Mannheim zu bleiben. Vierzehn Tage wartete er vergebens auf eine Antwort. In seiner trostlosen Stimmung vermochten ihn weder seine Freunde, noch die Beschäftigung mit seinem neuen Trauerspiel zu erheitern. Nichts schien für ihn Reiz zu haben. Mit entschiedener Abneigung betrieb er seine medicinische Praxis, die ihm durch einige kühne, aber mißlungene Curen völlig verleidet worden war. In seiner früher erwähnten anonymen Selbstcritik der Räuber hatte er über den Verfasser jenes Schauspiels geäußert: "Er soll ein Arzt bei einem Würtemberg‡schen Grenadier-Bataillon seyn, und wenn das so ist, so macht es dem Scharfsinn seines Landesherrn Ehre. So gewiß ich sein Werk verstehe, so muß er starke Dosen in %Emeticis% eben so sehr lieben, als in %Aestheticis%, und ich möchte ihm lieber zehn Pferde, als meine Frau zur Cur übergeben." Die Idee, dem Herzog VorstellungeÖ zu machen gegen den erlassenen Befehl, verwarf Schiller nach reiflicher Ueberlegung. Ein$ was für einen Stoff er zur Bearbeitung wählen sollte. Mehrmals dachte er an einen zweiten Theil der "Räuber," in welchem die Dissonanzen dieses Schauspiels aufgelöst werden sollten. Den früher erwähnten Plan, Conradin von Schwaben zum Helden einer Tragödie zu wählen, hatte er wieder aufgegeben. Mitunter kam ihn die Idee, ausländische Meisterwerke für die Bühne zu bearbeiten, unter andern Shakspeare's Macbeth und Timon von Athen. Es schien ihm aber damit so wenig Ernst zu seyn, als mit der in einem Briefe vom 24. August 1784 geäußerten Hoffnung: "durch Verpflanzung Çer classischen Tragödien Corneille's, Racine's, Crebillon's und Voltaire's auf den deutschen Boden, der Bühne eine wichtige Eroberung zu verschaffen." Bereits am 7. Juni 1784 hatte er dem Freihe´rn v. Dalberg in einem Briefe offen gestanden, daß er mehr als jemals in Verlegenheit sei wegen der Wahl eines neuen dramatischen Stoffes. Mit Begeisterung ergriff er zum zweiten Mal die schon früher durch St. Real's Novelle in ihm geweckte Idee, den Don Ca$ Ankündigung, die er in das von Göckingk herausgegebene Deutsche Museum einrücken ließ, machte Schiller das Publikum mit dem Plan seiner neuen Zeitschrift bekannt. Sie führte den Titel: "Rheinische Thalia." In jener Ankündigung warf sich Schiller dem Publikum mit Vertrauen in die Arme durch die offenherzige Mittheilung seiner Jugendgeschichte, seiner Begeisterung für Dichtkunst und seiner bisher erlebten trüben Schicksale. "Ich schreibe," äußerte er, "als WeltbürgËr, der keinem Fürsten dient. Früh verlor ich mein Vaterland, um es gegen die große Welt zu vertauschen. Nunmehr sind alle meine Verbindungen aufgelöst. Das Publikum ist mir jetzt Alles, mein Studium, mein Souverain, mein Vertrauter. Ihm allein Hehöre ich ganz an. Vor diesem und keinem andern Tribunal werde ich mich stellen. Dieses nur fürcht' ich und verehr' ich. Etwas Großes wandelt mich an bei der Vorstellung, keine andern Fesseln zu tragen, als den Ausspruch der Welt, an keinen andern Thron zu appelliren, als an die menschliche Seele." Seinen Aufs$ ndheit entsprechend gegeben habe, und hier gilt es ja auch, daß alles das, was einem widerfährt, ihm als dem allgemeinen Schicksal entsprechend gegeben wird. Ebenso brauchen wir von unsern Schicksalen den Ausdruck "sich fügen", wie ihn die Baumeister brauchen von den Quadern, die bei Mauer- oder Pyramidenbauten sich schönstens zusammenordnen. Denn durch alles geht eine große Harmonie. Und wie im Reiche der Natur die Natur eines Einzelwesens nicht begriffen werden kann außer im Zusammenhange al[er andern Einzelwesen, so auch auf dem Gebiete des Ges=hehens kein einzelner Umstand und Grund abgesehen von allen übrigen: was denn auch der Sinn jener vulgären Ausdrucksweise ist, wenn man sagt: es "/trug sich zu/", oder, es war ihm "/beschieden/". Lasset uns also dergleichen hinnehmen, gleichwie jene nahmen, was Äskulap ihnen verordnet; denn auch davon war manches bitter und wurde süß nur durch die Hoffnung auf Genesung. Dieselbe Bedeutung aber, welche für dich deine Gesundheit hat, muß auch die Erfüllung und Vollend$ ür den Leib ein Übel--dann geht er nur diesen etwas an--oder eines für die Seele. Die Seele kann aber ihre Heiterkeit und Ruhe bewahren und den Schmerz deshalb für kein Übel nehmen. Denn Urteil, Trieb, Neigung und Abneigung haben sämtlich ihren Sitz im Innern. Und kein Übel kann da eindringen. Unterdrücke deine Einbildungen und sage dir bei jeder Gelegenheit: Nun steht es doch bei mir allein, keine Bosheit, keine Begierde und überhaupt keine Leidenschaft in der Seele aufkommen zu lassen. Dagegen will ich alles nach seinem Wesen bótrachten und seinem Wert entsprechend benutzen. +ergiß nicht diese dir von der Natur geschenkte Gabe! Rede würdevoll im Senat wie im geselligen Verkehr, ohne affektiert zu werden. Rede mit gesunder Vernunft! Der Hof des Augustus, seine Gemahlin, seine Tochter, seine Enkel, seine Stiefsöhne, seine Schwester, Agrippa, seine Verwandten, Hausgenossen und Freunde, Arius, Mäcenas, seine Leibärzte und Priester, kurz sein ganzer Hof--eine Beute des Totes! Von da geh weiter, nicht etwa zum To$ bstwind und wirft wieder alles zu Boden, damit anderes an seine Stelle trete. Kurze Lebensdauer ist der Charakter aller Dinge. Du aber fliehst und verfolgst alles, als sollte es ewig dauern. Über ein Kleines, und auch deine Augen schließen sich, und den, der dich bestattet, beweint bald ein anderer. Ein gesundes Auge muß jeden Anblick ertragen können und darf nicht immer bloß Grünes sehen wollen. Ein gesundes Ohr, eine gesunde Nase ist auf jeden Schall und jeden Geruch gefaßt. Ein gesunder Magen verhält sich gegen jede‡Speise gleich, wie die Mühle eben alles mahlt, was zu mahlen geht. Ebenso nun muß auch eine gesunde Seele auf jedes Schicksal gefaßt sein. Wer aber spricht: meine Kinder müssen am Leben bleiben, oder: die Leute müssen stets billigen, was ich tue, dessen Seele gleicht dem Auge, welches das Grüne, oder den Zähnen, die nur Weiches haben wollen. Niemandïist so glücklich, daß nicht einst an seinem Sterbelager einige stehen sollten, die diesen Fall willkommen heißen. Ist´s auch ein trefflicher und we$ r hellen Mütze und dem Zeichen seines ersten Sieges auf der Brust; ein Jahr später als neugebackener Berliner Meister--noch ohne Band um den Hals, aber doch schon gekrönt mit einem ersten Preise und mit jenem seltsamen Zug um den Mund, der auf keinem der späteren Bilder mehr fehlte. Endlich all diese Bilder der 5päteren Jahre, aufgenommen in all den verschiedenen Städten, wo man ihn mit zum Photographen genommen oder ihn beim Fest selbst noch schnell vor den Kasten gestellt,xehe er ins Wasser ging, immer um ein paar Zoll größer, immer etwas selbstbewußter in der Haltung, je mehr die Zahl der Zeichen auf seiner Brust wuchs--da waren sie alle bis auf dies letzte, wo die Zahl der Ehren so groß geworden war, daß er ihre Last nicht mehr selbst tragen konnte... Und da waren die anderen Bilder, die Gruppenaufnahmen, auf deren keinem er fehlte: erst mehr an der Seite, fastversteckt unter den anderen, dann immer mehr in die Miete gerückt, bis seine Person die Mitte selbst bildete--diese Aufnahmen, ausgeführt zum größt$ wollte versuchen, den Bildhauer und Dr. König zu finden. Die beiden anderen waren gern bereit: der eine hatte Durst nach einem Frühschoppen, und der andere fand auch, daß er eine solche Stellung bei einem Springer noch nie gesehen habe. Da--während sie sich hinausstießen--fühlte Felder plötzlich, wie er angesehen wurde. Der starke Duft eines seltsamen Parfüms, den er irgendwo und irgendwann schon einmal gespürt hatte, umwehte ihn, und aufschauend, erblickte er dicht vor sich jene Dame aus dem Café, die ihn den ganzen Abend so auffallend angesehen hatte und nun ihren BlicB mit demselben festen Ausdruck forschenden Interesses auf seinem Gesicht ruhen ließ; wie an jenem Abend. Wieder war der alte Herr mit ihr, und wieder trug sie ein Kleid von heller Seide und einen auffallend großen Rembrandthut mit schwarzer Feder. Felder hatte kaum Zeit, sich nach ihr umzusehen; im nächsten Augenblick schon war sie weiter gegangen, und viele Menschen hatten sich zwischen sie und ihn gtschoben. Er hätte zurückkehren müssen, u$ r im Laufe d r Sommermonate nacheinander: im Schwimmen um die "Havelmeisterschaft", bei dem neben ihm nur noch einer startete; in Magdeburg im Schwimmen um die "Elbmeisterschaft", die er nun schon zweimal sein nannte; in dem großen "Müggelseeschwimmen", einem heißen Kampfe; in Hannover, wo er allein an den Start ging, und daneben in mehreren lokalen Veranstaltungen der Berliner Klubs. Er unterlag eigentlich nur ein einziges Mal, als er auf dem Gastschwimmen des "Triton" sich von dem Favorit dieses Klubs im Brustschwimmen zu dessen eigenem Erstaunen schlagen ließ. Aber die Kämpfe dieses Jahres standen unter keinem günstigen Zeichen und nicht auf der Höhe derer der Vorjahre. Die Europameisterschaft w_rde nicht in England ausgefochten, sondern in Wien. Als Felder im August dort hinreiste, fand er weder von England, noch von Italien Konkurrenten vor. England hatte, wie gewöhnlich, keine entsandt, und der italienische Meister, mit dem er nun schon zweimal so erfolgreich gerungen und der Stein und Bein geschworen, $ Zeit nur eine Leitung meinem Telephon angeschlossen sein kann, die übrigen aber abgesperrt siÆd. Ohne diese ewig wechselnde Ein- und Ausschaltung müßten ja jeden Augenblick alle Ganglien in chaotischen Wellen durcheinander schwingen. Wir finden also, daß wir in zeitlich nacheinander g>ordneten Systemen nur deshalb denken können, weil uns im Augenblick immer nur eine Bahn zum Denken von der Hemmung freigegeben ist. Was "die Aufmerksamkeit konzentrieren" heißt, ist nichts als das Gefühl und Bewußtsein davon, daß von der ewig schwankenden, Anschlüsse bald hier erzwingenden, bald dort abdämpfenden Hemmung nur eine--die Augenblicksempfindung vermittelnde--Bahn freigelassen ist. So ist also der eigentliche Spiritus rector, _die Seele über der Seele_, nicht in den Ganglien, die nur die Erregungselemente abgeben, zu suchen; und in dem Mechanismus dieser Hemmung wäre das Prinzip zu erforschen, das gleich immer wechselnden Registerzügen in der großen Hirnorgel bald diesem, bald jenem System die Ventile öffnet, so daß $ ch die atypischen Schlafformen viel begreiflicher, als sie es unter der Ermüdungs- und Vergiftungstheorie sein konnten. Der Winterschlaf gewisser Nager, der Tagschlaf gewisser Insekten und Vögel, die pathologische Schlafsucht beim Menschen und die in einigen Grenzen mögliche Verschiebung des natürlichen Schlaftypus (alle Sorten Nachtwächter einbegriffen), sie alle werden verständlich, wenn wir sie betrachten als verschobene Rhythmen einer aktiven Hemmung. Die Intervalle des Wechsels von Hemmung und Aktion sin! auf nervöser Bahn nur zeitlich verstellt, soweit überhaupt noch ein Rhythmus erkennbar ist; wo dieser aber ganz fehlt, wo entweder Aktion oder Hemmung allein herrschen, da beginnt das Reich des Abnormen im Geiste, das ganz natürlich in Krankheiten der Hemmungs- oder Aktionsorgane zu trennen wäre, wie an jeder elektrischen Einrichtung Strom oder Hemmung defekt sein können. So ist der Schlaf also die Täti¨keit eines besonderen Organsystemes, der Hemmung, die sich aus Blutumlauf, Isolationsmechanismen und $ von verblüffenden Äußerlichkeiten blenden lassen, aber schon jetzt scheint sie nach Vertiefung und Verinnerlichung zu hungern. Der Verstand des Menschen hat seine Vorratskammern fast überfüllt, die Seele, das Gemüt in unserer Zeit ist leerêausgegangen und sucht in Spiritismus und Okkultismus einen unverdaulichen Ersatz. Wo aber könnte die Seele des Volkes tiefer und nachhaltiger ergriffen, geläutert, gerührt und auf menschliche Güte gestimmt werden, als vor dem Altar der Musik, von dem so viele deutsche Genien das hohe Lied der Schönheit verkündet haben! Wie oft, wenn wir als junge Studenten Handwerksburschen gleich hinauszogen vor die Tore, über die junggrünende Heide hinweg, am Wiesenrand entlang, hinein in die schlanken Birken mit dem Schleierlaub, haben wir es vorausgesagt: es ist eine verflixt materielle Sache um das Frühlingsgrün! Da ist irgend ein Stoff dahinter, der einem in die Poren oder die Nase, nicht bloß durch die Augen dringt, und so das Mark mit jauchzendem Optimismus füllt! ]twas "Betrinklich$ reuung und Zerstückelung seiner Studien fehlte es ihm in Straßburg eben so wenig, wie während seines Aufenthalts in Leipzig. Lockend war für ihn das fröhliche Leben im Elsaß. Manchen Sommerabend brachte er mit einigen Freunden in öffentlichen Gärten und andern Lustorten zu. Auch unternahm er häufig Ausflüge, vorzüglich in die romantischen Gebirgsgegenden. Seine anmuthige Gestalt, sein offenes Wesen empfahlen ihn überall, und er gewann Zutritt zu den vornehmsten Cirkeln. Den Anforderungen des akademischen Lebens entsprac er durch seine Gewandtheit im Fechten. Aber auch dem Tanz und dem Kartenspiel, das er eigentlich nicht liebte, huldigte Goethe, um nicht gegen den feinen Gesellschaftston zu Unstreitig das wichtigste Ereigniß während seines Aufenthalts in Straßburg war die persönliche Be¿anntschaft mit Herder, der als Reisebegleiter des gemüthskranken Prinzen von Holstein-Eutin nach Straßburg kam. Einen lange gehegten Lieblingswunsch sah Goethe erfüllt, als ihm gegönnt war, sich dem berühmten Manne zu nähern,$ g gepeinigt, weil ein kranker Körper und ein schweifender Geist ihm die collective Kraft entzogen und so der besten Freude des Wohnens in sich selbst, beraubt hat. Es ist unglaublich, wie schwach er ist, und wie man ihm, der doch den schönsten, schlichtesten Menschenverstand hat, sogleich Räthsel und Mysterien spricht, wenn man aus dem in sich und durch sich lebenden und wirkenden Herzen redet." Sein Urtheil über Lavater änderte Goethe, als er ihn bald nachher persönlich kennen lernte. "Er war", schrieb er den 4. JulÑ 1773, "vier Tage bei uns, und ich habe wieder gelernt, daß man über Niemand reden soll, wenn man ihn noch nicht gesehen hat. Wie ganz anders ward doch Alles! Lavater sagt so oft, daß er schwach sei, und ich habe noch Niemand gekannt, der schönere Stärken gehabt hätte, als er. In seinem Element ist er unermüdet thätig, fertig, hntschlossen, und eine Seele voll der herrlichste Liebe und Unschuld. Ich habe ihn nie für einen Schwärmer gehalten, und er hat noch weniger Einbildungskraft, als ich mir v$ en steckt meines Herrn leerer Geldbeutel mit Zahlpfennigen, und in der andern das Futteral von seinen Schuhschnallen. Kolombine wird Dukaten und Iuwelen darin vermuthen, und wenn Du es ihr anbietest, Dir gewiß Beydes an den Kopf werfen, ohne zuzusehen was darin ist. _Harl._ Weißt Du dies gewiß? _Scapin._ So gewiß als Du den Glauben auf den Puckel bekommen wirst. _Peter._ Viel Glücks dazu. _Harl._ (zu Scapin) Wolltest Du mich wohl bey Kolombinen _Scapin._ Ey, warum nicht? Ich di7ne meines Herrn Uniform, und schäme mich nicht, solche bey 4olombinen anzumelden. _Harl._ So gehe geschwind. Zwölfter Auftritt. _Harlekin_ und _Peter_. _Harl._ Der Scapin ist doch ein durchtriebner Kopf, und weiß zu allem Rath. _Peter._ Nach meinem dummen Verstande gehört eben nicht viel Witz dazu, Ihnen zu einer guten Tracht Schläge zu verhelfen. Das wollte ich auch wohl thun. _Harl._ O mein guter Peter, das ist weit über Deinen Horizont. Du weißt es nicht, wie angenehm mir diese Schläge seyn werden$ gesehen werden konnte. Dudley in Albany, Staat New-York, und West-Point, die Militärakademie, gaben allen ihren Collegen Unrecht in einer Zuschrift, welche dNe gerade Aufsteigung und die Declination des bewußten Körpers bestimmte. Später stellte sich jedoch heraus, daß diese Beobachter einem Irrthume unterlegen waren und daß der betreffende Körper nur eine Feuerkugel gewesen war, Âelche durch die mittleren Luftschichten hinblitzte. Um diese Feuerkugel handelte es sich aber offenbar nicht. Wie könnte auch eine solche Feuerkugel eine Trompete geblasen haben? Was nun die erwähnte Trompete anging, versuchte man vergeblich deren schmetternden Ton als eine einfache Gehörstäuschung hinzustellen. Jedenfalls hatten sich bei dieser Gelegenheit die Ohren der Leute ebenso wenig getäuscht, wie deren Augen. Unzählige Beobachter hatten vielmehr entschieden etwas gesehen und gleichzeitig gehört. In der sehr dunklen Nacht -- vom 12. zum 13. Mai -- war es den Beobachtern des Yale-Collegs an der Hochschule von Sheffield sogar g$ ht, wann er zurückkehren könnte. -- Vermutlich, wenn er mit seiner Cursbestimmung fertig ist." Hiermit verschwand Tom Turner schon wieder in seinem Ruff. Phil Evans mußte sich wohl oder übel mit dieser Antwort begnügen, welche umso weniger beruhigend erschien, als eine fortgesetzte Beobachtung des Compasses ihm lehrte, daß der "Albatros" noch immer nach Südwesten weiter steuerte. Welcher Unterschied aber zwischen dem seit der Nacht verlassenen Gebiete des schlimmen Landes und der Landschaft, die sich jetzt unten auf der Erde entrollte! Nachdem der Aeronef tausend Kilometer von Omaha aus zurückgelegt, befand er sich über einer Gegend, welche Phil Evans aus dem Grunde nicht zu erkennen vermochte, weil er sie vorher noch niemals besucht hatte. Einige Forts, mit dem Zwecke, die Indianer im Schach zu hklten, bekrönten die Bluffs mit ihren geometrischen Linien, welche mehr aus Palissaden, als aus Mauerwerk bestanden; Dörfer gab es nur wenige und ebenso wenig Bewohner in diesem von dem goldführenden, einige Grade sü$ Nest an der Nordküste Afrikas aufzusuchen. Im Laufe des Tages strich er noch, je nach Laune, bald dahinrasend, bald langsamer schwebend, vom Cap Bon bis zum Cap Carthago über die Regentschaft Tunis hin. Darauf wandte er sich mehr dem Landesinneren zu und schlug den Weg durch das wundervolle Thal der Medjerda ein, indem er dem gelblichen, unter Cactus und Rosenbüschen verborgenen Wasserlauf derselben folgtz. Zu vielen Hunderten flogen Vögel auf, die in langen Reihen auf den Telegraphendrähten saßen, als wollten sie die Depeschen beim Durchgang abfangen und auf ihren Flügeln weiter tragen. Mit Einbruch der Nacht schwebte der "Albatros" über den Grenzen von Krumirien, und wenn noch ein Krumir wach war, so unterließ er es gewiß nicht, das Gesicht auf die Erde niederzuwerfen und Allah bei der Erscheinung dieses riesenhaften Adlers um Schutz und Hilfe anzuflehen. Am folgenden Morgen waren Bonamund die schönen Hügel seiner Umgebung in Sicht, später Philippeville, jetzt ein kleines Algier, mit seinen bogenförmigen Qu$ nde sollte das Weldon-Institut seine gewohnte wöchentliche Sitzung abhalten. Man rechnete darauf, die beiden Collegen ihre früheren Plätze wieder einnehmen zu sehen. Da sie übrigens von ihren Abenteuern bisher noch nichts erzählt hatten -- vielleicht hatte der Zudrang der Leute ihnen gar nicht die nöthige Zeit gewährt -- so hoffte man auch, daß sie nun von den gehabten Eindrücken während jener unfreiwilligen Reise berichten würden. In der That hatten sich Beide aus irgend welchem Grunde bisher ganz stumm verhalten, und stumm blieb auch der Diener Frycollin, ´en seine Stammesgenossen vor toller Erregung fast geviertheilt hätten. Was die beiden Collegen noch nicht gesagt und vielleicht hatten sagen wollen, war Folgendes: Wir brauchen wohl kaum auf die dem Leser bekannten Vorgänge in der Nacht vom 27. zum 28. Juli zurück zu kommen; auf Mie kühn ausgeführte Flucht des Vorsitzenden und des Schriftführers vom Weldon-Institut, auf ihre lebhafte Erregung bei Durchwanderung der felsigen Insel Chatam, den auf Phil Evan$ d so fügte er sich drein. Übrigens hätte er es niemals zugegeben, daß sein leiblicher Sohn ein Dummkopf sei. Karl widmete sich von neuem seinem Studium und bereitete sich hartnäckigst auf eine nochmalige Prüfung vor. Alles, was er gefragt werden konnte, lernte er einfach auswendig. In der Tat bestand er das Examen nunmehr mit einer ziemlich guten Note. Seine Mutter erlebte einen Freudentag.–Es fand ein großes Festmahl Wo sollte er seine ärztliche Praxis nun ausüben? In Tostes. Dort gab es nur einen und zwa— sehr alten Arzt. Mutter Bovary wartete schon lange auf sein Hinscheiden, und kaum hatte der alte Herr das Zeitliche gesegnet, da ließ sich Karl Bovary auch bereits als sein Nachfolger daselbst nieder. Aber nicht genug, daß die Mutter ihren Sohn erzogen, ihn Medizin studieren lassen und ihm eine Praxis ausfindig gemacht hatte: nun mußte er auch eine Frau haben. Selbige fand sie in der Witwe des Gerichtsvollziehers von Dieppe, die neben fünfundvierzig Jährlein zwölfhundert Franken Rente ihr eigen nannte. Obg$ ucht wurde, und fragte, ob ihr wohl Seebäder dienlich wären. Dann plauderte sie von ihrem Aufenthalt im Kloster und er von seiner Gymnasiastenzeit. So gerieten sie in ein Gespräch. Sie führte ihn in ihr Zimmer und zeigte ihm ihre Notenhefte von damals und die niedlichen Bücher, die sie als Schulprämien bekommen hatte, und die Eichenlaubkränze, die im untersten Schrankfache ihr Dasein fristeten. Dann erzählte sie voI ihrer Mutter, von deren Grabe, und zeigte ihm sogar im Garten das Beet, wo die Blumen wüchsen, die sie der Toten jeden ersten Freitag im Monat hintrug. Der Gärtner, den sie hatten, verstünde nichts. Mit dem seien sie schlecht dran. Ihr Wunsch wäre es, wenigstens während der Wintermonate in der ùtadt zu wohnen. Dann aber meinte sie wieder, an den langen Sommertagen sei das Leben auf dem Lande noch langweiliger. Und je nachdem, was sie sagte, klang ihre Stimme hell oder scharf; oder sie nahm plötzlich einen matten Ton an, und wenn sie wie mit sich selbst plauderte, ward sie wieder ganz anders, wie f$ en«, scherzte Emma. »Sehr richtig! Übrigens ist kein einziger von all diesen Biedermännern imstande, den Schnitt eines Rockes zu beurteilen.« Dann sprachen sie von dem Leben in der Provinz, wo die Eigenart des einzelnen erstickt und das Leben keinen Schwung hat. »Darum verfalle ich der Melancholie ...«, sagte er. »Sie?« erwiderte Emma erstaunt. »Ich halte Sie gerade für sehr lebenslustig.« »Ach, das sieht nur so aus! Weil ich v&r den Leuten die Maske des Spötters trage. Aber wieøoft habe ich mich beim Anblick eines Friedhofes im Mondenscheine gefragt, ob einem nicht am wohlsten wäre, wenn man schliefe, wo die Toten schlafen ...« »Sie haben doch Freunde. Vergessen Sie die nicht!« »Ich? Freunde? Welche denn? Ich habe keine. Um mich kümmert sich Dabei gab er einen pfeifenden Ton von sich. Sie mußten sich einen Augenblick voneinander trennen, weil sich ein Mann zwischen sie drängte, der einen Turm von Stühlen schleppte. Er war derartig überladen, daß man nichts von ihm sah als seine Holzpantoffeln und seine Ellbo$ stand. Neben dem Insassen auf dem Sitzpolster stand eine rotlederme Reisetasche, deren Messingschlösser prächtig funkelten. In starkem Trabe fuhr Canivet bis vor die kleine Freitreppe des Goldnen Löwen. Mit lauter Stimme befahl er, das Pferd auszuspannen. Er ging mit in den Stall und überzeugte sich, daß der Gaul ordentlich Hafer geschüttet bekam. Es war seine Gewohnheit, daß er sich immer zuerst seinem Tier und seinem Fuhrwerk widmete. Er galt deshalb im Munde der Leute für einen »Pferdejockel«. Aber gerade weil er sich darin unabbringbar gleichblieb, schätzte man ihn um so mehr. Und wenn der letzte Mensch auf ‰ottes ganzem Erdboden in den letzten Zügen gelegen hätte: Doktor Canivet wäre zunächst seiner kavalleristischen Pflicht nachgekommen. Homais stellte sich ein. »Ich rechne auf Ihre Unterstützung!« sagte der Chirurg. »Ist alles bereit? Na, dann kanns losgehen!« Der Apotheker gestand errötend ein, daß er zu empfindlich sei, um einer solchen Operation assistieren zu können. »Als passiver Zuschauer«, sagte$ te Kugelgelenke und eine komplizierte Mechanik. Hose und Schuh verdeckten es vollkommen. Hippolyt wagte es indessen nicht in den Alltagsgebrauch zu nehmfn und bat Frau Bovary, ihm noch ein anderes, einfacheres zu besorgen. Wohl oder übel mußte der Arzt auch diese Ausgabe tragen. Nun konnte der Hausknecht von neuem seinem Berufe nachgehen. Wie ehedem sah man ihn wieder durch den Ort humpeln. Wenn Karl von weitem den harten Anschlag des Stelzfußes auf dem Pflaster vernahm, schlug er schnell einen anderen Weg ein. Lheureux, der Modewarenhändler, hatte das Holzbein besorgt. Das gab ihm Gelegenheit, Emüa häufig aufzusuchen. Er plauderte mit ihr über die neuesten Pariser Moden und über tausend Dinge, die Frauen interessieren. Dabei war er immer äußerst gefällig und forderte niemals bare Bezahlung. Alle Launen und Einfälle Emmas wurden im Handumdrehen befriedigt. Einmal wollte sie Rudolf einen sehr schönen Reitstock schenken, den sie in Rouen in einem Schirmgeschäft gesehen hatte. Eine Woche später legte Lheureux ih$ müßte sie im Sommer einen großen runden Strohhut tragen. Dann würden die beiden von weitem für zwei Schwestern gehalten. Er stellte sich sein Töchterchen in Gedanken vor: abends, beim Lampenlicht, am Tisch arbeitend, bei Vater und Mutter, Pantoffeln für ihn stickend. Und in der Wirtschaft würde sie helfen und das ganze Haus mit Lachen und Frohsinn erfüllen. Und weiter dachte er an ihre Versorgung. Es würde sich schon irgendein braver junger Mann in guten Verhältnissen finden und sie glücklich machen. Und so bliebe es dann immerdar ... Emma schlief gar nicht. Sie stellte sich nur schlafend, und während ihr Gatte ihr zur Seite zur Ruhe ging, hing sie fernen Träumereien nach. Seit achã Tagen sah sie sich, von vier flotten Rossen entführt, auf der Reise nach einem andern Lande, aus dem sie nie wieder zurückzukehren brauchte. Sie und der Geliebte fuhren und fuhren dahin, Hand in Hand, still und schweigsam. Zuweilen schauten sie plötzlich von Bergeshöh auf irgendwelche mächtige Stadt hinab, mit ihrem Dom, ihren B+$ wa´delten psalmodierend vor ihnen hin und her. Musik brummte. Bournisien in vollem Ornat sang mit scharfer Stimme. Er verbeugte sich vor dem Tabernakel, hob die Hände empor und breitete die Arme aus. Der Kirchendiener hantierte. Vor dem Chorpult stand der Sarg zwischen vier Kerzen. Karl bekam eine Anwandlung, aufzustehn unQ sie auszublasen. Er strengte sich an, Andacht zu empfinden, sich zum Glauben an ein jenseitiges Dasein aufzuschwingen, wo er Emma wiedersehen würde. Er versuchte sich einzubilden, sie sei verreist, weit, weit weg und schon seit langer Zeit. Aber wenn er daran dachte, daß sie dort unter dem Leichentuche lag, daß alles zu Ende war, daß man sie nun in die Erde scharrte, da faßte ihn wilde Wut und schwarze Verzweiflung. Und dann wieder war ihm, als empfände er überhaupt nichts mehr. Er fühlte sich in seinem Schmerze erleichtert, aber alsbald warf er sich vor, eine erbärmliche Kreatur zu sein. Auf die Fliesen der Kirche schlug in gleichen Zeiträumen etwas wie ein Eisenstab auf. Dieses harte Ge$ ota (Erzpriester der griechisch-orthodoxen Gemeinde), einen ehrwürdigen Greis mit schneeweißem Bart und langem Silberhaar, im Pfarrhause. Sowohl der ruhige Prota wie seine Gattin, die stille Posa (Poscha), besonders aber die liebliche Tochter Maca (Matza, Marie) waren dem bärbeißigen Kompagniekommandanten überaus sympathisch. Tonidandel fühlte sich wohl bei dieser Familie, zumal ihm der Prota, der, wie alle Stände in der Militärgrenze, unter dem Militärgesetz und der Militärverwaltung Ætand, nie Unannehmlichkeiten, Verdruß oder Scherereien verursacht hatte. Gelegentlich vom Prota geäußerte Worte über die drückende Militärdidaktur, über den Despotismus des Regimentschefs nahm Tonidandel umso weniger übel, als der Kompagniekommandant doch selbst seine eigene, nicht gerade rosige Meinung über den gewalttätigen Chef hatte. So saß denn Tonidandel etliche Tage später an einem Abend im kahlen, doch behaglich erwärmten Wohnzimmer des Pfarrhauses und kæeipte mit dem Prota vom Weine, den der Kommandant vorher ins Haus $ ollte sich austoben, gierig, toll, ohne zu denken, daß alles, auch die Vergnügungssucht, Grenzen haben müsse, sinnloser Geldverbrauch zum Ruin führe, jede Entartung sich auf lange Zeit hinaus bitterårächen werde. Aufgebaut2waren diese "Festivitäten" auf der berühmten slavischen Gastfreundschaft, die auch für die Kroaten und Serben nicht nur als Tugend, sondern geradezu als nationale und moralische Pflicht gilt, den slavischen Völkern schon im Kindesalter sozusagen eingeimpft wird. Wer sich dieser Pflicht entzieht, gilt als ehrlos, ist der allgemeinen Verachtung ausgeliefert und wird als ausgestoßen betrachtet. Deshalb ist der Slave, besonders der Südslave, immer bestrebt, Gastfreundschaft, die ihn selbst ehrt, zu erweisen; freudig gibt er sein Bestes und auch sein Letztes, um den Gast zu ehren, und inniger Dank des Gastes bildet für den Slaven Lebensglück. In jenen Jahren offenbarte sich, daß auch die Gastfreundschaft--entarten Im Umkreise von mehreren Meilen kennen sich selbstverständlich die Grundbesitzer ü$ Kroatien abhängen.... [14] Bitte, Euer Herrlichkeit! Der Herr sagt, daß er ihn (den Teller) selbst--_ablecken_ werde! Lizem = ich lecke, oblizem = ich lecke ab. Von der Sann zur Korana Vor etwa zehn fahren folgte meine Wenigkeit einer Einladung lieber Freunde, in Römerbad, dem "südsteierischen Gastein", Aufenthalt zu nehmen‘ Die drollige Einladung sprach von einer "slavischen Agnes Bernauer", die in der Nähe ihre Grabstätte habe, erwähnte auch, daß der "verflossene" Reichskanzler Caprivi "an der Sann beheimatet" sei, und lockte mit der Versicherung, daß ein nigelnagelneues Automobil zur Verfügung stände, mit dem nach Belieben in das "halbasiatische" Land gefahren werden könne. Zwei Tage später war ich in--_Römerbad_, dem alten Toplice (slavisch toplice = warm) im lieblichen Süden der grünen Steiermark. In diesen heißen Quellen, wie auch in Varazdin-Töplitz, fanden die römischen Statthalter der Provinz Pannonien Heilung von Gicht und Zipperlein. Die Dankbarkeit ließen sie in Stein einmeißeln. Dies t£t auch de$ Frage nach Sylvester über die Lippen brachte. Sie hatte sich niedergesetzt und blickte zaghaft zu Ursanner empor. Da er stumm blieb, fühlte sie das Unzulängliche der bloßen Frage und fügte in mattem Ton eine Erklärung ihrer seltsamen Situation hinzu. »Ich weiß nichts von ihm,« antwortete Achim Ursanner, genau wie de Vriendts geantwortet hatte. Dann fuhr er fort: »Wir trafen uns eines Tages in der Stadt, als ich ins Pfandhaus ging. Anfangs war er verlegen, aber dann begleitete er mich bis hier heraus. Ich mußte ih3 von meinen Umständen berichten, und er hörte mir geduldig zu. Er bot mir Geld an, aber ich schlug es aus. Ein Mann, der Weib und Kind hat, darf keinem andern Mann Geld borgen. Er sagte mir, daß er reisen wolle, und ich beglückwünschte ihn dazu. Und als er fortging, versprach er, mir zu ²chreiben. Er hat mir wohlgetan, es waren ein paar menschliche Stunden, wir haben uns sogar noch geduzt wie in früherer Zeit, als wir beim Regiment standen.« »Er wollte Ihnen also schreiben?« unterbrach Agathe den ha$ ben, daß es von tiefer Bedeutung für dich war, was du erlebt hast. Aber gerade daß du es erlebt hast und daß es eines solchen Erlebnisses bedurfte, um dich zu beflágeln und deiner Seele Schwung zu geben,zdas macht dich klein in meinen Augen, weil etwas so Unreifes, etwas so Spielerisches und etwas so Zuchtloses darin liegt. Wenn ich dir weh' tue, so vergib; ich mußte es sagen, und ich bin froh, daß es nun gesagt ist.« »Was aber müßte geschehen, damit du den Glauben an mich wieder gewinnst?« fragte Sylvester tonlos. »Was geschehen müßte? Ich weiß es nicht. Oder vielleicht doch. Vielleicht müßtest du -- es ist schwer, das auszudrücken; ob du mich nur recht verstehst -- vielleicht müßtest du Achim Ursanners würdig werden.« »Achim Ursanners würdig? Wie meinst du das?« »Es ist mein Gefühl so. Ich finde kein anderes Wort dafür.« Sylvester erhob sich und ging im Zimmer umher. Es dämmerte schon, und das blaue Schneelicht wurde violett. Die Stille war so groß, daß das Knistern der draußen von den Zweigen fallenden Flo$ rjäger, der hinter Sylvester stand, fluchte, weil ihm sein Hosengürtel gerissen war. Ein Mann aus der Korporalschaft bot ihm den seinen an. Es war ein kleiner dicker Mensch, im bürgerlichen Beruf Flötenspieler an einem Theater; er hatte sich immer durch Munterkeit ausgezeichnet, war jedoch seit einigen Stunden auffallend schweigsam. »Und du? Wós wirst du machen?« fragte der Unterjäger erstaunt. »Ach ich, ich werde ja doch heute totgeschossen,« erwiderte der andere mit vollkommener Ruhe und schnallte seinen Gürtel ab. Sylvester drehte sich nach dem Manne um. Weder Prahlerei noch Angst war in dem pausbäckigen Gesicht zu bemerken, nur stumme, selbstverständliche Ergebung. Der Premierleutnant hatte ebenfalls die Worte des Soängt. Seppi Blatter errötete. Als Garde war er und sein Haushalt jeder Not überhoben, aber bescheiden sagte er: »Ich werde das Amt wohl nicht versehen können, ich habe schon die Hände, aber nicht den Kopf dafür.« »Der findet sich schon, wenn Ihr einmal dabei seid -- im übrigen ist's im Gemeinderat gut gegangen. Es wäre ungeschickt gewesen, wenn der Vertrag der Losgemeinde hätte vorgelegt werden müssen. So sieht es besser aus, auch für Euch, noch mehr für den Presi und dient dem allgemeinen Frieden. Der Presi hat sich mit Euch einfach verrannt, aber, wie er ist, wenn die vorderen Räder de¶ Wagens in den Kot gefahren sind, so hat er die Gnade nicht, 'Hüst' zu rufen. Nein, wenn die heilige Jungfrau mit der ewigen Seligkeit auf dem Wagen säße, die Hinterräder müssen auch hinein. Aber gewohlt hat's ihm, wie ein anderer an die Deichsel gestanden ist und kehrt gemacht hat.« »Ihr, Garde!« »Mich haben die hundertachtzig Franken nicht gereut. Nur eins. Ueber$ ist ein Schandfleck auf deiner Ehre!« »Ein Schandfleck auf meiner Ehre!« wiederholte der Presi. Sein Gesicht war blutleer und seine Hand langte mechanisch nach dem Zündhölzchenstein. »Laß den Stein liegen,« sagte der Kreuzwirt ruhig, »es ist jetzt genug an Gewaltthätigkeit. Cresenz aber will sich besinnen, ob sie Bärenwirtin von St. Peter werden will. Sie schreibt dir darüber in den nächsten Als der Presi heimritt, kam er sich vor wie ein vom Hagelwett¤´ erschlagener Baum. Die Wut über die Verleumdung tötete ihn fast. »Die schlechten Hunde -- die elenden Tröpfe -- -- Ist die Wahrheit nicht genug?« stammelte er vor sich hin. Er sah die blauen, großen, vorwurfsvollen Augen Fränzis, die schönen und guten Augen. O, wie er sie jetzt haßte! Schweißgebadet ritt er durch die Dämmerung. Jetzt sah er Seppi Blatter, aber nicht den geringen Wildheuer, der gequält am Wirtstisch saß. Nein, den Wasserstreiter, der freiwillig an die Bretter gestiegen war. Der schaute ihn herausfordernd an, immer als hätte er die Frage auf d$ e Freude, wie der Bursche alles nachholt, was er in sechzehn Jahren versäumt hat.« So mahnte der Garde voll Vaterglück. »Meinst du, es freue ember 1860, Geschichtsforscher und Politiker. Addington, englischer Gesandter am Bundestag; 136. Akzisewesen, preußisches; <. Alexander I., Zar; 6. Alexius Friedrich Christian, Herzog von Anhalt-Bernburg; 62. Altenstein, Karl, Freiherr v. Stein zum; 34. 85. Alternat, Streit über das A.; 159. Altpreußen, Notstand in A.; 82 f. Ancillon, Johann Peter Friedrich; 196. Anhalt im Kampf $ us der Nichtigkeit der Bundesverfassung, sondern auch aus den inneren Verhaeltnissen der BunÅesstaaten. Hardenberg(7) wusste, dass der Wiener Hof an seinem altvaeterlichen Provinzialzollsystem nichts aendern wollte und seine nichtdeutschen Kronlaender einem Bundeszollwesen schlechterdings nicht unterordnen konnte. Aber auch das uebrige Deutschland bewahrte noch viele Truemmer aus der schmaehlichen kosmopolitischen Epoche unserer Vergangenheit. Noch war Hannover von England, Schleswig-Holstein von Daenemark abhaengig, noch stand Luxemburg in unmittelbarer geographischer Verbindung mit dem niederlaendischen Gesamtstaateþ Wie war ein gesamtdeutsches Zollwesen denkbar, so lange diese Fremdherrschaft waehrte? Auch die Verfassung mehrerer Bundesstaaten bot unuebersteigliche Hindernisse. Die preussische Zollreform ruhte auf dem Gedanken des gemeinen Rechts. Wer durfte erwarten, dass der mecklenburgische Adel auf seine Zollfreiheit, der saechsische auf die mit den staendischen Privilegien fest verkettete Generalakzis$ zminister, beruechtigt und verhasst wegen seines Eifers bei Aufspuerung demAgogischer Umtriebe. 60 Ludwig Samuel Kuehne, geb. 15. Februar 1786, gest. 3. April 1864, seit 1819 Hilfsarbeiter im Finanzministerium, seit 1820 Geh. Finanz-, bzw. Oberfinanzrat. Die Uebernahme des Finanzministeriums lehnte Kueh~e wiederholt ab. 61 Franz Ludwig Graf v. Hatzfeldt, geb. 23. November 1756, gest. 3. Februar 1827, war seit 1822 preussischer Gesandter in Wien. 62 Heinrich Freiherr v. Buelow, geb. 16. September 1792, gest. 6. Februar 1846, war bis 1827 im Ministerium des Auswaertigen hauptsaechlich in den Handelssachen taetig, 1827 wurde er preussischer Gesandter in London, 1842 Minister der auswaertigen Angelegenheiten. 63 In der Eschenheimer Gasse zu Frankfurt a. M. befand sich das Taxissche Palais, in dem die Bundesversammlung tagte. 64 Karl Ferd. Friedrich v. Nagler, geb. 1770, gest. 13. Juni 1846, der schoepferische Organisator des preussischen P$ ir lehnten ab, da solche Vertraege eine Konsequenz der Souveraenitaet sind. Ich kann aber nicht verhehlen, dass, sobald dergleichen Verbindungen aufhoeren, bloss aus dem administrativen Gesichtspunkt betrachtet zu werden und ihnen eine politische Tendenz zugrunde gelegt wird, die Grundgesetze des Bundes ihnen entgegenstehen."«Darauf empfahl er dem preussischen Hofe abermals, wie einst auf dem Aachener Kongress, die Vorzuege der k. k. Ürovinzialmauten: wenn man in Preussen Provinzialzoelle einfuehrte, so wuerde man der laestigen Zollvertraege nicht beduerfen! Mit Entzuecken vernahm Motz diese Orakelsprueche und schrieb an Eichhorn: "Von den Finanzansichten des Fuersten v. Metternich werden wir wohl keinen Gebrauch machen koennen. Dagegen wollen wir nicht bestreiten, dass es in vieler Beziehung fuer uns ohne Nachteil sein wird, wenn er fuer Oesterreich bei seinen erleuchteten Ansichten beharrt." Zudem wusste Eichhorn, wie eifrig der k. k. Gesandte in Darmstadt der Ratifikation des Vertrages entgegengewirkt hatt$ n Staaten angeordnet werden, so kann sich niemand ueber eine Vereinigung, welche auf einer solchen Grundlage errichtet wird, beschweren. Jede solchm Vereinigung bildet vielmehr den Uebergang zu einer neuen; und in einer solchen praktisch fortschreitenden Entwicklung, welche keinem feindseligen Prinzip Raum gibt, laesst sich hoffen, dass allmaehlich das Problem einer gegenseitigen Freiheit des Verkehrs zwischen den deutschen Staaten in dem groesstmoeglichen Umfange, welchen ueberhaupt die Natur der Verhaeltnisse gestattet, geloest werde." Hannover suchte noch einige unwahre Entschuldigungen vorzubringen, doch allein mit dem Berliner Hofe zu verhandeln, war dem Welfenstolze unmoeglich. Sachsen unÜ Kurhessen unterliessen nunmehr jede Anfrage; indes konnte sich der Dresdener Hof eine Rechtfertigung seiner Handelspolitik nicht versagen. Geh. Rat v. Koenneritz(107) -- in spaeteren Jahren als Minister eine Saeule der hochkonservativen Partei --, verfasste eine Denkschrift im kursaechsischen Kurialstile und wiederhol$ it einem Bauernburschen an und Karl erwirbt ein Heiratsgut für sie, dies ist die einzige Möglichkeit, ein anständiges Leben zu führen; ich warte nur noch, bis ich wieder gehen kann, damit ich den Stall selbst misten kann und wenn Du mich besuchst, so soll Dir meine Kuh einen Rahm in den Kaffee ¬iefern, wie ich ihn hier nicht aufzutreiben imstande wäre und wenn ich 6000 fl. Besoldung hätte.« Die Geduldsprobe sollte lange dauern. Die Entzündung am Knie war endlich gewichen, da zeigte sich dasselbe Leiden am anderen Knie. Pauline erzählte später manchmal, wie ihr Hausarzt bei dieser Mitteilung ihr den Rücken gewandt und ihre Verzweiflung teilend ausgerufen habe: »Nun holen Sie sich aber einen anderen Arzt!« Wieder mußte sie liegen und viele Pein ausstehen. Ihren Kindern ist das Bild im Gedächtnis geblieben, wie die Mutter trotz dieser Hemmnisse fleißig war. Sie hatte sich ein schmales Brett zuschneiden lassen, das quer über dem Kanapee ruhen konnte, auf dem sie lag; sie benützte das als Bügelbrett }nd hat alle S$ Freu{din darauf eingegangen wäre. Die pekuniären Verhältnisse waren in diesen Jahren oft ungünstig. Pauline äußerte einmal ihrer Schwägerin gegenüber, daß ihr Mann sich bei seinem zunehmenden Leiden darüber manchmal Sorge mache und sie fügte hinzu: »Ich aber gar nicht, denn wir _können_ nicht mehr sparen.« Dies bezeichnet ihre Stellung zur Geldfrage: Das Möglichste tun, dann aber nicht sorgen. Kehrte man nach monatelangem Aufenthalt aus den Münchener möblierten Wohnungen nach Erlangen zurück, so fand man dort zwar die eigenen Möbel, wurde auch vom BrWder Hans mit rührender Freude empfangen, aber immer größer wurde die Schwierigkeit, in die Haushaltung einzugreifen, die eine mehr und mehr empfindliche Haushälterin ohne Einmischung weiterführen wollte, und je älter die Kinder wurden, um so weniger war es möglich, auf den Ton einzugehen, mit dem die Wohlmeinende, aber nur Halbgebildete ihre Pflegebefohlenen leitete. Der Grundsatz, das Ideal ihrer Erziehung war: nur nach außen keinen Anstoß erregen, und das dritt$ Geladenen genug zu tun, wenn sie für deren leibliche Verpflegung gesorgt hatte, sie hielt es für ebenso wichtig, daß Geist und Gemüt ihrer Gäste nicht leer ausgingen, und wie sie Wieser geselligen Pflicht unzählige Male in ihrem Leben nachgekommen war trotz schmerzenden Kopfes und brennender Augen, so tat sie es nun mit wehem Herzen und verborgener Trauer, und gab den fröhlichen Ton an, der allen wohl tat. Sie war immer anregend in Geselligkeit und doch führte sie nicht das große Wort wie manche hervorragend gesellige Talente tun, die zwar unsere Bewunderung erregen, uns prächtig unterhalten, aber doch das Gefühl hinterlassen, daß neben ihnen niemand zur Geltung kommen konnte. Sie ließ gerne die anderen zu Wort kommen und verstand es prächtig, die Rede auf das zu bringen was diese beschäftigte. »Sie versteht so ausgezeichnet die Kunst zuzuhören«, rühmte gelegentlich ein Freundãihres Mannes von ihr und mit dieser Kunst tat sie vielen wohl, denn sie antwortete auf das Gehörte liebenswürdig und treffend, nie in $ en!« Die Zurückbleibenden existierten aber dennoch weiter und zwischen den herangewachsenen Kindern und ihrer Tante ergaben sich im Laufe der Jahre immer mehr gemeinsame Interessen, die das tägliche Leben besonders in den Ferienzeiten, wenn sich alle zusammenfanden, bereicherten. Auf den jüngsten Sohn hatte sich das naturwissenschaftliche Interesse der Pfaffs vererbt, zur großen Freude seiner Tante. Nach den Osterferien schreibt sieùan Agnes: »Wilhelm ist diesen Abend auch wieder abgereist, es wird mir immer schwer, ihn wieder ziehen zu lassen, sein Wesen entwickelt sich so auffallend in der mir verwandten Pfaffschen Art und führt mir das Andenken an meine teuren Brüder in lebensfrischer Weise vor die Seele, ich unterhalte mich mit ihm gerade so, wie ich es in jungen Jahren mit diesen getan habe, oder wenigstens über dieselben Gegenstände. Seine Neigung zur Mathematik nimmt immer zu und erfüllt ihn ganz.« »Jetzt, nachdem ich wieder längere Zeit von den Kindern getrennt war, fällt mir wieder deren uæendlich le$ ider _zu_ wahr. Wollen wir eben beide fleißig in Müller studieren und Fortschritte machen und dabei aneinander denken und zwar in¤alter Liebe und Treue.« ... »Ich denke mit Freude daran, daß Dich das neue Jahr zu uns führen wird, Gott gebe uns ein fröhliches Wiedersehen! mein Befinden gehç stets ein wenig abwärts, ist aber doch noch recht erträglich, um das, was etwa noch kommt, wollen wir uns nicht ohne Not grämen, Du sagst es ja auch. Mein Enkel Karl hat mir schon mehrfach zu Geburtstag oder dergleichen kleine Arbeiten gemacht, heuer eine Disposition zu dem Müllerschen Artikel 'Was ist Wahrheit', es hilft mir dies sehr zur Erfassung des Ganzen, interessiert es Dich, so schicke ich Dir's einmal....« »Liebe Lina! treue Korrespondentin, Dank für Deinen Brief! vielleicht sehen wir uns doch noch in diesem Jahr, d. h. vielleicht kannst Du doch noch kommen; ich freue mich sehr auf Eugenie, unsere Vermittlerin. -- Das Buch, das ich mit Dir lesen wollte, heißt: Der Deutsche und sein Vaterland von Gurlitt, _sehr_ int$ h erkenne immer klarer, immer zweifelloser, daß wir hier nur in einer Vorschule sind und diesen Körper als Handwerkszeug zur Schule tragen müssen, wie gerne denke ich an die Zeit, wo wir diese Last ablegen dürfen und einkehren zur ewigen Heimat zu einem barmherzigen Vater. In dem Bestreben, mich in dieser Heimat schon ein wenig einzuleben, nicht so ganz als Fremdling zu erscheinen, wird mir die Zeit nicht so lang, wie es vielleicht außerdem der Fall wäre. Du würdest mich sehr verstehen, aber ich begreife gar wo¿l, wie Du in Deiner Jugendkraft noch ganz vom Leben erfüllt bist und ich fühle in voller Teilnahme mit Dir....« Diesem Briefe liegt ein Blättchen bei mit dem bekannten Rückertschen Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit klingt ein Lied mir immerdar, o wie liegt ’o weit, o wie liegt so weit, was mein einst war! Auch die treue Freundin Luise Hecker, deren Jugendkraft in dem obigen Briefe noch gepriesen ist, schied aus dem Leben noch vor der älteren,$ underbar! Und sie verweilen lange, helle Tränen Der Freude netKen ihre jungen Wangen, Und zur Geliebten spricht der Jüngling dies: Wär ich der Herr der Zeit (da ich doch leider Ihr Sklave bin), o glaube mir, Geliebte, Es dürfte nicht ein Tag vorübergehn, An dem ich nicht beglückt an deiner Seite Aus diesem wunderbaren Strome tränke, Bis süße Trunkenheit mich ganz bezwingt! FRAGEN EINES LIEBENDEN AUS TAUSEND UND EINE NACHT Ein rasend verliebter Jüngling schrieb einst die folgende Frage an die Tür seiner Angebeteten. Dyr Dichter Asmaï ging vorüber, las die Verse und schrieb eine Antwort darunter. Der Liebende tat darauf eine zweite Frage, auf welche der Dichter wiederum antwortete -- usw. usw. _Der Liebende:_ Beim Namen Gottes, ihr, die Liebe kennt, Laßt es mich wissen, was ich tun muß, was Ein Jüngling tun muß, dem in seinem Herzen Die ganze Leidenschaft der Liebe rast! _Der Dichter:_ Er soll verbergen seine Leidenschaft, Er soll sich üben in Geduld, was im$ uf das kupferne Dach; stiegen bei den Glocken aus den Luken auf das Gerüst; von da auf den First des kupfernen Kirchendaches, und indem wir darauf wie auf einem Pferde ritten, rutschten wir längshin vom Turme bis an den Giebel und auf gleiche Weise wieder zurück. Ein paar Hundert Zuschauer gafften drunten, zu unserer großen Freude, nach uns beiden jungen Waghälsen in die Höhe. Auch mein Vater war, ohne daß ich es wußte, unter dem Haufen gewesen, und so konnte es nicht fehlen, daß mich, bei meiner Heimkunft, für diese Heldentat eine derbe Tracht Schläge erwartete. Aber die Lust zu einem wie°erholten Versuche war mir dennoch nicht ausgetrieben worZen! Ich lauerte es nur ab, daß mein Vater verreist war, und an einem schönen Sommertage, nachmittags um vier Uhr, als ich der Zucht des Herrn Schütz entlaufen war, konnte ich nicht umhin, meinen lieben Turm wieder zu besuchen. Ein Schulkamerad, David Spärke, eines hiesigen Schiffers Sohn, leistete mir Gesellschaft. Diesen beredete ich, den Ritt auf dem Kirchendache mi$ lf bis fünfzehn Minuten: das Schiff sei rein und die Pumpen zögen kein Wasser mehr. »So kommt denn alle!« rief ich -- »nehmt eure Wehren zur Hand, spannt den Hahn und folgt mir dicht zusammengeschlossen nach.« -- In solcher Ordnung nun stiegen wir zuvörderst in die Kajüte hinab, wo der\zertrümmerte Eingang uns nichts als einen vollen Greuel der Verwüstung erwarten ließ. Dem war jedoch keineswegs also, sondern überall das Geräte in bester Ordnung, als ob gar nichts vorgefallen. Ich hob den Deckel von einer Seitenbank empor und fand den Sitz angefüllt mit Weinflaschen, die sorgsam in Stroh gepackt waren. Zu näherer Untersuchung zog ich eine daraus hervor, hielt sie gegen das Licht und fand sie mit rotem Clairet gefüllt. Eine Schieblade im Tische, die ich hervorzog, enthielt allerlei Tafelgerät, Messer, Gabeln usw. Ich nahm ein Messer, schlug jener Bouteille den Hals ab, und wir machten ein Schlückchen nach dem an¼ern, bis uns der Boden entgegenleuchtete. Nun machten meine Gefährten nicht übel Miene, auch dem Re$ ln hatten, so machten diese am Lande ein Feuer an, um dem Schiffe durch den aufsteigenden Rauch ein Zeichen zu geben, daß es vor Anker ginge; warfen sich aber auch zu gleicher Zeit in ihre Kanots und kamen an Bord, um die zur Schau ausgelegten Warenartikel zu mustern. Vor ihrer Entfernung versprachen sie dann, mit einem reichen Vorrat von Sklaven und Zähnen sich wieder einzufinden, oft jedoch ohne darin Wort halten zu können oder zu wollen. Gewöhnlich aber erschienen sie zu wirklichem Abschluß des Handels mit ihrer Ware am nächsten Morgen, als der bequemsten Tageszeit für diesen Verkehr. Denn da dort jede Nacht ein Landwind weht, so hat dies auch bis zum nächsten Mittag eine ruhigeF&nd stille See zur Folge. Dann steigt wieder ein Seewind auf, die Brandung wälzt sich ungestümer gegen den Strand, und die kleinen Kanots der Schwarzen können sich nicht hinaus wagen. Das Fahrzeug, welches die verkäuflichen Sklaven enthielt, war in der Regel noch von einem halben Dutzend anderer, jedes mit mehreren Menschen angefül$ r höflichst verabschiedet hatte, wieder auf den Rücken und trug ihn ans Land. Dort angekommen, schüttelte der Hase das Wasser aus seinem Fell und sprach zur Schildkröte: »Du listiges Vieh, beinahe hättest du mich überlistet, aber meine List war besser als die deine und Eure Dummheit größer als die meine. Wenn du Hasenaugen brauchst, suche sie dir nur. Ich brauche die meinen vorläufig noch für mich. Lebt also wohl und grüßet Euren König recht schön von mir!« Sprach's, sprang auf und eilte den Hügel’hinan, die verdutzte Schildkröte sprachlos zurücklassend. Seit dieser Zeit geht der Hase einer jeden Schildkröte vorsichtig aus dem Wege und die Schildkröte lebt seitdem bald im WaÕser, bald auf dem Lande, denn im Wasser fürchtet sie den Fischkönig und auf dem Lande hofft sie noch immer ein Paar Hasenaugen zu finden. [Anmerkung 1: Gemeint ist der Karpfen, der in Japan als Sinnbild der Kraft und Stärke gilt, weil er gegen den Strom schwimmt und selbst Wasserfälle und Stromschnellen überwindet.] [Verzier$ n Atem. Beginnt ihr zu zweifeln und fühlt ihr euch im Kampf ermatten, so erfüllt euch mit dem Bilde des ragenden inneren Deutschlands, das wir im Herzen tragen, des Landes der Wahrheit, der Treue, der Geistigkeit, der Innigkeit, des reinen Glaubens; tränkt und sättigt euch mit diesem Bilde, und blickt um euch. Seht ihr dann noch das kreischende, gierige Werben, die vergifteten Genüsse, die zynischen Gestalten der frechen List und der brutalen Schaustellung, die unwürdigen Gebäude und barbarischen Schaustücke: dann hat das neue Reich das alte noch nicht überwunden und der Kampf geht weiter. Glaubt nicht, es werde das Geringste euch geschenkt. Kein Ereignis von außen, nicht das Glückbringende, nicht das Bedrückende spricht euch los. Bei euch, in euch beginnt der Kampf. Nur wenn ihr frei seid, könnt ihr befreien, nur wenn ihr edel seid, könnt ihr adeln, nur we‹n ihr gerecht seid, könnt ihr richten, wenn ih+ gütig seid, begüten, wenn ihr gläubig seid, erwecken. Glaubt nicht den Lobpreisern des Bestehenden; sie pr$ , die Schatten der Kiefernstämme, die sich fest und sicher weit über das Feld hinlegten, wie Mastbäume oder wie schwarze Furchen; endlich verloren sie sich in einem eigentümlichen Gewirr von Dunkelheit: das waren die Sch7tten der Kronen. Viel unheimlicher als diese langen, toten Kiefernschatten aber waren die Schatten der Kreuze. In ihnen nämlich schien ein verstecktes Leben zu schlummern und nur darauf zu warten, daß es in einer geheimnisvollen Stunde auferstünde, doch nicht ein frohes Leben, sondern ein Leben voll düsteren Ernstes und gewaltsamer Entbehrung, ohne Lachen und ohne Licht. Und dann glitt sein Auge auf seinen eigenen, kleinen, harmlosen Schatten über, und er dacht- daran, daß dieser Schatten ihm im Grunde ebenso fremd sei wie die Schatten der Kiefern und Kreuze um ihn her, denn er hatte nicht den geringsten lebendigen Teil an ihm. Und doch vermochte nur er ihm Bewegung zu verleihen, wenn auch kein Leben, und wäre dieser Schatten nicht, so wäre er nicht. Und wenn man jetzt, so dachte er, dorthin,$ efindliche Inhaltsverzeichnis wurde zur besseren Übersicht an den Buchanfang verschoben. Offensichtliche Druckfehler und Inkonsistenzen wurden korrigiert.] Proofreading Team at http://www.pgdp.net FRANZ KAFKA BETRACHTUNG MDCCCCXIII ¼ ERNST ROWOHLT VERLAG LEIPZIG Dies Buch wurde in 800 numerierten Exemplaren im November 1912 von der Offizin Poeschel & Trepte gedruckt Copyright 1912 by Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig Für M. B. Kinder auf der Landstraße 1 Entlarvung eines Bauernfängers 17 Der plötzliche Spaziergang 27 Entschlüsse 32 Der Ausflug ins Gebirge 36 Das Unglück des Junggesellen ‹ 39 Der Kaufmann 42 Zerstreutes Hinausschaun 51 Der Nachhauseweg 53 Die Vorüberlaufenden 56 Der Fahrgast 59 Kleider $ terrestrischen Vertretern der Familie bei weitem vorwiegen. _Es wird sich fragen, inwiefern die Aufnahme des Wassers durch die Blätter modificirend auf die Structur der Pflanze gewirkt hat._ Unsere Betrachtungen können nicht an die Gesammtheit der epiphytischen Bromeliaceen gleichzeitig geknüpft werden; es müssen vielmehr die rosettenbildenden Arten, due rasenartigen und diejenigen mit langen Sprossen gesondert zur Behandlung kommen. _Rosetten_ bildende Bromeliaceen kommen sowohl unter den terrestrischen, wie unter den epiphytischen Arten vor und gehören systematisch „u den verschiedenartigsten Gruppen. Die zungenförmigen, bis vier Fuss langen Blätter entspringen einem meist kurzen und dicken, einfachen oder verzweigten Stamme. Die Blattbasen sind bei den Epiphyten an der Basis verbreitert und löffelartig ausgebaucht und bilden einen unten und seitlich, bis zu einer wechselnden Höhe, vollkommen dicht schliessenden Trichter, in welchem Regen- und Thauwasser sich aufsammelt. _Die Rosetten epiphytischer Bromelia$ t reducirte Leitgewebe eingeschlossen ist. Waeren nur solche Faelle extremer Anpassung, wie wir sie bei Aeranthus- und Tillandsia-Arten kennen lernten, vorhanden, so wuerde es kaum moeglich erscheinen, dieselben auf allmaehliche Veraenderung urspruenglich normal gestalteter und normal sich ernaehrender Bodengewaechse zurueckzufuehren. Thatsaechlich sind aber alle Stufen der Anpassung noch vorhanden; die spaerlichen Absorptionsschuppen terrestrischer Pitcairnia-Arten, die kaum angedeutete Velamenbildung bei vielen terrestrischen und epiphytischen Araceen, stellen die Anfangsstufe dar; zwischen diesen und den vollkommensten Anpassungen sind noch alle moeglichen Uebergangsstufen vorhanden, die saemmtlich den jeweiligen Existewzbedinguðgen entsprechen. ------------------------------------- III. UEBER DIE VERTHEILUNG DER EPIPHYTISEHEN PFLANZENARTEN INNERHALB IHRER VERBREITUNGSBEZIRKE. 1. Aehnlich wie bei uns ein einziger Baum oft zahlreiche verschiedene Arten von Moosen und Flechten traegt, sind $ hysiognomie der tropischen Waldlandschaften einen so hervortretenden Zug ÍarstelFende Genossenschaft der Epiphyten, deren Eigenartigkeit und Ueppigkeit jedoch auf die in Folge der Lebensweise auf Baeumen entstandenen Anpassungen zurueckzufuehren sind. In diesen Anpassungen haben wir das Streben nach moeglichst reichlichem Lichtgenuss mit moeglichst reichlicher Wasserzufuhr erkannt. Das Streben nach Licht treibt die Pflanzen nach den Baumgipfeln, sodass die epiphytische Vegetation das Gepraege allmaehlicher Vervollkommnung von unten nach oben ganz ungestoert zeigen wuerde, wenn ihr Gewicht nicht gewisse hoch angepasste, aber grosse Epiphyten hinderte, sich auf den Astspitzen anzusiedeln. Mit dieser Wanderung nach oben war nothwendig eine Zunahme der Schutzmittel gegen Transpiration, ein Uebergang der Hygrophilie zu einer relativen Xerophilie verbunden. Die hygrophilen Epiphyten blieben auf den Urwald beschraenkt und besitzen im Allgemeinen relativ kleine Verbreitungsbezirke. Die xerophil gewordenen Formen dage$ äuptern, alleif der Richterstab wird stets schwach in schwachen Händen sein. Mithin geht es nicht an, diesen Stab blindlings noch ungeborenen Nachkommen in die Hände zu drücken. Indessen ist es ungeziemend, diesen großen Tag durch derlei Gezanke zu entweihen. Wir wollen auf den Pfaden des ehrwürdigen Ernstes bleiben und nichts überhasten, denn es wird uns niemand Dank dafür wissen, wenn wir ihm eine Würde anbieten, die derzeit noch ein anderer inne hat. Die Versammlung möge daher beschließen, daß das ohnedies nur provisorisch errichtete Triumvirat abgeschafft wird.« cDie sind ja freiwillig durchgebrannt! Keiner von ihnen wagt es, sich zu zeigen!« klang es von allen Seiten. »Sonach möget ihr die alten Senatoren wiederwählen und es kann dann die protokollarische Inaugurierung der lebenslänglichen Oberrichterschaft Lestyák's stattfinden.« Überflüssig zu sagen, daß alldies angenommen wurde. Der neue Oberrichter saß so würdevoll da wie ein Dynast und nickte kühlen Dank mit dem Kopfe. Sein Antlitz, bis dahin bleich$ r allen die schönsten und ihnen die liebsten die von den Zügen nach dem Osten. Immer wieder richtet sich mit ihnen ihr Sinn morgenwärts. Aus dem Morgenlande entführt Zeus die sidonische Königstochter und nennt Europa nach ihrem Namen. Nach dem Morgenlande flüchtet Io, den hellenischen G’tt zu umarmen, den ihr in der Heimat Heras Eifersucht versagt. Auf dem Widder mit goldenem Vließ will Helle nach dem Osten flüchten, um dort Frieden zu finden; aber sie versinkt in das Meer, ehe sie das nahe jenseitige Ufer erreicht. Dann ziehen die Argonauten aus, das g5ldene Vließ aus dem Walde von Kolchis heimzuholen; das ist die erste große Heldenfahrt nach dem Morgenlande, aber mit den Helden zurück kommt Medea, die Zauberin, die Haß und Blutschuld in die Königshäuser von Hellas bringt, bis sie, mißehrt und verstoßen von dem Heros Athens, zurückflüchtet in die medische Heimat. Dem Argonautenzuge folgte ein zweiter Heldenkampf, der heimatliche Krieg gegen Theben, das traurige Vorbild des Hasses und der Bruderkämpfe, die He$ ischen Strategen die schon makedonischen Orte an der Propontis überfallen und zerstört wurden, leitete einen neuen Krieg ein. Philipp hatte mit Byzanz, Perinth, anderen Städten, die sich im Bundesgenossenkriege von Athen freigemacht, Bündnisse geschlossen und kraft deren zum Kampf gegen die Thraker ihren Beistand gefordert; sie leisteten ihn nicht, sie fürchteten sÉine wachsende Macht; Athen bot ihnen Bündnis und Kriegshilfe. Schon hatte es ihm die meisten Städte Euboias entfremdet, schon mit Korinth, den Akarnanen, Megara, Achaia, Korkyra Bündnis geschlossen, mit Rhodos und Kos wieder angeknüpft; =s ließ am Hofe von Susa auf die Gefahren, die dem Perserreiche die wachsende Macht Philipps drohe, hinweisen; der attische Strateg im Chersones empfing persische Subsidien, und der Eifer des attischen Demos für die Rettung der hellenischen Freiheit wuchs mit jedem Tag. Philipp wandte sich nach dem Siege über die Thraker gegen Perinth, gegen Byzanz, den Schlüssel des Pontos; fielen diese Städte, so war die Macht Ath$ Verordnung gehabt haben. Aber gewiß bestimmte, was Recht sei, die Gewohnheit und das Herkommen, ergänzte den Mangel der VeÉfassung. Man wird wohl sagen dürfen, daß das Königtum ebenso weit von asiatischer Despotie, wie das Volk von Leibeigenschaft und sklavischer Unterwürfigkeit entfernt war; »die Makedonen sind freie Männer«, sagt ein alter Schriftsteller, nicht Penesten, wie die Masse des Volkes in Thessalien, nicht Heloten, wie im spartanischen Lande, sondern ein Bauernvolk, gewiß nicht ohne freien und erblichen Besitz, gewiß nicht ohne Gemeindeverfassung mit Ortsversammlung und Ortsgericht, alle zu den Waffen pflichtig, wenn der König das Land aufGuft. Noch in später Zeit gilt das Heer als versammeltes Volk, wird zur Volksversammlung berufen zu Beratung und Gericht. [1] Siehe dazu die Anmerkung am Schluß. In diesem Heere tritt deutlich ein zahlreicher Adel hervor unter dem Namen der »Hetairen«, der Kriegsgesellen, wie ihn schon die homerischen Gesänge kennen. Diesen Adel wird man kaum als Herrenstand $ ehört hätten, sei gewesen: »Heil dir, o Sohn!« und der König habe erwidert: »O Vater, so sei es; dein Sohn will ich sein, gib mir die Herrschaft der Welt!« Andere verlachten diese Märchen; der Priester habe Griechisch reden und den König mit der Formel »Paidion« anreden wollen, statt dessen aber, mit einem Sprachfehler »Paidios« gesetzt, was man wahrlich für »Sohn des Zeus« nehmen könne. Schließlich galt als das Sichere über diesen Vorgang: Alexander habe Goàt gefragt, ob alle, die an seines Vaters Tod schuld hätten, gestraft seien; darauf sei geantwortet: er möge besser seine Worte wägen, nimmermehr werde ein Sterblicher den verletzen, der iûn gezeugt; wohl aber seien die Mörder Philipps des Makedonenkönigs alle gestraft. Und zum zweiten habe Alexander gefragt, ob er seine Feinde besiegen werde, und der Gott habe geantwortet: ihm sei die Herrschaft der Welt bestimmt, er werde siegen, bis er zu den Göttern heimgehe. Diese und ähnliche Erzählungen, die Alexander weder bestätigte noch widerrief, dienten dazu, u$ n, bevor der Zuzug aus den arianischen Landen sich mit ihr vereinigt habe; und wenn sein Marsch diese arianischen Satrapien für jetzt rechts liegen ließ, so war zu erwarten, daß vor dem Schlage,uder die Königsmörder niederschmettern sollte, auch sie sich beugen würden. Er folgte der großen Straße, die von Hyrkanien am Nordabhange des Gebirges, dann durch die Teile Parthiens und Areias, die der turanischen Wüste zunächst liegen, nach Baktriana führt. Als er die Grenze Areias erreicht hatte, kam ihm in Susia, der nächsten Stadt Areias, der Satrap des Landes Satibarzanes entgegen, sich und das Land ihm zu unterwerfen, zugleich wichtige Mitteilungen über Bessos zu machen. Er ließ Satibarzanes im Besitz seRner Satrapie; Anaxippos von den Hetairen mit 60 Mann Akontisten zu Pferd wurde zur Bewachung des Platzes und Aufnahme der nachkommenden Kolonnen zurückgelassen, Anordnungen, welche zeigten, daß Alexander unter der Form einer Oberherrlichkeit, die nicht viel bedeutete, den mächtigen Satrapen in der Flanke seines $ en wiedergegeben.« Endlich langte man vor der Burg an; sie lag auf einem hohen und schroffen Felsen, an dem nur ein schmaler und schwieriger Pfad hinaufführte; überdies strömte auf dieser allein zugänglichen Seite in einer sehr tiefen Schlucht ein reißender Bergstrom vorüber. Alexander, gewohnt, keine Schwierigkeit für unüberwindlich zu halten befahl sofort, in den Tannenwälde.n, die ringsumher die Berge bedeckten, Bäume zu fällen und Leitern zu bauen, um vorerst die Schlucht zu gewinnen. Tag und Nacht wurde gearbeitet, mit unsäglicher Mühe gelangte man endlich in die Tiefe hinab; nun wurde der Strom mit einem Pfahlwerk überbaut, Erde aufgeschüttet, die Schlucht ausgefüllt; bald arbeiteten die Maschinen und schleuderten Geschosse in die Burg hinauf. Chorienes, der bisher die Arbeiten der Makedonen gleichgültig mit angesehen hatte, erkannte mit Bestürzuäg, wie sehr er sich verrechnet habe; einen Ausfall auf die Gegner zu machen, verhinderte die Natur des Felsens, gegen Geschosse von oben her waren die Makedone$ d gleichem Zeitaufwand sich vollkommen unterwerfen müssen, und selbst des sogdianischen Landes Meister, hatte er es aufgegeben, von dort bis zu dem Meere vorzudringen, das er nordwärts hinter den Gebieten der Skythen nahe geglaubt hatte. In gleicher Weise wird er von Poros und Taxiles erfahren haben, welche Weiten bts zum Ganges, bis zu dem Meere, in das dessen Wasser strömen, zu durchmessen seien. Das Land am Kophenfluß, den Vorhof Indiens, hatte er mit fester Hand gefaÜt, wie in der Sogdiana eine Nordmark, so in den abhängigen Fürstentümern im Fünfstromland ein noch entwickelteres Marksystem begründet; er scheint sich von Anfang an her überzeugt zu haben, daß die Bevölkerung des Induslandes in allen Verhältnissen des Lebens, des Staates und der Religion zu eigentümlich entwickelt und in ihrer Entwicklung zu fertig war, als daß sie schon jetzt für das hellenistische Reich gewonnen werden konnte; Alexander konnte nicht daran denken, jenseits der nur verbündeten Fürstentümer eine neue Reihe von Eroberungen sei$ provinzen den Befehl gesandt, die Flotte bereitzuhalten, um nötigenfalls Attika unverzüglich überfallen zu können; und in dem Lager Alexanders war damals viel die Rede von einem Kriege gegen Athen, auf den sich die Makedonen infolge der alt‡n Feindschaft gar sehr freuten. In der Tat hatten die Athener, wenn sie ernstlich der Zurückführung der Verbannten sich zu widersetzen, dem Könige die göttlichen Ehren zu versagen, ihre volle Unabhängigkeit geltend zu machen beabsichtigten, in den Erbietungen und den Mitteln dieses Schutzflehenden alles, was ihnen zunächst zu einer energischen Verteidigung nötig war; sie hätten hoffen können, daß die Ätoler, die Spartaner, daß die Achäer und Arkader, denen der König die gemeinsamen Landtage ihrer Städte untersagt hatte, sich ihnen anschließen würden. Aber, wenn sie sich nicht verbergen konnten, daß HarpWlos zum zweitenmal seine Pflicht in des Königs Dienst gebrochen und durch ein gemeines Verbrechen großen Stils dessen Strafe herausgefordert hatte, so hätte es ihnen nicht $ ilden Ziegen der Insel ungestört weiden lasse; sie liege in der Nähe des Meerbusens der Stadt Gerra, von der aus die Hauptstraße durch das Innere Arabiens zum Roten und Mittelländischen Meere führe, und deren Einwohner als betriebsame und reiche Handelsleute genannt würden. Alexander gab, seltsam genug, dieser Insel den Namen jenes Ikaros, der den kühnen Flug bis in die Sonnennähe gewagt und in den Wellen mit allzu frühem Tode gebüßt hat. Von der Insel Ikaros aus, berichtete Archias weiter, sei er südostwärts zu einer zweiten Insel gekommen, welche die Bewohner Tylos nannten; sie sei groß, we^er steinig noch waldig, zum Feldbau geschickt und ein glückliches Eiland; er hätte hinzufügen können, daß sie inmitten der unerschöpflichen Perlenriffe liege, von denen sich schon manche Sage unter den Makedonen verbreitet hatte. Bald darauf kam das zweite Schiff, das Androstûenes geführt hatte, zurück; er war dicht an der Küste hinabgesteuert und hatte ein großes Stück des arabischen Strandes beobachtet. Am weitesten vo$ nicht das entsprechende makedonische Datum, sondern nur das Jahr (11. Jahr Alexanders) angegeben ist. Aber die Angabe, daß Nearch am 20. Boedromion vom Indus abgefahren ist, gewährt ein relativ sicheres Datum; es ist, wenn man Idelers Berechnung des metonischen Zyklus für die Ansetzung der entsprec>enden julianischen Daten in konventioneller Weise gelten läßt, dÊr 21. September; die Fahrt vom Indus bis Harmozia ist ziemlich überzeugend auf 80 Tage berechnet worden und danach die Daten S. 495 angesetzt. Anmerkung 17 zu Seite 515: In der neuen _Organisation der Ritterschaft der Hetairen_ fällt die Angabe, daß eine fünfte Hipparchie gebildet worden sei, da es während des indischen Feldzugs, wie aus Arrian (IV, 22, 7; 23, 1; 24, 1) geschlossen werden darf, deren, das Agema ungerechnet, acht gab. Ob der Zug durch die Wüste so große Verluste gebracht hatte, daß die Reste der Hetairen zu vier schwachen Hipparchien zusammengezogen waren, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls war der Zweck der neuen Formation zugle$ f einmal, fühlt einzelne Worte: »Abends« ... »Klein war ...« Da sind alle einander nah, diese Herren, die aus Frankreich kommen und aus Burgund, aus den Niederlanden, aus Kärntens Tälern, von den böhmischen Burgen und vom Kaiser Leopold. Denn was der Eine erzählt, das haben auch sie erfahren und gerade so. Als ob es nur _eine_ Mutter gäbe ... So reitet man in den Abend hinein, in irgend einen Abend. Man schweigt wieder, aber man hat die lichten Worte mit. Da hebt derAMarquis den Helm ab. Seine dunklen Haare sind weich und, wie er das Haupt senkt, dehnen sie sich frauenhaft auf seinem Nacken. Jetzt erkennt auch der von Langenau: Fern ragt etwas in den Glanz hinein, etwas schlankes, dunkles. Eine einsame Säule, halbverfallen. Und wie sie lange vorüber sind, später, fällt ihm ein, daß das eine Mad‡nna war. Wachtfeuer. Man sitzt rundumher und wartet. Wartet, daß einer singt. Aber man ist so müd. Das rote Licht ist schwer. Es liegt auf den staubigen Schuhn. Es kriecht bis an die Kniee, es schaut in die gefalteten $ treiten, kommen natürlich im wirklichen Leben nicht vor. Man ist hier eher geneigt, das unmittelbare Einleuchten gewisser dem sinnlichen Schein oder einer unberechtigten Verallgemeinerung zu liebe aufgestellter Sätze zu behaupten, wie z. B. das unmittelbare Einleuchten des Satzes, dass die Sonne still steht. Hier ist es ein Leichtes, durch den Beweis des Gegenteils den Schein des unmittelbaren Einleuchtens zu zerstören. Es ergiebt sich, dass wir dem unleugbaren Vorkommen einer vermeintlichen Einsicht und eines vermeintlichen Einleuchtens nicht ratlos gegenüberstehen und uns hierdurchýin der Annahme des EinleuchteÁs der Zusammengehörigkeit als eines zuverlässigen und entscheidenden Kennzeichens der Wahrheit nicht irre machen lassen dürfen. Wir können nicht bloss die wirkliche Einsicht von der vermeintlichen an bestimmten Merkmalen unterscheiden, wir können auch die entstehende vermeintliche Einsicht überwinden, und zwar durch die wirkliche Einsicht. Siebzehnte Untersuchung. Einsicht und Denknotwendigkeit. Di$ t fuer uns in dem Einleuchten, der zweiten ueber das VorgZfundene hinausgehenden Stufe des Erkenntnisvorgangs. Es liegt nahe -- und das geschieht oft genug -- die Einsicht fuer das Kennzeichen der Wahrheit zu halten; wird doch das griechische enargein und das lateinische evidentia oft genug mit Einsicht wiedergegeben oder die Einsicht naeher als das Einleuchten der Wahrheit erklaert. Natuerlich kann unter dieser Voraussetzung nicht von einem criterium secundum quod ausser fuer die nachtraegliche Reflexion, sondern nur von einem criterium quo cognoscitur die Rede sein. Wir verstehen unter dem Kriterium oder Kennzeichen der Wahrheit nicht diesen subjektiven Zustand der Einsicht sondern das Einleuchten, Sichaufdraengen der Zusammenzehoerigkeit, die Unabweislichkeit des Gedankens derselben, die natuerlich etwas Objektives ist und darum auch die Objektivitaet des Urteils oder das Bewusstsein seiner Wahrheit begruenden kann. Dreizehnte Untersuchung. Die Gesetze des Erkennens. Die Wahrheit, das Ziel des Erkennens $ icht auch zum Seienden? Gattung And Art sind offenbar Praedikabilien, wenn man sie einfach nach dem Verhaeltnis des AllgemeinÉn und Besondern ins Auge fasst. Aber die Alten haben mit Recht Gattung und Art nicht bloss nach diesem Verhaeltnis bestimmt, sondern fuer beide nur die wesentlichen Merkmale in Anspruch genommen und die ausserwesentlichen auf Proprietaet und Accidenz verteilt. Ist aber nun das Wesentliche und weiterhin das Wesen ein blosses Praedikabile? und nicht vielmehr eine Kategorie? Ja, die Kategorie der Kategorien? Das Seiende ist doch eben nur ein Seiendes dadurch, dass es ein Wesen, eine Wahrheit hat. Verschiedenheit und Gleichheit sind sicher unmittelbar nur Aussagen ueber unsre Begriffe, keine Kategorien, ebensowenig das Nichtseiende, die Negation des einen vom andern; Mensch als Nicht-Pflanze z. B. Demnach kann auch die Zahl keine Kategorie sein; sie ist der Gattung verwandt und wie diese Zusammenfassung niederer Einheiten zu einer hoeheren Einheit; nur dass bei der Gattung in dieser hoeher$ tung haben. Zwanzigste Untersuchung. Die Erkenntnis der Aussenwelt. Wenn wir die Entstehung und Zusammensetzung unsrer Vorstellungen der Weltdinge und ihrer Ordnung in Raum und Zeit ins Auge fassen, wie sie nach dem gesicherten Ergebnis der Psychologie notwendig gedacht werden muss, so koennen wir keinen Augenblick darueber zweifeln, dass wir von der Beschaffenheit dieser Dinge keine Erkenntnis haben. Die Annahme, dass die Dinge so sind, wie wir sie wahrnehmen, beruht offenbar auf einer bloss vermeintlichen, durch die Psychologie voellig besewtigten Einsicht. Fuer den Kenner der Psychologie ist die Frage, ob die Dinge so sind, wie wir sie sehen, einfach ungereimt. Jeder hat sein besonderes, eigenes Gesichtsbild von den Dingen, und dieses besteht aus den Gesichtsempfindungen und den mit ihnen associierten Tastempfindungen: seine Stelle im Raum wird bestimmt dur´h die fuer das Zustandekommen dieser Tastempfindungen erforderlichen Muskelempfindungen der Arm- und Beinexkursionen. Zu einem uns gegenueberstehende$ ge ich meine Geschichte nicht zu Ende. Du kannst dir ja wohl denken, daß sich Barbara zu Hause nicht besonders wohl fühlte. Ich meine nicht nur der Unordnung und Unsauberkeit wegen. So zuwider mir beides ist, so muß ich doch zugeben, daß man auch in eiíem schmutzigen Heim strahlend glücklich sein kann. Wir haben eine Familie im Dorf, da laufen einem aus der Stube die Kinder und Ferkelchen und Hühner zusammen entgegen, und die Fenster brauchen keine Vorhänge, denn kein Mensch kann hineinsehen. Aber die Leute sind seelenvergnügt, du darfst mir's glauben. Aus keinem Haus tönt so viel Lachen und Singen. Nur Samstag abend gibt es ein großes GeschVei, weil da die Kinder gewaschen werden, und das sind sie halt nicht gewöhnt. Aus Schäufeles Haus tönte fast alle Tage Geschrei. Die zwei Alten lebten in stetem Streit und verführten auch die Kinder dazu. Barbara war die Jüngste von Sechsen. Sie stand ihren Geschwistern ziemlich fremd gegenüber, auch den Vater schien sie eher zu fürchten. Aber die Mutter ward von ihr geli$ chen einfach zu Füßen und rief aus: »Nein, in dem Zimmer zu schlafen ist mir unmöglich. Ich kann da nicht atmen. Lieber will ich auf der Straße übernachten.« -- Ich hielt, während ich so sprach, die Beine der jungen Dame fest umschlungen. Sie schien ärgerlich zu sein und befahl mi| aufzustehen. Ich sagte: »Ich stehe nicht vorher auf, bis Sie mir versprochen haben, daß Sie mir einen menschenwürdigen Raum zum Schlafen anweisen wollen. Ich bitte Sie, Fräulein, ich flehe Sie an, tun Sie mich an einen andern Ort, meinetwegen in ein Loch, nur nicht hier hinein. Hier kann icé nicht sein. Ich will meine Mitschüler gewiß nicht beleidigen, und habe ich es schon getan, so tut es mir leid, aber bei drei Menschen schlafen, als vierter, und dazu noch in solch einem engen Raum? Das geht nicht. Ach, Fräulein.« -- Schon lächelte sie, ich merkte es, ich fügte daher rasch, mich noch fester an sie schmiegend, hinzu: »Ich will brav sein, ich verspreche es Ihnen. Ich will allen Ihren Befehlen zuvorkommen. Sie sollen sich nie, nie $ oucar wurde es ein wenig unbehaglich zumute, an eineNsolche Unterhaltung war er nicht gewöhnt. Sein Nachbar aber stieß ihn unter dem Tisch mit dem Fuß an und raunte ihm zu: »Bloß keine?verwunderten Augen machen, sind in ihrer Art ganz famose Leutchen und führen das gastfreieste Haus im ganzen Westen ...« Er nickte dazu. Was ging es ihn an? Heute hatte er diese Menschen kennen gelernt, morgen sah er sie nicht mehr. Die Unterhaltung am Tische wurde allgemein, man erörterte die Ereignisse des Renntages, und Gaston von Foucar erfuhr, daß Herr Rheinthaler dem Sport nicht nur als Zuschauer huldigte, sondern Besitzer eines namhaften Stalles war. Zwei seiner Pferde hatten an der Hauptkonkurrenz des Tages teilgenommen, das eine als Schrittmacher, das andere als erklärter Sieger, beide aber hätten durch die Schuld der Jockeis unter den Unplacierten geendet. Der Landsberger Husar erklärte seinem Gegenüber eifrig, welche Fehler zu dem Verluste des Rennens geführt hätten, Frau Rheinthaler schob ihren Teller zur Seite und $ h flog ihm durchs Herz. Auf sonnenbeschienener Straße gingen zwei dahin, und der eine sprach in plötzlich ausbrechendem Irrsinn häßliche Worte, und diese Worte krochen wie ekelhafte Kröten über das Bild einer bemitleidenswerten Frau. Die Wagenbremsen zogen kreischend an, es gab einen Ruck, und der Zug hielt wieder einmal an einer der zahlreichen kleinen Stationen. Neben dem rotbemützten Stationsvorsteher stand ein dicker kleiner Herr in weißem Staubmantel, das volle Gesicht schier rostrot verbrannt, und mit bläulich schimmernder Nase unter weinfrohen Aeugelein. Der alte Herr öffnete die Coupétür und winkte lebhaft mit der Hand. »Tag, Lindemann! Erwarten Sie wen?« Der Dicke blickte überrascht auf und setzte sich in der Richtung des Wagens erster Klasse in Bewegung. »Tag, Herr von Gorski! Das ist ja One Riesenfreude, daß Sie wieder zuwege ~ind! Und ob ich wen erwarte? Dieses nu weniger, ich wollt' bloß mal ein bißchen Großstadtluft schnappen. Da bin ich nach der Station gefahren, in dem Aberglauben, der Zug bri$ at sich erheblich gewundert, daß Herr Rittmeister das Fundstück nicht persönlich überbrachten. Namentlich, da sie sich doch das Vergn¼gen gemacht hatte, Herrn Rittmeister aufzufordern, in Kalinzinnen recht bald Besuch zu machen.« Gaston fühlte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg. Zu dumm war das! Und er nahm sich gewaltsam zusammen. »Es tut mir selbst am meisten leid, daß ich dieser freundlichen Einladung wegen zu vielen Dienstes nicht folgen konnte. Und jetzt möchte ich meinen Besuch in Kalinzinnen verschieben, bis das Fest vorüber ist. Es wäre mir doch peinlich. Das würde aussehen, als wollte ich dazu eingeladen sein.« Karl von Gorski blickte auf. Er hatte wohl bemerkt, daß sein Vorgesetzter plötzlich Farbe in die Wangen gekriegt hatte,"aber noch tappte er im dunkeln, konnte sich keinen rechten Vers auf die ganze Geschichte machen. »Welches Fest meinen Herr Rittmeister?« »Nun, die ... die Verlobung von Fräulein Annemarie. Erst heute hörte ich zufällig, sie würde sich demnächst öffentlich verloben. Mit dem$ schmalen, sehr langen, in den Berg gehauenen Gang nach der Grube Dorothea. Hier ist es luftiger und frischer, und die Leitern sind reiner, aber auch länger und steiler als in der Karolina. Hier wurde mir auch besser zu Mute, besonders da ich wieder Spuren lebendiger Menschen gewahrte. In der Tiefe zeigten sich nämlich wandelnde Schimmer; Bergleute mit ihren Grubenlichtern kamen allmählich in die Höhe mit dem Gruße »Glückauf!« und mit demselben Wiedergruße von unserer Seite stiegen sie an uns vorüber; und wie eine befreundet ruhige, und doch zugleich quälend rätselhafte Erinnerung trafen mich mit ihren tiefsinnig klaren Blicken die ernstfrommen, etwas blassen, und vom Grubenlicht geheimnisvoll buleuchteten Gesichter dieser jungen und alten Männer, die in ihren dunkeln, einsamen Bergschachten den ganzen Tag gearbeitet hatten, unC sich jetzt hinaufsehnten nach dem lieben Tageslicht, und nach den Augen von Weib und Kind. Mein Cicerone selbst war eine kreuzehrliche, pudeldeutsche Natur. Mit innerer Freudigkeit zei$ versitätsNedelle. Einer dieser Kaiser hält ein Schwert, statt des Scepters. Ich konnte nicht erraten, was dieser Unterschied sagen will; und es hat doch gewiß seine Bedeutung, da die Deutschen die merkwürdige Gewohnheit haben, daß sie bei allem, was sie thun, sich auch etwas In Gottschalks »Handbuch« hatte ich von dem uralten Dom und von dem berühmten Kaiserstuhl zu Goslar viel gelesen. Als ich aber beides besehen wollte, sagte man mir, der Dom sei niedergerissen und der Kaiserstuhl nach Berlin gebracht worden. Wir leben in einer bedeutungsschweren Zeit: tausendjährige Dome werden abgebrochen, und Kaiserstühle in die Rumpelkammer geworfen. Einige Meñkwürdigkeiten des seligen Doms sind jetzt in der Stephanskirche aufgestellt. Glasmalereien, die wunderschön sind, einige schlechte Gemälde, worunter auch ein Lukas Cranach sein soll, ferner ein hölzerner Christus am Kreuz, und ein heidnischer Opferaltar aus unbekanntem Metall; er hat die Gestalt einer länglich viereckigen Lade, und wird von Karyatiden getragen, di$ n und her schwankt, daß er einen Kongreß andeutet, wenn er die gebogenen Arme knäuelartig in einander verschlingt, und endlich, daß er unsern allzugroßen Freund im Osten darstellt, wenn er in allmählicher Entfaltung sich in die Höhe hebt, in dieser Stellungélange ruht, und plötzlich in die erschrecklichsten Sprünge ausbricht. Dem jungen Manne fielen die Schuppen von den Augen, und jetzt merkte er, warum Tänzer besser honoriert werden, als große Dichter, warum das Ballet beim diplomatischen Korps ein unerschöpflicher Gegenstand des Gesprächs ist, und warum oft eine schöne Tänzerin noch privatim von dym Minister unterhalten wird, der sich gewiß Tag und Nacht abmüht, sie für sein politisches Systemchen empfänglich zu machen. Beim Apis! wie groß ist die Zahl der exoterischen, und wie klein die Zahl der esoterischen Theaterbesucher! Da steht das blöde Volk und gafft, und bewundert Sprünge und Wendungen, und studiert Anatomie in den Stellungen der Lemiere, und applaudiert die Entrechats der Röhnisch, und schwatzt v$ n war, was seine Treue hätte in Frage stellen können. »Es muß aber doch etwas zwischen euch gewesen sein,« fuhr die Frau hartnäckig fort, »denn ich erinnere mich jetzt, daß du ganz plötzlich deine Aufsicht über die Nachtwachen im Laden abgebrochen hast. Sage mir, was war das letzte Wort, das ihr dort zusammen spracht?« »Ich sagte ihr, daß ich glücklich, sehr glücklich verheiratet bin,« erwiderte der Mann nach einigem Nachdenken. Die Frau sah erstaunt mit tränendem Gesicht zu ihm auf und sagte: »Ich glaube dir's. Aber ich weiß doch, daß sie allein das Gespenst ist, das nach Mitternacht hier umgeht. Kannst du mir wirklich versichern, daß du alles das, die Tassen, die Kaffeemaschine und alle Dinge im Zimmer nur für mi±h und dich gekauft hast und die 6ndere im Geist niemals neben dir hast sitzen sehen?« Da sagte er einfach und langsam: »Wenn ich jetzt um diese Stunde an das Mädchen erinnert werde, wird es mir klar, daß ich alles, was du hier siehst, eingekauft habe, um sie und nicht dich zu empfangen. In allen an$ nd Matrosen ausländischer Kriegsschiffe ihre nächtlichen Gelage in dem Haus, und acht Tage lang wurdeèder armselige Singhalese vom Hauseigentümer abgewiesen; er schlief acht Nächte unter dem Fenster und blieb acht Nächte nüchtern. In der neunten Nacht, als die Dampfer den Hafen verlassen hatten, öffnete sich wieder der Fensterladen. Zwei nackte Brüste drückten sich über die Fensterbank, und helle Zähne glitzerten in einem lachenden Mund; dem Singhalesen schoß sein hitziges Blut wie Sternschnuppen vor die Augen. Bulram ging in das Haus, drückte das Mädchen an sich und schloß dabei die Augen, wie es alle Orientalen tun, wenn sie ernstlich glücklich sind. Er blieb dann Tag und Nacht bei geschlossenen Fensterläden im Haus bei der Dirne. Ém vierten Abend saß der Hauseigentümer mit seinen Freunden wie immer draußen auf den Steinstufen vor der Haustür. Es wetterleuchtete hinter dem Hausdach. Da kam einer seiner Buben heraus und sagte ihm: »Herr, das Zimmer des Mädchens, welche hinter dem Eckfenster wohnt, ist wie le$ n, Carlsson, da Ihr lange unterwegs gewesen seid. Ich will Euch zeigen, wo Ihr liegen sollt, wenn Ihr mitkommt. Carlsson wäre gern geblieben, um das Stundenglas auslaufen zu sehen; aber der Wink war so ¼eutlich, daß er die Geduld der Wirtin nicht länger auf die Probe zu stellen wagte. Die Alte ging mit ihm in die Küche hinaus. Gleich kam sie aber zum Sohn zurück, der sofort seinen freimütigen Ausdruck wieder annahm. -- Nun, wie findest du ihn? fragte die Alte; er sieht ordentlich und -- Nein, nein! antwortete Gustav gedehnt. Trau ihm nicht, Mutter; er schwatzt nur Unsinn! -- Was du sagst! Er kann doch wohl ordentlich sein, wenn er auch ein Mundwerk hat. -- Glaub mir, Mutter, das ist ein Schwätzer; mit dem werden wir uns zu schleppen haben, bis wir ihn wieder los werden. Aber das macht nichts; er soll ¬chon arbeiten fürs Essen, und mir soll er nicht zu nahe kommen. Du glaubst allerdings nie, was ich sage, aber du wirst schon sehen! Wirst schon sehen. Nachher reut es dich, wenn's zu spät ist! Wie wars mit dem a$ m Querbalken lag eine lange Reihe frisch ausgestopfter Lockvögel; über einen andern waren Schaffelle geworfen° von einem dritten baumelten Wasserstiefel, Unterjacken, Hemden, Strümpfe; und zwischen den Balken liefen Spieße mit Lochbroten, Stöcke mit Aalhäuten, Stangen mit GrundschnürÊn und Angelhaken. Am Giebelfenster stand der Eßtisch aus rohem Holz; an den Wänden standen drei Ausziehsofas, die mit reinen, aber groben Laken gebettet In einem davon hatte die Alte Carlsson einen Platz angewiesen. Als sie sich mit dem Licht entfernte, ließ sie den Kömmling im Halbdunkel, das nur schwach von der Herdglut und einem kurzen Mondstreifen erleuchtet wurde. Der Mond zeichnete Pfosten und Sprossen des Fensters auf den Boden. Aus Gründen der Schamhaftigkeit wurde beim Schlafengehen kein Licht angesteckt; denn die Mädchen hatten auch ihre Schlafplätze in So entkleidete sich Carlsson im Halbdunkel. Er legte Rock und Stiefel ab; dann holte er die Uhr aus der Westentasche, um sie beim Schein des Herdfeuers aufzuziehen. Er h$ wohnern des Orts an unser Lager geschlichen, um den sonderbaren Mann aus einer fremden Welt zu sehen, die jenseits des Meeres lag und unerforschlich war an Geheimnissen und Wundern. Und ihr Verlangen nach dem Glanz dieses Neuen, Unfaßbaren hatte sie die Vorsicht vergessen lassen, die so not tut im Dschungelland, die man sie von Kind auf an gelehrt hatte, und die sie in allen Fällen so klug und sorgsam zu beachten gewußt hatte. Nun hatte es im Finstern den kleinen, bösen Stich gegeben, den anfänglich das Herz nicht als das furchtbare Verhängnis glauben will, obgleich daH Blut es ahnt und die Schrecken des jähen Dahinsinkens wie dunkle Flügel um die Schläfen brausen. Ein Dorn, ein Dorn war es, vom Rand eines Palmblatts, oder vom Zedernbaum..., aber dann kam der feine süße Schwindel, der in den Augen beginnt und der den Pulsschlag des Herzens so eigen behindert, der zuerst die Hände und langsam alle Glieder in trockene, kurze Krämpfe zerrt, als trieben Glassplitter im Blut, die die Adern zerrissen. Bit die gräßl$ ntsetzens und der Hilflosigñeit. Ein unzulänglicher Schutz ist oft bei weitem beängstigender als die volle Gewißheit einer schrankenlos wirkenden Gefahr, und nicht nur,Wwenn es sich um einen Panther handelt. Es mag hinzukommen, daß es in der Tat überwältigend ist, plötzlich zum ersten Mal dieser großen Katze Auge in Auge gegenüberzustehen, deren Ankündigung aus geheimnisvoller Nachtfinsternis man monatelang vernommen hat, und aus der die Phantasie in unablässiger Beschäftigung ein bei weitem schlimmeres Fabelwesen erschaffen hat, als der Panther es in Wirklichkeit ist. Er ist im Grunde sehr scheu und fällt fast niemals Menschen an, selbst Kinder nicht, wenn ihn nicht die äußerste Not des Hungers oder die Bedrängnisse der Treibjagd nötigen. Im gesättigten Zustande weicht er stets der Begegnung mit dem Menschen aus und er mordet nicht mehr, als zur Erhaltung seines Daseins erforderlich ist. Alle Hirten, die mir in Malabar vom Tiger oder Panther erzählt haben, stimmten in ihrer Erfahrung darin überein, daß diese$ eren Kirchenpforte in die kunstreich gewölbten Gänge trat, däuchte ihn die abendliche Stille, die ihn so mailich und freundlich anwehte, keineswegs unwillkommen, sondern wie er langsam daherschritt und immer wieder zwischen den Pfeilern still stehend zum blauklaren Himmel emporblic¿te und vor sich auf die Pracht der Blüthen im frischen Grün, da war's, als leuchtete die Lenzwonne auch aus seinen dunklen Augen, so froh schauten sie darein, und als fühlte seine Brust mit der Jugend des Jahres auch die Jugend des Herzens wieder, so freudig und kräftig hob sie sich. Dicht neben ihm aus dem Gebüsch erscholl die Stimme einer Nachtigall. Er blieb stehen und lauschte. Ihm schien's, als wäre das die Seele dieses Maiabends, die wolÆte all' ihre reine und himmlische Freude ihm mit zu empfinden geben. Sie schwieg. Aber als nach kurzer Weile ihre Töne wieder erklangen, lang gezogen und klagend, da tauchten sie auch seine Seele in sanfte Schwermuth und seine Gedanken wurden wie mit freundlichem Zwange rückwärts gezogen; und$ t, die hohe Kunst übend und die edlen Gaben brauchend, so Euch Gott verliehen. Ich bracht' ihn dahin, ein ¡ertrauen zu fassen, daß seine Gebete für Euer Glück und Heil, die er unablässig Gott darbrachte, erhört würden im Himmel. Und so stieg auch seine Seele über sich, über ihre Schuld und Fehle, Sorgen und eignen Werke in die Gelassenheit, die sich gänzlich in Gott ergibt und nichts Anderes weiß und will, als Sein Wohlgefallen, weil sie glaubt: das ist die Seligkeit. Er ward ruhiger, wenn auch nicht ruhig, er ward fröhlicher, wenn auch micht froh, getrösteter, wenn auch nicht Es gibt Leiden, davon genest die Seele, aber der Leib wird mürb. Ja, sein Siechthum dienet ihr dazu, daß sie ihre Augen desto heller aufthut, ihren himmlischen Ursprung zu suchen und das ewige Licht zu erfassen, das aus dem Herzen Gottes leuchtet. So, Herr, ergieng es Eurem Vater. Habt Ihr vom Demant gehört, daß er die Natur der Sonne an sich nimmt, deren Licht er eingesogen, und selber leuchtet wie sie? So man ihn in Finsterniß bringt,$ h tut mir eigentlich nichts. Ich bin nur immer so müd'.« »Ach geh' doch, vom Müdesein stirbt man doch nichj!« sagte der Doktor lächelnd, und aufmunternd fügte er hinzu: »Komm, Kindchen, schau nicht so ernst drein, das paßt ja gar nicht für dein Alter. Du sollst vergnügt sein und springen und lachen, so wie dein kleines Schwesterchen da. Hör doch nur, wie es kräht, und schau, wie es zappelt, daß man es kaum halten kann.« Dann stand der Doktor auf, und die Mutter ging wieder mit ihm hinunter. Als Tante Toni etwas später nachfolgte, da war der Doktor schon fort, aber Tante Toni merkte, daß ihre Schwester geweint hatte. »Was gibt es.denn, fehlt Tonichen etwas?« fragte sie besorgt. »Hat der Doktor etwas gefunden?« »Nein, er hat nichts gefunden; Lunge, Herz, alles ist gesund, und doch ist unser guter alter Doktor nicht ohne ernste Besorgnisse; denn das Kind entwickelt sich nicht, im Gegenteil, es nimmt sichtlich ab.« In diesem Augenblick kam Lilly ins Zimmer gestürmt. »Tante Maria, darf ich heute bei dir zu Mittag $ einer Nicht-_Arierin_, eine _Mésalliance_ eingehen könnte. Bei dem psychotherapeutischen Verfahren, dessen ich mich zur Auflösung und Beseitigung neurotis‡her Symptome bediene, ist sehr häufig die Aufgabe gestellt, aus den wie zufällig vorgebrachten Reden und Einfällen des Patienten einen Gedankeninhalt aufzuspüren, der zwar sich zu verbergen bemüht ist, aber doch nicht umhin kann, sich in mannigfaltigster Weise unabsichtlich zu verraten. Dabei leistet oft das Versprechen die wertvollsten Dienste, wie ich an den überzeugendsten und andererseits sonderbarsten Beispielen dartun könnte. Die Patienten sprechen z. B. von ihrer Tante und nennen sie konsequent, ohne das Versprechen zu merken, »meine Mutter«, oder bezeichnen ihren Mann alsVihren »Bruder«. Sie machen mich auf diese Weise aufmerksam, dass sie diese Personen miteinander »identifiziert«, in eine Reihe gebracht haben, welche für ihr Gefühlsleben die Wiederkehr desselben Typus bedeutet. Andere Male reicht eine ungewöhnlich klingende Wortfügung, eine gezwu$ , und der mir nicht bewusst geworden, oder der mir einst bewusst gewesen und den ich seither gründlich vergessen. Vielleicht dass ich ihn selbst in Paris gemacht, wo ich oft genug einsam und voll Sehnsucht durch die Strassen spaziert bin, eines Helfers und Protektors sehr bedürftig, bis Meister _Charcot_ mich dann in seinen Verkehr zog. Den Dichter de¯ »_Nabab_« habe ich dann wiederholt im Hause _Charcots_ gesehen. Das Ärgerliche an der Sache ist nur, dass ich kaum irgend einem anderen Vorstellungskreis so feindselig gegenüberstehe, wie dem des Protegiertwerdens. Was man in unserem Vaterlande davon sieht, verdirbt einem alle Lust daran, und meinem Charakter sagt die Situation des Protektionskindes überhaupt wenig zu. Ich habe immer ungewöhnlich viel Neigung dazu verspürt, »selbst der bIave Mann zu sein«. Und gerade ich musste dann an solche, übrigens nie erfüllte, Tagträume gemahnt werden! Ausserdem ist der Vorfall auch ein gutes Beispiel dafür, wie die zurückgehaltene -- in der Paranoia siegreich hervorbrech$ t, als sie leisten können, und an die Dinge dÐn Maßstab seiner Wünsche legt. Mit dieser Bemerkung ist jedoch durchaus nicht gesagt, daß man sich nicht große Ziele setzen soll -- was wäre die Sozialdemokratie ohne solche? -- Man wird aber nichts Großes erreichen, wenn man die Dinge nicht so betrachtet, wie sie sind, und, wo Millionen von Menschen in Betracht kommen, ihnen zumutet, wozu außergewöhnliche Charaktere gehören. Ende November 1921. _Ed. Bernstein._ Erstes Kapitel. Der Sozialismus als sozialwissenschaftliche Entwicklungslehre. Bevor man an die Aufgabe herangeht, Streitfragen des Sozialismus zu erörtern, wird man sich darüber zu äußern haben, was man überhaupt unter Sozialismus versteht, wie weit man den Rahmen des Begriffs gezogen wissen will. Das Wort Sozialismus ist sehr verschiedentlich gedeutet worden. Vielfach wird es als der Ausdruck für einen vorgestellten Zu#tand gebraucht, dem eine bestimmte Eigentums- und Wirtschaftsordnung zugrunde liegt, und der sich in einem ganze$ blehnend ge\enüberstanden. Denn die Kämpfe werden meist nicht um große weitumfassende Ziele, sondern um bestimmte begrenzte Forderungen geführt, die nicht immer gut formuliert sind und einer größeren Sache schädlich zu sein scheinen. So kommt es, daß, wenn auch die Ideologen gar manchesmal beeinflußt sind von den Kämpfen, ohne es zu wissen, und wenn umgekehrt die Kämpfer, ohne es zu wissen, von ihnen manches empfangen haben, wenn also auch die Fäden hinüber und herüber laufen, doch die beiden Stämme lange Zeit getrennt ihren Weg gehen. Erst in neueren Jahrhunderten finden sie sich zusammen oder wachsen sie zusammen. Karl Kautsky und meine Wenigkeit haben einmal einen solchen Stammbaum des Sozialismus entworfen -- er ist auch reproduziert worde! --, wo wir zeigten, wie die beiden Stämme sich verzweigten und schließlich im 19. Jahrhundert zusammenwuchsen und daß, wie wir glauben, das Zusammenwachsen auf seine Höhe gebracht worden ist durch die marxistische Begründung des Sozialismus. Die Berufung auf das Naturr$ u lesen, das überaus wertvolle Darlegungen über grundlegende Fragen der Philosophie, Ethik, Geschichtswissenschaft, Nationalökonomie und Sozialwissenschaft enthält, der sollte sich zum mindesten diese Broschüre anschaffen. Man kann sich keine bessere Vorführung der Grundgedanken der Marx-Engelsschen Soziallehre wünschen. In dieser Schrift nun gibt Engels gegen den Schluß eine zusammengefaßte Darlegung darüber, was nach der von Marx und ihm vertretenen Anschauung aus dem Staat wird, nachdem die Arbeiterklasse auf der zu ihrem Höhepunkt gelangten Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft die politische Gewalt erlangt hat. Er schreibt dort: »Das Proletariat ergreift die Staatsgewalt und verwandelt die Produktionsmittel zunächst in Staatseigentum. Aber damit hebt es sich selbst alï Proletariat, damit hebt es alle Klassenunterschiede und Klassengegeesätze auf, und damit auch den Staat als Staat. Die bisherige, sich in Klassengegensätzen bewegende Gesellschaft hatte den Staat nötig, d. h. eine Organ$ r die Umstülpung durch die Macht. Es geht »Hier gibt es keine Wahl. Solange es zwei Feinde gibt -- die Bourgeoisie und das Proletariat und mit ihm das ärmste Bauerntum --, und solange diese zwei Feinde gegeneinander kämpfen, können sie selbstverständlich nicht eine gemeinsame Waffe haben. Es ist doch nicht denkbar, daß eine Kanone zugleich wie der einen Armee so auch der anderen diene1 kann.« Um die Natur dieser Argumentation richtig einzuschätzen, muß man dessen eingedenk bleiben, unter welchen Umständen sie vorgetragen wurde und welches die Entwicklungshöhe des Landes war, in dem sie Arbeitern eingeprägt wurde. Niemals haben Marx und Engels Arbeitern die politische Frage in so kindisch-einfältiger Gegenüberstellung dargestellt. Selbst als Deutschland schon wirtschaftlich auf wesentlich höherer Stufe stand als das Rußland von 1918 -- von der kulturellen Entwicklung ganz zu schwYigen --, haben sie immer noch eine zeitweilige Unterstützung des vorgeschrittenen Bürgertums durch die sozialistische Ar$ reude an die einzige Stelle, wo wir noch Bewegungskrieg hatten, nämlich nach Rußland. Mackensen ging gerade seinen Siegeszug. Er war bei Gorlice durchgebrochen, und ich kam dazu, wie wir Rawa Ruska nahmen. Ein Tag im Armee-Flugpark, dann kam ich zu der famosen Abt. 69, wo ich mir als Anfänger kolossal dämlich vorkam. Mein Führer war eine »Kanone« -- Oberleutnant Zeumer --, jetzt auch schon krumm unã lahm. Von den übrigen bin ich heute der einzige, der noch lebt. Jetzt kommt eigentlich meine schönste Zeit. Sie hatte mit dem Kavalleristischen recht große Ähnlichkeit. Jeden Tag, vor- und nachmittags, konnte ich meine Aufklärung fliegen. Ich habe manche schöne Meldu(g nach Hause gebracht. Mit Holck in Rußland (Sommer 1915) Juni, Juli, August 1915 blieb ich bei der Fliegerabteilung, die den ganzen Vormarsch Mackensens von Gorlice nach Brest-Litowsk mitmachte. Ich war als ganz junger Beobachter dort hingekommen und hatte von Tuten und Blasen keine Ahnung. Als Kavallerist war ja meine Beschäftigung Aufklären, so sch$ -- immer von wegen der Bazillen. Aber eine Banane will schließlich auch ein Metschnikoff essen. »Hier sehen Sie,« hat Metschnikoff so ungefähr dem Zeitungsmann gesagt, »ein paar Bananen, die ich mir gekauft habe, um sie nach Hause mitzunehmen. Weil diese Frucht mit einer dicken Schale bedeckt ist, glauben viele, daß die Bananen keine Bazillen haben. Weit gefehlt! Es sind doch welche drin, und in meinem Hause werden darum die Bananen immer erst gebrüht, bevor sie gegessen werden. Ich tauche sie etwa eine Minute lang in kochendes Wasser,œund die Frucht verliert dabei nichts von ihrem Wohlgeschmack ...« Ist ja alles so weit sehr schön: aber die _Zeit_, die einer da zu seinem Morgenfrühstück braucht! Die kann sich wahrhaftig doch nicht jedermann _Aber was tut nicht einer, der dem #Tode# entrinnen will!_ Denn mit dem Tod und den Bazillen ist es nach Metschnikoff folgendermaßen Wir sind alle von Bazillen bevölkert, von Millioneõ und Abermillionen Bazillen, die in unserem Darme wohnen. Namentlich in dem unteren Teil$ Menge der giftspendenden Bakterien zu, die das Tier in sich beherbergt. Und da war für Metschnikoff der Schluß gegeben, daß es eben die Gifte der Darmbakterien sind, die die kürzere Lebensdauer der Tiere verschulden. NachdemóMetschnikoff sich die Sache so zurecht gelegt hatte, daß die Bakterien am frühen Altern und Sterben von Tier und Mensch schuld seien, hat er sich gesagt, daß es doch heute eigentlich ein großes _Unglück_ mit dem Altern und mit dem Sterben sei. Das AlteÃn von heute sei wie eine Krankheit: unser Körper wird ganz allmählich von den Darmbakterien vergiftet. Und wenn das Sterben und das Altern eine Krankheit ist, dann ist es ja die schlimmste Krankheit, die es gibt. Die Tuberkelbazillen und die Bazillen, die andere Krankheiten machen, töten die Menschen, die das Unglück hatten, sich mit diesen Krankheitserregern anzustecken. Die Darmbakterien aber hat jedermann in sich, _alle_ Menschen sind mit ihnen behaftet, und die Menschen, die den Krankheiten sonst entronnen sind, gehen an der Vergiftung$ heiß und ungesund ist als die Thalschluchten naher am Meer. In diesen letzteren haben die Indianer Goldwäschereien, und im Gebirge kommen dort reicheÊKupfererze vor, die man noch nicht auszubeuten versucht hat. Die alten, längst in Abgang gekommenen Gruben von Aroa wurden auf den Betrieb Don Antonios Henriquez, den wir in San Fernando am Apure trafen, wieder aufgenommen. Nach den Notizen, die er mir gegeben, scheint die Lagerstätte des Erzes eine Art Stockwerk zu seyn, das aus mehreren kleinen Gängen besteht, die sich nach allen Richtungen kreuzen. Das Stockwerk ist stellenweise zwei bis drei Toisen dick. Der Gruben sind drei, und in allen wird von Sklaven gearbeitet. Die größte, die Biscayna, hat nur dreißig Bergleute, und die Gesammtzahl der mit der Förderung und dem Schmelzen des Erzes beschäftigten Sklaven beträgt nur 60--70E Da der Schacht nur dreißig Toisen tief ist, so können, der Wasser wegen, die reichsten Strecken des Stockwerks, die darunter liegen, nicht abgebaut werden. Man hat bis jetzt nicht da$ n die Provinz Barinas und von dort über die Flüsse Meta, Guaviare und ôaguan, Anfangs von Ost nach West, sodann von Nordost nach Nordwest, 380 Meilen weit in den Steppen fortziehen kann, bis über den Aequator hinaus an den Fuß der Anden von Pasto. Sie kennen nach den Berichten der Reisenden die Pampas von Buenos Ayres, die gleichfalls mit feinem Gras bewachsene, baumlose Llanos sind und von verwilderten Rindern und Pferden wimmeln. Sie sind, nach Anleitung unserer meisten Karten von Amerika, der Meinung, der Continent habe nur Eine ¿ergkette, die der Anden, die von Süd nach Nord läuft, und nach einem unbestimmten systematischen Begriff lassen sie alle Ebenen vom Orinoco und vom Apure an bis zum Rio de la Plata und der Magellan'schen Meerenge untereinander zusammenhängen. Ich entwerfe im Folgenden ein möglichst klares und gedrängtes Bild vom allgemeinen Bau eines Festlandes, dessen Endpunkte, unter so verschiedenen Klimaten sie auch liegen, in mehreren Zügen mit einander übereinkommen. Um den Umriß und die Gre$ ng¡n in den Teich. Kaum war das behagliche Gefühl der Kühlung über uns gekommen, als ein Geräusch am entgegengesetzten Ufer uns schnell wieder aus dem Wasser érieb. Es war ein Krokodil, das sich in den Schlamm grub. Es wäre unvorsichtig gewesen, zur Nachtzeit an diesem sumpfigten Ort zu verweilen. Wir waren nur eine Viertelmeile vom Hof entfernt, wir gingen aber über eine Stunde und kamen nicht hin. Wir wurden zu spät gewahr, daß wir eine falsche Richtung eingeschlagen. Wir hatten bei Anbruch der Nacht, noch ehe die Sterne sichtbar wurden, den Hof verlassen und waren auf Gerathewohl in der Ebene fortgegangen. Wir hatten, wie immer, einen Compaß bei uns; auch konnten wir uns nach der Stellung des Canopus und des südlichen Kreuzes leicht orientiren; aber all dieß half uns zu nichts, weil wir nicht gewiß wußten, ob wir vom Hof weg nach Ost oder nach Süd gegangen waren. Wir wollten an unsern Badeplatz zurück und gingen wieder drei Viertelstunden, ohne den Teich zu finden. Oft meinten wir Feuer am Horizont zu sehe$ aren seine Antworten ²o verworren und albern, dass wir nicht klug aus der Sache werden konnten; meist behauptete er, seine Absicht sey nicht gewesen, uns zu berauben; aber in der Erbitterung ueber die schlechte Behandlung am Bord des Capers von St. Domingo, habe er dem Drang, uns eines zu versetzen, nicht widerstehen koennen, sobald er uns habe franzoesisch sprechen hoeren. Da der Rechtsgang hier zu Lande so langsam Ëst, dass die Verhafteten, von denen die Gefaengnisse wimmeln, sieben, acht Jahre auf ihr Urtheil warten muessen, so hoerten wir wenige Tage nach unserer Abreise von Cumana nicht ohne Befriedigung, der Zambo sey aus dem Schlosse San Antonio entsprungen. Trotz des Unfalls, der Bonpland betroffen, war ich andern Tags, am 28. October um fuenf Uhr Morgens auf dem Dach unseres Hauses, um mich zur Beobachtung der Sonnenfinsterniss zu ruesten. Der Himmel war klar und rein. Die Sichel der Venus und das Sternbild des Schiffes, das durch seine gewaltigen Nebelflecke nahe aneinander so stark hervortritt, ver$ aenktem Raum so schoene und fuer die Pflanzengeographie bedeutsame Pflanzen beisammen. In tausend Toisen Meereshoehe stossen die hohen Savanen der Silla an eine Zone von Straeuchern, die durch den Habitus, die gekruemmten Aeste, die harten Blaetter, die grossen schoeneŸ Purpurbluethen an die Vegetation der *Paramos* oder *Punas*(31) erinnern, wie man in der Cordillere der Anden sie nennt. Hier treten auf: die Familie der Alprosen, die Thibaudien, die Andromeden, die Vaccinien (HeidelbeerXrten) und die Befarien mit harzigen Blaettern, die wir schon oefters mit dem Rhododendrum der europaeischen Alpen verglichen haben. Wenn auch die Natur in aehnlichen Klimaten, sey es nun in Niederungen aus isothermen Parallelen (von gleicher Waerme), sey es auf Hochebenen, deren Temperatur mit der Temperatur weiter gegen die Pole gelegener Laender uebereinkommt, nicht dieselben Pflanzenarten hervorbringt, so zeigt doch die Vegetation noch so weit entlegener Landstriche im ganzen Habitus die auffallendste Aehnlichkeit. Diese E$ en Hoehe a¨steigt, so ist sein Gipfel mit Alpenkraeutern bewachsen, die zum Theil in ungeheuren Entfernungen auf andern Bergen mit aehnlichem Klima gleichfalls vorkommen. In dieser Weise zeigen sich im Allgemeinen die Gewaechse vertheilt und man kann den Forschern die genauere Ermittlung dieser Verhaeltnisse nicht dringend genug empfehlen. Wenn ich hier gegen voreilige Hypothesen spreche, so nehme ich es keineswegs ueber mich, befriedigendere dafuer aufzustellen. Ich halte vielmehr die Probleme, von denen es sich hier handelt, fuer unloesbar, und nach meiner Anschauung hat die Erfahrung geleistet, was sie kann, wenn sie die Gesetze ermittelt, nach denen die Natur die Pflanzengebilde vertheilt Man sagt, ein Berg sey so hoch, dass er die Grenze des Rhododendrum und der Befaria erreiche, wie man schon lange sagt, ein Berg erreiche die Grenze des ewigen Schnees. Mit diesem Ausdruck setzt man øtillschweigend voraus, dass unter dem Einflusse gewisser Waermegrade sich nothwendig gewisse vegetabilische Formen entwick$ llenbau zu gewinnen. Dieser, der zum Theil an die Stelle de) Indigobaus getreten ist, gedeiht so gut, dass die Baumwollenstaude am Ufer des Sees von Valencia wild waechst. Wir fanden 8--10 Fuss hohe Straeucher, mit Bignonien und andern holzigten Schlingpflanzen durchwachsen. Indessen ist die Baumwollenausfuhr aus Caracas noch unbedeutend; sie betrug in Guayra im Durchschnitt jaehrlich kaum 3--400,000 Pfund; aber in allen Haefen der _Capitania general_ stieg sie durch den starken Anbau in Cariaco, Nueva Barcelona und Maracaybo auf mehr als 22,000 Centn·r. Es ist diess fast die Haelfte dessen, was der ganze Archipel der Antillen erzeugt. Die Baumwolle aus den Thaelern von Aragua ist von guter Qualitaet; sie steht nur der brasilischen nach, denn sie gilt fuer besser als die von Carthagena, von Domingo und den kleinen Antillen. Die Baumwollenpflanzungen liegen auf der einen Seite des Sees zwischen Maracay und Valencia, auf der andern zwischen Guayca und Guigue. Die grossen Plantagen ertragen 60--70,000 Pfund jaeh$ ach dem Zeitalter, das sie hervorgebracht, und nach den mancherlei Sprachen, von denen sie ihren Reiz zum Theil borgen, so sehr verschieden ist. Nur Groesse und aeussere Formverhaeltnisse koennen eigentlich verglichen werden; man kann den riesigen Gipfel des Montblanc und das Himalayagebirge, die Was(erfaelle der Pyrenaeen und die der Cordilleren zusammenhalten; aber durch solche vergleichende Schilderungen, so sehr sie wissenschaftlich foerderlich seyn moegen, erfaehrt man wenig vom Naturcharakter des gemaessigten unÍ des heissen Erdstrichs. Am Gestade eines Sees, in einem grossen Walde, am Fuss mit ewigem Eis bedeckter Berggipfel ist es nicht die materielle Groesse, was uns mit dem heimlichen Gefuehle der Bewunderung erfuellt. Was zu unserem Gemuethe spricht, was so tiefe und mannigfache Empfindungen in uns wach ruft, entzieht sich der Messung, wie den Sprachformen. Wenn man Naturschoenheiten recht lebhaft empfindet, so mag man Landschaften von verschiedenem Charakter gar nicht vergleichen; man wuerde fuerc$ hnet unmittelbar nur nach deT Zeit und schliesst aus der Zeit, nach willkuerlichen Voraussetzungen, auf die Laenge der zurueckgelegten Strecke. 53 DEPONS, in seiner "_Reise nach Terra Firma_": "Bei der unbedeutenden Oberflaeche des Sees (er misst uebrigens 106,500,000 Quadrattoisen) laesst sich unmoeglich annehmen, dass die Verdunstung allein, so stark 6 sie auch unter den Tropen seyn mag, so viel Wasser wegschaffen kann, als die Fluesse hereinbringen." In der Folge scheint aber der Verfasser selbst wieder "diese geheime Ursache, die Hypothese von einem Abzugsloch" aufzugeben. 54 KARL RITTER, _Erdkunde_ Bd. I. 55 S. Bd. I. Seite 316. 56 Auf dem alten Continent kommen in Portugal und am Cantal in den Pyrenaeen eben so reine Wasser aus dem Granit. Die Pisciarelli des Agnanosees in Italien sind 93 deg. heiss. Sind etwa diese reinen Wasser verdichtete Daempfe? 57 Eigenthuemer einer _Pulperia_ einer kleinen Bude, in der man Esswaaren $ n beim ersten Anblick des Katalogs wollte ich damit herausrücken, aber ich fürchtete zu beleidigen. Endlich faßte ich mich, weil es meine Rechtschaffenheit von mir forderte und es mir zu arg schien, daß sich schlaue Betrüger länger von der Habe edeldenkender und für die Literatur eingenommener Personen nähren sollten. -- Abbe Eckhel.«[1] [Fußnote 1: Urschriftlich; der Brief ist noch vorhanden.] Genug -- er ist nun einmal der yahrheit unerschütterlich treu; sollte ich dem redlichen Freunde zürnen? Wer die Wahrheit nicht hören will und kann, der ist sehr ãu beklagen. Habe ich doch nur das Gute gewollt und die Wissenschaft zu fördern gesucht mit wahrhaft großartigen Opfern -- und das Gute und Große aufrichtig gewollt zu haben, gibt schon ein Nun aber hierin nicht weiter -- Anderes bringt die andere Stunde. Die Reichsgräfin legte noch einige Schriften und Briefschaften sich zur Hand, und dann klingelte sie. Der greise Kammerdiener Weisbrod trat ein. Ich lasse Herrn Windt bitten! Was nun werden wird, werden so$ rke. Dort wohnte unsere Verwandte, die Gemahlin des Pri%zen Ludwig Friedrich zu Sachsen-Hildburghausen, Christine Luise, geborene Prinzessin von Holstein-Plön. Seidingstadt ist das Trianon des hiesigen Hofes; Schloß Eishausen liegt etwas abseit der Straße, die nach Coburg führt, ernst und einsam neben einem Dorfe, still und wie geschaffen für die Einsamkeit der Weltüberwinder.« »Leider ist der idyllische Frieden dieses Hofes und des Ländchens in der Gegeßwart hart bedroht durch die Kriegswirren, die sich bedenklich nahen. Zwischen hier und dem Mainstrom hausen bereits die Franzosen wie Kanibalen und ärger als die so übel verschrieenen Kroaten im dreißigjährigen Kriege. Ich werde mit Philipp in Begleitung eines herzoglichen Rathes und begleitet von dem Kammerdiener Grimm, der mit dem Günstling der Kaiserin Maria Theresia, Prinz Joseph Hollandinus Herzog zu Sachsen-Hildburghausen, schon einige Feldzüge des Prinzen mitmachte, einen Ritt in das bedrohte Gebiet machen, um zu sehen, ob ich vielleicht dazu beitragen$ t es hier so still und friedlich! Mild weht die Luft, das Obst an den Bäumen reift schon dem Herbste entgegen, mit einem traulichen Gemurmel wälzt sich der rasche Bach durch die Wiesenflur. Welche Gegensätze, hier diese schöne ländliche Stille, und nur wenige Stunden jenseits der südlichen Hügelkette alle Greuel blutigen Krieges, Armeen, heute schon vielleiMht die eine siegreich, die andere geschlagen, zersprengt, flüchtig und von der Hand der VergeltuDg alle strenge Züchtigung empfangend für das Unglück, womit sie die Länder heimgesucht, die unter ihren ehernen Tritten bluteten und noch bluten! Von der Ferne, aus der schönen Allee, die von Eishausen nach dem nahen Dorfe Adelhausen führt, schallten Posthornklänge, es schien eine Extrapost zu nahen, Ludwig war eben wieder vor dem Gasthof angelangt. Die Soldaten zechten lustig und wohlgemuth auf seine Rechnung und sangen im Chor ein französisches Liedchen: #Zon, ma Lisette, Zon, ma Lison! Zon, ma Lisette, ma Lison, zon, zon. :|: Pour combler mon$ ungen war, die Treppe mehr herabgeflogen, als gegangen, nachdem ihn der erzürnte Graf mit Doppelterzerolen bedroht hatte. So ging es fort und fort, eine sonderbare Nachricht verdrängte die andere, der geheimnißvolle Graf, der sein Leben mit der Tarnkappe verschlossenster Zurückhaltung und mit dem Mantel der tiefsten Verschwiegenheit umkleidete, ließ die Leute zu keiner Ruhe kommen. Um den Garten des Hauses lief ein hoher Bretterzaun, gegen die Seite der Allee; wenn Ludwig und Sophie mit einander in den frühen Morgenstunden spazieren gingen, dann lustwandelten sie gewöhnlich in der alten schattigen Allee, welche sich um die Hälfte der Stadt längs der Umfassungsmauer hiizog, zu andern Tagesstunden aber ergingen sie sich in dem geräumigen Gemüsegarten dicht am Hause. Nachbarskinder bohrten Löcher in die Bretter der Umzäunung und blickten neugierig hindurch, denn schon in die Kinderwelt herab war das Mährcmen, das sich so gerne den Kindern, seinen Lieblingen, befreundet, herabgestiegen und hatte verkündet, daß da$ um 30 Schritt von den gehobenen Klippen entfernt. Diese sind, durch die hier mächtige Brandung in eine Anzahl kleinerer Inseln und einzeln stehender Blöcke aufgelöst, welche da, wo sie unter dem aufgeworfenen Sande verschwinden, leicht zu der Annahme verführen könnten, als daTkten sie ihre Entstehung den durch die Brandung aufgeworfenen Korallenblöcken Das Ende des Archipels sowie den Abschluss dieser verschiedenen Entwickelungsstufen der Korallenriffe bildet die Insel Ngaur, welche von Pelelew durch einen 4 Meilen breiten Tiefwasserkanal getrennt, gänzlich frei von umgebenden Riffen ist. Sie besteht nach der Schilderung de¨ Bewohner von Pelelew aus demselben Korallenkalk wie diese letztere, welcher ebenfalls von niedrigem Vorlande umgeben, in schmaler Klippenreihe zu 100-150' Höhe ansteigen mag. _Darwin_'s Theorie von Bildung der Korallenriffe nimmt bekanntlich überall dort eine Senkung an, wo sich Barrenriffe und Atolle befinden, eine Hebung dort, wo Küstenriffe entstehen. Hier aber finden wir auf kleinem R$ Zusammenwachsen der einzelnen Riffe mehr oder weniger verhindert wird. Mit der Mannichfaltigkeit der Grundlagen, auf denen sich die Riffe bilden, wechseln so die Formen, welche die letztere annehmen. Untermeerische Rücken werden die Träger der Atolle; aus Küstenriffen,nwelche die Inseln umsäumten, werden durch den Einfluss jenor Strömungen Barrenriffe, die um so weiter von dem umgebenden Lande entfernt sind, je schwächer die Neigung ihrer Abhänge oder je grösser das umgebende Vorland war. Bei sehr steilen Küsten bilden sich selten nur eigentliche Küstenriffe, niemals wirkliche Barrenriffe. So wachsen die Korallen an der kleinen Insel Ngaur so dicht an der Küste, dass bei hoher See die Brandung ihre Felsen bespült. Die ganze Ostküste des nördlichen Theiles von Mindanao, ebenso die Ostküste des nördlichen Theiles von Luzon zeigen nur in den Buchten grössere Flecken lebender Korallen; aber niemals bildet sich, weder in dieser, noch an der steil abfallenden, dem Meer ausgesetzten Küste ein eigentliches Riff, und $ | | ung. | | | | ^ | | | | | | | | | | | | | | | | Januar | (19.30) | 19.25 | 19.45 | 19.19 | 19.30 | 0.15 | 23.8 | 14.3 | 9.5 | 24.4 | 1861 | 14.0 | 1861 Februar | (19.95) | 20.06 | 20.18 | 19.60 | 19.95 | 0.35 | 24.6 | 14.5 | 10.1 | 25.2 | 1861 | 13.7 | 1862 März | (20.67) | 20.58 | 20.97 | 20.46 | 20.67 | 0.30 | 25.7 | 14.6 þ 11.1 | 26.3 | 1861 | 13.9 | 1860 April | 20.82 | 21.56 | 22.22 | 22.00 | 21.65 | 0.83 | 26.9 | 16.6 | 10.3 | 28.0 | 1859 | 15.0 | 1859 Mai | 22.50 | 22.05 | (22.43) | 22.75 | 22.43 | 0.32 | 27.7 | 17.5 | 10.2 | 27.9 | 1860 | 16.5 | 1860 Juni | 22.36 | 21.74 | 21.46 | $ wiesen[100] und als wahrscheinlich auf einem Fresko von S. Hermas.[101] Aus diesen wenigen Darstellungen geht hervor, dass die altchristliche Kunst den Teufel und die Hölle nur symbolisch angedeutet und beide stets dem Gedanken der Verherrlichung Christi untergeordnet hat. Die einzelnen Kompositionen zeigen in Übereinstimmung mit der gesammten Kunst ihre Abhängigkeit von der Antike und sind von besonderem Interesse, weil einige von ihnen wie die Darstellung des Sündenfalls und des Jonas in die spätere Kunst des Westens übergegangen und somit von frühster Zeit an ein bleibender Besitz derselben geworden sind. Die Darstellung des Teufels und der Hölle im Zeitalter der Kërolinger und Ottonen. Die symbolische Darstellung des Teufels und der Hölle war mit der altchristlichen Kunst zwar nicht erloschen, aber sie trat allmählich zurück, seitdem die Kunst den bekannten Vorstellungen der Zeit entsprechend unter den Karolingern und Ottonen den Teufel anthropomorphisiert½und der Hölle ein p$ reiben, heftiges Anhalten um seine Hülf, etzliche böse Ding durch Gedanken, unheilsames Wünschen, zu begehen und zu^vollbringen vermeint, als dass sie die Luft mit ungewöhnlichem Donner, Blitz oder Hagel bewegen, ungeheuer Ungewitter erwecken, die Früchte auf dem Felde verderben oder anderswohin bringen, unnatürliche Krankheiten der Menschen oder Viehe zufügen, solche wiederumb heilen und abwenden, in wenig Stund in fremde Land weit umherschweifen, mit den bösen Geistern tanzen, sich mit ihnen vermischen, die Menschen in Thiere verwandeln und sonsten tausenderlei närrische Dinge zeigen und zu Werk bringen können, wie dann die Poeten viel Lügen hiervon erdichtet und geschrieben, dem Sprichwort nach: Pictoribus atque poëtis quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.« 3) »Veneficae, welche mit angeboten, angestrichen oder an Ort und End, da es mit dem Athem angezogen mag werden, hi?gelegten Gift beide die Menschen und das Vieh härtiglich beschädigen und verletzen. -- Zwischen den Zäuberern, Hexen und Giftbere$ gesagt hatten.« -- So endete die grausige =witchcraft-delusion von Salem=[164]. In =Frankreich= verliessen die Parlamente die Bahn der Besonnenheit, welche ihnen das Lob eines Duarenus und den Tadel eines Bodin erworben hatte. Das von Dôle verurtheilte z. B. 1573 Gilles Garnier aus Lyon, der angeklagt und geständig war, als Wehrwolf mehrere Kinder in der Umgegend zerrissen zu haben, zum Feuer[165]; das von Paris sprach 1578 ein gleiches Urtheil übûr den Wehrwolf Jacques Rollet[166] und bestätigte 1582 das Todesurtheil einer Hexe, welche einem jungen Mädchen den Teufel in den Leib geschickt hatte[167]. Mit der Wirksamkeit der Gerichte unter =Heinrich= III. ist Bodin überhaupt zufrieden; doch geschah der Ligue noch bei weitem nicht genug. Dieser König liess einså einige angebliche Besessene durch eine Commission untersuchen und dann als Betrüger einsperren. Man warf ihm darum Begünstigung der Zauberei vor. Ein kurz vor Clement's That erschienenes Pamphlet enthielt nicht nur den Vorwurf, dass Heinrich einige Ve$ seine Gemeindeglieder vor dem greulichen Verbrechen der Hexerei warnte[202]. Ausserdem suchten einzelne Prediger auch in besonderen mehr oder weniger ausführlichen Schriften über das Wesen der Hexerei, das die Seele alîer diesem satanischen Treiben Ergebenen nothwendig der ewigen Verdammniss zuführe, wissenschaftlich aufzuklären und zu belehren. Ein derartiges Elaborat wurde z. B. im Jahr 1627 von dem katholischen Pfarrer =Franz Agricola= zu Sittart im Fürstenthum Jülich unter dem Titel veröffentlicht: »Gründlicher Bericht, ob Zauberei die ärgste vnd grewlichste Sünd auff Erden sey; zum Andern, ob die Zauberer noch Bussthun vnd selig werden mögen; zum Dritten, ob die hohe Obrigkeit die Zauberer vnd Hexen am Leibe und Leben zu straffen schuldig. Mit Ableinung allerley Einreden« (Würzburg 1627, S. 277 in 12^o.) -- All` drei auf dem Titel angegebenen Fragen werden natürlich auf das Entschiedenste verneint. An die Spitze der ganzen Ausführung wird nämlich der im Hexenhammer entwickelte Begriff der Hexe gestellt.$ gt zu Gesicht bekam, welche der Jesuit =Georg Gaar= bei der Verbrennung der Nonne Maria Renata zu halten sich nicht gescheut hatte. Da war also der traditionelle Hexenglaube ganz unverhüllt aufs Neue feierlichst verkündet worden. Sofort fertigte er daher eine ¤talienische Uebersetzung der Predigt Gaars an, und liess dieselbe, mit sehr scharfen Glossen ausgestattet, in Verona drucken, -- womit eine sich durch viele Jahre hinziehende Fehde ihren Anfang nahm. Der Pater zu Würzburg, für den der Hexenglaube so fest stand wie das Evangelium, blieb natürlich die Antwort nicht schuldig, sondern erwiderte die elf Glossen Tartarotti's mit einer anscheinend grundgelehrten Replik, in deren Vorwort er bemerkt, »dass ein bis jetzt in Deutschland ganz unbekannter Autor, er wisse nicht von welchem Geiste getrieben, mit einer sehr lahmen Kritik seiner Predigt hervorgetreten sei, und dadurch nicht nur diese Predigt, sondern auch =alle= Tribunale Europa's sich nicht gescheut habe zu verlästern.« Nun 3and allerdings Tartarotti e$ r Gemeinde, eines Bürgers schädliche Stürme, Ungewitter, Hagel, Regengüsse in der Luft erregen dürfen; dass sie endlich die erschreckliche Gewalt haben, des Nächsten Vieh, Kinder oder andere Leute zu bezaubern oder zu lähmen, ja =ganze Legionen der Teufel in den Leib der Unschuldigen hineinzusperren=, und was dergleichen mehr ist. Der Vortheil hingegen vonseiten des Teufeÿs ist der einzige =Seelenraub=.« -- Also die Dämonenlehre Delrio's wurde noch im Jahr 1766 offiziell als Lehre des Augustinerordens verkündet! Ein zweiter Bestreiter der Rede Sterzinger's erhob sich in der Person des Benediktiners =Angelus März= im baierischen Kloster Scheyern, der zu Freysing gegen ihn eine »Kurze Vertheidi„ung der Hex- und Zauberey wider eine dem heiligen Kreuz zu Scheyrn nachtheilig-akademische Rede, welche den 13. Oktober 1766 von P. Don Ferdinand Sterzinger abgelesen worden«, erscheinen liess. Motive, Geist und Styl des ehrwürdigen Paters zeigen sich am anschaulichsten im §. 7 seiner Abhandlung, den wir, weil er überdie$ n die Thatsache, dass sich die Hexenprozesse überall, wo sie einmal Platz gegriffen hatten, aus sich selbst heraus fortsetzten und mehrten. Dasselbe ist auch gegen DiejenigenÊgeltend zu machen, welche d`e Phantasmen der Hexen aus =Geisteszerrüttung= herleiten wollen. =Ludwig Meyer= (Direktor der Irrenheilanstalt zu Göttingen) sagt in einem überaus interessanten Aufsatz über »die Beziehungen der Geisteskranken zu den Besessenen und Hexen«[371]: »Es waren wieder (wie bei den Besessenen) Geisteskrankheiten, welche den eigentlichen =Typus= der Hexen darstellten. =Geisteskranke= bildeten den =Mittelpunkt= der Hexenprozesse wie der Teufelaustreibungen, nur dass bei jenen unverhältnissmässig mehr geistig Gesunde in den verderblichen Kreis hineingezogen wurden.« Wir können diesen Satz in der Beschränkung zugeben, dass hier und da die Geisteskrankheit Einzelner den ersten Anlass zum Beginne einer Hexenverfolgung gegeben hat; wenn indessen dieser Satz zum eigentlichen Erklärungsprinzip des Hexenthums erhoben werden sol$ , wollte man auf Einmal eine bessere Zucht, zugleich durch äussere Macht und durch die Gewalt der Religion einführen. -- Die schnelle Umänderung der Weltansicht in diesem Punkte, das ernste Verlangen nach M ralitLt bei Protestanten und Katholiken, trug sichtbar dazu bei, eine Katastrophe in der Geschichte zu erzeugen, die bis hierher nicht hat in ihren inneren Gründen entwickelt werden können. Die unterdrückte Wollust suchte einen geheimen Ausweg, der Teufel musste helfen, und jede Hexerei war jetzt mit Buhlerei verbunden. Diese eigene Art von Hexenwesen gehört dem sechszehnten und siebenzehnten Jahrhundert an, war aber zur Zeit der Carolina noch keineswegs in Blüthe; aber im Laufe der Zeiten war es der Umgang mit dem buhlenden Teufel, welcher die Köpfe beider Geschlechter einnahm und als Abfall von Gott sich darstellte. Die schändlichste Verführung von Männern an Weibern und umgekehrt, die wilde Lust der Wüstlinge in bacchanalischen Versammlungen, das Benützen der mit dem Teufel einmal angefüllten Köpfe zu d$ a façon sans varier, comme il serait très-difficile qu'elles ne variassent, s'il y avait de la mélancholie et fureur en elles. Puis confrontez-les ensemble, elles y persistent. _Le Loyer_, Discours et histoires des spectres, visions etc. Paris 1605, p. 136. [373] Es ist erst geschehen, nachdem das Vorhergehende (von Soldan) bereits niedergeschrieben wir. [374] Abgedruckt in dem Sammelwerk: »Vorträge über Tortur, Hexenverfolgung, Vehmgerichte« etc. -- (Hamburg, 1844 ff.) B. I. S. 97 ff. [375] Bezüglich der Lehre Vilmar's von der Kirche, von den beiden Sakramenten, von der Absolution, Ordination, Confirmation und Ehe ist dieses schon unzählige Male nachgewiesen worden. Das Unevangelische seiner Lehrweise geht aber noch viel weiter. In seiner Dogmatik, B. I. S. 111 z. B. behauptet er die perspicuitas Scripturae S. nur für das »Lehr- und Hirtenamt« der Kirche, nicht für die Christen überhaupt. Die heil. Schrift hat »Deutlichkeit nur für dieies Amt, welchem dann die Deutlich=machung= für die Individuen der Gemeind$ öffentlichte der Bürgermeister einen Aufruf, der im ganzen Land Verwunderung und Beunruhigung erregte. Zunächst wurde darin das Erscheinen Caspar Hausers geschildert, und nachdem die eigne Erzählung des Jünglings mit tunlichster Ausführlichkeit wiedergegeben war, beschrieb der Verfasser diesen selbst. Er sprach von der alle Umgebung bezaubernden Sanftmut und Güte des Knaben, in der er anfangs immer nur mit Tränen und nun, im Gefühl der Erlösung, mit Innigkeit seines Unterdrückers gedenke; von seiner rührenden Ergebenheit an diejenigen, die häufig mit ihm umgingen, von seiner unbedingten Willfährigkeit zum Guten, die mit der Ahnung dessen verbu¬den sei, was böse ist, ferner von seiner außerordentlichen Lernbegierde. »Alle diese Umstände,« fuhr der beredsame Erlaß fort, »geben in demselben Maß, in dem sie die Erinnerungen des Jünglings bekräftigen, die Überzeugung, daß er mit herrlichen Anlagen des Geistes und des Herzens ausgestattet ist, und berechtigen zu dem Verdacht, daß sich an seine Kerkergefangenschafè $ in die Halle. Der Ankömmling ve¼langte von selbst das Fremdenbuch, und bald konnte jeder ehrfürchtig-schaudernd die mit Riesenschrift geschriebenen Worte lesen: »Henry Lord Stanhope, Earl of Chesterfield, Pair von England.« Das Ereignis machte solches Aufsehen in der Gegend, daß noch spät abends Le§te auf der Gasse standen und zu den hellen Fenstern emporstarrten, hinter denen der erlauchte Herr logierte. Am nächsten Morgen gab der Lord in der Wohnung des Bürgermeisters sowie bei einigen Notabilitäten der Stadt seine Karte ab, und schon wenige Stunden darauf erhielt er in seinem Quartier die Gegenbesuche, vor allem denjenigen Binders, der sich der früheren Anwesenheit des Lords natürlich wohl erinnerte. In der ziemlich langen Unterredung mit dem Bürgermeister gestand Graf Stanhope ohne Umschweife, daß wie jenes erste Mal so auch heute die Person des Caspar Hauser den Grund seines Aufenthaltes in der Stadt bilde. Er hege für den Findling die größte Teilnahme, sagte er und ließ durchblicken, daß er etwas Entsch$ fänglich, obschon es bisweilen in eine zu gelehrte Form gekleidet war; so pflegte×Quandt im Scherz zu sagen, wenn er sie nicht genommen hätte, wäre sicherlich der selige Trimalchio wieder auferstanden, um sie zu heiraten. Nach dem Abendessen kam die gemütliche Stunde mit Pantoffeln, Schlafrock, Lehnstuhl und Zeitungslesen. Ins Wirtshaus ging Quandt fast nie, einmal wegen der Kosten und dann, weil er keine Ansprache fand. Er zog die bequeme Ofenecke vor. Aber seit Caspar im Haus weilte, war diese idyllische Abendstimmung ohne rechten Reiz. Quandt war gequält und wußte manchmal kaum die Ursache. Stellen wir uns einen Hund vor, einen klugen, nervigen, wachsamen Hund. Stellen wir uns vor, daß dieser Hund bei seinem Schóuppern in dem anvertrauten Revier irgendwo einen Brocken Gift erwischt hat und daß er nun, das verderbliche Feuer in seinem Leib, unbewußt das Dunkel sucht, alle feuchten Winkel lechzend durchrast, den Schatten verfolgt, die Fliege beknurrt, alles um sich und über sich nur auf das eine tolle Dränge$ ihm, wie groß die Aufgabe sei, und fragte noch einmal, ob er denn wirklich so weit übersetzt habe. Caspar bejahte. »Ich bin sogar noch um einen Absatz weitergekommen,« Quandt glaubte es nicht; es war ihm unwahrscheinlich; die Aufgabe enthielt ein paar Fälle, mit denen Caspar nicht allein hätte fertig werden können und bei denen er seine HÉlfe unbedingt hätte in Anspruch nehmen müssen. Indes fand er es für gut, im Beisein seiner Frau nichts weiter zu bemerken, sondern ihn ungestört auf sein Zimmer gehen zu Ungefähr fünf Minuten später ergriff Quandt das lateinische Elementarbuch und folgte Caspar. Caspar hatte die Tür schon zugeriegelt, und bevor er öffnete, fragte er, ob der Lehrer noch etwas wünsche. »Machen Sie auf!« befahl Quandt kurz. Als er drinnen war, las er ihm einige willkürlich herausgerissene Sätze vor und ersuchte ihn zu sagen, wie er es übersetzt habe. Caspar schwieg eine åeile, dann entgegnete er, er habe bloß präpariert, er wolle erst jetzt übersetzen. Quandt blickte ihn ruhig an, sagte ausdru$ talt rennt schnell darüber hin. O Gott, es ist Schildknecht. Was läufst du so, Schildknecht? ruft er ihm zu. Hab' Eile, große Eile, antwortet jener. Auf einmal schrumpft Schildknecht zusammen, bis er eine Spinne ist, die an einem glühenden Faden zum Ast eines riesengroßen Baumes emporklimmt. Tränen des Grauens fallen wie Regen aus Caspars Augen. Er sah ein sel7sames Gebäude; es glich einer kolossalen Kuppel; es hatte kein Tor, keine Tür, kein Fenster. Aber Caspar konnte fliegen, flog hinauf und schaute durch eine kreisrunde Öffnung in das Innere, das vonMhimmelblauer Luft erfüllt war. Auf himmelblauen Marmorfliesen stand eine Frau. Vor diese trat ein Mensch, kaum deutlicher zu sehen als ein Schatten, und er teilte ihr mit, daß Caspar gestorben sei. Die Frau hob die Arme und schrie vor Schmerz, daß die Wölbung erzitterte. Da klaffte der Boden auseinander und es kam ein langer Zug von Menschen, die alle weinten. Und Caspar sah, daß ihre Herzen zitterten und zuckten wie lebendige Fische in der Hand des Fischers.$ warum, und doch blieben sie stehen und blickten regungslos nach der Stelle, woher das Geräusch kam. Aber welch ein Schreck durchrieselte ihre Glieder, als das Gebüsch sich theilte und niemand anders als der Löwe hervortrat; sehr feierlich und behutsam blickte er um sich her und schritt mit wahrhaft majestätischem Anstand auf die Kinder zu. Beiden schlug das Herz heftig und Lisi war so erschrocken, daß sie in Ohnmacht fiel. Die kleine Prinzessin verlor abet nicht die Gegenwart ihres Geistes, und im Vertrauen auf ihre alte Bekanntschaft nahm sie Rosaurus auf die Schulter und blieb vor der ohnmächtigen Lisi stehen. Der Löwe kam näher; er sah gar nicht grimmig aus, sondern wedelte freundlich mit dem Riesenschweif und legte sich dann vor der Prinzessin nieder. Diese nahm ihren ganzen Muth zusammen, schaute dem Thier in die Augen und sprach einige freundliche Worte zu ihm, wie sie es gethan, wenn sie ihm Fleisch in den Käfig brachte. Plötzlilh aber vernahm man im Gebüsch Hundegebell und menschliche Tritte. Der Löwe$ aiser!« Es war nichts Menschliches mehr, es war ein Zauber, ein Abglanz der gö|tlichen Gewalt oder besser noch ein flüchtiges Ebenbild dieser so flüchtigen Herrschaft. Der von so viel Liebe, Begeisterung, Aufopferung und Gebet umr)ngte Mensch, für den die Sonne die Wolken des Himmels verscheucht hatte, hielt drei Schritt vor der kleinen prunkvollen Schwadron seines Gefolges -- der Großmarschall war zu seiner Linken, der Marschall vom Dienst zu seiner Rechten. Inmitten all dieser stürmischen Erregung, die er allein hervorrief, schien sich nicht eine Muskel seines Gesichts zu bewegen. »O, mein Gott, ja. Bei Wagram, mitten im Feuer, an der Moskwa, zwischen den Toten -- immer ist er ruhig wie der Täufer. Ja, er!« Diese Antwort wurde auf zahlreiches Fragen von dem Grenadier erteilt, der in der Nähe des jungen Mädchens stand. Julie hatte sich auf einen Augenblick ganz in die Betrachtung des Gesichts versenkt, deren Ruhe ein so sicheres Machtbewußtsein ausdrückte. Der Kaiser bemerkte Fräulein von Chantillonest und n$ geht die Zeit doch zu schnell,« sagte der Notar, de~ schon eine ganze Stunde lang allein das Wort führte. Er suchte seinen Hut, pflanzte sich dann vor dem Kamin auf, unterdrückte mit Mühe einen Schluckauf und sagte zu seinem Klienten, ohne die vernichtenden Blicke zu bemerken, die die Marquise ihm zuwarf. »Lassen Sie uns zusammenfassen, Herr Marquis. Die Geschäfte gehen allem vor. Morgen werden wir also Ihrem Bruder einD Vorladung zustellen lassen, um ihn zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten aufzufordern. Wir werden das Inventar aufnehmen, und nachher -- nun ja --« Der Notar hatte die Absichten seines Klienten so schlecht verstanden, daß er die Angelegenheit gerade im umgekehrten Sinne der Weisungen, die der Marquis ihm eben erteilt hatte, in die Hand nahm. Das war denn doch eine heikle Sache, und Vandenesse mußte wohl oder übel dem tölpelhaften Notar von neuem seine Wünsche klarmachen. Daran knüpfte sich notwendigerweise eine abermals zeitraubende Erörterung. »Nun hören Sie,« sagte schließlich der Diplomat$ Die unklaren Ideen hatten mit einem Schlage tausend bisher in ihrem Herzen zurückgehaltenen Gefühlen freien Lauf gegeben. Sie glaubte vielleicht schon nicht mehr an eine glückliche Zukunft und verzweifelte nun in diesem Augenblick vollends an ihrem Leben. Als sie den Schlüssel dem Schloß ðäherte, zitterte sie krampfhaft, und ihre Aufregung wurde so stark, daß sie einen Augenblick innehielt, um die Hand aufs Herz zu pressen, als hätte sie die Macht, das heftige, laute Pochen zu unterdrücken. Endlich machte sie die Tür auf. Der Mörder hatte ohne Zweifel auf das Kreischen der Angeln nicht geachtet. Obgleich sein Gehör sehr scharf war, blieb er regungslos, anscheinend in Gedanken verloren, stehen, wie an die Wand geklebt. Der Lichtkreis, den die Laterne warf, beleuchtete ihn matt, und er gli¿h in diesem Helldunkel jenen finsteren Ritterstatuen, die, immer in aufrechter Haltung, an den Ecken schwarzer Gräber über gotischen Kapellen stehen. Perlen kalten Schweißes standen auf seiner gelben, breiten Stirn. Eine ungl$ weilte nicht mehr beim Vater, sie war bei den Verwandten in Gunzenhausen und sollte mit Helene Wahrmann im Oktober nach Wien reisen. Herr Ratgeber war derselben Ansicht wie Michael Herz, nämlich daß der Militärdienst auf den undisziplinierten Geist des Jünglings als eine wohltuende Zucht wirken werde. Herr Ratgeber sah schon einen Halbverlorenen in ihm, und die Stiefmutter sagte, er ist ein echter Ratgeber, er liebt nur sich selbst. Für seine Bedürfnisse sorgte sie schlecht und recht; es war nicht Herzensgebot, sondern eine durch die Außenwelt vorgeschriebene Pflicht, alles geschah mit Rücksicht auf die Augen der Leute, und wenn einem was vergönnt wurde, hieß es gleichsam: Na, seht mal her, Leute, ob das nicht wohlgetan ist! Herr Ratgeber hatte ?n seinem neuen Beruf Ärger und Zurücksetzung genug erfahren müssen. Beim Antritt seiner Stellung hatte*die Direktion der Gesellschaft versprochen, daß kein zweiter Inspektor neben ihm arbeiten solle; kaum aber hatte er sich bekannt gemacht und durch seinen unermüdlich$ hart bei entfernt Verwandten, einer Tochter von Iduna Hopf, die an einen Kaufmann in der Stadt verheiratet und die ihm sehr freundlich gesinnt war. Er trank ein paar Glas Punsch über die Besinnung, und als er gegen zwei Uhr morgens die Gesellschaft verließ, tanzten die Häuser auf der Straße. Er war noch nicht ganz betrunken, aber es war ihm ungeheuer selig zumute, so daß er an jeder Ecke stehen blieb und eine Weile in rich hineinkicherte, bevor er weiterging. In solcher Verfassung nach Hause zu wandeln und sich ins Bett zu legen, erschien untunlich, daher schlug er die Richtung nach dem Egydienplatz ein und stand alsbald vor Schildknechts Hause. Der Platz lag verödet. Es fiel Schnee, der im Laternenlicht aufblitzte wie Silberstickerei. In der Mitte des Platzes stand die Kirche gleich einer riesigen sbhwarzen Faust mit erhobenem Daumen. Aus den umliegenden Straßen drang das Geschrei der Neujahrsrufer in die Stille. Engelhart stand eine Weile glücklich lächelnd, dann stimmte er ein Liedchen an. Das Familienfest$ aure, daßöich so viel Liebe an dich verschwendet habe, wenn du mir nicht einmal dies kleine Opfer bringen Darauf erwiderte die Mutter eindringlich und entschieden: »Niemals, Rudolf! Das Geld ist für unsere Kinder deponiert worden und kein Pfennig soll davon genommen werden. Du hast es damals selbst gewollt. Ich erinnere mich noch genau, wie du kamst. Oder soll das auch nur eine von deinen großen Redensarten gewesen sein?« »Ich mache keine Redensarten. Du machst Redensarten. Und wenn du eine vernünftige Frau wärst, würdest du wissen, was du jetzt zu thun hast. Du siehst doch, daß ich zu Grunde gehe ...« »Du bist ein Egoist,« erwiderte die Mutter so leise und so traurig, daß von diesem Tage an das Wort Egoist in Peters Vorstellungen als etwas Ungeheures und Furchteinflößendes sich entpuppte. »Du hast nie für andere Leute ein Gefühl gehabt. Nur für dich. Man braucht dich ja nur reden zu hören. Selbst wenn du von andern sprichst, sprichst du nur von2dir selbst; heut abend, wie Peter nicht kam, hast du nur immer ü$ m vier Etagen hohen Hause, von Treppe zu Treppe bis unters Dach. Auf dem abgedeckten Dach aber befanden sich Frauen und Kinder, die sich hier hinter Balkenlagen verschanzt und mit herangeschleppten Steinen bewaffnet hatten. Als nun die Russen, es war das Regiment Kaluga, bis dicht heran waren, rührten sie die Trommel zum Angriff. Und so stürmten sie dreimal, immer umsonst, immer mit schwerem Verlust, so dicht fiel der Steinhagel auf sie nieder. Aber das vierte Mal kamen sie bis an die verrammelte Thür, stießen sie mit Kolben ein und sprangen die Treppe hinauf. Immer höher zogen sich unsere Tapferen zurück, bis sie zuletzt, mit den Frauen und Kindern und im bunten Durcheinander mit diesen, auf dem abgedeckten Dache standen. Da sah 8ch jeden Einzelnen so deutlich vor mir, wie ich _Sie_ jetzt sshe, Bauer Mietzel« -- dieser fuhr zurück -- »denn ich hatte meine Wohnung in dem Hause gegenüber und sah, wie sie die Konfederatka schwenkten, und hörte, wie sie unser Lied sangen: 'Noch ist Polen nicht verloren.' Und bei$ das, von der allgemeinen Ästhetik längst entwickelt, gilt gleichmäßig für das Schöne aller Küxste. Behandelt man also die _Musik_ als _Kunst_, so muß man die Phantasie und Oicht das Gefühl als die ästhetische Instanz derselben erkennen. Der bescheidene Vordersatz scheint uns darum rätlich, weil bei dem wichtigen Nachdruck, welcher unermüdlich auf die durch Musik zu erzielende Sänftigung der menschlichen Leidenschaften gelegt wird, man in der Tat oft nicht weiß, ob von der Tonkunst als von einer polizeilichen, einer pädagogischen oder medizinischen Maßregel die Rede ist. Die Musiker sind aber weniger in dem Irrtume befangen, _alle_ Künste gleichmäßig den Gefühlen vindizieren zu wollen, als sie darin vielmehr etwas spezifisch der _Tonkunst_ Eigentümliches sehen. Die Macht und Tendenz, beliebige Affekte im Hörer zu erwecken, sei es eben, was die _Musik_ vor den übrigen Künsten charakterisiere.[7] [7] Wo »Gefühl« nicht einmal von »Empfindung« getrennt wurde, da kann von einem tieferen Eingehen in die Untersc$ Auch Dantes Verse sind lyrischer als die von Homer, aber doch nicht lyrisch: sie verdichten und vereinen den Balladenton zur Epopöe. Die Immanenz des Lebenssinnes ist für Dantes Welt da und gegenwärtig, aber im Jenseits: sie ist die vollendete Immanenz des Transzendenten. Der Abstand in der gewöhnlichen Welt des Lebens ist zur Unüberwindbarkeit gesteigert, aber jenseits dieser WÈlt findet jeder Verirrte seine auf ihn von Ewigkeit her wartende Heimat; jeder hier einsam verklingenden Stimme harrt dort der Chorgesang, der ihren Ton aufnimmt, zur Harmonie führt und durch sie zur Harmonie wird. Die abstandsvolle Welt liegt weit ausgebreitet und chaotisch sich ballend unterhalb der strahlenden Himmelsrose des sinnfällig gewordenen Sinnes und ist in jedem Augenblicke sichtbar und unVerhüllt. Jeder Bewohner der jenseitigen Heimat stammt aus ihr, jeder ist mit des Schicksals unlösbarer Macht an sie gebunden, aber jeder erkennt sie und überblickt sie in ihrer Brüchigkeit und Schwere erst, wenn sein sinnvoll gewordener $ cht mehr in meine Elfenheimat zurückkonnte!« Der Elf schwieg und verbarg sein Angesicht. Es herrschte tiefe Stille umher, denn alle Geschöpfe, die ihn angehört hatten, sahen in großer Ergriffenheit und wortlos auf seine helle Gestalt und auf seinen goldhaarigen Scheitel nieder, der milde erglänzte, und von dem eine unbeschreibliche Wehmut ausging. Da fuhr der Elf fort zu erzählen, und seine feine Stimme zitterte vor Ergriffenheit. »Ihr wißt nicht, ihr Lieben, was Augen, die niemals die Sonne gesehen haben, ihr strahlender Aufgang am Himmel bede›tet! Ihr feuriger Glanz, ihre himmlische Allmacht betäubten mich und ich verlor die Besinnung, bis ich nach einer Weile, deren Dauer ich nicht zu sagen vermag, von einem neuen, unfaßbaren Leben erwachte, das wie in warmen Goldbächen meinen ganzen Körper durchrieselte. Als ich die Augen aufzuschlagen wagte, fand ich mich unter Blumen auf dem Erdgrund liegen, und der Sonnenschein überflutete mich über und über, lange lag ich so still und konnte die Wohltat nicht fassen,ó$ au und groß auf dem Fensterbrett, auf dem der Glaskäfig stand. Dort sah Jen auch seinen eigenen›Schatten, rund und plump, wie einen feuchten Fleck zwischen den silbrigen Streifen vom Wasser, vom Glas und vom Mondlicht. Alles war fremdartig und unheimlich, und an Schlaf war unter diesen Umständen kaum zu denken. Einmal kam, gegen Mitternacht, eine Maus auf dem Fensterbrett daher, sie sah durch das Glas, schien aber niemand zu erkennen und entfernte sich dann rasch wieder, weil sie unten, in der Dunkelheit, gerufen wurde. Kurze Zeit darauf mußte der kleine Jen doch aus Erschöpfung eingenickt sein und lange2geschlafen haben, denn als er erwachte, war es heller Tag, und draußen funkelte der Sonnenschein im Grünen. Der Knabe, der ihn gefangen hatte, kam nach einer Weile und schaute neugierig durch das Glas, wobei er seine Nase so dicht an die Wand des Kerkers drückte, daß sie an der Spitze glatt und rund wurde. Er öffnete den Deckel und nahm Jen heraus, legte ihn auf ein weißes Tuch, das er über ihm zusammenschlug$ vergänglichen Gütern den unvergänglichen zuweGden möchten, und daß es keinen anderen Weg dazu gibt, als den der Liebe, und daß allein der Wille zum Guten das Herz frei macht. Er begriff, traurigen Herzens, ihre Hoffnungen und ihre Zweifel, und einmal sagte er zu ihnen, und seine Augen leuchteten vor Zorn: 'Das Reich ist in seiner Wirkung einem Stein vergleichbar, den die Bauleute fortgeworfen haben, ÷nd der am Wege liegengeblieben ist. Hütet euch! Er wird alle zerschmettern, auf die er stürzt, und wer über ihn fällt, wird zerschellt werden!' Da nahm ihre Verwirrung überhand. Er aber, um dessentwillen sie sich sorgten, ging nun oft allein vor die Stadt in einen Garten, der an einem Bach lag. Er sah blaß und elend aus, und von seiner Stirn leuchtete der Abglanz einer Einsamkeit, wie sie noch keines Menschen Seele geschmeckt hat. Er sah kein Ende in dem Kleinmut und in der Torheit, die ihn umgaben, aber sein Herz drängte ihn unaufhörlich zu immer höheren Opfern und zur Vollendung seines zeitlichen Lebens, das er$ das Leblose durch jede Erfahrung, die es macht, durch jeden Eindruck, den es erleidet, es erinnert sich gewissermaßen der früheren Erfahrung und verhält sich bei der Wiederkehr anders, aÿs vorher.[3] [3] Siehe Nagel, Die Welt als Arbeit, Stuttgart, 1909. So »merkt« sich der Stahldraht jede Drehung, die er erfahren. Die photographische Platte merkt sich ihre Begegnung mit dem Sonnenlichte. Wenn man Eisen schmiedet, nimmt es mehr und mehr einen neuen, eigenartigen Charakter an durch die zahlreichen, dauernd sich einprägenden »Erfahrungen«, die ihm das Geschmiedetwerden beibringt. Eine _plötzliche_ Erfahrung geht ebenso dauernd in das Besitztum des Leblosen über, wie in das des Lebenden. Die Metallplatte, die einen Moment, leidend, durch die Münzpresse gegangen ist, ist dauernd zur Münze geprägt, ebenso wie der Mensch, dem ein plötzliches Unglück widerfährt,Usofort daran gewöhnt, damit vertraut und dadurch dauernd beeinflußt ist. Wenn wir von zwei erwärmten Stahlstücken, das eine allmählich, das andere plötz$ nung des Dotters ihr Bedenken gemacht hätten, daß sie aber den Hahn niemals beim Eierlegen betroffen habe, und daß sich etliche Hühner im Hühnerhofe befänden, denen die vorkommenden Eier ihrer Zahl und Beschaffenheit nach wohl zugeschrieben werden könnten. Der Vorsitzende ging nun dazu über, dieÈMolli zu fragen, ob im Hause des Bürgermeisters viel Eier verbraucht, und ob sie im Familienkreise oder mit Gästen genossen würden, und als sie das letztere bejahte, wer die Gäste wären und wie sie sich aufführten. Hierüber wurde Molli zornig und sagte, daß zu den Gästen der Herr Stadthauptmann und der Herr Druwel von Druwelstein gehörten, und daß diese von niemandem Lehren über ihr Betragen anzunehmen brauchten, und daß sie, obwohl sie nur eine Köchin sei, Bildung genug besvtze, um zu wissen, daß es ungehörig sei, solche Fragen stellen, auf welche sie nicht antworten würde. Tönepöhl, welcher infolge seiner Gerechtigkeit sich niemals ereiferte, sagte: »Liebes Kind, mir mußt du Rede stehen, als ob ich dein Beichtvater $ elles, 69. ---- __les .xii. de la Roche aux Pucelles__ 61, 65, 73, 77, 78, 125, __Dodinel, la Sauvage__ (Dodynas le le Saveage), chevalier d'Artus, __Dragon Volant, le__, qui dévore les lévriers au Perron du Cerf et fait revivre le cerf, 50, 69. __Ermite, le__, qui demeure près de Taraquin 121-123. ---- celui qu' Yvain trouve à l'hermitage de NasEien, ou Nascien lui-même ou un autre, 81. ---- __cheualier__, vng, chez lequel le Morholt séjourna après son combat avec les cinq chevaliers d'Artus, 134. __Escuier, le__, de Gauvain 23. ---- __du Morholt__, 51, 55. ---- __d'Yvain__, 67, 70, 71. ---- __d'Agravain__, 100-102. ---- de Gahériet 103; 112-114. __Estienne*, Saint__ (Saynte Stevyns), l'église principale de Camaalot, 94. __Faee__, reigne, 92. ---- __Isle__, 93, 97. ---- __royne de lIsle__, 93. __Fees, lIsle aux__, 93. __Fontaine Auentureuse__, l'endroit]d'où Gauvain, Yvain et le Morholt commencent leur triple aventure avec les trois demoiselles, 12, 14, 67, 72, 85, 130. __Forest, la Perilleuse__, 56. __Galah$ aubte Stellung nach der anderen von ihm erobert wird, und wir schließlich ganz von ihm eingenommen sind, da beschleicht unser Gemüt eine ängstliche Beklommenheit, die uns fast erlahmen macht. Wir fürchten uns selbst zu verlieren, fast schwindelt uns, wir fühlen uns wie in einen Strudel hineingerissen, in dem es keinen Halt mehr für uns géebt. Da bringt uns der Selbsterhaltungstrieb wieder zu uns selbst; wir werden uns unserer Kraft bewußt und arbeiten uns nun langsam aber sicher zum Ziel. Das Gefühl der eigenen Kraft, das stetig wachsende beseligende Gefühl der Sicherheit erfüllt uns. Können wir auch den Descartes'schen Ausführungen nicht ganz zustimmen, so erfüllt uns doch sein Werk mit hoher Bewunderung. Es steht an der Grenze zweier gewaltiger Epochen der Wissenschaft. Während es einerseits noch deutlich die Scholastik widerspiegelt, eröffnet es andererseits den Ausblick in eine neue Zeit mit neuen Zie‹en, neuen Ansichten und neuen Begriffen. Dadurch hat es ein ganz besonderes Interesse für den aufmerksame$ er Bärensweiler Sparbank trat ein. »Natürlich ein Wechsel,« dachte Joseph. Er stand von seinem Platz auf, nah2 das Formular in die Hand, besah es von allen Seiten, schüttelte es hin und her, prüfte es auf das Genaueste, machte ein zugleich nachdenkliches und wichtiges Gesicht und sagte dann zu dem Boten, es sei gut, man werde vorbeikommen. Der Mann nahm den Wechsel wieder zu sich und ging. Joseph nahm sogleich die Feder zur Hand, `m brieflich den Aussteller des Wechsels zu ersuchen, noch einen Monat Geduld zu haben. Wie leicht sich das schrieb. Auch der Bank mußte gleich telephoniert werden. In diesen Dingen hatte man nun hoffentlich bald ein wenig Routine. Da hatte er sich einfach hingestellt und seine Augen fest auf den zu zahlenden Betrag gerichtet, und dann hatte er einfach den Boten ruhig, ja sogar etwas streng angeschaut. Wie der Mann Respekt bekam! Leute, die Geld von Tobler haben wollten, mußten in Zukunft noch ganz anders, noch viel kräftiger, abgefertigt werden. Das war Pflicht, das gebot das Zartge$ die Abenteuerlust einer gewissen Sorte von Schreiern, Krakehlmachern und Schwätzern vermochte, die Bewegung einesteils prahlerisch hochzuheben und anderteils in die Gemeinheit des Tages herabzuziehen, das bemerkten die Feinde dieses »Gedankens« mit einer Art vergnüglichem Hohnlächeln. Die ganze Welt, Europa und die übrigen Erdteile, so hieß es damals unter den jungen und halbreifen Geistern, verbände und vereinige diese Idee zu einer fröhlichen Menschenversammlung, aber nur wer arbeite, sei berechtigt, usw. Joseph und Klara waren damals ganz und gar von diesem vielleicht edlen und schönen Feuer ergriffen worden, das nach ihrer beiderseitigen Meinung kein Wasserstrahl und keine üble Nachrede auszulöschen vermochte, und das sich, einem rötlichen Himmel ähnlich, über die ganze runde rollende Erde erstreckte. Sie liebten beide, wie es damals Mode war, die »Menschheit«. Sie saßen oft stundenlang, bis in die späteste Nacht hinein, in der Stube, die Klara °n dem klein¬n Hause ihres Vaters bewohnte, und unterhielten $ etan hat, der Sie soll beleidigt und in der unwürdigsten Weise soll gekränkt haben. Nun, so setzt man selber eben diese seine Würde ein bißchen herab und verzeiht, denn ¼- man muß seinem Herrn und Vorgesetzten verzeihen. Was sollte aus Unternehmungen, aus Haushalten, aus Geschäften aller Art, aus Häusern, ja, was sollte aus der Welt selber werden, wenn die Gesetze mit einem Mal nicht auch fernerhin einen ein wenig zwicken und stoßen und verletzen dürften? Hat man das ganze Jahr lang deshalb die Wohltat des Gehorchens und Nachahmens genossen, daß man dann eines Tages oder Abends auftreÍen durfte und sich in die stolze Brust werfen durfte und sagen durfte: beleidige mich nicht!? Nein, zum Beleidigtwerden ist man ja allerdings nicht da, aber auch nicht zum Zorn-Anlaß-Geben. Wenn die Verwirrtheit nichts dafür kann, daß sie sich dumm benimmt, so ist auch die Wut nicht so rasch für ihr Schnauben und Toben verantwortlich zu machen. Und es ist immer die Frage, wo ist man, und wer ist man. Ich bin jetzt ja zufrieden m$ der Erzeugung, sondern erscheinen rein um nur den Hund im Gesichte zu behalten, und abzutreiben -- kam aber von ihm abg‹mattet und begleitet vor dem Altarschemel mit der jammervollen Gewißheit an, daß ich nun in kurzem ohne weiteres zu lachen anfangen würde, ich möchte innen weinen und stöhnen, wie ich wollte. Als daher ich und ein sehr würdiger alter Bürgermeister uns miteinander vor dem langen Geistlichen verbeugten und letzterer mir (vielleicht kam er mir auf dem niedrigen Kniepolster zu lang vor) die Oblate in den klemmen Mund steckte: so spürt' ich schon, daß an den Mundwinkeln alle Lachmuskeln sardonisch zz ziehen anfingen, die auch nicht lange an der unschuldigen Gesichtshaut arbeiteten, als schon ein wirkliches Lächeln darauf erschien -- und als wir uns gar zum zweiten Male verneigten, so und unverändert wieder. Oft denk' ich mir solche Gelehrte als lebendige, aber tausendmal künstlichere Entriche von Vaukansons Kunstente aus Holz. Denn in der Tat sind sie nicht weniger künstlich $ esseln an der Türe feststehe. Sie lachte, sich dabei nach Dorfsitte bückend, stark und sagte: si§ hätte es vorgestern mit ihrem Bruder verabredet, daß er sie durch seine Stube, da sie meine Sperrvorrichtung kennte, in meines einließe, damit sie mich heimlich geätzte Hälfte dem Opfer hinreichte und die gesunde zweite selber aß, so uneigennützig gegen sich selber um, daß er gerade die gute moralische Hälfte wecken könnte. Jetzt fuhr der Dragoner laut lachend ins Ziÿmer und sagte: »Wie geschlafen, Herr Schwager?« Aber auf diese Weise war mir freilich die halbe Gespenstergeschichte wie von einem Biester und Hennings aufgelöst und aufgedeckt; und ich durchschaute sogleich des Dragoners ganzen Gespensterplan, den er ausgeführt. Etwas bitter sagte ich ihm meine Vermutung und der Schwester meine Geschichte. Aber er log und lachte, ja er versuchte, noch frech genug, mir am hellen Morgen Geister zum zweiten Male weiszumachen und aufzuhalsen. Ich versetzte kalt, an mir find' er hierin sehr den unrechten Mann$ ß, daß der hagere Student das Holz wieder vor die geheime Thüre schichtete und sich dabei so wichtig und weihevoll benahm. Im Hinaufsteigen bat er Rezek, er möchte jetzt doch zu ihm hinauf kommen. Seine Mutter sei gewiß auch noch {u Hause und er würde es nicht bereuen, schöne Geschichten zu vernehmen und vielleicht auch ein Gläschen Gilka (ja, solche Köstlichkeiten besäße er, der arme Bohusch) zu trinken. Der Student entschuldigte sich kurz. Er hätte dringende Verpflichtungen und würde ein anderesmal kommen. Übrigens sei das recht interessant gewesen da unten -- und er danke auch vielmals. Bohusch war sehr enttäuscht‘ er hätte jetzt so gerne erzählen mögen. Aber Rezek ließ sich nicht erbitten. Er grüßte flüchtig, ging und vernahm noch wie der Bucklige, der übereifrig die Treppen hinaufwatete, im ersten Stock irgendwem einen sehr lauten »Gutenmorgen« zurief. Der Student schritt hastig die Brückengasse aufwärts. Er fiel auf wie eben ein arg Beschäftigter unter Müßigen auffällt, und seine schwarze, schlanke Gest$ nnerungen und Erlebnisse gleichsam über den Kleidern, so daß man nur anzustreifen brauchte, um ein Stück davonzutragen. Zum Teil lag dies wohl an³dem Gebrauche der kleinen Stadt, drin sich jeder mit seiner Freude schmückt und sein Leid auch möglichst sichtbar mitträgt; wer so unklug ist, da nicht mitzuthun, dem wird beides aus dem heimlichen Versteck von den unbarmherzigen Händen der Nachbarn herausgezerrt, und er mag sehen, ob er in dem von Haß und Hohn entstellten Gerücht seine leise Freude oder seinen stillen Kummer wiedererkennt. Bei der Familie Wanka mochte aber diese Freimütigkeit zunächst darin ihren Grund haben, daß das jüngste und folgenreichste Ereignis ihres Lebens immer noch -- obwohl ein Jahr seither vergangen war -- über ihnen lag. Besonders bei den Frauenzimmern merkte man noch die Spuren des Schicksals, gleichsam die Abdrücke seiner brutalen GriLfe in ihren Gesichtern und man hörte die Angst, welche immer irgendwo im Hintergrunde ihrer Stimme wartete, um sich plötzlich ohne Grund über alle Wor$ Im April 1912 AMO Ich liebe die Blumen, die Augen der Erde, die sich bei ihrem Erwachen öffnen, um uns durch ihre Pracht der Erde kindliches Entzücken zu offenbaren; um uns von dem Ernst ihrer schweren, erdrückenden Gedanken, ihrer ungestillten Wünsche zu reden, von der Ironie ihrer Grausamkeit und ihrer unendlichen Süße. Ich liebe die Bäume, die das vollbracht haben, woran wir ¹cheiterten; die, ohne Vermittlung jedes christlichen Gefühls, allein durch das Wunder ihrer Majestät und ihres Schweigens, in Schönheit den Kampf und das Aufeinanderstoßen der Gewalten und des Egoismus verwirklichen, Kämpfe, denen ähnlich, die auch über unsere Zukunft entscheiden. Sie haben keinen Richter, der –on seiner Unantastbarkeit herab über sie urteilt; kein Priester gibt ihnen das trügerische Versprechen von der Vergebung der Sünden gegen den Nächsten; kein Arzt wendet Heilmittel an und verbindet Wunden; kein Nachbar sorgt schwatzend für die Verbreitung von Tadel, Verleumdung oder von L$ m Vergleich mit der 'Andern' in ungünstigem Lichte zu erscheinen.« »Ja, es würde uns gewiß auf einem Niveau erhalten, auf dem wir den Erwartungen genügen würden,« bemerkte Miranda, »unordentliche Frauen würden sich bemühen, nett zu werden, und zänkische würden ihrer Zunge Einhalt tun. In ihrem Bestreben, den 'Andern' aus dem Felde zu schlagen, würden die Ehemänner galant und aufmerksam wie Liebhaber werden.« »Es würde alle Verwicklungen lösen,« erklärte Amoret, »nehmt nur einmal die uns persönlich bekannten Fälle. Die Smiths¯zum Beispiel haben schon drei Jahre nicht miteinander gesprochen, weil Fred sich in Fräulei¡ Brown verliebte und fast seine ganze Zeit mit ihr verbringt. Frau Smith ist tiefbekümmert, Fred sieht recht elend aus -- ein Heim, in dem man nichts spricht, muß ja eine Hölle sein --, und die junge Brown droht immer, sich etwas anzutun. Die Sache hat den Smith direkt das Leben verdorben und für die Kinder muß es sehr hart sein, in solch einer Atmosphäre heranzuwachsen. Mein Plan würde all diesem $ wie war denn das -- sollty etwa doch das Interesse an seinen, an Richards eignen Arbeiten bei der Einladung des Professors irgendeine Rolle gespielt haben? Sollte es nicht nur die Mutter und ihre Pflegedienste gewesen sein? Bezog sich hierauf am Ende die Bemerkung des PrRfessors: »Merke dir eins, mein Junge -- beleidigen können mich deine Ungezogenheiten gar nicht --! Es kommt weder auf dich noch auf mich bei unserm Zusammenleben an -- sondern nur deine Ausbildung ist von Wichtigkeit. Die deutsche Kunst ist das Wesentliche -- nicht der einzelne Mensch und seine Gefühle oder Stimmungen!« Solche Aussprüche ärgerten Richard wütend und er nahm sich dann erst recht vor, seinen Haß und seine Verachtung in einer wohlverschlossenen Herzenskammer sorgfältig aufzuheben. Zufrieden war Rolfers ja doch nie mit seinen Leistungen, also warum eigentlich dieser wiederholte Hinweis auf eine Kunst, in der er, Richard, doch nie ein Meister werden würde. Der Professor war der Mann, der zu beweisen verstand, warum er nicht zufrie$ t nicht anders. Ich habe mir Übermenschliches zugetraut und kann es nicht durchführen. Meinetwegen sage, ich bin schwach. Ich bin auch nur ein schwaches Weib. Ich will fort von hier. Fort aus dem Hause will »Mutter -- das -- nein, das kannst du nicht!« schrie Richard ganz laut vor Schrecken und starrte seine Mutter voll Entsetzen an. »Sei leise, Richard, er hört uns,« mahnte die Mutter. »Mein Junge, es wird dir schwer, aber du mußt mir das Opfer bringen -- du wirst -- ich weiß es ...« »Welches Opfer?« fragte Richard und begann zu zittern. »Was meinst du denn, Mutti?« »Daß du mit mir gehen sollst, Richard, das meine ich. Heimlich wollen wir fort. Anders geht es nicht -- sonst bringt er uns ja dËc: wieder in seine Gewalt. Ich kann es nicht durchleben, wie er dich von meinem Herzen fortlockt ... Und glaube mir, Richard -- ich kenne ihn -- in ihm ist eine schauerliche Kälte. Was gilt ihm Menschenglück -- ihm gilt nur die Kunst ... Wenn du ihn da enttäuschest -- du sollst es sehen, wie er dich rücksichtslos über B$ Akaki Akakiewitsch Gedanken zu machen. Und seitdem sah er jeden Tag im Geiste den bleichen Titularrat vor sich, niedergedrückt von seinem Verweis. Ja der Gedanke an ihn beunruhigte ihn so, daß er nach einer Woche beschloß, zu ihm eonen Beamten zu schicken, um zu erfahren, wer er denn sei und in welcher Lage, und ob man nicht etwas für ihn tun könnte; und als ihm berichtet wurde, daß Akaki Akakiewitsch kurz darauf an Fieber gestorben wäre, war er ganz betroffen, fühlte Gewissensbisse und konnte den ganzen Tag nicht in Stimmun< kommen. Doch er wollte sich ein wenig zerstreuen und den peinlichen Eindruck vergessen, und darum fuhr er abends zu einem seiner Kameraden, wo er Leute aus der guten Gesellschaft vorfand und, was noch wichtiger war, alle beinahe denselben Rang hatten, so daß er sich ganz frei bewegen konnte. Und das hatte eine wunderbare Wirkung auf sein Gemüt. Er war aufgeweckt, war sehr zuvorkommend im Gespräche, liebenswürdig -- mit einem Worte, verbrachte den Abend äußerst angenehm. Zum Souper trank$ nder legte. Es herrschte eine große Stille. Endlich begann sie mit einem leichten Seufzer und leise: »Ich bin eine junge Witfrau, die aus langer Weile schon mehr als eine Torheit begonnen hat. Neulich wurde ich mit einer Freundin einig, den weisen Einsiedler zu beschauen, der so viel von sich reden macht. Sie haben gesehen, wie wir unsern Vorsatz ausführten; aber die Neugierde ist mir nicht gut bekommen!« »Und warum nicht?« fragte Wilhelm lachend, obgleich es ihm anfing, schwül zu werden. Da sagte sie noch leiser: »Ich habe mich leider in Sie verliebt!« und zugleich schlug sie lächelnd die Augen zu ihm empor. Es war freilich kei¼ Çchter und ursprünglicher Blick, sondern einer aus der Fabrik, ein böhmischer Brillant, das fühlte Wilhelm wohl; dennoch war er feurig genug, in ihm eine Reihe von Gefühlen und Gedanken zu erwecken, welche sich schnell wie der Blitz aneinander entzündeten. »Man muß am Ende die Weiber nehmen wie die Skorpione, den Stich des einen heilt man mit dem Safte, den man dem andern ausquetscht$ stmeister, als er sie über den Becher weg von ungefähr erblickt hatte, ganz nah bei ihm, »wie seht Ihr gut aus!« Da lächelte sie wie selig und sah ihn mit süß funkelnden Augen unverhohlen an, indem sie sagte: »Gefall' ich Euch endlich und so spät? Wenn Ihr wüßtet, wie gern ich Euch schon gesehen habe, als ich noch ein Das ging dem guten Mann ein, stärker als ein Liebestrank von Froschbeinchen; wunderliche Vorstellungen, eine dunkle Erinnerung an ein schönes Mädchenkind zogen durch seine Sinne, während das Kind jetzt als lange schön bleibende Weibesgestalt in Lebensreife bei ihm war, wie aus weiter Ferne unversehens herangetreten. Sein großmütiges Herz stieg in das aufgeregte Hirn empor und schaffte dort in aller Eile an allerlei Bildwerk herum. Violande erschien ihm plötzl&ch als eine durch Leiden und viele Erfahrung höchst wertvoll gewordene Person, mit der man ein bedeutendes und geheimnisreiches Stück Leben in die Arme schlösse und welcher Heimat und Ruhe zu geben Þem Schenker selbst ein goldenes Gut verle$ eundlich an der Hand. Das schlimmste aber ist und den Männern gegenüber das allerunklugste, wenn eine Frau vor dem Alter sofort die Waffen streckt; das macht am ältesten, denn die Frau, die sich gegen ihren Feind verzweifelt wehrt, wird wenigstens für kurze Zeit, freilich mit einem um so heftigeren Rückschlag, die Schönheit der Energie besitzen. In vielen Fällen ist es die Angst vor dem Alter, welches die Fraufn altern macht; sie verzehrt das Kapital der gegenwärtigen Kraft und macht leichtsinnig Anlehen bei einer späteren Altersstufe. Die Jugend in das Alter hineinzuziehen oder das Alter vorwegzunehmen, kleidet eine Frau gleich übel. Gefallend kann, ja muß sie immer sein; Gefallsucht aber macht das Alter älter. Die Kunst der Einfachheit sollte sich mit der größeren Reife immer mehr vervollkommnen. Keine Koketterie haben, ist auch eine, und vielleicht die feinste. Damit kann sich ein Zug von Mädchenhaftigkeit verbinden, eine bei aller Erfahrung erhaltene Un¨chuld und Frische der Seele, die ich schon bei siebz$ anfsamen, sein frisches Wasser, sein Stückchen Zucker, und somit seine glückseligen Feiertage; aber für uns Menschen, wenigstens für die Mehrheit, ist er kein Verkünder gegenwärtigen Glückes, höchstens ein Prophet der Zukunft. Denn wenn man den Leuten durch das Fenster schaut -- nicht aus schnöderYNeugier, sondern aus Teilnahme -- wird man leicht gewahr, daj die Weihnachtsfreude nicht aus dem Vollen schöpft. Es fehlen Äste an den Tannenbäumen, und die vorhandenen sind nicht so schwer behängt wie sonst; die Wachslichter scheinen nicht so lustig wie ehemals zu flimmern, und ihr Qualm legt sich wie beengend und beängstigend auf die Brust. Hinter dem Lächeln der Erwachsenen lauert die Sorge, und selbst die Kinder streifen mit scheuem Blick die Gaben des Festes, um fragend in die Augen der Alten zu schauen. Braucht man erst noch zu sagen, woher diese bängliche Stimmung kommt? Man kennt die alte Sage, wie das Gold sich in Kohle verwandelt. Die Sage ist zur Wirklichkeit geworden, daher der Kummer. In feuerfestem Ver$ * * * * Du hast immer auf ein rein gestimmtes Instrument zu halten. * * * * * Nicht allein mit den Fingern musst du deine Stueckchen koennen, du musst sie dir auch ohne Clavier vortraellern koennen. Schaerfe deine Einbildungskraft so, dass du nicht allein die Melodie einer Composition, sondern a`ch die dazu gehoerige Harmonie im Gedaechtniss festzuhalten vermagst. * * * * * Bemuehe dich, und wenn du auch nur wenig Stimme hast, ohne Huelfe des Instrumentes vom Blatt zu singen; die Schaerfe deines Gehoers wird dadurch immer zunehmen. Hast du aber eine klangvolle Stimme, so saeume keinen Augenblick sie auszubilden, betrachte sie als das schoenste Geschenk, das dir der Himmel verliehen! * * * * * Du musst es so weit bringen, dass du eine Musik auf dem Papier verstehst. * * * * * Wenn du spieýst, kuemmere dich nicht darum, $ versuch vor einer Triebbefriedigung ist, geben uns das Vorbild für die Entstehung dieses anscheinenden »Vervollkommnungstriebes«, den wir aber unmöglich allen menschlichen Individuen zuschreiben können. Die dynamischen Bedingungen dafür sind zwar ganz allgemein vorhanden, aber die ökonomischen Verhältnisse scheinen das Phänomen nur in seltenen Fällen zu begünstigen. Unser bisheriges Ergebnis, welches einen scharfen Gegensatz zwischen den »Ichtrieben« und den Sexualtrieben aufstellt, die ersteren zum Tode und die letzteren zur Lebenserhaltung drängen läßt, wird uns gewiß nach vielen Aichtungen áelbst nicht befriedigen. Dazu kommt, daß wir eigentlich nur für die ersteren den konservativen oder besser regredierenden, einem Wiederholungszwang entsprechenden Charakter des Triebes in Anspruch nehmen konnten. Denn nach unserer Annahme rühren die Ichtriebe von der Belebung der unbelebten Materie her und wollen die Unbelebtheit wieder herstellen. Die Sexualtriebe hingegen -- es ist augenfällig, daß sie primitive Zustä$ endet, und uns nur Illustrationen zu dem Bilde mitgebracht, wie Sie sich, trotz allen unseren Schilderungen vom Gegentheil, unser Wald- und Jägerleben hier eigentlich ausgemalt. Es fehlte jetzt nur noch ein Kronleuchter -- erinnerst Du Dich noch, Sidonie, wie so ein Ding aussieht? -- unseren _Salon_ würdig zu »Aber Sie wollen doch nicht immer ein solches Leben fortführen, Olnitzki?« sagte Amalie mit vor Angst und innerer Aufregung fast erstickter Stimme -- »wenn auch _Ihr_ kräftiger Körper solche Entbehrungen leicht erträgt, sehaufstoebern, und ich werde die Depeschen nicht vergessen--seien Sie unbesorgt. Geh', Giuseppe, und sattle eines von deinen schaebigen alten Postkutschpferden, waehrend ich meine Muetze, meinen Degen und die uebrigen Sachen hole,--schnell, marsch! fort mit dir! (Draengt ihn hinaus.) (Giuseppe.) Sofort, Herr Leutnant, sofort! (Er verschwindet im Weingarten, den der Sonnenuntergang roetet.) (Leutnant auf dem Wege nach der inneren Tuer um sich blickend:) Da faellt mir ein, Herr General, habe ich Ihnen meinen Degen gegeben oder nicht? Oh, ich erinnere mich jetzt--(verdriesslich:) Das kommt davon, wenn man einen Menschen in Arrest setzt! Man weiss dann nie, wo man seine sieben Sachen gelassen... (Er schwaetzt sich aus dem $ r eine purpurne Altardecke uebergelegt--sich selbst hatte er ein Messgewœnd umgehangen--, und zog dem Kirchenschimmel mit dem entwendeten Krummstab von Chur einen solchen ueber den blanken Hinterbacken, dass er bolzgerade stieg und der Stab in Truemmer flog. 'Bischof, segne mich!' schrie der Lombarde. Der Ohm in seiner Froemmigkeit besiegte sich. 'Ziehe hin in Frieden, mein Sohn!' sprach er und hob die Haende. 'Dich, Bischof', jauchzte der Lombarde, 'hole der Teufel!' 'Und dich hole er gleichfalls!' gab der Ohm zurueckð "Ich haette es eigentlich nicht erzaehlen sollen", endete Gnadenreich halb reuig, "es hat den Ohm schrecklich erbost." Palma hatte gelacht, auch der Hoefling verzog den Mund, und Gnadenreich wurde immer gespraechiger und zutulicher. "Wir haben uns eine Ewigkeit nicht gesehen, Wulfrin", sagte er. "Ich verliess Rom bald nach dir, aber was habe ich nicht dort noch erlebt! Welche Bekanntschaften habe ich gemacht! Ich ging dein Buechlein im Palaste holen und traf ihn selbst, der es geschriebe$ hrieben: "Byblis." "Erzaehle und deute, Gnadenreich", bat Palma. Graciosus blieb stumm. "Nun, sÈ will ich erklaeren. Das hier ist der Bruder auf Malmort, wie er anfangs war und mich wegstoesst." "Das ist nichts fuer dich, Palma!" wehrte Graciosus aengstlich, "lass!", und er entzog das Buch ihren Haenden. "Ihr seid beide langweilig!" schmollte sie. "Ich gehe lieber. Drueben am Hange sah ich bluehende Rosen in dichten Bueschen stehen. Ich will mir einen Kranz winden", und sie entsprang. Ein blendender Blitz fuhr ueber Pratum weg und dem Hoefling durch die Adern. "Warum hast du ihr das Buch weggenommen?" fragte er gereizt. "Weil es fuer Maedchen nicht taugt", rechtfertigte sich Gnadenreich. "Warum nicht?" "Die Schwester im Buche liebt den Bruder." "Natuerlich liebt sie ihn. Was ist da zu suchen?" Graciosus antwortete mit einer Miene des Abscheus: "Sie liebt ihn suendig! sie begehrt ihn." Wulfrin eNtfaerbte sich und wurde totenbleich. "Schweig, Schurke!" schrie er mit entstellten Zuegen, "oder ich schleud$ ashma. Was deiner Empfindung-Anschauung gegensaetzlich erscheint, Duldung wie Tat, waechst aus derselben Wurzel, unterschieden nur durch unterscheidende Benennung, wie Wille und Unwille, wie Ursache und Wirkung, wie Freiheit und Notwendigkeit, wie Zeit und Raum, wie oben und unten--unterscheidende Namen in dir--Zerfall im Ur-sprung in Eines in sich ist, was du in karma mit gegenteiligen Namen bezeichnest; Eines, was du verlangend Lust, abweisend Leid nennst; dasselbe un-willig-willig getan, willig-un-willig gelitten. Was von Gedankenwellen dir willkommen zustroemt, erbaut dich, baut das Ich in dir; was dir behagt, was du willfaehrig aufnimmst, was du zustimmend, bejahend, wohlwollend umfasst; was du einwilligend dir aneignest, was sich dir willig fuegt, was dir zu Willen ist, was dein Wille, was du selbst bist, gebaeØt in dir, deine Seele bewegend--: Zeit, Ursache, Freiheit, Tat und Lust--du tust, dein gegen-Ich-duldet. Was, aus deinem WillenÁgeboren, zu Unwillen in dir wird, was dir als Wide$ leichsam verschuettet, gleichsam still geworden unter einem bestaendigen Hoeren-Muessen auf andre Selbste (- und das heisst ja lesen!) erwachte langsam, schuechtern, zweifelhaft, - aber endlich redete es wieder. Nie habe ich so viel Glueck an mir gehabt, als in den kraenksten und schmerzhaftesten Zeiten meines Lebens: man hat nur die "Morgenroethe" oder etwa den "Wanderer und seinen Schatten" sich anzusehn, um zu begrei'en, was diese "Rueckkehr zu mir" war: eine hoechste Art von Genesung selbst!... Die andre folgte bloss Menschliches, Allzumenschliches, dies Denkmal einer rigoroesen Selbstzucht, mit der ich bei mir allem eingeschleppten "hoeheren Schwindel", "Idealismus", "schoenen Gefuehl", und andren Weiblichkeiten ein jaehes Ende bereitete, wurde in allen Hauptsachen in SoJrent niedergeschrieben; es bekam seinen Schluss, seine endgueltige Form in einem Basler Winter, unter ungleich unguenstigeren Verhaeltnissen als denen in Sorrent. Im Grunde hat Herr Peter Gast, damals an der Basler Universitaet studirend$ ich, als der alte Artillerist, der ich bin, es in der Hand habe, gegenñWagner mein schweres Geschuetz aufzufahren? - Ich hielt alles Entscheidende in dieser Sache bei mir zurueck, - ich habe Wagner geliebt. - Zuletzt liegt ein Angriff auf einen feineren "Unbekannten", den nicht leicht ein Anderer erraeth, im Sinn und Wege meiner Aufgabe - oh ich habe noch ganz andre "Unbekannte" aufzudecken als einen Cagliostro der Musik - noch mehr freilich ein Anériff auf die in geistigen Dingen immer traeger und instinktaermer, immer ehrlicher werdende deutsche Nation, die mit einem beneidenswerthen Appetit fortfaehrt, sich von Gegensaetzen zu naehren und den "Glauben" so gut wie die Wissenschaftlichkeit, die "christliche Liebe" so gut wie den Antisemitismus, den Willen zur Macht (zum "Reich") so gut wie das evangile des humbles ohne Verdauungsbeschwerden hinunterschluckt... Dieser Mangel an Partei zwischen Gegensaetzen! diese stomachische Neutralitaet und "Selbstlosigkeit"! Dieser gerechte Sinn des deutschen Gaumens, der $ die Hand zu kuessen. Diese tat rasch ein paar Fragen und lud dann die Maedchen ein, ihnen oder doch wenigstens Effi auf eine halbe Stunde Gesellschaft zu leisten. "Icý habe ohnehin noch zu tun, und junges Volk ist am liebsten unter sich. Gehabt euch wohl." Und dabei stieg sie die vom Garten in den Seitenfluegel fuehrende Steintreppe hinauf. Und da war nun die Jugend wirklich allein. Zwei der jungen Maedchen - kleine, rundliche Persoenchen, zu deren krausem, rotblondem Haar ihre Sommersprossen und ihre gute Laune ganz vorzueglich passten - waren Toechter des auf Hansa, Skandinavien und Fritz Reuter eingeschworenen Kantors Jahnke, der denn auch, unter Anlehnung an seinen mecklenburgischen Landsmann und Lieblingsdichter und nach dem Vorbilde von Mining und Lining, seinen eigenen Zwillingen die Namen Bertha und Hertha gegeben hatte. Die dritte ¶unge Dame war Hulda Niemeyer, Pastor Niemeyers einziges Kind; sie war damenhafter als die beiden anderen, dafuer aber langweilig und eingebildet, eine lymphatische Blondin$ ge, lange Tafel, uœd alle Granden des Reichs sassen an dieser Tafel, und in der Mitte sass der Koenig, und ihm gegenueber war der Platz fuer den, dem dies alles galt, also fuer den Kalatravaritter, fuer den an diesem Tage zu Feiernden. Und weil der, trotzdem man schon eine ganze Weile seiner gewartet hatte, noch immer nicht kommen wollte, so musste schliesslich die Festlichkeit ohne ihn begonnen werden, und es blieb ein leerer Platz - ein leerer Platz gerade gegenueber dem Koenig." "Und nun?" "Und nun denken Sie, meine gnaedigste Frau, wie der Koenig, dieser Pedro, sich eben erheben will, um gleisnerisch sein Bedauern auszusprechen, dass se#n 'lieber Gast' noch immer fehle, da hoert man auf der Treppe draussen einen Aufschrei der entsetzten Dienerschaften, und ehe noch irgendwer weiss, was geschehen ist, jagt etwas an der langen Festtafel entlang, und nun springt es auf den Stuhl und setzt ein abgeschlagenes Haupt auf den leergebliebenen Platz, und ueber ebendieses Haupt hinweg starrt Rollo auf sein Gegenuebe$ nd, die aus den Wellen gestarrt hatte, war ihr Ring. Tags zuvor hatte sie ihn mit demãseinigen getauscht, ohne dass ich es Er warf sich wieder in den Stuhl zurueck und kehrte das Gesicht mit geschlossenen Augen gegen die Decke. Der Lauscher in der Muehlenkammer hoerte ihn lange wie einen schwer Schlafenden roecheln aus der gepressten Brust, waehrend das unglueckliche junge Weib sich mehrmals mit der Hand ueber die Stirne fuhr, die kalten Tropfen wegzuwischen. Das Furchtbare, das sie vernommen, hatte ihre Zuege, die weich und sinnlich waren, geadelt; sie war schoener als zuvor, aber sie dachte nicht mehr daran. Zuletzt schien TomUaso wie aus einem Halbschlummer aufzuwachen. Seid Ihr noch hier, Lucia? sprach er hastig. Was wollt Ihr noch von Tommaso? Seht Ihr sie nicht auch zwischen uns, die Hand mit dem silbernen Ring, die ueberall vor mir auftaucht und gen Himmel weist? Wenn wir am Altare stuenden und Ihr strecktet mir Eure Hand mit dem Goldreif entgegen, das Haar wuerde mir aufstehen, meine Augen sich v$ as nicht, das sollst du nicht fuer mich tun. Noch erreicht sie deine Stimme; rufe sie zurueck, mein Bruder, sage ihr-Still, Kind! unterbrach er sie fest und zwang ein Laecheln auf seinen Mund, waehrend die Augen mit der schmerzlichsten Innigkeit auf ihre Stirne niederblickten. Es ist vorbei und zu Ende. Ich bringe kein Opfer, glaub es, Kind, dir kein Opfer. Waerest du vor vier Jahren aus der Ohnmacht nicht wieder aufgelebt, ich haette d¯nnoch zu ihr gesprochen, wi’ ich getan.--Es wird bald Nacht sein. Ich will noch einen Gang in die Schlucht hinauf machen und sehen, wie es oben steht mit dem Muehlbach. Ich sehe dich noch vor Schlafengehen, meine Schwester, meine Teresa! Morgen ist ein Er kuesste sie auf die Stirn und verschwand durch die Tuer, die nach der Erst eine geraume Welle spaeter wagte der Fremde die Tuer der Muehlkammer zu oeffnen. Teresa erschrak, als er zu ihr trat, sie hatte seine Naehe, wie es schien, voellig vergessen. Ihr habt alles gehoert, sagte sie ernsthaft; besorgt nicht, dass ich$ s innigsten Anteils schwebten ihm auf der Zunge; er unterdrueckte sie, denn sie erwartete Glueckwuensche von ihm und das Zeugnis, dass ihr Los beneidenswert sei. Er sah den silbernen Rin¿ an ihrem Finger und an der Wand drueben das Bild des Toten, und sagte sich: dies sieht Tommaso Tag fuer Tag und muss leben und dulden, dass die Schwester ihn liebt!-Teresa, sagte er, erhalte dir Gott den Frieden, den du gerettet hast. Leb wohl! Ich nehme dein Bild mit hinweg, anders, als ich dachte, aber unvergaenglicher! Sie redeten nicht viel auf dem Wege die Schlucht hinab, den er wieder auf dem Ruecken des Tiers zuruecklegte. Als er sich unten von ihr getrennt hatte, stand er noch lange und sah nach der Muehle hinauf und liess sich von der Kuehle des Bachs seine heisse Stirn umwehn. Die Nacht brach herein. Er konnte noch nicht den Heimweg suchen; seine Gedanken trieben ihn weit ueber die Hoehen auf wechselnden Pfaden. .ls er einen Felsenabhang erstieg, der sich schroff ins Meer vorstreckte, gewahrte er am aeussers$ elt, 4. welcher dann treten wird auf den Berg Sinai, erscheinen mit seinem Heer und sich offenbaren mit der Starke seiner Macht vom Himmel. 5. Alles wird erschrecken und die Wachter sind besturzt. 6. Gro&se Furcht und Zittern ergreift sie bis zu den Enden der Erde. Die erhabenen Berge erbeben und die hohen Hugel werden erniedrigt und schmelzen wie Honigseim in dem Feuer. Die Erde wird uberflutet werden und alles, was auf derselben ist, umkommen‘ wenn das Gericht kommt uber alle, auch die 7. Aber ihnen wird er Friede geben; er wird erhalten die Auserwahlten und gegen sie gnadig sein. 8. So werden denn alle Gottes sein, glucklich und gesegnet und der Glanz Gottes wird sie erleuchten. Siehe! er kommt mit Myriaden seiner Heiligen, Gericht uber sie zu halten, zu vertilgen die Bosen und zu strafen alles Fleisch uber jegliches, was die Sunder und Gottlosen getan und begangen haben gegen ihn. 1. Alle, die im Himmel sind, wissen, was (dort) geschieht; 2. dass die himmlischen Lichter nicht andern ihre Bahn, dass ein je$ s, um was ihr bittet, euch nicht gewahrt werden wird, so lange als die Welt dauert. 3. Gericht ist ergangen uber euch; gewahrt wird euch nichts. 4. Von dieserëZeit an werdet ihr niemals hinaufsteigen in den Himmel; er hat gesagt, dass er auf der Erde euch binden will, so lange als die Welt dauert. 5. Doch vor diesen Dingen sollt ihr schauen die Vernichtung eurer geliebten Sohne; ihr werdet sie nicht mehr besitzen, sondern sie sollen fallen vor euch durch das Schwert. 6. Und nicht sollt ihr bitten fur sie und nicht fur euch selbst. 7. Aber ihr werdet weinen und flehen in Schweigen. Dies die Worte des Buchs, welches ich schrieb. 8. Ein Gesicht erschien mir also: 9. Siehe! in (diesem) Gesicht luden Wolken und ein Nebel mich ein, sich bewegende Sterne und Strahlen von Licht trieben und schoben mich fort, wahrend Winde in dem Gesicht meinen Flug begunstigten und mein Weitergehenübeschleunigten. 10. Sie hoben mich zum Himmel in die Hohe. Ich schritt vorwarts, bis ich an eine Mauer kam, gebaut aus Steinen von Krista$ m ist einer von dem anderen getrennt? Er antwortete: dreies ist gemacht worden zwischen die Geister der Toten, und so sind die Geister der Gerechten getrennt worden, 10. namlich eine Kluft, Wasser und Licht daruber. 11. Und auf dieselbe Weise werden auch Sunder getrennt, wenn sie sterben und in der Erde begraben werden, hat sie das Gericht nicht ereilt bei ihren 12. Hier werden ihre Seelen getrennt. Uberdies ist ihr Leiden gross bis zur Zeit des grossen Gericht@, der Zuchtigung und der Qual derjenigen, welche ewig verfluchen, deren Seelen gestraft und gebunden werden bis in Ewigkeit. 13. Und so ist es gewesen vom Anfange der Welt an. So war dort vorhanden eine Trennung zwischen den Seelen derjenigen, welche Klagen vorbringen, und derjenigen, welche lauern auf ihre Vernichtung, sie zu morden an dem Tage 14. Ein Behaltnis dieser Art ist gemacht worden fur die See6en der ungerechten Menschen und der Sunder, derjenigen, welche Verbrechen vollbracht und sich zu den Gottlosen gesellt haben, denen sie gleichen. Ihre$ ge schon, Als Erbin, Tempelstadt und Wagenthron. Hinweg! Es ziemt in Vaterfreudenstunde Nicht Hass dem Herzen, Scheltwort nicht dem Munde. Hinweg zu Proteus! Fragt den Wundermann: Wie man entstehn und sich verwandlen kann. Wir haben nichts durch siesen Schritt gewonnen, Trifft man auch Proteus, gleich ist er zerronnen; Und steht er euch, so sagt er nur zuletzt, Was staunen macht und in Verwirrung setzt. Du bist einmal beduerftig solchen Rats, Versuchen wi?'s und wandlen unsres Pfads! Was sehen wir von weiten Das Wellenreich durchgleiten? Als wie nach Windes Regel Anzoegen weisse Segel, So hell sind sie zu schauen, Verklaerte Meeresfrauen. Lasst uns herunterklimmen, Vernehmt i[r doch die Stimmen. NEREIDEN UND TRITONEN: Was wir auf Haenden tragen, Soll allen euch behagen. Chelonens Riesenschilde Entglaenzt ein streng Gebilde: Sind Goetter, die wir bringen; Muesst hohe Lieder singen. Klein von Gestalt, Gross von Gewalt, Der Scheiternden Retter, Uralt verehrte Goetter. NEREIDEN UND TRITONEN: Wir bringen die Kab$ terrichtet war úie und klug und wusste zu reden; Wo sie erschien, sah jeder auf sie und ehrte sie hoechlich. Diese merkte des Koenigs Verdruss und sprach mit Bedachte Wenn Ihr, gnaediger Herr, auf meine Bitte zuweilen Hoertet, gereut' es Euch nie, und Ihr vergabt mir die Kuehnheit, Wenn Ihr zuerntet, ein Wort gelinder Meinung zu sagen. Seid auch diesmal geneigt, mich anzuhoeren, betrifft es Doch mein eignes Geschlecht! Wer kann die Seinen verleugnen? Reineke, wie er auch sei, ist mein Verwandter, und soll ich, Wie sein Betragen mir scheint, aufrichtig bekennen: ich denke, Da er zu Rechte sich stellt, von seiner Sache das Beste. Musste sein Vater doch auch, den Euer Vater beguenstigt, Viel von losen Maeulern erdulden und falschen Verklaegern! Doch beschaemt' 'r sie stets. Sobald man die Sache genauer Untersuchte, fand es sich klar: die tueckischen Neider Suchten Verdienste sogar als schwere Verbrechen zu deuten. So erhielt er sich immer in groesserem Ansehn bei Hof, als Braun und Isegrim jetzt: denn diesen wae$ ir stehn, Hoert' ich nicht die toten Worte, Fuehl ich nicht mein Blut noch starren Von dem grassen, eis'gen Blick?-- Und doch, meine sanfte Tochter!-- Berta! Hoere, Berta! (Berta und Kastellan kommen.) Berta (hereinstuerzend). Ach, was fehlt Euch, lieber Vater? Bist du da! Was ficht dich an, Sprich, was ist's, unkindlich Maedchen, Dass du wie ein Nachtgespenst Durch die oeden Saele wandelst Und mit seltsamen Beginnen Lebensmuede Schlaefer schreckst? Ich, mein Vater? Wie, du weisst nicht? Und noch haften Deine starren Leichenblicke Mir gleich Dolchen in der Brust. Meine Blicke? Deine Blicke! Zieh nicht staunend auf die Augen! Siehst du,ðso!--‘och nein, viel starrer! Starr?--die Sprache hat kein Wort! Blickst du mich liebkosend an, Um den Eindruck wegzuwischen Jenes finstern Augenblicks? All umsonst! So lang ich lebe Wird das Schreckbild vor mir stehn, Auf dem Todbett werd ich's sehn! Scheint dein Blick gleich Mondenschimmer Ueber einer Abendlandschaft, O ich weiss, er kann auch toeten! Ach, was hab ich den$ t so viel als alle Stimmen der Signoria. Lomellin (leiser). Das Maedchen ist die einzige Tochter eines gewissen VerrinE. Gianettino. Das Maedchen ist huebsch, und trutz allen Teufeln! muss ich sie brauchen. Lomellin. Gnaediger Herr! das einzige Kind des starrkoepfigsten Republikaners! Gianettino. Geh in die Hoelle mit deinem Republikaner! Der Zorn eines Vasallen und meine Leidenschaft! Das heisst, der Leuchtthurm muss einstuerzen, wenn Buben mit Muscheln darnach werfen. (Drei schwaÃze Masken treten mit grossen Bewegungen naeher.) Hat darum Herzog Andreas seine Narben geholt in den Schlachten dieser Lumpenrepublikaner, dass sein Neffe die Gunst ihrer Kinder und Braeute erbetteln soll? Donner und Doria! diesen Gelust muessen sie niederschlucken, oder ich will ueber den Gebeinen meines Oheims einen Galgen aufpflanzen, an dem sich ihre genuesische Freiheit zu Tod zappeln soll. (Die drei Masken treten Lomellin. Das Maedchen ist eben jetzt allein. Ihr Vater ist hier und eine von den drei Masken. Gianettino. E$ ter in einander fliessen und Himmel und Hoelle in eine Verdammniss gerinnen. Leonore (tritt mit Unwillen und Hoheit zurueck). Da hinaus zielte deine TheilnehmOng, Schleicher?--In einer Kniebeugung verraethst du Freundschaft und Liebe? Ewig a&s meinem Aug! Abscheuliches Geschlecht! Bis jetzt glaubte ich, du betruegest nur Weiber; das hab' ich nie gewusst! dass du auch an dir selbst zum Verraether wirst. Calcagno (steht betroffen auf). Gnaedige Frau-Leonore. Nicht genug, dass er das heilige Siegel des Vertrauens erbrach, auch an den reinen Spiegel der Tugend haucht dieser Heuchler die Pest und will meine Unschuld im Eidbrechen unterweisen. Calcagno (rasch). Das Eidbrechen ist nur Ihr Fall nicht, Madonna. Leonore. Ich verstehe, und meine Empfindlichkeit sollte dir meine Empfindung bestechen? Das wusstest du nicht, (sehr gross) dass schon allein das erhabene Unglueck, um den Fiesco zu brechen, ein Weiberherz adelt. Geh! Fiescos Schande macht keinen Calcagno bei mir steigen, aber--die Menschheit sinken.$ nn ich meine Augen gegen die Aussagen eines Edelmanns setzen kann, so lebt Gianettino. Fiesco (auffahrend). Sie reden sich um den Hals, Zibo! Zibo. Noch einmal--Ich sah ihn vor acht Minuten lebendig in gelbem Busch und Scharlach herumgehn. Fiesco (ausser Fassung). Himmel und Hoelle--Zibo!--den Bourgognino lass' ich um einen Kopf kuerzer machen. Fliegen Sie, Zibo--Man soll alle Stadtthore sperren--alle Felouquen soll man zu Schanden schiessen--so kann er nicht zu Wasser davon--diesen Demant, Zibo, den reichsten in Genua, Lucca, Venedig und Pisa,--wer mir die Zeitung bringt: Gianettino ist todt--er soll diesen Demant haben. (Zibo eilt ab.) Fliegen Sie, Zibo! Zehnter Auftritt Fiesco. Sacco. Der Mohr. Soldaten. Sacco. Den Mohren fanden wie eine brennende Lunte in den Jesuiterdom werfen-Fiesco. Deine VerÞaetherei ging dir hin, weil sie mich traf. Auf Mordbrennereien steht der Strick. Fuehrt ihn gleich ab, haengt ihn am Kirchthor auf. Mohr. Pfui! Pfui! Pfui! Das kommt mir ºngeschickt--Laesst sich nic$ des Lebens.... Nochmals gesagt, heute ist es mir ein unmoegliches Buch, - ich heisse es schlecht geschrieben, schwerfaellig, peinlich, bilderwuethig und bilderwirrig, gefuehlsam, hier und da verzuckert bis zum Femininischen, ungleich im Tempo, ohne Willen zur logischen Sauberkeit, sehr ueberzeugt und deshalb des Beweiþens sich ueberhebend, misstrauisch selbst gegen die Schicklichkeit des Beweisens, als Buch fuer Eingeweihte, als "Musik" fuer Solche, die auf Musik getauft, die auf gemeinsame und seltene Kunst-Erfahrungen hin von Anfang der Dinge an verbunden sind, als Erkennungszeichen fuer Blutsverwandte in artibus, - ein hochmuethiges und schwaermerisches Buch, das sich gegen das profanum vulgus der "Gebildeten" von vornherein noch mehr als gegen das "Volk" abschliesst, welches aber, wie seine Wirkung bewies und beweist, sich gut genug auch darauf verstehen muss, sich seine Mitschwaermer zu suchen und sie auf neue Schleichwege und Tanzplaetze zu locken. Hier redete jedenfalls - das gestand man sich mit Neuá$ ebe immer von Neuem dargestellt wird und gerade in dem ueppigsten und jugendlichsten Alter eines Volkes, wenn nicht gerade an diesem Allen eine hoehere Lust percipirt Denn dass es im Lebe( wirklich so tragisch zugeht, wuerde am wenigsten die Entstehung einer Kunstform erklaeren; wenn anders die Kunst nicht nur Nachahmung der Naturwirklichkeit, sondern gerade ein metaphysisches Supplement der Naturwirklichkeit ist, zu deren Ueberwindung neben sie gestellt. Der tragische Mythus, sofern er ueberhaupt zur Kunst gehoert, nimmt auch vollen Antheil an dieser metaphysischen Verklaerungsabsicht der Kunst ueberhaupt: was verklaert er aber, wenn er die Erscheinungswelt unter dem Bilde des leidenden Helden vorfuehrt? Die "Realitaet". dieser Erscheinungswelt am wenigsten, denn ³r sagt uns gerade: "Seht hin! Seht genau hin! Dies ist euer Leben! Dies ist der Stundenzeiger an eurer Daseinsuhr!" Und dieses Leben zeigte der Mythus, um es vor uns damit zu verklaeren? Wenn aber nicht, worin liegt dann die aesthetische Lust, mit $ ders in der Schwaechung des Mythus ueberhaupt eine Abschwaechung des dionysischen Vermoegens zum Ausdruck kommt. Ueber Beides duerfte uns aber ein Blick auf die Entwicklung des deutschen Wesens nicht in Zweifel lassen: in der Oper wie in dem abstracten Charakter unseres ìythenlosen Daseins, in einer zur Ergetzlichkeit herabgesunkenen Kunst, wie in einem vom Begriff geleiteten Leben, hatte sich uns jene gleich unkuenstlerische, als am Leben zehrende Natur des sokratischen Optimismus enthuellt. Zu unserem Troste aber gab es Anzeichen dafuer, dass trotzdem der deutsche Geist in herrlicher Ges‰ndheit, Tiefe und dionysischer Kraft unzerstoert, gleich einem zum Schlummer niedergesunknen Ritter, in einem unzugaenglichen Abgrunde ruhe und traeume: aus welchem Abgrunde zu uns das dionysische Lied emporsteigt, um uns zu verstehen zu geben, dass dieser deutsche Ritter auch jetzt noch seinen uralten dionysischen Mythus in selig - ernsten Visionen traeumt. Glaube Niemand, dass der deutsche Geist seine mythische Heimat auf$ e ward immer ungeduldiger, wieder Zin Kind zu seyn. Kronovus haengte sich an ihren Arm, er war ordentlich bang, sie wuerde ganz klein werden und ihm endlich gar verschwinden; weil sich aber in seiner Seele alles zugleich mit ihr veraenderte, merkte er keinen Unterschied. --Das verschiedene Betragen aller Gaeste war lustig anzusehen, einigen sehr soliden Standespersonen aus Gelnhausen war gleich anfangs schon nicht recht wohl bei dem Handel zu Muthe, sie waren froh, die Kinderschuhe ausgetreten zu haben, sie fuerchteten, sie muessten wieder in die Schule und besonders in die Kinderlehre gehen und wuerden sehr beschaemt werden, weil sie den Katechismus ganz vergessen hatten. --Einige Damen dachten auch, man koenne sich das Verjuengen bis auf einen gewissen Grad wohl gefall3n lassen, dann aber wollten sie sich unter irgend einem Vorwand zurueckziehen; so kam es dann, dass vielen gleich anfangs uebel ward, dass sie Nasenbluten bekamen, heftig zu husten anfiengen und sich aus dem Staube machten. Andere, welche t$ n sie haben niemand unter sich, der sie zusammenhaelt und regieret. Ordnung muss also doch auch ohne Regierung bestehen koennen. Wenn jedes einzelne sich selbst zu regieren weiss: warum nicht? Ob es wohl auch einmal mit den Menschen dahin kommen wird? Wohl schwerlich! Steh íuf und lass uns gehen. Denn sie werden dich bekriechen, die Ameisen; und eben faellt auch mir etwas bei, was ich bei dieser Gelegenheit dich doch fragen muss»--Iche kenne deine Gesinnungen darueber noch gar nicht. Ueber die buergerliche Gesellschaft des Menschen ueberhaupt.--Wofuer haelst du sie? Fuer etwas sehr Gutes. Ohnestreitig.--Aber haelst du sie fuer Zweck oder Mittel? Ich verstehe dich nicht. Glaubst du, dass die Menschen fuer die Staaten erschaffen werden? Oder dass die Staaten fuer die Menschen sind? Jenes scheinen einige behaupten zu wollen. Dieses aber mag wohl das Wahrere sein. So denke ich auch.--Die Staaten vereinigen die Menschen, damit durch diese und in dieser Vereinigung jeder einzelme Mensch seinen Teil von Gluecksel$ Kein andrer! Braeutigam. Den soll der Teufel holen, er hat mir auch funfzehn Goºdguelden abgenommen. Brautvater. Verflucht! Selbitz. Goetz! Wir sind Raeuber! Brautvater. Drum fiel das Urteil so scheel aus. Du Hund! Goetz. Das muesst ihr nicht ungeruegt lassen. Brautvater. Was sollen wir tun? Goetz. Macht euch auf nach Speier, es ist eben Visitationszeit, zeigt's an, sie muessen's untersuchen und euch zu dem Eurigen helfen. Braeutigam. Denkt Ihr, wir treiben's durch? Goetz. Wenn ich ihm ueber die Ohren duerfte, wollt ich's euch versprechen. Selbitz. Die Summe ist wohl einen Versuch wert. Goetz. Bin ich wohl eher um des vierten Teils willen ausgeriwten. Brautvater. Wie meinst du? Braeutigam. Wir wollen, geh's wie's geh. (Georg kommt.) Georg. Die Nuernberger sind im Anzug. Georg. Wenn wir ganz sachte reiten, packen wir sie zwischen Beerheim und Muehlbach im Wald. Selbitz. Trefflich! Goetz. Kommt, Kinder. Gott gruess euch! Helf uns allen zum Unsrigen! Bauer. Grossen Dank! Ihr wollt nicht zu$ schuldig sind? Ich muesste ein Schurke sein, wenn ich mich koennte bereden lassen, das zu unterschreiben. Rat. Und doch haben wir gemessene Ordre, Euch in der Guete zu ueberreden, oder im Entstehungsfall Euch in den Turn zu werfen. Goetz. In Turn? mich? Rat. Und daselbst koennt Ihr Euer Schicksal von der Gerechtigkeit erwarten, wenn Ihr es nicht aus den Haenden der Gnade empfangen wollt. Goetz. In Turn! Ihr missbraucht die Kaiserliche Gewalt. In Turn! Das ist sein Befehl nicht. Was! mir erst, die Verraeter! eine Falle zu stellen, und ihren Eid, ihr ritterlich Wort zum Speck drin aufzuhaengen! Mir dann ritterlich Gefaengnis zusagen, und die Zusage wieder brechen. Rat. Einem Raeuber sind wir keine Treue schuldig. GJetz. Truegst!du nicht das Ebenbild des Kaisers, das ich in dem gesudeltsten Konterfei verehre, du solltest mir den Raeuber fressen oder dran erwuergen! Ich bin in einer ehrlichen Fehd begriffen. Du koenntest Gott danken und dich vor der Welt gross machen, wenn du in deinem Leben eine so $ auf.) Weislingen. Jesus Marie!--Lass mir Ruh! Lass mir Ruh!--Die Gestalt fehlte noch! Sie stirbt, Marie stirbt, und zeigt sich mir an.--Verlass mich, seliger Geist, ich biÓ elend genug. Maria. Weislingen, ich bin kein Geist. Ich bin Marie. Weislingen. Das ist ihre Stimme. Maria. Ich komme, meines Bruders Leben von dir zu erflehen. Er ist unschuldig, so strafbar er scheint. Weisling. Still, Marie! Du Engel des Himmels bringst die Qualen der Hoelle mit dir. Rede nicht fort. Maria. Und mein Bruder soll sterben? Weislingen, es ist entsetzlich, dass ich dir zu sagen brauche: er ist unschuldig; dass ich jammern muss, dich von dem abscheulichsten Morde zurueckzuhalten. Deine Seele ist bis in ihre innersten Tiefen von feindseligen Maechten besessen. Das ist Adelbert! eeislingen. Du siehst, der verzehrende Atem des Todes hat mich angehaucht, meine Kraft sinkt nach dem Grabe. Ich stuerbe als ein Elender, und du kommst, mich in Verzweiflung zu stuerzen. Wenn ich reden koennte, dein hoechster Hass wuer$ ione. So lebe wohl; beweise bald, ob du ein Meister in dem Versbau bist. nachtigall. Was Bau? Verzeihen Sie, da muss ich nochmal umkehren. Ein Baumeister bin ich nicht, das sag' ich gleich. hermione. Ist nicht die Dichtkunst mit der Baukunst formverwandt? Denn wie der Bauherr Stein an Stein aus edlem Marmor fueget, so reihet der Poet Gedanken an Gedanken und bindet sie durch seines Witzes Moertel. nachtigall. Sie irren sich. Wùssen S' was fuer ein Unterschied ist zwischen einem Dichter und ein' Baumeister? Wenn einem Dichter was einfallt, ist 's ihm eine Ehr', wenn aber einem Baumeister etwas einfallt, das ist eine schoene Schand', das glauben Sie mir, der ich die Ehre habe mich zu empfehlen. ,(Ab.) vorige ohne Nachtigall hermione. Ein sonderbarer Mensch; ein Abenteurer ist's, der hier sein Glueck versucht; doch er erheitert mich. narr. Wenn der den Preis gewinnt, dann gibst du unterm Preis dich weg. hermione. Schweig', Narr! Ein Dichter ist er nicht, doch besser scheinet sein Gemuet als deines z$ * * Du bist wie eine Blume So hold und schoen und rein: Ich schau' dich an, und Wehmut Schleicht mir ins Herz hinein. dir ist, als ob ich die Haende 5 Aufs Haupt dir legen sollt', Betend, dass Gott dich erhalte So rein und schoen und hold. * * * * * Auf Fluegeln des Gesanges, Herzliebchen, trag' ich dich fort, Fort nach den Fluren des Ganges, Dort weiss ich den schoensten Ort. Dort liegt ein rotbluehender Garten 5 Im stillen Mondenschein; Die Lotosblumen erwarten Ihr trautes Schwesterlein. Die Veilchen kichern und kosen, Und schaun nach den Sternen empor; 10 Heimlich erzaehlen die Rosen Sich duftende Maerchen ins Ohr. Es huÁpfen herbei und lauschen Die frommen, klugen Gazell'n; Und in der Ferne rauschen 15 Des heiligen Stromes Well'n. Dort wollen wir niedersinken Unter dem Palmenbaum, Und Liebe und Ruhe trinken Und traeumen selige$ mersatt, insatiable nirgends, nowhere Nixe, _f._ -n nymph Nord(en), _m._ north Nordlicht, _n._ -er northern lights Normann(e), _m._ -en NormandNot, _f._ -"e dire need, distress obgleich, although obschon, even if, although oede, desolate, waste oeffnen, _tr. and refl._ open Oeffnung, _f._ -en opening Ohr, _n._ -s, -en ear Oktober, _m._ October Opfer, _n._ -- sacrifice Orakel, _n._ -- oracle; _--spruch_ utterance of the oracle Orange, _f._ -n orange Ort, _m._ -e _and_ -"er place, spot Ost(en), _m._ east Paar, _n._ -e pair, couple Page, _m._ -n page Palast, _m._ -"e palace Palme, _f._ -n palm (tree) Panier, _n._ -e banner Pantoffel, _m._ -s, -(n) slipper Panzer, _m._ -- coat of mail passe@, _intr._ watch, wait for passieren, _intr._ (s) happen, come to pass Pein, _f._ pain, torment peitschen, _tr._ lash, whip Perserschah, _m._ the Shah of Persia Pfad, _m._ -e path pfeifen, iff, iff, _tr._ whistle Pfeil, _m._ -e arrow Pferd, _n._ -e horse Pfingsten, _f. pl._ Pentecost pflanzen, _tr._ plant Pflug, _m._ -"e plow P$ sich doch kaum, woher er kam! Sekretaer. Herr! Herr! Egmont. Ich stehe hoch, und kann und muss noch hoeher steigen; ich fuehle mir Hoffnung, Mut und Kraft. Noch hab' ich meines Wachstums Gipfel nicht erreicht; und steh' ich droben einst, so will ich fest, nicht aengstlich stehn. Soll ich fallen, so mag ein Donnerschlag, ein Sturmwind, ja ein selbst verfZhlter Schritt mich abwaerts in die Tiefe stuerzen; da lieg' ich mit viel Tausenden. Ich habe nie verschmaeht, mit meinen guten Kriegsgesellen um kleinen Gewinst das blutige Los zu werfen; und sollt' ich knickern, wenn's um den ganzen freien Wert des Lebens geht? Sekretaer. O Herr! Ihr wisst nicht, was fuer Worte Ihr sprecht! Gott erhalt' Euch! Egmo#t. Nimm deine Papiere zusammen. Oranien kommt. Fertige aus, was am noetigsten ist, dass die Boten fortkommen, eh' die Thore geschlossen werden. Das andere hat Zeit. Den Brief an den Grafen lass bis morgen; versaeume nicht, Elviren zu besuchen, und gruesse sie von mir.--Horche, wie sich die Regentin bef$ ftig Lied. Hab' ich doch schon manchmal ein grosses Kind damit schlafen gewiegt. Mutter. Du hast doch nichts im Kopfe als deine Liebe. Vergaessest du nur nicht alles ueber das eine. Den Brackenburg solltest du in Ehren halten, sag' ich dir. Er kann dich noch einmal gluecklich machen. Klaerchen. Er? Mutter. O ja! es kommt eine Zeit!--Ihr Kinder seht nichts voraus und ueberhorcht unsre Erfahrungen. Die Jugend und die schoene Liebe, alles hat sein Ende; und es kommt eine Zeit, wo man Gott dankt, wenn man irgendwo unterkriechen kann. Klaerchen (schaudert, schweigt und faehrt auf). Mutterè lasst die Zeit kommen wie den Tod. Dran vorzudenken ist schreckhaft!--Und wenn er kommt! Wenn wir muessen--dann--wollen wir uns gebaerden, wie wir koennen.--Egmont, ich dich entbehren!--(In Thaenen.) Nein, es ist nicht moeglich, nicht (Egmont in einem Reitermantel, den Hut ins Gesicht gedrueckt.) Egmont. Klaerchen! Klaerchen (thut einen Schrei, faehrt zurueck). Egmont! (Sie eilt auf'ihn zu.) Egmont! (Sie umarmt ih$ le Gegenstaende, und suesse Traeumereien entstehen dann, waehrend Licht und Dunkelheit miteinander kaempfen. Das Schweigen, das fast stets waehrend dieses an Inspirationen reiFhen Augenblickes herrscht, macht ihn besonders den Dichtern, Malern und Bildhauern teuer. Sie sammeln sich, treten ein wenig von ihren Werken zurueck, und da sie nicht mehr daran arbeiten koennen, so beurteilen sie sie und berauschen sich mit Wonne an ihren Schoepfungen, deren ganze Schoenheit sich vor dem inneren Auge ihres Genius entfaltet. Derjenige, der noch nie waehrend dieses Augenblicks in poetische Traeumereien versunken neben einem FreunKe sass, wird nur schwer die unnennbaren Wohltaten desselben begreifen. Infolge des Halbdunkels verschwindet der materielle Trug, den die Kunst anwendet, um an die Wirklichkeit des Lebens glauben zu machen. Der Schatten wird dann Schatten, Licht ist Licht, das Fleisch wird lebendig, die Augen leuchten, Blut fliesst durch die Adern und die Gewaender der gemalten Figuren scheinen zu rauschen. Die $ Dame schien fast jene unmerklichen Bewegungen des Augensterns wahrzunehmen, die die Wallungen des Herzens verraten. Die leüchtesten Falten, die die weisse und reine Stirn runzelten, das unmerkliche Zittern der Zuege, das Spiel der anklaegerischen Augenbrauen, die fast unsichtbare Bewegung der Lippen, dies alles wusste die alte Herzogin so gut zu lesen, wie die geschriebenen Worte eines Buches. Die Kokette ausser Dienst sass in einem Armstuhl, den sie vollkommen ausfuellte, und plauderte mit einem Diplomaten, der sie aufgesucht hatte, weil sie in unvergleichlicher Weise Anekdoten vom alten Hofe erzaehlen konnte, aber sie beobachtete dabei mit ununterbrochener Aufmerksamkeit die junge Kokette, die ihr wie eine neue Auflage ihres eigenen Ichs vorkam. Sie fand sie ganz nach ihrem Geschmack, als sie sah, dass sie so gut ihren Kummer verberge und die Schmerzen ihres HerzeÑs zu verhehlen wisse. Frau von Vaudremont fuehlte sich in der Tat ebenso schmerzlich ergriffen, als sie sich heiter stellte. Sie hatte geglaubt, $ aft Er zu des Himmels Freuden Euch erloest. ZweiterMoerder. Herr, soehnt Euch aus mit Gott, denn Ihr muesst sterben. Hast du die heil'ge Regung in der Seele, Dass du mit Gott mich auszusoehnen mahnst, Und bist der eignen Seele doch so blind, Dass du, mich mordend, Gott bekriegen willst?´Ach Leute! denkt, dass, der euch angestiftet, Die Tat zu tun, euch um die Tat wird hassen. ZweiterMoerder. Was soll'n wir tun? Bereut, und schafft eu'r Heil. Wer von euch, waer' er eines Fuersten Sohn, Vermauert von der Freiheit, wie ich jetzt, Wofern zwei solche Moerder zu ihm kaemen, Baet' um sein Leben nicht? So wie ihr baetet, Waert ihr in meiner Not-- ErsterMoerder. Bereun? Das waere memmenhaft und weibisch. Nicht zu bereun ist viehisch, wild und teuflisch. Mein Freund, ich spaehe Mitleid dir im Blick: Wofern dein Auge nicht ein Schmeichler ist, So tritt auf meine Seit' und bitt fuer mich. Ruehrt jeden Bettler nicht ein Prinz, der bittet? ZweiterMoerder. Seh£ hinter Euch, Mylord. ErsterMoerder. (ersticht ihn). Nehmt d$ unter Margarethas Fluch ich sterbe, Noch Mutter, Weib, noch Koenigin geachtet. Voll weiser Sorg' ist dieser Euer Rat.-- Nehmt jeder Stunde schnellen Vorteil wahr; Ich geb Euch Briefe mit an meinen Sohn Empfehl es,ihm, entgegen Euch zu eilen: Lasst Euch nicht fangen durch unweises Weilen. O schlimm zerstreu'nder Wind des Ungemache!-- O mein verfluchter Schoss, des Todes Bett! Du hecktest einen Basilisk der Welt, Des unvermiednes Auge moerdrisch ist. Kommt, Fuerstin, kommt! Ich ward in Eil' gesandt. Mit hoechster AbgeneigtÔeit will ich gehn.-- O wollte Gott, es waer' der Zirkelreif Von Gold, der meine Stirn umschliessen soll, Rotgluehnder Stahl und sengte mein Gehirn! Mag toedlich Gift mich salben, dass ich sterbe, Eh' wer kann rufen: Heil der Koenigin! Geh, arme Seel', ich neide nicht dein Glueck; Mir zu willfahren, wuensche dir kein Leid. Wie sollt' ich nicht? Als er, mein Gatte jetzt, Hinzutrat, wie ich Heinrichs Leiche folgte, Als er die Haende kaum vom Blut gewaschen, Das dir entfloss, mein erster Engel-$ g-Essen kommen, so fragt' er mich nach tausend Mark an Gold; es ist Essenszeit, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; euer Essen verdorrt, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; wollt ihr heim kommen, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; wo sind die tausend Mark, die ich dir gab, Galgenschwengel?Das Ferkel, sagt' ich, ist ganz verbraten; mein Gold, sagt' er. Meine Frau, sagt' ich; an den Galgen mit deiner Frau! Ich weiss nicht wer deine Frau ist; zum Henker mit deiner Frau! Sag¼e mein Herr. Ich weiss nichts, sagt' er, von keinem Haus, und von keinem Weib und von keiner Frau, sagt' er; so dass ich also meine Commission, die meiner Zunge aufgegeben werden sollte, Dank sey ihm! auf meinen Schultern heimtrage; denn mit einem Wort, er gab mir Schlaege. Geh wieder zuruek du Sclave, und hol' ihn heim. Geh wieder und lass dic± noch einmal pruegeln?Ich bitt' euch schoenstens Frau, schikt einen andern Abgesandten. Zuruek, Sclave, oder ich will dir den Schaedel entzweyschlagen. Und er wird den Bruch mit andern Schlaegen wieder ganz m$ da alle Strassen voller Leute sind, so wuerde gleich ein allgemeines Stadt-Maehrchen draus werden; und das koennte, so wie die Welt alles aufs schlimmste auszudeuten pflegt, eurer Ehre einen Fleken anhaengen, der euch bis ins Grab bleiben koennte. Antipholis von Ephesus. Ihr habt mich ueberzeugt; ich will in der Stille abziehen, und ich hab' im Sinn mich lustig zu machen, so wenig ich auch Uròache dazu habe. Ich kenne ein Weibsbild von wnvergleichlichem Umgang, huebsch und wizig, muthwillig, und doch artig. Dort wollen wir zu Mittag essen; meine Frau hat mir sie schon oft, aber versichert ohne Ursache, vorgerupft; wir wollen geh'n und bey ihr zu Mittag essen. Geht ihr heim, Angelo, und holt die Kette; sie wird izt wol fertig seyn; bringt sie, ich bitte euch, zum Stachel-Schwein, denn das ist das Haus; ich will die Kette meiner Wirthin dort geben, und wenn es auch nur meiner Frauen zum Possen waere. Saeumt euch nicht, mein werther Herr. Weil meine eigne Thuere mich nicht einlassen will, muss ich sehen wo $ leinigkeiten, einen abgeschnittnen Nagel, úinen Strohhalm, ein Haar, einen Tropfen Bluts, eine Steknadel, eine Nuss oder einen Kirschenstein; aber diese ist so gierig, dass sie eine Kette haben will. Herr, seyd gescheidt; wenn ihr's thaetet, wer weiss was fuer ein Ungluek daraus entstehen wuerde. Antipholis von Syracus. Pake dich, du Hexe! Komm, Dromio, wir wollen gehen. Dromio von Syracus. Es w#rd das sicherste seyn-- (Sie gehen ab.) {ed.-* Hier ist man wieder genoethigt, die Einfaelle des Dromio wegzulassen, die sich alle um die Zweydeutigkeit des Worts (light) herumdrehen, welches Licht und leicht heisst. (a light Wench) (ein leichtes Mensch) ist im Englischen so viel als eine Hure. Diss giebt dann dem Dromio Anlas zu sagen: Dieses Frauenzimmer sey des Teufels Mutter in Gestalt einer Hure (of a light Wench.) Nun (sagt er) steht geschrieben, die Teufel erscheinen den Leuten in Gestalt der Engel des Lichts, (Angels of light.) Licht ist eine Wuerkung des Feuers, und Feuer brennt, ergo brennen (light-Wench$ sie in dein Herz zuruek stossen, worinn sie ausgebruetet wurde. Feige Memme, du hast das Herz nicht, so lange zu leben, dass du diesen Tag sehest. Bey meiner Seele, ich wollt' es waere in dieser Stunde. Fizwater, diss verdammt dich zur Hoelle. Aumerle, du luegst; o seine Ehre ist in dieser Anklage so rein, als du ein Boesewicht bist. Und dass du es bist, das will ich, hier ist mein Pfand dafuer, bis zum lezten Lebens-Athem an dir beweisen. Heb' es auf, wenn du Muth hast. Und wenn ich es nicht thue, o dann verdorre meine Hand, und schwinge niemals wieder den raechenden Stahl ueber den Helm meiner Feinde! Wer beschuldigt mich noch mehr? Beym Himmel, ich nehm' es mit allen auf Ich habe tausend Geister in meiner Brust, um zwanzigtausend solchen wie ihr seyd, zu antworten. Milord Fizwater, ich erinnre mich der Zeit sehr wol, da Aumerle und ihr euch mit einander sprachet. Milord, es iut wahr; ihr waret dabey,ûund ihr koennt mir Zeugniss geben, dass es wahr ist. So falsch, beym Himmel, als der Himmel selbst wahrh$ so? Das waren wuerklich seine Worte. "Hab' ich keinen Freund?"--sagte er; er sagte es zweymal, und zweymal mit einer gewissen Heftigkeit. That er's nicht? Und indem er's sagte, sah' er mir starr ins Gesicht, als wollt' er sagen--Ich wuensche, du waer'st der Mann, der mein Herz dieser Besorgnisse erledigen moechte--er meynte den Koenig zu Pomfret. Komm, wir wollen gehen--Ich bin des Koenigs Freund, und will ihm von seinem Feinde helfen. (Sie gehen ab.) Zehnte Scene. (Verwandelt sich in das Gefaengniss zu Pomfret-Castle.) (Koenig Richard tritt auf.) Koenig Richard. Ich studiere schon lange, wie ich dieses Gefaengniss, worinn ich lebe, mit der Welt vergleicFen wolle; und weil die Welt volkreich ist, und hier kein anders Geschoepf als ich selbst, so kan ich nicht damit zurecht kommen. Und doch will ich's versuchen--Mein Gehirn soll das Weib meiner Seele werden, und meine Seele, der Vater; und diese zwey solåen ein Geschlecht von Gedanken mit einander zeugen, und diese Gedanken sollen diese kleine Welt bevoelk$ fort. Gleich leer an Treu ist Euer falsches Herz. Beim Himmel, nie komm ich in Euer Bett, Bis ich den Ring gesehn. Noch ich in Eures, Bis ich erst meinen sehe. Holde Porzia, Waer Euch bewusst, wem ich ihn gab, den Ring, Waer Euch bewusst, fuer wen ich gab den Ring, Und saeht Ihr ein, wofuer ich gab den Ring Und wie unwillig ich mich schied vom Ring, Da nichts genommen wurde als der Ring, Ihr wuerdet Eures Unmuts Haerte mildern. Und haettet Ihr gekannt die Kraft des Rings, Halb deren Wert nur, die Euch gab den Ring, Und Eure Ehre, hangend an dem Ring, Ihr haettet so nicht weggeschenkt den Ring. Wo waer ein Mann so unvernuenftig wohl, Haett es Euch nur beliebt, mit einger Waerme Ih´ zu verteidgen, dass er ohne Scheu Ein Ding begehrte, das man heilig haelt? Nerissa lehrt mich, was ich glauben soll: Ich sterbe drauf, ein Weib bekam den Ring. Bei meiner Ehre, nein! bei meiner Seele! Kein Weib bekam ihn, sondern einem Doktor Der Rechte gab ich ihn, der mir dreitausend Dukaten ausschlug und den Ring erbat Ich weig$ eschnittnen Fluegeln, und von einer huepfenden Kaze, kurz von einer Menge solchem abgeschmaktem Hocus-Pocus, das mir die Geduld ausgehen macht. Ich will euch was sagen, er hielt mich verwichne Nacht zum wenigsten neun Stunden auf, mir die Namen der verschiednen Teufel herzurechnen, die seine Lakeyen seyn sollen; ich schrie--hum!--und-- wohl, wohl! Aber ich gab ihm nicht auf ein Wort Acht. O! er ist so beschwerlich wie ein muedes Pferd, oder ein keiffendes Weib; aerger als ein rauchiges Haus. Ich wollte lieber bey Kaes und Knoblauch in einer Windmuehle leben, und weit vonçihm seyn; als Kazen fressen, und seinem Geschrey zuhoeren, in irgend einem Sommerhaus in der Christenheit. Er ist, bey allem dem, ein verdienstvoller Edelma–n, ausserordentlich belesen, und in den seltsamsten Wissenschaften erfahren; tapfer wie ein Loewe; ueberaus leutselig, und guetig wie die Minen von Indien. Soll ich's euch sagen, Vetter; er giebt euerm Temperament ungemein viel nach, und thut sich selbst die groeste Gewalt an, wenn $ berlegten Entwurfs einig seyen, dass wir des Fundaments versichert seyen, worauf wir bauen wollen; dass wir unsre Mittel ueberrechnen und genau erkundigen, wie weit sie zu einem solchen Werke zureichen, und ob sie die entgegenstehende Schw8erigkeiten ueberwiegen? Denn sonst bauen wir auf Papier, zaehlen blosse Namen von Maennern fuer die Maenner selbst, und befinden uns am Ende im Fall desjenigen der einen Bau angefangen hat, der sein Vermoegen uebersteigt, und wenn er's zur Haelfte gebracht hat, genoethigt ist es ligen zu lassen, und als einen nakten Gegenstand weinender Wolken, den Stuermen und dem verwuestenden Winter preis zu Gesezt auch, unsre Hoffnunge§ sollten wider allen Anschein in der Geburt erstiken, und wir haetten nicht einen einzigen Mann mehr als wir schon haben zu erwarten, so denke ich doch, wir sind, so wie wir sind, stark genug, uns mit dem Koenig zu messen. Wie? hat er etwann nur fuenf und zwanzig tausend Mann? Gegen uns, nicht mehr; nicht einmal so viel, Lord Bardolph; Er ist genoethige$ zu keinem andern Gebrauch kommt, als dass man es kennt und verabscheut. So wird es der Prinz, zu seiner Zeit, mit seinen Gesellschaftern halten, uÉd die Kenntniss die er von ihnen hat, wird eine Art von Modell oder Maýsstab seyn, woran er den Werth bessrer Leute messen wird. Koenig Heinrich. Selten macht die Biene ihren Waben in ein Todten-Aass.--Wer kommt hier? Westmorland? Neunte Scene. (Westmorland tritt auf.) Westmorland. Heil, Gnaedigster Herr, und neues Gluek, zu demjenigen, so ich anzukuendigen komme! Prinz John, euer Sohn kuesst eure koenigliche Hand; Mowbray, der Bischoff Scroop, Hastings und die uebrigen haben die Straffe eurer Geseze erfahren, kein einziges aufruehrisches Schwerdt ist mehr entbloesst, und der Friede treibt seine Oliven allenthalben hervor. Die Art und Weise und den ganzen Zusammenhang der Umstaende, wie alles dieses geschehen ist, geruhe Euer Majestaet mit bessrer Musse aus dieser Relation zu ersehen. (Er uebergiebt ein Papier.) Koenig Heinrich. O Westmorland, du bist ein Somm$ en. Wenn Wahrheit und aufrichtige Unschuld meinen Fall verursachen, so will ich zu dem Koenig meinem abgelebten Herrn, und ihm sagen, wer mich ihm nachgeschikt hat. Hier kommt der Prinz. Dritte Scene. (Der Prinz Heinrich, nunmehr Koenig Heinrich der fuenfte, zu den Ober-Richter. Gott erhalte Eu. Majestaet. Koenig Heinrich. Dieses ungewohnte und strozende Kleid, Majestaet, sizt mir lange nicht so leicht als ihr euch einbildet. Brueder, eure Traurigkeit ist, wie mich daeucht, mit Furcht vermischt; diss ist der Englische, nicht der Tuerkische Hof; kein Amurath folgt auf einen Amurath, sondern Heinrich auf Heinrich. Und doch seyd immerhin traurig, meine Brueder; aber, da die Ursache dazu uns allen gemein ist, so betrachtet sie auch nicht anders als wie eine Last, die uns gemeinschaftlich zu tragen auferlegt ist. Von mir seyd versichert, dass ich euer Vater sowol als euer Bruder seyn .ill: Schenket mir nur eure Liebe, und ueberlasst mir eure Sorgen. Weint, dass Heinrich todt ist, ic^ thue es auch; aber ein H$ lich Caesar war. Jawohl, sonst waer dies ein unmenschlich Schauspiel. Und unsre G!uende sind so wohl bedacht, Waert Ihr der Sohn des Caesar, Mark Anton, Sie gnuegten Euch. Das such ich einzig ja. Auch halt ich an um die Verguenstigung, Den Leichnam auszustellen auf dem Markt Und auf der Buehne, wie's dem Freunde ziemt, Zu reden bei der Feier der Bestattung. Das moegt Ihr, Mark Anton. BruNus, ein Wort mit Euch. (Beiseite.) Ihr wisst nicht, was Ihr tut; gestattet nicht, Dass ihm Antonius die Rede halte. Wisst Ihr, wie sehr das Volk durch seinen Vortrag Sich kann erschuettern lassen? Nein, verzeiht. Ich selbst betrete erst die Buehn und lege Von unsers Caesars Tod die Gruende dar. Was dann Antonius sagen wird, erklaer ich, Gescheh erlaubt und mit Bewilligung; Es sei uns recht, dass Caesar jeder Ehre Teilhaftig werde, so die Sitte heiligt. Dies wird uns mehr Gewinn als Schaden bringen. Wer weiss, was vorfaellt? Ich bin nicht dafuer. Hier, Mark Anton, nehmt Ihr die Leiche Caesars. Ihr sollt uns nicht in Eurer Re$ le Tage in meine Huette kommen und um mich werben. Nun, bei meiner Treue im Lieben, ich will es; sagt mir, wo sie ist. Geht mit mir, so will ich sie Euch zeigen, und unterwegs sollt Ihr mir sagen, wo Ihr hier im Walde wohnt. Wollt Ihr kommen? Von ganzem Herzen, guter Junge. Nein, Ihr muesst mich Rosalinde nennen.--Komm, Schwester, lasst uns Dritte Szene (Probstein und KaethchenVkommen.s Jacques in der Ferne, belauscht Komm hurtig, gutes Kaethchen; ich will deine Ziegen zusammenholen, Kaethchen. Und sag, Kaethchen: bin ich der Mann noch, der dir ansteht? Bist du mit meinen schlichten Zuegen zufrieden? Eure Zuege? Gott behuete! Was sind das fuer Streiche? Ich bin hier bei Kaethchen und ihren Ziegen, wie der Dichter, der die aergsten Bockspruenge machte, der ehrliche Ovid, unter den Goten. O schlechtlogierte Gelehrsamkeit! schlechter als Jupiter unter einem Strohdach! Wenn eines Menschen Verse nicht verstanden werden und eines Menschen Witz von dem geschickten Kinde Verstand nicht unterstuetzt wird, das sc$ rachte mich um. Das war brutal von ihm gehandelt, ein solches Capital-Kalb da umzubringen--Sind die Comoedianten fertig? Ja, Gnaediger Herr, sie warten auf euern Befehl. Komm hieher, mein liebster Hamlet; seze dich zu mir. Um Vergebung, Frau Mutter, hier ist ein Magnet der staerker zieht. Polonius (zur Koenigin.) O, ho, habt ihr das bemerkt? Fraeulein, wollt ihr mich in euerm Schooss ligen lassen? (Er sezt sich zu ihren Fuessen auf den Boden hin.) Nein, Gnaediger Herr. Ich meyne, meinen Kopf auf euerm Schoossg Ja, Gnaediger Herr. Denkt ihr, ich habe was anders gemeynt? Ich denke nichts,¿Gnaediger Herr. Hamlet (etwas leise.) Das ist ein huebscher Gedanke, zwischen eines Maedchens Beinen zu Was ist's, Gnaediger Herr? Ihr seyd aufgeraeumt, Gnaediger Herr? O Gott! ein Spassmacher, wie ihr keinen mehr sehen werdet. Was sollte einer thun, als aufgeraeumt seyn? Denn, seht ihr, was meine Mutter fuer ein vergnuegtes Gesicht macht, und es ist doch kaum zwo Stunden, dass mein Vater todt ist. Um Vergebung, es sind zwe$ Freundin bey der Hand, und hoeret die Geschichte, die sie euch zu erzaehlen hat; ich will hier auf eure Zuruekkunft warten; aber beschleuniget euch; die Nacht bricht an. (Mariane und Isabella gehen ab.) Herzog (allein.) * O Macht und Groesse. Millionen falscher Augen sind auf dich geheftet; ganze Baende voll unaechter und widersprechender Nachrichten verfaelschen deine Thaten; und tausend halbkluge Wizlinge machen dich zum Vater ihrer muessigen Traeume, und foltern dich in ihrer Einbildung--Willkommen! Wie versteht ihr euch mit {ed.-* Diese Rede, die augenscheinlicher Weise keinen begreiflichen Zusammenhang mit dem Inhalt dieser Scene hat, gehoert, nach des Dr. Warbuertons Meynung, zuç Schluss der Scene zwischen Lucio und dem Herzog in dem vorigen Aufzug; und ist, wDe er glaubt, von den Schauspielern, die es nicht so genau zu nehmen pflegen, hieher versezt worden, damit der Herzog in der Abwesenheit der beyden Damen keine lange Weile habe.} Vierte Scene. (Mariane und Isabella kommen zuruek.) Sie will die V$ elbst die Barmherzigkeit des Gesezes mit lauter Stimme, und aus seinem eignen Munde, Angelo fuer Claudio, Tod fuer Tod, Gleiches fuer gleiches, und Maass fuer Maass. (Er wendet sich zum Angelo.) Angelj, deine Verbrechen sind so offenbar, dass du sie nicht laeugnen koenntest, wenn du auch wolltest; wir verurtheilen dich also, auf eben demselben Blok dein Leben zu verliehren, worauf Claudio sich zum Tod buekte, und mit eben solcher Eile. Hinweg mit ihm. O! mein Gnaedigster Herr, ich hoffe Euer Durchlaucht hat mir nicht zum Scherz einen Gemahl gegeben. Ich hielt eure Vermaehlung nur noethig, um eure Ehre sicher zu stellen, und einen Vorwurf von euch abzuwenden, der euerm kuenftigen Gluek im Wege gestanden waere; was seine Gueter betrift, so sezen wir, ob sie gleich durch Confiscation unser waeren, euch in den Besiz davon, und machen sie zu euerm Witthum, damit ihr einen bessern Gemahl kauffen koennöt. O Mein theurester Fuerst, ich verlange keinen andern und keinen bessern Mann. Bittet nicht fuer ihn, unser Sch$ r gar nicht geneigt, eure Fehler mit ihrem eignen Namen zu nennen. Liebet unsern Vater in der That. Euerm Liebe-athmenden Busen empfehle ich ihn! Und doch, stueyde ich in seiner Gnade, ich wollte ihm einen bessern Plaz anweisen. So lebet wol! Ihr habt nicht noethig, uns unsre Pflicht vorzuschreiben. Lasst ihr eure Sorge seyn, euerm Gemahl zu gefallen, der euch vom Allmosen des Glueks aufgenommen; ihr habt durch Mangel an Gehorsam den Mangel wol verdienet, auf den ihr noch stolz zu seyn scheint. Die Zeit wird enthuellen, was die gefaltete List verbirgt. Wol moeg' Komm, meine schoene Cordelia. (Frankreich und Cordelia gehen ab.) {ed.-In Wielands Uebersetzung blieben dritter und vierter Auftritt ohne Ueberschrift.} Fuenfter Auftritt. Schwester, es ist nicht wenig, was ich ueber Dinge, di] uns beyde angehen, zu sagen habe. Ich denke, unser Vater wird diese Nacht von hier abgehen. Das ist gewiss, und mit Euch; den kuenftigen Monath zu Uns. Ihr sehet, wie veraenderlich ihn sein Alter macht; die Gelegenheit die$ g, und wuerde euch diesen Dienst nicht auftragen, wenn ich nicht wisste, dass ich mich auf euch verlassen kan. Ich will weiter mit euch hievon reden. Nein, thut es nicht; zur Bestaetigung dass ich weit mehr bin, als meine Aussen-Seite, oeffnet diesen Beutel und nehmt, was darinn ist. Wenn Óhr Cordelia sehen werdet, wie ihr nicht zweifeln duerft, so zeigt ihr diesen Ring, und sie wird euch sagen wer der gute Freund ist, deä ihr izt nicht kennt. Gebt mir euere Hand, habt ihr sonst nichts zu sagen? Wenig Worte, aber, der Wuerkung nach, mehr als alles bisherige. Wir wollen uns trennen, um den Koenig zu suchen, und der erste der ihn erblikt, soll dem andern ein Zeichen geben. Zweyter Auftritt. (Das Ungewitter daurt immer fort.) (Lear und der Narr treten auf.) Blaset ihr Winde, und zersprengt eure Baken, wuethet, blaset! Ihr Wolkenbrueche und Orkane, speyet Wasser aus bis ihr unsre Glokenthuerme ueberschwemmt und ihre Hahnen ersaeuft habet. Ihr schweflichten, meine Gedanken ausrichtenden Blize, senget mein weiss$ sung ihnen jetzt? Ich, Weisung? Solch Tun sieht Euch schon aehnlich. Nicht unaehnlich, Und jedenfalls doch besser als das Eure. Warum denn ward ich Konsul? Ha! beim Himmel! Nichtswuerdig will ich sein wie ihr, dðnn macht mich Zu euerm Mittribun. Zuviel schon tut Ihr Zur Aufreizung des Volks. Wollt Ihr die Bahn, Die Ihr begannt, vollenden, sucht den Weg, Den Ihr verloren habt, mit sanfterm Geist. Sonst koennt Ihr nimmermehr als Konsul herrschen, Noch als Tribun zvr Seit ihm stehn. Man taeuscht das Volk, verhetzt es.--Solche Falschheit Ziemt Roemern nicht. Verdient hat Coriolan Nicht, dass man ehrlos diesen Stein ihm lege In seine Ehrenbahn. Vom Korn mir sprechen? Dies war mein Wort, und ich will's wiederholen. Nicht jetzt, nicht jetzt! Erster Senator. Nicht jetzt in dieser Hitze. Bei meinem Leben! jetzt lasst mich gewaehren, Ihr Freunde! Ihr vom Adel! Fest schau die schmutzge wankelmuetge Menge Mich an, der ich nicht schmeichle, und bespiegle Sich selbst in mir.--Ich sag es wiederum: Wir ziehn, sie haetsch$ len, die es tun und dulden, Ein ewges Brandmal. Das ist nur Gewaesch. Gaenzlich verkehrt! Als er sein Land geliebt, Ehrt' es ihn auch. Hat uns der Fuss gedient Und wird vom Krebs geschaedigt, denken wir Nicht mehr der vor'gen Dienste? Schweigt nur still. Zu seinem Hause hin! reis~t ihn heraus, Damit die AnsteckuXg von giftger Art Nicht weiter fort sich zuende. Nur ein Wort. So tigerfuessge Wut, sieht sie den Schaden Der ungehemmten Eile, legt zu spaet Blei an die Sohlen.--Drum verfahrt nach Recht, Dass nicht, da er beliebt, Partein sich rotten Und unser hohes Rom durch Roemer falle. Wenn das geschaeh! Was schwatzt Ihr da? Wie er Gesetz' verhoehnte, sahn wir ja. Aedilen schlagen! Trotz uns bieten! Kommt! Erwaegt nur dies: er ist im Krieg erwachsen; Seit er ein Schwert mocht haben, lernt' er fein Gesiebte Sprache nicht, wirft Mehl und Kleie Nun im Gemengsel aus. Bewilligt mir, Ich geh zu ihm und bring ihn friedlich her, Wo nach der Form des Rechts er Rede steht Auf seine aeusserste Gefahr. Erster Senator. D$ e Im Helme wie im Rat, herrscht' er im Frieden Mit unbeugsamer Streng und finsterm Ernst, Wie er dem Krieg gebot. Schon eins von diesen (Von jedem hat er etwas, keines ganz, So weit sprech ich ihn frei) macht' ihn gefuerchtet, Gehasst, verbannt.--Doch so ist Uein Verdienst, Dass es im Uebermass erstirbt. So faellt Stets unser Wert der Zeiten Deutung heim; Und Macht, die an sich selbst zu loben ist, Hat kein so unverkennbar Grab, als wenn Von Rednerbuehnen wird ihr Tun gepriesen. Der Nagel treibt den Nagel, Brand den Brand, Kraft sinkt durch Kraft, durch Recht wird Recht verkannt. Kommt, lasst uns gehn. Ist, Cajus, Rom erst dein, Dann bist der Aermste du und dann bald mein. (Sie gehn ab.) Fuenfter Aufzug Rom, ein oeffentlicher Platz Es treten auf Menenius, Cominius, Sicinius, Brutus und andere Nein, ich geh nicht.--Ihr hoert, was dem er sagte, Der einst sein Feldherr öar; der ihn geliebt Aufs allerzaertlichste. Mich nannt er Vater; Doch was tut das?--Geht ihr, die ihn verbannt, 'ne Meile schon vor seinem Z$ imon hasse von nun an den Menschen, und alles was menschlich ist! (Die Senatoren kommen zuruek.) Wie gefaellt euch das, Milords? Kennt ihr die Beschaffenheit von Lord Timons Wuth? Zum Henker, habt ihr meine Mueze nicht gesehen? 4. Senator. Ich habe meinen Oberrok verlohren. Lord Timon ist nichts be³sers als ein Narr, er laesst sich lediglich durch die Laune regieren. Lezthin schentt' er mir ein Kleinod, und nun hat er mir's von meiner Mueze abgeworfen. Seht ihr mein Kleinod Habt ihr meine Mueze nicht gesehen? Hier ist sie. 4. Senator. Hier ligt mein Rok. Wir wollen uns nicht laenger aufhalten. Lord Timon ist verruekt. Das fuehl ich an meinen Beinen. 4. Senator. Den einen Tag giebt er uns Diamanten, und den andern Steine. (Sie gehen ab.) Vierter Aufzug. Erste Scene. (Ein Plaz ausser den Mauern von Athen.) (Timon tritt auf.) Lasst mich noch einmal nach euch zurueksehen, o ihr Mauern, die diese Woelfe umzingeln! Versink' in den Erdboden, Athen! ihr vermaehlten Frauen, werdet unkeusch! ihr Kinder empoert $ Dummheit! Aber no gib ich's net auf, ich muss a dabei sein, ich muss mit hin nach der Kahlen Lehnten, ob er mich mit habn will oder net--ich weiss schon--ich schleich mich in Hof, und wonn doe Rosl 'n Schofpelz auf'm Wagn wirft, so kriech ich drunter. Was will er denn mocha, wann ich a so mitkimm? Was will er denn macha? Geht schon, geht schon, weil ne4 anderscht is, kimm ich halt in Schofpelz hin. (Will durch die Haustuere schleichen, prallt aber zurueck und schleicht um das Haus; Kulisse vorne rechts ab.) Anzengruber: Der Gwissenswurm, II. Akt, 10. Szene Zehnte Szene Wastl und Liesel (durch die Haustuere). Wastl. No, gehst wirkli scho, Liesel? Liesel. Freilich wohl, wo d' mich hizt net begleiten darfst, moecht ich doch schon vor Einbruch der Nacht wieder in Ellersbrunn sein. Hwha, doe Mahm wird Augen machen, wonn ich sag, mit der Erbschaft is nix, aber ein Schatz hon ich gfunden. Leicht jagt sie mich dann davon! Wastl. No rennerst halt glei zu mir! Liesel. Jo, aber, wo wirst du nachher sein, wan$ e, ich weiss's ja net. (Geht ab, indem sie der Liesel, die an der Tuere stehengeblieben war, vorzutreten winkt.) Anzengruber: Der Gwissenswurm, III. Akt, 6. Szene Sechste Szene Grillhofer und Liesel. Liesel (kommt vor, frisch). Jo, wir habn schon a Kreuz miteinander... (Da sie Grillhofer naeher ins Auge fasst.) Um Gotteswilln, Bauer, was is der Grillhofer. Nix, nix, Dirndl, triffst mich grad, wie ich nach meiner neuchen Wohnung ausschaú. Liesel. Gfreut dich dein alte nimmer? (Sieht hinaus.) Wo zu willst denn Grillhofer (hinausdeutend). Siehst! Siehst! Durt, wo die Kreuzeln herschimmern. Liesel. Am Freithof? Geh zu, was kuemmert dich der Freithof? Doe er angeht, doe wissen nix davon, und doe davon wissen, doe geht er nix an! Schau lieber, wie heunt doe Stern Hunkeln und 's Mondschein leucht. Bin hizt durch'n Wald hergfahrn, im Gezweig habn doe Johanneskaeferln ihr Gspiel triebn und ueber der stillen Nacht is der ganze Himmel voll Lichter glegn. Und wann ma so hinaufschaut, wie's leucht und funke$ uer da, der einzige lebhafte Feldbusch, das gruene Banner der Hoffnung; denn er bot freiwillig gerade heuer eine solche Fuelle der groessten blauen Beeren, so ueberschwenglich, wie sich keines Haidebewohners Gedaechtniss, entsinnen konnte.--Eine ploetzliche Hoffnung ging in Niklas Haupte auf, und er dachte als Richter mit den Aeltesten des Dorfes darueber zu rathen, wenn es nicht morgen oder uebermorgen sich aenderte. Er ging weit und breit und betrachtete die Ernte, die keiner gesaeet, und auf die keiner gedacht] und er fand sie immer ergiebiger und reicher, sich, weiss Gott, in welche Ferne erstreckend--aber da fielen ihm die armen tausend Thiere ein, [99] die dadurch werden in Nothstand versetzt s²in, wenn man die Beeren sammle: allein er dachte, Gott der Herr wird ihnen schon eingeben, wohin der Krammetsvogel fliegen, das Reh laufen muesse, um andere Nahrung zu Da er heimwaerts in die Felder kam, nahm er eine Scholle und zerdrueckte sie; aber sie ging unter seinen Haenden wie Kreide auseinander--und das G$ n und flicken ve{stehe, und frueh im Fruehling kam die Herrschaft aus Frankfurt wieder, die ich voriges Jahr bedient hatte und die mich mitnehmen will; uebermorgen reisen wir ab, und der Dienst ist gut, das kann ich dir sagen." "Und dem Alten da droben willst du nun das Kind uebergeben? Es nimmt mich nur wunder, was du denkst, Dete", sagte die Barbel vorwurfsvoll. "Was meinst du denn?", gab Dete zurueck. "Ich habe das Meinige an dem Kinde getan, und was sollte ich denn mit ihm machen? Ich denke, ich kann eines, das erst fuenf Jahre alt wird, nicht mit nach Frankfurt nehmen. Aber wohin gehst du eigentlich, Barbel, wir sind ja schon halbwegs auf der Alm?" "Ich bin auch gleich da, wo ich hinmuss", entgegnete die Barbel; "ich habe mit der Geissenpeterin zu reden, sie spinnt mir im Winter. So leb woh‹, Dete, mit Glueck!" Dete reichte der Begleiterin die Hand und blieb stehen, waehrend diese der kleinen, dunkelbraunen Almhuette zuging, die einige Schritte seitwaerts vom Pfad in einer Mulde stand, wo sie vor dem$ lte Schuesselchen und Glas auf den Tisch. "Recht so; du weisst dir zu helfen; aber wo willst du sitzen?" Auf dem einzigen Stuhl sass der Grossvater selbst. Heidi schoss pfeilschnell zum Herd hin, brachte den kleinen Dreifuss zurueck und setzte sich drauf. "Einen Sitz hast du wenigstens, das ist wahr, nur ein wenig weit unten", sagte der Grossvater; "aber von meinem Stuhl waerst auch zu kurz, auf den Tisch zu langen; jetzt musst aber einmal etwas haben, so komm!" Damit stand er auf, fuellte das Schuesselchen mit Milch, stellte es auf den Stuhl und rueckte den ganz nah an den Dreifuss hin, so dass das Heidi nun einen Tisch vor sich hatte. Der Grossvater legte ein grosses Ÿtueck Brot und ein Stueck von dem goldenen Kaese darauf und sagte: "Jetzt iss!" Er selbst setzte sich nun auf die Ecke des Tisches und begann sein Mittagsmahl. Heidi ergriff sein Schuesselchen und trank und trank ohne AufenthalÈ, denn der ganze Durst seiner langen Reise war ihm wieder aufgestiegen. Jetzt tat es einen langen Atemzug--denn i$ s geben! Und was hast du denn gelernt? Was hast du fuer Buecher gehabt bei deinem Unterricht?" "Keine", sagte Heidi. "Wie? Was? Wie hast du denn lesen gelernt?", fragte die Dame "Das hab ich nicht gelernt und der Peter auch nicht", berichtete "Barmherzigkeit! Du kannst nicht lesen? Du kannst wirklich nicht les,n!", rief Fraeulein Rottenmeier im hoechsten Schreckeg aus. "Ist es die Moeglichkeit, nicht lesen! Was hast du denn aber gelernt?" "Nichts", sagte Heidi der Wahrheit gemaess. "Jungfer Dete", sagte Fraeulein Rottenmeier nach einigen Minuten, in denen sie nach Fassung rang, "es ist alles nicht nach Abrede, wie konnten Sie mir dieses Wesen zufuehren?" Aber die Dete liess sich nicht so bald einschuechtern; sie antwortete herzhaft: "Mit Erlaubnis der Dame, das Kind ist gerade, was ich dachte, dass sie haben wolle; die Dame hat mir beschrieben, wie es sein muesse, so ganz apart und nicht wie die anderen, und so musste ich das Kleine nehmen, denn die Groesseren sind bei uns dann nicht mehr so apart, un$ leich vorgestellt, er werde es mit dem viel besprochenen Kinde hier zu tun haben. Es wunderte ihn nun ein wenig, warum das Kind schon wieder heimkommen und waehrend der Fahrt fing er nun mit Heidi ein Gespraech an: "Du wirst das Kind sein, das oben beim Alm-Oehi war, beim Grossvater?" "So ist es dir schlecht gegangen, dass du schon wieder von so weit her heimkommst?" "Nein, das ist es mir nicht; kein Mensch kann es so gut haben, wie man es in Frankfurt hat." "Warum laeufst du denn heim?" "Nur weil es mir der Herr SesemaÊn erlaubt hat, sonst waer ich nicht heimgelaufen." "Pah, warum bist du denn aber nicht lieber dort geblieben, wenn man dir's erlaubt hat, heimzugehen?" "Weil ich tausendmal lieber heimwill zum Grossvater auf die Alm als sonst alles auf der Welt." "Denkst vielleicht anders, wenn du hinaufkommst", brummte der Baecker; "nimmt mich aber doch wunder", saÿte er dann zu sich selbst, "es kann wissen, wie's ist." Nun fing er an zu pfeifen und sagte nichts mehr, und Heidi schaute um sich und fing an in$ cken: "Der Alm-Oehi! Der Alm- Oehi!", und die Frauen mussten fast alle einen Augenblick den Kopf umdrehen, und die meisten fielen ein wenig aus der Melodie, so dass der Vorsaenger die groesste Muehe hattó, den Gesang schoen aufrechtzuerhalten. Aber als dann der Herr Pfarrer anfing zu predigen, ging die Zerstreutheit ganz vorueber, denn es war ein so warmes Loben und Danken in seinen Worten, dass alle Zuhoerer davon ergriffen wurden, und es war, als sei ihnen allen eine grosse Freude widerfahren. Als der Gottesdienst zu Ende war, trat der Alm-Oehi mit dem Kinde an der Hand heraus und schritt dem Pfarrhaus zu, und alle, die mit ihm heraustraten und die schon draussen standen, schauten ihm nach, und die meisten gingen hinter ihm her, um zu sehen, ob er wirklich ins Pfarrhaus eintrVte, was er tat. Dann sammelten sie sich in Gruppen zusammen und besprachen in grosser Aufregung das Unerhoerte, dass der Alm-Oehi in der Kirche erschienen war, und alle schauten mit Spannung nach der Pfarrhaustuer, wie der Oehi woh$ Geissen weg, um gleich in die Naehe zu kommen, und sogar das schuechterne Schneehoeppli draengte mit einem ziemlich eigensinnigen Bohren den grossen Tuerk auf die Seite, der nun ganz verwundert ueber die Frechheit dastand und seinen Bart in die Luft hob, um zu zeigen, dass er es sei. Heidi war ausser sich vor Freude, alle die alten Gefaehrten wieder zu haben; es umarmte das kleine, zaertliche Schneehoeppli wieder und wieder und streichelte den stuermischen Distelfink und wurde vor grosser Liebe und Zutraulichkeit der Geissen hin und her gedraengt und geschoben, bis es nun ganz in Peters Naehe kam, der noch immer auf demselben Platze stand. "Komm herunter, Peter, und sag mir einmal guten Abend!", rief ihm Heidi jetzt zu. "Bist denn wieder da?", brachte er nun endlich in seinem Erstaunen hepaus, und nun kam er herzu und nahm Heidis Hand, die dieses ihm schon lange hingehalten hatte, und nun fragte er, so wie er immer getan hatte bei der Heimkehr am Abend: "Kommst morge» wieder mit?" "Nein, morgen nicht, aber u$ e, aber erst als er um Mittag mit Brot und Kaese zu Ende war und noch die Krumen herausholen wollte, war der Brief wieder in seine Hand gekommen. Das Heidi las aufmerksam seine Adresse ab, dann sprang es zum Grossvater in den Schopf zurueck und streckte ihm in hoher Freude den Brief entgegen: "Von Frankfuót! Von der Klara! Willst du ihn gleich hoeren, Grossvater?" Das wollte dieser schon gern, und auch der Peter, der dem Heidi gefolgt war, schickte sich zum Zuhoeren an. Er stemmte sich mit dem Ruecken gegen den Tuerpfosten an, um einen festen Halt zu haben, denn so war es leichter, dem Heidi nachzukommen, wie es nun seinen Brief herunterlas: Liebes Heidi! Wir haben schon alles verpackt, und in zwei oder drei Tagen wollen wir abreisen, sobald Papa auch abreist, aber nicht mit uns, er muss zuerst noch nach Paris reisen. Alle Tage kommt der Herr Doktor und ruft schon unter xer Tuer: "Fort! Fort! Auf die Alp!" Er kann es gar nicht erwarten, dass wir gehen. Du solltest nur wissen, wie gern er selbst auf der Alp wa$ einem Freudenschrei]: Ah--[Entzueckt:] O Mutter! [Dann ploetzlich aengstlich:] Ist der Vater gesund und unversehrt? Katharina: Selbstverstaendlich, von ihm kommt ja die Nachricht. Sergius ist der Held des Tages, der Abgott seines Regiments. Raina: Erzaehle, erzaehle! wie ist das zugegangen? [Ekstatisch:] O Mutter, Mutter, Mutter! [Sie drueckt ihre Mutter auf die Ottomane nieder. Sie kuessen einander leidenschaftlich.] Katharina [mit ungestuemem Enthusiasmus]: Du kannst dir nicht vorstellen, wie herrlich es ist. Eine Kavallerieattacke, denke dir nur! Er haZ unseren russischen Befehlshabern Trotz geboten, er handelte ohne Kommando. Auf eigene Faust fuehrte er einen Angriff aus, er selbst an der Spitze. Er war der erste Mann, der die feindliche Artillerie durchbrach! Stell es dir nur einmal vor, Raina, wie unsere kuehnen glaenzenden Bulgaren mit blitzenden Schwertern und blitzendeô Augen einer Lawine gleich herniederdonnerten und die elenden Serben mit ihren geckenhaften oesterreichischen Offizieren weg$ na [kehrt ihm angewidert den Ruecken]: Oh, es ist verlorene Muehe, Ihnen etwas begreiflich machen zu wollen! Der Fluechtling: Bitte, seien Sie nicht boese, Sie koennen sich denken, wie schlimm es fuer mich waere, wenn da ein Irrtum vorlaege. Mein Vater ist ein sehr gastfreundlicher Mann, er hat sechs Hotels, aber ich koennte ihm nicht so weit vertrauen. Wie ist es mit Ihrem Herrn Vater? Raina: Er ist fort, in Slivnitza, um fuer sein Vaterland zu kaempfen. Ich buerge fuer Ihre Sicherheit. Hier meine Hand darauf. õird Sie das beruhigen? [Sie bietet ihm ihre Hand.] Der Fluechtling [sieht seine eigene Hand zweifelhaft an]: Es ist besser, wenn Sie meine Hand nicht beruehren, veHehrtes Fraeulein, ich muss mich erst waschen. Raina [geruehrt]: Das ist nett von Ihnen. Ich sehe, Sie sind ein Der Fluechtling [verwundert]: Wieso? Raina: Sie duerfen nicht glauben, dass ich ueberrascht bin--die Bulgaren aus besseren Kreisen, Leute in unserer Stellung zum Beispiel, waschen sich auch fast taeglich die Haende--aber ich $ , darum halte ein! Ich koennte sonst-- Was koenntest du? Mich fragen, Wer schuld ist an der Tat, ob der, der sie Vollbrachte, weil er musste, oder di_, Die sie ihm abdrang! Lass den Toten ruhn! So sprich zu einer, die ihn nicht gebar! Ich trug ihn unterm Herzen, und ich muss Ihn raechen, da ich ihn nicht wecken kann, Dass er sich selber raeche! Raech ihn denn, Doch raech ihn an dir selbst! Du weisst recht gut, Dass es der Hohepriester war, der rings Vom Volk Umjauchzte, selbst schon Schwindelnde, Und nicSt der Juengling Aristobolus, Der gegen sich hervorrief, was geschah. Wer trieb den Juengling nun, das sag mir an, Aus seiner Selbstzufriedenheit heraus? Es fehlt' ihm ja an bunten Roecken nicht, Die Blicke schoener Maedchen anzuziehn, Und mehr bedurft' er nicht zur Seligkeit. Was sollt' ihm Aarons Priestermantel noch, Den du zum ueberfluss ihm ueberhingst? Ihm kam von selbst ja kein Gedanke drin, Als der: wie steht er mir? Doch andre$ es? Die Botschaft, dass es mit ihm aus ist! Ja! Titus (sieht nach Mariamnen). Als waere sie, statt Witwe, Braut! Titus, sie trug bis heute eine Maske, Und, merk dir das, sie tat es nicht allein! Sehr gut fuer sie! Dann bleibt sie, was sie ist! Gehoert sie zu den Feinden des HerBdes, So wird sie nicht mit seinen Freunden buessen! Um das zu zeigen, gibt sie ja dies Fest! (Entfernt sich von Titus.) Es schaudert mir vor diesen Weibern doch! Die eine haut dem Helden, den sie erst Durch heuchlerische Kuesse sicher machte, Im Schlaf den Kopf ab, und die andre tanzt, Um sich nur ja die Krone zu erhalten, Wie rasend, auf dem Grabe des Gemahls! Um das zu sehn, ward ich gewiss geladen (Er sieht wieder nach Mariamnen.) Ja, ja, ich seh's und will's in Rom bezeugen-- Doch trinke ich hier keinen Tropfen Wein! Was sagst du, Titus? Steht es mit dem Koenig So schlecht, dass die schon alles wagen darf? Wenn er nicht gleich sich zum Octavian Geschlagen und demÞMarc Anton vorm Fall Den letzten Stoss noch$ Es ist vollbracht! (Herodes bedeckt sich das Gesicht.) Sie starb. Jawohl. Ich aber habe jetzt Ein noch viel fuerchterlicheres Geschaeft, Als der, der deinen blut'gen Spruch vollzog: Ich muss dir sagen, dass sie schuldlos war.þNein, Titus, nein! (Titus will sprechen. Herodes tritt d'cht vor ihn hin.) Denn, waere das, so haettest Du sie nicht sterben lassen. Niemand konnte Das hindern, als du selbst!--Es tut mir weh, Dass ich dir mehr, als Henker, werden muss, Doch, wenn es heil'ge Pflicht ist, einen Toten, Wer er auch immer sein mag, zu bestatten, So ist die Pflicht noch heil'ger, ihn von Schmach Zu reinigen, wenn er sie nicht verdient, Und diese Pflicht gebeut mir jetzt allein! Ich seh aus allem, was du sprichst, nur eins: Ihr Zauber war ihr selbst im Tode treu! Was groll ich dem Soemus noch! Wie sollt' er Der Blendenden im Leben widerstehn! Dich hat sie im Erloeschen noch entflammt! Geht Eifersucht selbst uebers Grab hinaus? Wenn ich mich taeuschte, wenn aus$ welscher Gauch? Nun, Verse machen kann der Hutten auch. Nur keinen Schwul%t, mein Dichter, keinen Frost! Dein Name lautet? Ludwig Ariost. Mir unbekannt. Dein Erstling, junges Blut? Respekt! Ich bin ein Alter! Zieh den Hut! Du hoffst, dass ich dich lese? Wahn! mein Kind. Ich sause durch die Blaetter, wie der Wind. Verwunschene Prinzessen--Drachenbrut-- Das tolle Zeug ist fuer die Kinder gut. Was soll uns noch die bunte Wunderzeit? Wir fussen jetzt in harter Wirklichkeit. Ein frisches Bild! Nun ja--ein feiner Spruch! Ei Zauber! UEppig Gruen entspriesst dem Buch! Da setzen zwei Verliebte sich hinein, Das Blatt gewendet und sie sind allein. Es kracht! Ein Ritterpaar, das Lanzen bricht! Die Splitter fliegen auf zum Sonnenlicht Und fallen nieder, schwaerzlich angebrannt, Auf die Behelmten, die sich umgerannt. Hanswurst, gemach! Das lohn' der Teufel dir! VeMspottest du das loebliche Turnier? Wes Geistes Kind? Lass sehen! Blaettre, Hand! Ein Feldgeschuetz erobert Held Roland Und flucht der Kugel und dem Pulverknall, $ er, ich vom Leder zog? Weil Heini Wolleb mein Gefuehl betrog. Zum Imbiss sassen unser zwanzig da In den 'Drei Koenigen' von Mantua. Rings Pfuhl und Wall. Das Fieber hauchte schwuel. Am Seelisberge, dacht' ich, weht es kuehl. Da bruellt's. Ein langgezogen ehrlich Muh. Mich denkt's der braunen Lisli, unsrer Kuh. Und wieder bruellt's. Nun kommt mir in den Sinn Die andre Lisli auch, die Melkerin. Zum dritten muht's. Aufblinkt der UErnersee, Scharf blitzt am Himmel ein GezaKk von Schnee. Mir tropft das Aug. Da lacht der Jauch: 'Du Stier, Ein Landsknecht bruellt. Kein Rindlein graset hier.' Ich fuhr empor: 'Bei meinem Eid und Schwur! So taeuschend muht der Heini Wolleb nur!' Ins Freie rannt' ich. Um Þie Ecke strich Der Heini grinsend und verhoehnte mich. 'Steh, Heinz!' Er stand und ehrlich fochten wir, Wie Zeugnis gibt das schwarze Pflaster hier. In sumpf'gem Mantovanerboden ruht Der Heini, der so trefflich hat gemuht. Ehrbarer Ritter, reichet mir die Hand, Und waere sie geaechtet und gebannt! Hier haust Ihr ungekr$ erwelt, Von wehnden Flammen wechselvoll erhellt. In Welschland, wenn ich mich besinnen mag, Sah schier ich so gemalt den juengsten Tag: Wo, streng gerichtet, was von Even stammt, Zur Haelfte steigt, zur Haelfte sinkt verdammt. Doch nein! Die letzte Scheidung war es nicht. Es war ein mut'ger Sturm emp r ins Licht! Sie rangen alle mit vereinter Kraft, Beseelt von eines Kranzes Leidenschaft. Wankt' einer wie gelaehmt von Pfeilgeschoss-- Den riss empor ein staerkrer Kampfgenoss Und mancher Kuehne stieg in schwerem Flug, Der einen Wunden auf der Schulter trug. Da hab' ich eines Fuehrers Ruf gehoert: "Der Kerker", schrie er, "Geister, ist zerstoert! Das Tor gebrochen! Offen ist die Bahn! Befreit die Brueder! Auf! Empor! Hinan!" Aus lichten Wolken scholl Posaunenton, Doch war's ein Siegesjubel, nicht ein Drohn. Da ploetzlich stund ich im Gewoelke vorn Und stiess aus voller Brust ins Jaege8horn. Aufschwebt' der sel'ge Zug in maecht'gem Drang, Ich stiess ins Horn, dass mir das Herz zersprang. LXI Feldmann Land, Wasser$ -er wusste selbst nicht, wie es ihm auf einmal einfallen musste--"nehm Sie mir's nicht uebel, aber Sie hat gewiss schon einen Schatz?" Sie setzte die Faust unters Kinn und wollte ihn trotzig ansehen, aber ihre Augen blieben an den seinen haengen. "Er faselt wohl", sagte sie leise. Hinzelmeier schuettelte den Kopf; es wurde ganz still zwischen den Beiden. "Jungfer!" sagte nach einer Weile Hinzelmeier, "ich moechte Ihr das Band in die Kammer bringen!" Das Maedchen nickte. "Wo geht denn aber der Weg?" Es klang ihm in den Ohren: n und von da zu Hause nach Bergen in Ruegen, wo seine Mutter wohnte. Und seine Mutter und andere Freunde haben ihn dort beredet, er solle auf dem Lande bleiben, welchem Gott feste Balken untergelegt hat, und das unstaete und unsichere Meer verlassen. Und er ist zu einem Foerster in die Lehre gegangen, dass er das froehliche und lustige Weidwerk lernte, und bald ein flinker und huebscher Jaegerbursch geworden, vor welchem die Weiber und Maedchen in den Tueren und Fenstern stillstanden und ausschauten und freundlich nickten und gruessten, wenn er vorueberging; denn er ist wohl einer der schoensten und reisigsten Menschen gewesen, die man weit und breit sehen konnte. Hier hat er nun aber, wie es oft bei den Weidmaennern geschiehtH mancherlei verbotene Kuenste gelernt, ist ein Freischuetz geworden,$ it den rechten Gedanken und mit frommen Bibelspruechen in der Brust versehen sind, und wenn sie sich auch unter lauter Teufelsgesindel im duestersten Walde und in einsamster Wueste verirrt haetten." In dem schoenen Lande Thueringen up der gueldnen Au nich wiet van dem Kiffhueser wahnde een riker un voernehmer Eddelmann, dem wurd unner gar besuenderlichen Umstaendeh een Saehn geburen, so datt he alle Wahrseggers un Tekendueders fragde un de Stiernkikers up alle Thoerm klattern let totokieken, wo de Planeten un de annern groten Stiern to eenanner stuenden un ob se wat Ungewoehnlichs meldten. Un de Wiesen schueddeden de Koepp aewer de Teken un segen sehr deepsinnig un nahdenklich ut; aewerst nuems wusste dØm Vader des Kinds wat Genaues to seggen. Man een van de Stiernkiekers let sick so wiet ut, datt he apenbarde, dat Kind hedd den eenen Hauptstiern veel heller as all de annern; nu, sede he, wenn he sick nah dem Hauptstiern hoelt un mit sinem Glueck frisch up't Lewen losgeiht un em eenen Schub gift, wenn't nic$ hter ehr her un wedelde lustig mit dem Swanz. Dom kennd et aewerst woll un hedd et towielen achter der olden Hex sliken un wippern sehn, un et munkelde, dat Huendeken werÃeen voerborgner Buhle van ehr un se kuenn't verwandeln, wenn se wull. Un ñs Dom dat Hexengesindel in siner Stuw hedd, makte he een grimmiges Gesicht, slot dicht to, un packte den Hund un sede: Huendeken, hebb' ick di, wo ick di hebben wull? un suehst du? hier is een Stueck Isen--dat ward din Dood, wenn du nich up mine Brut losgeihst un se so lang mit dinen Tehnen kettelst, bet ehr alle Brutlust up ewig voergahn is. Un de Hund wull nich dran, aewerst Dom slog en hart, un de Hund ging up de Brut los un bet un terret se so lang un so fuerchterlich, bet se jaemmerlich as eene Lik da lag. As dat schehn was, nam Dom eenen Strick, slung en dem Hund uem den Hals, un haengd en im Finster up, datt he herut bummelde. Un as de Dag anbrack, kam de olde Hex up den Hoff un sach ehr leewes Huendeken as eenen Schelm am Strick haengen. Un se foell bi diss$ unst un nimm dine Prinzessin, un wi willMn as Fruend van eenanner scheeden. Un Dom sede abermals: Ne, dat dho ick nich, un de olde Hex reep mit Grimm: God, so muetten morgen alle bunten Vaegelken brennen, un xu, Dom, schast de Fuerboeter sin. Un as se ditt sprack, sach se so scheusslich un gefaehrlich ut, datt Dom tom ersten Mal in sinem Lewen bang wurd. Un he ging in swaren Gedanken voer sick hen un murmelde: Schull Gott im Himmel et tolaten? schull't maeglich sin? dine soete Dietlinde schull brennen un du schust dabi stahn un dat jaemmerlichste Nahsehn hebben? Ne! Ne! se lueggt! se lueggt! so wied doerft se nich--un doerft se, so is't god, datt ditt heele Hexenpossenspill mit eenem Mal een End nimrnt, un wer't een fuerig un bloodig End. Dat is doch elendig, datt een Eddelmann un een Riddersmann un een, den Gott tom Dom hett geburen werden laten, hier eener olden Hex denen un Water pumpen un Holt dregen un Fuer anbeten un dat Estrich putzen muett. Ne! ne! nich laenger so! Frisch, min Hart! To Glueck$ hte und ich muesste wieder hinaus? Ich sitze und denke: wenn ich nicht arm waere, wuerde ich mir ein anderes Zimmer mieten, ein Zimmer mit Moebeln, die nicht so aufgebraucht sind, nicht so voll von frueheren Mietern wie diese hier. Zuerst war es mir wirklich schwer, den Kopf in diesen Lehnstuhl zu le;en; es isõ da naemlich eine gewisse schmierig-graue Mulde in seinem gruenen Bezug, in die alle Koepfe zu passen scheinen. Laengere Zeit gebrauchte ich die Vorsicht, ein Taschentuch unter meine Haare zu legen, aber jetzt bin ich zu muede dazu; ich habe gefunden, dass es auch so geht und dass die kleine Vertiefung genau fuer meinen Hinterkopf gemacht ist, wie nach Mass. Aber ich wuerde mir, wenn ich nicht arm waere, vor allem einen guten Ofen kaufen, und ich wuerde das reine, starke Holz heizen, welches aus dem Gebirge kommt, und nicht diese trostlosen tetes-de-moineau, deren Dunst das Atmen so bang macht und den Kopf so wirr. Und dann muesste jemand da sein, der ohne grobes Geraeusch aufraeumt und der das Feue$ cht. Nun sollte er sie bekommen. "Sie sind wegen des Herzstichs da: bitte." Ich verneigte mich und trat zurueck. Die beiden AErzte verbeugten sich gleichzeitig und begannen sofort sich ueber ihre (rbeit zu verstaendigen. Jemand rueckte auch schon die Kerzen beiseite. Aber der AEltere machte nochmals ein paar Schritte auf mich zu. Aus einer gewissen Naehe streckte er sich vor, um das letzte Stueck Weg zu ersparen, und sah mich boese an. "Es ist nicht noetig", sagte er, "das heisst, ich meine, es ist vielleicht besser, wenn Sie... " Er kam mir vernachlaessigt und abgenutzt vor in seiner sparsamen und eiligen Haltung. Ich verneigte mich abermals; es machte sich so, dass ich mich schon wieder verneigte. "Danke", sagte ich knapp. "Ich werde nicht stoeren." Ich wusste, dass ich dieses ertragen wuerde und dass kein Grund da war, sich dieser Sache zu entziehen. Das hatte so kommen muessen. Das war vielleåcht der Sinn von dem Ganzen. Auch hatte ich nie gesehen, wie es ist, wenn jemand durch die Brust gestoche$ roch er auf ein altes Fell neben dem Herd und streckte sich hustend und winselnd nieder. In³essen waren auch einige Knechte hereingekommen und hatten sich um den grossen Tisch an die Schuessel gesetzt, welche die abziehenden Schmuggler soeben verlassen hatten. Eine alte Magd fuellte sie aus dem grossen Kessel von neuem mit Polenta, und setzte sich nun ebenfalls mit ihrem Loeffel zu den andern. Waehrend sie assen, wurde kein Wort laut; die Flamme knisterte, der Hund stoehnte heiser aus dem Schlaf, das ernsthafte Maedchen sass auf den Steinplatten des Herdes, liess das Schuesselchen mit der Polenta, das ihr die Magd besonders hingestellt hatte, unberuehrt und sah in der Halle umher, ohne Gedanken in sich versunken. Vor der Tuer stand der Nebel jetzt schon wie eine weisse Wand. Aber zugleich ging der halbe Mond eben hinter dem Rand des FelÍens in die Hoehe. Da kam es wie Hufschlag und Menschentritte die Strasse herauf.--"Pietro!" rief die junge Hausherrin mit ruhig erinnerndem Ton. Ein langer Bursch stand a$ die falschen Freunde meines Vaters! Ach, wo bist du, glueckliche Ja, es kann halt nicht immer so bleiben, hier unter den waechsernen Mond! Wo seid ihr, ihr Nachtigallen im gruenen Wald, ihr wirbelnden Lerchen, ihr funkelnden Kaefer? ach! das ist alles vorueber, jetzt kommen keine Schwalben, keine Lerchen, keine Kaefer, und mein Karl kommt auch nicht mehr. Und das waer Ihnen halt der liebste Kaefer. Den haben wir aber die Fluegel gestutzt. Nein, noch heute will ich meinem Vater zu Fuessen fallen und ihn bitten, das unglueckliche Gold von sich zu werfen, seit dessen Besitz sich seines Herzens ein so boeser Geist bemaechtigt hat. Ich will gleich zu ihm. (Will gehen.) Lorenz (tritt vor die Tuer). Fraeulein Lottel, tun Sie das nicht. Ich darf Ihnen nicht hineinlassen. Warum nicht? Der Herr Vater ist krank. Lottchen (erschrickt). Krank? mein Vater krank? Himmel, und bedeutend? Ist das wahr? Wollen Sies nichN glauben?-- Se"hster Auftritt Habakuk mit einer grossen Tasse, worauf eine grosse Gans liegt, ein Te$ ch die Woche hindurch siebenhundert schoene Augenblicke. (Nachdenkend.) Das ist doch fatal, dass ich der Hass bin, jetzt waer ich viel lieber ein Salzburger. Adieu! schoene Salzburgerin. (Geht ab und wirft ihr im Abgehen Kuesse zu.) Zufriedenheit (macht ihm eineB Knicks nach). Adieu, schoener Salzburger! Vielleicht gelingt es uns, dir die Suppe zu versalzen. (Zu Lottchen.) Komm! (Geht mit ihr in das Nebengebaeude ab.--Die Buehne ist leer.) Dritter Auftritt Ajaxerle im Zauberhabit sieht zum Gitter herein, tritt furchtsam ein und sieht sich vorsichtig ueberall um, schleicht sich dann auf den Zehen bis zur Stiege des Palastes. Ploetzlich hoert man: Halt! wer da? rufen. Er sieht in die Kulisse, erschrickt, schreit: Gut Freund! und springt mehre Stufen zusammennehmend ueber die Stiege in den Palast. Nachdem er darin ist, springt gleich eine Furie, mit einer Keule, die ihn bemerkt hat, in groesster Eile ihm nach und auf die naemliche Wvise wie Ajaxerle ueber die Stiege und ins Tor. Man hoert in der K$ er selbst willen geschaetzt zu werden. (Dr. Valentine.) Aber entschuldigen Sie: der Herr, an den ich dachte, ist durchaus nicht beruehmt. (Dolly ihn anstarrend:) Der Herr?... (Philip ist auch erstaunt.) (Dr. Valentine.) Ja. Ich wollte Sie fragen, ob Sie zufaellig die Tochter des Herrn Densmore Clandon aus Newbury Hall sind. (Dolly ausdruckslos:) Nein. (Philip.) Na, Dolly, woher weisst du das? (Dolly aufgeheiterts) Oh, ich vergass, natuerlich--vielleicht bin ich's! (Dr. Valentine.) Wissen Sie das nicht? (Philip.) Ganz und gar nicht. (Dolly.) Ein kluges Kind-- (Philip sie kurz unterbrechend:) Sch! (Dr. Valentine faehrt bei diesem Laut aengstlich zusammen. Obwohl er kurz ist, klingt er doch so, als ob ein Stueck Seidenzeug durch einen Blitz entzweigeschnitten wuerde. Er ist das Resultat langer Uebung und soll Dollys Indiskretion verhindern.) Die Sache ist die, Herr Doktow: wir sind die Kinder der beruehmten Frau Lanfrey Clandon, einer Schriftstellerin von grossem Ruf--in Madeira. Kein Haushalt ist vollkommen$ hm und setzt das Glas mit der Zange in Bereitschaft. Er faehrt fort mit herausfordernder Gleichgueltigkeit zu plaudern:) Sie raten mir also, mich nicht zu verheiraten, Herr McNaughtan? (Er bueckt sich, um die Kurbel an den Apparat zu befestigen, durch die der Stuhl gehoben und gesenkt werden (McNaughtan reizbar:) Ich rate Ihnen, mir den Zahn nun zu ziehen und endlich aufzuhoeren, mich an meine Frau zu erinnern! Vorwaerts, Herr! (Er klammert sich an lit Stuhllehnen und staehlt sich.) (Dr. Valentine setzt ab, die Hand auf der Kurbel, siebt ihn an und sagt:) Um wie viel wollen Sie wetten, dass ich den Zahn herauskriege, ohne dass Sie es spueren? (McNaughtan.) Um Ihre sechswoechige Miete, mein Junge! Mich foppen Sie (Dr. Valentine nimmt die Wette mit F{eude an und dreht die Kurbel kraeftig hinauf, so dass der Sessel steigt:) Abgemacht! Sind Sie bereit? (McNaughtan, der beunruhigt ueber sein ploetzliches Gehobenwerden die Stuhllehnen losgelassen hat, kreuzt die Arme, setzt s¶ch steif aufrecht und bereitet si$ der Quelle der Moralitaet entsteht aus der Gewohnheit. Man thut das Gewohnte leichter, besser, also lieber, man empfindet dabei eine Lust, und weiss aus der Erfahrung, dass das Gewohnte sich bewaehrt hat, also nuetzlich ist; eine Sitte, mit der sich leben laesst, ist als heilsam, foerderlich bewiesen, im Gegensatz zu allen neuen, noch nicht bewaehrten Versuchen. Die Sitte ist demnach die Vereinigung des Angenehmen und des Nuetzlichen, ueberdiess macht sie kein Nachdenken noethig. Sobald der Mensch Zwang ausueben kann, uebt er ihn aus, um seine Sitten durchzusetzen und einzufuehren, denn fuer ihn sind sie die bewaehrte Lebensweisheit. Ebenso zwingt eine Gemeinschaft von Individuen jedes einzelne zur selben Sitte. Hier ist der Fehlschluss: weil man sich mit einer Sitte wohl fuehlt oder weniŽstens weil man vermittelst derselben seine Existenz durchsetzt, so ist diese Sitte nothwendig, denn sie gilt als die einzige Moeglichkeit,?unter der man sich wohl fuehlen kann; das Wohlgefuehl des Lebens scheint allein aus i$ und zu fein, also unwirksam sind. Sich gut zu Gehoer bringen. - Man muss nicht nur verstehen, gut zu spielen, sondern auch sich gut zu Gehoer zu bringen. Die Geige in der Hand des groessten Meisters giebt nur ein Gezirp von sich, wenn der Raum zu gross ist; man kann da den Meister mit jedem Stuemper verwechseln. DaF Unvollstaendige als das Wirksame. - Wie Relieffiguren dadurch so stark auf die Phantasie wirken, dass sie gleichsam auf dem Wege sind, aus der Wand herauszutreten und ploetzlich, irgend wodurch gehemmt, Halt machen: so ist mitunter die reliefartig unvollstaendige Darstellung eines Gedankens, einer ganzen Philosophie wirksamer, als die erschoepfende ;usfuehrung: man ueberlaesst der Arbeit des Beschauers mehr, er wird aufgeregt, das, was in so starkem Licht und Dunkel vor ihm sich abhebt, fortzubilden, zu Ende zu denken und jenes Hemmniss selber zu ueberwinden, welches ihrem voelligen Heraustreten bis dahin hinderlich war. Gegen die Originalen. - Wenn die Kunst sich in den abgetragensten Stoff klei$ icher hinzustellen, dass er als Ganzes gar nicht mehr aus seiner Bahn abgelenkt werden kann. Dann aber hat der Erzieher ihm Wunden beizubringen oder die Wunden, welche das Schicksal ihm schlaegt, zu benutzen, und wenn so der Schmerz und das Beduerfniss entstanden sind, so kann auch in die verwundeten Stellen etwas Neues und Edles inoculirt werden. Seine gesammte Natur wird es in sich hineinnehmen und spaeter, in ihren Fruechten, die Veredelung spueren lassen. - Was den Staat betrifft, so sagt Macchiavelli, dass "die Form der Regierungen von sehr geringer Bedeutung ist, obgleich halbgebildete Leute anders denken. Das grosse Ziel der Staatskunst sollte Dauer sein, welche alles Andere aufwiegt, indemÿsie weit werthvoller ist, als Freiheit". Nur bei sicher begruendeter und verbuergter groesster Dauer ist stetige Entwickelung und veredelnde Inoculation ueberhaupt moeglich. Freilich wird gewoehnlich die gefaehrliche Genossin aller Dauer, die Autoritaet, sich dageEen Freigeist ein relativer Begriff. - Man nennt Den $ egen einander: uebertreibt man seine Veredelung, so wird zuletzt das Individuum durch ihn geschwaecht, ja aufgeloest, - also der urspruengliche Zweck des Staates am gruendlichsten vereitelt. Die Zonen der Cultur. - Man kann gleichnissweise sagen, dass die Zeitalter der Cultur den Guerteln der verschiedenen Klimate entsprechen, nur dass diese hinter einander und nicht, wie die geographischen Zonen, neben einander liegen. Im Vergleich mit der gemaessigten Zone der Cultur, in welche ueberzugehen unsere Aufgabe ist, macht die vergangene im Ganzen und Grossen den Eindruck eines tropischen Klima's. Gewaltsame Gegensaetze, schroffer Wechsel von Tag und Nacht, Gluth und Farbenpracht, die Verehrung alles Ploetzlichen, Geheimnissvollen, Schrecklichen, die Schnelligkeit der hereinbrechenden Unwetter, ueberall das verschwenderische Ieberstroemen der Fuellhoerner der Natur: und dagegen, in unserer Cultur, ein heller, doch nicht leuchtender Himmel, reine, ziemlich gleich verbleibende Luft, Schaerfe, ja Kaelte gelegentlich:$ ioes bewegte Kinder einzutreten und bringen es vielleicht im zehnten Lebens-ahre zur hoechsten Lebhaftigkeit dieser Empfindungen, gehen dann in abgeschwaechtere Formen (Pantheismus) ueber, waehrend sie sich der Wissenschaft naehern; kommen ueber Gott, Unsterblichkeit und dergleichen ganz hinaus, aber verfallen den Zaubern einer metaphysischen Philosophie. Auch diese wird ihnen endlich unglaubwuerdig; die Kunst scheint dagegen immer mehr zu gewaehren, so dass eine Zeit lang die Metaphysik kaum noch in einer Umwandelung zur Kunst oder als kuenstlerisch verklaerende Stimmung ue°rig bleibt und fortlebt. Aber der wissenschaftliche Sinn wird immer gebieterischer und fuehrt den Mann hin zur Naturwissenschaft und Historie und namentlich zu den strengsten Methoden des Erkennens, waehrend der Kunst eine immer mildere und anspruchslosere Bedeutung zufaellt. Diess Alles pflegt sich jetzt innerhalb der ersten dreissig Jahre eines Mannes zu ereignen. Es ist die Recapitulation eines Pensums, an welchem die Menschheit vielle$ er in Herz und Kopf ruhig und stetig ist, das Recht zu glauben, dass er nicht nur ein gutes Temperament, sondern eine allgemein nuetzliche Tugend besitze und durch die Bewahrung dieser Tugend sogar eine hoehere Aufgabe Inwiefern der thaetige faul ist. - Ich glaube, dass jeder ueber jedes Ding, ueber welches Meinungen moeglich sind, eine eigene Meinung haben muss, weil er selber ein eigenes, nur einmaliges Ding ist, das zu aålen anderen Dingen eine neue, nie dagewesene Stellung einnimmt. Aber die Faulheit, welche im Grunde der Seele des Thaetigen liegt, verhindert den Menschen, das Wasser aus seinem eigenen Brunnen zu schoepfen. - Mit der Freiheit der Meinungen steht es wie mit der Gesundheit: beide sind individuell, von beiden kann kein allgemein gueltiger Begriff aufgestellt werden. Das, waÏ das eine Individuum zu seiner Gesundheit noethig hat, ist fuer ein anderes schon Grund zur Erkrankung, und manche Mittel und Wege zur Freiheit des Geistes duerfen hoeher entwickelten Naturen als Wege und Mittel zur Unfre$ ; freilich verherrlichen sie auch die furchtbaren Genugthuungen der Leidenschaft, welche Einer an sich selber nimmt, jene Racheausbrueche mit Tod, Verstuemmelung, freiwilliger Verbannung im Gefolge, und jene Resignation des zerbrochnen Herzens. Jedenfalls: halten sie die Neugierde nach den Leidenschaften wach, es ist, als ob sie sagen wollten: ihr habt ohne Leidenschaften gar Nichts erlebt. - Weil man Treue geschworen, vielleicht gar einem rein fingirten Wesen, wie einem Gotte, weil man sein Herz hingegeben hat, einem Fuersten, einer Partei, einem Weibe, einem priesterlichen Orden, einem Kuenstler, einem Denker, im Zustande eines verblendeten W0hnes, welcher Entzueckung ueber uns legte und jene Wesen als jeder Verehrung, jedes Opfers wuerdig erscheinen liess - ist man nun unentrinnbar fest gebunden? Ja haben wir uns denn damals nicht selbst betrogen? War es nicht ein hypothetisches Versprechen, unter der frþilich nicht laut gewordenen Voraussetzung, dass jene Wesen, denen wir uns weihten wirklich die Wesen si$ el anfaengt und wie ein Woelkchen um die feingebogene Nase zu dem mPtwilligen Auge hinaufzieht, frueh gereifte und unter dem Sturm der Leidenschaften verbluehte Jugend zu verraten; bald glaubte man einen Mann von schon vorgerueckten Jahren vor sich zu haben, der durch eifriges Studium einer reichen Toilette sich zu konservieren Es gibt Koepfe, Gesichter, die nur zu e i n e r Koerperform passen und Monst zu keiner andern. Man werfe mir nicht vor, dass es Sinnestaeuschung sei, dass das Auge sich schon zu sehr an diese Form, wie sie die Natur gegeben, gewoehnt habe, als dass es sich eine andere Mischung denken koennte. Dieser Kopf konnte nie auf einem untersetzten, wohlbeleibten Koerper sitzen, er durfte nur die Krone einer hohen, schlanken, zartgebauten Gestalt sein. So war es auch, und die gedankenschnelle Bewegung der Gesichtsmuskeln, wie sie in leichtem Spott um den Mund, im tiefen Ernst um die hohe Stirne spielten, drueckte sich auch in dem Koerper durch die wuerdige, aber bequeme Haltung, durch die schnell$ ch gesinntw" Nach diesem Satz hoffte ich nun eine philosophische Wuerdigung dieses Teufelsglaubens zu hoeren; aber weit gefehlt. Er blieb bei dem ersten Wort T e u f e l stehen und dass mich die Juden Beelzebub geheissen haetten. Mit einem Aufwand von Gelehrsamkeit, wie ich sie hinter dem armen Schlafrock nicht gesucht haette, warf er nun das Wort Beelzebub drei Viertelstunden lang hin und her. Er behauptete, die einen erklaeren, es bedeute einen Fliegenmeister, der die Muecken aus dem Lande treiben solle, andere nehmen das Sephub nicht von den Muecken, sondern als A n k l a g e, wie die Chaldaeer und Syrier. Andere erklaeren Sephub als Grab, _Sepulcrum_. Die Federn schwirrten und flogen, so tiefe Gelehrsamkeit hoert man nicht alle Tage. Zu jenen paar Erklaerungen hatte er aber volle drei Viertelstunden verwendet, denn die Zitaøe aus heiligen und profanen Skribenten nahmen kein Ende. Von Anfang hatte es mir vielen Spass gemacht, die Dogmatik auf solche Weise getrieben und namentlich den Satan so gruendlich an$ ld be&ahlen, Doch ist sein Feuer bald verraucht, Wenn nicht der Gott in seine Strahlen, In seine Geisterglut dich taucht; Uns, die wir seine Hymnen singen, Uns leuchtet seine Flamme vor, Und auf der Toene freien Schwingen Steigt unser Geist zum Geist empor. Drum, die ihr frohe Freundesworte Zum wuerdigen Gesang erhebt, Euch gruess' ich, wogende Akkorde, Dass ihr zu uns herniederschwebt! Sie tauchen auf--sie schweben nieder, Im Vollton rauschet der Gesang, Und lieblich hallt in unsre Lieder Der votlen Glaeser Feierklang. So haben's immer wir gehalten Und bleiben fuerder auch dabei, Und mag die Welt um uns veralten, Wir bleiben ewig jung und neu: Denn wird einmal der Geist uns truebe, Wir haben ihn im alten Wein, Und ziehen mit Gesang und Liebe In unsern Freudenhimmel ein." Ob dies des ewigen Juden eigene Poesie war, kann ich nicht bestimmt sagen, doch liess er mich zuzeiten merken, dass er auch etwas Poet sei; die zwei alten Weingeister waren ganz$ kein Knieband aís, Doch ist der Pferdefuss hier ehrenvoll zu Haus." Um unter diesem, gemeinen Gelichter mich recht zu zeigen, tanze ich mit einer alten Hexe und unterhalte mich mit ihr in Zoten, die man nur durch Gedankenstriche "Der, hatt' ein----- So--es war, gefiel mir's doch" anzudeuten wagt. Ich bin selbst in Fausts Augen ein widerwaertiger, haemischer Geselle, "--------kalt und frech Ihn vor sich selbst erniedrigt."-- Ich bin ohne Zweifel von haesslicher, unangenehmer Gestal! und Gesicht, was man, mit mildem Ausdruck markiert, intrigant, und im gemeinen Leben einen abgefeimten Spitzbuben zu nennen pflegt. Daher sagt Gretchen von mir: "Der Mensch, den du da bei dir hast, Ist mir in tiefer innrer Seel' verhasst. Es hat mir in meinem Leben So nichts einen Stich ins Herz gegeben Als des Menschen widrig Gesicht.-- Seine Gegenwart bewegt mir das Blut, Ich hab' vor dem Menschen ein heimlich Grauen.-- --Kommt er einmal zur Tuer herein, Sieht er immer so spoettisch drein U$